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„Fruchtbringende Gesellschaft“ - ISK - RWTH Aachen · „Fruchtbringende Gesellschaft“, später „Palmenorden“ (1617-1680) bedeutendste Sprachgesellschaft des Barock dass

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„Fruchtbringende Gesellschaft“, später „Palmenorden“

(1617-1680) bedeutendste Sprachgesellschaft

des Barock

dass bey dem bluttriefenden Kriegsjammer/ unsere uralte unvollkommene [sic!

wohl 'und vollkommene' gemeint] Teutsche Muttersprache/ so uns gantz rein in

der ersten Milch gleichsam eingetreuffelt/ nachmals aber durch fremdes

Wortgepräng/ wässerig und versaltzen worden/ hinwieder in uralte

gewöhnliche und angeborne Teutsche[] Reinlichkeit/ Zierd und Aufnahme

eingeführet/ einträchtig fortgesetzet/ von dem fremdddrukkenden Sprachenjoch

befreyet/ durch alte und neue Kunstwörter befestiget/ und also endlichen in dem

glorwürdigsten Ehrenthron versetzet werden möchte

Sprachtoleranz und Sprachkritik im Mittelalter?

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Sprachtoleranz und Sprachkritik im Mittelalter?

Beschränkung: Hochmittelalter (10.-14/15. Jh.)

Diskurse in der Volkssprache (‚Deutsch‘)

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Augustinus, Darstellung aus dem 6. Jh.

Augustinus (von Hippo), 354-430,

Kirchenvater

Entwicklung einer umfassenden

Zeichentheorie:

Zwischenmenschliche Kommunikation:

Zeichen (Symbole, Töne, Phonem-/

Graphemketten) verweisen auf ‚Dinge‘

Kommunikation Gottes mit den

Menschen:

‚Dinge‘ verweisen auf Geistiges (z.B.

Gottes Allmacht, Gottes Liebe usw.) –

Prinzip der Ding-Allegorese

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Wib mvos iemer sin der wibe

hohste name. Vnd tiuret baz

danne frowe

Das Wort ‚wib‘ ist die beste

Bezeichnung für einen

weiblichen Menschen und

passt besser als das Wort

‚frowe‘

Walther von der Vogelweide, um 1200

Reflexionen über den

rechten Wortgebrauch

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Heinrich von Meißen, genannt ‚Frauenlob‘, gest. 1318

Wortbedeutung

nam(e): ‚Begriff‘

‚Etymologie‘

Wortbedeutung

‚Etymologie‘

wip

vrowe

W-unne

I-rdisch

P-aradis

Vro-:

‚Freude‘,

‚Lust‘

-we:

Schmerz der

Geburt

Reflexionen über

Wortsemantik und

Etymologie

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Walther von der Vogelweide, um 1200

Reflexionen über den

rechten Wortgebrauch

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Konrad von Megenberg: Das Buch der Natur

(die erste deutschsprachige Naturenzyklopädie)

entstanden Mitte 14. Jh.

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Der Vers-Prolog Konrads von Megenberg im ‚Buch der Natur‘,

Mitte 14. Jh.

Allegorie

Kunst,

Wissenschaft und

Sprache

Sprache als

Schlüssel des

Denkens

kritische Forderung an die Sprache

kritische Forderung an die Sprache

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Konrad von Megenberg, Buch der Natur, Mitte 14. Jh.

[... Erläuterungen, wie Töne

entstehen ...]

Phonetik

Phonologie

Verhältnis Phonem – Graphem

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Heinrich von Mügeln, gest. um 1380

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Grammatik Rhetorik Dialektik

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Heinrich von Mügeln, gest. um 1380

acht teil der red Dionysios Thrax, § 11 ‚Über die Redeteile‘ (= Wortarten)

„[...] Es gibt acht Redeteile: Nomen, Verbum, Partizip, Artikel, Pronomen, Präposition, Adverb, Konjunktion ...“ (zit. n. Arens, Bd.

1, S. 23)

nam Nomen

für-nam Pro-nomen

wort Verbum

zu-wort Ad-verb

teil-fang Parti-zip

zu-fug Kon-junktion

für-satz Prä-position

under-slag Inter-jektion (< inter + iacere ‚werfen‘)

teil-fanc

=

Parti-zip

lt. Kluge, Etym. Wörterbuch:

„Partizip: Entlehnt aus l. participium,

einer Substantivierung von l. particeps

‚Anteil habend‘, ‚beteiligt sein an‘, zu l.

pars (partis) ‚Teil‘ und l. capere

‚nehmen, ergreifen‘ Das Partizip ist

eine Verbform, die an der

Nominalflexion teilnimmt.“

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Das Hildebrandslied

um 830

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Alt-

Niederdeutsch

Alt-

Oberdeutsch

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Fragen:

Wie sind solche extremen Mundart-Mischungen

entstanden?

Mehrere Szenarien sind denkbar:

- Textmigrationen

- mundartgebundene Schreiber

Wurden Sie toleriert?

? es fehlen belastbare Quellen für

einschlägige Meta-Diskussionen in dieser

frühen Zeit

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Walther von der Vogelweide, um 1200

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regionalsprachliche Varietäten ‚oberdeutsch‘ (alemannisch, mitteldeutsch, fränkisch...)

erbeit arbeit

kilche kirche

har her

meige meie

vogeliu vogelin

sünt sülent

wening wenic

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Fragen:

Auf wen gehen die Varietäten zurück?

Auftraggeber / Schreiber der Handschriften?

Autor? – der sich regionalsprachlichen

Gegebenheiten anpasst

Wie geht man editorisch mit diesen Varianten um?

Rekonstruktion zu ‚gemeinoberdeutschen‘ Formen?

Beibehaltung der Varietäten?

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Forschungsgeschichte:

19. Jh. / 1. H. 20.Jh.: Es habe ein „Prestigegefälle“ zwischen Hoch-

und Niederdeutsch gegeben, daher hätten sich mittel- und

niederdeutsche Schreiber am Hoch- (Ober-) Deutschen orientiert.

Zeichen für sprachliches

Selbstbewusstsein?

Aktuelle Sicht (Thomas Klein, 2003):

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Ein bemerkenswertes Dokument für ein Mundartbewusstsein liefert Hugo von

Trimberg in seinem didaktischen Werk ‚Der Renner‘ (um 1300):

Kritisch hingegen sieht der Dichter Rumslant (von

Sachsen) um 1260 das Schwäbische des Kollegen

Marner:

Dîn [swaebisch] diutsch ist uns ze draete

draete: ‚reißend‘, ‚schnell‘

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Die ‚höfische Dichtersprache‘

Postulat eines ‚unwandelbaren

Hochdeutsch‘, das die mhd. Dichter

gesprochen hätten

(korrumpiert durch spätere Schreiber)

Aktuelle sprachhistorische Einschätzung:

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Der Beginn der deutschen Schriftsprachlichkeit: ein mühsames Sich-Abarbeiten an

der lateinischen Sprache, hier: ein lateinisch-deutsches Synonymenwörterbuch

(der sog. Abrogans, St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 911, Ende 8. Jh.)

Abrogans . dheomodi . humi

lis . samft moati .

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Die schriftsprachlichen Anfänge des Deutschen: ein mühsames Sich-Abarbeiten

an der lateinischen Sprache; hier: Interlinearversion der Bendiktusregel, 9. Jh.

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Latein vs. Volkssprache ‚deutsch‘

Otfrid von Weißenburg (um 800 – nach 870)

Cur scriptor hunc librum

theotisce dictauerit

Da nun viele angefangen haben, in ihrer

Muttersprache zu schreiben, und sich darum

bemühen, sich (durch schriftliche Aufzeichnungen)

herauszustellen -, warum sollen nur die Franken

davon absehen, Gottes Lob in fränkischer Sprache

zu singen ? (35) Ist diese Sprache bisher auch

noch nicht zu solcher Dichtung gebraucht, noch

von keiner metrischen Regel gemeistert worden, so

besitzt sie doch Geradheit in schöner Schlichtheit.

Bemühe dich nur, daß es dennoch schön erklinge

und Gottes Wort auf fränkisch herrlich erschalle,

(bemühe dich,) daß man das, was in dieser

Sprache besungen wird, schön ausspricht

(40) (und daß) wir im Verständnis (des göttlichen

Wortes) sicher bewahrt bleiben! ( . . . )

Warum sollen, wie ich schon sagte, zu solcher

Leistung einzig die Franken nicht befähigt sein,

worin die Völker nicht zurückstanden, die wir hier

oben genannt haben ? Sie sind so tapfer wie selbst

die Römer; (60) auch kann man nicht sagen, daß

ihnen darin die Griechen den Rang streitig machen.

Sie haben zu ihrem Vorteil die gleiche Geisteskraft

- in Feld und Wald sind sie (wie jene) mutig -, (sie

haben) genügend Reichtum und sind auch sehr

kühn (und) stets kampfbereit: so sind alle ihre

Leute. ( . . . )

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Otfrid ist sich aber der Probleme sehr bewusst (die folgenden

Reflexionen formuliert Otfrid bezeichnender Weise auf Latein):

Intoleranz?

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Intoleranz Sprachkritik

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Der Vers-Prolog Konrads von Megenberg, ‚Buch der Natur‘, um 1350

Lateinisch vs. Deutsch

Andere Sprachtransfers

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Hugo von Trimberg: Der Renner, um 1300

Hermann Damen, um 1300

Sprachstilistisches Ideal:

- ‚maßvoll‘, ohne Extreme

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Walther von der Vogelweide, um 1200

Kritik an unfähigen Sprach-

und Musikkünstlern

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Hie wil ich iuch wizzen lân, swie wol ich Welhische kan, sô wil ich doch in mîn getiht [35] Welhischer worte mischen niht. Der zühte lêre gewant sol gar von sîme gebote sîn einvar. Daz ensprich ich dâ von niht daz mir missevalle iht [40] swer strîfelt sîne Tiusche wol mit der Welhsche sam er sol; wan dâ lernt ein Tiusche man, der niht Welhische kan, der spæhen worte harte vil, [45] ob erz gerne tuon wil.

Thomasin von Zirklaria: Der welsche gast, 1217

Sprachenmischung;

fremdsprachliche Einflüsse

‚einfarbig‘: klar, unvermischt,

verständlich

Aber grundsätzlich:

‚Deutsch‘ kann gerne mit

Romanismen durchsetzt

werden

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Gottfried von Straßburg über Hartmann von Aue, 1. Dr. 13. Jh.

Klarheit,

Reinheit der

Sprache

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Gottfried von Straßburg (wahrscheinlich) über Wolfram von Eschenbach, 1. Dr. 13. Jh.

Obscuritas

Unklarheit

Verständnis-

probleme

tiutaere: ‚Dolmetscher‘

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Zusammenfassung:

Schon lange vor den barocken Sprachgesellschaften gibt es kritische

Reflexionen der deutschen Sprache.

Die Emanzipation der Volkssprachen, darunter das ‚Deutsche‘ , von der

gemeineuropäischen Intellektuellensprache Latein führt zu Qualitätsdebatten

und zu Reflexionen über die Leistungsfähigkeit – und ‚Schönheit‘ – der

Volkssprachen.

Die ‚höfische Kultur‘ im 12. und 13. Jh. bringt eine reiche poetische und

sachorientierte Literatur in der Volkssprache ‚deutsch‘ hervor, die in Teilen

metareflexiv ist.

Diese Metadiskurse reflektieren:

- die Leistungsfähigkeit der deutschen Sprache

- den Einfluss anderer Volkssprachen (besonders des Altfranzösischen)

- die Mundartvielfalt

- die Ästhetik der Sprache (mit kritischem Auge auf Ideale und Anti-Ideale wie

claritas vs. obscuritas)

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St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 30, 9. Jh.

Liubene ersazta sine gruz unde

kap sina tohter uz to cham aber

starzfidere prahta imo sina tohter

widere

Liubene setzte ein Weizenbier

an und gab seine Tochter

heraus; da aber kam

Starzfieder und brachte ihm

seine Tochter zurück.

Vielen Dank für Ihre

Aufmerksamkeit!

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