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Admiral Gecko

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Nr. 190Admiral GeckoDie Verschollenen geben Nachricht - und Mausbiberkreuzer TRAMP macht sich klarzum Gefecht!von Clark Darlton

Seit Monaten schon sind Perry Rhodan, Atlan und Reginald Bull in den Tiefen des Alls verschollen.Die einstmals mächtigsten Männer der Galaxis besitzen keine Macht - solange es ihnen nicht gelingt,Raumschiffe der USO oder der Solaren Flotte, die noch immer nach den Verschollenen suchen, zuverständigen.Weder die Plophoser, deren Gefangene sie waren, noch die Rebellen von Badun ließen ihnen die Möglichkeitan ein Hyperkomgerät zu gelangen. Und als die Bigheads die Verschollenen nach erfüllter Dienstleistungentließen, führte sie das automatische Raumschiff nicht zur Erde, wie erhofft, sondern zur Station der„lebenden Toten“.In dieser Station jedoch, mitten im Todeskreis der Gammastrahlung, konnte Atlan unter Einsatz seines LebensGeräte aktivieren, die eine unüberhörbare Botschaft aussenden.Mausbiberkreuzer TRAMP, der sich als einziges Solares Raumschiff in Reichweite der Sendeimpulse befindet,nimmt Fahrt auf und macht sich klar zum Gefecht...ADMIRAL GECKO will es wissen!

Die Hautpersonen des Romans:Perry Rhodan, Atlan, Reginald Bull, André Noir und Melbar Kasom - Die Verschollenen sind gefunden - aber nochnicht gerettet.Gecko - Seine Artgenossen machen dumme Streiche - er aber kämpft gegen die BluesOoch, Wullewull, Biggy, Bokom und Hemi - Mitglieder von Geckos seltsamer Truppe.Zbron, Brcl, Vlck und Stozl - Raumfahrer aus dem Volk der Unither.

1.

Die Welt war eine einzige, grünlichblaueDämmerung.

Rechts stiegen steile Felsenklippen senkrecht indie Höhe und verloren sich im hellen Gekräusel derOberfläche. Dunkle Höhlen wurden von buntenBlumen umrandet, die sich leicht hin und herbewegten. Ab und zu huschten schnelle und dunkleSchatten vorüber. Sie waren klein und sahen aus wieGeschosse. Nach rechts dehnte sich eine flache,sandige Fläche. Sie verlor sich, keine fünfzig Meterentfernt, in einem endlosen, geheimnisvollen Bau.

Drei Taucher schwebten schwerelos vor einer derHöhlen.

Sie trugen Taucherausrüstung, waren aber kaumgrößer als ein Meter. Hinter den Klarsichthelmenwaren undeutlich dunkle Gesichter zu erkennen.Neugierig spähten die braunen, gutmütigen Augen indas Dunkel der Höhle hinein.

Die Taucher waren keine Menschen.Aber ihre Sprache, durch Funkgeräte übertragen,

war menschlich.„He, Wullewull, hast du Lust, von einem

Riesenkrebs verspeist zu werden? Die sind nämlichhier zu Hause.“

Der Sprecher hielt sich wohlweislich im

Hintergrund. Er schwebte nicht, sondern er stand.Um seine fette Taille gegürtet trug er schwere Steine,die ihn im Gleichgewicht hielten. Das Meer war hiernur wenige Meter tief, und wenn er auftauchenwollte, brauchte er den Gürtel nur zu lösen. Abermeist zog Gecko es vor. zu Fuß ans nahe Ufer, zuspazieren.

„Sie würden sich an mir genauso den Magenverderben wie an dir“, hieb Wullewull zurück, einsder hoffnungsvollsten Mitglieder der glorreichenExpedition „Tramp“ und seines Zeichens Mausbiber,wie auch seine Begleiter Gecko und Ooch, der einStück zur Seite geschwommen war und versuchte,von einem anderen Standort aus in die Höhle zublicken.

„Sie wollen heute nicht“, stellte Ooch enttäuschtfest und fügte hinzu: „Och, wie schade.“

Gecko entsann sich, daß er der Leiter derExpedition und Kommandant des Schiffes TRAMPwar, das vor einigen Tagen auf diesem unbewohntenPlaneten notgelandet war. Er durfte nie vergessen,daß er außer Rechten auch Pflichten besaß.Insbesondere jene, Vorbild zu sein.

„Ich sehe nach“, sagte er tapfer und kam einenSchritt näher.

Eine Funknachricht von der TRAMP rettete ihnvor der peinlichen Lage, vor einem Krebs fliehen zumüssen, der möglicherweise in der Höhle hauste. Der

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Chefpilot der TRAMP, ein Unither namens Zbron,sagte nämlich:

„Es ist soweit, Gecko. Wir sind fertig. Das Schiffkann starten.“

Gecko ergriff die willkommene Gelegenheit beimSchöpf.

„Wir kommen sofort zurück. Start vorbereiten,Zbron!“ Und zu seinen beiden Gefährten sagte er:„Ab, weg von hier! Auftauchen! Es geht weiter!Endlich können wir weg von dieser verrückten, Welt,auf der es nur Gespenster und Superbienen gibt.“

So ganz unrecht hatte er nicht, denn dievergangenen Tage waren nicht nur Freude undSonnenschein gewesen. Zuerst war die TRAMP voneinem fremden Raumschiff angegriffen und zurLandung gezwungen worden. Der Gegner war erstviel später aufgetaucht - riesige Insekten, die man die„Räuber“ oder „Jäger“ nannte. Als sie TRAMPangriffen, wurden sie samt ihrem Schiff vernichtet.

Es gab aber noch andere auf dem achtzehntenPlaneten der namenlosen Sonne. DurchscheinendeGestalten, die wie Schemen auftauchten und dannwieder verschwanden - harmlose Geistesprojektionensehr intelligenter Wesen, die auf einem anderenPlaneten des Systems lebten. Sie trieben sich überallherum, hatten der Expedition mehrmals aus derPatsche geholfen und fürchteten sich im übrigenständig vor den Räubern, die mit ihren Schiffendiesen Teil der Milchstraße unsicher machten.

Die drei Mausbiber wateten an den Strand undöffneten die Helme.

„Eigentlich schade“, sagte Wullewull, „daß wirstarten. Mir hat es hier gut gefallen.“

Gecko war stehengeblieben. In den letzten beidenTagen schien er seine angeborene Arroganz undSelbstherrlichkeit vergessen zu haben. Dasüberstandene Abenteuer hatte ihn sozusagen reifenlassen, und er war seinen Rassegefährten, aber auchden Unithern und Willys nähergekommen.

Es War die Seltsamste Expedition, die jemals ausdem Solaren System gestartet war, aber dieUmstände erforderten ungewöhnliche Maßnahmen.Perry Rhodan, Reginald Bull, Atlan und zwei weitereenge Mitarbeiter Rhodans waren seit langem vermißtund galten als tot. Aber niemand glaubte wirklich,daß sie tot waren. Und so kam es, daß Tausende vonSchiffen durch die Galaxis streiften und dieVerschwundenen suchten.

Auch die Mausbiberkolonie auf dem Mars wolltedazu beitragen, Rhodan zu finden und zu retten.Gucky hatte Rhodans Stellvertreter, Julian Tifflor,dazu bewogen, einer Mausbiberexpeditionzuzustimmen. Der Kommandant sollte Gecko sein,außer Gucky der älteste Mausbiber. ZwanzigMausbiber begleiteten ihn, darunter der TelepathOoch und einige weibliche Mausbiber. Alle waren

gute Telekineten, Gecko sogar Teleporter.Hinzu kamen dreißig Unither, ungeschlachtete

aber ungemein intelligente Humanoiden. Ihrhervorstechendstes Merkmal war der lange Rüssel,der ihnen auch als Werkzeug diente. Im Notfallverhauten sie damit auch allzu lästige Mausbiber,wenn sie einen erwischten.

Dann waren noch zehn Willys an Bord derTRAMP, merkwürdige Intelligenzen, die anfließende Amöben erinnerten und sich auch ähnlichfortbewegten. Meist lagen sie in Form flacher Fladenumher und rührten sich nicht, aber wenn sie wollten,konnten sie praktisch jede beliebige Form annehmen.Ihre Haupteigenart war es, anderen Lebewesen injeder Hinsicht behilflich und gefällig zu sein. Daswar einer der Hauptbeweggründe Geckos gewesen,sich Willys für seine Expedition auszubitten. Undbisher hatte er es nicht zu bereuen brauchen. DieWillys waren es gewesen, die in einementschlossenen Angriff den Rest der Insektenvernichtet hatten.

„So, es hat dir gut gefallen?“ Gecko maßWullewull von oben bis unten mit einemvorwurfsvollen Blick. „Hast du vergessen, daß einegroße und gewaltige Aufgabe vor uns liegt?“

„Habe ich nicht“, bestritt Wullewull energisch undschlenkerte mit den kurzen Armen. „Aber schließlichbin ja nicht ich an der dummen Notlandung schuld.Als es passierte, warst du in der Zentrale.“

Damit spielte Wullewull auf den Absturz an.Gecko trug daran genausowenig Schuld wie jederandere an Bord der TRAMP. Aber er war derKommandant und - wie er sich selbst nannte -Großadmiral Also trug er auch die Verantwortung.

Er wurde nicht gern daran erinnert - an dieVerantwortung.

„Laß den Quatsch“, knurrte Gecko undmarschierte los. Die TRAMP erhob sich keinefünfhundert Meter von der Bucht entfernt in denklaren, blauen Himmel. Sie war eine Kugel vonsechzig Metern Durchmesser, mit einemLinearantrieb ausgerüstet und vieltausendmalschneller als das Licht. Der beschädigte Konverterwar ausgetauscht worden. Die Suche nach Rhodankonnte fortgesetzt werden.

Nach hundert Metern Fußmarsch war Gecko esleid. Er teleportierte und rematerialisierte imGemeinschaftsquartier der Mausbiber an Bord desSchiffes. Er war der einzige der einundzwanzigMausbiber, der teleportieren konnte.

Wullewull und Ooch stießen empörte Pfiffe aus,als sie sich so schmählich im Stich gelassen sahen,aber sie hatten keine andere Wahl, als den Rest desWeges zu Fuß zurückzulegen. Erschöpft und völligaußer Atem kamen sie beim Schiff an und gelangtenüber Antigravlifts und Korridore ebenfalls in die

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Gemeinschaftskabine.Genau in diesem Augenblick schaltete sich der

Interkom ein. Die Stimme des Chefpiloten Zbronsagte:

„Es ist alles an Bord. Wir werden in dreißigMinuten starten. Ich bitte den Kommandanten in dieZentrale.“

Gecko hatte den leichten Raum-Taucheranzugabgelegt und die Uniform angezogen. Ohne sich umdie spöttischen Blicke der anderen Mausbiber zukümmern, strich er die Rangabzeichen glatt, setzteeine dienstliche Miene auf- und entmaterialisierte.

In der Zentrale herrschte fieberhafte Spannung.Man wußte von den Träumern, daß die Schiffe der

Jäger außerhalb des Systems lauerten. Dieräuberischen Insekten schienen die Absicht zu haben,die vierzig Planeten hermetisch vom übrigenUniversum abzuriegeln. Welchen Sinn dieseMaßnahme haben sollte, war unklar. Vielleicht hattensie aber auch erfahren, was mit ihrem Schiffgeschehen war, das die TRAMP angegriffen hatte.Dann war das Motiv eindeutig Rache.

Zbron saß bereits im Pilotensitz. Als er Geckobemerkte, winkte er ihm mit dem Rüssel zu.

„Wenn wir sie überraschen, Gecko, schaffen wires. Höchste Beschleunigung. Bereits dann, wenn wirdie Bahn des äußersten Planeten überqueren, müssenwir mehrfache Lichtgeschwindigkeit erreicht habenund im Linearraum fliegen. Nur so entkommen wirder Übermacht.“

Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit machteGecko den Unither nicht darauf aufmerksam, daß ermit „Kommandant“ oder „Großadmiral“ angeredet zuwerden wünsche. Im Gegenteil, er kamherangewatschelt und klopfte dem für seine Begrifferiesigen Humanoiden kameradschaftlich auf diebreite Schulter.

„Ausgezeichnet, Zbron, ganz ausgezeichnet. Wirwerden den Superbienen ein Schnippchen schlagen.Wie nennt man so etwas? Taktischer Rückzug, wennich nicht irre.“

„Hört sich besser an als Flucht - finde ich auch. Anund für sich sind Wortspiele meine Spezialität, aberin diesem Fall ist der Unterschied zu offensichtlich.Man könnte unser Vorgehen nur dann als Fluchtbezeichnen, wenn wir einem fairen Kampf aus demWege gingen. Aber die Träumer berichten, daßmindestens zweitausend Eierschiffe ßen auf unslauern. Ihnen auszuweichen ist Selbsterhaltung, keineFeigheit.“

„Ganz meiner Meinung“, nickte Gecko undstolzierte in der Kommandozentrale auf und ab. Erdrückte dabei die Brust in geradezu beängstigenderArt und Weise heraus, und es sah so aus, als könne erjeden Augenblick das Gleichgewicht verlieren.„Selbst Gucky könnte das nicht abstreiten, obwohl er

nur Leutnant ist und daher von Strategie keineAhnung hat.“ Er ging bis zur Funkraumtür undöffnete sie. Stozi hockte hinter seinen Geräten. Erhatte Kopfhörer auf und drehte an denEinstellknöpfen. Vor ihm war eine Reihe kleinerBildschirme. Einige von ihnen waren dunkel, anderezeigten verschwommene Farbenmuster. „Nun,Stozi?“ fragte Gecko. „Immer noch keineVerbindung?“

Stozi schüttelte den Kopf.Gecko stand noch eine Weile, aber als keine

weitere Reaktion erfolgte, zuckte er schließlich dieAchseln, knallte die Tür zu und kehrte zu Zbronzurück.

„Er will nicht gestört werden“, sagte der Unitherund nahm seinen Rassegefährten in Schutz. „Es wäreungeheuer wichtig, wenn wir die Unterstützung einesterranischen Kreuzers erhalten könnten.“

„Es wäre beruhigend“, verbesserte Gecko undschwang sich in den Sessel neben Zbron.

Es war ein seltsamer Anblick, die beiden sounterschiedlichen Wesen nebeneinander sitzen zusehen. Der Unither, humanoid und fast drei Zentnerschwer, mit seinem beweglichen Rüssel und demklobigen Kopf - daneben der kleine, wenn auch fetteMausbiber in der prächtigen Admiralsuniform.

„Wichtig und beruhigend!“ sagte Zbronkompromißbereit. Er sah auf die Zeitmesser. „Nochfünfzehn Minuten. Das Warten geht mir auf dieNerven. Warum starten wir nicht gleich?“

Gecko dozierte:„Das hat Gründe, Zbron, triftige Gründe. Die

Träumer haben versprochen, daß sie die Jägerirritieren. Sie sind körperlos und nicht von ihrerUmgebung abhängig. Sie werden in ganzen Scharendurch das All schweben und in die Schiffe derInsekten eindringen. Zwar können sie ihnen nichtstun, aber sie können sie erschrecken und verwirren.Sie haben die löbliche Absicht, sie abzulenken undan einen anderen Ort zu locken. Wir erhalten somitfreie Bahn. Es kommt dann nur auf uns an, diesenVorteil entsprechend auszunützen, Je schneller wirsind, desto größer ist unsere Chance, unbemerkt zuentkommen. Und in genau vierzehn Minuten ist derZeitpunkt am günstigsten.“

Erschöpft hielt Gecko inne. Das war so ziemlichdie längste Rede, die er je in seinem langen Lebengehalten hatte. Gegen Zbrons zeitweiligeRedeexzesse war es natürlich nur ein minderwertigerVersuch, aber immerhin wurde der Rüssel desUnithers vor Neid etwas blasser.

Er gab keine Antwort.Die Minuten verstrichen langsam.Dann erfolgte der Start.Alle Antigravfelder waren eingeschaltet, um den

ungeheuren Andruck zu kompensieren, der bei der

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unvorstellbaren Beschleunigung wirksam wurde. DerPlanet wurde in wenigen Minuten zu einer Kugel,dann zu einem leuchtenden Stern. Vor der TRAMPlagen nur noch die äußeren Planeten des Systems unddie Absperrkette der Jäger.

In diesen entscheidenden Minuten sprach niemandin der Kommandozentrale ein Wort. Der Pilot Zbronüberwachte die Kontrolltafeln und nahm kleinereKurskorrekturen vor. Navigator Vlck beobachtete dieOrterschirme, ohne eine Spur der Jäger zu entdecken.Nebenan im Funkraum versuchte Stozi noch immer,Verbindung zu terranischen Einheiten zu erhalten.Der zweite Pilot Brcl saß auf der anderen Seite nebenZbron und kontrollierte das einwandfreieFunktionieren des Antriebs.

Lediglich Gecko hatte nichts zu tun. Trotzdemempfand er diesmal keine Langeweile. Er ließ denFrontbildschirm nicht aus den Augen. Auf ihm warnichts zu erkennen. Einige der Planeten glittenlangsam seitlich vorbei, aber ihre Geschwindigkeiterhöhte sich laufend. Die TRAMP wurde immerschneller. Im Heckbildschirm schrumpfte dieunbekannte Sonne zusammen. Das Schiff raste aufdie Bahn des äußersten Planeten zu.

„Hundertfache Lichtgeschwindigkeit erreicht“,sagte Zbron ruhig.

Die TRAMP befand sich bereits im Linearraumzwischen Einsteinuniversum und Hyperraum. Diebekannten Effekte traten ein, vermochten aber nicht,die freie Sicht zu beeinträchtigen. Plötzlich, wenigeMinuten vor der entscheidenden Phase der Flucht,tauchten einige Träumer auf.

Sie waren transparent und nahezu farblos. Ohnevon dem Schutzschirm oder von der Hülle derTRAMP aufgehalten werden zu können, kamen sie indie Zentrale und bildeten einen telepathischen Block.Ihre Gedankenimpulse waren stark genug, um auchvon dem schwachen Telepathen Gecko empfangenund verstanden werden zu können.

Der Weg ist frei - wir wünschen einen glücklichenFlug.

Gecko rutschte aus dem Sessel und stellte sich inPositur.

„Wir danken euch für eure Unterstützung,Träumer. Mögen die Jäger euch niemals finden.Vielleicht kehren wir später einmal zurück undsuchen euch auf. Wir werden als Freunde kommen.“

Die Antwort lautete:Wir erwarten euch jederzeit. Und wir danken euch

auch. Ihr habt uns einen großen Dienst erwiesen.Ehe Gecko erneut antworten konnte, waren die

seltsamen Gestalten verschwunden. Sie kehrten insAll und später zu ihrem Planeten zurück. Zurück inihre Körper, die in den Traummaschinen ruhten.

Gecko teilte Zbron mit, was er gehört hatte. DerUnither nickte.

„Dann ist es soweit. Der Weg ist frei wir schaffenes.“

Der Weg war frei.Nur ein einziges Schiff, in seiner plumpen Form an

ein riesiges Ei erinnernd, tauchte seitlich auf, verlorsich jedoch innerhalb des Bruchteils einer Sekunde inder Unendlichkeit. Hoffnungslos war eszurückgeblieben. Ehe es beschleunigen konnte, wardie TRAMP viele Milliarden Kilometer entfernt,hatte vielleicht den Kurs geändert und war im Nichtsuntergetaucht.

Die Sonne wurde zu einem kleinen Stern.Als die TRAMP tausendfache

Lichtgeschwindigkeit erreichte und immer nochschneller wurde, war die Gefahr gebannt. Das sogefährlich beginnende Abenteuer auf dem Planetender Träumer war nun nur noch eine interessanteEpisode in der Erinnerung aller Beteiligten. Dieeigentliche Aufgabe lag noch vor ihnen.

Eine Aufgabe, an der sich bisher jeder die Zähneausgebissen hatte.

Gecko war entschlossen, sie zu bewältigen.

*

Das Verschwinden Rhodans hatte sich nicht nurauf das Solare Imperium, sondern auf alle Rassen derGalaxis verheerend ausgewirkt. Lose Bündnissefielen auseinander, und alte Streitigkeiten flackertenwieder auf. Der Zusammenhalt ging verloren, undaus Freunden wurden erbitterte Gegner. In allenTeilen der Milchstraße begannen blutige Schlachtenum die Vorherrschaft. Das Fehlen einer lenkendenHand machte sich bemerkbar.

Die Akonen hatten das ehemalige Arkonidenreichblitzschnell überschwemmt und in Besitz genommen.Es gab niemand, der sie daran gehindert hätte. Auchdas Reich der Blues zerfiel immer mehr. Dieverschiedenen Rassen dieses Imperiums bekriegtensich und lieferten sich in den Tiefen des Raumeserbitterte Schlachten. Da sich jedoch dieseSchlachten - von der Erde aus gesehen - jenseits derZentrumsballung der Galaxis abspielten, berührtensie die Terraner kaum. Sie hatten genug mit sichselbst zu tun.

Die TRAMP aber befand sich jenseits derZentrumsballung und stieß mitHöchstgeschwindigkeit auf die östlichen Randbezirkezu. Sie stand etwa achtzigtausend Lichtjahre von derErde entfernt und eilte durch ein unbekanntes Gebietmit nur wenig Sternen.

Es war der zweite Februar des Jahres 2329.Der diensthabende Pilot Brcl hatte starke

Schiffsverbände geortet und die Geschwindigkeit derTRAMP herabgesetzt. Die Orterschirme verrieten,daß es sich keineswegs um die Eierschiffe der Jäger

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handelte, sondern um Einheiten der Blues. Von ihnenwar kein direkter Angriff zu befürchten, wenn mannicht zwischen die Fronten geriet.

Aus mehreren Lichtstunden Entfernung verfolgteBrcl die Geschehnisse auf den stark vergrößerndenOrterschirmen. Er verzichtete vorerst darauf, Alarmzu geben.

Der eine Verband der Blues igelte sich regelrechtmitten im Raum ein und formte eine riesige Kugelaus Tausenden von Schiffen. Die kleineren Einheitenwaren in der Mitte und daher am wenigstengefährdet. Am äußeren Rand standen die schwerenSchlachtkreuzer, einige noch mit einemMolkexpanzer versehen.

Brcl, neugierig geworden, suchte weiter, bis er denGrund der ungewöhnlichen Schutzmaßnahme fand.Etwa fünf Lichtstunden von der TRAMP entferntformierte sich ein gigantischer Verband derverschiedenartigsten Schiffstypen zum Angriff aufden Igel. Da auch hier einige Molkexschiffevorhanden waren, mußte es sich ebenfalls um Schiffeder Blues handeln.

Die Rasse begann damit, sich zu zerfleischen.Es geht uns nichts an, dachte Brcl verwundert und

zugleich beruhigt. Von uns aus können sie sichgegenseitig umbringen, wenn sie uns nur in Ruhelassen. Aber vielleicht wissen sie etwas überRhodan? Kann man sie fragen?

Er fand keine Antwort. In einer halben Stundewürde Zbron ihn ablösen. Ob man solange wartensollte?

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, alssich die Tür öffnete und Gecko in die Zentralespazierte.

Seit der Notlandung und der Begegnung mitTräumern und Jägern hatten sich einige seinerunangenehmen Eigenschaften verloren. So legte erkeinen Wert mehr darauf, respektvoll mit „Sir“ oder„Großadmiral“ angeredet zu werden. Auch war esihm ziemlich egal, ob man ihn beim Eintritt in dieZentrale grüßte und ihm eine Meldung erstattete odernicht. Er war der Kommandant, das wußte jeder. Manbefolgte seine Befehle, das genügte. JedeErmahnung, mehr auf Persönlichkeiten zu achten,wäre Zeitverschwendung gewesen. Tief in seinemInnern bedauerte Gecko natürlich diese Entwicklung,aber er sah keine Möglichkeit, sie zu verhindern.Bisher hatte er immer den kürzeren gezogen, wenn ersich auf Debatten und Kraftproben, eingelassen hatte.Besonders die Mausbiber erwiesen sich alshartnäckige Gegner des Militarismus. Sie wolltenihre Ruhe und ihren Spaß. Oder wollte Gecko ihnenvielleicht weismachen, daß er keinen Spaß an derSache hatte, mochte der eigentliche Anlaß auch nochso ernst sein?

Gecko schloß die Tür, seufzte ergeben und sprang

in den zweiten Sessel. Er starrte eine Weile auf dieBildschirme, bis er endlich begriff, was seine Augenda sahen. Mit einem Ruck sprang er auf.

„Schiffe!“ ächzte er und deutete auf denFrontschirm.

Brcl nickte.„Blues“, bestätigte er knapp. Er war kein Freund

vieler Worte, ganz im Gegensatz zu Zbron. Er warsogar derart wortkarg, daß Wullewull schon vermutethatte, Brcl sei gar nicht der richtige Name desUnithers, sondern nur eine bequeme Abkürzung.

„Blues? Warum erfahre ich das erst jetzt? Ich binder Kommandant und habe ein Recht darauf.“

„Ich wollte dich nicht beunruhigen, Dicker.“Gecko schnappte nach Luft. Seine braune Nase

wurde ganz blaß, und die Haare im Nacken sträubtensich. Gut, er hatte die Sitten an Bord gelockert, umkeinen Arger zu haben, aber das hier ging zu weit.

Das war gegen alle Regeln der Subordination.„Ich bin nicht dein Dicker, sondern Großadmiral

Gecko, der Kommandant des SchlachtkreuzersTRAMP - hoffentlich kapierst du das bald.“ DerAnblick der Blues-Schiffe veranlaßte ihn, schnell dasThema zu wechseln. „Was ist los, Brcl? Was ist mitden Schiffen dort?“

Der Unither zuckte die Achseln.„Keine Ahnung. Sieht so aus, als wollten sie sich

eine Schlacht liefern. Wir haben nichts damit zu tun,Daher gab ich keinen Alarm. Wenn wir den Kursändern, bemerken sie uns vielleicht nicht einmal.“

Gecko überlegte schnell. Naturlich konnte maneiner Begegnung ausweichen, aber auf der anderenSeite ließ man vielleicht eine Chance aus, etwas überden vermißten Rhodan zu erfahren. Es konnte sein,daß die Blues etwas wußten. Aber wurden sie auchetwas sagen?

Nicht dann, wenn sie in solchen Massen auftratenund überlegen waren. Die gezielten Strahlschussevon drei oder vier Schiffen wurden den Schutzschirmder TRAMP sofort zusammenbrechen lassen. Es gabunter solchen Umstanden keine Gegenwehr. Damitwar den Terranern nicht gedient.

Und schon gar nicht der Besatzung der TRAMP.„Gehen wir auf größere Entfernung und sehen wir

zu“, schlug Gecko daher diplomatisch vor.„Vielleicht ist es uns möglich, ein angeschossenesund manövrierunfähiges Schiff abzufangen und dieBesatzung zu verhören.“

„Kein dummer Vorschlag“, gab Brcl gutmutig zuund ließ den Rüssel über die Kontrollen gleiten.

Gecko verbiß sich eine Rüge und sah auf dieSchirme.

Die beiden Flottenverbände wurden kleiner, als dieTRAMP sich mit verminderter Geschwindigkeit vonihnen entfernte. Die Blues waren so sehr mit ihreneigenen Angelegenheiten beschäftigt, daß sie das

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kleine terranische Schiff nicht bemerkten.Die ersten Strahlschusse zischten hin und her, dann

detonierten die Raumtorpedos mit ihrenAtomsprengköpfen. Mehrere Schiffe auf beidenSeiten wurden beschädigt und trieben seitlich ab.

Gecko deutete darauf.„Siehst du, Brcl, was ich meinte? Davon

schnappen wir uns eins, dann erfahren wir vielleichtetwas.“

„Es ist höchst unwahrscheinlich, daß derKommandant einer unbedeutenden Einheit etwasüber Rhodans Schicksal weiß, aber der Versuch kannnichts schaden. Auch andere strategischeInformationen können für uns von großer Wichtigkeitsein. Es wird besser sein, wir versetzen die TRAMPjetzt in Kampfbereitschaft. Es könnte beim Abfangeneines Blues Schwierigkeiten geben.“

Gecko gab gnädig seine Zustimmung.Der Alarm gellte durch die TRAMP. Alle Unither

waren in wenigen Sekunden auf ihren Stationen.Auch die Mausbiber bequemten sich, ihr Quartier zuverlassen, um ihre Posten einzunehmen. Die Willysin ihrer Ladeluke blieben. Sie waren die einzigen anBord, die keinen Dienst mitmachen mußten, es seidenn, sie erhielten gegenteilige Anweisungen.

Zbron kam und löste Brcl ab. Er wurde kurzinformiert, was geschehen war und welche PläneGecko hatte. Auf den Bildschirmen war das Opfergut zu erkennen - ein längliches und nicht besondersgroßes Schiff, das ohne Zweifel nicht auf Kurs lag.Weit unter Lichtgeschwindigkeit trieb es dahin,genau auf die TRAMP zu.

„Wir müssen nicht einmal die Richtung ändern“,nickte Zbron, der ohne viele Worte mit GeckosVorschlag einverstanden war. „Das Wrack kommtgenau auf uns zu. Vielleicht erfahren wir einigeinteressante Einzelheiten. Zum Glück beherrschendie Blues die Sprache des Imperiums, oder zumindesthaben sie auf jedem Schiff einen Dolmetscher.“

Als die Einzelheiten deutlicher zu erkennen waren,machten die Beobachter auf der TRAMP im Bug desfremden Schiffes einige unregelmäßige Öffnungenund andere, schwere Beschädigungen aus. DerSchutzschirm und die wichtigsten Waffen warenausgefallen. Das Wrack bedeutete keine unmittelbareGefahr.

„Stozi, versuche Kontakt aufzunehmen. Kode inInterkosmo - das müssen sie verstehen. Wirverlangen, daß sie eine Abordnung von uns an Bordlassen. Dafür sichern wir freien Abzug zu.“

Stozi war in seinem Element. Wenn dieFunkanlage des Wracks nicht ausgefallen war, mußtees Kontakt geben. Die beiden Schiffe waren nur nochwenige Kilometer auseinander und trieben mit fastder gleichen Geschwindigkeit dahin. Ganz langsamnur noch näherten sie sich einander.

Stozi hatte Erfolg. Zwar wurde seine Anfrage nichtdirekt beantwortet, aber der Kommandant desbeschädigten Schiffes der Blues bat durch seinenDolmetscher um dringende, technische Hilfe. Zbronübernahm selbst die Beantwortung.

„Hier Terrakreuzer TRAMP, KommandantGroßadmiral Gecko. Erster Pilot Zbron spricht. Wasverstehen Sie unter Hilfe?“

„Meine Techniker werden Ihnen das erklären“,kam es zurück. Zbron ärgerte sich etwas über denarroganten Ton. Der Bildschirm war dunkelgeblieben. Entweder war die Anlage drübenbeschädigt, oder die Blues wollten sich nicht zeigen.„Sie können eine Abordnung entsenden. Unsere Lukewird geöffnet.“

Das war es eigentlich, was Zbron wollte. Er drehtesich um und sah Gecko an.

Der Mausbiber ahnte, daß man eine Entscheidungvon ihm erwartete. Er nickte. Zbron teilte den Bluesmit, daß eine Gruppe von Technikern in wenigenMinuten ausgeschleust werden würde. Er warnte dieMannschaft des havarierten Schiffes jedoch davor,einen Fehler zu begehen. Die Geschütze der TRAMPseien auf das Wrack gerichtet, erklärte er.

Gecko fragte:„Wer geht?“Zbron rollte ironisch den Rüssel zusammen und

ließ ihn wieder vorschnellen.„Du bist zwar kein Techniker, aber immerhin der

Kommandant, Ich würde vorschlagen, du gehst miteinigen Unithern. Ich bleibe hier und sorge fürRückendeckung. So erreichen wir zweierlei: dieTechniker können sich die Schäden besehen undeventuell helfen, während du dich mit demKommandanten der Blues unterhältst. Einwände?“

Gecko hatte keine.Fünf Minuten später verließ er mit drei Unithern

die Luftschleuse der TRAMP und ließ sich zu demWrack hinübertreiben. Ihm war nicht besonders wohlunter seiner pelzigen Haut, aber er ließ sich nichtsanmerken. Hinter sich wußte er den Schutz seinesSchiffes mit seinen mächtigen Strahlgeschützen undden unwiderstehlichen Transformkanonen. SeinFunkgerät war. eingeschaltet, so daß seineUnterhaltung mit den Blues in der TRAMP gehörtund aufgezeichnet werden konnte.

„Sind gleich da“, gab er bekannt. „Die Schleuse istoffen - wir steigen ein. Jetzt schließt die Schleuse.Luft strömt ein. Wir öffnen die Helme. Hm, guteLuft, nur etwas kalt für meine Begriffe. Draußen allesin Ordnung?“

„Notfalls kannst du ja teleportieren“, trösteteZbron ironisch.

Gecko überhörte den Spott. Er wartete, bis sich dieInnenluke öffnete, dann marschierte er an der Spitzeder Unither in das Wrack hinein. Ein breiter Korridor

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nahm sie auf. Ein Blue kam ihnen entgegen.Sie hatten humanoide Formen, die Blues, aber auf

einem langen, und sehr beweglichen Hals saß einflacher, scheibenförmiger Kopf mit großen Augen,mit denen sie nach allen Richtungen blicken konnten.Es gab Variationen, genau wie bei Terranern undArkoniden, aber für Menschen waren sie nur schwerzu unterscheiden.

„Willkommen an Bord“, sagte der Blue und bliebstehen. Unsicher betrachtete er Gecko, dann die dreiUnither. „Ich bin Zrag, der Dolmetscher.Kommandant Grechk hat mich beauftragt, euch zuihm zu führen. Folgt mir.“

Gern hätte Gecko dem Tellerkopf erklärt, mitwelcher wichtigen Persönlichkeit er es zu tun hätte,aber er verschob die Debatte auf später. Dann würdeer es nur einmal tun müssen. Außerdem hatte derDolmetscher sich längst umgedreht und marschiertedavon.

Sie begegneten noch einigen Blues undAngehörigen einer kleineren Rasse, die im Aussehenan Pinguine erinnerten. Es war bekannt, daß dieBlues auf ihren Schiffen geeignete Hilfsvölkeranheuerten, die nun dabei waren, sich selbständig zumachen und die Fesseln zu sprengen.

In der Kommandozentrale wurden sie von Grechkerwartet. Er unterschied sich nicht im geringsten vonZrag. Als er Gecko sah, gab er einen Laut desErschreckens von sich.

Die Unterhaltung ging über den Dolmetscher Zrag.„Was ist?“ fragte Gecko erstaunt. „Warum

erschrickst du bei meinem Anblick? Oder sind es dieUnither, die deine Verblüffung hervorrufen?“

Der Blue war sich nicht sicher, welche Anrede erbenutzen sollte, aber Geckos vertraulicher Ton schienihm neue Zuversicht zu geben.

„Nein, es war kein Erschrecken, nurBewunderung, einer so bekannten und berühmtenPersönlichkeit zu begegnen. Es war schon immermein Wunsch gewesen, dem hervorragendstenVertreter des Solaren Imperiums gegenüberzustehenund ihm zu sagen, wie sehr ich ihn bewundere. EinLebenswunsch ist mir in Erfüllung gegangen. Wiedankbar ich dem Schicksal bin, daß mein Schiff inder Schlacht beschädigt wurde und ich den Kurs desdeinen kreuzen durfte.“ Er erhob sich und deuteteeine Verbeugung an. „Seid auf meinem Schiffwillkommen, du und deine Freunde, auch wenn esjetzt nur ein Wrack ist.“

So ganz kam Gecko nicht mit. Machte der Bluessich einen Spaß mit ihm, oder meinte er es ernst? Zuschade, daß er keine telepathischen Impulseauffangen konnte. Jetzt müßte Ooch hier sein.Immerhin, es konnte ja auch gut sein, daß sein Rufbis in diesen Teil der Milchstraße gedrungen war.Aber bekannt...? Nein, Gecko konnte sich beim

besten Willen nicht vorstellen, daß er bekannt - war.Er hatte bisher immer auf dem Mars bei den anderenMausbibern gelebt und niemals Gelegenheit gehabt,seinen Mut und seine außerordentlichen Fähigkeitenunter Beweis zu stellen. Seit zwei Wochen führte erdie TRAMP. Das war alles. Immerhin...

„Ich bin geehrt“, sagte er steif und mißtrauisch.„So kennst du mich also, Grechk?“

„Wer kennt dich nicht - die markanteste Figur desGroßen Imperiums. Retter des Universums undbester Freund des sagenhaften Perry Rhodans? Ichmüßte mich schämen, noch nie von dir gehört zuhaben. In allen Teilen der Milchstraße berichtet manvon deinen Taten und von deinem Mut, der alleVorstellungen übertrifft und nicht seinesgleichenhaben kann. Was wäre die Rasse der Terraner ohneihren besten und stärksten Verbündeten, denberühmten Mausbiber Gucky?“

Es war Gecko, als schütte ihm jemand eine ganzeBadewanne kalten Wassers über den Kopf. Er wurdeum zwei Zentimeter kleiner, während die hinter ihmstehenden Unither keine Miene verzogen. Lediglichaus Geckos Kopfhörern kam ein unterdrücktesGekicher. Das mußten Zbron und Stozi sein, die anden Funkgeräten hockten.

Er kämpfte seine Enttäuschung nieder. Ruhig sagteer:

„Ich bin Großadmiral Gecko, nicht zu verwechselnmit Gucky, der ja bekanntlich nur einfacher Leutnantist.“

Grechk sah ihn verwundert an.„Gecko? Großadmiral? Hm, noch nie gehört.“In Gecko begann es zu kochen.„Gut, dann kannst du ja sehen, wie du deinen alten

Kahn wieder flott bekommst. Vielleicht gelingt esdir, wenn wir dich vorher noch abschießen, was mirein Vergnügen wäre.“

„Nur nicht so schnell“, wehrte der Blue ab. Erhatte sich wieder gesetzt, ohne seinen Gästen einenPlatz anzubieten. Höflichkeit schien nicht geradeseine Stärke zu sein. „Wir haben euch um Hilfegebeten, und ihr seid gekommen. Ich habe dich mitGucky verwechselt - was hat das damit zu tun? Sehennicht alle Mausbiber gleich aus? Im übrigen habenwir alle angenommen, Gucky sei einmalig. Gibt esmehr von seiner Sorte?“

Allmählich kehrte Geckos Selbstbewußtseinzurück.

„Allein drüben in meinem Schiff sind zwanzig vonihnen, und jeder einzelne von ihnen kann deinenGucky ersetzen. Gut ersetzen, Grechk. Du siehst,welche Chancen du hast, wenn du es mit unsverdirbst. Gucky - pah! Nun gut, er hat einengewissen Ruf, und hin und wieder hat er auch eineKleinigkeit geleistet. Aber wir leisten uns aucheiniges. Zum Beispiel werden wir dich hilflos in

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diesem Teil der Milchstraße zurücklassen, wenn duuns nicht einige Fragen beantwortest. Wenn du unszufriedenstellst, helfen wir dir. Wenn nicht ...“ EineGeste beendete den Satz.

„Fragt nur, wir antworten. Warum sollten wirnicht? Wir haben nichts zu verbergen.“

„Werden wir gleich sehen. Die erste Frage lautet:wo steckt Rhodan?“

Als Grechk die Frage von Zrag übersetzt bekam,starrte er Gecko lange an, dann antwortete er:

„Das wissen wir nicht. Das weiß niemand. Er isttot, sagt man.“

„Er kann tot sein! Wir werden ihn finden, verlaßdich drauf. Aber sage uns, was du darüber weißt, wasdu gehört hast, was du vielleicht vermutest.“

„Ich sagte es schon: wir vermuten, daß Rhodan totist, seine Begleiter auch. Er wurde entführt und kambei der Flucht um. Das Große Imperium istzerbrochen, die unterdrückten Völker machen sichselbständig, auch wenn es ihnen unter der Herrschaftder Blues besserging. Genauso ist es mit Terra. AlleKolonialplaneten haben die Vertrage gebrochen. Inder Galaxis herrscht das Chaos.“

„Schön und gut, Grechk, aber damit hast du mirimmer noch nicht gesagt, was du über den jetzigenAufenthaltsort Rhodans weißt.“

„Ich weiß wirklich nichts, auch hörte ich keineGerüchte. Ich bin schon seit Monaten mit meinemSchiff unterwegs und weiß schon nicht mehr, wasfester Boden unter den Füßen ist. Rhodan istverschwunden, das ist alles, was ich weiß. Niemandweiß mehr, ich betonte es schon.“

Gecko überlegte, dann gab er den drei Unitherneinen Wink, teleportierte in die TRAMP und holteOoch, den Telepathen. Ehe Zrag und Grechk sich vonihrer Überraschung erholen konnten, standen ihnenzwei Mausbiber gegenüber.

„Siehst du, Grechk“, sagte Gecko triumphierend,„was der sagenhafte Gucky kann, kann der berühmteGecko schon lange. Dies hier ist Ooch, der Telepath.So, nun wiederhole noch einmal, was du ebenbehauptet hast.“

Ooch stellte fest, daß der Blue die Wahrheitsprach.

Da gab Gecko den Befehl, die Schäden auf demWrack zu untersuchen und möglichst Hilfe zu leisten.Er selbst kehrte zusammen mit Ooch an Bord derTRAMP zurück.

Zbron sah ihm grinsend entgegen.„Na, was war es für ein Gefühl, mit dem großen

Gucky verwechselt zu werden?“„Halt den Mund!“ fuhr Gecko ihn grob an.

„Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.Außerdem hast du niemand, mit dem man dichverwechseln könnte. Höchstens deine Großmutter.“

„Sie war eine sehr ehrenwerte Frau und hatte einen

blauen Rüssel“, verteidigte sich Zbron gegen denunsachlichen Angriff Geckos.

„Von mir aus kann ihr Rüssel lila gewesen sein.Sorge dafür, daß deine drei Techniker den Kahn derBlues flott machen, damit wir hier verschwindenkönnen. Ich habe keine Lust, hier den Samariterzwischen den Fronten zu spielen. Oder besucheGrechk; vielleicht erfährst du mehr.“

Als Gecko gegangen war, nickte Zbron seinemzweiten Piloten zu.

„Ich finde, das ist keine dumme Idee von unseremChef. Ich werde also an Bord des anderen Schiffesgehen und mir die Tellerköpfe ansehen. Wer weiß,vielleicht erfahre ich wirklich was.“

Gecko begab sich inzwischen zu seinenMausbibern.

Als er die Tür öffnete, knallte ihm einezusammengefaltete Decke mit solcher Wucht vor denKopf, daß er das Gleichgewicht verlor und auf denGang zurückstolperte. Aus der Gemeinschaftskabinekam ein schrilles Geheul. Wullewulls Stimme wardeutlich zu erkennen. Er beschimpfte Ooch in allenTonarten und nannte ihn einen hinterhältigenSchurken.

Gecko rappelte sich vom Boden auf. Für einenAugenblick vergaß er, daß er Kommandant desSchiffes war. Die Erinnerung an die schöneJugendzeit auf dem Mars tauchte auf. Es war einunbeschwertes Leben voller Unsinn und Verspieltheitgewesen, ohne Sorgen und Pflichten. Und ohneVerantwortung.

Vorsichtig nahm er die Decke vom Boden, faltetesie wieder zusammen und schlich sich auf die Tür zu.Niemand achtete auf ihn. In der großen Kabine wardie Kissenschlacht in vollem Gange: Zwei Parteienhatten sich gebildet. Die Anführer waren Wullewullauf der einen, Ooch auf der anderen Seite. Biggystand zwischen den Fronten und versuchte zuschlichten. Wie alle Unparteiischen und Neutralenerlitt sie dabei die Enttäuschung, von beiden Seiteneingedeckt zu werden, in diesem Fall mit Decken,Kissen und sonstigen Teilen aus den Betten.

„Dir werde ich helfen!“ kreischte Wullewull, zielteund warf. Mit Hilfe einiger telekinetischerKorrekturen dirigierte er den Kurs des Kissens, dashaarscharf an Biggy vorbeisauste und Ooch mittenins Gesicht traf. Ooch wurden regelrecht die Beineunter dem Körper weggezogen. Mit einem Plumpssetzte er sich unsanft hin und begann sofort zubrüllen.

„Das ist unfair! Ohne Telekinese! So haben wirnicht gewettet!“

„Wir haben überhaupt nicht gewettet“, kreischteWullewull zurück und versorgte sich mit einemneuen Wurfgeschoß.

Biggy, Ursache des Streites zwischen den beiden

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Rivalen, konnte sich für keine Seite entscheiden.Unschlüssig stand sie mitten im Hagel der Geschosseund versuchte, ihnen mit einigem Erfolgauszuweichen. Gecko hatte den Raum betreten undfing eine Plastikmatratze ab, die sich in der Richtunggeirrt hatte. Er zielte, holte aus und warf.

Ooch, der sich soeben wieder aufgerappelt hatte,wurde erneut getroffen. Diesmal völlig unvorbereitetvon der Seite. Er überschlug sich und landete aufdem Gesicht. Völlig verdattert blieb er liegen undspielte den Schwerverletzten. Wullewull stieß einfürchterliches Siegesgeheul aus und stürmte mitseinen Freunden die Barrikaden aus Stühlen, Tischenund Matratzen. Biggy wurde dabei überrannt und zogsich auf eins der ausgeplünderten Betten zurück, umvon dort aus den weiteren Verlauf der Geschehnissezu beobachten.

Die unterliegende Partei setzte Telekinese ein.Wullewull verlor plötzlich den Boden unter denFüßen und schwebte zur Decke empor. Da er denUrheber der neuen Kampfesweise nicht kannte, gabes keine Gegenwehr. Hilflos mußte er abwarten, bisman ihn wieder absetzte oder einfach fallen ließ.

Letzteres geschah in dem Augenblick, als er sichgenau über Ooch befand, der soeben seine Komödiebeendete und sich aufsetzte. Vom Gewicht desabstürzenden Wullewull wurde er regelrechtbegraben. Die beiden Kampfhähne verwickelten sichzu einem Knäuel und rollten eng umschlungendavon, bis sie genau vor Geckos Füßenliegenblieben.

Die anderen Mausbiber hatten längst den Eintrittdes Kommandanten bemerkt und ihre unschuldigstenGesichter aufgesetzt. Als wäre nichts geschehen,hockten sie in den verschiedensten Stellungen aufden verstreuten Kissen und Decken herum undmimten Unschuldsengel.

Als Wullewull sich endlich aus Oochs Griffbefreien konnte und nach oben sah, blickte er inGeckos fragendes Gesicht.

„Worum geht es eigentlich?“ fragte derKommandant ernst.

Wullewull gab Ooch einen Stoß und rollte sich zurSeite. Als er stand, schwankte er ein wenig. Er hieltsich an einem umgestürzten Tisch fest.

„Eigentlich um nichts - wir haben etwasaufgeräumt.“

Ooch, der immer noch saß, nickte zustimmend.„Ja, aufgeräumt haben wir. Es war alles so

durcheinander.“Die beiden Missetäter hielten zusammen.Gecko sah sich um. In der Kabine sah es aus, als

habe sich die TRAMP während ihres Fluges ohneeingeschaltete Antigravfelder hundertmal um ihreeigene Achse gedreht. Von Ordnung konnte keineRede sein. Außerdem hatte Gecko die Decke nicht

vergessen, die ihn umgeworfen hatte.„So, das nennt ihr aufräumen? Während wir eine

schicksalhafte Begegnung mit einem Schiff der Blueshaben, räumt ihr auf. Und wie! Ich werde euchhelfen! Ich komme in zehn Minuten wieder, unddann sieht es hier so aus, als kämen wir gerade vonder Akademie. Verstanden?“

„Och!“ murmelte Ooch und stand auf. Er konntezu seinem Vergnügen gerade noch sehen, wieWullewull unerwartet von einem verspäteten Kissengetroffen und zu Boden geschleudert wurde. Biggyhatte es geworfen. Hoch aufgerichtet stand sie nebenihrem Bett.

„So ein Halunke!“ zeterte sie mit schriller Stimme.„Bin ich vielleicht nichts? Gecko, sie haben sich ummich gestritten, die beiden Gauner. Sie streiten sichimmer um mich.“ Sie wiegte sich kokett in denHüften und schaukelte mehr in den Vordergrund.„Ich weiß, daß ich hübsch bin, aber mein Herz gehörtweder Wullewull noch Ooch, sondern nur unseremKommandanten Gecko. Der Streit war alsoüberflüssig.“

Ooch und Wullewull sahen sich verblüfft an. Daswar völlig neu für sie. Bisher galt Gecko als eine ArtNeutrum, der sich für keine der anwesendenMausbiber interessierte. Er hatte ja auch genugandere Dinge zu erledigen und trug eine großeVerantwortung. Und nun teilte Biggy ihnen in allerÖffentlichkeit mit, daß sie Gecko verehrte.

Das schlug sämtlichen Fässern den Boden aus!Gecko drückte die Brust heraus, stolzierte zweimal

um Biggy herum und ließ sich von ihr bewundern.Dann nickte er gnädig.

„Danke, Biggy. Ich werde mich gelegentlich daranerinnern.“ Er sah Ooch und Wullewull triumphierendan. „Na, ihr beiden? Hat es euch die Spracheverschlagen?“

„Och ...“, machte Ooch.Wullewull stierte Biggy an, sagte aber nichts.Gecko ging zur Tür. Sein Gesicht zeigte

Zufriedenheit und Stolz.An der Tür drehte er sich noch einmal um.„Von mir aus könnt ihr weitermachen“, verkündete

er, dann trat er auf den Gang hinaus und schloßsorgfältig die Tür hinter sich.

Biggy begann hell zu lachen.Sie bückte sich, nahm eine besonders schwere

Matratze und warf sie so geschickt, daß sie Ooch insKreuz traf.

Zehn Sekunden später setzten die beiden Parteienihren Kampf fort.

Biggy saß auf ihrem Bett und sah zu. Solange, bisacht Mausbiber zugleich auf dieselbe Idee kamen.

Sie wurde unter acht Kissen regelrecht begraben.

*

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Als das Schiff der Blues in der Tiefe des Allsuntertauchte und Richtung auf die tobendeRaumschlacht nahm, berichtete Zbron von seinerUnterhaltung mit den Blues. Gecko war wieder in derZentrale eingetroffen und lauschte aufmerksam.

„Er weiß wirklich nichts über den AufenthaltsortRhodans und der anderen Vermißten. Aber ichkonnte andere Dinge erfahren, die Tifflor sicherinteressieren werden. Die Blues behaupten, es gäbeirgendwo einen Schlüssel zu anderen Galaxien. Wasdas ist, wissen sie selbst nicht. Es muß ein Geheimnissein, das sie selbst bisher nicht lüften konnten. Manspricht nur davon. Vielleicht handelt es sich um eineunbekannte Rasse, die einen besonderen Antriebkennt, mit dem man selbst die unvorstellbarenEntfernungen zwischen den Milchstraßen überwindet- ein Wagnis, das uns bisher nie gelang. ImAugenblick zerfällt das Sternenreich der Blues, aberdas hat nicht viel zu sagen. Ein Kern wirdübrigbleiben, und dieser Kern wird sich aufmachen,um diesen geheimnisvollen Schlüssel zu finden.“

„Das wäre ausgezeichnet“, warf Gecko listig ein.„Wenn sie ihn finden, werden sie unsere Milchstraßeverlassen und für immer verschwinden.“

„Oder auch nicht! Immerhin besäßen sie dannetwas, was wir nicht haben: einen Antrieb, gegen denunser jetziger veraltet sein wird.“

Gecko winkte ab.„Wer glaubt denn schon solche Märchen? Dieser

Grechk hat dir einen Bären aufgebunden. DerSchlüssel zur anderen Milchstraße... pah! EineErfindung! Ein Phantom! An so einen Unsinn glaubeich nicht. Wir sollen Rhodan suchen, das ist alles. Ichfinde, es ist genug.“

Zbron rollte den Rüssel zusammen.„Ich habe gewußt, daß du keine Phantasie besitzt.

Reden wir also nicht mehr davon. Wir sind die Blueslos, basta. Welchen Kurs befehlen der HerrKommandant?“

Gecko ballte die Faust, um sie wütend auf denKontrolltisch zu knallen, aber dann überlegte er essich anders. Es war besser, in diesem Fall friedlich zubleiben. Man brauchte seine Nerven noch. Er setztealso eine überlegene Miene auf und sagte:

„Ich möchte den Ausgang der Schlacht zwischenden Blues beobachten.“

Zbron zuckte die breiten Schultern.„Von mir aus, wenn ich auch den Zweck nicht

einsehe. Was gehen uns die Blues an?“„Ich befehle es, damit Schluß!“ Gecko rückte seine

Rangabzeichen in den Sichtbereich des Unithers undmachte ein grimmiges Gesicht, von dem er selbstannahm, daß es imponierend und einschüchterndwirkte. Dabei verrenkte er sich fast den Hals, um zuZbron hinaufzublicken. „Ich bin der Kommandanthier! Ich befehle! Verstanden?“

„Meinetwegen.“ Zbron gab Vlck einigeAnweisungen, die den Kurs betrafen. DasNavigationsgehirn begann zu ticken. Auf denBildschirmen verschoben sich wenige Sterne. „Brclwird die Kontrollen übernehmen. Ich lege mich jetzthin.“ Er stand auf. „Ich wünsche einen angenehmenFlug.“

Gecko sah hinter ihm her.„Er ist doch ein eingebildeter Affe“, murmelte er.Dann nickte er Brcl und Vlck gnädig zu und

stolzierte hinter Zbron her.Noch ehe er die nächste Gangbiegung erreichen

konnte, schrillten die Alarmglocken.Aus allen Lautsprechern kam Brcls kräftige

Stimme:„Kontrollraum an alle! Kontrollraum an alle!

Gefechtsbereitschaft! Kommandant und Erster Pilotsofort in die Zentrale! Ich wiederhole...“

Gecko war stehengeblieben.Er fluchte erbärmlich.„Es ist das letzte Mal, daß ich auf einem Schiff

Kommandant bin! Die anderen liegen auf der faulenHaut und amüsieren sich, aber ich bin der Blöde!Wenn das die großartige Verantwortung ist, von dersie immer erzählen, dann pfeife ich darauf.Kommandant... pah!“

Sprach's und teleportierte in die Zentrale.

2.

Die Strukturtaster der TRAMP hattenangesprochen.

Heftige, überdimensionale Stoßwellenfrontenwurden von den Geräten registriert. DieMeßinstrumente nahmen sofort ihre Berechnungenauf und zeichneten die Ergebnisse auf Lochstreifenauf. Die Erschütterungen konnten sowohl dieTransition eines fremden Schiffes wie auch eineTransmitterbeförderung ankündigen.

Es war klar, daß auch die Schiffe der Blues dieStoßwellen registriert und ausgewertet hatten.

Zbron sah Gecko an und sagte:„Ich wurde von Brcl unterrichtet, als die Orter und

Taster zu arbeiten begannen. Inzwischen sind dieersten Ergebnisse vorhanden. Brcl gab Alarm, als siebekannt wurden.“

„So schlimm?“ erkundigte sich Gecko und sprangin seinen Sessel.

„Schlimm nicht, aber merkwürdig“, warf Brcl ein.Zbron erklärte:„Wir Unither haben genügend Raumerfahrung, um

uns ein Urteil bilden zu können. DieErschütterungen, rhythmische Schockwellen, könnennur von einem defekten Transmittergerät stammen.Niemals aber von einer Transition eines Raumschiffs.Die sind anders, Gecko. Also ein Transmitter - ein

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Materietransmitter. Hier, mitten im Raum, Lichtjahrevon bewohnten Welten entfernt. Wir wissen sogar dieungefähre Richtung, aus der die Schockwellenkommen. Sobald die Auswertung beendet ist, werdenwir noch mehr wissen. Glaube mir, die Blues undihre Schlachten sind jetzt völlig uninteressantgeworden. Wir sind einer anderen Sache auf derSpur, vielleicht sogar einer neuen und unbekanntenSache. Dort, wo die Schockwellen herkommen, istetwas nicht in Ordnung. Vielleicht nur eineFehlschaltung, vielleicht auch mehr. Jedenfalls, soscheint mir, ist die Sache einer näheren Untersuchungwert. Was meinst du, Gecko?“

Der Mausbiber ignorierte die Tatsache, daß ihn einalter und erfahrener Raumfahrer um Rat fragte. Ernahm es als selbstverständlich hin, in dieser Formrespektiert zu werden. Der Gedanke, von demUnither vielleicht überhaupt nicht ernst genommenzu werden, kam ihm erst gar nicht. Er räusperte sichwichtig.

„Zuerst möchte ich die vollständige Auswertungvorliegen haben.“

Zbron nickte.„Das ist bald geschehen.“ Er gab Vlck einige

Anweisungen. Es dauerte noch zehn Minuten, eheder Navigator dem ersten Piloten einige Kartenhinschob. Zbron betrachtete sie, ringelte den Rüsselein und machte ein nachdenkliches Gesicht.

„Hm, sehr merkwürdig, aber auch sehrbeachtlich.“

Gecko konnte mit den rätselhaften Andeutungennicht viel anfangen.

„Na, was ist? Kann ich vielleicht auch mal etwaserfahren?“

Zbron reichte ihm die Karten.„Bitte.“Gecko nahm und studierte sie. Er sah nur

Zahlenkolonnen und einige sinnlose Buchstaben.Dazwischen Graphiken, vom Robotgehirn auf Foliegestanzt. Er wurde nicht schlau daraus. Mitundurchdringlicher Miene reichte er sie dem Unitherzurück.

„Lies mal vor“, sagte er.Zbron grinste unverschämt und hielt die Karten

vor die Augen.„Die Quelle der aufgefangenen Schockstrahlung

ist genau dreihundertzwölf Lichtjahre von hierentfernt - das ist sehr beachtlich, wenn ich mir dieBemerkung gestatten darf. Sowohl in Hinsicht auf dieLeistungsfähigkeit und Genauigkeit unserer Geräte,wie auch auf die Energie der von den Unbekannten inBetrieb gebrachten Transmittermaschinen. Also,dreihundertzwölf Lichtjahre, wie ich schon sagte. DieRichtung steht fest. Sehen wir auf der Sternkartenach, was darauf angegeben ist.“

Es war nicht viel.

„Eine kleine, gelbe Sonne“, las Brcl vor. „Ohnebesonderen Namen. Drei Planeten, wahrscheinlichunbewohnt. Noch nicht näher erforscht.“ Er sah auf.„Und da soll eine Transmitterstation stehen? Wennwir uns da nur nicht geirrt haben.“

„Unsere Strukturtaster irren nie“, redete ihm Zbrondas schnell aus. „Und wir auch nicht.“ Er sah wiederGecko an. „Wie lautet der Befehl desKommandanten? Sehen wir nach?“

Gecko überlegte.So eine neue Entdeckung konnte allerhand wert

sein. Vielleicht fand man sogar eine Spur vonRhodan - oder wenn nicht, entdeckte man zumindesteine neue Rasse. Oder Reichtumer. Oder eine neueErfindung und technische Einrichtungen, die man alsGeschenk zur Erde zurückbringen konnte. Waswurde Tifflor sagen, wenn man ihm zum Beispieleinen Materietransmitter brachte, mit dem sich Gutervon einem Ende der Milchstraße zum anderenschicken ließen ...?

Und was ist meine Haut wert? dachte Geckoweiter. Sie muß ich ebenfalls in die Waagschalewerfen. Außerdem ist es schließlich meine Haut, dieich riskiere.

Er nickte.„Naturlich sehen wir nach. Mochte wissen, was es

da noch zu fragen gibt.“Zbron gab Brcl einen Wink. Der Zweite Pilot

setzte sofort das Navigationsgehirn in Betrieb undrechnete mit Vlck den Kurs aus. Als die Datenvorhanden waren, gab Gecko offiziell den Befehlzum Start.

Fast in der gleichen Sekunde sagte Vlck:„Die Blues scheinen ebenfalls etwas gemerkt zu

haben, und zwar beide Seiten. Ich habe dieOrterschirme eingeschaltet - seht selbst.“

Gecko und Zbron sahen auf die Schirme. DerAnblick war nicht sehr beruhigend. Fast ein Dutzendder fremden Schiffe sonderten sich von denkampfenden Verbanden ab und nahmen einen neuenKurs. Mit starker Beschleunigung schossen sie in dergleichen Richtung davon, die auch die TRAMP zunehmen gedachte

„Habe ich es mir doch gedacht“, knurrte Zbronunzufrieden. „Mit denen werden wir noch eineMenge Arger bekommen.“

Er ahnte nicht, wie recht er haben sollte.

*

Wahrend des Fluges durch den Linearraum verlorVlck die Schiffe der Blues aus den Schirmen derOrtergerate. Wahrend Zbron ein besorgtes Gesichtmachte, fühlte Gecko sich erleichtert. DieNachbarschaft der Tellerkopfe hatte ihm nie behagt,schon deshalb nicht, weil sie mit einer gewissen

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Gefahr verbunden war.Dann näherte sich die TRAMP dem System der

kleinen, gelben Normalsonne. Sie hatte nur dreiPlaneten, von denen der zweite die bestenLebensbedingungen bot. Wenn die Stoßwellen schonvon einer Welt dieses Systems stammten, dann nurvom zweiten Planeten.

Gecko gab den Befehl, den fraglichen Planeten insicherer Hohe zu umkreisen, damit Beobachtungenaller Art angestellt werden konnten.

Die Gravitation war etwas hoher im Wert als ein g,etwa 1,03 g. Die Nahe der Sonne bewirkte ein heißes,trockenes Klima. Die Rotation betrug 34,9 Stunden.Der Großteil der Oberfläche war mit gewaltigenUrwaldern bedeckt. Mehrere Städte wurdengesichtet, ein Meeresarm trennte die beidenHauptkontinente, an deren Rander sich hohe Gebirgeauf türmten.

„Hm“, machte Brcl.Zbron wandte sich zu ihm um.„Was meinst du?“„Sieht mir trotz der Städte verlassen aus. Auf

keinen Fall eine Zivilisation, die Materietransmitterbaut; wenigstens nicht solche, deren Schockwellendreihundert Lichtjahre weit noch aufzufangen sind.“

„Ich gebe dir recht, aber die Instrumente könnensich nicht tauschen.

Die Wellen kamen von hier. Einwandfrei.“„Stimmt!“ bestätigte Vlck.Gecko schwieg. Er hielt sich aus der Debatte

heraus, weil er nichts von dem behandelten Themaverstand. Er war klug genug, das den erfahrenenUnither zu überlassen.

„Werden wir landen?“„Noch nicht, würde ich sagen. Was ist mit den

Blues? Sie müssen jeden Augenblick auftauchen.“Zbron stand auf und ging selbst zu den Ortern.

Nacheinander schaltete er die Schirme ein und peiltenach allen Richtungen. Dann nickte er.

„Habe ich es nicht gesagt? Da sind sie schon -zehn an der Zahl.“ „Wie weit?“ „Bahn des drittenPlaneten, aber sie stoßen weiter ins System hinein.Sie können in zehn Minuten hier sein. Gecko, wasmeinst du?“

Der Mausbiber hatte die Frage schon erwartet. Erwar der Kommandant, und in brenzligen Situationenwar er derjenige, der die Suppe auszulöffeln hatte.

„Wir warten ab“, entschied er.„Sehr diplomatisch“, sagte Zbron ironisch. „Und

wo warten wir ab?“Gecko zuckte ärgerlich die Achseln.„Wo? Na, wo schon? In der TRAMP natürlich. Wo

sonst?“Die Orter verrieten, daß sechs Schiffe der Blues

verfolgt wurden. Mehrere andere Einheitenerschienen auf den Schirmen, die durch geschickte

Einzelmanöver versuchten, den sechs Verfolgten jedeRückzugsmöglichkeit abzuschneiden.

Die Schlacht entbrannte genau zwischen demdritten und zweiten Planeten. Es war, als wollte jedePartei verhindern, daß die andere den zweitenPlaneten erreichte. Das war der Beweis, daß beideauf ihm ein wertvolles Geheimnis vermuteten - dieTransmitterstation mit den enorm starkenSchockwellen.

Inzwischen umkreiste die TRAMP weiterhin denzweiten Planeten.

Gecko hockte in seinem Sessel und fühlte sichunbehaglich. Allmählich begann er einzusehen, wieunüberlegt und aussichtslos das ganze Unternehmenwar. Na gut, die Mausbiber hatten ihren Teil dazubeitragen wollen, daß Rhodan gefunden wurde, abermehr oder weniger war es doch eine Sache desPrestiges gewesen. Eine echte Chance zum Erfolghatte niemals bestanden. Man konnte froh sein, wennman mit heiler Haut zur Erde zurückkehrte.

Oberhaupt, tröstete er sich, mit solcherMannschaft!

Die Unither hatten ja Erfahrung, das war nichtabzustreiten, aber ihnen fehlte die Initiative. DenWillys erst recht. Zuvorkommend und höflich warensie, das mußte auch Gecko zugeben, aber damit ließsich schließlich kein Krieg gewinnen.

Und die Mausbiber selbst?Gecko machte sich in dieser Beziehung nichts vor.

Mit denen war nur dann etwas anzufangen, wennunmittelbare Lebensgefahr bestand. Ohne dieseBedrohung machte jeder genau das, was er wollte.Während die TRAMP feindlichen Schiffsverbändenauswich, lagen die Mausbiber auf ihren Betten underzählten sich muntere Begebenheiten aus ihremLeben. Oder sie lieferten sich Kissenschlachten undrasten wie die Wilden durch die Korridore desSchiffes, um sich zu fangen. Die Unither imMaschinenraum hatten sich schon fünfmal darüberbeschwert, daß man ihnen die Arbeitskleidungvertauscht hatte. Einer war in der Toilette eingesperrtworden, die von außen nicht zu öffnen war. Sie warauch nicht von innen zu öffnen. Erst ein Mausbiberkonnte das Schloß mit Hilfe der Telekinese wiederöffnen. Die Vermutung, es sei auch so verschlossenworden, wurde von der ganzen Clique entrüstetzurückgewiesen.

Nein, dachte Gecko resigniert, mit so einerMannschaft konnte er keine Heldentaten vollbringen.Selbst dann nicht, wenn er selbst ein Held gewesenwäre.

An diesem Punkt seiner Überlegungen angelangt,beschloß er, sobald wie möglich dieser unbekanntenSonne den Rucken zu kehren und nach Hause zufliegen. Sollten sie ihn meinetwegen auslachen undihre Witze reißen, er hatte keine Lust zu sterben. Was

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nutzte ihm das ganze Heldentum, wenn er tot war?„Einen Dreck!“ murmelte er mit Nachdruck.Zbron stieß den Rüssel senkrecht in die Hohe und

bekundete so sein Befremden.„Wie bitte?“Gecko erwachte aus seinem Wachtraum.„Oh - nichts“, sagte er.In diesem Augenblick wurde die Tür aufgestoßen,

und zwei Mausbiber kugelten in die Zentrale. Eswaren Ooch und Bokom, die sich bei den Händenhielten und erregte Pfeiflaute von sich gaben,wahrend sie versuchten, wieder auf die Beine zugelangen.

Gecko rutschte aus dem Sessel.„Was fallt euch ein?“ brüllte er die beiden

Unglücklichen an, die sich zögernd trennten undaufstanden. „Habt ihr noch nie etwas von Disziplingehört? Ich werde euch bei den Ohren...“

„Wir haben Rhodan gefunden!“ platzte Oochheraus.

Gecko stierte ihn an.Er schluckte.„Was habt ihr?“ schrie er schließlich.Ooch richtete sich auf. Auch Bokom wurde ein

Stuck großer.„Wir haben Rhodan gefunden - und Andre Noir

auch. Sie sind da unten auf dem Planeten.“Gecko schnappte nach Luft.Er hatte ja eine Menge Verständnis für die faulen

Witze seiner Mausbiber und verzieh ihnen soziemlich alles, aber das hier ging entschieden zu weit.Mit Rhodan machte man keine Witze, wenigstensnicht, solange er verschwunden war.

Als er Zbrons warnenden Blick auffing,beherrschte er sich. So ruhig wie möglich kehrte erzu seinem Sessel zurück, sprang hinein und sah aufdie Bildschirme.

„Also dann raus mit der Pointe“, forderte er Oochund Bokom, auf. „Und dann verschwindet ihr wieder- genausoschnell, wie ihr gekommen seid. Wir redenspater noch über euren originellen Einfall.“

Ooch hoppelte naher. Der Triumph in seinenverschmitzten Zügen wirkte ungemein echt. Zbronsah es und wurde plötzlich sehr aufmerksam. Geckokonnte es nicht sehen. Er übte sich in Geduld.

„Wir haben Gedankenimpulse aufgefangen, ganzschwach und verworren“, begann Ooch schließlich,als er die Situation genügend ausgekostet hatte. „Eswaren Gedankenimpulse, deren Muster uns bekanntsind. Sehr bekannt. Sie kommen vom zweitenPlaneten. Es sind die Gedankenmuster von PerryRhodan und dem Hypno Noir. Kein Zweifel, Gecko,wir haben sie gefunden.“

Eine Weile blieb Gecko regungslos sitzen, danndrehte er sich langsam und sah Ooch in die Augen.Es dauerte lange Sekunden, ehe er endlich begriff,

daß die beiden Mausbiber es ernst meinten.Es war also kein Scherz!Sie hatten Rhodan gefunden!Rhodan!Gecko sprang aus dem Sessel und watschelte auf

Ooch zu, schlug ihm die rechte Pfote auf die Schulterund umschlang seinen alten Freund dann mit beidenArmen. Vor Rührung konnte er kein Worthervorbringen. Aus den braunen Augen quollen einpaar Tranen.

„Ihr habt euch nicht geirrt?“„Niemals“, bestätigte Bokom. „Ich habe die

Impulse auch empfangen, und einige von denanderen auch. Sie waren nur schwach, aber ein Irrtumist ganz ausgeschlossen.“

Der Unither blieb die Ruhe selbst. Man sah ihmdie Erschütterung nicht an, die ein Mensch in diesemAugenblick sicherlich gezeigt hätte. Denn Rhodanlebte! Ein Toter konnte keine Gedankenimpulseaussenden. Rhodan war gefunden worden. Auf demPlaneten einer unbekannten und fernen Sonne, woihn niemand vermutet hatte.

„Werden wir dort landen?“ fragte er. Gecko sahOoch an.

„Was meinst du?“„Die Impulse verrieten Angst und Sorge, aber auch

Zuversicht. Alles durcheinander. Vielleicht wäre esein Fehler, einfach zu landen, ehe wir nicht die Bluesabgeschüttelt haben. Es kann außerdem Gefahren aufdem unbekannten Planeten geben, von denen wirnichts wissen. Wenn Rhodan dort ist, muß er auchirgendwie hingekommen sein - und nicht ohneGrund. Wenn die TRAMP vernichtet wird, sitzen wiralle hier fest. Es weiß niemand, wo wir sind.“

Nach dieser langen Ansprache schwieg Oocherschöpft. Bisher hatte er immer im zweiten Gliedgestanden, und nun - auf einmal - hatte ihn derKommandant um Rat gefragt. Er war eine wichtigePersönlichkeit geworden. Vielleicht die wichtigste anBord überhaupt. Biggy würde...

„Was machen die Blues, Vlck?“ Geckos Fragebrachte Ooch in die Wirklichkeit zurück. Die Blues!„Wie weit sind sie entfernt?“

„Unterschiedlich. Einige sind ausgebrochen undverschwunden. Sie werden zurückkehren, wenn dieLuft rein ist.“

„Sie wird nie rein werden, wenigstens nicht hier.“Gecko winkte Zbron zu. „Tiefer gehen. Wir müssenRhodan finden oder ihm zumindest ein Zeichengeben. Er soll wissen, daß die Rettung nicht mehrfern ist.“

Ooch fragte:„Sollen wir versuchen, telepathische Verbindung

zu Rhodan aufzunehmen?“„Rhodan ist nur ein sehr schwacher Telepath, und

Noir ist ein Hypno. Ich glaube, ihr werdet keinen

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Kontakt erhalten, aber versucht es trotzdem. Geht inmeine Kabine, da habt ihr Ruhe. Ich muß in derZentrale bleiben und die Aktion leiten.“

Ooch und Bokom verschwanden.Ein verwandelter Gecko blieb zurück.Der Gedanke, daß ausgerechnet er mit seinen

Mausbibern es geschafft hatte, den Vermißten zufinden und ihn vielleicht gar zu retten, krempelte ihnim Verlauf weniger Sekunden völlig um. Natürlichhatte er immer noch Angst und fürchtete um seinLeben, aber er würde es sich um nichts in der Weltjetzt noch anmerken lassen. Außerdem gab ihm dieNähe Rhodans Mut und Zuversicht.

Bei der nächsten Umrundung geriet die TRAMPzwischen die Fronten der kämpfenden Schiffe. DieBlues ignorierten den Kugelraumer, wichen ihm aberauch nicht aus. Einige Strahlschüsse wurden von denSchutzschirmen der TRAMP absorbiert. Seitlichdetonierte ein Blueskreuzer und stürzte ab. Als er dieAtmosphäre des zweiten Planeten erreichte, glühte erauf. Dann verschwand er in einer zweiten Explosion,die nur eine schwarze Rauchwolke zurückließ.

Inzwischen hielten sich Ooch und Bokom bei denHänden. Da die Mausbiberin Hemi ebenfalls gutetelepathische Anlagen besaß, war sie von den beidenhinzugezogen worden. Sie bildeten so einentelepathischen Block, der die Sende- undEmpfangsmöglichkeiten enorm verstärkte.

„Perry Rhodan! Antworte! Wir haben deineBotschaft vernommen und erwarten weitereAnweisungen! Wir sind gekommen, um euch zubefreien!“

Sie sprachen es laut, um die Impulse zuintensivieren. Dann lauschten sie. Keine Antwort.

Noch nicht.Sie gaben ihre Bemühungen nicht auf und

versuchten es immer wieder, bis Ooch schließlichmeinte:

„Wir müssen den Block verstarken. Gecko konntevielleicht helfen.“

„Außerdem ist es besser, wenn ich den Ort, den ichanpeilen soll, sehen kann.“ Bokom nickte. „Ich habenichts gegen Gecko, wohl aber gegen die Unruhe inder Zentrale.“

„Die Unither werden den Rüssel halten, denn siewissen, worum es geht.“ Ooch stand auf. „Gehen wir.Wir haben keine Zeit zu verlieren. In wenigenMinuten müssen wir wieder die Stelle der Oberflacheerreichen, von wo aus die ersten Impulse kamen.“

Gecko war sofort bereit, sich an demtelepathischen Block zu beteiligen. Zbron gab keinenKommentar. Stumm saßen er und die anderenUnither vor ihren Kontrollen. Sie wußten, daß jedesWort die Mausbiber von ihrer Aufgabe ablenkenkonnte.

Auf den Bildschirmen zog die Landschaft vorbei.

Von den Schiffen der Blues war im Augenblicknichts zu bemerken.

„Dort kommt es“, murmelte Ooch und deutete aufeinen der Schirme.

Am Horizont eines Meeres tauchte Land auf, aberimmer noch konnten Rhodans Gedankenimpulsenicht empfangen werden. Dafür dachten dieMausbiber konzentriert ihre Botschaft, wiederholtensie immer wieder und legten nur kurze Pausen fürden Empfang ein.

Gecko begann zu schwitzen.Und dann, auf einmal und ganz schwach, meldete

sich etwas in seinem Gehirn. Es war wie einschüchternes Pochen, etwas ungläubig und dochvoller Freude und Hoffnung:

Wer ist da...?Gecko jubelte:„Ja, das ist er! Das ist sein Muster! Ich kenne es

wieder! Los, wir antworten!“Abermals schickten sie ihre Botschaft zu dem

Planeten hinab. Und als die Antwort diesmal eintraf,war sie starker und deutlicher:

Ihr habt uns endlich gefunden? Wir leben, aberwir sind in großer Gefahr. Landet, nehmt uns auf undstartet sofort wieder. Das weite Plateau amGebirgsrand. Macht schnell!

Gecko schickte noch eine Botschaft und bat umGeduld. Er berichtete von den Blues und versprach,sobald wie möglich zu landen und eineSuchexpedition auszuschicken.

Es erfolgte keine Antwort mehr.Der zweite Planet der gelben Sonne schwieg.Die TRAMP ging tiefer und zog eine riesige

Schleife.Genau in diesem Augenblick wurde sie von drei

Kreuzern der Blues angegriffen.

3.

Wochen vorher hatte ein automatisch gesteuertesSchiff die Entführten aus der Nahe des galaktischenZentrums zum ostlichen Rand der Milchstraßegebracht. Ungefähr achtzigtausend Lichtjahre von derErde entfernt steuerte das Robotschiff ein kleinesSonnensystem an und landete auf dem zweitenPlaneten. Er setzte dort die fünf Manner und die FrauMory Abro auf einem felsigen Hochplateau ab undstartete wieder, um in der Tiefe des Weltraumsspurlos zu verschwinden.

Hilflos waren die Entführten auf einem scheinbarunbewohnten Planeten zurückgelassen worden. Aberder erste Eindruck trog. Der Planet war keineswegsunbewohnt. Jene unbekannte, der das walzenförmigeRaumschiff gehorte, mußte vor langer Zeit hier einenStützpunkt errichtet haben.

Später entdeckten die Flüchtlinge die anderen

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Eingeborenen, Abkömmlinge von Springern. Mitihrer Hilfe gelang es ihnen, in den geheimnisvollenStützpunkt der Fremden einzudringen, der von denletzten Überlebenden einer längst ausgestorbenenRasse bewacht wurde. Dabei geschah es, daß Atlanbei dem Versuch, einen vielleicht vorhandenenAutomatsender einzuschalten, ein vorerst nochunbekanntes Gerät aktivierte, dessen Schockwellendie TRAMP und auch die Blues herbeigelockt hatten.

Nach einer wilden Flucht aus dem radioaktivverseuchten Stützpunkt zogen sich Rhodan und seineBegleiter in eine der zahlreichen Höhlen am Randdes Hochplateaus zurück. Am Horizont und tausendMeter unter ihnen lag das Meer. Auf die Hilfe derSpringerabkömmlinge war kein Verlaß.

Die gelbe Sonne hieß „Simban“, der zweite Planet„Roost“.

Das war die Situation, als Rhodan und Noir dieGedankenimpulse der Mausbiber empfingen. Zumerstenmal seit hoffnungslosen Wochen wurde damitwieder der Kontakt zu echten Freunden hergestellt,wenn auch die Anwesenheit der Blues eine argeBedrohung darstellte, der man nichtsentgegenzusetzen hatte.

Atlans Gesicht strahlte vor Freude.„Mein Gott-Mausbiber!“ Er schüttelte den Kopf.

„Ich hätte alles erwartet, nur das nicht. Irrst du dichnicht, Perry?“

„Ein Irrtum ist ausgeschlossen, Atlan. Die Impulsestammen zweifellos von drei oder vier Mausbibern,die sich zu einem telepathischen Blockzusammenschlossen. Hoffentlich haben sie meineBotschaft erhalten und holen uns ab. Die Verbindungwar schwach - ich bin ein schlechter Telepath.“

Bully, der einige Pfund abgenommen hatte, saß aufeinem Felsbrocken neben dem Höhleneingang. Mansah ihm die Strapazen der vergangenen Monate an.Doch jetzt leuchteten seine Augen.

„Gucky wird es sein, wer sonst? Er hat unsgefunden! Unglaublich!“

„Gucky hätte ich erkannt“, sagte Rhodan. „SeinGehirnwellenmuster ist vielleicht das einzige, das ichsofort identifizieren könnte. Es sind Mausbiber, aberGucky ist nicht dabei.“

„Das verstehe ich nicht.“„Ich auch nicht“, gab Rhodan zu. „Vielleicht hat

Gucky einige der Mausbiber vom Mars auf die Suchegeschickt - es sähe ihm ähnlich. Aber was immerauch geschehen ist, die Hauptsache ist, daß man unsfand. Himmel, wie mag es auf der Erde aussehen...?“

Atlan war auf das Plateau hinausgetreten. Er zeigtemit ausgestrecktem Arm nach oben.

„Schiffe... zwei... nein, drei! Sie fliegen langsam,als suchten sie etwas. Ob sie das sind?“

Rhodan war neben ihn getreten, starrte nach obenund zog Atlan dann in die Höhle zurück.

„Vorsichtig, das sind die Blues. Wenn sie unsentdecken, kann es gefährlich werden. Andre,nehmen Sie meine Hand. Wir müssen unbedingtversuchen, Verbindung mit den Mausbibern zuerhalten. Sie können jetzt nicht landen, ohne ihrSchiff zu gefährden. Damit wäre uns der letzteFluchtweg abgeschnitten.“

Zuerst waren ihre Bemühungen erfolglos, aberdann, nach fast einer halben Stunde, trafen schwacheund unvollständige Impulse ein. Es fiel Noir undRhodan schwer, den Zusammenhang herzustellen.

Angriff der Blues... Unmöglich landen... imVersteck bleiben

„Könnt ihr uns, verstehen? Antwortet doch! Wirmüssen eine feste Verbindung herstellen, das istwichtig!“

Die Antwort blieb aus.Sekunden spater strichen zwei Schiffe der Blues

dicht über die Ebene dahin, auf die drei Pyramidenzu, unter denen der Stutzpunkt der Unbekannten lag.Irgendwo begann ein automatisches Abwehrgeschützzu feuern.

Die Schiffe der Blues zogen sich sofort insicherere Hohen zurück.

„Hier sitzen wir schon fest“, sagte Bully.„Wir sind immer noch frei, das ist wichtig“,

belehrte ihn Rhodan. „Und die Rettung ist nichtfern.“

„Sie wird aber ganz beachtlich erschwert, Perry.Wenn die Blues nicht waren, konnten wir schon nachTerra unterwegs sein.“

Rhodan nickte. Naturlich hatte Bully recht, aberschließlich waren die Blues durch dieselben Zeichenangelockt worden wie, die Mausbiber. Hatte Atlanden rätselhaften Sender nicht in Betrieb gesetzt,waren weder die Blues noch die Mausbiber auf denGedanken gekommen, die Sonne Simban anzufliegenoder auf Roost zu landen.

„Hatten wir wenigstens noch Funkgerate“, knurrteder riesige Melbar Kasom unmutig. „Wo Schiffe derBlues sind, gibt es auch Einheiten des Imperiums.Das Auftauchen der Mausbiber hat das bewiesen.“

„Es kann Zufall sein.“ Rhodan trat vorsichtig einenSchritt vor und spähte auf das einsame Plateauhinaus. Nichts regte sich. Im Westen, Süden undOstenlagen die unübersehbaren Urwalder mit ihrenausgedehnten Sumpfen und Seengebieten. Im Nordenerhob sich ein zerklüftetes Gebirge. „In wenigenStunden wird es dunkel, vielleicht haben wir danneine Chance. Wenn nur die Verbindung mit demSchiff besser klappte.“

Ihre Lage war alles andere als angenehm. Beimletzten Zusammenstoß mit den Wächtern derPyramiden hatten sie ihre gesamte Ausrüstung undauch ihre Waffen verloren. Außer einigenLebensmittelkonzentraten besaßen sie nur noch ihre

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Kleidung und die Messer. Damit ließ sich kein Kriegfuhren, schon gar nicht gegen die gut bewaffnetenKreuzer der Blues, die sich für den Raub des Molkexzu rächen gedachten.

Rhodan sprang zurück.„Vorsicht! Sie greifen die Pyramiden an. In

Deckung!“Die Warnung war unnötig. Die anderen hatten

langst gesehen, daß drei unförmige Blueskreuzervom Himmel herabstießen und in geringer Hohe überdie Ebene dahinflogen, genau auf die Pyramiden zu.Noch einige Kilometer von ihnen entfernt eröffnetensie das Feuer.

Gewaltige Energiebündel schossen auf diePyramiden zu und hüllten sie in aufglühendeGaswolken ein. Krater entstanden in den Felsen, undzähflüssige Lava kroch durch die Bodenfalten undwarf Blasen. Dann waren die Schiffe verschwunden.

„Sie kommen bestimmt zurück“, warnte Rhodan,als Bully hinaussehen wollte. „Wir müssenhierbleiben und abwarten. Einmal werden sich dieMausbiber schon wieder melden. Ich muß schonsagen, sie sind sehr vorsichtig, fast ein wenig zuvorsichtig.“

„Ich wurde dem Kommandanten keinen Vorwurfmachen“, sagte Atlan leise. „Er weiß bestimmt, wasauf dem Spiel steht.“

Rhodan lächelte.„Es lag mir fern, jemand einen Vorwurf zu

machen, Atlan. Wer immer auch das Schiff fuhrt, erwird seine Grunde haben, mit der Rettungsaktion zuzogern. Vielleicht wartet er auch nur die Nacht ab.“

Langsam vergingen die Stunden, bis die gelbeSonne endlich im Westen dem grünen Dach desUrwaldes entgegensank. Inzwischen waren zweiweitere Angriffe der Blues auf die Pyramiden erfolgt.Immer noch erwiderten verborgeneAutomatgeschütze das Feuer..Rhodan und seineFreunde saßen tief in der Hohle und warteten.

Draußen wurde es dunkel.Dann gab es noch einmal einen gedanklichen

Kontakt mit den Rettern, Diesmal beteiligte sich auchAtlan an dem schwachen Block, den Rhodan undNoir bildeten. Vielleicht kam es daher, daß dieImpulse besser und starker empfangen werdenkonnten. Auch die Mausbiber schienen nun besser zuverstehen. Jedenfalls entstand so etwas wie einerichtige Unterhaltung.

rufen Rhodan: bitte melden... nur wenige MinutenZeit...

„Wir haben verstanden. Was ist los? Wann landetihr?“

Die Antwort kam schnell und deutlich:Landung unmöglich! Werden ständig von Blues

verfolgt. Wir werden versuchen, eine Space-Jet oderwenigstens einen Shift auszuschleusen. Wir lenken

die Blues ab, dann holen wir euch.„Waffen und Ausrüstung nicht vergessen! Wir

haben nichts mehr.“Alles im Shift vorhanden. Wir müssen Schluß

machen. Die Blues...Hier brach die Verbindung ab.„Ist doch wenigstens etwas“, bemerkte Bully und

suchte in den Taschen nach einer Wassertablette.„Ich fühle mich erst dann wieder wohl, wenn ich denZug einer schweren Strahlwaffe im Gürtel spure.Oder wenn ich im Schiff bin.“

„Ich wurde mich an Ihrer Stelle nicht so darauffreuen“, grinste Kasom.

Bully sah ihn an.„Und warum nicht?“ wollte er wissen.Kasom grinste noch immer.„Weil wir von Mausbibern gerettet werden, Mr.

Bull. Können Sie sich vorstellen, was die alles mitIhnen anstellen werden? Wenn ich daran denke, wasGucky so alles mit Ihnen machte, wenn Sie sich indie Haare gerieten, dann wird mir regelrechtunheimlich zumute, wenn ich an drei oder gar vierMausbiber denke. Die nehmen Sie glatt auseinander.“

Bully setzte ein krampfhaftes Lächeln auf.„Das werden wir aber noch sehen - außerdem sind

langst nicht alle Mausbiber so unverschämt wiedieser Gucky. Ich wundere mich, daß der nicht mitvon der Partie ist. Hat wohl Urlaub, der alte Knabe.“

Seine Zuversicht wäre weniger groß gewesen,wenn er schon jetzt geahnt hatte, daß es nochwesentlich unverschämtere Mausbiber gab alsGucky.

*

Im Augenblick jedoch war Gecko alles andere alsunverschämt.

Die TRAMP befand sich seit Stunden standig aufder Flucht. Mal waren es nur zwei, dann wieder vieroder fünf Schiffe der Blues, die sie jagten. Siezögerten mit dem direkten Beschüß, sondernversuchten vielmehr, die TRAMP auf die Oberflachedes Planeten hinabzudrucken und zur Landung zuzwingen. Das war der einzige Grund, warum dieTRAMP überhaupt noch existierte.

„Die haben Angst“, sagte Gecko zu Zbron und gabseiner zitternden Stimme den Anschein vonZuversicht. „Jedem fairen Kampf weichen sie aus.Los, Zbron, angreifen!“

Der Unither war anderer Meinung, und er hatteseine Grunde dafür. Ihm war klar, daß die Bluesunbedingt feststellen wollten, was das terranischeSchiff in diesem abgelegenen Sonnensystem zusuchen hatte. Vielleicht wollten sie auch erfahren,was die Ursache der seltsamen Schockimpulse war,die alle hierhergelockt hatten. Einen Angriff

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jedenfalls hielt er für Unsinn. Er sagte das Geckoauch.

Der Mausbiber tat so als sei er verärgert, inWirklichkeit jedoch konnte er seine Erleichterungkaum verbergen, die Flucht ohne Einbuße seines nurin der Phantasie bestehenden Prestiges fortzusetzen.

Ooch, Bokom und Hemi hatten inzwischen zumletztenmal Kontakt mit Rhodan gehabt. Gecko hatteversprochen, ein Fahrzeug auszuschleusen. Das warleichter gesagt als getan.

„Eine Space-Jet nimmt mindestens fünf Minuten inAnspruch“, teilte Zbron mit. „In der Zeit könnten wirgenausogut landen und Rhodan aufnehmen.Allerdings hätten wir dann die Blues erst recht aufdem Hals.“

„Was ist mit dem Shift?“Ein Shift war ein Raupenfahrzeug, etwa zehn

Meter lang und flugfähig. Für einen Flug durch denRaum eignete es sich allerdings nicht. In derAtmosphäre eines Planeten konnte es jedoch gutmanövrieren und galt als absolut zuverlässig. Esbesaß Raupenräder und einen Flugantrieb, der aufdem Prinzip der Antigrav-Strahlung beruhte. Inseinem Innern gab es Ausrüstung, Waffen undWerkzeuge aller Art, dazu einen Lebensmittelvorrat,der für die Besatzung für viele Wochen reichte.

„Warum ein Shift?“Zbron war aufgestanden und hatte Brcl die

Kontrollen überlassen.„Sehr einfach, Gecko. Ein Shift kann innerhalb

weniger Sekunden ausgeschleust werden. Wirverlieren keine Zeit und erregen bei den Blues keinenVerdacht. Sie werden uns weiter verfolgen, ohne denShift zu bemerken. Der Shift kann landen undRhodan aufnehmen. Sie können sich damit an einenOrt begeben, der relativ sicher ist. Später, wenn dieLuft rein ist, holen wir sie dort ab. Außerdem hat derShift Funkgeräte. Wir werden endlich eineSprechverbindung aufnehmen können.“

„Und wer soll den Shift steuern?“„Es gibt nichts Einfacheres als die Kontrollen

eines solchen Fahrzeuges. Ich bin davon überzeugt,daß jeder meiner Unither dazu in der Lage ist.“

Gecko machte ein abweisendes Gesicht.„Es ist dir ja wohl klar, daß nur ein Mausbiber in

Frage kommt. Wir sind es schließlich gewesen, diediese Expedition ins Leben riefen und durchsetzten.Wir haben Rhodan gefunden, also werden wir ihnauch selbst retten. Bokom wird Pilot des Fahrzeuges,klar?“

Zbron zuckte die Achseln.„Von mir aus, meinetwegen. Hoffentlich kann er

es.“Bokom konnte. Wenigstens behauptete er das.„Natürlich kann ich mit einem Shift umgehen! Das

haben wir auf dem Mars gelernt, als wir ausgebildet

wurden. War ein herrlicher Spaß, mit den Dingerndurch die Wüsten zu flitzen und Luftsprünge zumachen. Wir haben sogar richtige Ausflüge damitveranstaltet...“

„Das hier ist kein Ausflug“, warf Zbron schnellein.

„Jedenfalls weiß ich, wie man damit umgeht“,schloß Bokom.

„Hemi soll dich begleiten. Ihr beiden paßt gutzusammen.“ Gecko stolzierte in der Zentrale auf undab und entwarf seinen Schlachtplan. „Wir werden mitder TRAMP tiefer gehen und wahllos mehrmals denKurs ändern. Die Blues sollen ruhig glauben, wirsuchten einen Landeplatz. Sie werden uns dann nichtstören. Es ist unten inzwischen Nacht geworden.Rhodan sitzt mit seinen Leuten in einer Höhle. DieBlues werden nicht merken, wenn wir den Shiftausschleusen. Dann bist du dran, Bokom. Möglichstschnell landen und Rhodan finden. Wir lenken dieBlues ab. Später nehmen wir Funkverbindung aufund sehen dann weiter. Irgendwie wird es uns schonmöglich sein, euch aufzunehmen und abzuhauen. Indiesem Fall muß ich Zbron zustimmen: es handeltsich keineswegs um Flucht, sondern um Taktik. Klar,Bokom? Hemi?“

Die beiden Mausbiber nickten einmütig.Das Manöver wurde eingeleitet. Es erwies sich als

schwieriger, als Gecko angenommen hatte.Als die Blues bemerkten, daß die TRAMP

scheinbar einen geeigneten Landeplatz suchten,kamen sie näher heran und kreisten sie regelrecht ein.Das gelegentliche Feuer war eingestellt worden, abereinige starke Scheinwerfer flammten auf undtauchten die langsam dahinfliegende TRAMP ingrelles Licht. Es wäre jetzt unmöglich gewesen, denShift auszuschleusen.

Gecko beschimpfte die Blues.„Man sollte sie alle umbringen, diese

flachköpfigen Blaupelze! Vermasseln mir glatt dieRettungstour. Wenn das so weitergeht, werden wirsie angreifen und vernichten. Man sollte überhauptnicht soviel Rücksicht nehmen.“

Zbron räusperte sich und fuchtelte mit dem Rüsselerregt in der Luft herum.

„Erstens können wir die Blues nicht angreifen,weil sie in der Überzahl sind, und zweitens verhaltensie sich doch im Augenblick recht anständig. Ich bindavon überzeugt, daß sie sofort das Feuer auf unseröffnen werden, wenn wir angreifen oder fliehen -und dann sind wir erledigt, Gecko. Weißt du dasnicht? Mut ist ja ganz schön, aber wenn er anVerrücktheit grenzt, mache ich nicht mehr mit.“

„Ich bin nicht verrückt, nur mutig“, deklamierteGecko stolz.

„Hm“, machte Zbron. Brcl, der neben ihm saß,grinste ganz offen, Gecko übersah es. Er schaltete

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den Interkom ein und rief Bokom, der mit Hemibereits an den Kontrollen des Raupenfahrzeugshockte.

„Fertig, Bokom?“„Längst. Wann starten wir?“„Augenblick noch, Bokom. Da draußen sind ein

paar neugierige Blues, die müssen wir nochloswerden. Ein gut ausgedachtesAblenkungsmanöver, und ihr bekommt das Zeichen.Sobald die Luke sich öffnet, rollt ihr raus und laßteuch einfach fallen. Fangt den Shift erst dicht überder Oberfläche ab und seht zu, daß ihr dann gleich inder Nähe der Höhle seid. Rhodan und seine Begleitersollen einsteigen, und dann nichts wie zurück auf dieTramp, falls wir noch da sind. Wenn nicht, versteckteuch im Wald. Bleibt möglichst auf dem Boden undlaßt euch nicht sehen. Laßt den Empfängereingeschaltet. Alles klar?“

„War noch nie etwas unklar“, kam es selbstbewußtzurück.

Gecko zuckte unmerklich zusammen. Na, wartenur, dachte er. Du wirst noch kleiner werden, wenndu erst mal draußen bist. Alter Angeber!

Zbron raste mit der TRAMP über Gebirge,Urwälder und Ebenen dahin. Es war schwer, sich zuorientieren. Außerhalb der Scheinwerfer war esdunkel. Neben ihm errechnete Vlck die Positionen.

„Gleich muß die Hochebene mit der Höhle undden Pyramiden kommen.“

„Zeit?“„Zwei Minuten etwa.“Zbron nickte Brcl zu.„Etwas langsamer werden. Achtung, das Gelände

steigt an. Wir nähern uns dem Südabhang der Ebene.Dort ist die Höhle, aber der Shift kann da kaumlanden. Auf Nordkurs gehen. Gecko, gleich ist essoweit.“

Das wußte Gecko selbst.Er starrte auf die Bildschirme, während er mit der

rechten Pfote das Mikrophon des Interkoms nervöshin und her schob. Zwar war er innerlich recht froh,nicht mit dem Shift auf die Oberfläche desunbekannten Planeten hinab zu müssen, aber erbeneidete Bokom und Hemi darum, daß sie bald mitRhodan zusammentreffen wurden. DieserAugenblick des großen Triumphes ging ihm verloren.Dafür war er auf der TRAMP auch besseraufgehoben.

Während er noch darüber nachdachte, ob derVorteil auch den Nachteil wirklich aufhob, ruckte dieEntscheidung naher.

Zbron zahlte die Sekunden und achtete dabei aufdie Schiffe der Blues. Lange wurde er sie nicht mehran der Nase herumfuhren können. Aber ehe sieVerdacht schöpften, mußte der Shift unten gelandetsein.

„Jetzt“, sagte er dann.Gecko gab den Befehl weiter.In der Ladeluke öffnete sich das breite Tor.

Bokom, der sich den Sitz hoher geschraubt hatte, umbesser die Kontrollen überblicken zu können, schobden Fahrthebel in die Ausgangsstellung. Der Motorsprang an.

Dann begann sich das Fahrzeug schwerfallig zubewegen, rollte über die Schwelle der Ladeluke undstürzte haltlos in die Tiefe. Das alles ging so schnellvor sich, daß der Shift höchstens für eine halbeSekunde durch das Licht der Scheinwerfer fiel. Dannverschwand er im Dunkel der fremden Nacht.

Die TRAMP flog weiter, wurde schneller und stiegwieder hoher.

Die Blues schalteten die Scheinwerfer ab undgriffen wütend an. Nur ein Schiff änderte den Kurs,hielt auf die Ebene zu und warf einige atomareBomben auf die Station der drei Pyramiden. RiesigeKrater entstanden, und der rotliche Schein derglühenden Lava erhellte im weiten Umkreis dieNacht.

*

„Nicht so lange!“ piepste Hemi angstlich.„Laß mich nur machen“, gab Bokom zurück.

„Glaubst du, ich wußte nicht, wie man mit so einemShift umgeht; Ich kann mich erinnern, daß wir einmalauf dem Mars aus einer Hohe von zehn Kilometernabstürzten und den Motor nicht in Gang bekamen.“

„Ich will nichts vom Mars hören!“ Hemi warwütend und angstlich zugleich. „Du sollst sicherlanden, damit wir uns nicht den Hals brechen.“

Bokom sah auf die schwach beleuchteten Skalenund Kontrollen.

„Sind noch zwei Kilometer bis zur Oberflache. DieBlues sind verschwunden und haben uns nichtbemerkt. Geschafft, Hemi! So - und nun werde ichdir zeigen, wie ein anstandiger Pilot so ein Dingrichtig auf den Boden setzt.“

Die Antigravfelder stoppten den Fall und bremstenden Shift ab. Die glühenden Krater in wenigenKilometern Entfernung gaben soviel Licht, daß nacheinigen Minuten plötzlich die Hochebene zuerkennen war.

Der Shift setzte so sanft auf, daß kaum eineErschütterung zu verspuren war.

Bokom nickte anerkennend.„Toller Pilot, Bokom, wirklich, eine einmalige

Leistung. Hast du gut gemacht, Bokom.“Hemi sah ihn von der Seite her an und schwieg.

Sie hatte sich wahrscheinlich gewundert, wennBokom anders reagiert hatte.

In wenigen Zentimetern Hohe glitt das Fahrzeugdann über die Ebene dahin, wieder nach Süden, auf

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den Abhang zu. Die genaue Position von RhodansVersteck war nicht bekannt, nur die ungefähre Lage.

Bereits nach wenigen Minuten senkte sich dasGelände. Der Abhang zur Tiefebene begann. Bokomdrosselte den Motor und hielt an. Dann schaltete erden Antrieb aus. Es wurde ganz still.

Draußen wartete die Nacht. Der Dammerscheinder glühenden Krater lag zu hoch, um hier nochwahrgenommen werden zu können. DieAußenmikrophone verrieten nichts.

Bokom wagte nicht, die Scheinwerfereinzuschalten, um seine Lage nicht den Blues zuverraten. Jetzt hing alles davon ab, so schnell wiemöglich Rhodan und seine Freunde zu finden,aufzunehmen und mit ihnen von hier zuverschwinden. Unten in den Waldern war esunübersichtlicher und daher sicherer.

„Gedankenimpulse?“ sagte Hemi plötzlichgespannt. „Sie müssen ganz in der Nahe sein.“

„Rhodan?“„Nein, Noir vielleicht. Oder Bull.“„Jedenfalls keine Fremden oder die Blues.

Versuche zu antworten.“So sehr Bokom sich auch anstrengte, die

Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen, es wollteihm nicht gelingen. Vielleicht hatte ein kurzesAufblinken der Scheinwerfer genügt, Rhodanherbeizurufen, aber Bokom traute sich nicht. Wennihn die Blues bemerkten, war alles verloren. Da nahmer lieber das Warten in Kauf. Außerdem gelang esHemi vielleicht, rechtzeitig Verbindungaufzunehmen.

„Nun, was ist?“„Sie suchen nach uns und sind ganz in der Nahe.

Du solltest ihnen ein Zeichen geben. Michempfangen sie nicht, weil sie keinen Block gebildethaben. Einzeln sind sie zu schwache Telepathen.“

„Eigentlich ist nur Rhodan einer“, verbesserteBokom pedantisch.

„Los, gib ihnen ein Zeichen. Mach schon!“„Mochte wissen, warum sie keine Funkgerate

mehr haben. Vielleicht sind sie kaputt.“„Jedenfalls haben sie keine.“ Da nutzt mir die

ganze Telekinese nichts, dachte Bokom verbittert undwünschte sich, wie Gucky oder Gecko ein Teleporterzu sein. Dann wurde er jetzt einfach hinausspringenund die Gegend untersuchen. Wenn Gefahrauftauchte, konnte er schnell wieder verschwinden.

„Die Impulse werden starker“, sagte Hemiplötzlich. „Sie sind ganz nahe. Sie suchen uns. Los,offne die Luke. Ich gehe hinaus.“

Hm, das wäre ein Ausweg, dachte Bokomegoistisch. Ohne Widerrede betätigte er dieentsprechenden Kontrollen. Die Seitenluke glitt auf.Eine schmale Leiter schob sich hinaus, und Hemiüberlegte nicht lange. Mit dem Strahler in der rechten

Hand stieg sie in die dunkle Nacht hinaus.Sofort bereute sie ihren Wagemut. Zwar hielt sie

sich noch mit der linken Hand an dem Shift fest, aberum sie waren merkwürdige Geräusche in derFinsternis.

Ja, Geräusche.Jemand schlich auf sie zu, aber es war kein Feind.

Die Gedanken waren jetzt deutlicher; sie bildeten einfürchterliches Durcheinander. Endlich begriff Hemi,daß sie die Gedanken verschiedener Individuenempfing und nicht sortieren konnte. „PerryRhodan...?“ piepste sie schüchtern.

Die Schritte verstummten jäh. Auch die Gedankenwechselten. Sie verrieten Erstaunen und plötzlichesHoffen. Dann ertonte eine Stimme, nur wenigeDutzend Meter entfernt:

„Ja. Wer ist dort?“Hemi verspurte Erleichterung. Sie ließ den Shift

los und rannte in Richtung der Stimme. Dabei riefsie, so laut sie konnte:

„Hierher! Hier sind wir! Schnell!“Die Schritte wurden hastiger, dann blitzte für

wenige Sekunden ein winziges Licht auf. Derschwache Schein schien dem Urheber zu genügen.

„Endlich!“Hemi blieb stehen, als die Schatten vor ihr

auftauchten. Sie wußte, daß sie Rhodan und dieanderen gefunden hatte, aber es waren nicht nur fünf,sondern sechs. Eine Frau war dabei.

Rhodan war stehengeblieben. Er bückte sich. Erumfaßte Hemi und hob sie empor. Ganz dicht hielt ersie vor sein Gesicht, das nur undeutlich zu erkennenwar.

„Wie heißt du?“ fragte er leise und fast zärtlich.„Hemi, ich bin Hemi. Dort im Shift wartet Bokom.

Wir müssen uns beeilen, Per ... Sir.“Rhodan lachte.„Nenn mich ruhig Perry, Hemi. So bin ich es

gewohnt - wenigstens von den Mausbibern, die allemeine Freunde sind. Bei mir sind Mory Abro, Atlan,Bully, Noir und Kasom. Aber du hast recht. Wirdürfen keine Zeit versäumen.“

Er trug Hemi bis zum Shift und setzte siebehutsam ab. Dann kletterte er hinter ihr her in dieKabine. Die anderen folgten, so schnell sie konnten.Mit einem dumpfen Laut schloß sich die Tür.

„Bokom?“ fragte Rhodan und ließ sich neben demMausbiber im Kontrollsitz nieder. Er gab ihm dieHand und streichelte ihm über das Fell. „Ich halte esfür eine wunderbare Symbolik, daß gerade zweiMausbiber die ersten Freunde sind, denen wirbegegnen. Wer hat euch geschickt?“

„Admiral Gecko“, sagte Bokom mit Betonung. „Erwäre auch selbst gekommen, aber seine Aufgabe istes, für die Sicherheit der TRAMP und ihrerBesatzung zu sorgen. Darum schickte er mich und

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Hemi. Sollen wir nun starten, oder warten wir noch?“„Wir warten. Admiral Gecko? Noch nie gehört.

Seit wann ist ein Admiral Kommandant eines kleinenPatrouillenschiffes? Es muß sich einiges bei unsgeändert haben, seit wir verschwanden.“

„Es hat sich viel verändert“, bestätigte Bokom undfugte hinzu: „Admiral Gecko hatte bisher noch nieein Kommando. Wir alle nicht. Es war Gucky, deruns die Expedition erlaubte - zusammen mit Tifflor,naturlich.“

Rhodan verstand immer weniger.„So, Gucky erlaubte die Expedition? Und ein

Admiral mußte Gucky um Erlaubnis fragen?“„Admiral Gecko ist auch ein Mausbiber.“Im Hintergrund ein unterdrücktes Stöhnen, dann

lachte jemand leise auf. Bully drängte sich zu denKontrollen. Sein Gesicht war in der Dunkelheit nichtzu erkennen.

„Der Kommandant des Schiffes ist einMausbiber?“ vergewisserte er sich. „Womöglichauch die ganze Mannschaft?“

„Nur ein Drittel“, beruhigte ihn Bokom ernsthaft.„Der Rest besteht aus Unithern und Willys. Sollenwir jetzt starten?“

„Warte noch.“ Rhodan und Bully mußten dieerstaunliche Nachricht erst verdauen, außerdem hieltes Rhodan nicht für ratsam, ohne Orientierungeinfach aufzusteigen und vielleicht den Blues in dieQuere zu kommen. „Kannst du Funkverbindung mitder TRAMP aufnehmen?“

„Ich will es versuchen. Hoffentlich sitzt Stozi anden Geraten.“

Bully drängte sich erneut vor.„Stozi?“ Er lachte. „Ihr Mausbiber habt komische

Namen.“„Stozi ist ein Unither“, belehrte ihn Bokom

sachlich und begann, die TRAMP zu rufen. „Bully istauch nicht gerade fein.“

Bully zog sich ohne Kommentar zurück. Er begannzu ahnen, daß ihm noch einiges bevorstand. ZwanzigMausbiber auf einmal -. wenn er das nur heilüberstand!

Die TRAMP meldete sich.„Hier Stozi. Aufnahme des Shifts unmöglich. Wir

werden verfolgt und keine Sekunde aus den Augengelassen. Wir lenken die Blues ab, das ist alles, waswir tun können. Versteckt euch in den Waldernsudlich des Plateaus. Dort werden wir euch spatersuchen. Viel Gluck.“

Die Verbindung brach ab, ohne daß Bokom denSpruch bestätigten konnte.

Kasom seufzte :„Eigentlich hat sich nicht viel verändert. Wir sitzen

genauso in der Tinte wie vorher.“„Sie sind undankbar, Kasom“, sagte Rhodan. „Wir

haben einen Shift und volle Ausrüstung. Besonders

Sie haben Gelegenheit, sich wieder einmalsattzuessen. Notfalls können wir fliehen, und wirhaben ein festes Quartier. Und nicht zu vergessen:ein Schiff Terras hat uns gefunden. Na, wenn daskein Fortschritt ist!“

„Stimmt“, gab Atlan ihm recht. „Ihre Bemerkungmuß unsere Retter beleidigen, Kasom.“

Kasom zog sich schmollend in den Hintergrundder geräumigen Kabine zurück. Hemi piepste:

„Wir sind nicht nachtragend, außerdem kann dergroße Mann seine Beschwerden ja direkt AdmiralGecko vortragen - der wird ihm schon was erzählen.“

Rhodan beugte sich zu ihr hinab.„Dieser Gecko muß ja ein großer Held sein, nicht

wahr?“„Ja, das ist er“, bestätigte Hemi ruhig. Es war ihr

klar, daß die Menschen immer noch den Fehlermachten, eine Rasse kollektiv zu beurteilen. EinMausbiber durfte einfach keine Fehler haben, wollteer nicht den Ruf aller Mausbiber beeinträchtigen.Also war Gecko ein Held. „Er wußte schon beimStart, daß wir euch finden würden.“

„Tüchtig, tüchtig“, lobte Rhodan, der HemisAbsicht wohl durchschaute, sich aber nichtsanmerken ließ. Wenn einer die Mausbiber kannte,dann er. „Ich werde dafür sorgen, daß er und diegesamte Besatzung der TRAMP ausgezeichnet wird.“Er machte eine winzige Pause. „Aber noch sind wirnicht gerettet.“

„Vielleicht wäre es ratsam, die Dunkelheitauszunutzen“, meldete sich Bully. Er kam vor zuRhodan. Wie zufällig legte er dabei seine Handbehutsam auf Hemis Schultern. „Wenn uns dieTRAMP jetzt nicht aufnehmen kann, müssen wirdafür sorgen, daß die Blues uns nicht entdecken. Sieahnen ohnehin, daß hier etwas nicht stimmt.Vielleicht wissen sie sogar, daß wir hier sind.“

„Durchaus möglich, wenn ich auch nicht wüßte,wer ihnen das gesagt haben sollte. Aber du hast recht.Bokom, bleibe auf dem Boden und fahre vorsichtigin südlicher Richtung. Das Gelände fällt ab, nicht zusteil, aber es gibt Spalten und Schluchten. Wenn wirweit genug nach Süden vorstoßen, erreichen wir dieWälder. Dort ist es sumpfig, aber die riesigen Bäumebieten Deckung. Es wird den Blues nicht leichtfallen,uns dort aufzuspüren.“

„Der TRAMP auch nicht“, warf Kasom ein.„Wir haben Funkgeräte“, erinnerte ihn Rhodan

sanft.Bokom war sich seiner Verantwortung bewußt.

Nicht ganz so egozentrisch veranlagt wie Gecko, warer immerhin ein Mausbiber, der jede Gelegenheitausnutzte, sich und damit seiner Rasse einen Dienstzu erweisen. Er tat es, wenn er den Terranern half.Ihre Dankbarkeit war das höchste Lob. Und dasGefühl, für die Terraner unentbehrlich zu sein, war

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für einen Mausbiber die größte Genugtuung.Er schaltete den Motor ein. Er war von allen Seiten

mit schweren, strahlungssicheren Schutzwändenumgeben, so daß ein Anpeilen selbst mitempfindlichsten Geräten so gut wie unmöglichschien. Unter dem Boden der Kabine gurrte es leise.Der ganze Wagen vibrierte.

„Nach Süden?“ vergewisserte sich Bokom.Rhodan fragte:„Soll ich das Steuer übernehmen? Du wirst müde

sein, Bokom.“Bokom machte sich größer.„Nein, ich bin nicht müde. Ich schaffe es schon.

Nur schade, daß wir kein Licht einschalten können.Wir fahren blind. Wenn plötzlich eine Schluchtkommt.“

„Dies ist ein Shift“, erinnerte ihn Rhodan. „Dumußt den Flugantrieb so einschalten, daß der Shiftpraktisch schwerelos wird. Wenn eine Spalte kommt,sacken wir nicht ab, sondern schweben auf gleicherHohe darüber hinweg. Genauso werden wir es untenbei den Sumpfen machen. Es war eineausgezeichnete Idee von Gecko, uns einen Shift zuschicken.“

Langsam glitt das Fahrzeug in die Nacht hinein.Als es einige hundert Meter zurückgelegt hatte,flammten oben auf dem Plateau grelle Explosionenauf. Drei oder vier Schiffe der Blues griffen erneutdie Station an. Ihre Energiegeschütze feuerten Salveauf Salve gegen die drei Pyramiden und machten siedem Erdboden gleich. Wenn es wirklich nochÜberlebende in den unterirdischen Anlagen gab, sohatten sie nur noch eine geringe Chance, diesemInferno zu entkommen.

Die Besatzung im Shift konnte nicht sehen, wassoeben auf der Ebene geschah. Es war gut. daß sie esnicht sehen konnten, denn sie hatten sich niemalserklaren können, warum die Blues mit solcher Wutund Erbitterung angriffen. Vielleicht wußten es dieBlues selbst nicht.

Sie stürzten sich auf die wenigen noch feuerndenAutomatgeschütze und brachten sie systematisch einsnach dem anderen zum Schweigen. Riesige Kraterwurden in das Felsgestein gerissen, und dieerstarrende Lava verformte das Gelände.

„Dort drüben!“ Rhodan zeigte nach rechts. ImDammerschein der explodierenden Bomben war eineüberhangende Felswand zu erkennen. „Bokom,schnell. Wir sind dort gegen Sicht von obengeschützt. Wenn ein Schiff zufallig unsere Richtungnimmt, sind wir verloren, wenn wir uns nichtverstecken.“

Bokom hatte langst begriffen. Geschickt steuerteer das Fahrzeug unter die überhangenden Felsen undschaltete den Motor aus. Die Stille tat gut, aber sieließ auch die Geräusche der nahen

Vernichtungsschlacht deutlicher werden.Kasom hatte inzwischen die Lebensmittelvorräte

gefunden, In der Kabine war es hell genug, um alleserkennen zu können. Noir und Mory Abro hatten sichKasom gegenüber auf eine Bank gesetzt und aßen.Bully kaute mit vollen Backen und versorgte Rhodan,der mit Atlan teilte. Die beiden Mausbiberverzichteten. Sie hatten keinen Hunger. Wenigstensnicht auf Konserven.

Allmahlich wurde es draußen ruhiger. Die Bluesschienen mit dem Erfolg ihrer Mission zufrieden zusein und zogen sich zurück. Ganz niedrig strich einsder Schiffe über das Versteck des Shifts hinweg, mitvoll eingeschalteten Scheinwerfern und sicherlichfeuerbereiten Geschützen. Dann verschwand es insudlicher Richtung und tauchte unter den Horizont.

Bully klopfte sich auf den Bauch.„Jetzt fühle ich mich schon wieder wohler. Wie

lange ist es jetzt eigentlich her, daß wir uns richtigsattgegessen haben?“

„Eine Ewigkeit!“ stöhnte Kasom und stopfteimmer neue Mengen in sich hinein. Er lichtete dieVorrate in beängstigendem Maße. „Jetzt ist mir allesegal.“

„Uns ist es aber nicht egal, wenn Sie allesauffressen“, rief Bully in ehrlicher Sorge. „Es handeltsich um Notvorrate, mein Lieber.“

„Lieber Mr. Bull“, gab Kasom wurdevoll zurück.„Sie vergessen, daß wir eine Dame in unserer Mittehaben. Mäßigen Sie sich mit Ihren vulgärenAusdrucken.“

„Wenn sich hier einer maßigen sollte ...“, begannBully, verstummte aber mit einer wegwerfendenHandbewegung. Er grinste in Richtung Mory Abround nahm sich noch schnell eine Konserve. EinDruck auf den deutlich sichtbaren Knopf, und nachAbheben des Deckels, begann der wurzig duftendeInhalt schon zu dampfen. Bully loste denangebrachten Löffel und begann zu essen. „Schmecktwirklich nicht schlecht“, knurrte er mit Behagen.„Wenn einer nur wenig Verstand hat, konnte er sichglatt totfressen.“

„Was sollen wir mit zwei Leichen?“ lachte Atlan.Man spurte ihm die Erleichterung an, die von ihmBesitz ergriffen hatte. Die langen Wochen undMonate der Ungewißheit waren nicht spurlos an ihmoder einem der anderen vorübergegangen. Jetzt lostesich die Spannung. Die Rettung stand unmittelbarbevor. Selbst die Blues wurden sie auf die Dauernicht verhindern können.

Rhodan aß ruhig und ohne Hast. Er genoß jedenBissen mit einer Andacht, die mehr als alle Worteausdruckte, was er empfand. Neben ihm saß Bokomund berichtete mit leiser Stimme von dem, wasinzwischen auf der Erde und in der Milchstraßegeschehen war. Rhodans Gesicht war nichts

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anzumerken. Der Zusammenbruch des Imperiumsschien ihn nicht zu beunruhigen. Als Bokom erzahlte,daß die Akonen das Reich der Arkonidenübernommen hatten, warf Rhodan Atlan nur einenkurzen Blick zu. Der Unsterbliche gab den Blickzurück - und aß weiter.

„Tifflor hat alle Kräfte auf den Raum desSonnensystems zusammengezogen. DieseKonzentration macht die Erde unangreifbar. Es sindmehr als tausend Suchexpeditionen unterwegs, umdich zu finden.“

Rhodan nickte.„Und ausgerechnet ihr, die Mausbiber, habt es

geschafft.“ Er beugte sich zu Bokom. „Weißt du, wiesehr mich das freut?“

„Es freut dich, weil wir es waren?“„Ja. Es gibt niemand, dem ich den Erfolg so gönne

wie euch. Bisher war es immer nur Gucky, der eureRasse vertrat, nun aber werden es auf einmal vieleNamen sein, die von allen Menschen in Freude, Stolzund Dankbarkeit genannt werden.“

Rhodan schob die leere Dose zur Seite und sah indie Dämmerung hinaus. Langst waren die glühendenKrater erloschen oder wurden vom Licht erster,reflektierter Sonnenstrahlen übertroffen. Oben amHimmel wurde es hell. Nicht mehr lange, und derTag brach an.

Atlan war nach vorn gekommen.„Mory schlaft“, sagte er leise. „Vielleicht sollten

wir nicht weiterfahren, sondern hier warten. DieBlues werden kaum zurückkehren. Aber die TRAMPweiß, wo wir zu finden sind.“

„Jedenfalls legen wir eine längere Pause ein.“Rhodan nickte mehrmals. „Wir sollten alle ein wenigschlafen. Es genügt, wenn einer wach bleibt.“

„Ich übernehme die Wache“, sagte Bokom.Spater brach der Tag an.Als die ersten Sonnenstrahlen auf die nackten

Felsen fielen und es schnell heller wurde, lagen dieGeretteten auf den bequemen Banken der Kabine undschliefen.

Vor den Kontrollen aber hockten Bokom undHemi.

Sie bewachten den Schlaf der Erschöpften, obwohlsie beide selbst so müde waren, daß ihnen fast dieAugen zufielen.

Langsam schleppten sich die Stunden dahin.

4.

Nicht für Gecko.Auch er war übermüdet, wie fast alle

Besatzungsmitglieder der TRAMP, die zu einemrichtigen „Fluchtschiff“ geworden war. Unaufhörlichwurde es von den Blues gehetzt, ohne jedochernsthaft angegriffen oder beschossen zu werden.

Immer offensichtlicher wurde es, daß die Blues indem verfolgten Schiff etwas Wertvolles vermuteten,dessen sie habhaft werden wollten.

Zbron war von Brcl abgelöst worden. Geschicktund unermüdlich steuerte der Unither die TRAMP,ohne sich zu weit von dem Planeten zu entfernen. DieEmpfangsstation blieb eingeschaltet, damit maneinen Notruf Bokoms sofort hören konnte. Aber derShift meldete sich nicht. Brcl hätte auch nichtgewußt, wie er helfen sollte. Es genügte, wenn dieBlues die TRAMP jagten. Hätten sie auch noch dieGeretteten entdeckt, wäre es zu einer Katastrophegekommen.

Zwei torpedoförmige Schiffe waren es, die dieTRAMP begleiteten. Sie versuchten, sie zurOberfläche hinabzudrängen, aber immer wiederverstand es Brcl, auszuweichen und an Höhe zugewinnen. Einige Energieschüsse hatten dieAußenhülle der TRAMP beschädigt, aber dieManövrierfähigkeit wurde dadurch nichtbeeinträchtigt.

„So werden wir niemals eine Gelegenheit erhalten,den Shift unbemerkt aufzunehmen“, sagte Gecko undrieb sich die Augen. „Wir müssen sie weit genug inden Raum hinauslocken, dann schnell zurückkehrenund Rhodan aufnehmen. Eine andere Möglichkeitsehe ich nicht.“

Brcl blinzelte.„Wir könnten die Blues auch angreifen. Sie haben

nur schwache Waffen, wir aber starke Schutzschirme.Gegen zwei Schiffe werde ich es sofort und ohneBedenken aufnehmen.“

„Ich bin froh, daß sie uns nichts tun“, entfuhr esGecko unbedacht.

„So kommen wir aber nicht weiter. Außerdem sindes mehr als nur zwei Schiffe. Wenn wir sienacheinander erledigen, haben wir eine Chance. Siehaben ihre Streitigkeiten im Augenblick vergessen.Wenn sie zusammenhalten und uns gemeinsamangreifen, sind wir erledigt.“

„Hm“, knurrte der Mausbiber und überlegteernsthaft, ob der Vorschlag des Unithers nichtzugleich das Ende seiner Karriere bedeutete. „Dumeinst wirklich, daß wir zwei Gegner vernichtenkönnten, ohne selbst in Gefahr zu geraten?“

„Unbedingt. Die Blues haben keinenMolkexpanzer, wenigstens die beiden dort nicht. Siehnur, wie unvorsichtig sie sind. Eine gezielte Salve,und man kann beide verschrotten.“

Die Versuchung war groß, wie auch Geckozugeben mußte. Die beiden Torpedoschiffe hieltensich immer in der gleichen Entfernung. Sie mußtenden Auftrag erhalten haben, die TRAMP zubewachen und dafür zu sorgen, daß sie nicht flog.

Und die anderen Schiffe der Blues...?„Inzwischen landen die anderen Schiffe und

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entdecken vielleicht den Shift“, sagte Gecko schnell.„Das müssen wir verhindern.“

An Vlcks Stelle versah ein anderer Unither denDienst an den Ortergeräten. Er hatte neueEinstellungen vorgenommen und konzentrierte seineAufmerksamkeit mehr auf das, was draußen imRaum geschah. Als er sich plötzlich umdrehte und zusprechen begann, war sein Rüssel zusammengerolltund fast weiß vor Schreck.

„Schiffe - eine ganze Flotte. Sie kehrten soeben insEinsteinuniversum zurück und nähern sich mitLichtgeschwindigkeit der Sonne. Sie sind in wenigenStunden hier, wenn sie ihre Geschwindigkeit nichtnoch einmal heraufsetzen.“

„Eine Flotte?“ In Geckos Stimme schwang eineschwache Hoffnung mit. „Was für eine Flotte?Vielleicht sind es ...“

„Nein!“ Der Unither schwenkte den Rüssel hinund her. „Es sind die Blues. Kein Zweifel möglich.“

„Blues!“ Gecko sackte zusammen und ballte dieFauste. Kalte Todesangst griff nach seinem kleinenHerzen, und er wußte auf einmal, daß er sich zuvielvorgenommen hatte. Ein Held hatte er sein wollen,ein Vorbild für alle Menschen, Mausbiber undbesonders für Gucky. Tapfer hatte er sein wollen, undein Draufgänger.

Aber niemals hatte er den Vorsatz gefaßt,freiwillig zu sterben.

Brcl war aufgestanden und zu dem Navigatorgegangen. Er sah auf die Schirme des Ortergeratesund überzeugte sich davon, daß in der Tat eine ganzeFlotte von Schiffen unterschiedlicher Bauart auf dasSonnensystem zuhielt. Ohne Zweifel waren sie vonder Vorhut zu Hilfe gerufen worden.

Ein weiterer Schirm flammte auf. Er zeigte einezweite Flotte.

„Auch das noch!“ stöhnte Brcl erschrocken, als ersie erblickte. „Sie kommen auch! Beide Parteiengeben sich hier ein Stelldichein. Alle wollen siewissen, was es mit den merkwürdigen Schockwellenauf sich hat - oder sollten sie wissen, daß Rhodanhier steckt? Woher nur?“

Gecko war aufgesprungen.„Was sagst du? Beide Flotten kommen; Sie

werden uns zerquetschen, wie man eine lastigeMucke zerquetscht. Ich, Gecko, der Großadmiral dervereinigten Mausbiberstreitkräfte, werde wie eineMucke zerquetscht!“

Von dieser unglaublich klingenden Vorstellungvöllig überwältigt, sackte er in denKommandantensessel zurück und starrte duster vorsich hin. Brcl kehrte an seinen Platz zurück. Erbenotigte nur wenige Sekunden, sich von demSchock zu erholen. Mit einem schnellen Schwenkendes Rüssels gab er Alarm an die Waffenzentrale.Dann weckte er Zbron.

„Wir müssen das Schiff in denVerteidigungszustand versetzen. Bald wird diebisherige Spielerei zu Ende sein, Zbron. Gegen einesolche Übermacht können wir nichts ausrichten.Rhodan auch nicht. Wir müssen ihn warnen.“

„Ich bin gleich dort“, gab Zbron zurück.„Was hast du vor?“ fragte Gecko schüchtern. Von

dem großmauligen Admiral war nicht viel übriggeblieben. „Doch nicht etwa angreifen?“

„Nein, nur verteidigen“, gab Brcl zurück. „Oderwillst du dich so einfach von den Bluesgefangennehmen lassen und Rhodan vergessen?“

Gecko gab keine Antwort.Die Erwähnung Rhodans gab ihm zu denken. Sie

stellte ihn vor einige recht unangenehmeAlternativen. Wenn er jetzt versagte und durchirgendeinen Trick sein Leben rettete, war esweiterhin nichts mehr wert. Immer wurde er alsFeigling und Versager dastehen, und jeder wurde ihnauslachen oder sogar verachten. Da konnte er auchgenauso gut tot sein. Aber wenn schon tot, dann nichtohne Leistung. Rhodans Rettung war eine solcheLeistung. Wenn er dann vielleicht auch nicht mehrlebte, so wurde er ewig unvergessen bleiben. Manwurde ihn als Held verehren und lieben. Allerdingsbestand auch die Möglichkeit, daß er trotz einesgewagten Einsatzes mit dem Leben davonkam - umso besser. Vielleicht gelang sogar Rhodans Rettung,ohne daß er gleich starb.

Aber dann...Es war die verlockendste der vorhandenen

Möglichkeiten. Die mit den größtenOberlebenschancen war weniger verlockend. Alsowurde Gecko im Verlauf einiger Sekundenunfreiwillig zum Helden, eine Tatsache, die er selbstam wenigsten verstand. Aber auch Zbron verstand sienicht.

„Bist du verruckt geworden?“ fragte er, als Geckoihm seinen Plan mitgeteilt hatte. „Das ist glatterSelbstmord! Wir können doch nicht zwei Flotten derBlues zum Narren halten!“

Gecko warf sich in die Brust.„Natürlich können wir! Wir können noch viel

mehr, aber wenn es dir und deinen Rüsselfreunden anMut gebricht, werde ich euch in Eisen legen undmeine Mausbiber die wichtigsten Positionen imSchiff übernehmen lassen. Das wäre doch gelacht!“

Zbron stierte ihn fassungslos an.„Du bist wirklich wahnsinnig! Nur List kann uns

noch helfen aber doch keine gehirnlose Gewalt. JedeGewalt ist hirnlos! Besonders dann, wenn der anderestärker ist. Und die Blues sind stärker!“

„Na und?“ Gecko war aufgestanden und spaziertein der Zentrale auf und ab, als gelte es, eineManöverbesprechung durchzuführen. Ab und zu warfer einen hastigen Blick auf die Orterschirme. Die

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Flotten kamen immer näher. „Bis jetzt haben sie esvermieden, uns zu vernichten, dann werden sie esauch in Zukunft nicht tun. Ich will nicht direktbehaupten, daß sie Angst vor uns haben, aberimmerhin lassen sie Vorsicht erkennen. IhreEnergiekanonen sind gefährlich, damit werden unsereSchirme leicht fertig.“

„Aber nicht, wenn uns zehn Schiffe auf einmalbeschießen!“

„Das dürfen wir nicht zulassen! In erster Linie aberhat unsere Sorge Rhodan zu gelten, nicht uns. Wirmüssen ihn warnen.“

„Und ihn verraten, was?“ Zbron schüttelte denRüssel wütend hin und her. „Es ist unsere Aufgabe,die Blues von einer genauen Durchsuchung derOberfläche des Planeten abzuhalten. Dazu gehört,daß wir sie hinhalten. Außerdem sollten wirversuchen, Funksprüche abzusetzen. Besonders jenenSpruch, der Terra vom Auffinden Rhodansunterrichtet. In dem Augenblick, in dem einterranisches Schiff diesen Funkspruch empfängt,werden tausend Schiffe hierhereilen, um uns zuhelfen.“

„Tausend Schiffe eilen uns zu Hilfe?“ GeckosAugen leuchteten auf. „Was ist, Stozi? Wo bleibt derFunkspruch? Warum hast du ihn noch nicht durch dieApparate gejagt?“

„Bisher hat mir noch niemand den Befehl dazuerteilt“, gab der Funker anzüglich zurück. „Darf ichdeine dumme Bemerkung und Frage als einenentsprechenden Befehl auffassen?“

„Ja!“ brüllte Gecko ihn aufgebracht an. EineDisziplin herrschte in diesem Schiff, das warunglaublich. Na, warte! Wenn die gröbste Gefahrvorüber war, würde hier ein Strafexerzierenstattfinden, das sich sehen lassen konnte. „Fang'schon an, du Rüsselsaurier!“

Stozi grinste und schaltete den Sender ein.Inzwischen war es der Tramp erneut gelungen,

weiter in den Raum vorzustoßen. Hier draußenbestand die Chance, daß die Hyperfunkwellen, derenReichweite trotz ihrer unvorstellbarenGeschwindigkeit begrenzt blieb, auf einenEmpfänger trafen. Vielleicht war er hundert,vielleicht aber auch tausend Lichtjahre entfernt. Aberer würde herbeieilen, und vorher den Funkspruchweitergeben. In Stunden oder Tagen konnten tausendSchiffe Terras eintreffen und die Lage endgültig zuGunsten Rhodans und seiner Freunde wenden.

Die beiden Schiffe der Blues waren mitgekommen.Es mochte sein, daß auch sie den Funkspruchauffingen, aber sie würden nichts damit anfangenkönnen. Er war verschlüsselt, aber auch im Klartextblieb er für den nicht Eingeweihten ohne jedeBedeutung.

RhAtBu - QQYR - 12 - 15 - 888430 - NoTri Der

Eingeweihte aber wußte, daß Rhodan und seineFreunde lebten, daß man sie gefunden hatte, wo mansie gefunden hatte - und daß man Hilfe benötigte.

Und gerade diese Hilfe war das, was sogar amnotwendigsten gebraucht wurde.

Die beiden Schiffe der Blues griffen plötzlich an.Diesmal waren ihre Schüsse gut gezielt und

prallten aus nächster Entfernung gegen dieSchutzschirme der TRAMP. Die umgebauteKaulquappe wurde aus dem Kurs gerissen und fingsich schwerfällig wieder, als Zbrongeistesgegenwärtig in die Kontrollen griff. SeinRüssel rollte sich vor Wut zusammen.

Gecko saß auf dem Boden. Die unerwarteteErschütterung war zuviel für ihn gewesen. Mühsamrappelte er sich wieder auf.

„Zurückfeuern!“ geiferte er schrill. „Denen werdenwir's aber geben! Los, Zbron! Befehl an dieWaffenzentrale: Transformkanonen einsetzen!“

„Diesmal stimme ich dir zu“, sagte Zbron, schonwieder ganz die Ruhe selbst. „Jetzt ist alles egal.“

Die Transformkanonen waren die gefährlichsteWaffe, die bisher bekannt geworden war. Sievereinigte einen Materietransmitter mit einemausgezeichnet Funktionierendem Zielgerät. Durchjeden Schutzschirm hindurch konnte so eineAtombombe zu jedem beliebigen Ziel transportiertund dort zur Zündung gebracht werden. Die Bombeentmaterialisierte, legte die entsprechendeEntfernung ohne Zeitverlust zurück undrematerialisierte im Ziel. Es gab keine Gegenwehr.

Gecko selbst leitete das Feuer.Er las die Werte von den Instrumenten ab und gab

sie an die Waffenzentrale weiter. Dort wurde dieKanone eingerichtet. Zbron manövrierte die TRAMPinzwischen von beiden Schiffen der Blues weg, umsie nicht durch die zu erwartende Explosion selbst zugefährden.

„Jetzt“, flüsterte er.Gecko drückte auf den Kommandoknopf.Eine Sekunde später platzte eins der gegnerischen

Schiffe auseinander. Die starke Bombe war mitten imZentrum detoniert und verwandelte alle Materie inein radioaktiv glühendes Gas. Da der andere Kreuzerdahinter flog und den Kurs nicht so schnell zu ändernvermochte, raste er durch die Gaswolke hindurch,ehe auch er von seinem Schicksal ereilt wurde.

„Das hätten wir schon früher so machen sollen“,sagte Gecko überzeugt.

Zbron änderte den Kurs.Die TRAMP flog nach Roost zurück.„Jetzt nehmen wir Verbindung mit Rhodan auf.

Wir müssen ihn von der neuen Lage unterrichten -oder wir versuchen, ihn jetzt aufzunehmen.“

„Wird kaum möglich sein“, gab Zbron zurück unddeutete auf die Bildschirme. „Wir werden schon

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erwartet.“Die TRAMP tauchte in die oberen Schichten der

Atmosphäre und verblüffte die Blues ohne Frage.Warum kehrte das terranische Schiff immer wiederzurück, obwohl es doch jetzt leicht hätte fliehenkönnen? Was suchte es auf diesem Planeten?

Sicherlich stellten sich die Blues diese Fragen,aber sie fanden keine Antwort darauf. Sie wußtennur, daß ihr Gegner gefährlicher war, als sie bisherangenommen hatten. Sie verhielten sichentsprechend.

Fünf von ihnen griffen die TRAMP an, mit derunmißverständlichen Absicht, ihr diesmal den Garauszu machen. Aber sie hatten nicht mit Geckogerechnet - einem völlig verwandelten Gecko, dererst vor wenigen Minuten erkannt hatte, über welcheWaffen sein Schiff überhaupt verfügte.

Innerhalb von vier Minuten waren drei der fünfBlues vernichtet. Die anderen beiden ergriffen dieFlucht, entfernten sich aber nur soweit, daß sie dieTRAMP nicht aus den Augen verloren.

Gecko befand sich in einem regelrechten Rausch.„Ich werde sie aus dem All fegen!“ verkündete er,

von seiner eigenen Machtfülle restlos begeistert.„Und wenn sie uns mit hundert oder tausend Schiffenangreifen, ich werde sie zur Holle schicken - oder woimmer Blues hinkommen, wenn sie gestorben sind.Sie sollen mich kennenlernen, diese Flachkopfe! Ichwerde das Universum von denSchreckwurmschweizern befreien! Ein neuesImperium werde ich aufbauen, und Rhodan werde ichals meinen Vertreter einsetzen. Jawohl, werde ich!“

Zbron schlug ihm mit dem Rüssel aufs Kreuz undbrachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er deutete inRichtung Funkkabine.

„Wurdest du die Freundlichkeit besitzen, dasRhodan selbst mitzuteilen? Er ist am Apparat.“

Gecko erwachte wie aus einem Traum.„Was? Ihr habt Verbindung?“„Sagte ich. Los, man wartet auf die Stimme des

großen Kommandanten.“Gecko rutschte aus dem Sessel. Hoffentlich hatte

niemand seine Worte gehört. Waren ja nur ein Spaßgewesen, mehr nicht. Er watschelte zur Funkkabine,deren Tür offenstand. Hm, vielleicht war es doch

möglich...„Hier Gecko, Kommandant der TRAMP“, meldete

er sich verschüchtert.„Rhodan. Spreche ich mit Admiral Gecko?“„Ich... äh... ja, Sir. Admiral Gecko, Sir.“Im Lautsprecher war ein unterdrücktes Grunzen.

Das mußte Bokom sein.„Du kannst das ‚Sir‘, weglassen, Gecko. Ich lasse

dafür den Admiral weg, wenn du gestattest. Ich duzeaußerdem meine Freunde - und alle Mausbiber sindmeine Freunde. Ich wollte dir für deinen Einsatz

danken, Gecko. Dein Name erinnert mich übrigensan Gucky.“

„Gucky ... eh... Gucky ist mein Freund“, stießGecko hervor.

„Freut mich. Sag auch deiner Mannschaft Dank,Gecko. Was niemand schaffte, brachtet ihr mit derTRAMP fertig. Wir werden uns spater noch darüberunterhalten. Doch jetzt ist die Gegenwart wichtig.Brizel, teilte mir mit, daß ihr Transformkanoneneingesetzt habt. War das notig?“

„Brizel ... ?“„Ja, der Funker.“„Oh, da wird Brcl gemeint sein. Er stellte mit Stozi

die Verbindung her. Sie haben unaussprechlicheNamen, die Unither. Aber sie sind sehr willig undverwendungsfähig.“ Ein wütender Blick von Brcl trafihn. Er ignorierte ihn. „Leider war die Vernichtungdes Gegners unerläßlich. Ich hatte keine andereWahl.“

„Gut. Wie ist die Lage jetzt?“„Sie ist besch ... ähem ... beschönigen will ich

nichts. Mindestens tausend Schiffe der Blues imAnflug. Wir werden beobachtet und bewacht. Es istunmöglich, den Shift abzuholen, ohne dabei entdecktzu werden.“

„Verstehe. Wir haben eine Hohle zu ebener Erdegefunden und sind einfach hineingefahren. Hierfindet uns niemand, wenn wir nicht beim Funkenangepeilt werden. Gegen Sicht sind wir sicher. Merkteuch die Position, damit wir spater abgeholt werdenkönnen. Gecko, du hast die ausdruckliche Erlaubnis,mit der TRAMP einen Durchbruch zu versuchen.Holt Hilfe, das ist besser, als hier eine verloreneStellung zu verteidigen. Uns kann nichts passieren.Wir haben Lebensmittel für einige Wochen und...“ Erwurde durch ein undeutliches Gemurmelunterbrochen. Dann fuhr er fort: „Also Lebensmittelfür ein paar Tage. Bis dahin wird Hilfe eingetroffensein. Habt ihr den Funkspruch abgesetzt? Bokomklärte mich auf.“

„Unterwegs“, bestätigte Gecko. Dann sagte er:„Flucht kommt für uns überhaupt nicht in Frage. Wirbleiben! Wir werden die ganze Flotte der Blues in dieHolle jagen und euch dann abholen. Ich werde...“

„Nichts wirst du“, unterbrach ihn Rhodanfreundschaftlich. „Bringt euch in Sicherheit undnehmt Verbindung mit Terraschiffen auf.“

Gecko wurde ganz steif.„Das kann mir niemand antun, Sir!“ widersprach

er mutig, ohne die erregten Rüsselzeichen Zbrons zubeachten. „Niemand wird spater von mir behauptenkönnen, ich wäre feige geflohen und hätte Rhodan imStich gelassen. Wir bleiben! Und wir werden denShift bei erstbester Gelegenheit aufnehmen. Dann,von mir aus, können wir türmen. Aber nicht ichwerde das Kommando dazu geben.“

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Nach kurzer Zeit sagte Rhodan, sichtlichbeeindruckt:

„Ich bewundere deinen Mut, Gecko, und dendeiner Mannschaft. Noch nie in meinem Leben istmir ein so tapferer Offizier begegnet. Trotzdem mußich dich bitten, dich zurückzuziehen, ehe allesverloren ist. Wenn die TRAMP vernichtet wird, sindwir erledigt. Das willst du doch nicht riskieren,oder...?“

Gecko nickte vergnügt vor sich hin.„Nein, das will ich nicht. Ich werde mich also,

wenn auch unter Protest, dem Fluchtbefehl fugen.Die Hilfe wird bald eintreffen. Aber wehe den Blues,die mich an der Flucht hindern wollen. Ich werde siealle...“

„Ja, tu das!“ Erleichtertes Aufatmen imLautsprecher. „Nochmals Dank für alles.“ EinSeufzer. „Ich freue mich, dir spater die Pfote drückenzu können.“

„Ganz meinerseits“, versicherte Gecko nonchalantund zerdruckte mit der anschwellenden Brust fast dieFunkeinrichtung. „Haltet aus, bis wir zurück sind.“Er gab sich einen Ruck, „Bis spater, Perry.“

Als er sich umdrehte, um in die Zentralezurückzukehren, erblickte er dort Ooch, Wullewullund Axo.

Die drei Mausbiber stierten ihn fassungslos an.Sich in seinen fetten Hüften wiegend, schritt

Gecko an ihnen vorbei, ohne sie eines Blickes zuwürdigen. Er setzte sich neben Zbron.

„Du hast gehört, was mein Freund Perry unsgeraten hat. Ich denke, es war kein dummer Rat. Wirwerden ihn befolgen.“ Er sah auf die Bildschirme.Seitlich kamen fünf große Kreuzer der Bluesherangeschossen und näherten sich mit feuerndenKanonen. „Und zwar sofort - schnell!“

Mit unbeweglichem Gesicht griff Zbron in dieKontrollen.

Die fünf Blues blieben zurück, als die TRAMP insAll hinausschoß.

Ooch, Wullewull und Axo sahen sich stumm an,schüttelten besorgt ihre Kopfe, nickten Zbronmitfühlend zu und verschwanden.

Sie waren so erschüttert, daß sie vergaßen, die Türzu schließen.

5.

„Wir können auch nicht ewig hier in der Hohlesitzenbleiben.“ Bully sah sich suchend um, als warteer auf Unterstützung für seinen Plan. Er wartetevergeblich. „Glaubt ihr im Ernst, daß die TRAMPdurchkommt? Die letzten Meldungen sprachen vonetwa tausend Schiffen der Blues. Selbst ein bessererKommandant als dieser Gecko hatte da kaum eineChance.“

Rhodan sah auf.„Daß Gecko ein schlechter Kommandant sei, hast

nur du behauptet, sonst niemand.“„So war es nicht gemeint, aber er hat nun mal

keine Erfahrung. So einfach ist es nun auch wiedernicht, den Ortern von tausend Gegnern zuentkommen. Ich bin dafür, daß wir etwasunternehmen.“

„Aber es ist doch glatter Selbstmord, wenn wir unsverraten, Ein einziger Strahlschuß kann unserledigen. Nein, Bully, wir haben nur eine Chance:Wir müssen hier warten, bis Hilfe eintrifft - oder dieBlues uns finden.“

Bully resignierte. Vielleicht sah er aber auch ein,daß ihnen wirklich nichts anderes übrigblieb. AberUntätigkeit war für ihn schlimmer, als sich in einenaussichtslosen Kampf zu stürzen.

„Essen wir was“, schlug Kasom vor, schwieg aberverdutzt, als er nur vorwurfsvollen Blickenbegegnete. Atlan sprach aus, was alle dachten:

„Wenn wir Sie weiter an die Vorrate lassen,hungern wir ab morgen.“

„Ich hungere schon heute“, knurrte Kasombeleidigt. „Ein Mann mit meiner Statur...“

„Hören Sie schon auf damit“, rief Bully wütend.„Schlafen Sie lieber!“ „Warum soll ich schlafen? Ichbin nicht müde.“

„Wer schläft, fri ... sündigt nicht“, verbesserte sichBully schnell, als sein Blick zufallig auf dieRiesenfaust Kasoms fiel. Er kehrte zu Rhodanzurück. „Soll ich jetzt die beiden Mausbiber wecken?Sie haben bestimmt ausgeschlafen.“

Bokom und Hemi lagen zusammengerollt auf derhinteren Sitzbank und schnurrten leise vor sich hin.Bully betrachtete sie, dann schüttelte er den Kopf.

„Nein, ich kann es doch nicht“, sagte er und gingwieder vor zu den Kontrollen, wo Rhodan saß. „Ichkann sie nicht wecken. Warum eigentlich auch? Wirbrauchen sie jetzt nicht.“

„Es war dein Vorschlag“, erinnerte ihn Rhodansanft. „Aber gut, sollen sie schlafen. Notfallskommen wir auch ohne sie zurecht, wenn wirplötzlich einen Stellungswechsel vornehmenmußten.“

„Was macht die TRAMP?“ fragte Noir. „NochVerbindung?“

Rhodan schüttelte den Kopf.„Sie brach plötzlich ab. Hoffentlich hat Gecko es

geschafft.“Ehe jemand etwas sagen konnte, erschien dicht

über dem Rand der Hochebene ein Schiff, Es gehortezweifellos zu der Flotte der Blues besaß Walzenformund war nicht sehr groß. Fast sah es aus wie einRettungsboot, aber das Buggeschütz verwischtediesen Eindruck sofort wieder. Es mußte sich um einAufklärungsschiff der Blues handeln, das den

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Auftrag erhalten hatte, die Oberflache des Planetenabzusuchen.

Kein Zweifel, der Kommandant nahm seineAufgabe sehr ernst.

Das kleine Schiff sank tiefer, als das Geländeabfiel. Es näherte sich in einer Hohe von dreißig odervierzig Metern dem Versteck der Flüchtlinge. Zwarwar der Shift in die Hohle hineingefahren, aber da erzehn Meter lang war, blieb eine Ecke von außensichtbar. Man hatte versäumt, diesen sichtbaren Teilentsprechend zu tarnen. Die nächsten Baume standennur einige hundert Meter entfernt.

„Der Bugstrahler!“ rief Rhodan, als er die Gefahrbemerkte. „Los, Bully, du mußt raus und jedeBewegung des Schiffes verfolgen. Nimm denInterkom. Kasom, besetzen Sie den Strahler. Wenndas Schiff näherkommt, Feuer eröffnen. Aber erstdann, wenn sicher ist, daß man uns gesehen hat.Vielleicht müssen wir überraschend ausbrechen.“

Bully stand schon bei der Tür. Er drehte sich um.„Und wie soll ich dann schnell genug in den Shift

zurückgelangen?“„Wir sagen dir rechtzeitig Bescheid. Ab mit dir!“Bully verschwand. Sein Gesicht drückte Zweifel

aus.Inzwischen waren auch die beiden Mausbiber

erwacht. Bokom rutschte ohne ein Wort zu sagen inden Sitz neben Rhodan. Hemi blieb bei Mory Abro.Kasom hatte seinen Platz an den Kontrollen desBugstrahlers eingenommen. Es handelte sich um einkleines, aber sehr wirkungsvolles Geschütz, mit demman sehr gut einen schwachen Schutzschirmdurchdringen konnte.

Rhodan konnte das Schiff der Blues immer nochsehen.

Die Walze flog erstaunlich langsam. DerKommandant schien entweder viel Zeit zu haben,oder er wußte, daß die Gesuchten hier in der Gegendwaren. Ob er allerdings auch wußte, um wen es sichhandelte, war sehr fraglich. Wahrscheinlich warendie Blues nur auf Vermutungen angewiesen.

Bully postierte sich nahe beim Ausgang der Höhle.„Jetzt schwenken sie nach links, also östlich. Die

Entfernung vergrößert sich. Vielleicht bemerken sieuns nicht. Jetzt - au, verflucht!“

„Was ist, Bully?“ fragte Rhodan, der das fremdeSchiff nicht mehr sehen konnte, weil ihm einFelsvorsprung die Sicht versperrte.

„Sie landen! Das Schiff ist gelandet, keinezweihundert Meter von uns. was nun?“

„Weiter beobachten. Laß dich nicht blicken, hörstdu?“

„Glaubst du, meine Haut wäre mir nichts wert?“Kasom hockte hinter den Geschützkontrollen. Sein

Gesicht zeigte einen gespannten Ausdruck. Man sahihm an, daß er am liebsten schon jetzt auf den

Auslöser gedrückt hätte, obwohl kein Ziel zuerkennen war. Bokom rührte sich nicht. Er sah nurRhodan an, und es lag soviel Gläubigkeit undVertrauen in diesem Blick, daß Rhodan ihm zunickteund ihm über das rotbraune Kopffell streichelte.

Bully spähte vorsichtig um die Ecke desHöhleneingangs.

In dem Schiff hatte sich eine Luke geöffnet.Mehrere Gestalten wurden sichtbar. Es waren Blues.Sie trugen Waffen und schienen sehr aufgeregt zusein, aber sie warteten noch. Sekunden später wurdeklar, warum sie das taten.

Vier sechsbeinige Kreaturen drängten sich anihnen vorbei und sprangen auf den Boden. Bullyhatte solche Lebewesen noch nie zuvor gesehen, aberer vermutete sofort, daß es sich um Angehörige einesunterdrückten Volkes handelte, die von Blues fürbesondere Aufgaben eingesetzt wurden.

Die Wesen machten einen sehr schnellen undgefährlichen Eindruck. Sie trugen keine Waffen, undvielleicht konnte man sie als Tiere bezeichnen.Höchstwahrscheinlich erfüllten sie eine Aufgabe, diemit der irdischer Spürhunde zu vergleichen war.

„Eine Art Hunde“, murmelte Bully und berichtetekurz was er beobachtete. „Wenn uns niemand findenkann, die finden uns. Was nun? Sie haben sichverteilt. Einer kommt genau in unsere Richtung.“

„Wir können es kaum verhindern. Wenn wir aufihn schießen, verraten wir uns. Los, zurück in dieKabine, Bully. Wir werden ausbrechen.“

„Vielleicht ist es nicht nötig“, piepste Bokom.Rhodan sah ihn verwundert an.„Warum nicht?“„Ich werde das Tier zurückhalten. Telekinetisch.

Dann wissen die Blues nicht, was geschehen ist. Siekönnen die Richtung nicht bestimmen, aus der dieTelekinese wirkt, falls sie überhaupt wissen, was dasist...“

„Gut, Bokom. Versuche dein Glück. Kannst dugenügend sehen?“

Bully war inzwischen in die Kabine geklettert. DieTür hatte sich hinter ihm geschlossen. Kasom warteteimmer noch auf den Feuerbefehl.

Das sechsbeinige Tier war nun bis zumHöhleneingang gekommen und verharrte. Bokomvisierte es an und konzentrierte sich. Plötzlich wurdedas Tier von unsichtbaren Händen erfaßt und in dieHöhe gehoben. Verzweifelt und ergebnislosstrampelten die dünnen, schnellen Beine in der Luftumher; sie fanden keinen Halt mehr. Bokom ließseine Beute noch nicht los. Er beförderte sie einigehundert Meter weit, bis hinab zum gerade nochsichtbaren Wald. Dann setzte er das Tier behutsamab, um es nicht zu verletzen.

Die Blues hatten den unglaublichen Vorfallbeachtet, reagierten jedoch nicht. Wahrscheinlich

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waren sie viel zu sehr damit beschäftigt, einevernünftige Erklärung für das Geschaute zu finden.

Dann, nach zwei oder drei Minuten, kletterten sieauf den Boden herab und marschierten mitvorgehaltenen Waffen auf die Höhle zu.

„Sie lassen sich nicht erschrecken“, stellte Rhodanfest und schaltete den Motor des Shifts ein. „Wennsie nahe genug heran sind, brechen wir aus. VomSchiff aus können sie nicht schießen, ohne ihreeigenen Leute zu gefährden. Bis die zurück an Bordsind, müssen wir den Wald erreicht haben. Halteteuch fest, wenn's losgeht.“

„Soll ich dem Schiff einen Treffer beibringen - soim Vorbeiflug?“ fragte Kasom begierig.

„Es kann nichts schaden“, entgegnete Rhodan.Vieroder fünf Blues kamen bis auf zwanzig Meter

heran, ehe sie den Bug des Shifts sahen. Mit einemRuck blieben sie stehen, die Waffen im Anschlag.Dann begannen sie zu feuern.

Der Shift hatte nur einen schwachen Schutzschirm,den Rhodan gleichzeitig eingeschaltet hatte. Er fingtrotzdem die Energieballungen der leichtenHandwaffen leicht ab.

Einen gezielten Treffer, von einem größerenGeschütz abgefeuert, würde er allerdings nichtabsorbieren können.

„Fertig!“ sagte Rhodan. „Start in fünf Sekunden.“Alle waren auf den Schnellstart vorbereitet. Einige

hatten sich angeschnallt. Bokom krallte sich in diePolster seines Sitzes. Bully klammerte sich vonhinten an Kasom fest, in der berechtigten Hoffnung,daß den Riesen so schnell nichts aus seinerAusgangsstellung bringen konnte.

Dann betätigte Rhodan mehrere Hebel zugleich.Der Shift schoß wie ein Projektil aus seiner

Deckung hervor, raste an den völlig überraschtenBlues vorbei und stieg schnell in die Höhe. Aus dergünstigsten Position heraus feuerte Kasom auf dasSchiff und brachte einige entscheidende Treffer an.Dann zog Rhodan das Flug-Fahrzeug nach rechts,ging wieder tiefer und nahm Kurs auf dieundurchdringlichen Waldgebiete des Südens. Hinterihnen versanken Hochfläche, Felsen, Höhle undBlues im Schein plötzlich aufblitzen derStrahlschüsse, die jedoch ihr Ziel nicht mehrerreichten.

Mit verkniffenem Gesicht saß Rhodan hinter denKontrollen.

Er wußte genau, was sie riskierten. Ein einzigerFunkspruch der Blues würde ihnen jetzt die Meuteauf den Hals hetzen. Aber es war unmöglichgewesen, das fremde Schiff so schnell zu vernichten,daß es keinen Notruf mehr hätte ausstrahlen können.Da war es schon besser, schnell zu verschwinden undein besseres Versteck zu suchen.

Der Wald kam näher. Davor schimmerten erst

Wasserflächen. Der felsige Boden verschwand undmachte schwerer, hitzefeuchter Erde Platz.

Noch einmal wechselte Rhodan die Flugrichtungum die Blues auf eine verkehrte Spur zu lenken. DerShift raste nun genau nach Westen. Unter ihm warnur noch der Wald, ein Wipfel neben dem anderen,und nur manchmal eine Lücke, die den Blick bis zumErdboden freigab.

Kasom hatte inzwischen die Ortergeräteeingeschaltet, um Rhodan eine Arbeit abzunehmen.In so geringer Höhe war der Empfang natürlich nurschlecht und mangelhaft. Die Suchstrahlen arbeitetennur auf direkte Sicht, die im Weltraum praktischunbegrenzt war, hier aber auf geringe Entfernungenbeschränkt wurde.

Auf einem der Schirme waren fünf Schiffe zusehen, die sich rasend schnell näherten.

Kasom ließ die Orter im Stich und setzte sichwieder vor das Geschütz. Rhodan sagte:

„Achtung, wir gehen tiefer. Ich setze dieGeschwindigkeit herab, aber ich kann abrupteKursänderungen nicht vermeiden. Wir werden einwenig durcheinandergeschüttelt werden, abervielleicht gelingt es mir so. die Verfolgerabzuschütteln. Kasom, Sie feuern nur dann, wenn iches Ihnen sage verstanden?“

„Geht klar, Chef.“Es war ein Manöver, das an Verrücktheit grenzte.

In Höhe der Wipfel war der Wald undurchdringlich,aber dort, wo man eigentlich das Unterholz vermutethätte, gab es genug Platz für den Shift. DasKunststück war nur, eine entsprechende Lichtung zufinden, die eine Lücke in das grüne Dach riß.

Rhodan fand sie, als die Blues nur noch wenigeKilometer entfernt waren.

Er ließ den Shift absacken und fing ihn erst wenigeMeter über dem Waldboden wieder ab. Miteingeschaltetem Flugantrieb glitt das Fahrzeug dannwenige Zentimeter über dem Boden, so daß es keineSpuren hinterließ, zwischen den dicken Stämmenvorbei immer tiefer in den Wald hinein.

Die Blues kamen herbei, aber sie entdeckten nichtsals ein Meer grüner Blätter mit gelegentlichen Inseln.Von dem verfolgten Fahrzeug war keine Spur zuentdecken. Die fünf Schiffe kreisten eine, Weileunschlüssig über der Stelle, an der Rhodanverschwunden war, dann eröffneten sie ein wütendesFeuer auf den Wald.

Zehn Minuten später verschwanden sie genausoschnell, wie sie gekommen waren.

Hundert Meter tiefer aber ließ Rhodan den Shiftam Rande eines kleinen und schmalen Baches aufden Boden absinken und schaltete den Motor ab. Erreckte sich.

„Hier sind wir sicher. Nach oben sind wir gegenjede Sicht getarnt, und wenn die Blues uns finden

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wollen, müssen sie entweder den ganzen Wald zuFuß abkämmen, oder ihn abbrennen. Das ist abernicht so einfach, weil das Holz frisch und feucht ist.Außerdem müßten sie dann mehr als die Hälfte derGesamtoberfläche zerstören. Hoffentlich lassen sieihre Wut nicht an den harmlosen Eingeborenen aus.“

„Bleiben wir hier?“ fragte Kasom und zwängtesich aus dem für ihn viel zu engen Sitz.

„Vorläufig schon. Wir warten, bis sich dieTRAMP oder ein anderes von unseren Schiffenmeldet.“

„Gut, dann werde ich zuerst etwas essen und danndraußen im Bach ein erfrischendes Bad nehmen...“

„Baden dürfen Sie, soviel Sie wollen, Kasom.Aber gegessen wird nur dann, wenn ich es anordne.Auch müssen wir ab sofort Rationen einteilen. Sonstmüssen wir in zwei oder drei Tagen von Baumrindeleben.“

„Dann würde Kasom endlich einmal satt“, stichelteBully schadenfroh.

Rhodan grinste ihn an.„Du auch. Und wer weiß - vielleicht schmeckt das

Zeug sogar. Jedenfalls ist es organische Materie.“„Ich weiß nicht“, flüsterte Rhodan, um die Tiere

nicht zu stören, „ob ihr Fleisch unserem stetshungrigen Freund Kasom behagen wird.“

„Wenn er wirklichen Hunger hat, wird er esessen“, gab Bokom amüsiert zurück. „Er kann sich jaselbst einen Saurier schießen, wenn er die Lust dazuverspürt. Ich für meinen Teil ziehe die jungenSprößlinge der Waldbaume vor. Ich werde welche fürHermi mitnehmen.“

Ohne sich weiter um die Saurier zu kummern,begann Bokom Baumpflänzchen zu pflücken undeinzusammeln. Rhodan ließ ihn gewahren,beobachtete aber unentwegt die seltsamenGeschöpfe, die sich in dem flachen, schmutzigenWasser tummelten. Sie waren vierbeinig und hatteneinen langen, gelenkigen Hals, an dessen Ende einkleiner, schmaler Kopf saß. Die Korper waren kurzund plump, der Schwanz lang und platt. Meist warder Kopf unter Wasser und suchte nach Nahrung.Rhodan stellte fest, daß sie sehr lange die Luftanhalten konnten.

Da sie ungefährlich waren, brachte er es nicht überdas Herz, eins der Tiere zu toten. Das sollte Kasomselbst erledigen. Bokom hatte recht.

Plötzlich horte Rhodan ein Geräusch.Es stammte nicht von den Tieren, sondern kam

von oben. Er sah auf und erspähte den flachenSchatten, der dicht über die Baume dahinstrich undüber dem See voll sichtbar wurde. Mit einem Satzsprang Rhodan unter das Blatterdach und riß Bokommit sich. Nebeneinander legten sie sich auf densumpfigen Boden.

„Ein Schiff“, sagte Rhodan und verfolgte den

Schatten, bis er hinter den Baumwipfeln am anderenUfer verschwand. „Sie vermuten uns also nochimmer in dieser Gegend, aber sie wissen nichts. Ichdenke, vorerst können wir uns sicher fühlen. Wennsie wirklich auf die Idee kommen, eine genauereSuche einzuleiten, wird uns schon etwas einfallen.“

Bokom stand langsam auf und betrachtete dieSaurier.

„Ich wußte schon etwas.“Rhodan stellte keine Fragen.Wenn die Zeit reif war, wurde Bokom schon

weitersprechen.Schweigend wanderten die beiden ungleichen

Partner zum Shift zurück, wo sie schon sehnsuchtigerwartet wurden.

Kasoms Gesicht war zum Malen, als er sah, wieBokom und Hemi sich am Rand des Bachesniederließen und mit Genuß die zarten, jungenBaumschößlinge verzehrten. als handele es sich umbesten Spargel oder die von den Mausbibern sogeliebten Mohrruben.

„Die haben es gut!“ war alles, was er schließlichsagen konnte.

*

Gecko und die anderen Mausbiber hatten esweniger gut.

Nach der Vernichtung der fünf Bluesschiffe griffendie Tellerkopfe rücksichtslos an. Es schien ihnenplötzlich egal zu sein, ob sie durch die Vernichtungdes gegnerischen Schiffes einen wertvollen Vorteileinbüßten oder nicht. Sie hatten die Gefährlichkeitdes Kugelraumers erkannt, also mußte die Gefahrbeseitigt werden.

Zbron und Brcl hatten alle Hände und Rüssel vollzu tun.

Die TRAMP raste dicht über die Oberflache vonRoost dahin, verfolgt von acht oder neun leichtenKreuzern der Blues. Gebirge, sumpfige Urwalder,Ebenen und Städte glitten unter ihr hinweg, wedervon der Besatzung der TRAMP noch von denVerfolgten beachtet. Immer wieder schossen grelleEnergiebündel vorbei oder wurden von denSchutzschirmen absorbiert und unschädlich gemacht.Solange kein konzentriertes Zielfeuer erfolgte, warnichts zu befürchten.

Wieder war es Gecko, der die Abwehr mit derTransformkanone vornahm.

In grimmiger Wut hockte er hinter den Kontrollenund leitete seine Daten in die Waffenzentrale. Als dererste Verfolger in eine atomar glühende Gaswolkeverwandelt wurde, entrang sich der Brust Geckos einschrilles Pfeifen. Nie in seinem Leben hätte er darangedacht, andere Intelligenzen zu vernichten, aber dashier war etwas anderes. Sie hatten den Blues nichts

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getan. Sie waren friedlich hierhergekommen, umRhodan und seine Begleiter zu retten. Die Blueshinderten sie daran und griffen sie an. Es war nun ihrgutes Recht, mit allen vorhandenen Mittelnzurückzuschlagen.

Als nur noch fünf Blues hinter der TRAMPherflogen, rief Gecko:

„Kurs Weltraum, Zbron! Wir bringen uns inSicherheit und holen Hilfe. Rhodan hat es so gewolltund befohlen. Wir werden mit einer Flottezurückkehren und den Blues die Hölle heißmachen.“„Flucht?“ Zbron wiegte den Rüssel hin und her. „Ichwar ja früher auch dafür, aber müssen wir wirklichfliehen? Genügt es nicht, weitere Funksprüche zusenden und abzuwarten? Wir können das Systemverlassen, sollten uns aber nicht mehr als einLichtjahr davon entfernen.“

„Das werden wir noch sehen, Zbron. Erst einmalweg von hier. Wenn die beiden Bluesflotten hiereintreffen, nützt uns die ganze Transformkanonenichts mehr.“

Zbron sah plötzlich auf.„Jetzt weiß ich auch, was die Blues von uns

wollten - die Kanone! Sie wollen sie haben, um sienachbauen zu können. Wahrscheinlich wissen sienichts von der Geheimschaltung, welche die Kanonein dem Augenblick vernichtet, in dem die TRAMPabgeschossen oder zur Landung gezwungen wird. Ichhabe sie längst aktiviert.“

„Die kriegen weder uns, Rhodan, noch dieKanone“, rief Gecko und fuchtelte mit beiden Armenin der Luft umher. „Und jetzt - ab durch die Mitte,Zbron! Sonst drücken sie uns noch in die Sumpfseenda unten.“

Zbron gab keine Antwort.Er war übermüdet und völlig ausgepumpt. Schon

längst hätte er sich ablösen lassen sollen, aber Brclhatte genauso lange gewacht und gearbeitet wie er.Es gab keinen dritten Piloten, obwohl fast jederUnither den Pilotenschein besaß. Aber keineErfahrung. Und bei diesem Geschäft hier warErfahrung Gold wert.

Die Blues begriffen sofort die Absicht derTRAMP. Sie zogen steil nach und blieben ihr dichtauf den Fersen. Aus den fünf Schiffen wurdenplötzlich zehn, dann zwei Dutzend. Die beidenFlotten waren eingetroffen. Über der Atmosphäretobte die Schlacht weiter, aber immer mehrversprengte oder beschädigte Schiffe nahmen aufRoost die Suche nach den Überlebenden dergeheimnisvollen Pyramidenstation und der TRAMPauf.

„Sie funken uns an“, sagte Stozi, der bisher keineSekunde von den stets eingeschalteten Gerätengewichen war. „In Interkosmo. Soll ich reagieren?“

Gecko war sofort auf den Beinen. Er rannte, so

schnell er konnte, in die Funkkabine neben derZentrale.

„Was wollen sie von uns?“Stozi reichte ihm einen Zettel. Gecko las:„Kommandant der Blues an Kommandant des

Terra-Schiffs! Sofort landen! Wir wünschenKontaktaufnahme und Verständigung.“

Gecko warf den Zettel auf den Tisch.„Was denken die sich eigentlich? Verständigung!

Möchte wissen, was es da zu verständigen gibt.Sollen wir antworten?“

„Du kannst auch direkt mit denv Blues sprechen. Ich habe eine Sichtverbindung.“Der Bildschirm glühte auf. Einer der Tellerköpfe

wurde sichtbar. Die beiden vorderen Augen sahenGecko an. Einen bestimmten Ausdruck zeigten sienicht, aber das war bei einem Blues nichtverwunderlich. Er hatte keinen Mund, sondern sprachaus einer Öffnung am Kehlkopf. Die Worte klangenhart und guttural, aber sie waren gut zu verstehen.

„Ich will den Kommandanten sprechen.“Gecko stemmte die Arme in die Hüften.„Ich bin der Kommandant! Also los, was ist?“Der andere machte eine ungeduldige Bewegung.„Ich will mit einem Terraner sprechen, nicht mit

dem Angehörigen einer untergeordneten Rasse.“Gecko wäre fast geplatzt. Nur mit Mühe

beherrschte er sich. Er tat es nur deshalb, weil nebenauf den Bildschirmen der Zentrale mindestensfünfzig Schiffe der Blues zu sehen waren, die sichimmer näher an die TRAMP heranschoben. Wenn diedas Feuer eröffneten...

„Ich bin Großadmiral Gecko, Oberbefehlshaberder Rasse der Ilts. Ein Terraner ist nicht an Bord.“

„Wir wissen, daß Terraner an Bord sind“, gab derBlues zurück. „Unsere Suchkommandos haben dieFlüchtlinge auf dem zweiten Planeten dieses Systemgefunden, also habt ihr sie aufgenommen.“

Gecko stellte sich dumm.„Welche Flüchtlinge? Ich weiß nicht, wovon ihr

sprecht.“Der andere wechselte die Taktik.„So, sie sind also nicht an Bord deines Schiffes.

Gut, dann werden wir die Suchaktion auf demPlaneten intensiver fortsetzen.“

Gecko sah ein, daß er einen Fehler gemacht hatte.Er wollte ja gerade verhindern, daß man dort untenzu genau nachsah. Vielleicht war es ganz gut, wennman Rhodan und die anderen an Bord der TRAMPvermutete. Zwar würde er sich damit die Meute aufden Hals ziehen, aber Rhodan würde entlastetwerden. Er machte eine verlegene Geste und sagte :

„Also gut, wenn ihr es schon so genau wißt waswollt ihr?“

„Mit euch und den Terranern sprechen. Wir wollenwissen, was sie mit der Station der drei Pyramiden zu

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tun hatten, die wir zerstörten.“Gecko wußte noch viel weniger über diese Station.

Er wußte überhaupt nicht, daß es eine solche Stationgab.

„Warum habt ihr denn die Station zerstört, wennihr wissen wollt, was sie bedeutet?“

„Unsere Sache. Was ist nun? Wollt ihr freiwilliglanden, oder müssen wir euch dazu zwingen?“

Gecko ahnte, daß die Unterhaltung nicht mehrlänger hinauszuziehen war. Er mußte sichentscheiden. Die Blues wußten nicht genau, obRhodan und die anderen auf der TRAMP waren, odernoch auf Roost. Das war ein Vorteil, den esauszunutzen galt.

„Zwingen? Dann versucht es doch!“Er nickte Stozi zu und rannte in die Zentrale

zurück. Das am nächsten stehende Schiff der Bluesmußte jenes sein, das Verbindung aufgenommenhatte. Schnell waren die Daten errechnet und an dieWaffenzentrale weitergeleitet. Gecko drehte sich um,die Pfote auf dem Feuerknopf.

„Stozi, sage dem Tellerkopf, er solle mit seinerFlotte verschwinden. Und zwar innerhalb von zehnSekunden.“

Stozi gab die Botschaft weiter.Gecko ließ das Schiff nicht aus den Augen. Als der

erste Energieschuß aufblitzte und von denSchutzschirmen absorbiert wurde, drückte er denKnopf ein. Gleichzeitig trat Zbron in Aktion und ließdie TRAMP mit Höchstwerten beschleunigen. Diefünfzig Schiffe der Blues, und in

ihrer Mitte eine aufflammende Miniatursonne,blieben zurück.

„Die sind wir los!“ freute sich Gecko. „Ich mochtenur wissen, wieso die eine Ahnung davon haben, daßRhodan auf Roost ist. Wer hat ihnen das nur gesagt?“

Zbron zuckte mit dem Rüssel.„Eine einzige unvorsichtige Funkmeldung ...

vielleicht.“„Aber nicht von uns!“ Gecko sah auf die

Bildschirme. „Sie folgen uns. Jetzt zeigen wir ihnen,was die TRAMP leistet. Zurück nach Roost!“

„Bist du wahnsinnig geworden?“Gecko schlug beide Fauste auf den Kontrolltisch.„Ich befehle, du hast zu gehorchen. Verstanden?

Hier bin ich der Boß!“Zbron stöhnte und tat, was Gecko ihm befahl.Der Planet wurde wieder großer, als die TRAMP

in weitem Bogen herumschwang und sich erneutSimban 11 näherte.

Sie flog genau in die vorbereitete Falle hinein.

6.

Das Gesprach zwischen Gecko und den Blues warrein zufallig im Shift mitangehört worden. Bully

hatte den Funkempfanger eingeschaltet und versucht,eine Nachricht von der TRAMP aufzufangen. Davernahm er plötzlich Laute in Interkosmo, dieVerständigungssprache des Imperiums.

Atemlos lauschten sie der Unterhaltung, bis siedann abrupt abgebrochen wurde. Spatere Funksignaleder Blues horten kurz danach ebenso plötzlich auf.

Rhodan schüttelte den Kopf.„Ich furchte, ich habe diesem Gecko unrecht getan.

Er ist ein tapferer und tollkühner Bursche. Freutmich, ihn kennenzulernen.“

„Er ist verruckt“, sagte Bully. „Es ist dochWahnsinn, sich auf ein Gefecht mit so überlegenenKräften einzulassen.“

„Warte es ab. Die Blues funken nicht mehr. Aberhörst du? Die TRAMP funkt weiter. Den geheimenNotruf, wenn ich mich nicht tausche. Es mußte mitdem Teufel zugehen, wenn ihn nicht endlich einsunserer Schiffe aufschnappt.“

„Hoffentlich entkommt die TRAMP.“„Das hoffe ich auch.“Sie ahnten beide nicht, daß Gecko, statt die letzte

Chance zur Flucht zu ergreifen, in die Hollezurückkehrte. Was ihn dazu veranlaßte, konnteGecko spater selbst nicht mehr genau sagen. Erbehauptete immer wieder, ihn habe die Wutüberwältigt. Er gab zu, daß keine klare Überlegungim Spiel gewesen sei. Aber er gab niemals zu, etwaAngst empfunden zu haben, als er sich plötzlich einerStreitmacht von fünfhundert Schiffen gegenübersah.

Doch davon wußten Rhodan und seine Freundenoch nichts. Sie fühlten sich relativ sicher in ihremUrwaldversteck und hofften, daß niemand sie hierentdeckte. Die Empfangsstation blieb standig besetzt.Kasom war in Begleitung Noirs zu dem nahen Seegegangen und hatte einen der kleinen Sauriergeschossen. Gebraten schmeckte das Fleischausgezeichnet, wenn es auch zäh war.

Kurz nach Mittag gingen Rhodan und Bully inBegleitung der beiden Mausbiber baden. Mory Abroschloß sich ihnen an. Sie überließen ihr ein eigenesFelsbecken, das von Baumschößlingen so eingerahmtwurde, daß sie sich unbeobachtet fühlen durfte.Fünfzig Meter unterhalb fanden Rhodan und Bullyein etwas größeres mit herrlich klarem Wasser, fastzwei Meter tief und nur schwach fließend. Sieentledigten sich der schmutzigen und zerrissenenKleidung und stürzten sich in die kühlen Fluten. Diebeiden Mausbiber sahen eine Weile zu, dann hopstenauch sie kurz entschlossen ins Wasser.

Bully hatte noch nie einen Mausbiber schwimmensehen, wenn man von Guckys vergeblichenTauchversuchen im Goshun-Salzsee absah. Hier wardas Wasser nicht salzig und trug schlecht. Außerdemherrschten erdgewohnte Gravitationsverhältnisse.Anders als auf dem Mars, wo das Schwimmen ein

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Auf-dem-Wasser-Liegen war.Bokom und Hemi gingen sofort unter, als wären

sie aus Stein.Wenn Bully gehofft hatte, endlich einmal einen

Mausbiber zu erleben, der seine Fassung verlor, sosah er sich bitter enttäuscht. Lediglich Hemikrabbelte schnell zum flachen Rand und erschienwieder an der Oberfläche, um hastig nach Luft zuschnappen.

Anders Bokom. Er begriff schon in der erstenSekunde, daß er einige Faktoren der hierherrschenden Naturgesetze nicht beachtet hatte. Daskonnte ihn kaum erschüttern. Er hielt die Luft an undwartete, bis er Boden unter den Füßen spürte. DerTümpel war nicht groß. In aller Ruhe spazierte ereinigemal durch das Becken auf und ab, schien denfelsigen Boden zu betrachten und schüttelte dannenttäuscht den Kopf. Endlich ging er auf das Ufer zuund steckte den Kopf unter Wasser.

„Schön kühl da unten“, teilte er Bully mit. „Undfeucht.“

Sie lachten. Rhodan war froh darüber. Er spürte,daß die Spannung, die seit Monaten auf ihnen lastete,allmählich nachließ. Die Rettung war in greifbareNähe gerückt, wenn auch noch längst nichtvollzogen. Sie waren nicht mehr allein. Man wußte,wo sie sich befanden. Rhodan gestand sich ein, daßes nur schwache Hoffnungsfunken waren, mit denensie sich zu trösten versuchten, aber wenigstensschwebten sie nicht mehr in unmittelbarerLebensgefahr. Natürlich konnte sich das von einerSekunde zur anderen ändern.

Niemand ahnte, wie weit diese Sekunde entferntwar.

Oder wie nah..Rhodans Sachen lagen am Ufer. Das winzige

Funkgerät summte.Mit einem Satz war Rhodan aus dem Wasser.„Ja, was ist, Noir?“„Kasom hat damals bei der Aktion gegen die Blues

einige Brocken ihrer Sprache aufgeschnappt, Sir. Wirhaben ein bißchen gelauscht. Sie planen einegroßangelegte Suchaktion. Mehr als dreihundertSchiffe sind bereits bei der zerstörten Station auf demPlateau gelandet. Die Expeditionen dringen insüdlicher Richtung vor. Nicht mehr lange, und wirsind hier auch nicht mehr sicher.“

„Wir kommen sofort zurück, Andre. Gehen Sienicht vom Empfänger.“

„Bringen Sie alles mit und lassen Sie nichts liegen.Ich habe das Gefühl, daß wir vielleicht ganz schnellaufbrechen müssen.“

„Das könnte stimmen - aber Bokom hat eine Idee.“Die beiden Mausbiber waren längst von der heißen

Luft getrocknet worden. Als Bokom seinen Namenhörte, nickte er, ohne etwas zu sagen. Rhodan und

Bully zogen sich an und riefen Mory Abro zu, siesolle ihr Bad abbrechen. Zehn Minuten später kamensie bei dem Shift an.

Kasom hatte den Saurier in handliche Stückezerlegt und brachte sie im Gefrierschrank unter. Wasimmer auch geschehen würde, er hatte keine Lust,noch einmal auf die Fingerhutportionen angewiesenzu sein, die von den anderen als Konservenbezeichnet wurden. „Was Neues, Andre?“ „Nichtviel. Alles kann Kasom auch nicht verstehen, und siesenden oft in Kode. Es steht jedenfalls fest, daß dieBlues landen. In der Nähe der Sonne Simban tobteine gewaltige Schlacht zwischen den feindlichenGruppen. Eine andere Abteilung, wahrscheinlichbesteht sie aus Schiffen beider Parteien, jagt dieTRAMP. Wenn die Peilvorrichtung nicht trügt, sinddie Landexpeditionen bereits unterwegs, und zwarstoßen sie in unsere Richtung vor. Ob das Zufall ist,kann ich nicht sagen. Ich wüßte nicht, wie sie unsaufgespürt haben sollten.“

„Ich auch nicht.“ Rhodan dachte nach. Aus demLautsprecher des Funkempfängers kamenununterbrochen fremdartige Signale undSprachfetzen. Es war fast unmöglich, sie zuunterscheiden. „Es wird besser sein, wir bereitenalles zum sofortigen Verlassen des Verstecks vor.Kasom soll dolmetschen. Wir müssen auf demlaufenden bleiben. Bokom und Hemi sollen aufGedankenimpulse achten.“ Er wandte sich plötzlichan Bokom. „Du hattest doch vor, mir einen Rat zugeben. Wäre es jetzt nicht an der Zeit?“

„Du weißt es noch nicht?“Rhodan nickte lächelnd.„Doch. Wenn ich auch nur ein sehr schwacher

Telepath bin, so gelang es mir doch, deine Absicht zuerraten. Nicht dumm, die Idee.“ Er wandte sich an dieanderen. „Bokom hält es für ratsam, wenn wir unsmit dem Shift auf den Grund des Sumpfsees legenund dort die weitere Entwicklung abwarten. Ichglaube, dort wird man uns kaum vermuten.“

„Und die Saurier?“ Kasom starrte Rhodanerschrocken an. „Eine feine Gesellschaft, das mußich schon sagen, Was ist, wenn die uns auffressen?“

„Die haben nicht ein so großes Maul wie eingewisser USO-Spezialist“, eröffnete ihm Bully.

Kasom drohte mit der Faust und schob das letzteStück Fleisch in das Gefrierfach. Rhodan nahm hinterden Kontrollen Platz. Neben ihm hantierte Noir anden Funkgeräten.

„Der Shift hat ein ausfahrbares Persikop“,murmelte er. „Damit können wir auch unter Wasserbeobachten, was an der Oberfläche vor sich geht.“

„Dort ist es“, sagte Bokom ruhig und zeigte auf einRädchen. „Man kann es bis zu zehn Meterausfahren.“

Noir nickte ihm dankbar zu.

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Die Funknachrichten wurden immer interessanter.„Sie müssen ahnen, daß wir hier sind“, sagte

Kasom, der hinter Noir stand und zuhörte. Erverstand nicht alles, aber die Bruchstücke genügtenfür ein ungefähres Bild. „Die Blues bekämpfen sichweiter, aber sie haben ein Abkommen getroffen.Während die Hälften der beiden Flotten den Kriegfortführen, ist der Rest damit beschäftigt, dieTRAMP zu verfolgen und uns zu suchen. Sie wissenalso nicht genau, ob wir schon aufgenommen wurdenoder nicht. Das teilt die Suchkräfte abermals auf.Dieser Gecko hat sehr geschickt gehandelt. Immerhinsind es noch dreihundert Schiffe, die Jagd auf unsmachen. Ein größerer Trupp ist auf dem Weg hierher.Sie haben Panzerfahrzeuge. Entfernung - etwa dreiKilometer, würde ich sagen.“

Rhodan ließ den Motor an.„Alles fertig?“ Er wartete keine Antwort ab „Ich

denke, wir verschwinden. Selbst wenn sie hierSpuren finden, wissen sie nicht, wo wir gebliebensind. Wir werden von jetzt an den Boden nicht mehrberühren.“

Der Shift hob sich ab. Schwerelos und in einerHöhe von wenigen Zentimetern glitt er über demBach stromabwärts, dem Sumpfsee entgegen. DasBlätterdach lichtete sich kaum, denn die Bäumestanden bis zum Rand des Baches. Der Shift suchtesich seinen Weg durch einen natürlichen Tunnel.

Einmal versperrte ein gestürzter Baum dieFlugbahn. Bokom und Hemi räumten ihntelekinetisch beiseite. Es war ein unheimlicherAnblick, als der Baum sich plötzlich zu bewegenbegann, schwankend emporstieg, zur Seite schwebteund dann abstürzte. Der Weg war frei, und der Shiftsetzte den Flug fort.

Dann kam der See in Sicht.Immer noch tummelten sich die Saurier an der

Oberflache, ohne von dem Shift Notiz zu nehmen.Sie schienen keine Furcht zu haben.

Rhodansteuerte um sie herum, bis er die Mitte desSees erreichte.

Das Wasser war grünlich und schlammig. Mankonnte keine drei Zentimeter tief sehen. Bestimmtwar es nicht tief. Hoffentlich, dachte Rhodan, ist esüberhaupt tief genug.

Langsam versank der Shift, als Rhodan dieKraftfelder abschwächte. Die naturliche Gravitationvon Roost zog das Fahrzeug nach unten. In derKabine begann die Lufterneuerung zu arbeiten, alssich die Fluten über dem Klarsichtdach schlossen.Sofort wurde es dunkel. Die Notbeleuchtung flammteauf und verbreitete ein dämmeriges Licht..

Der Shift sank acht Meter, dann setzte er auf demGrund auf.

Als die Motoren verstummten, war es unheimlichstill.

Rhodan gab Noir einen Wink. Der Hypno fuhr dasPeriskop aus. Nach fünf Metern erreichte es dieOberflache. Auf einem kleinen Panoramaschirm wardie gesamte Umgebung zu erkennen - die sumpfigenUfer, der Wald, darüber der blaue Himmel und imWasser die Saurier. Von den Blues war nichts zusehen.

Bully sah gegen die Decke. Er bemerkte, daß deraufgewühlte Schlamm sich zu setzen begann und sichauf dem Kabinendach ablagerte. Seitlich war dieSicht etwas besser. Man konnte einige Meter weitsehen. Wahrscheinlich fehlte hier unten die Sicht dergrünen Wasserpflanzen. Das Tageslicht allerdingsblieb immer noch stark abgeschwächt.

„Die Saurier!“ stieß Bully hervor und deutete indas grüne Dämmerlicht hinein. „Sie tauchen, dieBiester!“

Vier oder fünf der urweltlichen Tiere kamen zumGrund des Sees hinab, um sich die vermeintlicheBeute anzusehen. Sie näherten sich mit seltsamschwankenden Bewegungen und umkreisten denShift in immer geringerem Abstand. Endlich hattensie sich davon überzeugt, daß der merkwürdigeGegenstand, der sich da so unverhofft zu ihnengesellt hatte, weder eine Gefahr bedeutete nochgefressen werden konnte. Beruhigt entfernten sie sichwieder und tauchten auf.

„Denen mochte ich nicht in der Badehosebegegnen“, murmelte Bully und lehnte sich auf dieBank zurück. „Aber so habe ich keine Angst vorihnen. Nun, hier ist es nicht ganz so schon wie obenam Bach, aber wenigstens werden wir jetzt Zeit zumAusschlafen haben. Hat jemand Einwände?“

Niemand hatte etwas dagegen.„Einer hat standig am Periskop zu bleiben“,

ordnete Rhodan an. „Ich übernehme die erste Wache.Kasom lost mich in drei Stunden ab. Ruht euch aus.Wenn wir erneut fliehen müssen, haben wir keineZeit mehr zum Schlafen.“

Es wurde wieder still in der Kabine.Ganz allein saß Rhodan im Kontrollsitz und sah

unentwegt auf den Panoramaschirm. Bald kannte erjeden Zentimeter des Seeufers auswendig. Diegeringste Veränderung wäre ihm sofort aufgefallen.Die Spitze des Periskops ragte höchstens einenZentimeter aus dem Wasser. Niemand wurde sieentdecken. Trotzdem mußte Rhodan sie mehrmalseinziehen, wenn die Saurier in die Nahe kamen.

Dann, plötzlich, tauchten die ersten Blues am Uferauf.

*

Es fiel weder Zbron noch Gecko auf, daß keineBlues ihren Weg nach Roost zurück versperrten. DerWeg war völlig frei, lediglich hinter der TRAMP

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sammelten sich Dutzende verschiedener Schiffe undbildeten das Geleit. Bald waren es soviel Schiffe, daßauf den Orterschirmen keine Sterne mehr zuerkennen waren. Die Blues riegelten den PlanetenRoost vom Weltraum ab.

Und die TRAMP steckte in der Falle.Als Zbron und Gecko es bemerkten, war es schon

zu spat.„Deshalb also haben sie uns durchgelassen!“

Zbron lenkte die TRAMP in eine Kreisbahn. „Siewollen immer noch, daß wir landen und sie unsunbeschädigt in ihre Hände bekommen. Das darf niegeschehen. Wenn sie Rhodan und die anderen nichtim Shift vorfinden, werden sie die Suche auf demPlaneten noch intensiver gestalten. Also, Gecko, wasmeinst du?“

Der Mausbiber sah sich vor eine schwereEntscheidung gestellt.

„Kapitulation ...? Das glaubst du doch nicht imErnst, daß ich auch nur einen Gedanken an einesolche Möglichkeit verschwendet habe. Wir werdendurchbrechen.“

„Es sind an die fünfhundert Schiffe, die Jagd aufuns machen.“

„Und wenn es fünftausend sind! Die Lücke wirdimmer gleich groß sein, Zbron. Wir schießen sie unsmit der Transformkanone. Allmahlich bekomme ichÜbung mit dem Ding. Aber bevor wir etwasunternehmen, mochte ich noch einmal mit Rhodansprechen.“

„Von mir aus. Aber nicht lange. Du gefährdest denShift und seine Besatzung, wenn man ihn anpeilt.“

Gecko watschelte in die Funkkabine, wahrendZbron versuchte, die TRAMP nicht naher an Roostheranmanövrieren zu müssen, ohne Verdacht zuerregen. In einer Hohe von zehn Kilometern strichensie über die Oberfläche dahin und näherten sich demHochplateau.

Gecko funkte indessen den Shift an.„Hallo, Bokom! Bitte melden! TRAMP wohlauf.“Nach einigen vergeblichen Versuchen kam die

Antwort.„Hallo, hier Shift. Alles wohl an Bord. Was ist?“In kurzen Worten berichtete Gecko und betonte,

daß er nun wirklich keine andere Möglichkeit mehrsehe, als so schnell wie möglich zu verschwinden.

„Das hattest du schon vor Stunden tun sollen“, gabRhodan zurück. „Du gefährdest uns alle, wenn dunoch langer wartest. Wenn die TRAMP keineGelegenheit erhalt, Funkverbindung mit SchiffenTerras aufzunehmen, sind wir verloren. Ich empfehlealso die sofortige Flucht der TRAMP! Verstanden?“

„Verstanden“, gab Gecko zurück. „Und wirwerden bald wiederkommen, mit Verstärkung, unddie Blues werden sich wundern. Wo steckt ihrübrigens?“

„In Sicherheit, mehr kann ich nicht sagen. Es istmöglich, daß wir unser Versteck bald wechselnmüssen, aber das hat nichts zu sagen. Bringt euchnun in Sicherheit. Viel Glück.“

Gecko kehrte zu Zbron zurück.„Wir sollen abhauen“, sagte er.„Das hat Rhodan schon vor einem halben Tag

gesagt, aber du wolltest ja nicht. Mochte wissen,warum du unbedingt den Helden spielen mußt, wo esdoch gar keinen Sinn hat. In unserem Fall ist Fluchtder bessere Teil der Tapferkeit.“

„Ich spiele nicht den Helden“, protestierte Gecko,„ich bin einer!“

Zbron seufzte, orientierte sich mit einem kurzenBlick auf die Bildschirme und antwortete:

„Wir stoßen genau in Richtung der Sonne vor. Duräumst alles aus dem Weg, was sich unsentgegenstellt. Sie haben uns in eine Falle gelockt,das steht fest. Aber wenn du die Transformkanonerichtig einsetzt und die WaffenzentraleFeuererlaubnis für alle anderen Geschütze erhält,sollten wir es eigentlich schaffen.“

Die Schiffe der Blues formten sich zu einergewaltigen Halbkugel, die sich mit derGeschwindigkeit der TRAMP voranbewegte unddabei ständig enger zusammenzog. Das Flaggschiffstand ein wenig tiefer. Es gab die Kommandos.Zbron erkannte das, als Stozi entsprechendeMeldungen auffing. Sie waren nicht zu entziffern,aber die Art der Funkübermittlung verriet eindeutig,wer die Befehle gab.

„Den müßten wir ausschalten“, sagte er zu Gecko.„Nimm ihn zuerst aufs Korn.“

In Gecko reifte ein waghalsiger Plan. Es war nichtallein damit getan, das feindliche Flaggschiff zuvernichten. Man mußte den Blues einenfürchterlichen Schreck einjagen und sie verwirren.Das entstehende Chaos wiederum konnte dannausgenutzt werden, den Durchbruch zu versuchen.

„Halte den augenblicklichen Kurs“, sagte er zuZbron. „Ich bin in wenigen Minuten zurück.“

„Was hast du vor?“„Keine Zeit für Erklärungen - tu, was ich dir sage.“Ehe Zbron noch protestieren konnte,

entmaterialisierte Gecko. Er sprang in dieWaffenzentrale und von dort ins Munitionslager derTRAMP. Mit einem schnellen Griff nahm er eine derhandlichen Atombomben, überprüfte sie und stellteden Zeitzünder ein. In genau fünf Minuten würde dernur faustgroße Sprengkörper detonieren.

Dann peilte Gecko vor den Schirmen derWaffenzentrale aus das feindliche Flaggschiff an,konzentrierte sich - und teleportierte.

Er entmaterialisierte in einem Lagerraum fast imZentrum des Gegners, legte die Bombe in eine Eckezwischen Kisten und Geräten, teleportierte erneut

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und erreichte nach drei vergeblichen Versuchen dieKommandozentrale.

Sieben oder acht Blues standen und saßen vor denKontrollen. Auf einem ovalen Schirm war groß unddeutlich die TRAMP zu erkennen. Sie stand genauim Fadenkreuz der Zielgeräte für die Energiewaffen.

„He!“ sagte Gecko auf Interkosmo und tippte demnächsten Blue auf die schmale Schulter. „Bist du derKommandant?“

Alle Blues fuhren herum, als sie die piepsigeStimme hörten. Sie starrten Gecko an. Keiner rührtesich. Es war, als hätte der Schreck sie gelähmt. Siebegriffen nicht, wie das kleine, pelzige Wesen in ihrSchiff kam.

„Ich habe dich etwas gefragt“, zeterte Gecko undversetzte dem Blue einen Schlag. „Antwortegefälligst!“

Aber keiner der Blues brachte einen Ton hervor.Sie versuchten, das Rätsel zu lösen, aber es gelangihnen nicht. Sie begriffen zwar, daß kein Terraner vorihnen stand, aber dadurch wurde das Geheimnis nichtkleiner. Gecko registrierte mit einiger Befriedigung,daß man ihn diesmal wenigstens nicht mit Guckyverwechselte, aber das konnte seine Wut auch nichtmehr verringern. Die Blues hatten ihn darangehindert, eine Heldentat zu vollbringen und Rhodanzu retten. Sie mußten bestraft werden.

„Also gut, wenn ihr nicht wollt - dann betetwenigstens. Ihr fliegt in zwei Minuten in die Luft -oder ins Vakuum, um wissenschaftlich korrekt zubleiben. Bringt euch in Sicherheit. Ich habe euchgewarnt.“

Einer der Blues hatte sich zu einem Entschlußdurchgerungen. Er zog eine kleine Waffe aus demGürtel und richtete sie auf Gecko, der die Bewegungsofort bemerkte. Telekinetisch griff er zu, nahm demTellerkopf die Pistole ab und schleuderte sie in einenBildschirm. Es gab eine kleine Explosion. DieVerwirrung der Blues wurde noch großer.

„Gute Reise“, sagte Gecko und teleportierte zurTRAMP zurück. Er landete auf Zbrons Schoß undbrachte sich schnell in Sicherheit, denn der Unitherwar so erschrocken, daß er mit dem Rüssel nach ihmschlug.

„Was fallt dir ein, deinen Kommandantenanzugreifen?“ fauchte der Mausbiber ihn an undsprang in den nächsten Sessel. „In einer Minutehaben die Blues keinen Oberbefehlshaber mehr.Genau dann werden wir den Durchbruch wagen.Alles klar?“

In der Funkzentrale schaltete Stozi denAutomatsender ein, der immer wieder den gleichenSpruch hinausjagte:

RhAtBu - QQYR - 12 - 15 - 888430 - NoTri.Er wurde auch dann noch senden, wenn die

TRAMP ein Wrack und die Besatzung tot war.

Einmal wurde jemand den Spruch auffangen.Das Flaggschiff der Blues verwandelte sich genau

zur angegebenen Zeit in eine aufflammende Sonne.Die Befehle blieben aus. Ratlos warteten dieBlaupelze auf eine Initiative ihrer Offiziere.

„Los jetzt!“, befahl Gecko, der hinter denKontrollen der Transformkanone hockte. „Wirschaffen es bestimmt!“

Die TRAMP raste los, auf die Flotte der Blues zu.Der Gegner war viel zu verwirrt, um die Absicht

des terranischen Schiffes sofort zu begreifen undentsprechend zu reagieren. Das Gluck war Gecko undseiner Mannschaft noch einmal hold. Wahrend dieMausbiber in ihrem Gemeinschaftsquartier saßen undsich mit allerlei harmlosen Spielen die Zeitvertrieben, wahrend die Willys untatig in ihrerbevorzugten Fladenstellung verharrten und auf irgendetwas warteten, durchstieß die TRAMP denSperrgürtel der Blues, ließ Tod und Vernichtunghinter sich zurück und raste in den Raum hinaus.

Zahllose Bündel nachgefeuerter Energieschusserasten hinter ihr her und holten sie ein. DerSchutzschirm brach zusammen. Die TRAMP erhieltschwere Treffer, aber sie hielt durch. DieBeschleunigung war so groß, daß bald dieLichtgeschwindigkeit überschritten wurde und dieEnergieschusse sie nicht mehr einholen konnten.

Rote Lampen flackerten auf den Kontrolltafeln.Der Kurs wurde unsicher und schwankend. EinigeAntriebsaggregate fielen aus. Das Licht im Schifferlosch. Sofort flammte die Notbeleuchtung auf.

Gecko raffte sich vom Boden auf.„Was ist passiert?“ fragte er erschrocken.„Schwere Treffer in der Heckgegend. Schaden

noch nicht zu übersehen. Hat bis spater Zeit. Erst malweg von hier. Wenn uns die Blues jetzt erwischen,sind wir verloren.“

„Die TRAMP ist ein Wrack“, vergewisserte sichGecko.

„Ein besseres Wrack“, verbesserte Zbron.„Jedenfalls sind wir noch begrenzt manövrierfähigund können uns wehren. Aber von vollerEinsatzbereitschaft kann nicht mehr die Rede sein.Ich schlage vor, wir entfernen uns vom System,einige Lichtstunden vielleicht, und warten.“

„Einverstanden.“ Gecko war selbst überrascht, daßer den Rat eines „Untergebenen“ so widerspruchslosannahm. „Ich kümmere mich indessen darum, daßdie Schaden festgestellt werden. Außerdem muß ichnachsehen, was die Besatzung macht.“

„Alle Unither sind auf ihren Posten“, bemerkteZbron anzuglich.

Gecko nickte friedlich.„Ich weiß, ich weiß. Das wird bei der

Ordensverteilung berücksichtigt. Was meineMausbiber angeht...“ Er seufzte und grinste verlegen.

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Zbron grinste zurück und rollte den Rüssel ein.Auf der anderen Seite der Sonne trafen sie keine

Blues mehr an. Der Raum war leer und ohne Schiffe.Zum erstenmal seit Stunden bestand keineunmittelbare Gefahr für die TRAMP.

Gecko wanderte durch das Schiff und besah sichdie Schaden. Er verteilte Lob unter den Unithern,ging dann zu den Willys und überzeugte sich davon,daß auch bei ihnen alles in Ordnung war.

Dann öffnete er die Tür zum Quartier derMausbiber.

Er horte das vergnügte Johlen, aber ehe er begriff,was es zu bedeuten hatte, ging er zu Boden.

Das Kissen hatte ihn mit voller Wucht am Kopfgetroffen.

Es war offensichtlich, daß hier alles in Ordnungwar.

*

Unheimliche Stille.Rhodan starrte auf den Panoramaschirm. Immer

mehr Blues hatten sich am Seeufer versammelt. Zweigepanzerte Fahrzeuge erschienen und nahmenAufstellung. Ihre Geschütze waren auf den Seegerichtet.

Atemlos saß Rhodan hinter den Kontrollen.Es war durchaus möglich, daß die Blues

Ortungsgeräte besaßen, mit denen sich eine größereMetallmasse entdecken ließ, die unter Wasser lag.Seine Hände lagen auf dem Anlasser. Ein Druck, undder Shift wurde sofort einsatzbereit sein. Er konnteauftauchen, sich in die Luft erheben unddavonfliegen. Die Panzerfahrzeuge konnten ihm dannmit ihren Geschützen nichts mehr anhaben, aber dieJagd wurde beginnen.

Rhodan beschloß, es nicht darauf ankommen zulassen, sondern solange wie möglich zu warten undim Versteck zu bleiben.

Die Blues beobachteten die Saurier.Mit merklicher Erleichterung entspannte sich

Rhodan. Vielleicht waren es wirklich nur die Saurier,die die Aufmerksamkeit der Blaupelze undTellerkopfe erregt hatten. Vielleicht hatten sie nochnie Saurier gesehen.

Die harmlosen Urwelttiere kümmerten sich nichtum die Neuankömmlinge. Sie suchten weiter nachNahrung, tauchten auf den Grund des Sees hinab undwühlten das Wasser auf. Rhodan war ihnen dankbardafür.

Kasom und Bully waren wach geworden. Siekamen vor zu Rhodan.

„Hier liegen wir gut“, meinte Bully. „So schnellfinden uns die nicht.“

„Reiner Zufall. Wenn sie auf die Idee kommen,den See zu untersuchen, sind wir geliefert. Kummern

Sie sich um die Funkgerate, Kasom. Kann sein, daßSie ein paar interessante Meldungen auffangen. Ichmochte wissen, was mit der TRAMP ist.“

„Die senden immer noch den Geheimspruch. Aberim Peiler hat sich die Richtung geändert. Sieht soaus, als entfernten sie sich von uns.“

„Das sollten sie auch. Dann scheinen siedurchgekommen zu sein.“

„Wahrscheinlich.“ Kasom verstellte etwas amEmpfanger. Andere Zeichen wurden lauter unddeutlicher. Er lauschte angestrengt. Dann nickte er.„Stimmt, der TRAMP ist die Überraschung gelungen.Ein Flaggschiff der Blues wurde vernichtet - aufunerklärliche Art, wie die Blues behaupten. DieserGecko hat eine Menge von Gucky gelernt.“

Rhodan nickte, gab aber keine Antwort. Er ließ dieSeeufer nicht aus den Augen. Die Blues blieben ihmzu lange. So konnte sie doch der Urwaldsee auchnicht fesseln, daß sie bei seinem Anblick ihreeigentliche Aufgabe vergaßen.

„Befehlsausgabe bei den Blues“, unterbrachKasom seine Überlegungen. „Die Suche auf Roostwird mit verstärkter Anstrengung fortgesetzt. Man istdavon überzeugt, daß hier noch etwas sein muß, weildie TRAMP nicht flüchtet. Wenn sie hier nichtsverloren hätte, so folgert man, würde sie so schnellwie möglich verschwinden, um der Vernichtung zuentgehen. Da das Schiff jedoch beharrlich in derNähe des Systems bleibt, muß es hier auf Roostetwas geben, das sehr wertvoll ist. Die Blues sindentschlossen, es zu finden.“

„Sie wissen also nicht genau, worum es sichhandelt? Sie wissen nicht einmal, was sie suchen?“

„Scheint so. Machen wir uns jedenfalls auf dasSchlimmste gefaßt.“

„Wir bleiben solange im See, wie irgend möglich.Notfalls fliegen wir hinauf ins Gebirge, wo esgenügend Verstecke gibt.“

Bully sah auf den Panoramaschirm.„Seht nur - sie holen Boote aus den Fahrzeugen.

Verdammt, wer hat ihnen denn nun wieder verraten,daß wir im See stecken?“

Rhodan beobachtete die neue Entwicklung mitbesorgten Blicken. In der Tat hatten die Blues kleine,aufblasbare Boote aus den beiden Panzerfahrzeugengeholt und machten sie am Ufer startklar. Aus der Artder Geräte, die sie verluden, war zu schließen, daß sieden Grund des Sees mit Ortern abtasten wollten.

„Bully, wecke die Mausbiber. Sie sollen sofortherkommen.“

„Was willst du ...?“„Hol sie, Bully. Für Erklärungen ist jetzt keine

Zeit.“Die Blues stiegen in die Boote und fuhren

vorsichtig auf den See hinaus. Sie verteilten sich undbegannen mit ihrer Ortertätigkeit. Es würde noch eine

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halbe Stunde dauern, bis sie zur Mitte herauskamen.Bokom und Hemi wurden von Bully gebracht. Sie

schienen weniger neugierig als letzterer zu sein, dennsie stellten keine Fragen.

Rhodan deutete auf den Schirm.„Ihr seht, was passiert. Keine Frage, wir müssen

flüchten, denn wenn sie uns finden, sind wir ihnenwehrlos ausgeliefert. Unsere Kanonen funktionierennicht unter Wasser. Wir müßten auftauchen, aberdann wären die Blues vorbereitet. Also tauchen wirjetzt, schon auf, aber vorher müssen wir dafür sorgen,daß sie keine Funkbotschaft aussenden können. DieSender befinden sich in den beiden Fahrzeugen.Glaubt ihr, daß ihr stark genug seid, sie ins Wasser zustoßen? Sie müssen versinken.“

Bokom machte ein zweifelndes Gesicht.„Zusammen schaffen wir es vielleicht, aber das

Schwierige ist, sehr schnell zu sein. Wenn sie zu frühVerdacht schöpfen, ist alles umsonst. Hemi und ichwerden versuchen, die beiden Fahrzeuge gleichzeitigzu bewegen.“

Rhodan nickte. Er verspürte keine Lust, demMausbiber dreinzureden. In Bezug auf Telekineseverstanden sie mehr als er. Sie mußten selbst wissen,was sie leisten konnten. Er konzentrierte sich auf das,was auf dem Panoramaschirm zu sehen war.

Die Boote begannen mit ihrer Arbeit. Sondenwurden ins Wasser gelassen. Rhodan war überzeugt,daß auch Fernsehkameras dabei waren, mit denenman den Seegrund absuchte. Am jenseitigen Uferwar eine andere Gruppe von Blues aufgetaucht, zogaber weiter.

Dann wandte Rhodan seine Aufmerksamkeit denbeiden Fahrzeugen zu.

Die Besatzungen standen oder saßen davor undbeobachteten ihre Gefährten auf dem Wasser. Daswar nicht uninteressant, denn die Saurier nahmen dieBelästigung übel. Sie griffen die Boote an. Eineswurde dabei umgekippt, und die Blues versuchtenverzweifelt, schwimmend das nahe Ufer zu erreichen.Da sie nicht weiter von den Sauriern angegriffenwurden, gelang ihnen das auch. Allerdings wurde dieSuchaktion erheblich verzögert.

Plötzlich begannen die beiden Fahrzeuge, obwohldie Motoren abgestellt waren, vorwärts zu rollen.Einer der Blues geriet dabei unter die Raupenräderund verschwand unter dem Fahrgestell. Die anderensprangen rechtzeitig zur Seite, ohne zu begreifen,was sich vor ihren Augen abspielte.

Geister mußten sich unter die Kontrollen derPanzer gesetzt haben, eine andere Erklärung gab esnicht.

Bokom und Hemi saßen still da und rührten sichnicht. Ihre Augen waren auf die beiden Fahrzeugegerichtet, die langsam auf das Seeufer zurollten undauch nicht im Schilf steckenblieben. Sie sanken

immer tiefer, und bald sahen nur noch die rundenPanzerkuppeln aus dem Wasser hervor.

Dann waren sie verschwunden.Die Blues in den Booten hatten ihre Tätigkeit

eingestellt. Verwundert starrten sie auf die Stelle, ander ihre Fahrzeuge versunken waren. Dann fuhren siezum Ufer zurück und versammelten sich zu einemKriegsrat. Immer wieder deuteten sie dabei auf denSee hinaus. Es wurde immer offensichtlicher, daß siedas Gesuchte dort vermuteten.

„Gut gemacht“, lobte Rhodan, der sich noch nichtganz schlussig darüber war, ob sie das gute Versteckwirklich schon aufgeben sollten. „Es sieht so aus, alshatten wir sie aufgehalten. An die gesunkenen Panzerkommen sie so schnell nicht heran. Wenn sie keinetragbaren Funkgerate bei sich haben, können sielange warten, bis man sie abholt.“

„Im Wald wimmelt es von Blues“, sagte Kasom.„Früher oder später werden sie uns entdecken“,

nickte Rhodan. „Ich glaube, wir verschwinden.Richtung Norden, wurde ich sagen. Hinauf insGebirge. Über Wasser können wir uns im Notlallbesser verteidigen.“

Eine halbe Stunde spater nahmen die Blues ihreSuchtätigkeit wieder auf. Am Ufer waren wenigervon ihnen zu sehen. Eine Gruppe mußte zu Fuß denWeg zum Stutzpunkt auf dem Plateau angetretenhaben, um von dem merkwürdigen Ereignis zuberichten.

„Es ist bald dunkel“, warf Bully ein.Rhodan sah auf die Uhr. Hier auf Roost dauert der

Tag langer, aber in drei Stunden etwa wurde esdunkel werden. Wenn man sie bis dahin nichtgefunden hatte...

„Warten wir also noch...“Langsam verging die Zeit. Aber die Blues kamen

auch nur langsam voran. Meter für Meter suchten siezuerst die Ufer ab, ehe sie vorsichtig und behutsamzur Mitte vordrangen. Die Sonne sank immer tieferund war schon langst hinter den Baumwipfelnverschwunden. Sie wurde in einer halben Stundeuntergehen.

Die Spannung erhöhte sich, als ein neuer Vorfalldie Blues abermals aufhielt. Die Saurier waren immerunruhiger geworden und schienen sich entschlossenzu haben, die Eindringlinge zu vertreiben.Geschlossen stürzten sie sich auf die relativschwachen und kleinen Boote und brachten drei vonihnen zum Kentern. Die Besatzungen der übrigenBoote eröffneten sofort das Feuer auf die Ungeheuerund töteten die Hälfte von ihnen.

„Barbaren!“ sagte Bokom angeekelt.Rhodan enthielt sich eines Kommentars. Die Blues

wehrten sich nur ihrer Haut. Und sie vergaßen ihreAufgabe dabei.

Es wurde dunkel.

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Zwei Stunden nach Sonnenuntergang schalteteRhodan den Antrieb des Shifts ein. Leise surrte derMotor. Die Kraftfelder begannen zu wirken, und dasFahrzeug stieg langsam nach oben.

Es war völlig finster. Am Ufer war alles still. Aberdie Blues waren noch dort. Gelegentliche, schwacheGeräusche bewiesen das. Wahrscheinlich warteteman auf das Eintreffen von Verstärkung und neuenFahrzeugen.

Der Shift durchbrach die Wasseroberfläche - undstieg weiter, bis er hoch über den Baumwipfelnschwebte. Immer noch war die Flucht nicht bemerktworden. Rhodan setzte den Kurs auf Norden undnahm Fahrt auf.

Der See blieb zurück, als der Shift dicht über dieBaumwipfel davonglitt und dabei mit demansteigenden Gelände höherging. Der Wald hörteauf, als das Plateau begann. Immer noch glühteneinige der Krater an der Stelle, an der die Stationgestanden hatte. Heiße Aufwinde versuchten, denShift mit sich zu reißen, aber Rhodan glich jedeStörung behutsam aus.

„Sie suchen jetzt auf der Tagseite“, unterbrachKasom das Schweigen. Er hockte immer noch vordem Funkgerät. „Da können sie lange suchen.“

„Wie der Mann mit dem Schlüssel“, knurrte Bullygeistesabwesend.

„Was war damit?“ fragte Kasom neugierig.„Er suchte ihn unter der Laterne, als er ihn verlor.

Weil es da hell war. Dabei hatte er ihn hundert Meterentfernt im Dunkeln verloren.“

„Blöder Witz“, murmelte Kasom enttäuscht.Bokom quietschte belustigt auf, klopfte Bully auf

den Rücken und zog sich mit Hemi in denHintergrund der Hauptkabine zurück. Bully sah ihnenzufrieden nach.

„Intelligente Burschen, die beiden“, stellte er fest.Rhodan nahm den Blick nicht von den

Bildschirmen.„Der eine Bursche ist ein Mädchen“, sagte er so

nebenbei.Bully nickte.„Man sieht es aber nicht, Perry. Mausbiber kann

man nicht voneinander unterscheiden. Für mich sindes lustige und intelligente Burschen.“

„Sag das Gucky“, riet Rhodan und steuerte etwasnach links. Er konnte die Hochebene kaum nocherkennen. Es gab keinen Mond und nur wenig Sterne.Die Oberfläche war nur zu ahnen. „Gleich erreichenwir das Gebirge. Wir müssen vorsichtig sein, damitwir nicht mit den Felsen kollidieren.“

Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt.Immerhin genug, um das Gebirge gegen den nochdunkleren Himmel sehen zu können. Ein breiterTalausschnitt gab den Weg nach Norden frei. Rhodanfolgte der flachen Mulde. Die Hochebene blieb

zurück.Nach etwa dreißig Kilometern endete das Tal in

einem fast runden Kessel, der von steilen Berghängeneingerahmt war. Da bei der Dunkelheit nicht viel zuerkennen war, und Rhodan es nicht wagte, dieScheinwerfer einzuschalten, landete er mit dem Shiftdicht an der Felswand und schaltete den Motor unddie Kraftfelder ab. Er legte den Schutzschirm um dasFahrzeug, um gegen Überraschungen gesichert zusein.

„Morgen früh werden wir weitersehen“, sagte er.„Kasom, Sie waren dran mit der Wache. Achten Sieauf Funknachrichten. Wecken Sie mich, wenn etwasBesonderes geschieht.“

Kasom blieb hinter den Kontrollen, während dieanderen sich schlafen legten.

Dann graute der Morgen.Der Talkessel war enger, als sie vermutet hatten. In

der Ostwand gab es breite und tiefe Höhlen. Eine vonihnen, der Eingang lag zwanzig Meter über derTalsohle, schien besonders geeignet. Rhodanmanövrierte den Shift hinein und setzte ihn in deräußersten Ecke ab. Die Höhle war so groß, daß zehnShifts Platz gehabt hätten. Hier waren sie gegen jedeSicht von oben oder unten sicher. Die Höhle ließ sichnotfalls gegen eine große Obermacht verteidigen.

„Hier bleiben wir“, entschied Rhodan. „KeineExperimente mehr. Noir, was sagen dieNachrichten?“

Noir grinste und deutete auf Kasom.Kasom, der in der vergangenen Stunde nur vor den

Geräten gesessen hatte, zuckte die Schultern. Erschielte in Richtung der Kochnische, wo ein StückSaurier in der Pfanne brutzelte. In der Kabine breitetesich ein angenehmer Duft aus.

„Sie vermuten etwas in unserem Waldsee undstarten heute dort eine Suchaktion. Der NameRhodan wurde einmal erwähnt, Sir, aber derZusammenhang ging mir verloren. Sie scheinen zuwissen, daß wir hier sind. Man will uns lebendhaben.“

„Möchte wissen, wer es ihnen verraten hat.Vielleicht unsere Funksendungen.“ Rhodan blickteebenfalls in Richtung der Kochnische. Vielleicht warSaurierfleisch wirklich nicht so schlecht. „Und wasist mit der TRAMP? Sendet sie noch?“

„Ununterbrochen den Notruf, aber auch vereinzelteNachrichten für uns. Der Kommandant bittet uns,nicht zu antworten. Wahrscheinlich fürchtet erAnpeilgefahr. Die TRAMP hat bei dem Durchbrucheinige schwere Treffer erhalten, ist jedoch nochmanövrierfähig. Sie bleibt innerhalb des Systems undentfernt sich höchstens bis zu einem Lichtmonatdavon. Empfänger sind ständig eingeschaltet. DerNotruf wird weiter gesendet.“

Rhodan gab keine Antwort.

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Er sah durch die transparente Wand der Kabine, querdurch die weite Höhle, bis zum Ausgang. Sein Blickfiel auf das flache, einsame Tal mit dem kleinen Bachund den grünen Wiesen. Auf der anderen Seite ragtendie glatten Felsen senkrecht in die Höhe. Kein Lautwar zu hören. Hier im Gebirge war es noch einsamerund sicherer als auf dem Grund des Waldsees.„Irgend jemand wird den Notruf ja wohl malauffangen“, unterbrach Bully das Schweigen. „Kannmir doch niemand erzählen, daß kein terranischesSchiff in diesem Sektor der Milchstraßeherumgeistert.“Rhodan war aufgestanden und hatte die Kabinentürgeöffnet. Er ging vor bis zum Höhlenausgang. Zuseinen Füßen fiel die Felswand steil ab. Die Aussichtwar gut genug, jeden Überraschungsangriff der Blueszu vereiteln.„Was meinst du, Perry?“ fragte Bully. „Du glaubstdoch auch, daß jemand den Ruf hören wird?“Langsam nickte Rhodan.„Natürlich glaube ich das. Vielleicht ist es sogarschon geschehen, und während wir uns noch Sorgen

machen, sind sie bereits unterwegs. Heute odermorgen - einmal wird man uns abholen. Und dannwerden die Blues noch einmal die Angstkennenlernen. Das Imperium istzusammengebrochen, aber Terra ist stärker als jezuvor.“Atlan, der sich bisher betont im Hintergrund gehaltenhatte, war zu ihnen gekommen. Er sah hinab ins Tal.„Vielleicht war das der Sinn des Imperiums“, sagte erleise und mit einem leichten Bedauern in derStirnme. „Kein Sieg wird ohne Opfer errungen.“ Erstand zwischen ihnen, ein Arkonide, einUnsterblicher - und doch ein Mensch. Er war mehrTerraner als Arkonide.Rhodan legte ihm die Hand auf die Schulter.„Sobald wir hier abgeholt werden, müssen wir neuanfangen“, sagte er.

E N D E

Was ganze Flotten in monatelanger Suche nicht erreichten, die Expedition der Mausbiber schaffte es! Siekonnte Kontakt mit den Verschollenen aufnehmen.Doch um die Verschollenen zu retten, dazu bedarf es eines Schlachtkreuzers - und eines Draufgängers wieTschato. Die Leute seiner Mannschaft nennen ihn den Löwen! Mehr über Tschatos verzweifelte Rettungsaktionerzählt William Voltz im Perry-Rhodan-Roman der nächsten Woche!

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