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Akustische Phonetik Uwe Reichel, Phil Hoole IPS, LMU München

Akustische Phonetikhoole/kurse/sockel/akustik/sockel... · IPS, LMU München. Die Bereiche des ‘signalphonetischen Bandes’ Aus Pompino-Marschall (1995), Abb. 2, S. 14 Phonetische

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Akustische Phonetik

Uwe Reichel, Phil HooleIPS, LMU München

Die Bereiche des ‘signalphonetischen Bandes’Aus Pompino-Marschall (1995), Abb. 2, S. 14

Phonetische Vorgänge

phil
Oval

Inhalt

• Teil I: Allgemeine Akustik und Schwingungslehre– Schwingungen und Wellen

– Moglichkeiten der Schalldarstellung

• Teil II: Sprachschall– Quelle-Filter-Theorie

– Akustische Beschreibung einiger Lautklassen

Inhalt 1

Schwingungen und Wellen

Schall

• Ausbreitung von lokalen Druckschwankungen in Form einer Welle

• Druckschwankungen werden als Schwingung behandelt

Schwingung

• zeitlicher Verlauf einer Druckschwankung in einem festen Raumpunkt

• Kenngroßen:– Frequenz: Anzahl der Schwingungsdurchgange (Perioden) pro Sekunde, in

Hertz (Hz); Periodendauer = 1/Frequenz

– Amplitude: vertikaler Abstand zur Zeitachse; in Pascal (Pa, absoluteSkala) oder Dezibel (dB, logarithmische Verhaltnisskala)

– Phase: horizontale Verschiebung der Schwingung

Akustik Teil I: Allgemeine Akustik und Schwingungslehre 2

Eine schwingendeStimmgabel führtzu lokalenLuftdruck-schwankungen(Schalldruck), diesich fortpflanzen.(aus Ladefoged, 1962,Fig. 1.2)

phil
Text Box
Abb. 1a

Bewegung derLuftmoleküle imZuge derfortschreitendenWelle(aus Ladefoged,1962, Fig. 1.3)

phil
Text Box
movement of sound waves
phil
Line
phil
Text Box
t i m e
phil
Line
phil
Note
Part of original figure legend: The spreading of a sound wave. Each line shows the position of thirteen particles of air at a moment in time a little later than that in the line above. Stationary particles are indicated by a dash; moving particles are shown by arrows, the boldness of the arrow indicating the speed of the movement.
phil
Text Box
Abb. 1b

0 pi 2pi−1

0

1

Am

plitu

de

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1−1

0

1A

mpl

itude

Zeit (s)

1Hz2Hz

Oben:Ein Umlaufen desKreises von 0 bis 2πentspricht einer Periode.

Unten:Die Frequenz gibt an,wie oft der Einheitskreisin einer Sekundeumlaufen wird, wievielePerioden also in eineSekunde pat das genal, bei 2 Hzzweimal, usf.

phil
Text Box
Frequenz: Wieviele Perioden passen in eine Sekunde? 1Hz = einmal 2Hz = zweimal, usw. Abb. 2

Moglichkeiten der Schalldarstellung

1. Als Zeitsignal (Oszillogramm)

• Amplitude (Schalldruck) als Funktion der Zeit

• Ort fest

• vgl. Abbildung 2

2. Als Spektrum

• Amplitude als Funktion der Frequenz

• Ort und Zeitintervall fest

• Zerlegung komplexer Schwingungen in ihre Teilschwingungen(Sinoidalschwingungen)

• Fourieranalyse: Zeitsignal −→ Spektrum; Bestimmung der Amplituden (undPhasen) der enthaltenen Sinoidalschwingungen

• Grundfrequenz f0: großter gemeinsamer Teiler (ggT) der enthaltenenFrequenzen

Akustik Teil I: Allgemeine Akustik und Schwingungslehre 5

0 0.25 0.5 0.75 1−5

−4

−3

−2

−1

0

1

2

3

4

5

Am

plitu

de

Zeit (s)

Zeitsignal

0 2 4 6 80

1

2

3

4

5

Am

plitu

deFrequenz (Hz)

Spektrum

Zeitsignal und Spektrum einer komplexen Schwingung (rot), alsErgebnis der Addition von zwei Sinoidalschwingungen (blau, grün).Die Grundfrequenz ist gleich der Frequenz der tiefsten Komponente(genauer: gleich dem GGT der Komponenten).

phil
Text Box
Abb. 3

Abbildung 4: Spektren fur die Laute [ia@]

Akustik Teil I: Allgemeine Akustik und Schwingungslehre 7

hoole
Text Box
Quelle
hoole
Text Box
[ i ]
hoole
Text Box
[ a ]
hoole
Text Box
Schwa
hoole
Text Box
Frequenz (Hz)
hoole
Text Box
Frequenz (Hz)
hoole
Text Box
Frequenz (Hz)
hoole
Text Box
Frequenz (Hz)

3. Als Spektrogramm (Sonagramm)

• Amplitude als Funktion von Frequenz und Zeit

• x-Achse: Zeit

• y-Achse: Frequenz

• Schwarzungsgrad: Amplitude

Abbildung 5: Breitbandsonagramm von [aeiou]. Horizontale Orientierungslinien in 1000-Hz-

Schritten.

Akustik Teil I: Allgemeine Akustik und Schwingungslehre 8

hoole
Text Box
a e i o
hoole
Text Box
Zeit ===>
hoole
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2000
hoole
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4000
hoole
Text Box
6000
hoole
Text Box
Hz

Quelle-Filter-Theorie (Fant, 1960)

Sprachschall: Rohschall (Quelle), der durch einen nachgeschaltetenResonator (Filter) verformt wird

1. Quelle

• Schwingung der Stimmlippen: periodische Anregung

Abbildung 6: Oszillogramm und durch Glottisschlage erzeugtes periodisches Anregungssignal. Das

Schließen der Stimmbander (blaue Linien) markiert den Beginn einer Periode.

Akustik Teil II: Sprachschall 9

• Artikulatrische Enge (Frikative): Rauschen

Abbildung 7: Entstehung von Rauschen an Verengungen: Umschlagen der laminaren in eine

turbulente Luftstromung.

• Verschlusssprengung (Plosive): transiente Anregung (Impuls)

• Quellen kombinierbar: z.B. Glottis+Enge bei stimmhaften Frikativen

Akustik Teil II: Sprachschall 10

Verknüpfung von Quelle (a) und Filter (b)im Frequenzbereich:Multiplikation des Rohschallspektrums mitder Übertragungsfunktion des Filters.

Ergebnis (c): Sprachschall

(n: Index über spektrale Anteile)

Abb. 51 aus Pompino-Marschall

hoole
Text Box
2. Filter (Artikulationstrakt)

2. Filter (Artikulationstrakt)

• Verstarkung von Frequenzbereichen (Resonanzfrequenzen) des Quellsignals

Abbildung 8: Spektren fur die Laute [ia@]. Rohschall (oben links) wird durch unterschiedliche

Filter (charakterisiert durch ihre blau eingezeichnete Ubertragungsfunktion) verformt. Schwarze

vertikale Linien markieren die verstarkten Frequenzbereiche (Formanten).

Akustik Teil II: Sprachschall 11

hoole
Text Box
Quelle
hoole
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[ i ]
hoole
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[ a ]
hoole
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Schwa
hoole
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Frequenz (Hz)
hoole
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Frequenz (Hz)
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Frequenz (Hz)
hoole
Text Box
Frequenz (Hz)
phil
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Formanten: markiert durch schwarze senkrechte Linien

Formanten:• Frequenzbereiche erhohter Energie; abhangig von resonatorischen

Eigenschaften des Artikulationstrakts

• Artikulationstrakt als Sequenz von akustisch definierten Resonatorenreprasentierbar:

Abbildung 9: Reprasentation des Vokals [i] als Sequenz von Resonatoren.

Akustik Teil II: Sprachschall 12

hoole
Rectangle

Artikulation des Vokals [i], schematischals Rohrsystem dargestellt

Drei Resonatortypen:1. Vorderrohr (c-d); einseitig geschlossenes Rohr2. Hinterrohr (a-b); beidseitig geschlossenes Rohr3. Helmholtzresonator (Hinterrohr (a-b) + Verengung (b-c));

“Körper+ “Hals”

Akustische Beschreibung einiger Lautklassen

Orientierung im Sonagramm

• vertikale Linien (Amplitudenmodulation): Glottisschlage

• schwarze Balken: Formanten; fur die Charakteristik von Sprachlauten sinddie ersten drei Formanten F1–F3 ausschlaggebend

Akustik Teil II: Sprachschall 15

phil
Text Box
Praat download: www.praat.org

Time (s)1.412 2.9080

4000

Freq

uenc

y (H

z)

Time (s)

Form

ant f

requ

ency

(Hz)

1.412 2.9080

1000

2000

3000

4000

Hz

i a u

F2

F2

F2

F1

F1F1

Als weitere Zusammenfassung:F1 und F2 für die Eckvokale als Sonagrammdarstellung

hoole
Text Box
Vokale: Ausgeprägte Formantstruktur

Plosive

Abbildung 13: Plosiv-Vokal-Sequenz [atada].

• Phasen:– Pause; bei stimmhaften Plosiven mit Voice Bar gefullt

– Verschlusssprengung (Burst): transiente Anregung; deutliche vertikaleLinie uber großen Frequenzbereich

– Aspiration (Rauschen, nur bei Fortis-Plosiven); stochastische Schwarzung

• Voice Bar: durch Gewebe abgestrahlte tieffrequente Anteile desGlottissignals, Balken im unteren Frequenzbereich bis ca. 500 Hz

Akustik Teil II: Sprachschall 17

hoole
Text Box
2000
hoole
Text Box
4000
hoole
Text Box
6000
hoole
Text Box
Hz
hoole
Text Box
a t a d a
hoole
Rectangle
phil
Line
phil
Line

Plosive

Abbildung 13: Plosiv-Vokal-Sequenz [atada].

• Phasen:– Pause; bei stimmhaften Plosiven mit Voice Bar gefullt

– Verschlusssprengung (Burst): transiente Anregung; deutliche vertikaleLinie uber großen Frequenzbereich

– Aspiration (Rauschen, nur bei Fortis-Plosiven); stochastische Schwarzung

• Voice Bar: durch Gewebe abgestrahlte tieffrequente Anteile desGlottissignals, Balken im unteren Frequenzbereich bis ca. 500 Hz

Akustik Teil II: Sprachschall 17

hoole
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2000
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4000
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6000
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Hz
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Text Box
a t a d a
hoole
Rectangle
phil
Line
phil
Line

Plosive

Abbildung 13: Plosiv-Vokal-Sequenz [atada].

• Phasen:– Pause; bei stimmhaften Plosiven mit Voice Bar gefullt

– Verschlusssprengung (Burst): transiente Anregung; deutliche vertikaleLinie uber großen Frequenzbereich

– Aspiration (Rauschen, nur bei Fortis-Plosiven); stochastische Schwarzung

• Voice Bar: durch Gewebe abgestrahlte tieffrequente Anteile desGlottissignals, Balken im unteren Frequenzbereich bis ca. 500 Hz

Akustik Teil II: Sprachschall 17

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2000
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4000
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6000
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Hz
hoole
Text Box
a t a d a
hoole
Rectangle
phil
Line

• Artikulationsstelle:– u.a. uber Formanttransitionen ermittelbar

– Formanttransition: zeitliche Anderung der Formantfrequenzen anLautubergangen und in Diphtongen

– Beispiel: in Abbildung 13 liegt von den Plosiven aus gesehen derAusgangspunkt (Lokus) der Transitionen des zweiten Formanten jeweils beietwa 1800 Hz−→ alveolare Artikulationsstelle

Akustik Teil II: Sprachschall 18

hoole
Rectangle

Plosive

Abbildung 13: Plosiv-Vokal-Sequenz [atada].

• Phasen:– Pause; bei stimmhaften Plosiven mit Voice Bar gefullt

– Verschlusssprengung (Burst): transiente Anregung; deutliche vertikaleLinie uber großen Frequenzbereich

– Aspiration (Rauschen, nur bei Fortis-Plosiven); stochastische Schwarzung

• Voice Bar: durch Gewebe abgestrahlte tieffrequente Anteile desGlottissignals, Balken im unteren Frequenzbereich bis ca. 500 Hz

Akustik Teil II: Sprachschall 17

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2000
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4000
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Text Box
6000
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Hz
hoole
Text Box
a t a d a
phil
Line
phil
Line
hoole
Text Box
Abb. 13. Transitionen

Frikative

Abbildung 14: Frikativ-Vokal-Sequenz [fasaSaCaxaha].

• Anregungssignal: Rauschen; stochastische Schwarzung

• Artikulationsstelle: Je weiter entfernt von Mundoffnung die Konstriktion,desto langer das Resonanzrohr −→ desto– hoher die Gesamtenergie,

– tiefer der Energieschwerpunkt und

– strukturierter das Spektrum (velare und larngale Frikative weisenFormantstruktur auf).

Akustik Teil II: Sprachschall 19

hoole
Rectangle
hoole
Text Box
2000
hoole
Text Box
4000
hoole
Text Box
6000
hoole
Text Box
Hz
hoole
Text Box
f a s a ʃ a ç a x a h a

Nasale

• durch oralen Verschluss geschlossene Mundhohle entzieht dem Signal Energieim Bereich ihrer Resonanzen −→ Antiformanten (“Energieeinbruche” imSpektrum)

Trills

• niederfrequente Amplitudenschwankungen, die die Glottisschlage uberlagern;vertikale “Riffelung”

Laterale, Approximanten

• Formantstruktur, niedriger erster Formant

Akustik Teil II: Sprachschall 20

Abbildung 15: Sequenz [laranaja].

Akustik Teil II: Sprachschall 21

hoole
Text Box
l a r a n a j a
hoole
Text Box
2000
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Text Box
4000
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6000
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Text Box
Hz