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1 Einleitung Bedingt durch die fortschreitende Liberali- sierung der Energiema ¨rkte, die Explosion der Șl- und Gaspreise und die zunehmen- den Klimaschutzerfordernisse bewegen sich die energiewirtschaftlichen und ener- giepolitischen Akteure derzeit in einem dy- namischen und von großer Unsicherheit gepra ¨gten Umfeld, in dem das Spannungs- verha ¨ltnis zwischen Wirtschaftlichkeit, Umweltvertra ¨glichkeit und Versorgungs- sicherheit deutlicher denn je zu Tage tritt. Das globale Klimaproblem, die begrenzte Ressourcenverfu ¨ gbarkeit und damit zu- sammenha ¨ngende geostrategische șberle- gungen erzwingen den Entwurf einer lang- fristig angelegten Energie- und Klimapoli- tik, die zunehmend auch als ein Element der Sicherheitspolitik verstanden werden muss. Zu den neuen Herausforderungen, die sich hieraus ergeben, geho ¨ rt insbeson- dere die Frage, durch welche Rahmen- bedingungen die Marktdurchdringung emissionsarmer und ressourcenschonender Energieumwandlungstechnologien gefo ¨ r- dert werden kann, von welchen Akteuren die Diffusion dieser Technologien voran- getrieben wird und inwieweit diese im Hinblick auf vorgegebene Klimaschutzzie- le schnell genug erfolgt. Um eine konsistente Energiepolitik zu entwickeln, um erfolgreiche Unterneh- mensstrategien zu identifizieren oder um Priorita ¨ten fu ¨ r Forschung und Entwick- lung festzulegen, mu ¨ ssen die genannten Problemfelder in ihrer Interaktion ada ¨quat beru ¨ cksichtigt werden. Dies erfordert den Entwurf von innovativen Energiesystem- bzw. Energiewirtschaftsmodellen, die so- wohl die neuartigen Bedingungen der libe- ralisierten Ma ¨rkte als auch die Treiber des technologischen Wandels in angemessener Weise zu erfassen vermo ¨ gen. Dieser Aufsatz stellt eine neue Klasse von agentenbasierten Energiemodellen vor, die insbesondere zur Untersuchung der Entwicklung urbaner Energiesysteme ge- eignet sind. Urbane Energiesysteme spielen beim Entwurf einer nachhaltigen Energie- versorgung zuku ¨ nftig vor allem deshalb eine wichtige Rolle, weil sie erstens auf- grund ihrer hohen Energienachfragedichte effiziente Versorgungslo ¨ sungen erlauben, die den Aufbau von Energieversorgungs- netzwerken (z. B. in Form von Nahwa ¨ r- mesystemen fu ¨ r die Nutzung der Kraft- Wa ¨rme-Kopplung) mo ¨ glich machen, und WIRTSCHAFTSINFORMATIK 49 (2007) 5, S. 352 360 Die Autoren Tobias Wittmann Thomas Bruckner Dipl.-Ing. Tobias Wittmann Dr. Thomas Bruckner Technische Universita ¨t Berlin Institut fu ¨r Energietechnik Marchstraße 18 10587 Berlin [email protected] [email protected] Eingereicht am 2006-12-15, nach zwei șberarbeitungen angenommen am 2007-05-28 durch Prof. Dr. Appelrath. Agentenbasierte Modellierung urbaner Energiesysteme Kernpunkte Agentenbasierte Energiesystemmodelle stellen einen innovativen Ansatz dar, mit dessen Hil- fe die zuku ¨nftige Entwicklung urbaner Energiesysteme analysiert werden kann. Hierbei wird die Heterogenita ¨t der energiewirtschaftlichen Akteure ebenso erfasst wie die sich aus der vorhandenen Infrastruktur ergebenden technischen Restriktionen. & Agentenbasierte Energiesystemmodelle erlauben es, die Rahmenbedingungen, die durch die Liberalisierung der Energiema ¨rkte, durch die Klimapolitik und durch die zunehmende Attraktivita ¨t dezentraler Technologien geschaffen wurden, in angemessener Art und Wei- se zu beru ¨cksichtigen. & Die Kopplung eines Agentenmodells mit einem zeitlich hoch aufgelo ¨sten Energiesystem- optimierungsmodell ermo ¨glicht es, die Ru ¨ckwirkung der Investitionsentscheidungen der energiewirtschaftlichen Akteure auf die Performance des Energieversorgungssystems zu erfassen. & Im Rahmen einer „Proof-of-Concept“-Anwendung konnten die Markteinfu ¨hrung dezen- traler Technologien analysiert und die Nu ¨tzlichkeit des Ansatzes nachgewiesen werden. Stichworte: Agentenbasierte Modellierung, Energiesystemmodelle, Energiewirtschaft, de- zentrale Technologien, begrenzte Rationalita ¨t, Lebensstilforschung, Technologiediffusion WI – Schwertpunktaufsatz

Agentenbasierte Modellierung urbaner Energiesysteme · mesystemen fu¨r die Nutzung der Kraft-Wa¨rme-Kopplung) mo¨glich machen, und ... kon-tinuierlich zunimmt [UN05]. Im Folgen-den

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Page 1: Agentenbasierte Modellierung urbaner Energiesysteme · mesystemen fu¨r die Nutzung der Kraft-Wa¨rme-Kopplung) mo¨glich machen, und ... kon-tinuierlich zunimmt [UN05]. Im Folgen-den

1 Einleitung

Bedingt durch die fortschreitende Liberali-sierung der Energiemarkte, die Explosionder �l- und Gaspreise und die zunehmen-den Klimaschutzerfordernisse bewegensich die energiewirtschaftlichen und ener-giepolitischen Akteure derzeit in einem dy-namischen und von großer Unsicherheitgepragten Umfeld, in dem das Spannungs-verhaltnis zwischen Wirtschaftlichkeit,Umweltvertraglichkeit und Versorgungs-sicherheit deutlicher denn je zu Tage tritt.Das globale Klimaproblem, die begrenzteRessourcenverfugbarkeit und damit zu-sammenhangende geostrategische �berle-gungen erzwingen den Entwurf einer lang-fristig angelegten Energie- und Klimapoli-

tik, die zunehmend auch als ein Elementder Sicherheitspolitik verstanden werdenmuss. Zu den neuen Herausforderungen,die sich hieraus ergeben, gehort insbeson-dere die Frage, durch welche Rahmen-bedingungen die Marktdurchdringungemissionsarmer und ressourcenschonenderEnergieumwandlungstechnologien gefor-dert werden kann, von welchen Akteurendie Diffusion dieser Technologien voran-getrieben wird und inwieweit diese imHinblick auf vorgegebene Klimaschutzzie-le schnell genug erfolgt.Um eine konsistente Energiepolitik zu

entwickeln, um erfolgreiche Unterneh-mensstrategien zu identifizieren oder umPrioritaten fur Forschung und Entwick-lung festzulegen, mussen die genanntenProblemfelder in ihrer Interaktion adaquatberucksichtigt werden. Dies erfordert den

Entwurf von innovativen Energiesystem-bzw. Energiewirtschaftsmodellen, die so-wohl die neuartigen Bedingungen der libe-ralisierten Markte als auch die Treiber destechnologischen Wandels in angemessenerWeise zu erfassen vermogen.Dieser Aufsatz stellt eine neue Klasse

von agentenbasierten Energiemodellen vor,die insbesondere zur Untersuchung derEntwicklung urbaner Energiesysteme ge-eignet sind. Urbane Energiesysteme spielenbeim Entwurf einer nachhaltigen Energie-versorgung zukunftig vor allem deshalbeine wichtige Rolle, weil sie erstens auf-grund ihrer hohen Energienachfragedichteeffiziente Versorgungslosungen erlauben,die den Aufbau von Energieversorgungs-netzwerken (z. B. in Form von Nahwar-mesystemen fur die Nutzung der Kraft-Warme-Kopplung) moglich machen, und

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 49 (2007) 5, S. 352–360

Die Autoren

Tobias WittmannThomas Bruckner

Dipl.-Ing. Tobias WittmannDr. Thomas BrucknerTechnische Universitat BerlinInstitut fur EnergietechnikMarchstraße 1810587 [email protected]@iet.tu-berlin.de

Eingereicht am 2006-12-15,nach zwei �berarbeitungenangenommen am 2007-05-28durch Prof. Dr. Appelrath.

Agentenbasierte Modellierungurbaner Energiesysteme

Kernpunkte

Agentenbasierte Energiesystemmodelle stellen einen innovativen Ansatz dar, mit dessen Hil-fe die zukunftige Entwicklung urbaner Energiesysteme analysiert werden kann. Hierbei wirddie Heterogenitat der energiewirtschaftlichen Akteure ebenso erfasst wie die sich aus dervorhandenen Infrastruktur ergebenden technischen Restriktionen.

& Agentenbasierte Energiesystemmodelle erlauben es, die Rahmenbedingungen, die durchdie Liberalisierung der Energiemarkte, durch die Klimapolitik und durch die zunehmendeAttraktivitat dezentraler Technologien geschaffen wurden, in angemessener Art und Wei-se zu berucksichtigen.

& Die Kopplung eines Agentenmodells mit einem zeitlich hoch aufgelosten Energiesystem-optimierungsmodell ermoglicht es, die Ruckwirkung der Investitionsentscheidungen derenergiewirtschaftlichen Akteure auf die Performance des Energieversorgungssystems zuerfassen.

& Im Rahmen einer „Proof-of-Concept“-Anwendung konnten die Markteinfuhrung dezen-traler Technologien analysiert und die Nutzlichkeit des Ansatzes nachgewiesen werden.

Stichworte: Agentenbasierte Modellierung, Energiesystemmodelle, Energiewirtschaft, de-zentrale Technologien, begrenzte Rationalitat, Lebensstilforschung, Technologiediffusion

WI – Schwertpunktaufsatz

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zweitens – weltweit gesehen – der Anteilder Bevolkerung, der in Stadten lebt, kon-tinuierlich zunimmt [UN05]. Im Folgen-den werden die wichtigsten Treiber desWandels der Energiewirtschaft vorgestellt,die zukunftig eine erhebliche Umgestal-tung der stadtischen Energieversorgungs-systeme in industrialisierten Landern er-warten lassen. Anschließend werden vordiesem Hintergrund die heute bereits exis-tierenden Energiemodelle diskutiert, Er-weiterungsnotwendigkeiten angesprochenund die sich daraus ergebenden Anforde-rungen an eine neu zu schaffende, agenten-basierte Energiemodellklasse herausgear-beitet, die besonders zur Analyse der Ent-wicklung urbaner Systeme geeignet ist.Der gewahlte agentenbasierte Ansatz er-laubt es insbesondere, den Einfluss derMarktliberalisierung, der Diffusion inno-vativer Technologien, der Heterogenitatder energiewirtschaftlichen Akteure – diez. B. in unterschiedlichen Geschaftsmodel-len von Unternehmen zum Ausdruckkommt – und der zunehmenden Klima-schutzanforderungen auf die Entwicklungurbaner Energiesysteme zu erfassen.

2 Treiber des Wandels

Technologischer Fortschritt, Wirtschafts-wachstum und Globalisierung werden inder Literatur als die wichtigsten Treiberdes gesellschaftlichen Wandels angesehen.Zusatzlich konnen politische Rahmenbe-dingungen die dadurch hervorgerufenenEntwicklungen behindern oder stimulieren[FrSo97]. Die Energiewirtschaft durchlauftzurzeit einen fundamentalen institutionel-len, wirtschaftlichen und technologischenWandel, der sich thesenartig wie folgt zu-sammenfassen lasst:These I – Deregulierung: Die Deregu-

lierung der Energiemarkte hat die institu-tionellen Rahmenbedingungen der Energie-wirtschaft grundlegend verandert [PfSi06].Insbesondere wurden die vertikal integrier-ten Energieversorger zumindest zum Teilentflochten, der Netzzugang fur unabhan-gige Erzeuger wurde erleichtert und dieVoraussetzung fur das Entstehen wett-bewerblicher Markte fur Energie geschaf-fen. Kunden konnen zwischen verschiede-nen Versorgern wahlen und selbst Energieanbieten. Alles zusammengenommen lasstdies erwarten, dass neue Marktteilnehmerin Zukunft eine starkere Rolle spielen wer-den.These II – Dezentrale Technologien:

Dezentrale Technologien haben einige ein-

zigartige Eigenschaften, wie Kompaktheit,Einfachheit und geringe Investitionskos-ten, die nicht von zentralen Technologiengeboten werden konnen. Die meisten die-ser Technologien wurden erst wahrend derletzten Jahre in den Markt eingefuhrt. DieStuckkosten dieser Technologien sinkenkontinuierlich. Abhangig von den Anfor-derungen der Markte, den Investitionskos-ten und Energiepreisen sowie den Versor-gungssituationen konnen neue, dezentraleTechnologien zunehmend in Energiesyste-me diffundieren [GrNV99].These III – Energieunternehmen: Ener-

gieunternehmen sind heterogen. Die Wirt-schaftlichkeit einer Investition hangt unter-nehmensspezifisch von den schon vorhan-denen Technologien, den Absatzmarktenund dem Zugang zu Kapital und Kundenab. Dezentrale Technologien passen ganzunterschiedlich zu den Portfolios beste-hender und neuer Unternehmen. Deshalbkonnen Unternehmen und deren heutigeRessourcenausstattung, ihre Sichtweisenauf die zukunftigen Markterfordernisseund ihre Fahigkeiten, mit dezentralenTechnologien umzugehen, eine entschei-dende Rolle bei der Entwicklung vonEnergiesystemen spielen [Chri00].These IV – Klimapolitik: Neueste Ana-

lysen zum globalenKlimaproblemhaben ge-zeigt, dass die potenziellen Auswirkungendes Klimawandels unterschatzt [IPCC07]und gleichzeitig die Kosten einer effektivenKlimaschutzpolitik uberschatzt wurden[Ster06]. Dies lasst zukunftig eine deut-liche Senkung der zulassigen Treibhausgas-emissionen erwarten. Fossile Energietragerwerden durch den Emissionshandel teurerwerden. Auf der anderen Seite konnenTechnologien, die sehr effizient sind odererneuerbare Energiequellen nutzen, miteiner Forderung rechnen, z. B. in Formeiner Investitionskostenunterstutzung odereiner Einspeisevergutung.Die genannten Tendenzen konnen die

Entwicklung der Energiesysteme erheblichbeeinflussen. Hierbei kann es u. U. zueinem �bergang von der heute dominie-renden zentralen Stromerzeugung hin zueiner zunehmend dezentralen Erzeugungkommen. Energiemodelle, die die zukunf-tige Entwicklung von Energiesystemen un-tersuchen wollen, mussen deshalb die obengenannten Treiber des Wandels angemessenberucksichtigen und dazu in der Lage sein,folgende Fragen zu beantworten:& Welche dezentralen Technologien dif-

fundieren in ein zu analysierendes Ener-giesystem, was bestimmt deren Diffu-sionsrate und wie verandert sich dadurchder Energiemix?

& Wie kann die Diffusion dezentralerTechnologien die Eigentumerstruktur anUmwandlungstechnologien verandernund was hat dies fur einen Einfluss aufdie zentrale Erzeugung?

& Zu welchem Grad beeinflussen die vor-handene Infrastruktur, Unternehmens-strategien und die Energiepolitik dieEntwicklung eines Energiesystems undwie entwickeln sich dementsprechenddie Emissionen, die Nachfrage und diePreise?

3 Energiemodelle –Stand der Forschung

Verschiedene Energiemodelle berucksichti-gen die oben skizzierten Treiber des Wan-dels in unterschiedlichem Maße. Im Fol-genden werden drei Bottom-up-Ansatzevorgestellt, die in Verbindung mit dieserArbeit stehen und fur aktuelle Fragestel-lungen Anwendung finden: zeitlich undraumlich hoch aufgeloste Energiesystem-optimierungsmodelle, intertemporale Op-timierungsmodelle und agentenbasierte Si-mulationen.Zeitlich und raumlich hoch aufgeloste

Energiesystemmodelle ermoglichen die Be-stimmung des kostenoptimalen Einsatzesder im betrachteten Energieversorgungs-system vorhandenen oder potenziell ein-setzbaren Energieumwandlungstechnolo-gien. Zusatzlich konnen sie im Rahmenvon Szenarienrechnungen helfen, den Ein-fluss von Preisen, Steuern, Investitionenund politischen Rahmenbedingungen aufden Betrieb der Anlagen zu untersuchen.Die betrachteten Technologien werdenhierbei in der Regel durch Input-Output-Relationen unter Berucksichtigung vonUmgebungsparametern und anderen, we-sentlich bestimmenden Variablen (z. B.Vor- und Rucklauftemperaturen) abgebil-det. Die Nachfrage wird mit einer hohenzeitlichen Auflosung (bis hin zu Einstun-denmittelwerten fur ein reprasentativesJahr) vorgegeben. Zu den bekannten Mo-dellen dieser Klasse gehoren BoFit[ScJM04; StMe97], TopEnergy [AHKL05]und deeco [BMHP03; BrGK97; GrBK95].Zeitlich und raumlich hoch aufgelosteEnergiesystemmodelle sind aufgrund ihrerhohen Auflosung dazu in der Lage, Kon-kurrenz- und Synergieeffekte beim ge-meinsamen Einsatz von Anlagen der ratio-nellen Energieverwendung und solchenzur Nutzung regenerativer Energiequellenzu erfassen. Sie sind deshalb besonders da-zu geeignet, den Betrieb innovativer dezen-

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traler Technologien, die in der Regel einerdieser beiden Technologieklassen zugeord-net werden konnen, zu analysieren[BrMW05]. Richtet sich der Fokus jedochauf den Betrieb großer, z. B. nationalerEnergiesysteme oder auf die Untersuchungdes langfristig optimalen Ausbaus derEnergieversorgungssysteme, so ubersteigendie Anforderungen an die Datengrundlageund die Rechenzeit die Moglichkeiten heu-tiger Informationstechnik.Im Gegensatz zu den bisher diskutierten

Modellen eignen sich die weniger hochauflosenden, intertemporalen Energiesys-temoptimierungsmodelle insbesondere furdie Untersuchung der langfristig kosten-optimalen Entwicklung großer Energiesys-teme unter Berucksichtigung verschiedenerPreisszenarien, politischer Rahmenbedin-gungen und technischer Entwicklungen.Die strukturelle Entwicklung des Gesamt-systems wird unter Berucksichtigung desdurchschnittlichen Betriebs und moglicherInvestitions- und Ruckbauoptionen durcheine in der Regel lineare Optimierung be-stimmt. Zu den bekannten Modellen die-ser Klasse gehoren MARKAL [SeGS02;FiAb81], EFOM [Voor85], MESSAGE[MeSt95] und TIMES [RGSS02].Intertemporale Energiesystemoptimie-

rungsmodelle sind aufgrund ihrer hohenAggregation nicht dazu in der Lage, Ni-schenmarkte zu erfassen. Sie sind deshalbnicht dazu geeignet, die Dynamik der Dif-fusion innovativer dezentraler Technolo-gien angemessen zu analysieren [BrMW05].Weiterhin basieren intertemporale Modelleauf der Annahme, dass ein einziger, ratio-naler Entscheidungstrager mit perfekterVoraussicht den Ausbau des Energiesys-tems kontrolliert. Sie konnen somit grund-legende Eigenschaften liberalisierter Mark-te nicht erfassen, was ihre sinnvolle An-

wendbarkeit zusatzlich zu dem bereitsGesagten weiter einschrankt.Der dritte, agentenbasierte Ansatz greift

auf autonome Softwareagenten zuruck, diedurch definierte Schnittstellen interagieren.Agentenbasierte Modelle haben vielfaltigeEinsatzgebiete. Sie wurden zum Beispielzur Untersuchung der Emergenz sozialerPhanomene [EpAx96], zur Verkehrspla-nung in Stadten [Cast97], zur Unterstut-zung des Wassermanagements in Einzugs-gebieten europaischer Flusse [ESSJ05] so-wie zur Untersuchung der Diffusion vonTechnologien und der damit verbundenenRessourcennutzung in der Landwirtschaft[Berg01] eingesetzt. Agentenbasierte Mo-delle unterscheiden sich von den oben dis-kutierten Ansatzen insbesondere deshalb,weil die Entwicklung eines Systems durchdie wiederholte Interaktion der heteroge-nen Agenten bestimmt wird. Diese Inter-aktionen mussen nicht notwendiger Weisedurch ein rationales Entscheidungsmodellbestimmt werden – es konnen z. B. auchHeuristiken Anwendung finden. Die Ein-fuhrung von Agenten erlaubt es, zwischenverschiedenen Akteuren zu unterscheiden,verschiedene Entscheidungsalgorithmen zuberucksichtigen, Interaktionen auf Mark-ten zu simulieren und dezentrale Techno-logien und politische Interventionen abzu-bilden. Diese Vielzahl von Moglichkeitenerfordert es, dass sich Modelle auf einenbestimmten Anwendungsbereich konzen-trieren. Der agentenbasierte Ansatz wurdebereits erfolgreich im Energiesektor ange-wandt. Einige Modelle haben z. B. das Bie-terverhalten an der Energieborse simuliert[Hu04; NMCC02] und die Konsolidierungdes deutschen Energiemarktes untersucht[BoBW01]. Andere konzentrierten sich aufdie zukunftige Entwicklung von nationalenEnergiesystemen [Groz04; VBCK02].

4 Agentenbasierte Energie-systemmodelle zur Analyseurbaner Energiesysteme

Zeitlich und raumlich hoch aufgeloste Mo-delle, intertemporale Optimierungsmodelleund agentenbasierte Modelle berucksichti-gen verschiedene Aspekte der oben ge-nannten Treiber des Wandels und konnendeshalb nur zur Untersuchung spezifischerFragestellungen herangezogen werden. ImFolgenden wird deshalb ein integrierterAnsatz entwickelt, der es gestattet, alleTreiber des Wandels in einer innovativenArt und Weise zu berucksichtigen.& Der Ansatz beschrankt sich hierbei be-

wusst auf dicht besiedelte stadtische Re-gionen, die mit großter Wahrscheinlich-keit zukunftig eine substanzielle Dif-fusion von dezentralen Technologienerleben werden.

& Dieser begrenzte raumliche Fokus er-laubt es, ein zeitlich und raumlich hochaufgelostes Energiemodell zur Modellie-rung des Betriebs der beteiligten Ener-gieumwandlungstechnologien zu ver-wenden.

& Die im Hinblick auf diese Technologienvorzunehmenden Betriebs-, Investi-tions- und Ruckbauentscheidungen wer-den von heterogenen Agenten vor-genommen, die Energie auf Markten an-bieten und nachfragen. Der Wettbewerbzwischen Firmen wird als eine „battle ofperspectives“, d. h. eine Konkurrenz un-terschiedlicher Unternehmensphiloso-phien, abgebildet.

Der agentenbasierte Ansatz zur Unter-suchung der Entwicklung urbaner Ener-giesysteme unterscheidet zwei wesentlicheEbenen: die technische Ebene und die so-ziookonomische Ebene. Wahrend die tech-nische Ebene alle Technologien beinhaltetund den Betrieb des Energiesystems simu-liert, konnen die Akteure in der sozio-okonomischen Ebene die Struktur destechnischen Systems verandern und Vertra-ge uber Energielieferungen untereinanderabschließen. Bild 1 stellt diese Struktur ver-einfacht dar.

4.1 Technische Ebene

Zur technischen Ebene gehoren neben denenergienachfragenden Gebauden alle Ener-gieumwandlungsprozesse einschließlich dersie verbindenden Infrastruktur (Gasnetze,Fernwarmenetze, Stromnetze etc.). Energiekann uber die Grenzen des urbanen Ener-giesystems importiert und exportiert wer-

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Bild 1 Technische und soziookonomische Ebene des Modells

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den. Das technische Energiesystem istdaruber hinaus in so genannte Control Do-mains (CD) unterteilt, die alle Technolo-gien, die einem Akteur gehoren und vondiesem gemeinsam gesteuert werden kon-nen, umfassen. So konnen die Eigentumer-strukturen und begrenzten Steuermoglich-keiten im technischen System abgebildetwerden. Zur Steuerung ihrer Anlagen grei-fen verschiedene Akteure auf unterschiedli-che Verfahren zuruck. Die Steuerung haus-integrierter Anlagen erfolgt in der Regeldurch Kennlinien; Energieversorger nut-zen hingegen Kraftwerkseinsatzmodelle.Die Methoden, die zur Regelung der Anla-gen in den verschiedenen Control Domainseingesetzt und modelltechnisch als UnitCommitment Protocols angesprochen wer-den, mussen deshalb akteursspezifisch mo-delliert werden.

Aggregation der Infrastruktur

Einzelne Teile einer Stadt unterscheidensich oftmals erheblich hinsichtlich der Ein-wohnerdichte, der Bebauung, der verfug-baren Netzwerke und der Nachfragedich-te. Roth et al. [Roth80] unterscheiden des-halb verschiedene Siedlungstypen, diedurch eine Anzahl unterschiedlicher Para-meter gekennzeichnet werden. Zu diesenParametern gehoren unter anderem dievorherrschende Gebaudeform, der mittlereAbstand zwischen Gebauden und die Kos-ten des Betriebs und der Erweiterung vonNetzwerken. Bild 2 deutet exemplarischan, wie eine Stadt unter Zuhilfenahme vonSatellitenbildern in Siedlungstypen unter-teilt werden kann. Das Bild wurde GoogleEarth entnommen – einer internetbasiertenSoftware, die Satellitenbilder von fast allenStadten der Welt anbietet. Ferner konnenalle Wohngebaude einer Stadt einem be-stimmten Gebaudetyp zugeordnet werden.Eine entsprechende Gebaudetypologie, diedie Gebaude hinsichtlich ihrer Bauformund ihres Baujahres klassifiziert, wurdez. B. von Hake et al. [HaKK99] entwickelt.Jeder Gebaudetyp weist einen typischenWarmebedarf auf. Durch eine Kombina-tion von Gebaude- und Siedlungstypenkonnen der Warmebedarf und die Kenn-daten der Energieversorgungsnetzwerkeeiner Stadt hinreichend erfasst werden.

Control Domains

Jede CD gruppiert die Technologien, Ge-baude und Netzwerke, die einem bestimm-ten Agenten gehoren und deren Betriebdurch das gleiche Unit Commitment Pro-tocol (UCP) abgebildet wird. Jede CD ge-hort somit einem Agenten. CDs werden

uber Gateways verbunden, die einen Aus-tausch von Energie- und Kostenstromen er-moglichen [MWHB05]. Jedes Gateway re-prasentiert daruber hinaus einen Vertrag,der zwischen zwei Agenten besteht. AlleCDs ergeben gemeinsam den CD-Graph,welcher sequentiell gelost werden kann, dadie versorgenden CDs die energienachfra-genden CDs mit Energie versorgen mussen.Solange eine gesicherte Versorgung voraus-gesetzt wird, mussen somit im Modell wieauch in der Realitat die Versorger ihre Rege-lung auf die Erfordernisse der Gesamtheitaller Kunden abstimmen, die unter Um-standen in ihrem Bereich bereits eine opti-mierte Regelung vorgenommen haben. Eshandelt sich beim CD-Graph somit umeinen gerichteten und azyklischen Graphen.Bild 3 zeigt hierfur ein einfaches Beispiel.

Unit Commitment Protocol

Der Betrieb der Technologien in einerControl Domain wird durch ein UnitCommitment Protocol bestimmt. Jede CD

kann unabhangig von anderen CDs simu-liert werden, solange die Liefer- und Ab-nahmeverpflichtungen erfullt sind. Hierbeikonnen akteursspezifisch verschiedeneUCP wie zum Beispiel Heuristiken, Merit-Order-Verfahren oder auch Kraftwerksein-satzoptimierungsprogramme Anwendungfinden. Einfache Heuristiken bilden dabeiin der Regel das Nachfrageverhalten vonHaushalten ab. Es wird angenommen, dassGebaude eine feste Raumtemperatur mitNachtabsenkung haben, dass der Stromver-brauch witterungs- und tageszeitabhangigschwankt und die Warmwassernachfrageeinem tageszeitabhangigen Muster folgt.Zur Simulation des Betriebs von Energie-umwandlungstechnologien in einer CDgreift die technische Ebene auf Optimie-rungsverfahren zuruck. Zur Berechnung derin diesem Aufsatz gezeigten exemplarischenErgebnisse wurde hierzu das zeitlich undraumlich hoch aufgeloste Energieoptimie-rungsprogramm deeco [Bruc97; BrGK97;BMHP03] eingesetzt, das vollstandig ob-jektorientiert programmiert und in Cþþ

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Bild 2 Aggregation der Infrastruktur durch Siedlungstypen

Bild 3 Exemplarischer CD-Graph bestehend aus mehreren Control Domains, diedurch jeweils unterschiedliche Unit Commitment Protocols gesteuert werden

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implementiert wurde. deeco erlaubt ins-besondere die adaquate Abbildung dezen-traler Technologien, wie zum BeispielHeizkessel, Warmepumpen, Kraft-Warme-Kopplungsanlagen, solarthermische Kol-lektoren, Speicher, Solarzellen und Wind-kraftanlagen. Aber auch zentrale Tech-nologien wie Dampf- und Gaskraftwerkekonnen modelliert werden. deeco bestimmtfur jede Stunde eines Jahres den kosten-optimalen Einsatz aller Technologien ineiner CD durch die Anwendung eines li-nearen Optimierungsalgorithmus. Durchden Einsatz eines Optimierungsverfahrenskann im Gegensatz zu einer alternativen Si-mulation des dynamischen Verhaltens derAnlagen auf eine explizite Darstellung derMess- und Regelungstechnik verzichtetwerden. Einzelne Anlagen konnen so imZeitverlauf – gemaß den erfolgenden In-vestitions- oder Ruckbauentscheidungen –in einfacher Art und Weise dem Systemhinzugefugt oder aus dem System entnom-men werden. Im Falle einer Simulation desAnlageneinsatzes musste die konkrete in-formationstechnische Verknupfungsstruk-tur hierbei nicht nur berucksichtigt, son-dern auch dynamisch modifiziert werden,was automatisiert – wenn uberhaupt – nurmit nicht zu rechtfertigendem Rechenzeit-aufwand durchgefuhrt werden konnte. Dervorgeschlagene agentenbasierte Ansatz ver-langt nicht zwingend den Einsatz eineslinearen Optimierungsmodells zur Steue-rung der CD. Auch andere, z. B. gemischt-ganzzahlige oder auch nichtlineare Ver-fahren sind denkbar und im Hinblick aufbestimmte Anwendungsfalle auch sinnvoll.Der in deeco verwendete lineare Solver er-laubt durch seine Effizienz nicht nur dieAnalyse komplexer Konfigurationen; er istauch mit weniger Nachteilen verbunden alsman bei einem linearen Optimierungsver-fahren zunachst erwarten wurde. Verant-wortlich dafur ist zum einen, dass nur imHinblick auf die beteiligten Energieflusseein linearer Zusammenhang vorausgesetztwird. Dies kann technologisch gesehen gutbegrundet werden [Bruc97], wenn – wie indeeco – gleichzeitig der nichtlineare, weit-gehend optimierungsunabhangige Einflussder Witterungsbedingungen sowie der rele-vanten Großen, die die Warmestrome cha-rakterisieren (z. B. der Vor- und Rucklauf-temperaturen), auf die Wirkungsgrade derbeteiligten Technologien berucksichtigtwird. Durch die hohe zeitliche und raumli-che Auflosung erfolgt die Optimierung un-ter vielfach veranderten Randbedingungen,die dazu fuhren, dass einmal die eine undein anderes Mal eine andere Technologiebevorzugt wird. Hierdurch wird das bei

hochaggregierten linearen Optimierungs-ansatzen gefurchtete „Bang-Bang“-Verhal-ten weitgehend vermieden.

4.2 Soziookonomische Ebene

Die soziookonomische Ebene beinhaltet alleAkteure, die Energie in dem betrachtetenSystem verkaufen oder kaufen. Jeder dieserAgenten steht in Beziehung zu einer CD inder technischen Ebene. Agenten konnendas UCP zum Betrieb der CD auswahlen,die Betriebsparameter der Technologienund damit deren Wirtschaftlichkeit unter-suchen und die Zusammensetzung der CDdurch Investition oder Ruckbau verandern.Es wird davon ausgegangen, dass die

Akteure heterogen sind. Auf hochster Ebe-ne werden insbesondere zwei Klassen, dieprivaten Agenten und die wirtschaftlichenAgenten unterschieden. Private Agentenreprasentieren Haushalte und Hausbesit-zer; wirtschaftliche Agenten reprasentierenEnergieunternehmen oder große Energie-nachfrager. Im Folgenden werden die An-satze, die in diesen beiden Klassen zur Mo-dellierung des Entscheidungsverhaltens he-rangezogen werden, kurz skizziert.

Private Agenten

Private Agenten fragen Energie nach undbetreiben dezentrale Umwandlungstech-nologien wie zum Beispiel Kessel, solar-thermische Kollektoren, Solarzellen oderAnlagen, die der Mikro-Kraft-Warme-Kopplung (Mikro-KWK) zuzuordnensind, um ihren eigenen Bedarf zu decken.Daruber hinaus schließen sie Vertrage mitmeist langerer Laufzeit, um die benotigteEnergie einzukaufen. Die Entscheidungen,die ein privater Agent trifft, verandern dieStruktur eines Energiesystems nicht ent-scheidend. Private Agenten sind zum Bei-spiel private Haushalte, Hausbesitzer oderWohnungsbaugenossenschaften.Private Agenten treffen Betriebsfuh-

rungsentscheidungen, wie das Einschaltenvon Licht, Kochen, Waschen, Fernsehen,Duschen, die Wahl der Raumtemperaturetc. relativ haufig. Die meisten dieser Ent-scheidungen werden intuitiv getroffen. Da-ruber hinaus kann das oftmals erlernte Ver-halten nicht leicht verandert werden[Lutz93]. Betriebsfuhrungsentscheidungenprivater Agenten werden deshalb durchHeuristiken abgebildet. Sie andern sichwahrend einer Simulation nicht.Die Investitionsentscheidungen privater

Agenten betreffen die Isolierung ihrerHauser sowie die Anschaffung einer Tech-

nologie zur Warmebereitstellung. Um sol-che Entscheidungen zu treffen, mussen allenotwendigen Optionen ermittelt und be-wertet werden. Der entsprechende Warme-bedarf muss geschatzt und Annahmen uberdie zukunftige Entwicklung von Preisenmussen getroffen werden. Private Agentenstehen nicht oft vor solchen Entscheidun-gen – die Lebensdauer von Kesseln betragtz. B. etwa 15 Jahre. Renovierungszyklenvon Hausern liegen zwischen 25 und 50Jahren. Daruber hinaus sind die auftreten-den Investitionsausgaben oftmals hoch.Nicht immer kann unter Berucksichtigungvon Budgetrestriktionen deshalb eine opti-male Entscheidung auch realisiert werden.Zur Modellierung der Investitionsentschei-dungen privater Agenten werden deshalbverschiedene Suchregeln, Analysewerkzeu-ge und Entscheidungsstrategien herange-zogen, die ein nicht optimierendes Ent-scheidungsverhalten im Sinne einer be-grenzten Rationalitat (bounded rationality)abzubilden erlauben.Es wird weiterhin angenommen, dass die

privaten Akteure in einem Versorgungs-gebiet in der Regel heterogen sind. Sie ha-ben verschiedene Budgets, verschiedenePraferenzen und unterscheiden sich hin-sichtlich ihrer Fahigkeiten, entscheidungs-relevante Informationen zu sammeln unddiese zu bewerten. Basierend auf empiri-schen Ergebnissen aus der Soziologie, ins-besondere aus der Markt- und Meinungs-forschung, wird jedoch davon ausgegan-gen, dass sich die Gesamtheit der privatenAkteure in nahezu homogene Lebensstil-Cluster aufteilen lasst, die sich deutlichvoneinander unterscheiden lassen [Bour87].Fur jeden Cluster werden verschiedeneEntscheidungsregeln verwendet, die unter-schiedliche Rationalitatstypen berucksich-tigen. Wahrend z. B. ein Traditionalist nurTechnologien findet, die allgemein bekanntsind, konzentriert sich der Technologiefuh-rer auf neue Technologien mit niedrigem,aber steigendem Marktanteil. Fur den etab-lierten Akteur sind dagegen nur solcheTechnologien interessant, die bereits einenbestimmten Marktanteil haben. Auch dieZiele, die die Agenten bei einer Investitionverfolgen, sind verschieden. Fur den Tradi-tionalisten stehen ein niedriger Preis undein annehmbarer Komfort im Vorder-grund. Der Technologiefuhrer achtet aufeinen niedrigen Endenergieeinsatz (hoheEffizienz) bzw. niedrige CO2-Emissionen.Fur den etablierten Akteur sind ein hoherKomfort bei einem annehmbaren Preis dieHauptkriterien [WMRB06].

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Wirtschaftliche Agenten

Wirtschaftliche Akteure betreiben einEnergiesystem als eines ihrer Kerngeschaf-te. Sie unterhalten und betreiben verschie-dene Umwandlungstechniken und bietenVersorgungsvertrage auf Markten an. Da-ruber hinaus besitzen sie Wissen uber denMarkt und passen ihre Strategien regelma-ßig an aktuelle Entwicklungen an. Zu denwirtschaftlichen Agenten gehoren zumBeispiel Stadtwerke, Gaslieferanten, War-melieferanten, unabhangige Erzeuger undgroße Energienachfrager.Zur Bestimmung der Betriebsfuhrungs-

entscheidungen der gewinnorientiert agie-renden wirtschaftlichen Akteure bietet sichwie oben bereits angesprochen der Einsatzeines geeigneten Einsatzoptimierungspro-gramms an. Durch den Einsatz dieser Pro-gramme kann das Verhalten der Technolo-gien simuliert und die Wirtschaftlichkeitvon Investitionsalternativen abgeschatztwerden. Investitionsentscheidungen wer-den in Low-stake- und High-stake-Ent-scheidungen untergliedert. Low-stake-Ent-scheidungen benotigen nur wenig Kapitalund verandern die Ressourcen des betrach-teten Unternehmens nicht bedeutend.Hierzu gehoren kleine Erweiterungen derNetzinfrastruktur und Investitionen indezentrale Technologien. Diese Entschei-dungen werden durch ein rationales Ent-scheidungsmodell endogen modelliert.High-stake-Entscheidungen haben weitreichende Folgen fur das betrachtete Un-ternehmen. Sie werden deshalb in der Re-gel durch das Topmanagement getroffen.Zu den High-stake-Entscheidungen geho-ren zum Beispiel Investitionen in zentraleKraftwerke. High-stake-Entscheidungenwerden deshalb exogen vorgegeben – ent-weder in Form von zu vergleichenden Sze-narien oder durch eine online stattfindendeExpertenbefragung.Zur Modellierung der Low-stake-Ent-

scheidungen der wirtschaftlichen Akteurewird angenommen, dass ein Unternehmenaus verschiedenen Ressourcen besteht.Physikalische Ressourcen sind z. B. dieTechnologien, Infrastrukturen und dasEquipment. Humane Ressourcen sindTraining, Entscheidungsfahigkeit sowie dasWissen der Mitarbeiter und Manager. Insti-tutionelle Ressourcen sind die Berichts-struktur, die Planungsstruktur und dasControlling. Barney [Barn91] erklart dasZustandekommen von Wettbewerbsvortei-len durch die Heterogenitat und die Immo-bilitat einiger entscheidender Ressourcen.Diese Ressourcen mussen wertvoll, rar undnicht reproduzierbar sein. Das verwendete

Modell fur wirtschaftliche Agenten unter-scheidet verschiedene Geschaftsbereiche(zentrale Erzeugung, dezentrale Erzeu-gung, Netzwerke etc.) und deren unter-schiedliche Anfangsausstattung. Fur jedendieser Geschaftsbereiche kann dann eineeigene Strategie gewahlt werden. So kannder Einfluss unterschiedlicher Ressourcen-ausstattungen und grundlegender Strate-gien verschiedener Unternehmen auf denWettbewerb und die Entwicklung des Ge-samtsystems abgebildet werden.

4.3 Dynamik des gekoppeltenGesamtsystems

Die im Abschnitt 4.2 vorgestellten privatenAgenten stehen vor allem immer dann,wenn die ihnen gehorenden Anlagen dasEnde ihrer Lebenszeit erreichen bzw. dieGebaudehulle einer Renovierung unter-worfen werden muss, vor energietech-nischen Investitionsentscheidungen. Sietreffen diese unter Ruckgriff auf jeweils ak-teurs-spezifische Suchregeln, Analyse-werkzeuge und Entscheidungsstrategien[WMRB06]. Bei der Suche nach zu verglei-chenden Alternativen betrachten mancheAkteure nur die ihnen bereits bekanntenVersorgungsoptionen, andere bemuhensich dagegen darum, einen moglichst voll-standigen Marktuberblick zu gewinnen.Bei den Analyseinstrumenten begnugensich manche mit einem Blick auf die Inves-titionskosten, andere bestimmen daruberhinaus die Amortisationszeit und wiederandere sind dazu in der Lage, den Kapital-wert der Investition zu berechnen.Die Investitionsentscheidungen stellen

multikriterielle Entscheidungsprobleme dar,die neben den Kosten auch Umweltschutz-aspekte und Komfortanspruche beruck-sichtigen. Als Entscheidungsstrategien zurLosung dieser Probleme suchen mancheAkteure nach einer lexikographischen An-ordnung der Alternativen, andere sind miteiner Minimalanspruchen genugenden Lo-sung zufrieden und wieder andere suchennach dem Maximum einer gewichteten Ge-samtzielfunktion. Die getroffenen Ent-scheidungen werden modellmaßig jeweilsam Jahresbeginn realisiert und konnen an-schließend von den wirtschaftlichen Ak-teuren in ihrer Interaktion mit dem Ge-samtsystem bewertet werden. Letzteres er-folgt durch eine Simulation des Betriebsdes Gesamtsystems uber das ganze sich an-schließende Jahr, die mit einer stundlichenAuflosung erfolgt. Hierdurch gelingt es,die Ruckwirkung der einzelnen Ent-scheidungen der privaten Akteure auf die

Entwicklung der Energienachfrage zu be-stimmen, die fur die Entscheidungen derwirtschaftlichen Akteure von großer Be-deutung ist.

5 Exemplarische Modell-anwendung

Das oben beschriebene agentenbasierteEnergiesystemmodell wurde in Cþþ ob-jektorientiert umgesetzt und mit dem zeit-lich und raumlich hoch aufgelosten Ener-giesystemmodell deeco gekoppelt. Cþþwurde wegen seiner strengen Objektorien-tierung und der zukunftigen Moglichkeit,eine engere Kopplung des Agentenmodellsmit deeco zu realisieren, gewahlt. DieserAbschnitt beschreibt illustrative Ergeb-nisse, die im Rahmen einer „Proof-of-Concept“-Anwendung des so erstelltenModells gewonnen werden konnten. Eswurden dabei sowohl die wirtschaftlichenals auch die privaten Agenten imple-mentiert. Fur die Kommunikation derAgenten untereinander wurde das Vermitt-ler-(Mediator-)Entwurfsmuster verwendet[GHJV04]. Von einer Verwendung desFIPA-Standards wurde wegen der sehrspezifischen Anwendung abgesehen. Einedetaillierte Diskussion der gewonnenen Er-gebnisse findet der interessierte Leser inWittmann [Witt07].Die hier vorgestellte, prototypische Mo-

dellanwendung beschrankt sich auf die Un-terscheidung von insgesamt vier Klassenfur die privaten Akteure: Traditionelle,Etablierte, Technologiefuhrer und Vermie-ter. Fur jede dieser Gruppen wurden unter-schiedliche Suchregeln, Analysewerkzeugeund Entscheidungsstrategien hinterlegt. Sofinden z. B. die Traditionellen vorzugswei-se Technologien, die in ihrem Milieu ver-breitet sind und sich nicht substanziell vonihrem Status-quo-System unterscheiden.Sie vergleichen Kosten nur auf Basis derInvestitionskosten. Auch Etablierte ent-scheiden sich fur schon eingefuhrte und inihrem Milieu angewandte Technologien.Sie beziehen den Komfort einer Technolo-gie in ihre Entscheidungsfindung mit ein.Dagegen sind Technologiefuhrer bereit,auch neue Technologien – trotz hohererKosten und anfanglich geringerem Kom-fort – anzuwenden. Die Vermieter achtenbei Investitionen stark auf die Kosten undbewerten diese auf Basis des Kapitalwertseiner Investition. Daruber hinaus wurdenzwei wirtschaftliche Akteure – ein amElektrizitatsmarkt etablierter lokalerStromversorger, der eine zentrale KWK-

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Anlage betreibt, sowie ein lokaler Gasver-sorger, der keine eigenen Kraftwerke unter-halt – eingefuhrt.Folgende Strategien der beiden Unter-

nehmen wurden modelliert: Der etablierteStromversorger erwartet, dass die Nachfra-ge nach Warme im Fernwarmenetz durchdie zunehmende Isolierung von Gebaudenzuruckgehen wird. Er versucht deshalbneue Warmekunden zu gewinnen und denin der zentralen KWK-Anlage generiertenStrom an lokale Konsumenten zu verkau-fen. Die zukunftige Entwicklung von Prei-

sen und Kosten fur neue Technologienwerden konservativ bewertet; es wird ins-gesamt kein substanzieller Handlungs-bedarf gesehen, um den langfristigen Er-folg des Unternehmens zu garantieren. DasModell lasst deshalb fur den etabliertenStromversorger keine Investition in dezen-trale Technologien zu. Der lokale Gasver-sorger geht im Gegensatz dazu davon aus,dass sich die Liberalisierung des Gasmark-tes und die zunehmende Warmedammungvon Gebauden negativ auf die Auslastungdes Gasnetzes und den Gasabsatz des Un-

ternehmens auswirken konnen. Es bestehtdie Notwendigkeit, langfristig einen profi-tablen Betrieb der bestehenden Infrastruk-tur zu sichern und die eigenen Verkaufe zusteigern, damit das Unternehmen wachsenkann. Der Gasversorger sieht deshalb inMikro-KWK-Anlagen die Moglichkeit,den lokalen Gasmarkt zu vergroßern unddurch ein geeignetes Contracting-Angebotlangfristige Abnahmevertrage fur Gas undden erzeugten Strom zu schließen. Der lo-kale Gasversorger kann so zum einen dasGasgeschaft ausweiten und zum anderen inden Strommarkt einsteigen. Bild 4 zeigt dieDiffusionspfade verschiedener Technolo-gien in den lokalen Markt – einmal unterder Annahme, dass der Gasversorger nichtin den Strommarkt einsteigt (links) undeinmal unter der Annahme, dass er eine In-stallation von Mikro-KWK-Anlagen durchprivate Hausbesitzer unterstutzt und dennicht im Gebaude konsumierten Stromkauft (rechts).Neben einer Diffusion von Gasbrenn-

wertkesseln, solarthermischen Kollektorenzur Warmwasserbereitung, Holzpelletkes-seln und einer Ausweitung des Fernwar-meabsatzes durch zusatzlich gewonneneKunden erkennt man, dass der lokale Gas-versorger eine Diffusion von Mikro-KWK-Anlagen stimulieren kann. Mikro-KWK-Anlagen werden an Stelle von Gas-brennwertkesseln (ob mit oder ohne solareWarmwasserheizung) und Fernwarme ein-gesetzt. Die Gasnachfrage wird so gestei-gert, neue Kunden werden gewonnen undbereits vorhandene Kunden langfristig ge-bunden. Der lokale Gasversorger kann imMikro-KWK-Szenario die Auslastung desGasnetzes erhohen, den Gasabsatz steigernund zugleich erfolgreich in den Strom-markt einsteigen. Eine (hier nicht gezeigte)akteursspezifische Analyse der Ergebnisseverdeutlicht die Interaktion der Agenten.Technologiefuhrer greifen innovative Tech-nologien (z. B. die solare Warmwasserver-sorgung verbunden mit Gasbrennwertkes-seln) fruhzeitig auf, erhohen ihren Markt-anteil und lassen sie so auch fur dieEtablierten (durch �berschreiten eines be-stimmten Marktanteils) sichtbar werden.Die Diffusion der Mikro-KWK im zwei-

ten Szenario wird uberwiegend von denetablierten Agenten getragen. Dieser Agen-tentyp investiert nur in solche Technolo-gien, die bereits einen bestimmten Markt-anteil (hier 5%) uberschritten haben.Durch die Werbestrategie des Gasversor-gers werden zufallig ausgewahlte Agentenmit der Technologie bekannt gemacht, sodass einige der Etablierten die Mikro-KWK schon vor Erreichen des oben ge-

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Bild 4 Exemplarische Diffusionskurven (links: business as usual; rechts: Strategie Mi-kro-Kraft-Warme-Kopplung)

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nannten minimalen Marktanteils wahrneh-men und – wenn sie diese Option mitihren Analysewerkzeugen und Entschei-dungsregeln als attraktiv bewerten – in die-se Alternative investieren. Dieser Prozesstreibt die Diffusion soweit voran, bis dieTechnologie ab 2018 einen Marktanteil vonuber 5% erreicht hat und selbsttragendwird. Im Rahmen von Sensitivitatsanalysen(z. B. im Hinblick auf Suchregeln, Ana-lysewerkzeuge, Entscheidungsregeln undalternative Szenarien fur die zukunftigeEntwicklung der Preise fur fossile Energie-trager), die in [Witt07] diskutiert werden,konnte die Plausibilitat der Ergebnisse beiveranderten Randbedingungen uberpruftwerden.

6 Zusammenfassung

Der vorgestellte Ansatz zur Modellierungder Entwicklung von lokalen Versorgungs-gebieten wurde in einem Computermodellerfolgreich implementiert und getestet. DerAnsatz zur Abbildung des Entscheidungs-verhaltens von privaten Akteuren erlaubtes, reichhaltige Verhaltensmuster zu erfas-sen, die nicht ausschließlich auf rein wirt-schaftlichen �berlegungen basieren. DieHeterogenitat realistischer Verhaltens-muster kann durch eine soziologischeClusterung der Akteure in verschiedeneLebensstiltypen erfasst und durch geeignetparametrisierte Reprasentanten dieser Le-bensstilklassen, die ein begrenzt rationalesEntscheidungsverhalten zeigen, modell-maßig umgesetzt werden. Der Ansatz zurModellierung von wirtschaftlichen Akteu-ren ermoglicht es, verschiedene Unterneh-mensstrukturen, verschiedene Strategienund verschiedene Erwartungen uber diezukunftige Marktentwicklung zu erfassen.Insgesamt wird so Unternehmen, die sichstark in lokalen Markten engagieren moch-ten, ein innovatives Analysewerkzeug andie Hand gegeben, mit dessen Hilfe die Er-folgschancen alternativer Unternehmens-strategien unter Berucksichtigung der vorOrt vorhandenen Infrastruktur sowie dersoziologischen Struktur potenzieller Kun-den bestimmt werden kann. Die vorgestell-ten Diffusionskurven wurden im Rahmeneiner „Proof-of-Concept“-Anwendung ge-wonnen. Sie konnen aufgrund der gemach-ten Vereinfachungen zwar noch keine ener-giewirtschaftliche Relevanz beanspruchen,verdeutlichen aber bereits die prinzipielleUmsetzbarkeit und die Nutzlichkeit desvorgeschlagenen Ansatzes. Die Ableitungim konkreten Fall belastbarer Ergebnisse

bleibt zukunftigen Anwendungen vor-behalten.

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Abstract

Agent-based Modeling of Urban Energy Supply Systems

The paper presents a novel agent-based modeling approach that is especially designed toinvestigate the future development of urban energy supply systems embedded in liberalizedmarkets. Private energy investment decisions are modeled using representative agents exhi-biting bounded rationality. A highly resolved energy system optimization model is combinedwith the agent model and applied to investigate the overall influence of the different invest-ment decisions on the performance of the urban energy supply system. Within a proof ofconcept application, diffusion curves are derived that describe the time-dependent marketpenetration of competing energy saving and energy conversion technologies.

Keywords: Agent-based Model, Energy Supply Systems, Bounded Rationality, TechnologyDiffusion, Social Millieus

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