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1 „Der Helle Wahnsinn“ Licht und Lichtverschwendung 1) Licht und Leben 2) Licht und Kunst/Kultur 3) Licht und Himmelsaufhellung 4) Licht und leidende Tiere 5) Licht und Energie 6) Licht und Sicherheit 7) Licht und Gesundheit 8) Licht und Lösungen Vortrag von DDr. Thomas Posch ([email protected]) Klagenfurt, 18. 1. 2008 Inhalt:

„Der Helle Wahnsinn“ Licht und Lichtverschwendunghomepage.univie.ac.at/thomas.posch/endedernacht/... · 2009-09-29 · 11 Licht und Leben Höhe der Sonne [Grad] Beleuchtungsstärke

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1„Der Helle Wahnsinn“

Licht und Lichtverschwendung

1) Licht und Leben2) Licht und Kunst/Kultur3) Licht und Himmelsaufhellung4) Licht und leidende Tiere5) Licht und Energie6) Licht und Sicherheit7) Licht und Gesundheit8) Licht und Lösungen

Vortrag von DDr. Thomas Posch([email protected])Klagenfurt, 18. 1. 2008

Inhalt:

21) Licht und Leben

3Licht und Leben

Abendstimmung über der Bucht von Athen

4Licht und Leben

Sonnenuntergang über der Bucht von Athen

5

Ohne Sonne keine (erneuerbare) Energie…

Licht und Leben

6

Sonnenlicht – Motor des Lebens seit Jahrmilliarden

Licht und Leben

7Licht und Leben

Abenddämmerung über der Universitätssternwarte Wien

8Licht und Leben

Schönheit natürlicher Dämmerung fernab künstlichen Lichts

9Licht und Leben

Die Milchstraße: Wer kennt sie heute noch? (NASA Astronomy Pictures)

10Licht und Leben

Lebensnische Nacht: Heimische Nachtfalter (Bilder: www.hellenot.com)

11Licht und Leben

Höhe der Sonne [Grad]

Bel

euch

tung

sstä

rke

[lux]

Die ersten zehn Folien erzählten eine Jahrmilliarden alte Geschichte:vom zirkadianen Rhythmus.Das natürliche Licht - ein Zeitgeber.Bis hinauf zu 100.000 lux am TagBis hinunter zu 0.001 lux in der NachtDARAN ist alles Leben gewöhnt.Seit Äonen.

WAS MACHEN WIR DARAUS?

Höhe der Sonne [Grad]

Bel

euch

tung

sstä

rke

[lux]

Wir schaffen die Nacht ab!Der ganze Bereich natürlicherHelligkeitswerte zwischen 0.001 lux und 100 lux ist in Gefahr!Was bleibt da noch vom zirkadianenRhythmus, der die Natur JahrmilliardenLang prägte? Auf diesen Rhythmus Sind Millionen Tierarten eingestimmt!

122) Licht und Kunst / Kultur

13Licht und Kultur

Zahlreiche Dichter, Philosophen, Maler … haben sich dem Thema „Licht“ in einer durchwegs positiven Grundstimmung angenähert.Diese positive Grundeinstellung ist tief in unserer Kultur verwurzelt.Jeder Diskurs über Licht, „Lichtverschwendung“, „Lichtsmog“ usw. sollte dies berücksichtigen!

Einige Zitate dazu zeigen:- Hohe Wertschätzung natürlichen Lichts- aber zugleich: (vorsichtige) Wertschätzung für Nacht und Dunkelheit

Honoré de BALZAC:„Das Licht ist ein Symbol des Lebens und der Freude.“

1 THESS. 5,5:„Ihr alle seid Söhne des Lichts […]. Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis.“In der Bibel finden sich zahlreiche ähnliche Stellen.

14Licht und Kultur

… in der Bibel findet sich aber auch der Satz: JESAJA 5,20:„Wehe denen, welche Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis.“

Khalil GIBRAN:„Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch ist es die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt.“(Über 20% der Landoberfläche der Erde kann man heute die Milchstraße nicht mehr sehen (Trevis&Longcore))

Christoph Martin WIELAND:„Zuviel Licht ist zum Sehen ebenso unbequem als zu wenig.“

Friedrich NIETZSCHE:„… wie zum Leben alles Organischen nicht nur Licht, sondern auchDunkel gehört.“

Wilhelm von HUMBOLDT:„Nur der Wechsel ist wohltätig. Unaufhörliches Tageslicht ermüdet.“

153) Licht und Himmelsaufhellung

16Licht und Himmelsaufhellung

< Schweizer Mittelland vomJungfraujoch (3500m ü.d.M.) aus

… es ist so einfach:Licht aus Städten, das wir VON OBEN(von einem Berg aus) direkt sehen, ist VERSCHWENDETES LICHT !

^ Gebäude im Flutlicht ^ Lichtsmog in Italien

17

„Lichtsmog“: Wien, Donaupark

Licht und Himmelsaufhellung

18Licht und Himmelsaufhellung

„Lichtsmog“: Wien, nahe UNO-City. Selbst der helle Mond verblasst

19

„Skybeamer“ des Café Falk in Wien

Licht und Himmelsaufhellung

204) Licht und leidende Tiere

21Licht und leidende Tiere – einige Fakten

Insekten:GB: Minus 50% Nachtfalterpopulationseit 1968D: 180 Milliarden Insekten sterbenjährlich in/an/bei Straßenlampen –oft vor der Zeugung von Nachkommen.Durch Anpassung der Lichtfarbe:2 bis 50mal geringere Todesrate

22Licht und leidende Tiere – einige Fakten

Vögel:2/3 der Zugvögel ziehen nachtsorientieren sich z.T. an SternenSind oft „gefangen“ in Licht-DomenUnd in Strahlkegeln von Skybeamern

Kanada: Fatal Lights Awareness Programm1000e Vögel „krachen“ nachts gegen beleuchtete Hochhäuser

Österreich:Hilflos rufende Zugvögelüber überbeleuchteten Städten(ORF-Newton, 22.9.2007)

23Licht und leidende TiereWeitere betroffene Tierarten:

Frösche und Kröten:Manche Kröten können „im Sternlicht“ Beute fangen (sogar im Bereich vonMillionstel Lux!). Von künstlichen Licht werden Frösche und Kröten stark Angezogen, sammeln sich unter Leuchten extrem erhöhtes Todesrisiko

Schildkröten (Florida):Jungtiere schlüpfen am Strand und sind desorientiert durch künstl. Licht

bewegen sich in die falsche Richtung

Nagetiere:manche reduzieren in erhellten Nächten ihren Beutefang

verlieren an GewichtEffekte treten schon ein bei 0.1-0.3 lux (Vollmond-Beleuchtungsstärke)

Lit.: Rich & Longcore: Ecological Consequences of Artificial Night Lighting2006. 460 Seiten.

245) Licht und Energie

25Licht und Energie: Zahlen

10% der privaten Stromverbrauchs : private InnenraumbeleuchtungPLUS 1 bis 2% des gesamten Stromverbrauchs : öffentliche Beleuchtung

- Deutschland 1996: 833 Megawatt für öffentliche Beleuchtung3500 Mio Kilowattstunden (kWh) pro JahrKosten: ca. 350 Mio. €Davon gut 100 Mio. € verschwendet (verpuffen ungenutzt ins All)

- Wien 2005: 14 Megawatt für öffentliche Beleuchtung56 Mio. kWh pro Jahr Ö-weit ca. 350 Mio. kWh pro Jahr, 100 Mio. kWh pro Jahr verschwendetKosten ca. 35 Mio. €, 10 Mio. € verschwendet (250 Wiss.-Gehälter)

USA: private + öffentliche Beleuchtung:360 Mrd. kWh pro Jahr1800 KWh pro Jahr pro Steuerzahler600 kWh pro Jahr pro Steuerzahler verschwendet!

26Licht und Energie: Zuwachsraten

USA: 600 kWh pro Jahr pro Steuerzahler verschwendet!

Die Zahlen sind schlimm genug - noch schlimmer aber sind die Zuwachsraten!

In den USA wuchs 1950-80 der Energieverbrauch um das 10facheDie künstliche Lichtmenge um das 100fache! (16.5% jährlich)

Derzeit: Energieproduktion stagniert, Lumen/Watt-Ausbeute steigt,Künstliche Lichtmenge wächst weiter – regional um 10-20% jährlich

27Licht und Energie: Verschwendung pur

Verhältniszahlen

schwarz: < 0.01grau: 0.01 – 0.11blau: 0.11 – 0.33 grün: 0.33 – 1 gelb: 1 – 3 orange: 3 – 9 rot: 9 - 27weiß: >27

(Leuchtdichteim Zenitzu natürlicherLeuchtdichte)

So WAR es auf Basis der Satellitendaten 1997!

28

(Noch) heile Welt:

Wachsende Lichtkuppeln sogar in Chile Ein schlafender Riese:

Licht und Energie: Ein globales Problem

1997 2025Bei 4%ZuwachsproJahr

2025Bei 7%ZuwachsproJahr

29Licht und Energie: Österreich-Übersicht (1997)

Zur Wiederholung: die schönen bunten Farben stehen für100 Millionen kWh Verschwendung pro Jahr (10 Millionen € pro Jahr),Mehrere Milliarden vermeidbare Insektentode pro Jahr

… und ohne baldiges Handeln wird bald alles „orange“!

306) Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl

31Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl

Gutes (blendfreies) Licht: erhöht Sicherheitsgefühl(ABER nicht unbedingt unsere objektive Sicherheit)

Schlechtes (blendendes) Licht: erhöht WEDER SicherheitsgefühlNOCH die objektive Sicherheit („criminal-friendly lighting“)

Blendfreies Licht spart zugleich Energie, da es die Wahrnehmungunterstützt – auch bei verringerter Lichtleistung!

32Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl/Lichtästhetik

Welche Tankstellenbeleuchtung bevorzugen Sie?

40% Kundenzuwachs nach Umrüstung!•„Full cut off“:blendfreies, abgeschirmtes Licht

•moderates Beleuchtungsniveau

(Es gibt in den USA 1000-lux-Beleuchtungen„Glare-bombs“ / „Asphaltkocher“)

33Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl/Lichtästhetik

⇒ Dunkel ist es für uns (fast) nur dort, wo es nebenan (zu) hell ist!⇒ „Beleuchtungsspirale“: Installation sehr heller Lichtwerbungen &

Laternen (30-100 lux-Bereich) läßt Umgebung dunkel erscheinen& weckt den Wunsch nach mehr Licht

Unsere Städte sind 10-100mal heller, als das Auge nötig hätteWegen der Adaptionsfähigkeit wird dies aber nur selten bemerkt

Ist die Bankrechts vorne„sicher“ ??Sieht man die Ampel gut ??

Klagenfurt,Bahnhofstraße,17.1.2008

347) Licht und Gesundheit

35Licht und Gesundheit

Licht, das direkt ins Schlafzimmer scheint:• verursacht oft Schlafstörungen• reduziert die Ausschüttung des Ruhehormons Melatonin• kann so erhöhtes Krebsrisiko bewirken (bis zu 30-70% mehr Risiko)• erhöht das Risiko, fettleibig zu werden• Messungen helfen (Stadt muss blendende Lampen abschirmen)• > 1 lux (im Fenster) sind in Wohngebieten nicht zu tolerieren

368) Licht und Lösungen

Foto: Th. Posch 2007

37Licht und Lösungen

BlackoutToronto

38Licht und Lösungen

- Kein Licht über der Horizontalen- Lichtreduktion ab 22h- Optimierung der Lichtfarbe(Insektenaugen wie auch Menschennachts vor „Blaulicht“ schützen)

- Beleuchtungsstärken über 10lux:wann, wo, wozu?

39Licht und Lösungen

40Licht und Lösungen

Für Umsetzung von Licht-Lösungen wichtig:

- Erheben statistischer DatenEin Beispiel: Graz braucht 2,03 MW, Salzburg 2.3 MW für öfftl. Bel. – warum?

- Keine parteipolitischen Verkürzungen der Argumente zulassen(Forderung nach „Sicherheit“ von „rechts“, Umweltargumente von „links“Effizientere, blendfreie Beleuchtung, die nur dann „an“ ist, wenn gebraucht,bringt auch mehr Sicherheit.)

- Positive Beispiele hervorkehrenEtwa: Coldrerio in der Schweiz verbietet Skybeamer und löscht Lichtreklamenzu Mitternacht – warum geht das bei uns nicht?

- Kontakt zu lokalen Beleuchtungsverantwortlichenist manchmal effizienter als der Weg über den Bürgermeister / den Landtag

41Weiterführende Literatur

Artenschutz-Aspekt:C. Rich / T. Longcore: Ecological Consequences of Artificial Night Lighting. 2006. ISBN 1-55963-128-7

Kulturgeschichtlicher Aspekt:Joachim Schlör: Nachts in der großen Stadt.1994. ISBN 3-7608-1931-1

Astronomische und lichttechnische Aspekte:Bob Mizon: Light Pollution.

42Kontaktadressen

Medizin/Augenärztliche SichtweiseDr. Peter Heilig, Universität [email protected]

Insektenkunde (Entomologie)Dr. Peter Huemer, Tiroler Landesmuseum [email protected]

Medizin/Tag-Nacht-RhythmusDr. Maximilian Moser, Medizinische Universität [email protected]

Astronomie:Dr. Thomas Posch, Universitätssternwarte [email protected]

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http://www.darksky.orghttp://sternhell.athttp:// www.hellenot.comhttp:// www.lichtverschmutzung.de Danke!

Dort wollen wir (wieder) hin!