6
1 Universität Leipzig Institut für Kulturwissenschaften Wintersemester 2003/04 Prof. Dr. Uta Kösser, unter Mitarbeit von Sabine Sander, M.A. Adornos Ästhetische Theorie Hauptseminar: mittwochs, wöchentlich, 11 – 13 Uhr, GWZ, Haus 4, Raum 4.1.16 Beginn: 15.10.03 Leistungsnachweis: über Seminarreferate Gegenstand diese Hauptseminars sind Problemstellungen aus Adornos nachgelassener und fragmentarisch gebliebener Ästhetischer Theorie sowie der Frühen Einleitung und der Paralipomena. Besonders interessiert die Kunstauffassung, gewonnen an und aus den Werken der klassischen Moderne von Baudelaire und Wagner bis Schönberg und Beckett, das Paradox der Schönheitsauffassung, die Adornosche Lesart des Erhabenen wie des Häßlichen, seine These von der Entkunstung der Kunst einerseits und dem Festhalten an authentischer Kunst andererseits. Begonnen wir mit den methodologischen Voraussetzungen, die in der Kritischen Theorie, in Der Essay als Form sowie in der Negativen Dialektik gegeben sind. Anschaffen oder rechzeitiges Ausleihen von Adorno Ästhetische Theorie wird empfohlen - Reader bei printy Außerdem gibt es ein Tutorium, geleitet von Christian Driesen und Inga Schwede, das inhaltlich an das Seminar anschließt und einen Raum zur weiterführenden Diskussion bietet. Neben ergänzenden Passagen aus der Dialektik der Aufklärung und aus den Noten zur Literatur werden einzelne Werke der von Adorno zitierten Künstler/Bewegungen (Beckett, Schönberg, DaDa ...) sowie Bewegungen mit Nähe zu seiner grundlegenden Gesellschaftskritik (Situationistische Internationale, NO!art) zur Diskussion gestellt und nach ihrer Aktualität hinterfragt. Tutorium: donnerstags, wöchentlich, 11.00–13.00 Uhr, GWZ, Haus 5, 1.16 (Glaskasten des Instituts) Beginn: 16.10.03 mit einer Vorbesprechung Ablaufplan Nr. Datum Thema Literatur 1. 15.10.03 Einführung Editorisches Nachwort zur ÄT Themenkreis I : Theorie und Methode 2. 22.10.03 Kritische Theorie Horkheimer: Traditionelle und kritische Theorie (1937); Adorno: Kritische Theorie und Protestbewegung 3. 29.10.03 Der Essay als Form GS 11, 9 - 33 4. 5.11.03 Negative Dialektik GS 6, 9 – 11; 13 – 66 5. 12.11.03 Ästhetische Theorie Frühe Einleitung - ÄT 493 - 553 P 391 - 393 19.11. unterrichtsfrei Themenkreis 2: Situation der modernen Kunst 6. 26.11. 03 Doppelcharakter der Kunst ÄT 10 - 31, 334 345 7. 3.12.03 Situation der modernen Kunst ÄT 31 - 56; P 402 - 405 8. 10.12.03 Kunst im Feld von Ideologie, Ökonomie und Politik/authentische Kunst ÄT 345 – 389; P 466/67; ÄT 70 - 73, 99/100, 106, 373/74, P 4233/24 Themenkreis 3: Kategorien 9. 17.12.03 Schönes und Häßliches ÄT 74 - 85, 96 - 102. P 406-410 10. 07.01.04 Erhabenes ÄT 293 - 296, 364, P 396, 410, 496 11. 14.01.04 Kunst und Künste ÄT 296 - 334; GS 10-1: 432 - 453 Themenkreis 4: Mimesis und Erkenntnis 12. 21.1.04 Geistigkeit und Anschaulichkeit ÄT 130 - 154 13. 28.1.04 Wahrheit und Schein ÄT 154 - 169, 182 - 205; GS 2: 175 - 200

Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

1

Universität Leipzig Institut für Kulturwissenschaften Wintersemester 2003/04 Prof. Dr. Uta Kösser, unter Mitarbeit von Sabine Sander, M.A. Adornos Ästhetische Theorie Hauptseminar: mittwochs, wöchentlich, 11 – 13 Uhr, GWZ, Haus 4, Raum 4.1.16 Beginn: 15.10.03 Leistungsnachweis: über Seminarreferate Gegenstand diese Hauptseminars sind Problemstellungen aus Adornos nachgelassener und fragmentarisch gebliebener Ästhetischer Theorie sowie der Frühen Einleitung und der Paralipomena. Besonders interessiert die Kunstauffassung, gewonnen an und aus den Werken der klassischen Moderne von Baudelaire und Wagner bis Schönberg und Beckett, das Paradox der Schönheitsauffassung, die Adornosche Lesart des Erhabenen wie des Häßlichen, seine These von der Entkunstung der Kunst einerseits und dem Festhalten an authentischer Kunst andererseits. Begonnen wir mit den methodologischen Voraussetzungen, die in der Kritischen Theorie, in Der Essay als Form sowie in der Negativen Dialektik gegeben sind. Anschaffen oder rechzeitiges Ausleihen von Adorno Ästhetische Theorie wird empfohlen - Reader bei printy Außerdem gibt es ein Tutorium, geleitet von Christian Driesen und Inga Schwede, das inhaltlich an das Seminar anschließt und einen Raum zur weiterführenden Diskussion bietet. Neben ergänzenden Passagen aus der Dialektik der Aufklärung und aus den Noten zur Literatur werden einzelne Werke der von Adorno zitierten Künstler/Bewegungen (Beckett, Schönberg, DaDa ...) sowie Bewegungen mit Nähe zu seiner grundlegenden Gesellschaftskritik (Situationistische Internationale, NO!art) zur Diskussion gestellt und nach ihrer Aktualität hinterfragt. Tutorium: donnerstags, wöchentlich, 11.00–13.00 Uhr, GWZ, Haus 5, 1.16 (Glaskasten des Instituts) Beginn: 16.10.03 mit einer Vorbesprechung Ablaufplan Nr. Datum Thema Literatur 1. 15.10.03 Einführung Editorisches Nachwort zur ÄT Themenkreis I : Theorie und Methode 2. 22.10.03 Kritische Theorie Horkheimer: Traditionelle und

kritische Theorie (1937); Adorno: Kritische Theorie und Protestbewegung

3. 29.10.03 Der Essay als Form GS 11, 9 - 33 4. 5.11.03 Negative Dialektik GS 6, 9 – 11; 13 – 66 5. 12.11.03 Ästhetische Theorie Frühe Einleitung - ÄT 493 - 553

P 391 - 393 19.11. unterrichtsfrei Themenkreis 2: Situation der modernen Kunst 6. 26.11. 03 Doppelcharakter der Kunst ÄT 10 - 31, 334 345 7. 3.12.03 Situation der modernen Kunst ÄT 31 - 56; P 402 - 405 8. 10.12.03 Kunst im Feld von Ideologie,

Ökonomie und Politik/authentische Kunst

ÄT 345 – 389; P 466/67; ÄT 70 - 73, 99/100, 106, 373/74, P 4233/24

Themenkreis 3: Kategorien 9. 17.12.03 Schönes und Häßliches ÄT 74 - 85, 96 - 102. P 406-410 10. 07.01.04 Erhabenes ÄT 293 - 296, 364, P 396, 410, 496 11. 14.01.04 Kunst und Künste ÄT 296 - 334; GS 10-1: 432 - 453 Themenkreis 4: Mimesis und Erkenntnis 12. 21.1.04 Geistigkeit und Anschaulichkeit ÄT 130 - 154 13. 28.1.04 Wahrheit und Schein ÄT 154 - 169, 182 - 205;

GS 2: 175 - 200

Page 2: Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

2

Themen der Veranstaltungen (1) 15.10.03 Vorbesprechung Erläuterung der Konzeption - Umgang mit dem Text - Verteilen von Seminarreferaten und Protokollen - Tutorium - Literatur - Biografisches - Stellenwert der Ästhetischen Theorie - Adorno-Ehrungen Themenkreis I: Theorie und Methode „Daß dem Versuch einer Ästhetik heute nicht, den Bräuchen gemäß, eine generelle Methodologie kann vorausgeschickt werden, ist ein Stück Methodologie.“ (FE, 530). Diese Methodologie wird sich uns vor allem aus dem Text erschließen, aus den immer wieder aufgezeigten Aporien und der dialektischen Sicht Adornos sowohl auf die ästhetischen Phänomene wie auf die bisherigen Einsichten der Ästhetik. Diese Methodologie resultiert sowohl aus der Kritischen Theorie wie aus Adornos Einsicht in die Unbrauchbarkeit der überlieferten Ästhetik wie der philosophischen Prinzipien für die Situation der modernen Kunst und nicht zuletzt aus der Negativen Dialektik. (2) 22.10.03 Grundzüge der Kritischen Theorie Was unterscheidet die ‘Kritische Theorie’ von traditioneller Theorie? Welche Wurzeln, Merkmale und Begriffe hat die ‘Kritische Theorie’? Will die Kritische Theorie Gesellschaft verändern? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den methodologischen Prämissen der Kritischen Theorie für die Betrachtung ästhetischer Phänomene? Diese Fragen sollen uns beschäftigen. Literatur: Max Horkheimer: Traditionelle und kritische Theorie (1937), in: M.H. Traditionelle und kritische Theorie. Vier Aufsätze. Frankfurt/M. 1968, S. 12 - 64 Theodor W. Adorno: Kritische Theorie und Protestbewegung, in: GS 20-1, S. 398 - 401 Seminarreferat: Grundlegende Merkmale der Kritischen Theorie (3) 29.10.03 Der Essay als Form Adorno bevorzugt – wie andere auch: Lukacs, auf den er zurückgreift oder wie Ernst Cassirer (Essay on Men) – den Essay als eine Form, die nach seiner Auffassung die „volle Konsequenz aus der Kritik am System“ (GS , S. 16) zieht, dem „Bewusstsein der Nichtidendität“ Rechnung trägt, das Partielle gegenüber der Totalen akzentuiert und sich aller Reduktion auf ein Prinzip enthält. (17) Text: Der Essay als Form, in: GS 11, S. 9 – 33 Ergänzend: Die Aktualität der Philosophie (1931), in: GS 1, 325 - 344 Seminarreferat: Merkmale des Essays – und was kann und soll er leisten? (4) 05.11.03 Negative Dialektik Die Negative Dialektik entstand in den Jahren 1959 bis 1966. Adorno geht davon aus, daß das Scheitern der Veränderung der Welt Folgen für die Philosophie hat, will sie nicht zur Weltanschauung verkommen. Dies führt zur Überzeugung, daß eine Dialektik, die als Methode durch das Denkmittel des Negativen ein Positives erreichen will, das Bestehende affirmiert und daher nur noch negativ möglich sei - ohne Versöhnung der Widersprüche und mit Aufmerksamkeit auf das, was die Begriffe ausschließen. Text: Adorno; Negative Dialektik, Vorrede und Einleitung, GS 6, S, 9 - 11 und. 13 – 66 Ergänzend: Herbert Schnädelbach: Hegel zur Einführung. Hamburg: Junius 1993, S. 14 – 27 Weiterführend: Jean-Francois Lyotard: Streitgespräche Sprechen nach Auschwitz. Grafenau 1996. Seminarreferat: Anliegen der Negativen Dialektik

Page 3: Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

3

(5) 12.11.03 „Vom Begriff der philosophischen Ästhetik geht ein Ausdruck des Veralteten aus ...“ - Frühe Einleitung. Einerseits befänden wir uns im Zeitalter der Unversöhnlichkeit von traditioneller Ästhetik und moderner Kunst, andererseits müßten Kunst wie Künstler an der Ästhetik die Kraft der Reflexion schulen - nur zwei der zugespitzten Aussagen Adornos zum Verhältnis von Kunst und Ästhetik in der Spätmoderne, die er in der „Frühe(n) Einleitung“ trifft. Darüber hinaus benennt Adorno eine ganze Reihe von Problemen - Wahrheit und Geistigkeit in der Kunst, ästhetischer Schein, tradierte und veraltete Kategorien und ihre Neubestimmung, Überholtheit und Gültigkeit idealistischer Ästhetik usw. -, die dann in der Ästhetischen Theorie zentral werden. Text: Frühe Einleitung. In: Ästhetische Theorie, S. 493 - 533; Paralipomena; ebd., S. 391 - 393 Seminarreferat: Inwiefern ist Ästhetik veraltet und warum ist die trotzdem notwendig? 19.11. vorlesungsfrei Themenkreis 2: Situation der modernen Kunst Adorno ist der Überzeugung, daß „allein von der Spitze der gegenwärtigen Kunst her ein Licht auf die vergangene falle“ (Editorisches Nachwort, 543) , während „Versuche, Ästhetik aus dem Ursprung der Kunst als ihren Wesen zu begründen“ notwendig enttäuschen (Theorien über der Ursprung der Kunst, ÄT 480). Dementsprechend breit ist der Raum, den Reflexionen über die Situation, ästhetische Beschaffenheit, gesellschaftliche Wirkung, Beschädigungs- und Widerstandsprozesse der modernen Kunst in der Ästhetischen Theorie einnehmen, um von daher die entsprechenden Fragen an die Theorie zu stellen resp. die bisherige Ästhetik kritisch zu beleuchten. . (6) 26.11.03 Doppelcharakter von Kunst: Autonom und fait social „Zur Selbstverständlichkeit wurde, daß nichts, was die Kunst betrifft, mehr selbstverständlich ist, weder in ihr noch in ihrem Verhältnis zum Ganzen, nicht einmal ihr Existenzrecht.“ - so lautet der erste Satz der Ästhetischen Theorie. Was hat sich also geändert, seit wann und warum? Wenn Kunst als historischer Prozeß zu betrachten ist, der sich der Definition versperrt, welche Merkmale ihrer Bestimmung sind trotzdem gegeben? Wie vereinbaren sich Autonomie und gesellschaftlicher Charakter von Kunst? Mit solchen Fragen wollen wir beginnen, uns Adornos dialektischer Kunstauffassung zu nähern. Text: ÄT, S. 10 - 31; S. 334 - 345 Seminarreferat: Adornos paradoxe Bestimmung von Kunst (7) 03.12.03 „Die Male der Zerrüttung sind das Echtheitssiegel von Moderne“ - Zur Situation der modernen Kunst Von Hofmannsthal, George, Wilde bis hin zu Beckett, Kafka und Schönberg wird die Situation moderner Kunst reflektiert, die sich als Materialzerstörung, Entkunstung, Ablehnung der Tradition als solcher, Streben nach Neuheit und Dauer usw. in den Ismen artikuliert und entsprechende Schwierigkeiten für die Ästhetik bringt. Begriffen werden diese Symptome als ästhetische Signen der Kunst im Zustand der Warenproduktion. Eine Zuspitzung dieser Situation ist Adornos 1947 ausgesprochene Formulierung, Gedichte nach Auschwitz seien barbarisch. Text: ÄT 31 - 56, P 402 - 405 Seminarreferat: Grundtendenzen modernen Kunst Exkurs: Lyrik nach Auschwitz (8) 10.12.03 Kunst im Feld von Ideologie, Ökonomie und Politik - Möglichkeiten authentischer Kunst Kunst ist eingeordnet in ideologische, ökonomische, politische und konsumptive Zusammenhänge - mit entsprechenden Folgen für die Kunst selbst wie für die ästhetische Theorie. Im Reflektieren über Ideologie und Wahrheit, l’art pour l’art und Naturalismus, Katharsis und Kitsch, kulturelle Bedürfnisse und Engagement bringt Adorno diese kritisch zur Sprache. Davon ausgehend stellt sich die Frage nach den „Möglichkeiten von Kunst heute“ und danach, was Adorno unter ‘authentischer’ Kunst versteht.

Page 4: Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

4

Text: ÄT 345 - 389, P 466/67; Authentizität, authentisch: ÄT 70 - 73, 99/100, 106, 373/74, P 423/24, 454/56 Seminarreferate: Folgen der Einbindung von Kunst in Politik, Ökonomie und Ideologie Was versteht Adorno unter authentischer Kunst? Themenkreis 3: Kategorien Begriffe schreiben fest, wahrend sich das, was sie abbilden, wandelt. Die Kategorien haben in der Moderne ihr apriorisches Selbstverständnis verloren (ÄT, 31); sie werden erst dann „von der philosophischen Reflexion ergriffen, wenn sie, nach Hegels Sprachgebrauch, nicht länger substantiell, nicht mehr unmittelbar gegenwärtig und fraglos sind“ (P, 439). Adorno macht sichtbar, daß die Moderne auf den historischen Charakter auch der ästhetischen Kategorien verweist - sie sperren sich entweder der Definition oder verlangen nach neuen Bestimmungen: Tragik ist nicht mehr möglich (49), das Schöne ist nicht zu definieren, wenngleich man auf seinen Begriff nicht verzichten kann (82), das Häßliche kann nicht mehr verlacht werden (79), das Erhabene muß seiner „Komplizität mit Herrschaft“ entraten (296), Subjekt und Objekt sind äquivok (244) und ein allgemeiner Begriff von Kunst reicht nicht an die Kunstwerke heran (271), die Gattungen „verfransen“ sich, der Kunstbegriff macht keinen Sinn als Obergriff der Gattungen sondern nur als Antithese zur empirischen Realität. Wie die Ästhetische Theorie mit diesem Begriffsdilemma umgeht, ist Gegenstand der folgenden Sitzungen. (9) 17.12. 03 Schönes und Häßliches - Naturschönes und Kunstschönes Das Schöne gilt seit altersher als die zentrale ästhetische Kategorie und das Häßliche von ihm abgeleitet - es galt bis in 19. Jh. als das Negativschöne. Adorno gibt zu bedenken, daß das Schöne wohl eher dem Häßlichen entsprungen sei (81). Die Bestimmung des Schönen war das Kernstück aller ästhetischen Theorie. Adorno erklärt dagegen: „So wenig ist das Schöne zu definieren, wie auf seinen Begriff zu verzichten, eine strikte Antinomie.“ (82). Das Naturschöne ist im ästhetischen Denken älter als das Kunstschöne; letzteres kam erst in der Renaissance auf. Hegel verbannte dann das Naturschöne aus seiner Ästhetik - für Adorno Folge des Zusammendenkens von Schönheit und Freiheit. Für das 20. Jh. konstatiert er eine Krise des Schönen und fordert eine Rückbindung des Schönen an die Natur. Text: ÄT 74 - 85, S. 96 - 129, P 406 - 410 Seminarreferat: Adornos Positionen zum Schönen und Häßlichen (10) 07.01.04 Komplize von Herrschaft: Das Erhabene Das Erhabene ist zwar auch eine alte ästhetische Kategorie, aber Bedeutung erlangte sie nicht zufällig erst ab Ende des 17. Jh. In einer „doppelten Ästhetik“ wird das Erhabene zum Anderen des Schönen, das im wesentlichen den ästhetischen Umgang mit subjektiven Inkompetenzerfahrungen regelt, während das Schöne Ordnung und Harmonie vermittelt. Besonders in Kants Analytik des Erhabenen wird gegen das Unvermögen der Einbildungskraft die Vernunft als widerständiges Potential gerufen - eine Entwicklung, die Adorno kritisch sieht und rückgängig machen will. Text: ÄT 293 - 296, 364, P 396, 410, FE 496 Lexikon der Ästhetik: Stichwort erhaben Ästhetische Grundbegriffe (ÄGB). Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Hg. v. Karlheinz Barck, Martin Fontius, Dieter Schlenstedt, Burkhart Steinwachs, Friedrich Wolfzettel. Stuttgart/Weimar: Metzler 2001. Band 2: Dekadent – Grotesk, S. 275 – 280 (Erhaben: Einleitung), 301 – 310 (Zum 20. Jahrhundert) weiterführend: Wolfgang Welsch: Adornos Ästhetik: Eine implizite Ästhetik des Erhabenen. In: Christine Pries (Hg.) Das Erhabene. Zwischen Grenzerfahrung und Größenwahn. Weinheim 1989, S. 185 – 213 Seminarreferat: Inwiefern ist die Interpretation des Kantischen Erhabenen durch Adorno gerechtfertigt?

Page 5: Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

5

(11) 14.1.04 Die Kunst und die Künste Auch der Begriff der Kunst wird durch moderne Entwicklungen aufgeweicht - es kommt zum „Niedergang der ästhetischen Gattungen“ und zum „Verfransungsprozeß“ der Künste. Inwiefern ist also ein Begriff „die Kunst“ noch sinnvoll? Im Kontext diskutiert Adorno den Einfluß der Technik und das Problem des Kunstfortschritts. Texte: ÄT 271, 296 - 334; Die Kunst und die Künste, GS 10-1, S. 432 – 453 Weiterführend: Christine Eichel: Ein Kunstbegriff wird revidiert. Adornos These einer ‚Verfransung’ der Künste. In: Dies.: Vom Ermatten der Avantgarde zur Vernetzung der Künste. Perspektiven einer interdisziplinären Ästhetik im Spätwerk Theodor W. Adornos. Frankfurt/M. 1933, S. 27 – 55. Seminarreferat: In welchem Verhältnis stehen für Adorno „die Kunst“ und „die Künste“? Themenkreis 4: Mimesis und Erkenntnis Adorno gehört auch zu denjenigen, die der Kunst eine Erkenntnisfunktion zuschreiben, allerdings unter nachdrücklicher Betonung ihrer ästhetischen Besonderheit, denn sonst wäre Kunst unnötig. Daher wird das Spannungsfeld von Mimesis und Bildhaftigkeit, Geistigkeit und Anschaulichkeit, Schein und Wahrheit reflektiert. . (12) 21.1.04 Geistigkeit und Anschaulichkeit der Kunst Daß Kunst etwas Geistige zur Anschauung oder ins Bild bringt, ist eine alte Vorstellung philosophischen und ästhetischen Denkens, die mit je verschiedenen Erklärungsmustern vorging. Schon Platons Vorwurf an die nachahmenden Künste, daß diese drei Stufen von der Wahrheit entfernt seien, gesteht ihnen dennoch einen Rest an Idee zu. Die Kunst des Mittelalters sah sich vor die Aufgabe gestellt, Gott als geistiges Prinzip der Schöpfung zur Darstellung zu bringen. Kant definiert die schöne Kunst als Kunst des Genies, das dieser die Regeln gibt und über ästhetische Ideen verfügt. Hegel bestimmt Kunst als das Phänomen, in dem der Geist zur Anschauung kommt. Kandinsky feiert das „Geistige in der Kunst“. Adorno wendet sich von all diesen Auffassungen ab, kritisiert das „spießbürgerliche“ Modell einer rein anschaulichen Erscheinung und eines rein begrifflichen Gehalts und bestimmt Vergeistigung dialektisch und prozeßhaft als „ständige Ausbreitung des mimetischen Tabus über Kunst“, aber auch als „mimetische Kraft“ (142). Kunst ist für ihn daher weder Anschauung noch Begriff : „Ihr Anschauliches differiert von der sinnlichen Wahrnehmung, weil es stets auf den Geist sich bezieht - sie ist Anschauung eines Unanschaulichen, begriffsähnlich ohne Begriff“ (148). Kunst tendiere daher zur Kantschen Bestimmung des Erhabenen der Natur, zur „Autonomie des Geistes angesichts der Übermacht des sinnlichen Daseins, und sie setzt erst im vergeistigten Kunstwerk sich durch“ (143): Darin liege sowohl die Möglichkeit des Widerspuchs zur empirischen Realität als auch die eines Endes der Kunst. Wir wollen die verschiedenen Aspekte, die Adorno in bezug auf Vergeistigung und Anschaulichkeit geltend macht, diskutieren. Text: ÄT, S. 130 - 154 Seminarreferat: Wie bestimmt Adorno das Verhältnis von Geistigkeit und Anschaulichkeit in der Kunst? (13) 28.1.04 Wahrheit und Schein Daß Kunst einen ästhetischen Schein vermittelt, wurde sowohl als Argument ihrer Abwertung (z.B. Platon) wie als Argument ihrer Spezifik (z.B. Lessing und Schiller) benutzt. Ebenso wurde Kunst immer wieder danach befragt, ob sie Wahrheit vermitteln könne. Adorno verbindet beide Aspekte und betont auch hier die Dialektik: „Die Frage nach der Wahrheit eines Gemachten ist aber keine andere als die nach dem Schein und nach seiner Errettung als des Schein von Wahrem.“ (ÄT, 198). In dieses Problemfeld gehört auch Adornos Feststellung vom „Rätselcharakter aller Kunst“ (ÄT, 186). Texte: ÄT 154 - 169, 182 - 205; Ergänzend: Kierkegaard, GS 2, S. 175 - 200 Seminarreferat: Die Dialektik von Schein und Wahrheit in der Kunst

Page 6: Adorno Aesthetik 2003 Vorlesung Etc

6

Im Reader befinden sich folgende Texte: Max Horkheimer: Traditionelle und kritische Theorie (1937), in: M.H. Traditionelle und kritische Theorie. Vier Aufsätze. Frankfurt/M. 1968, S. 12 - 64 Theodor W. Adorno: - Kritische Theorie und Protestbewegung, in: GS 20-1, S. 398 – 401 - Aktualität der Philosophie (1931), in: GS 1, 325 - 344 - Der Essay als Form, in: GS 11, 9 – 33 - Negative Dialektik, Vorrede und Einleitung, GS 6, S, 9 - 11 und. 13 – 66 - Die Kunst und die Künste, GS 10-1, 432 - 453 - Kierkegaard, GS 2, 175 – 200 Wolfgang Welsch: Adornos Ästhetik: Eine implizite Ästhetik des Erhabenen. In: Christine Pries (Hg.) Das Erhabene. Zwischen Grenzerfahrung und Größenwahn. Weinheim 1989, S. 185 – 213 Brigitte Scheer: Ästhetik als Rationalitätskritik und Rettung des Nichtidentischen (Adorno), in: Einführung in die Philosophische Ästhetik- Darmstadt: WBG 1997, S. 169 – 187. Herbert Schnädelbach: Hegel zur Einführung. Hamburg: Junius 1993, S. 14 – 27 Christine Eichel: Ein Kunstbegriff wird revidiert. Adornos These einer ‚Verfransung’ der Künste. In: Dies.: Vom Ermatten der Avantgarde zur Vernetzung der Künste. Perspektiven einer interdisziplinären Ästhetik im Spätwerk Theodor W. Adornos. Frankfurt/M. 1933, S. 27 – 55. Hinweise auf Sekundärliteratur: Nida-Rümelin/Betzler (Hg.) : Ästhetik und Kunstphilosophie von der Antike bis zur Gegenwart. Stuttgart: Kröner 1998, Stichwort: Adorno Kindlers Neues Literaturlexikon, hg. v. Walter Jens, München 1988, Sichtwort: Adorno: Ästhetische Theorie, Bd. 1, S. 101 – 103 Materialien zur ‘Ästhetischen Theorie“. Th.W. Adornos Konstruktion der Moderne. Hg. B. Lindner u. W. M- Lüdtke. Frankfurt/M. 1980 G. Figal: Th.W. A. Das Naturschöne als spekulative Gedankenfigur . Zur Interpretation der Ästhetischen Theorie im Kontext philosophischer Ästhetik Bonn 1977 Th. Baumeister und J. Kulenkampf: Geschichtsphilosophie und philosophische Ästhetik. Zu Adornos „Ästhetischer Theorie“. In: Neue Hefte für Philosophie 1973, H. 5, S. 73 - 104 Weiterhin: Lyrik nach Auschwitz? Adorno und die Dichter. Hg. von Petra Kiedaisch. Stuttgart: Reclam 1995. (Im Reader Grundstudium Ästhetik II) Ästhetische Grundbegriffe (ÄGB). Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Hg. v. Karlheinz Barck, Martin Fontius, Dieter Schlenstedt, Burkhart Steinwachs, Friedrich Wolfzettel. Stuttgart/Weimar: Metzler 2001. Band 2: Dekadent – Grotesk, S. 275 – 280 (Erhaben: Einleitung), 301 – 310 (Zum 20. Jahrhundert) (steht im Handapparat der UB)