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1„Der Helle Wahnsinn“
Licht und Lichtverschwendung
1) Licht und Leben2) Licht und Kunst/Kultur3) Licht und Himmelsaufhellung4) Licht und leidende Tiere5) Licht und Energie6) Licht und Sicherheit7) Licht und Gesundheit8) Licht und Lösungen
Vortrag von DDr. Thomas Posch([email protected])Klagenfurt, 18. 1. 2008
Inhalt:
11Licht und Leben
Höhe der Sonne [Grad]
Bel
euch
tung
sstä
rke
[lux]
Die ersten zehn Folien erzählten eine Jahrmilliarden alte Geschichte:vom zirkadianen Rhythmus.Das natürliche Licht - ein Zeitgeber.Bis hinauf zu 100.000 lux am TagBis hinunter zu 0.001 lux in der NachtDARAN ist alles Leben gewöhnt.Seit Äonen.
WAS MACHEN WIR DARAUS?
Höhe der Sonne [Grad]
Bel
euch
tung
sstä
rke
[lux]
Wir schaffen die Nacht ab!Der ganze Bereich natürlicherHelligkeitswerte zwischen 0.001 lux und 100 lux ist in Gefahr!Was bleibt da noch vom zirkadianenRhythmus, der die Natur JahrmilliardenLang prägte? Auf diesen Rhythmus Sind Millionen Tierarten eingestimmt!
13Licht und Kultur
Zahlreiche Dichter, Philosophen, Maler … haben sich dem Thema „Licht“ in einer durchwegs positiven Grundstimmung angenähert.Diese positive Grundeinstellung ist tief in unserer Kultur verwurzelt.Jeder Diskurs über Licht, „Lichtverschwendung“, „Lichtsmog“ usw. sollte dies berücksichtigen!
Einige Zitate dazu zeigen:- Hohe Wertschätzung natürlichen Lichts- aber zugleich: (vorsichtige) Wertschätzung für Nacht und Dunkelheit
Honoré de BALZAC:„Das Licht ist ein Symbol des Lebens und der Freude.“
1 THESS. 5,5:„Ihr alle seid Söhne des Lichts […]. Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis.“In der Bibel finden sich zahlreiche ähnliche Stellen.
14Licht und Kultur
… in der Bibel findet sich aber auch der Satz: JESAJA 5,20:„Wehe denen, welche Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis.“
Khalil GIBRAN:„Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch ist es die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt.“(Über 20% der Landoberfläche der Erde kann man heute die Milchstraße nicht mehr sehen (Trevis&Longcore))
Christoph Martin WIELAND:„Zuviel Licht ist zum Sehen ebenso unbequem als zu wenig.“
Friedrich NIETZSCHE:„… wie zum Leben alles Organischen nicht nur Licht, sondern auchDunkel gehört.“
Wilhelm von HUMBOLDT:„Nur der Wechsel ist wohltätig. Unaufhörliches Tageslicht ermüdet.“
16Licht und Himmelsaufhellung
< Schweizer Mittelland vomJungfraujoch (3500m ü.d.M.) aus
… es ist so einfach:Licht aus Städten, das wir VON OBEN(von einem Berg aus) direkt sehen, ist VERSCHWENDETES LICHT !
^ Gebäude im Flutlicht ^ Lichtsmog in Italien
21Licht und leidende Tiere – einige Fakten
Insekten:GB: Minus 50% Nachtfalterpopulationseit 1968D: 180 Milliarden Insekten sterbenjährlich in/an/bei Straßenlampen –oft vor der Zeugung von Nachkommen.Durch Anpassung der Lichtfarbe:2 bis 50mal geringere Todesrate
22Licht und leidende Tiere – einige Fakten
Vögel:2/3 der Zugvögel ziehen nachtsorientieren sich z.T. an SternenSind oft „gefangen“ in Licht-DomenUnd in Strahlkegeln von Skybeamern
Kanada: Fatal Lights Awareness Programm1000e Vögel „krachen“ nachts gegen beleuchtete Hochhäuser
Österreich:Hilflos rufende Zugvögelüber überbeleuchteten Städten(ORF-Newton, 22.9.2007)
23Licht und leidende TiereWeitere betroffene Tierarten:
Frösche und Kröten:Manche Kröten können „im Sternlicht“ Beute fangen (sogar im Bereich vonMillionstel Lux!). Von künstlichen Licht werden Frösche und Kröten stark Angezogen, sammeln sich unter Leuchten extrem erhöhtes Todesrisiko
Schildkröten (Florida):Jungtiere schlüpfen am Strand und sind desorientiert durch künstl. Licht
bewegen sich in die falsche Richtung
Nagetiere:manche reduzieren in erhellten Nächten ihren Beutefang
verlieren an GewichtEffekte treten schon ein bei 0.1-0.3 lux (Vollmond-Beleuchtungsstärke)
Lit.: Rich & Longcore: Ecological Consequences of Artificial Night Lighting2006. 460 Seiten.
25Licht und Energie: Zahlen
10% der privaten Stromverbrauchs : private InnenraumbeleuchtungPLUS 1 bis 2% des gesamten Stromverbrauchs : öffentliche Beleuchtung
- Deutschland 1996: 833 Megawatt für öffentliche Beleuchtung3500 Mio Kilowattstunden (kWh) pro JahrKosten: ca. 350 Mio. €Davon gut 100 Mio. € verschwendet (verpuffen ungenutzt ins All)
- Wien 2005: 14 Megawatt für öffentliche Beleuchtung56 Mio. kWh pro Jahr Ö-weit ca. 350 Mio. kWh pro Jahr, 100 Mio. kWh pro Jahr verschwendetKosten ca. 35 Mio. €, 10 Mio. € verschwendet (250 Wiss.-Gehälter)
USA: private + öffentliche Beleuchtung:360 Mrd. kWh pro Jahr1800 KWh pro Jahr pro Steuerzahler600 kWh pro Jahr pro Steuerzahler verschwendet!
26Licht und Energie: Zuwachsraten
USA: 600 kWh pro Jahr pro Steuerzahler verschwendet!
Die Zahlen sind schlimm genug - noch schlimmer aber sind die Zuwachsraten!
In den USA wuchs 1950-80 der Energieverbrauch um das 10facheDie künstliche Lichtmenge um das 100fache! (16.5% jährlich)
Derzeit: Energieproduktion stagniert, Lumen/Watt-Ausbeute steigt,Künstliche Lichtmenge wächst weiter – regional um 10-20% jährlich
27Licht und Energie: Verschwendung pur
Verhältniszahlen
schwarz: < 0.01grau: 0.01 – 0.11blau: 0.11 – 0.33 grün: 0.33 – 1 gelb: 1 – 3 orange: 3 – 9 rot: 9 - 27weiß: >27
(Leuchtdichteim Zenitzu natürlicherLeuchtdichte)
So WAR es auf Basis der Satellitendaten 1997!
28
(Noch) heile Welt:
Wachsende Lichtkuppeln sogar in Chile Ein schlafender Riese:
Licht und Energie: Ein globales Problem
1997 2025Bei 4%ZuwachsproJahr
2025Bei 7%ZuwachsproJahr
29Licht und Energie: Österreich-Übersicht (1997)
Zur Wiederholung: die schönen bunten Farben stehen für100 Millionen kWh Verschwendung pro Jahr (10 Millionen € pro Jahr),Mehrere Milliarden vermeidbare Insektentode pro Jahr
… und ohne baldiges Handeln wird bald alles „orange“!
31Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl
Gutes (blendfreies) Licht: erhöht Sicherheitsgefühl(ABER nicht unbedingt unsere objektive Sicherheit)
Schlechtes (blendendes) Licht: erhöht WEDER SicherheitsgefühlNOCH die objektive Sicherheit („criminal-friendly lighting“)
Blendfreies Licht spart zugleich Energie, da es die Wahrnehmungunterstützt – auch bei verringerter Lichtleistung!
32Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl/Lichtästhetik
Welche Tankstellenbeleuchtung bevorzugen Sie?
40% Kundenzuwachs nach Umrüstung!•„Full cut off“:blendfreies, abgeschirmtes Licht
•moderates Beleuchtungsniveau
(Es gibt in den USA 1000-lux-Beleuchtungen„Glare-bombs“ / „Asphaltkocher“)
33Licht und Sicherheit/Sicherheitsgefühl/Lichtästhetik
⇒ Dunkel ist es für uns (fast) nur dort, wo es nebenan (zu) hell ist!⇒ „Beleuchtungsspirale“: Installation sehr heller Lichtwerbungen &
Laternen (30-100 lux-Bereich) läßt Umgebung dunkel erscheinen& weckt den Wunsch nach mehr Licht
Unsere Städte sind 10-100mal heller, als das Auge nötig hätteWegen der Adaptionsfähigkeit wird dies aber nur selten bemerkt
Ist die Bankrechts vorne„sicher“ ??Sieht man die Ampel gut ??
Klagenfurt,Bahnhofstraße,17.1.2008
35Licht und Gesundheit
Licht, das direkt ins Schlafzimmer scheint:• verursacht oft Schlafstörungen• reduziert die Ausschüttung des Ruhehormons Melatonin• kann so erhöhtes Krebsrisiko bewirken (bis zu 30-70% mehr Risiko)• erhöht das Risiko, fettleibig zu werden• Messungen helfen (Stadt muss blendende Lampen abschirmen)• > 1 lux (im Fenster) sind in Wohngebieten nicht zu tolerieren
38Licht und Lösungen
- Kein Licht über der Horizontalen- Lichtreduktion ab 22h- Optimierung der Lichtfarbe(Insektenaugen wie auch Menschennachts vor „Blaulicht“ schützen)
- Beleuchtungsstärken über 10lux:wann, wo, wozu?
40Licht und Lösungen
Für Umsetzung von Licht-Lösungen wichtig:
- Erheben statistischer DatenEin Beispiel: Graz braucht 2,03 MW, Salzburg 2.3 MW für öfftl. Bel. – warum?
- Keine parteipolitischen Verkürzungen der Argumente zulassen(Forderung nach „Sicherheit“ von „rechts“, Umweltargumente von „links“Effizientere, blendfreie Beleuchtung, die nur dann „an“ ist, wenn gebraucht,bringt auch mehr Sicherheit.)
- Positive Beispiele hervorkehrenEtwa: Coldrerio in der Schweiz verbietet Skybeamer und löscht Lichtreklamenzu Mitternacht – warum geht das bei uns nicht?
- Kontakt zu lokalen Beleuchtungsverantwortlichenist manchmal effizienter als der Weg über den Bürgermeister / den Landtag
41Weiterführende Literatur
Artenschutz-Aspekt:C. Rich / T. Longcore: Ecological Consequences of Artificial Night Lighting. 2006. ISBN 1-55963-128-7
Kulturgeschichtlicher Aspekt:Joachim Schlör: Nachts in der großen Stadt.1994. ISBN 3-7608-1931-1
Astronomische und lichttechnische Aspekte:Bob Mizon: Light Pollution.
42Kontaktadressen
Medizin/Augenärztliche SichtweiseDr. Peter Heilig, Universität [email protected]
Insektenkunde (Entomologie)Dr. Peter Huemer, Tiroler Landesmuseum [email protected]
Medizin/Tag-Nacht-RhythmusDr. Maximilian Moser, Medizinische Universität [email protected]
Astronomie:Dr. Thomas Posch, Universitätssternwarte [email protected]