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Nr. 75, Juli 2009 AHF-Jahrestagung 2009 in Lüneburg »Rathäuser und kommunale Bauten« 27. September bis 1. Oktober 2009 Lüneburg, Luftaufnahme des Rathauses. Hinter der barockisierten Fassade verbirgt sich ein einzigartiger, in Jahrhunderten gewachsener Baukomplex des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Seine aktuelle Erfor- schung ist Anlass, die AHF-Tagung 2009 in Lüneburg durchzuführen. Foto: Hans-Joachim Boldt, Lüneburg 1

AHF-Jahrestagung 2009 in Lüneburg · Anja Schmid-Engbrodt Rathaus Emden – vom niederländischen Re ... Falko Grubitzsch Das Quedlinburger Rathaus – ein frühes Bei

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Nr. 75, Juli 2009

AHF-Jahrestagung 2009 in Lüneburg

»Rathäuser und kommunale Bauten«27. September bis 1. Oktober 2009

Lüneburg, Luftaufnahme des Rathauses. Hinter der barockisierten Fassade verbirgt sich ein einzigartiger, in Jahrhunderten gewachsener Baukomplex des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Seine aktuelle Erfor­schung ist Anlass, die AHF-Tagung 2009 in Lüneburg durchzuführen. Foto: Hans-Joachim Boldt, Lüneburg

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AHF-Mitteilungen

EditorialAHF-Tagung 2009 in Lüneburg

Esslingen, im Juli 2009Liebe Mitglieder,

„Rathäuser und kommunale Bauten“ sind das Thema unserer diesjährigen Jahrestagung in Lü­neburg, die durch eine Ganztagsexkursion nach Lübeck wesentlich erweitert wird. Beide Hanse­städte präsentieren herausragende Beispiele ei­ner Bauaufgabe, die zu den repräsentativsten ei­ner selbstverwalteten und selbstbewussten Kommune zählen. Im Rathaus der zwar poli­tisch abhängigen, aber mit weitgehenden Pri­vilegien ausgestatteten Stadt amtierte der Rat und lenkte Verwaltung und Rechtsprechung. In Lage, Baugestalt und Ausstattung von Rathäu­sern spiegelt sich die hohe Bedeutung, Zentrum des bürgerlichen Gemeinwesens, Regierungssitz und Gerichtsstätte zugleich zu sein. Die ältesten Rathäuser Mitteleuropas sind für das 12. Jahrhundert bezeugt, so etwa die Domus civium der Stadt Soest (1120) und von Köln (1149). Typologisch entwickelte sich das hie­sige Rathaus im 14. Jahrhundert, nachdem die Zünfte das städtische Patriziat zur Mitregierung im Rat gezwungen hatten. Nach dem südwest­deutschen Architekturhistoriker Karl Erich Gru­ber vertrat das Rathaus vom 14. bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts den Typ des meist zweige­schossigen Giebelhauses über langrechteckigem Grundriss, dessen Obergeschoß durch einen geräumigen Saal eingenommen wurde. Von den umgebenden Bürgerhäusern hob sich das Rat­haus aufgrund seiner großzügiger bemessenen Dimensionen und des reicheren Schmucks der Hauptfassade sowie durch einen Dachreiter oder einen Turm ab. Die mancherorts offene Halle im Erdgeschoß war in der Regel in den Wa­renumschlag des Marktes einbezogen. Grubers 1943 in München erschienene Publikation „Das deutsche Rathaus“ zählt noch immer zu den Standardwerken dieses Untersuchungsfeldes.In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts gewann das römische Recht zunehmend an Einfluss in den deutschen Stadtverwaltungen. Einher gin­gen damit Funktionserweiterungen etwa in

Form von Schreibstuben und Archivräumen, die in additiven Bauten untergebracht wurden und sich in unterschiedlicher Weise - mit teils spät­gotischen Giebelfronten - um den älteren Rat­hausbau gruppieren. Zu monumentalen Zusam­menfassungen derartiger Gruppenbauten kam es insbesondere in Hansestädten wie Lüneburg, Lübeck oder Stralsund.Die Formen der Renaissance waren zunächst allein in der Bauornamentik von Rathäusern zu sehen. Anders als bei Fürsten- und Patrizier­bauten in Deutschland findet die italienische Palastarchitektur erst nach 1600 Eingang in den Rathausbau. Die Rathäuser in Augsburg (1615-20) und Nürnberg (1617-22) von Elis Holl bzw. Jakob Wolff zählen zu den berühmtesten Bei­spielen dieser Art. In der Anlehnung an den italienischen Palazzo bildet sich nicht nur die aristokratische Selbstauffassung damaliger Se­natoren ab, sondern sie stellen zugleich Vorbo­ten barocker Rathäuser dar, die sich fortan am fürstlichen Schlossbau orientieren.Unsere diesjährige Jahrestagung stellt spätmit­telalterliche und frühneuzeitliche Rathäuser in West- und Mitteleuropa in den Vordergrund. In einigen Vorträgen werden auch kommunale Bauten im Absolutismus behandelt, während das weite Feld des 19. und 20. Jahrhunderts diesmal außer Acht bleibt.

In Vorfreude auf eine gewinnbringende Veran­staltung verbleibe ichmit herzlichen Grüßen

(Prof. Dr. Michael Goer)Vorsitzender

Inhalt

AHF-Tagungen 3 AHF-Nachrichten 10 Berichte und Mitteilungen 10 Rezensionen 13 Impressum 20

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Nr. 75, Juli 2009

AHF-Tagungen

AHF-Jahrestagung 2009 in Lüneburg(27. September bis 1. Oktober 2009)

Die diesjährige Tagung des AHF wird vom 27. September - 1. Oktober 2009 in Lüneburg statt­finden. Anlass für die Wahl dieses Tagungsortes waren die aktuellen Forschungsaktivitäten am dortigen Rathaus. Sie bieten daher den Anlass, die Tagung unter das Thema

„Rathäuser und kommunale Bauten“

zu stellen. Hierauf wird ein deutlicher Schwer­punkt der Tagung liegen, ergänzt nur um das Thema „Region Lüneburg“, wobei auch hier wiederum vor allem das dortige Rathaus und die Bauten der Kommune im Mittelpunkt stehen werden. Lüneburg sind auch die beiden Halb­tagesexkursionen gewidmet, während die Tagesexkursion nach Lübeck führen wird und auch dort den historischen Bautätigkeiten der Kommune gewidmet ist.

Zeitraum der TagungDie Tagung beginnt am frühen Nachmittag des Sonntag, 27. September 2009, wobei die meis­ten Teilnehmer damit an diesem Tag anreisen können. Sie endet am Donnerstag, dem 1. Ok­tober 2009 zum Mittag, womit für viele Teil­nehmer noch die Rückreise an diesem Tag möglich sein wird. Fakultativ werden auch noch zusätzliche Exkursionen am Nachmittag des Donnerstag mit privaten PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln angeboten, für die eine zusätz­liche Anmeldung erforderlich ist.

AnreisePKW: Lüneburg liegt gut 50 Kilometer südöst­lich von Hamburg und ist von Norden, Westen und Osten am besten über die Autobahn A 250 erreichbar, die am Maschener Kreuz bei Ham­burg-Harburg ihren Anfang nimmt. Für Anrei­sende aus dem Süden auf der A 7 empfiehlt sich die Ausfahrt Soltau-Ost, von der aus die Weiter­fahrt über die B 209 nach Lüneburg führt.Bahn: Lüneburg liegt an der Bahnstrecke Ham­burg-Harburg, Uelzen, Celle, Hannover und ist

mit Intercity-Verbindungen gut erreichbar. Die Fahrzeit von München aus dauert etwa 6 Stunden (ICE bis Hannover).

Tagungsbüro und TagungsortDer Tagungsraum liegt im „Museum für das Fürstentum Lüneburg“ (Wandrahmstraße 10) am Rande der Altstadt, fußläufig gut vom Bahn­hof zu erreichen. Dort befindet sich auch im Erdgeschoß das Tagungsbüro und besteht die Gelegenheit, Büchertische aufzubauen.

AnmeldungEine Anmeldung sollte umgehend mit der beigefügten Anmeldekarte erfolgen. Bitte das Formular in einem MS-Word-kompatiblen Pro­gramm öffnen, ausfüllen, speichern und als Anhang zurückmailen an:

[email protected] Sie können es auch ausdrucken, von Hand aus­füllen und faxen oder im Brief mit der Post zurücksenden. Bitte beachten Sie, dass hiermit keine Zimmerbestellung verbunden ist, die Sie statt dessen selbst vornehmen müssen.

TagungsgebührDie Tagungsgebühr beträgt 125.- Euro für AHF-Mitglieder, 150.- Euro für Nichtmitglieder, 80.- Euro für Studenten und Arbeitslose sowie 60.- Euro für die Referenten. Sie umfasst die Exkursionen, die Getränke in den fünf Kaffeepausen, den Imbiss im Kloster Lüne, den Empfang im Rathaus, die zwei Mittagsimbisse im Museum und das gemeinsame Abendessen in der Schiffergesellschaft in Lübeck.

Bitte überweisen Sie die Gebühr möglichst vorab auf das Konto des AHF Nr. 1 005 651 bei der Sparkasse Rhein-Nahe (BLZ 560 501 80; IBAN DE63560501800001005651; SWIFT-BIC: MALADE51KRE).

UnterkunftLüneburg hat eine große, aber auch stark nach­gefragte Hotelkapazität mit Unterkunftsmög­lichkeiten unterschiedlicher Kategorien. Eine alsbaldige Zimmerreservierung ist daher un­bedingt erforderlich. Sie kann entweder direkt im Internet gebucht werden unter:

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AHF-Mitteilungen

http://germany.nethotels.com/info/lueneburg/events/ahf/default.htm

- oder aber Sie wenden sich in herkömmlicher Weise an:

Lüneburg Marketing GmbHTourist InformationRathaus / Am Markt21335 LüneburgTel. 0800 - 220 50 05 (kostenlos) oderTel. (0049) 4131 - 207 66 20Fax (0049) 4131 - 207 66 44E-Mail: [email protected]: www.lueneburg.de

HinweisDer AHF tritt nicht als Reiseveranstalter auf und muss daher alle diesbezügliche Haftung ab­lehnen. Die Teilnahme an allen Exkursionen und Besichtigungen erfolgt auf eigene Gefahr.

Tagungsprogramm

»Rathäuser und kommunale Bauten«

(Stand: Juli 2009; Änderungen vorbehalten)

Sonntag, 27.09.2009

14.00 - 14.30 UhrEröffnung der Tagung und Begrüßung der Teil­nehmer durch den Vorsitzenden des AHF und den Landeskonservator von Niedersachsen

Lüneburg und seine kommunalen Bauten

14.30 – 14.50 UhrEdgar RingDie denkmalpflegerische Entwicklung in Lüne­burg seit den 1980er Jahren

14.50 - 15.10 UhrDoris BökerDas Projekt Denkmaltopographie „Hansestadt Lüneburg“

15.10 - 15.30 UhrHansjörg RümelinDas Bild der Stadt Lüneburg im 15. Jahrhundert

15.30 – 15.45 Uhr Diskussion

15.45 - 16.15 Uhr Kaffeepause

16.15 - 16.35 UhrUwe RumeneyDer Lüneburger Hafenkran

16.35 – 16.50 UhrAlexandra Druzynski von BoetticherDas St. Nikolaihospital, Lüneburg. Eine mittel­alterliche Leprosie

16.50 – 17.00 Diskussion

17.00 - 18.00 UhrForschungsgruppe RathausNeue Ergebnisse zum Lüneburger Rathaus

18.00 – 18.15 Uhr Diskussion

20.00 UhrBesuch des Klosters Lüne mit ImbißFührung im Kloster

21.30 UhrGemeinsame Sitzung des AHF-Vorstandes und des Arbeitsausschusses

Montag, 28.09.2009

Rathäuser im archäologischen Befund

09.00 – 09.15 UhrHolger FriesAnklam – archäologische Wiederentdeckung eines Rathauses

09.15 – 09.30 UhrMarlies Konze/Andreas LutzeBarth – Baugeschichte eines Rathauses anhand seiner Keller

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Nr. 75, Juli 2009

09.30 – 10.00 UhrVerena HoffmannErgrabene Rathäuser in nordostdeutschen Gründungs- und Frühstädten: Neubrandenburg, Demmin, Pasewalk und Ueckermünde

10.00 – 10.15 Uhr Diskussion

10.15 – 10.45 Uhr Kaffeepause

Westeuropäische Rathäuser

10.45 - 11.15 UhrSascha KöhlDie Entwicklung des Rathauses im Herzogtum Brabant

11.15 – 11.45 UhrPieter VlaadingerbroekDas Amsterdamer Rathaus und andere Rathäu­ser der Niederlande

Rathäuser und städtisches Bauwesen

11.45 - 12.05 UhrFred KasparDas Bauprogramm der Mindener Stadtverwal­tung

12.05 – 12.25 UhrPeter BartholdBauunterhalt und die Organisation des städ­tischen Bauwesens in Minden

12.25 – 12.45 UhrAnja Schmid-EngbrodtRathaus Emden – vom niederländischen Re­naissancebau und dem späten Wiederaufbau 1959-1962

12.45 – 13.00 Uhr Diskussion

13.00 - 14.00 Uhr Mittagspause mit Imbiß

14.00 - 17.00 UhrBesichtigung des Lüneburger Rathauses in Gruppen

17.00 - 17.30 Uhr Kaffeepause

Norddeutsche Rathausbauten

17.30 - 18.00 UhrJens Christian HolstStralsund und Brandenburg im Vergleich – Rat­haustypologie unter zwei Stadtrechten

18.00 – 18.30 UhrTilo SchöfbeckWismar und Rostock – zwei Rathausprojekte um 1300 im Kontext hochgotischer Backstein­architektur in Mecklenburg

18.30 – 18.45 UhrTorsten RützGrimmen – Baugestalt und Typologie eines pommerschen Rathauses um 1400

18.45 – 19.00 UhrMaike KozokFragestellungen zum Hildesheimer Rathaus des 13. Jahrhunderts

19.00 – 19.15 UhrFalko GrubitzschDas Quedlinburger Rathaus – ein frühes Bei­spiel kommunaler Verwaltungsbauten

19.15 - 19.30 Uhr Diskussion

20.00 UhrÖffentlicher Abendvortrag im Rathaus:

Stephan AlbrechtDas Rathaus als Thema der historischen For­schung. Wissenschaftliche Positionen und of­fene Fragen

Anschließend: Empfang durch die Stadt Lüne­burg

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AHF-Mitteilungen

Dienstag, 29.09.2009

West- und mitteldeutsche Rathausbauten

09.00 – 09.15 Uhr Judith LeyDas gotische Rathaus der Freien Reichsstadt Aachen

09.15 – 09.45 Uhr Ulrich KleinHessische Rathäuser des späten Mittelalters

09.45 – 10.05 Uhr Max LangenbrinckDie Rathäuser von Kirchhain und Neustadt aus dem 16. Jahrhundert in Hessen

10.05 – 10.20 Uhr Ansgar ScholzBaubefunde am Leipziger Rathaus

10.20 – 10.35 Uhr Lutz ScherfDas Jenaer Rathaus und sein spätmittelalterli­ches zweischiffiges Grabendach

10.35 – 10.50 Uhr Diskussion

10.50 – 11.20 Uhr Kaffeepause

Süddeutsche Rathausbauten

11.20 – 11.50 UhrThomas EißingRathäuser in Franken – ein Überblick

11.50 – 12.10 UhrUlrich KnappArchitektur als Symbol. Reichsstädtische Neubauten im Süd-Westen um 1500

12.10 – 12.25 UhrBernhard NiethammerDas spätmittelalterliche Rathaus der Stadt Weißenhorn

12.25 – 12.45 Uhr Diskussion

12.45 – 14.00 Uhr Mittagspause mit Imbiß

14.00 – 17.00 UhrBesichtigungen von historischen kommunalen Bauten in Lüneburg in Gruppen

17.00. - 18.30 UhrMitgliederversammlung des AHF

Mittwoch, 30.09.2009

Exkursion zu kommunalen Bauten in Lübeck

08.30 Uhr Abfahrt in Lüneburg

10.00 Uhr Begrüßung im Rathaus von Lübeck

10.30 - 11.00 UhrAnnegret MöhlenkampZum Forschungsstand in Lübeck

11.00 - 11.30 UhrJens Christian HolstDie Marktfassade des Lübecker Rathauses um 1260

11.30 - 12.00 UhrThorsten AlbrechtDas Lübecker Rathaus mit Trese –Baugeschichte und Selbstdarstellung des Rates

12.00 – 12.15 Uhr Diskussion

12.15 – 13.15 UhrBesichtigung des Rathauses in Gruppen

13.15 – 14.30 UhrPause für ein selbstorganisiertes Mittagessen

14.30 – 18.00 UhrFührungen zu kommunalen Bauten in Lübeck in Gruppen

18.30 UhrGemeinsames Abendessen in der Schiffergesell­schaft in Lübeck

Ca. 21.00 Uhr Rückfahrt nach Lüneburg

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Nr. 75, Juli 2009

Donnerstag, 01.10.2009

Nutzungsstrukturen von Rathäusern

09.00 – 09.20 UhrStefan Uhl„Kaufhaus – Kornhaus – Rathaus“. Aufgaben und Nutzungsstrukturen in Kommunalbauten Oberschwabens

09.20 – 09.40 UhrMartin MöhleRathaus – Zunfthaus – Kaufhaus in Basel

09.40 – 10.00 UhrBenno FurrerRat- und Tanzhäuser in Dörfern der Zentral­schweiz

10.00 – 10.20 UhrFrank HöggBemerkungen zum Raumkanon von Rathäusern – spätmittelalterliche Beispiele aus Sachsen-Anhalt

10.20 – 10.50 UhrUlrich von DamarosRatskellerbauten des 16.-19. Jahrhunderts in Marktflecken der Grafschaft Schaumburg

10.50 – 11.10 Uhr Diskussion

11.10 – 11.40 Uhr Kaffeepause

Kommunalbauten im Absolutismus

11.40 – 11.55Karen GroßDie Markthalle von 1669 in Meisenheim/Glan

11.55 - 12.15 UhrJochen GüntzelRats- und Amtshäuser in Schlesien um 1730/40

12.15 – 12.35 Uhr Klaus FreckmannDer Bau von Rathäusern in der Mark Branden­burg im 18. Jahrhundert

12.35 – 13.00 Uhr Schlussdiskussion

Gegen 13.00 Uhr Ende der Tagung

Fakultativ:

14.15 UhrZusätzliche Führungen im Rathaus Lüneburg

15.15 UhrBesuch von Bardowick (mit PKW oder öffentli­chen Verkehrsmitteln)

Lüneburg, Rathaus. Eingangslaube am Ochsen­markt. Foto: Bernd Adam

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AHF-Mitteilungen

Lüneburg, Rathaus

Oben: Umbauentwurf der mittelalterlichen Fas­sade von Daniel Frese von1605, Stadtarchiv Lüneburg (nach Stephan Albrecht: Mittelal­terliche Rathäuser in Deutschland, Darm­stadt 2004, Abb. 55).

Links: Marktfassade, heutiger Zustand nach ba­rockem Umbau von 1720. Foto: Bernd Adam

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Nr. 75, Juli 2009

Lüneburg, RathausOben: Neues Rathaus (bis 1576), Fassade zum Ochsenmarkt mit älteren Bauteilen. Bauaufnah­me mit Befundkartierung.

Unten links: Kämmereiflügel am Marienplatz (1478-81), Ansicht von Südwesten.

Unten rechts: Kämmereiflügel, Giebel zum Ochsenmarkt. Bauaufnahme 2006.

Vorlagen: Bernd Adam, Garbsen

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AHF-Mitteilungen

AHF-Nachrichten

Einladung zur Mitgliederversammlung des AHF am 29.09.2009 in Lüneburg

Liebe Mitglieder,zur ordentlichen Mitgliederversammlung 2009 des Arbeitskreises für Hausforschung e.V. lade ich sehr herzlich auf Dienstag, den 29.09.2009 um 17:00 Uhr nach Lüneburg in das „Mu­seum für das Fürstentum Lüneburg“ (Wand­rahmstraße 10) ein.

Tagungsordnung

1. Bericht des Vorsitzenden2. Bericht des Geschäftsführers3. Bericht der Kassenprüfer4. Entlastung des Vorstands5. Neuwahlen

Neuwahl des 1. VorsitzendenNeuwahl des Stellvertreters, des Ge-schäftsführers und weiterer BeisitzerNeuwahl des ArbeitsausschussesNeuwahl der Kassenprüfer

6. Geplante Veröffentlichungen7. Kommende Jahrestagungen8. Rechtschreibung in Publikationen des AHF

Antrag von Rainer Atzbach: „Die Mitgliederversammlung möge beschließen, dass das Jahrbuch des AHF und alle übrigen Veröffentlichungen künftig in der gültigen ("neuen") Rechtschreibung erfolgt.“

9. Verschiedenes

Mit herzlichen Grüßen

(Prof. Dr. Michael Goer)Vorsitzender

Berichte und MitteilungenFachwerkbauten in Liège und in den Städten des mittleren Maas-Beckens: Ein Beitrag zu Archäologie und Dendrochronologie. Eine Dissertation von David Houbrechts an der Univesität von Liège

Obschon das Fachwerk im städtischen Umfeld das Interesse von einigen Spezialisten geweckt hat, bleibt das Erbe an solchen Konstruktion im südlichen Belgien fast gänzlich unbekannt. Im Gegenstz zum nördlichen Landesteil gibt es zu Wallonien nur wenige, veraltete und meist un­vollständige Fachbeiträge. So ist meine im Jahre 2005 an der Universität von Liège eingereichte und verteidigte Dissertation die erste substanti­elle Arbeit auf diesem Gebiet. Das Ziel bestand darin, die bestehenden Daten zu vervollstän­digen, mit neuen Entdeckungen zu ergänzen und die Typologie der Fachwerkbauten haupt­sächlich auf archäologischen und dendrochrono­logischen Methoden basierend neu zu beleuch­ten. Dieser Ansatz, der das ganze Gebäude in Betracht zieht, macht es möglich, die Fachwerk­konstruktionen unter verschiedenen Aspekten zu würdigen: Anlage, Volumetrie, Rahmen, Vorkragungen, Verbindungen, Füllungen, Fens­ter, Ornamente, Treppen, Keller usw. Die Me­thode erlaubt auch die Rekonstruktion von verschiedenen Bauphasen eines einzelnen Ge­bäudes, von der Herkunft des Holzes im Wald bis zum aktuellen Standort. Es konnten neue Erkenntnisse in Bezug auf Flösserei, Holz­bearbeitungs- und Verbindungstechniken ge­wonnen werden.Der Ansatz durch Vergleich mit Bauten im ländlichen Umfeld und in benachbarten Re­gionen zeigt auch die Herkunft und die geo­graphische Verbreitung dieses Architekturtyps auf. Die Architektur an der Mosel unterscheidet sich durch die Struktur des Fachwerkes, Ver­bindungstechniken, Gefüge und Verzierungen. In Gegensatz dazu ist die Entwicklung dieser Bauweise sehr ähnlich mit jenen, die in West­europa beobachtet werden können: Volumen, Dächer, Gerüst, Stil und die Innere Glie­derungen folgen dem Muster in Ländern entlang der belgischen Grenze. Schliesslich ergeben sich

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Nr. 75, Juli 2009

aus dem Studium von baulichen Veränderungen im Laufe der Zeit Hinweise auf Wandel in Stil und Bautechnik.Übersetzung aus dem Englischen: Benno Furrer

Von Sennerinnen, Wildschützen und Hüte­buben. Die Neueröffnung der Baugruppe „Almen“ im Freilichtmuseum Glentleiten

Das Freilichtmuseum Glentleiten ist das einzige Freilichtmuseum Deutschlands mit einem eige­nen Almenareal. Ab dem 28. Juni präsentiert es sich mit neuen Themenschwerpunkten und Be­sucherinformationen.

Das Almgelände im Freilichtmuseum Glentlei­ten. Foto: Nixdorf (Archiv FLM Glentleiten)

Verlässt man im Museum den Hauptweg nach Süden und durchquert auf einem kleinen Pfad einen Waldstreifen und einen Bachlauf, so wei­tet sich dahinter das Areal zu einer Hochweide, in die sich harmonisch historische Almgebäude fügen. Gerade einmal 300 Schritte braucht es, um in die Welt der Almen einzutauchen.Almen - abgelegen und hoch auf dem Berg - üben eine besondere Faszination auf uns aus. Wir verbinden mit ihnen romantische Vorstel­lungen vom Leben in Einfachheit und im Ein­klang mit der Natur, außerhalb einengender Konventionen in der Freiheit der Bergwelt. Und wer kennt nicht die romantische Liebe auf der Alm, wie sie in Heimatromanen und –filmen vorkommt? Was ist dran an diesen Bildern? Und wie trug sich das Leben auf oberbaye­rischen Almen wirklich zu?

„Auf der Alm gibt´s koa Sünd“ wurde schon auf dieser historischen Postkarte behauptet. (Archiv FLM Glentleiten)

Sechs originale Almgebäude aus fünf Jahr­hunderten, wieder aufgebaut am Höhenrücken des Freilichtmuseums Glentleiten in ca. 800 m Höhe, repräsentieren die historische Almwirt­schaft Oberbayerns vom Berchtesgadener Land bis zum Ammergebirge. Die beiden ältesten Ka­ser stammen aus dem Berchtesgadener Land.Der Brunnerkaser wurde 1507 (d) errichtet und 1787 (d) umgebaut. Beim 1689 (d, i) erbauten Hainzenkaser handelt es sich um den letzten vollständig erhaltenen so genannten Rundumka­ser. Dieser ungewöhnliche Bautyp, bei dem das „Kaserstöckl“ (Wohn- und Arbeitsraum) auf allen vier Seiten vom Stall umgeben und somit fensterlos ist, findet sich als regional begrenztes Phänomen im Berchtesgadener und angren­zenden Salzburger Land sowie vereinzelt in Slo­wenien.Ausgehend von der jeweiligen Hausgeschichte wurden für die insgesamt sechs Gebäude Themenschwerpunkte entwickelt, die sich zum facettenreichen Bild des vergangenen Lebens in

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AHF-Mitteilungen

den Bergen zusammenfügen: Es geht um die Leute, die auf den Almen den Sommer über arbeiteten, vor allem Frauen und Kinder, um Touristen und Bergwanderer, um die Tiere, um die Käseherstellung, um Wildschützen, Hirten und um Sagen und Klischees. In Text-, Bild- und Toninszenierungen wird die Lebenswirklichkeit „auf der Alm“ greifbar. Eine Erzählung der Sennerin Nani Stocker von der Mitterkaseralm wird von historischen Bildern der Almarbeit begleitet. Im Brunnerkaser von der Mordau-Alm betritt man die Welt der Sagen und hört die Geschichte der Mordau um Liebe, Verrat und Tod. Stephanie Steiner, Ariane Weidlich, Glentleiten

„Migration und historisches Bauen“. Kolloquium im LWL-Freilichtmuseum Det­mold am 27. und 28. Oktober 2009

Am 22. Juli 2010 jährt sich der Gründungsbe­schluss des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), in Detmold ein zentrales Frei­lichtmuseum zu errichten, zum 50. Mal. In Vor­bereitung dieses Jubiläums veranstaltet das LWL-Freilichtmuseum Detmold in Kooperation mit dem LVR-Freilichtmuseum Kommern am 27. und 28. Oktober 2009 ein wissenschaftliches Kollquium zum Thema „Migration und histo­risches Bauen“. Die Veranstaltung beleuchtet verschiedene Aspekte der historischen Arbeits­migration sowie des Kultur- und Wissenstrans­fers durch Wanderungsbewegungen in Westfa­len und im Rheinland. Darüber hinaus wird am Beispiel eines Hilfsprojekts in Indonesien ver­deutlicht, welche Bedeutung historische Bau­weisen für die Gegenwart besitzen. (Bei den ge­nannten Vorträgen handelt es sich um vorläu­fige Arbeitstitel.)

Vorläufiges Programm

Montag, 26. Oktober 2009

Anreise, abends Möglichkeit zum geselligen Beisammensein

Dienstag, 27. Oktober 2009

9.00-10.00 Uhr Registrierung

10.00-10.15 Uhr Begrüßungen

10.15-10.55 UhrThomas Spohn (Münster)„Wie dringt das Fremde ins Heimische? Über den Einfluss von Migranten auf das Bauen und Wohnen in Westfalen-Lippe und im Rheinland“

10.55-11.15 Uhr Kaffeepause

Sektion 1: Wissenstransfer / Wandernde Ideen

11.15-11.45 Uhr Wilfried Reininghaus (Düsseldorf)„Wandernde Bau- und Kunsthandwerker in und aus Westfalen (11.-18. Jh.)“

11.45-12.05 UhrHubertus Michels (Detmold)„Hallenhaus goes baroque. Johann Conrad Schlaun und das Rüschhaus bei Münster“

12.05-12.25 UhrHeinrich Stiewe (Detmold)„Anders Montan – Ein Schwede malt Bürger- und Bauernhäuser in Lippe (Gemälde als Quellen zu historischer Raumfarbigkeit)“

12.25-12.45 Uhr Diskussion

12.45-14.00 Uhr Mittagessen

14.00-14.20 UhrTanja Schauerte (Euskirchen)„Nissenhütten“

14.20-14.40 UhrRen-Jeng Wei (Taipei City / Taiwan)„Banda Aceh - Westfälisches Fachwerk in Indonesien“

14.40-15.00 Uhr Kaffeepause

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Nr. 75, Juli 2009

Sektion 2: Auswanderung und Baukultur

15.00-15.20 Uhr Katharina Neufeld (Detmold)„Hausbau der Mennoniten im Südural“

15.20-15.40 Uhr Klaus Freckmann (Berlin)„Hunsrückhäuser in Südamerika“

15.40-16.00 Uhr Carsten Vorwig (Kommern)„Rheinländer bauen Häuser in den USA“

16.00-16.30 Uhr Diskussion

16.30-18.30 Uhr Besichtigung des LWL-Freilichtmuseums Detmold

ab 19.00 Uhr Geselliger Abend

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Sektion 3: Arbeitsmigration

10.00-10.20 Uhr Dietmar Osses (Bochum)„Italienische Kanalarbeiter in Westfalen um 1850“

10.20-10.40 Uhr Anne Wieland (Lage)„Lippische Ziegler um 1900 in und um Berlin“

10.40-11.00 Uhr Kaffeepause

11.00-11.30 Uhr Michael Faber (Kommern)„Terrazzoarbeiter“ (mit Filmvorführung)

11.30-12.00 UhrAbschlussdiskussion, Ende des Kolloquiums

Anmeldung:LWL-Freilichtmuseum DetmoldKrummes Haus, D-32760 DetmoldTel. (05231) 706-0; Fax (05231) 706-106E-Mail: [email protected]

Ein Tagungsbeitrag wird nicht erhoben. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Anmeldungen wer­den in der Reihenfolge des Eingangsdatums berücksichtigt.

Kontakt:Kai Reinbold M.A. (wiss. Volontär)LWL-Freilichtmuseum DetmoldTel. (05231) 706-116E-Mail: [email protected]

Rezensionen

Gert Th. Mader: Angewandte Bauforschung (Materialien aus dem Institut für Baugeschichte, Kunstgeschichte, Restaurierung mit Architek­turmuseum der TU München, Fakultät für Ar­chitektur). Darmstadt 2005.

Wenn man sich heute rückblickend mit der Ge­schichte der Bauforschung im vergangenen Jahrhundert beschäftigt, dann wird schnell deut­lich, welchen vorher unvorstellbaren Auf­schwung dieses Fach seit den 1970er Jahren ge­nommen hat. Günstige Rahmenbedingungen wie die anlaufende Stadtsanierung gehörten da­zu, aber auch Personen, die diese Chancen für die Forschung erkannten und nutzten. In dieser Reihe steht Gert Mader ganz vorne, denn er sah nicht nur die Möglichkeiten, die sich dem in der Bauforschung an antiken Bauwerken Ge­schulten nun in Deutschland boten, sondern er entwickelte auch das notwendige methodische Instrumentarium, darunter in erster Linie das für die sich hier nun stellenden Aufgaben adaptierte Aufmass. Generationen von Architekten haben seitdem bei ihm persönlich die für die un­tersuchten Denkmalobjekte angemessene Auf­maßart gelernt, bei einigen waren der Impuls und das persönliche Interesse so groß, dass sie sich zu Bauforschern weiterentwickelt haben. In einer Zeit, in der Schulenbildung in Forschung und Praxis eigentlich nicht mehr üblich war, war er so noch einmal im klassischen Sinne schulenbildend und hat dadurch das Fach bis heute nachhaltig geprägt, gerade auch weil, um im Bilde zu bleiben, seine Ausbildung für viele eine recht harte Schule war.

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AHF-Mitteilungen

Man hat Gert Mader allerdings nicht selten vorgeworfen, von seinem umfangreichen me­thodischen und inhaltlichen Wissen nur wenig, ja zu wenig veröffentlicht zu haben. Das ist in­sofern sicher nicht falsch, als er die persönliche Lehrsituation, sei es als Abteilungsleiter im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege oder als Lehrbeauftragter, dann Honorarprofessor an der TU München, einer Vermittlung durch das gedruckte Wort immer vorgezogen hat. Umso wichtiger waren seine oft an schwer erreichbarer Stelle und verstreut veröffentlichten Beiträge, die zusammengenommen schon ein erhebliches Werk darstellen. Es ist daher ein besonderes Verdienst des hier zu besprechenden Bandes, nicht nur dreizehn wichtige Beiträge von Gert Mader aus unterschiedlichen, oft eher abge­legenen Veröffentlichungen wieder vorzulegen, sondern mit einer zusätzlichen Bibliographie bis zum Jahr 2004 auch alle anderen gedruckten Äußerungen zu erfassen. Die hier publizierten Beiträge aus den Jahren 1977 – 2001 sind mehrheitlich die gedruckten Fassungen von Vorträgen. Sie gliedern sich in die Themenbereiche „Erfassung, Dokumentati­on und Planung“, „Baustratigraphie: Das Lesen des baugeschichtlichen Befundes“, „Baupraxis und konzeptionelle Aspekte“ sowie „Zu Fragen der Aus- und Fortbildung“ und spiegeln so die Hauptinteressen des Autors in der Verbindung von Bauforschung, Denkmalpflege und Re­staurierungspraxis wider. Dabei bieten die vie­len, leider manchmal nicht besonders qua­litätvoll wiedergegebenen Abbildungen von interessanten Aufmassobjekten immer auch über den eigentlichen Inhalt des Beitrages hin­ausgehend wichtiges Material für den Bau­forscher. Sie machen damit zugleich auch deutlich, wie viele und wie vielfältige Objekte Gert Mader bearbeitet hat, und sind doch ins­gesamt nur die Spitze eines Eisberges, wenn man bedenkt, was alles von ihm und seinen Schülern noch unausgewertet in den Plan­schränken des Münchner Amtes liegt.Die vorliegende Publikation war von Maders Münchner Institut zu seinem 65. Geburtstag her­ausgegeben worden. Wenn diese Rezension er­scheint, hat er gerade seinen 70. Geburtstag be­gangen. Dies ist uns Anlaß, ihm herzlich zu

gratulieren und noch viele produktive Jahre zu wünschen, die es ihm ermöglichen, möglichst viel von dem so zahlreich vorhandenen Material zu bearbeiten - und natürlich zu veröffentlichen. Dies ist auch sehr eigennützig gedacht, aber so ist dies ja häufiger mit Glückwünschen !

Ulrich Klein, Marburg

Rainer Atzbach: Leder und Pelz am Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit. Die Funde aus den Gebäudehohlräumen des Mühlberg-Ensembles in Kempten (Allgäu) (Bamberger Schriften zur Archäologie und der Neuzeit 2 = Mühlbergforschungen Kempten (Allgäu) 1). Bonn (Dr. Rudolf Habelt GmbH) 2005, 25 Abb., 141 Taf., 11 Tab., 23 Ktn., geb., ca. 496 S., ISBN 978-3-7749-3311-8; 75,00 €

Mit dem vorliegenden Band, der die Veröffent­lichung einer Dissertationsschrift am Bamberger Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit darstellt, werden die Leder- und Pelzfunde der beiden ältesten Fundkomplexe des Mühlberg-Ensembles aus Kempten (Allgäu) vorgestellt. Mit der Entdeckung und Bergung der Objekte gelang den Mitarbeitern der Stadt­archäologie Kempten im Winter 1996/97 die Sicherung eines spektakulären Materials. Auf­grund von Sanierungsarbeiten zur Umgestaltung der Häusergruppe wurden im Vorfeld der Bau­maßnahmen Rettungsgrabungen im Keller- und Erdgeschossbereich notwendig, die durch bau­historische Untersuchungen in den oberen Stockwerken ergänzt wurden. Dabei konnten aus Fußböden, Wandverkleidungen und anderen Gebäudehohlräumen mehrere tausend Gegen­stände geborgen werden, die dort zwischen dem 15. und 20. Jahrhundert als ausrangiertes Gebrauchsgut im Rahmen von Schall- und Wär­medämmungsmaßnahmen deponiert worden waren. Überwiegend handelt es sich um or­ganische Objekte, die als Bodenfunde nur unter günstigen Vorraussetzungen erhalten sind. Aber auch dann liegt in den seltensten Fällen ein vergleichbarer Erhaltungszustand vor, der eine annähernd detaillierte wissenschaftliche Anspra­che des Fundmaterials erlaubt. Depotfunde aus Gebäudehohlräumen wie aus dem Mühlberg-

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Ensemble stellen eine besondere Quellengattung dar, die bei fachgerechter Bergung unterschied­liche Niederlegungen zu unterscheiden erlaubt und somit tracht- und handwerksgeschichtlich wichtige Impulse liefern kann. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat diesem Potential entsprechend die Auswertung verschiedener Objektgruppen aus dem Fundspektrum als interdisziplinäre Pilotstudie gefördert.Rainer Atzbach bedient sich für sein Arbeitsfeld der archäologischen Methode der typologischen und handwerkstechnischen Analyse und möchte über die rein zeitliche und geographische Ein­ordnung des Materials auch dessen Aussagen zu handwerklichen und sozialen Fragestellungen untersuchen.Hierfür greift der Autor auf den klassischen Aufbau einer antiquarischen Analyse zurück. In einem einleitenden Kapitel werden von ihm der Forschungsgegenstand und die Fragestellungen an das Material erläutert und die „Depotfunde in Gebäuden“ definiert, um der in der archäolo­gischen Forschung bislang nur unzureichend be­achteten Quellengattung Rechnung zu tragen. Haus- und Besitzergeschichte fallen nur sehr kurz aus, sind allerdings auch Thema einer anderen Bearbeiterin. Ausführlich hingegen wird der europäische Forschungsstand zu den jeweiligen Fundgruppen der Leder- und Pelz­funde dargelegt, wobei deutlich wird, welches Desiderat Oberbekleidungs- und Pelzreste in der Forschung gegenüber ledernen Schuhbestandtei­len darstellen. Im Folgenden erläutert der Autor Vorgehensweise bei der Inventarisation und Terminologie sowie die Dokumentationsstan­dards bei der Materialvorlage. Dort kann der Aufbau der einzelnen Beiträge des angefügten Katalog- und Tafelteils entnommen werden. Terminologie und beschriebene Nahttechniken werden in Anlehnung an die wichtigen Arbeiten von Christiane Schnack zu den mittelalterlichen Lederfunden aus Konstanz und Schleswig durch schematische Darstellungen veranschaulicht.Das Fundmaterial wird in dreizehn verschiedene Typen (A-M) unterschieden, die einen schnellen Zugang zu den einzelnen Objektgruppen wie Schuhe, Handschuhe, Kopfbedeckungen u.a. ermöglicht, auch wenn innerhalb der ersten drei Typen (A Schuhe, B Sohlenleder im Nahtver­

bund und C Sonstige Fragments von Fußbeklei­dung) von der ansonst sehr klaren Gliederung abgewichen wird, um eine bessere Ansprache der Schuhbestandteile vorzunehmen. Innerhalb der einzelnen Typen erfolgt eine Differen­zierung in die einzelnen Formen, deren Aufbau, Gestaltung und Vorkommen ausführlich be­schrieben wird, bevor eine Einordnung und Datierung vorgenommen wird. Die nachgewie­senen Typen werden zusätzlich durch bildliche Darstellungen und Abbildungen von Ver­gleichsfunden mit Listen und Kartierungen ver­anschaulicht. Durch den klar strukturierten Auf­bau und die sorgfältige Analyse erhält der Leser einen tiefen Einblick in Nutzung, Verbreitung, Herkunft und Datierung der einzelnen unter­suchten Gegenstände.Durch die detaillierte Analyse der unterschiedli­chen Nahttechniken gelingt es dem Autor, ty­pische Handwerkstechniken der verschiedenen Bekleidungsberufe zu identifizieren. Anhand der sorgfältigen Auswertung der Schuhe und Schuhbestandteile kann er ferner eine Entwick­lung der Schuhmode vom späten 15. bis zum 16. Jahrhundert nachzeichnen. Dabei werden von Atzbach auch interessante Details festge­stellt. So entspricht zwar die äußere Form der Schuhe der europäischen Entwicklung, die handwerkliche Ausführung des Schuhbodens verharrt jedoch auf einem bereits veralteten Stand der Technik, obwohl sich die „moderne“ Methode anhand einzelnen Schuhformen des gehobenen Bedarfs belegen lässt. Dementspre­chend mag hier im Rückschluss die Verwen­dung der traditionellen Technik als Hinweis auf den einfachen sozialen Kontext der Benutzer verstanden werden. Gleichzeitig ist zu erkennen, dass der „Großteil der Schuhe zur Gewinnung von Flicken zerschnitten“ worden ist. Atzbachs Hypothese ist durchaus nachvollziehbar, dass der Gesamtbestand als Restdepot einer Alt­macherei oder Flickschusterei anzusprechen sei und die „unbrauchbaren Reste eines wohl auf­gegebenen Broterwerbs in den Hohlräumen des Gebäudes entsorgt“ worden seien. Anhand der Zusammensetzung der Funde kann der Autor auch Parallelen zu den historisch überlieferten Bewohnern aufzeigen, auf die mit der gebotenen Vorsicht hingewiesen wird.

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Insgesamt ist für den vorliegenden Band festzu­halten, dass mit der Auswertung dieses Teila­spektes eines umfangreichen Fundkomplexes ein wichtiger Beitrag für die Erforschung der Bekleidungsberufe an der Schwelle zur Neuzeit geleistet wurde. Abschließend bleibt darauf hin­zuweisen, dass man dem Gesamtfund durch ein 2003 in Bamberg veranstaltetes und 2005 publi­ziertes Kolloquium gerecht wurde. Bis zur Ver­öffentlichung der Auswertungen der anderen Materialgruppen stellt diese Veröffentlichung eine wichtige Ergänzung zum vorliegen Band dar.

Jonathan Scheschkewitz, Esslingen

Georges Descœudres: Herrenhäuser aus Holz. Eine mittelalterliche Wohnbaugruppe in der Innerschweiz (Schweizer Beiträge zur Kultur­geschichte und Archäologie des Mittelalters Band 34). Basel 2007. 180 S. geb., 4°, ISBN 978-3-908182-18-4, 38,- Euro (D)

Die mittelalterlichen Blockbauten in dem zen­tralschweizer Kanton Schwyz, nach dem heuti­gen Kenntnisstand sieben Gebäude des 13. und 14. Jahrhunderts, dazu ein ältestes Beispiel noch aus dem späten 12. Jahrhundert, gehören zwei­fellos zu den wichtigsten Entdeckungen der letzten Jahre. Sie ermöglichen es erstmals, Holzbauprinzipien fast einhundert Jahre weiter zurückzuverfolgen, als dies bislang bei rezenten Fachwerkbauten möglich war. Zudem liegt hier eine wichtige Quellengruppe für die frühe Ent­wicklung des Wohnens als Ergänzung zu den spätromanischen und frühgotischen Steinbauten vor, die Hinweise geben kann auf die Nutzung der bei vielen Ausgrabungen in mehr oder we­niger umfangreichen Spuren noch nachweis­baren, einer näheren Analyse aber mangels aus­reichender Befunde entzogenen Holzbauten.Angesichts der überragenden Bedeutung dieser Bautengruppe, die, wäre sie vollständig in situ erhalten geblieben und in der Art eines an­spruchsvollen dezentralen Freilichtmuseums ge­nutzt, wohl mehr Anspruch auf den Titel als Weltkulturerbe gehabt hätte als manches heute gelistete Objekt, ist sehr zu bedauern, dass die Bauten in einem der Schweizer Kantone liegen,

in denen die Denkmalpflege offenbar nicht den sonst mit diesem Land verbundenen hohen Stellenwert besitzt. Daher ist der mit dem Haus Bethlehem von 1289 (d) seit 1990 einge­schlagene Weg einer vorbildlich behutsamen Sanierung und musealen Nutzung in einem angemessenen Umfeld leider bei den anderen, mit ihren jeweils spezifischen Merkmalen min­destens genauso bedeutenden Bauten nicht fort­gesetzt worden. Dabei kann keine Rolle spielen, dass die Mehrzahl der Bauten - noch im Mittel­alter – von einem jeweils unbekannten Entste­hungsort an ihren letzten Standort versetzt wor­den ist. Das beste Schicksal hatte dabei in den letzten Jahren noch das Haus am Landsgemeindeplatz in Hinteribach von 1336 (d), denn es wird nach dem sorgfältigen Abbau 1995 seit 1997 im Frei­lichtmuseum Ballenberg wiederaufgebaut und restauriert als wichtiges Beispiel für einen mit­telalterlichen Blockbau präsentiert. Dagegen ist das Haus Herrengasse 15 in Steinen von um 1307 (d) derzeit wieder als Wohnhaus genutzt, die Häuser Mattli in Oberschönenbuch von um 1326 (d) und Tannen in Morschach von 1341 (d) stehen mit ungewissen Aussichten leer, die Häuser Herrengasse 17 in Steinen von um 1303 (d) mit Hölzern um 1200 (d) und Acher in Steinen von 1313-38 (d) wurden bereits 1990 bzw. 1998 abgerissen. Selbst das älteste und zweifellos spektakulärste Gebäude, das Haus Nideröst in Schwyz von 1176 (d), ist 2001 abge­baut worden. Nachdem der Wiederaufbau neben dem Haus Bethlehem auf der Hofstatt Ital-Re­ding in Schwyz am ablehnenden Beschluss des Gemeinderates gescheitert war, wurde auch hier an eine Versetzung in das Freilichtmuseum Bal­lenberg gedacht. 2004 hat dies allerdings eine Expertengruppe wegen der gesamtschweizer­ischer Bedeutung des Hauses abgelehnt und die Übernahme durch ein Landesmuseum angeregt. Als auch dies nicht zustande kam, wurden die Bauteile 2005 an den Natur- und Tierpark Goldau, einen privaten Zoo in der Zentral­schweiz, verschenkt; ein Wiederaufbau ist dort aber bislang nicht erfolgt. Insgesamt also eine ernüchternde Bilanz aus der zumindest früher für ihre denkmalpflegerischen Leistungen zu Recht gerühmten Schweiz, auch

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wenn der direkt zuständige Schwyzer Re­gierungsrat sich in Zusammenhang mit dem Haus Nideröst 2004 rühmte, seit Jahren die Holzbauforschung gezielt zu unterstützen !Zu den tatsächlich vor allem in den 1990er Jah­ren mit kantonalen Mitteln untersuchten Häu­sern lagen bereits in unterschiedlichem Umfang Vorberichte vor, eine abschließende Publikation blieb aber lange ein Desiderat. Der AHF hat bei den Exkursionen von der Jahrestagung in Män­nedorf am Zürichsee 1994 bzw. später bei der Tagung der Regionalgruppe Alpen in Schwyz 2002 die Häuser Bethlehem, Niederöst und Her­rengasse 15 in Steinen besucht.Im Jahre 2007 ist dann von Georges Descœu­dres, Professor für Archäologie und mittelal­terliche Kunstgeschichte an der Universität Zü­rich, als Ergebnis eines langjährigen For­schungsprojektes, in der Monographienreihe des Schweizer Burgenvereins der hier zu bespre­chende Band vorgelegt worden. Erarbeitet durch die Mitarbeiter des Lehrstuhls und dortige Stu­dierende, handelt es sich um eine primär univer­sitäre Arbeit, die sich auf die Auswertung der vorliegenden ungedruckten Primärdokumenta­tionen stützt, die damit in ihren Ergebnissen erstmalig einem größeren Kreis vorgestellt wer­den.Der großformatige, reich illustrierte, mit nur 180 Seiten für acht Bauten aber auch recht dün­ne Band gliedert sich in einen mit etwa 90 Seiten längeren Teil A mit den übergreifenden Darstellungen der Untersuchungsergebnisse für diese Bautengruppe und einen mit nur knapp 60 Seiten deutlich kürzeren Teil B mit den bau­monographischen Ergebnissen zu den Ein­zelbauten; Teil C mit zehn Seiten enthält dann den wissenschaftlichen Apparat.Einzelkapitel von Teil A behandeln einerseits die Forschungsgeschichte des Blockbaues, seine konstruktiven bautechnischen Merkmale und Besonderheiten, die holztechnischen Voraus­setzungen, das Raum- und Nutzungsgefüge und die nachträglichen Veränderungen der Häuser, wobei der Frage der historischen Translo­zierungen ein eigenes kurzes Kapitel gewidmet ist. Diese Abschnitte sind durchweg sehr in­formativ, wenn auch insgesamt recht knapp ge­halten, ohne viel Raum zur Diskussion von noch

offenen Fragestellungen und widersprüchlichen Befunden zu bieten.Weitere Einzelkapitel sind dann dem histo­rischem Umfeld der Bauten gewidmet, wobei es vor allem darum geht, die Bauten als ja auch für den Band namensgebende „mittelalterliche Her­renhäuser“ von Bauernhäusern abzugrenzen. Als Grundlage hierfür dienen alleine die bauli­chen Befunde der acht Bauten selbst, da hier of­fenbar keine hausbezogenen Quellen vor dem 16. Jahrhundert überliefert sind. Sieht man einmal von Problematik des historisch anders besetzten Begriffs der „Herrenhäuser“ ab, so ist den Autoren sicher zuzustimmen, dass die Bau­ten durch ihre Größe, die Zweigeschossigkeit, ihre bereits differenzierte Grundrißgliederung und Bauelemente wie Lauben auch im über­regionalen Vergleich für eine ländliche Region offenbar oberschichtige Baumerkmale auf­weisen. Dies würde auch die Tatsache ihrer Überlieferung erklären, denn ähnliche Vor­aussetzungen gibt es auch bei der Überlieferung der ältesten Fachwerkbauten in den deutschen Städten: Es sind dort meist ja nicht die ehemals in großer Zahl vorhandenen kleinbürgerlichen Wohnhäuser, die überliefert sind, sondern viel eher die herausgehobenen Großbauten. Ob sich daraus aber in Schwyz ein durch den Vergleich mit Burgen und Adelssitzen inten­dierter, wenn auch nicht direkt ausgesprochener unmittelbarer Zusammenhang dieser Bauten der dörflichen Oberschicht mit adeligen Bauweisen ableiten läßt, muss stark bezweifelt werden, und damit auch der in den Mittelpunkt der Argu­mentation gestellte schroffe Gegensatz zum Bauernhaus, zu dem offenbar keine gleichalten Vergleichsbeispiele aus der Region vorliegen. Damit ist eine soziale Zuordnung der Bauten in der beschriebenen Form zwar naheliegend, aber nicht abschließend bewiesen.Zumindest zu der Zeit der Entstehung von Haus Nideröst 1176 müßte man für den Bereich des Feudaladels eine Art von Saalgeschoßbau er­warten, ist doch zu dieser Zeit gerade der Saal ein für diese Schicht typisches Merkmal, und wenn ein solcher hier fehlt, kann dies nicht einfach als Vorwegnahme einer späteren Ent­wicklung, sondern nur als Hinweis auf eine andere soziale Schicht gewertet werden, die, wie

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die ganz ähnlich organisierten nachfolgenden Bauten des 13. und 14. Jahrhunderts zeigen, über diesen Zeitraum offenbar stabil blieb. An­gesichts der doch sehr dynamischen Entwick­lung, die mittlerweile eigentlich überall in Euro­pa gerade für diesen Abschnitt des Mittelalters nachgewiesen wurde, ist dies ein sehr über­raschender Befund, der im Ergebnis sogar ge­eignet ist, Zweifel an der Datierung des Hauses Nideröst aufzuwerfen.Weiterhin spricht die ja gleich bei mehreren dieser Bauten noch für das Mittelalter nachge­wiesene Versetzung von einem anderen ur­sprünglichen Standort kaum für ein adelsglei­ches Handeln, in dessen Mittelpunkt zu dieser Zeit vor allem auch die Bewahrung eines ererb­ten Sitzes stand. Es wird daher primär die Auf­gabe der Historiker sein, die dörfliche Ober­schicht der innerschweizer Kantone aufgrund der Schriftquellen näher zu fassen, bevor die Bauten in dieser Hinsicht abschließend beurteilt werden können.

Der kürzere Teil B des Buches stellt den Kata­log der untersuchten Bauten vor. Hier finden sich jeweils das Planwerk, die Angaben zur Do­kumentation, die Beschreibung des baulichen Bestandes und der Bauphasen. Die Informa­tionen sind konsequent nach einem einheitlichen Schema zusammengestellt, was grundsätzlich zu begrüßen ist, wird dadurch doch die Vergleich­barkeit erhöht und die Darstellung objektiviert. Bei einer intensiveren Beschäftigung mit diesem in der Schriftgröße deutlich kleiner gesetzten Katalog stellt man allerdings fest, dass die durchschnittlich etwa zehn Seiten pro Haus – einschließlich der Pläne – angesichts der zu er­wartenden Informationen viel zu knapp gewählt sind, und dadurch doch wesentliche Angaben fehlen. So ist zum Beispiel bei der Dendro­chronologie gerade einmal die Anzahl der Pro­ben und der Auswerter angegeben, es fehlen da­gegen vollständig die konkreten Zuordnungen zu Befundstellen mit den jeweiligen Einzel­ergebnissen. Dadurch ist bereits die grund­sätzlich zu verlangende Nachvollziehbarkeit der Datierung nicht gegeben, die man sich nach dem vorher Gesagten vor allem auch beim Haus Nideröst dringend wünschen würde.

Leider ist dies nicht das einzige Manko dieses Abschnittes: Unter dem Punkt „Ausgrabungen“ ist gerade einmal genannt, ob und wo von wem gegraben worden ist, die Ausgrabung selbst ist aber hier nicht dokumentiert, Ergebnisse tau­chen nur vereinzelt an anderen Stellen im Band auf, ohne dass ein Rückbezug zu einer entspre­chenden Dokumentation möglich wäre. Gerade aber bei den häufig versetzten Häusern wäre es wichtig, nachvollziehen zu können, inwiefern auch die Archäologie den Befund der Verset­zung stützt, in welchem Umfang die Siedlungs­stellen neu erschlossen oder fortgeführt wurden und welche Spuren landwirtschaftlicher Tätig­keit es gibt, wobei angesichts der in den Mittel­punkt des Bandes gestellten Argumentation so­gar Negativbefunden von Bedeutung wären.Schließlich ist auch bei „Zeichnungen und Plä­nen“ nur aufgeführt, wer das Planwerk anfer­tigte, nicht aber, welche Pläne erstellt wurden, in welchem Maßstab und mit welcher Meß­methode. Dieser Mangel wird auch durch die – generell zu klein – abgedruckten Pläne des je­weiligen Bestandes mit einigen Rekonstruk­tionen (wobei jeweils Bestand und Rekonstruk­tion klar zu unterscheiden sind) nicht gemildert, denn es bleibt unklar, ob hier das jeweils voll­ständige Planwerk gezeigt wird oder nur eine Auswahl nach dann nicht nachvollziehbaren Kriterien. Schließlich sind alle Pläne für diesen Band noch einmal umgezeichnet worden, was in der graphischen Aufarbeitung sicher gut wirkt, aber auch im Bereich der Plandarstellung zu einem denkbar weiten Abstand von der origina­len Dokumentation führt.Nützlich sind dagegen zweifellos die Aufstel­lungen der originalen – unveröffentlichten – Untersuchungsberichte und der jeweils vorab er­schienenen Publikationen, wobei allerdings auch nicht systematisch darauf eingegangen wird, inwiefern die vorher gemachten, oftmals bereits an anderer Stelle zitierten Aussagen weiter bestehen oder inzwischen revidiert wor­den sind. Man kann daher nicht erkennen, welche der teilweise hausmonographisch aus­führlicheren älteren Darstellungen noch als si­chere Ergänzung des vorliegenden Bandes her­angezogen werden können, als überholt gelten müssen oder mit anderen Autoren zu abwei­

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chenden Ergebnissen gelangt sind. Solche Rückgriffsmöglichkeiten wären aber wichtig, denn die anschließenden Baubeschreibungen und Aussagen zur Baugeschichte, oft nur stich­wortartig die jeweiligen Sachverhalte zusam­menfassend, sind dann viel zu kurz, um einen auch nur einigermaßen vollständigen Überblick zu geben. Zusammenfassend muß daher festgehalten wer­den, dass der Dokumentationsteil vielleicht für einen Vorbericht ausreichend wäre, in gar kei­nem Fall aber hinreichend ist für eine Schluss­dokumentation von acht Bauten dieser Bedeu­tung, die dieser Band ja auch darstellen soll.Um hier nicht falsch verstanden zu werden: An der Qualität der zugrundeliegenden Arbeiten der Forscher vor Ort, die mehrheitlich aus dem Moudoner Institut stammen, kann grundsätzlich kein Zweifel bestehen, zu kritisieren ist aller­dings, in welcher Form hieraus dann eine Pu­blikation entstanden ist, denn auch die beste Do­kumentation muß in einer solchen Veröffent­lichung natürlich den Anspruch der Nachvoll­ziehbarkeit erfüllen.

Daraus läßt sich grundsätzlich und übrigens auch über das hier zu besprechende Werk hin­aus folgern, dass es sicher besser gewesen wäre, die abschließende Publikation jeweils den ur­sprünglichen Forschern zu überlassen, und nicht wie hier im universitären Rahmen als Übungs­objekt vorzunehmen, woraus offenbar die un­gute Akzentverschiebung von der Befunddo­kumentation zur Befunddiskussion in diesem Band resultierte. So muss man leider festhalten, dass zu dem denkmalpflegerisch überwiegend bedenklichen Umgang mit diesen hervorra­genden Bauten nun auch noch eine in den be­schriebenen Punkten durchaus problematische und damit bisher üblichen Schweizer Maßstäben kaum entsprechende Publikation kommt. Es ist daher abschließend nur zu hoffen, dass in Zukunft auf der Basis der vorliegenden Primär­dokumentationen doch noch eine heutigen An­sprüchen entsprechende Schlussdokumentation zu der Bautengruppe veröffentlicht werden kann.

Ulrich Klein, Marburg

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