Alexander Hislop - Von Babylon Nach Rom

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    Alexander Hislop

    Von Babylonnach Rom

    Der Ursprung derrmisch-katholischen Religion

    ChristlicheLiteratur-Verbreitung e.V.

    Postfach 110135 33661 Bielefeld

  • 41. Auflage 1997

    Originaltitel: The Two BabylonsAmerikanische Ausgabe bei Loizeaux Brothers, Inc. der deutschen Ausgabe1997 by CLV Christliche Literatur-VerbreitungPostfach 11 01 35 33661 Bielefeldbersetzung: Sabine PaulSatz: CLVUmschlaggestaltung: Dieter Otten, GummersbachDruck und Bindung: Graphischer Grobetrieb Pneck

    ISBN 3-89397-377-X

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    INHALTSVERZEICHNIS

    Vorwort des deutschen Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    Kennzeichen der beiden Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

    Gegenstnde der Verehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Dreiheit in der Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Mutter und Kind und das Urmodell des Kindes . . . . . . . . . . . . . 30

    Das Kind in Assyrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Das Kind in gypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Das Kind in Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Der Tod des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Das Kind wird zum Gott erhoben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    Die Mutter des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

    Feste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Weihnachten und Mari Verkndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Ostern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93Die Geburt Johannes des Tufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101Das Fest Mari Himmelfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

    Die Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Wiedergeburt durch die Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Rechtfertigung durch Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131Das Meopfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143Die Letzte lung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150Fegefeuer und Gebete fr die Toten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

    Bruche und Zeremonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157Gtzenprozessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157Reliquienverehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162Das Bekleiden und Krnen von Bildnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Der Rosenkranz und die Verehrung des heiligen Herzens . . . . . . 173Lampen und Wachskerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177Das Zeichen des Kreuzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

  • 6Religise Stnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189Der oberste Pontifex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189Priester, Mnche und Nonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

    Historische und prophetische Betrachtungder beiden Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207Der groe rote Drache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207Das Tier aus dem Meer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221Das Tier aus der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232Das Bild des Tieres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239Der Name des Tieres, die Zahl seines Namens,

    das unsichtbare Haupt des Papsttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

    Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

    Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263Die Frau mit dem goldenen Becher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263Hebrische Zeitrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264Shing Moo und Ma Tsoopo von China . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267Ala-Mahozim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269Die Bedeutung des Namens Centaurus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271Olenos, der Sndentrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273Die Identitt von Rhea bzw. Kybele und Venus . . . . . . . . . . . . . . . 277Die jungfruliche Mutter des Heidentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280Die Muttergttin als Wohnsttte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281Die Bedeutung des Namens Astarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283Oannes und Souro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287Die Identitt des skandinavischen Odin

    und des Adon von Babylon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289Das Ablegen der Kleider der in die Mysterien Eingeweihten . . . 290Zoroaster, das Haupt der Feueranbeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291Die Geschichte von Phathon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295Die kaiserliche rmische Flagge mit dem Drachen

    als Symbol der Feueranbetung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297Das Tten der Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299Attes, der Snder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

    Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

    Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

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    VORWORTdes deutschen Herausgebers

    Mit diesem Buch, unter dem Originaltitel The Two Babylons weithin bekannt,legen wir dem deutschsprachigen Leser die langerwartete bersetzung eines auchin deutscher Literatur immer wieder zitierten Standardwerkes vor: AlexanderHislop (1807 1865) gab sein Werk in vollstndiger Fassung erstmalig im Jahr 1858heraus, nachdem es 1853 zunchst als kurzgefate Flugschrift erschienen war.Seine grndlichen Nachforschungen ber die Zusammenhnge antiker Mysteri-enreligionen und Mythologien, die sich wie ein roter Faden durch die Weltge-schichte verfolgen lassen, bilden auch heute noch eine Grundlage fr viele weitereVerffentlichungen neuerer Autoren.

    Da man bisher von der Herausgabe einer deutschsprachigen Ausgabe abgese-hen hat, ist aufgrund des brisanten, oft provokant empfundenen Inhalts verstnd-lich. Mit beispielloser Deutlichkeit zeigt Hislop das eigentliche Wesen des Katho-lizismus auf eine Deutlichkeit, die am Ende des 20. Jahrhunderts in der ffent-lichkeit nicht mehr als angebracht betrachtet wird, weil sie die heutigen Normender Toleranz und Verstndigung verletzt. Von daher kann die jetzige Herausgabeder deutschen bersetzung als ein Zeitzeugnis aufgefat werden, das das kompro-milos-konsequente Denken des 19. Jahrhunderts widergibt.

    Den aufrichtigen Leser werden Hislops Ausfhrungen jedoch nicht in dieserhistorischen Distanz belassen. Die von ihm gebotenen Einsichten bringen fr denbibelglubigen Christen einfach zu entscheidende Konsequenzen mit sich: InKonkurrenz zur heiligen Stadt Jerusalem, zur Braut Christi, steht eine groeStadt, ja eine Hure, deren entlarvtes Angesicht erschaudern lt. Die Bibel gibtden vielsagenden Hinweis, da Babylon, die groe der Greuel der Erde eineStadt auf sieben Bergen bzw. Hgeln ist (siehe Offenbarung 17,5.9.18). Handelt essich hier tatschlich um das als Siebenhgelstadt weltbekannte Rom, das zu-gleich Synonym fr ein politisches Reich und ein religises System ist? Diesernaheliegende Gedanke ist zwar erschreckend, doch wurde er nicht nur in dergesamten Kirchengeschichte von Bibelauslegern vertreten, sondern wird sogar vonkatholischen Bibelausgaben in ihren Anmerkungen besttigt.1

    In seiner Schrift Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche schreibtMartin Luther: wei ich jetzt und bin berzeugt, da das Papsttum das ReichBabylon und die Herrschaft des gewaltigen Jgers Nimrod ist.2 Damit gibt derReformator genau die Aussageabsicht Hislops wieder, wie der Autor sie auch imUntertitel der Originalausgabe treffend anfhrt: Der ppstliche Gottesdienst,erwiesen als der Gottesdienst Nimrods und seiner Frau. Hislops Arbeit besteht inerster Linie darin, die Wurzeln des Katholizismus im antiken Kult um Nimrod undseiner Frau Semiramis aufzudecken. Nimrod war der erste Knig der Erde, Herr-scher ber Babel (1. Mose 10,8-10) und damit Anfhrer des dortigen Turmbaus.

  • 8Seine Frau Semiramis wurde spter als Himmelsknigin verehrt, ihr Sohn Tam-muz zum reinkarnierten Nimrod und Gottmenschen erhoben.

    Hislops schonungslose Entlarvung Roms und sein dringender Aufruf an eineschlfrige Christenheit ist in Anbetracht seiner Zeit, England Mitte des 19. Jahr-hunderts, nur zu verstndlich. Seinerzeit befand sich die rmisch-katholischeKirche des Inselreiches in einem rasanten Aufschwung: 1829 wurde die Testaktevon 1673 aufgehoben, und somit erhielten die Katholiken die Glaubensfreiheitund das Recht des Zugangs zu den ffentlichen mtern zurck. 1833 begann JohnHenry Newman, zunchst als anglikanischer Theologe, mit der Herausgabe viel-beachteter Traktate zur Zeit, die viele katholische Lehrauffassungen unter denProtestanten verbreiteten. Die daraus hervorgegangene Oxfordbewegung (New-man lehrte in Oxford), auch Traktarianismus genannt, strkte dem Anglokatholi-zismus den Rcken. Gegen Newman und die Traktarianer wendet Hislop sich inseinem Buch namentlich, ebenso gegen den hochkirchlichen Theologen Pusey,der sich der Oxfordbewegung anschlo und ihr die sptere Bezeichnung Puseyis-mus aufprgte. Unter dem Einflu dieser Bewegungen nimmt die anglikanischeHochkirche mehr und mehr das unbiblische rmisch-katholische Geprge an:ueren Pomp, Prozessionen, Seelenmessen, Anrufung Marias, katholische Feier-tage usw. In diesem Zustand wird sie als ein fr den Papst gesatteltes Robezeichnet. 1841 versuchte Newman mit seinem 90. Traktat gar, die 39 Artikel derChurch of England mit den rmischen Dogmen in Einklang zu bringen. Seit 1840war eine bertrittsbewegung zur rmischen Kirche im Gange; in den Jahren1845-46 wechselten etwa 150 Geistliche ihre Konfession zum Katholizismus; 1845trat auch Newman selbst zum Katholizismus ber (1879 zum Kardinal erhoben,wurde er schlielich einer der bedeutendsten katholischen Theologen des 19.Jahrhunderts). 1850 erlebte England schlielich die Wiederherstellung der katholi-schen Hierarchie. Das Vordringen des Katholizismus war derart bedrohlich, dasich 1846 die Evangelikalen der Staatskirche (Evangelical Party, Low Church) undder Freikirchen (Methodisten, Dissenters) zur Gegenwehr formierten und inLondon die Evangelische Allianz grndeten. Dennoch hatten die Evangelikalendem Katholizismus auch weiterhin sowenig entgegenzubieten, da der berhmtePrediger C. H. Spurgeon im Jahr 1876 rief: Ihr Protestanten, die ihr heute eureFreiheit wie Billigware verschleudert, werdet einmal den Tag verfluchen, an demihr euch die alten Ketten wieder an die Knchel passen lieet. Das Papsttumfesselte und ttete unsere Vter, und wir machen es zu unserer Nationalreligion.3

    Wahrscheinlich hat dieses vielbeachtete Buch mit seinem Einflu einen Beitragdazu geleistet, da die Kirche Englands schlielich doch nicht gnzlich von Romverschlungen wurde.

    Als geschichtlicher Hintergrund dieses Buches sollte auch die allgemeine Ent-wicklung der katholischen Kirche jener Zeit beachtet werden. In Pius IX. findetdie rmische Kirche einen ebenso konservativen wie willensstarken Papst, der denReformkatholizismus endgltig unterbindet. Stattdessen gewinnt in der Theolo-

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    gie unter dem starken Einflu der Jesuiten die Scholastik Thomas von Aquinswieder an Bedeutung, in der Volksfrmmigkeit erfahren Wunderglaube und My-stik eine wesentliche Steigerung. Die Ausstellung des Heiligen Rocks in Trier imJahr 1844 zieht in 50 Tagen eine Million Besucher an, das sind fnf mal soviel wiebei seiner letzten Ausstellung im Jahr 1810. Groe Beachtung findet das Phno-men der Stigamtisation das mysterise Auftreten von Kreuzigungswundmalenan Hnden und Fen, z. B. bei Anna Katharina Emmerich und Clemens Brenta-no. Von besonderer Bedeutung sind vor allem die seit Anfang des 19. Jahrhundertshufig auftretenden Marienerscheinungen und die damit zunehmende Marienver-ehrung. Die Erscheinungen in Paris (1830), La Salette (1846) und Lourdes (1858)wurden kirchlich anerkannt und sind fr den Katholizismus prgend. Einen vor-lufigen Hhepunkt des neu entfachten Marienkultes stellt das 1854 verkndeteDogma der Unbefleckten Empfngnis Marias dar, welches besagt, Maria sei vonder Erbsnde verschont geblieben. Hislop bercksichtigt dieses noch als letztesrichtungweisendes Ereignis (S. 241) vor der Vollendung des Buches.

    Seit dem Abschlu dieses Werkes waren weitere Meilensteine in der Entwick-lung der rmisch-katholischen Kirche zu verzeichnen. 1870 demonstrierte Pius IX.beim Ersten Vatikanischen Konzil seine unumschrnkte Macht, indem er dasDogma der ppstlichen Unfehlbarkeit durchsetzte. 1950 machte mit Pius XII.erstmalig ein Papst vom Recht der unfehlbaren Verkndigung Gebrauch underlie das Dogma ber die Aufnahme Marias in den Himmel. Die marianischenDogmen, zusammen mit weiteren Marienerscheinungen wie z. B. Fatima, bewir-ken einen weiteren Aufschwung dessen, worin der Katholizismus so erschreckendmit dem babylonischen Kult bereinstimmt: die hingegebene Verehrung einerMuttergttin und Himmelsknigin.

    Die verbreitete Annahme, seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 1965)habe die katholische Kirche sich wesentlich verndert, ist leider eine irrige Vorstel-lung. Zwar hat sie ihre uere Erscheinung freundlicher gestaltet, so z.B. mit einerReform ihrer Liturgie, ist in ihrer Haltung gegenber nichtchristlichen Religionenund auch anderen christlichen Konfessionen toleranter geworden, und dann undwann erzielt der Papst durch Eingestndnisse frheren Versagens weltweite Sym-pathie. Aber all das dient nur als Werbemittel auf dem Weg zu einer religisenEinheit unter dem Dach des Vatikan. So lehnte krzlich der Papst vorlufig ab, eindrittes Dogma ber Maria zu verkndigen: Obwohl er an Maria als Frspreche-rin, Miterlserin und Mittlerin aller Gnaden glaubt, wie das neue Dogma bein-halten soll, verzichtet er zugunsten des kumenischen Prozesses vorerst auf einenabermaligen Gebrauch des ppstlichen Rechts auf Unfehlbarkeit.

    Der Anspruch Roms als die allein wahre, allein seligmachende Kirche mit demalleinigen Oberhaupt aller Christen gilt nach wie vor, und smtliche Dogmen sindunfehlbar gltig wie eh und je und wurden auf dem Konzil erneut besttigt auchjene Verdammungsurteile der Gegenreformation vom Konzil zu Trient.4 Von ihrerLehre und ihrem Wesen her ist sie genau dieselbe wie zur Zeit Hislops, ja genau

    VORWORT DES DEUTSCHEN HERAUSGEBERS

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    dieselbe wie zur Zeit der englischen Knigin Maria die Katholische, unter derHunderte bibelglubiger Christen auf dem Scheiterhaufen die Echtheit ihresGlaubens bezeugten, und genau dieselbe wie in den Jahrhunderten der Inquisiti-on, der Abertausende zum Opfer fielen, die sich nicht unter das rmische Jochbeugten.

    Von daher hat dieser Klassiker nichts an Aktualitt eingebt, vielmehr ist dieseEntlarvung des Katholizismus ntiger denn je. Vier Parallelen zu der Zeit derAbfassung sind in der heutigen Christheit deutlich zu erkennen und stellen einenicht minder groe Problematik dar: 1.) Ein Aufschwung und zunehmenderEinflu des Katholizismus dazu beachte man allein die Wirkung eines Papstbesu-ches in Deutschland, 2.) die wachsende Bedeutung des Marienkults, insbesonderein Verbindung mystischer Phnomene und im Zusammenhang einer charismati-schen kumene (z.B. Medjugorje), 3.) eine besorgniserregende Verflachung desgeistlichen Lebens und der Botschaft der Evangelikalen, und 4.) immer mehrgemeinsame Foren fr Evangelikale und Katholiken: von ProChrist bis zu denPromiseKeepers, von der Charismatischen Bewegung bis zur Willow Creek-Wellefinden wir wo immer wir hinschauen Evangelikale, die gemeinsam mit der katho-lischen Kirche an einem Strang ziehen die Frage ist nur, in welche Richtung.

    Leider ist Hislops Werk auch zu sektiererischen Zwecken zitiert und somitmibraucht worden. Bei mutwilligem Miverstehen kann z.B. seine Darlegungzum Thema Dreieinigkeit tatschlich falsch aufgefat werden. Wenn er in Kapi-tel 1 aufzeigt, da im babylonischen Gtzendienst eine bildhafte Darstellung odereine dem wahren Wesen Gottes zuwider laufende Form der Dreieinigkeit verehrtwird, heit das natrlich nicht, da er die Dreieinigkeit als solche abstreitet, erbezeichnet sie ja als Geheimnis unseres Glaubens (s. S. 29). Es ist vielmehr eineBesttigung des dreieinen Wesens Gottes, wenn die antichristliche Religion dieseDreiheit dem ueren Schein nach kopiert, um so dem wahren Glauben mglichsttuschend hnlich zu werden. Da Hislop sich an diesem Punkt nicht besondersdeutlich ausdrckt, ist sein Buch vielfach von Neoarianisten wie den ZeugenJehovas (die es zu Hislops Zeit noch nicht gab) zu ihren Zwecken zitiert worden.Gleiches gilt fr Hislops Ausfhrung ber das Symbol des Kreuzes. Damit wendeter sich gegen einen mystisch-magischen Symbolismus, keineswegs jedoch gegendie biblische Wahrheit, da der Herr Jesus an einem Kreuz hingerichtet wurde. DieLehre der Zeugen Jehovas, Jesus sei an einem bloen Pfahl gestorben, findetdurch Hislops Aussagen keinerlei Besttigung.

    Aufgrund seiner Vorgehensweise hat man Hislops Ausfhrungen vielfach inFrage gestellt und kritisiert, da der etymologische (sprachgeschichtliche) Anteilseiner Beweisfhrung zum Teil weit hergeholt oder konstruiert erscheint. Sicher-lich wirken manche seiner logischen Schlufolgeketten auf den unkundigen Leserbefremdend, und ein Nachvollziehen verlangt ihm ein gewisses Interesse an derMaterie ab. Doch sind alle Argumente und insbesondere die ca. 270 Quellen, aufdie Hislop zurckgreift, von fachkundiger Seite in langwieriger Arbeit berprft

    VORWORT DES DEUTSCHEN HERAUSGEBERS

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    und wie Hislop im Vorwort der dritten Auflage herausstellt gegebenenfallsrevidiert worden. Um Miverstndnisse zu vermeiden, sollte man beachten, daHislop die Sprachbezeichnung Chaldisch in einem weiteren Sinn gebraucht:Jede Sprache, die erwiesenermaen in Babylon seit Aufkommen des Gtzendien-stes benutzt wurde, fat er unter diesem Begriff zusammen. Dieses Chaldischesteht in enger Beziehung zum Hebrischen, da Abraham ja aus Ur in Chaldastammte.

    Auch in der Ausgabe, die als Vorlage dieser bersetzunge diente und die derAutor selbst nicht mehr erlebte, wurden noch einige kleinere Fehler beseitigt, soda dieser Ausgabe ein wirklich ausgereiftes Werk zugrunde liegt. Und selbst frden Fall, da die eine oder andere Aussage oder Schlufolgerung anfechtbar seinsollte, so ist doch die Flle des dargebotenen Beweismaterials derart berwlti-gend, da das Gesamtergebnis des Buches keineswegs beeintrchtigt wrde. Somitist diese Analyse des babylonischen Kultes und dessen Fortfhrung in unsere Zeiteine wertvolle Hilfe, um sndige, gtzendienerische Elemente in unserem persn-lichen Leben, in unseren Gemeinden und unserem ganzen christlichen Lebens-raum aufzuspren und auszumerzen, so da wir die Verheiung und den Segenerlangen, von dem Paulus in 2. Kor. 6,17-18 schreibt:

    Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab! spricht der Herr.Und rhrt Unreines nicht an! Und ich werde euch annehmen

    und werde euch Vater sein, und ihr werdet mir Shne und Tchter sein,spricht der Herr, der Allmchtige.

    Der Herausgeber, im November 1997

    VORWORT DES DEUTSCHEN HERAUSGEBERS

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    EINFHRUNG

    und sie hatte auf ihrer Stirn einen Namen geschrieben, ein Geheimnis: Babylon, die groe, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde.

    Offb. 17,5

    Zwischen den Werken des Menschen und den Werken Gottes besteht ein so groerUnterschied, da eine sorgfltige Untersuchung und Forschung, die die Fehlerund Unvollkommenheiten der ersteren aufdeckt, gleichzeitig auch die Schnhei-ten der letzteren ans Tageslicht bringt. Wrde man die feinste Nadel, die je einMensch geschliffen hat, unter einem Mikroskop beobachten, knnte man vieleUnebenheiten, viel Rauhes und Grobes sehen. Betrachtet man hingegen die Blu-men des Feldes unter dem Mikroskop, so sieht die Sache ganz anders aus. Anstatteiner Beeintrchtigung ihrer Schnheit entdeckt man sogleich neue und sogarnoch zartere faszinierende Formen, die dem bloen Auge entgangen sind. Es sindSchnheiten, die uns die volle Kraft der Aussage des Herrn in einer Weise schtzenlassen, wie wir uns sonst kaum eine Vorstellung davon machen knnten: Schautdie Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sienicht. Ich sage euch, da auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidetgewesen ist wie eine von ihnen. Dasselbe Gesetz gilt auch, wenn man das WortGottes mit den grten menschlichen Errungenschaften vergleicht. Auch an denam meisten bewunderten Errungenschaften des menschlichen Geistes gibt esFlecken und Makel. Je mehr jedoch die Heilige Schrift erforscht wird, je sorgflti-ger sie studiert wird, desto mehr tritt ihre Vollkommenheit in Erscheinung; neueSchnheiten werden jeden Tag ans Licht gebracht, und die Entdeckungen derWissenschaft, die Forschung der Gelehrten und die Arbeit der Unglubigen wir-ken alle zusammen, um die wunderbare Harmonie aller Teile sowie die gttlicheSchnheit zu veranschaulichen, die das Ganze umgibt.

    Wenn dies auf die Heilige Schrift im allgemeinen zutrifft, so gilt es in besonde-rer Weise fr ihre prophetischen Aussagen. So wie sich das Rad der Vorsehungvorwrts dreht, bekommen die prophetischen Symbole ein immer klareres undschneres Relief. Dies ist besonders auffllig bei der prophetischen Sprache, diedas Fundament und den Eckstein des vorliegenden Werkes bildet. Noch nie hat einvorurteilsloser Protestant Schwierigkeiten damit gehabt, die Frau, die auf siebenBergen sitzt und auf ihrer Stirn den Namen Geheimnis, Babylon, die groetrgt, als die rmische Abtrnnigkeit zu identifizieren. Keine andere Stadt derWelt wurde je so wegen ihrer Lage auf sieben Hgeln gefeiert wie die Stadt Rom.Heidnische Dichter und Redner, die nicht daran dachten, die Prophetie zu erlu-tern, haben sie ebenso als die Sieben-Hgel-Stadt charakterisiert. So beschreibtVergil sie: Rom ist die schnste (Stadt) der Welt geworden und hat als einzige fr

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    sich sieben Anhhen mit einer Mauer umgeben.1 Propertius bezeichnet sie imgleichen Stil (er fgt nur einen weiteren Charakterzug hinzu, der das apokalypti-sche Bild vervollstndigt) als die erhabene Stadt auf sieben Hgeln, die die ganzeWelt regiert2. Da sie die ganze Welt regiert, entspricht genau der gttlichenAussage: welche die Knigsherrschaft ber die Knige der Erde hat (Offb. 17,18).Rom als die Stadt der sieben Hgel zu bezeichnen, galt unter ihren Brgern alsgenauso kennzeichnend, wie sie bei ihrem eigenen Namen zu nennen. Dahererwhnt Horaz nur ihre sieben Hgel, als er sich an die Gtter, die ihre Zunei-gung auf die sieben Hgel gerichtet haben, wendet.3 Martial spricht genauso vonden sieben beherrschenden Hgeln.4 In der langen Zeit danach wurde blicher-weise die gleiche Ausdrucksweise verwendet. Als nmlich Symmachus, Prfekt derStadt und letzter amtierender heidnischer Pontifex Maximus, als kaiserlicher Stell-vertreter in einem Brief einen seiner Freunde einem anderen vorstellt, nennt er ihnde septem montibus virum ein Mann von den sieben Hgeln, wobei er, wiedie Kommentatoren es interpretieren, Civem Romanum meint, einen rmi-schen Brger.5 Da nun dieses Merkmal Roms immer schon klar erkennbar undbekannt war, konnte man stets einfach aufzeigen, da die Kirche mit ihrem Sitz aufden sieben Hgeln Roms hchst passend Babylon genannt werden kann. Schlie-lich ist diese Stadt zu neutestamentlichen Zeiten der Hauptsitz des Gtzendien-stes, so wie im Alten Testament Babylon der Hauptsitz des Gtzendienstes war.Aber neuere Entdeckungen in Assyrien, die in Zusammenhang mit der frher gutbekannten, aber schlecht verstandenen Geschichte und Mythologie der alten Weltgebracht wurden, zeigten, da in dem Namen Babylon, die groe eine beiweitem grere Bedeutung steckt. Es war immer schon bekannt, da das Papsttumgetauftes Heidentum war; doch jetzt macht Gott offenbar, da dieses von Romgetaufte Heidentum in all seinen wesentlichen Elementen das gleiche Heidentum ist,das im alten buchstblichen Babylon vorherrschte, als der Herr vor Kyrus dieMessingtore mit den beiden Flgeln ffnete und die Eisenriegel zerteilte.

    Dieses neue und unerwartete Licht sollte auf die eine oder andere Art gerade zuunserer Zeit auf die Kirche des groen Abfalls scheinen; durch diese Ausdrucks-weise und die Symbole der Offenbarung haben wir es mglicherweise schongeahnt. In den apokalyptischen Visionen sieht Johannes die abgefallene Kirche mitdem Namen an ihrer Stirn geschrieben: Babylon, die groe, zum ersten Maldirekt vor dem ber sie hereinbrechenden Gericht (Offb. 17,5). Was bedeutet es, dadieser Name an ihrer Stirn geschrieben war? Zeigt das nicht auf natrliche Weise,da kurz bevor das Gericht ber sie hereinbricht, ihr wahrer Charakter so grnd-lich entwickelt sein wird, da jeder, der Augen zum Sehen hat und das geringstegeistliche Unterscheidungsvermgen besitzt, durch die sichtbaren Beweise gleich-sam erkennen mu, wie wunderbar der Titel auf sie zugeschnitten ist, den derGeist Gottes ihr verliehen hat? Ihr Gericht eilt nun offensichtlich heran, und jenher es kommt, desto mehr offenbart die gttliche Vorsehung zusammen mitdem Worte Gottes durch die wachsende Erkenntnis, da Rom tatschlich das

    EINFHRUNG

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    Babylon der Offenbarung ist, da der wesentliche Charakter ihres Systems, diegroen Gegenstnde ihrer Anbetung, ihre Feste, ihre Lehren und ihre Ordnung,ihre Riten und Zeremonien, ihr Priestertum und deren Hierarchie alle aus demalten Babylon stammen, und da schlielich der Papst selbst wirklich und wahr-haftig in direkter Linie der Stellvertreter Belsazars ist. In dem Krieg, der gegen diedominierenden Anmaungen Roms gefhrt wird, meinte man zu oft, es genge,lediglich ihre anmaende Prahlerei zu entkrften, da sie die Mutter und Herrinaller Kirchen sei, die eine katholische Kirche, auerhalb derer es kein Heil gebe.Wenn es je eine Entschuldigung dafr gab, so nachsichtig mit ihr zu verfahren,dann hat diese nun keine Berechtigung mehr. Wenn der von mir dargelegteStandpunkt aufrechterhalten werden kann, mu man ihr den Namen einer christ-lichen Kirche insgesamt verweigern. Denn wenn das eine Kirche Christi war, wasin jener Nacht versammelt war, als der Priesterknig von Babylon mitten unterseinen tausend Mchtigen die Gtter von Gold und Silber, von Erz, Eisen, Holzund Stein rhmte (Dan. 5,4), dann hat die Kirche Roms ein Recht auf denNamen einer christlichen Kirche, aber auch nur dann. Fr manchen wird dieserStandpunkt zweifellos sehr berraschend sein, aber es ist Absicht dieses Buches,ihn darzulegen, und der Leser mge selbst urteilen, ob ich nicht ausreichendBeweise zu seiner Untermauerung liefere.

    EINFHRUNG

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    KAPITEL 1

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

    In der Beweisfhrung fr den babylonischen Charakter der ppstlichen Kirche istder erste Punkt, auf den ich die Aufmerksamkeit lenken mchte, die Eigenschaftdes Geheimnisses, das sowohl mit dem modernen rmischen als auch mit demantiken babylonischen System verbunden ist. Das gigantische System von Sitten-verderbnis und Gtzendienst, das in diesem Abschnitt durch das Sinnbild einerFrau mit einem goldenen Becher in ihrer Hand (Offb. 17,4) beschrieben wird,durch die alle Vlker trunken geworden (sind) von dem Wein ihrer Unzucht(Offb. 17,2; 18,3), wird von Gott Geheimnis, Babylon, die groe(Offb. 17,5)6 genannt. Da das von Paulus in 2. Thess. 2,7 beschriebene Ge-heimnis der Gesetzlosigkeit seine Entsprechung in der rmischen Kirche hat, kannkein aufrichtiger Mensch, der dieses Thema sorgfltig untersucht hat, so schnellbezweifeln. Der Eindruck, den dieser Bericht auf den groen Sir Matthew Halemachte kein unbedeutender Kenner der Tatsachen , war so stark, da er zu sagenpflegte, da, wenn diese Beschreibung der Apostel der ffentlichkeit berlassenwrde, jeder Polizist im Reich dazu berechtigt wrde, den Bischof von Rom als dasHaupt dieses Geheimnisses der Gesetzlosigkeit festzunehmen, wo immer er ihnfnde. Da nun das hier beschriebene System ebenfalls mit der Bezeichnung Ge-heimnis gekennzeichnet ist, kann man annehmen, da beide Textstellen sich aufdasselbe System beziehen. Aber der Leser wird mit Sicherheit erkennen, da unsder Ausdruck, der auf das neutestamentliche Babylon angewendet wird, natrlichzurck zum Babylon der alten Welt fhrt. So wie die apokalyptische Frau in ihrerHand einen Becher hlt, mit dem sie die Vlker berauscht, war es auch mit dem altenBabylon. Von diesem Babylon, obwohl noch in all seiner Herrlichkeit, sagte derHerr, als er seinen Untergang durch den Propheten Jeremia ankndigen lie:Babel war ein goldener Becher in der Hand des Herrn, der die ganze Erdeberauschte. Von seinem Wein haben die Nationen getrunken, darum sind dieNationen wie toll geworden (Jer. 51,7). Weshalb diese genaue sprachliche ber-einstimmung in bezug auf die beiden Systeme? Die natrliche Folgerung istsicherlich, da das eine zum anderen in einer Beziehung von Typus und Antity-pus von Abbild und Original steht. So wie nun das Babylon der Offenbarungals Geheimnis gekennzeichnet ist, sind auch die chaldischen Geheimnisseoder Mysterien, die einen so wesentlichen Teil dieses Systems ausmachten, dasgroe Kennzeichen des alten babylonischen Systems. Und auf diese Mysterien(Geheimnisse) spielt die Sprache des hebrischen Propheten wenn auch insymbolischer Weise unmiverstndlich an, wenn er von Babylon als einem

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    goldenen Becher spricht. Von geheimnisvollen Getrnken zu trinken, so Salver-t, war fr all jene unerllich, die in diese Mysterien eingefhrt werden wollten.7

    Diese geheimnisvollen Getrnke bestanden aus Wein, Honig, Wasser und Mehl.8

    Es kann kein Zweifel bestehen, da diese Zutaten, deren Verwendung man zugab,und andere, die sicher verwendet wurden, was man aber nicht zugab, berauschen-de Eigenschaften besaen. Und bevor die Anwrter auf die rituelle Initiation nichtunter ihre Macht gekommen waren, bevor ihre Verstandeskraft nicht getrbt undihre Leidenschaften durch den berauschenden Trank erregt waren, waren sie nichtausreichend auf das vorbereitet, was sie entweder hren oder sehen sollten. Wennman danach fragt, was Gegenstand und Ziel jener alten Mysterien war, wird manherausfinden, da es eine wunderbare Analogie zwischen ihnen und dem Ge-heimnis der Gesetzlosigkeit gab, welches die rmische Kirche verkrpert. Dasoberste Ziel dieser Mysterien war es, in nichtffentlicher Weise und ganz allmh-lich unter dem Siegel der Verschwiegenheit und mit Bekrftigung durch einen Eiddas einzufhren, was nicht gewhrleistet gewesen wre, htte man es sofort undffentlich vorgelegt. Die Zeit, zu der sie eingefhrt wurden, beweist, da dies sogewesen sein mu. Die chaldischen Mysterien knnen bis zu den Tagen derSemiramis zurckverfolgt werden, die nur wenige Jahrhunderte nach der Sintflutlebte und dafr bekannt ist, da sie ihnen ihr eigenes lasterhaftes und verdorbenesDenken aufprgte.9 Diese schne, aber lasterhafte Knigin Babylons war nicht nurselbst ein Vorbild, was unbeherrschte Begierde und Zgellosigkeit angeht, sondernwurde auch in den Mysterien, die hauptschlich sie gestaltete, als Rhea verehrt10,die groe Mutter der Gtter11. Und dies geschah mit solch grausamen Riten, da

    Abb. 1Frau mit Becher aus Babylon (Kitto: Biblical Cyclopaedia). Der Becher in der

    Hand der Frau hat die gleiche Form wie der Becher, den die assyrischen Knige inder Hand hielten; er wird auch in genau der gleichen Art und Weise gehalten.

    Siehe Vaux, S. 243, 284. (Ein Schreiber wies auf eine Stelle bei Plinius hin, diesich auf den Becher der Semiramis bezieht, welcher in die Hnde des siegreichenKyrus fiel. Seine gigantischen Ausmae haben ihn wohl bei den Babyloniern undden Vlkern, mit denen sie verkehrten, berhmt gemacht. Er wog fnfzehn Talente

    oder ca. 545 Kilogramm. Plinii: Hist. Nat., lib. XXXIII cap. 15.)

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

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    man sie mit Venus, der Mutter aller Unreinheit, gleichsetzte. Sie brachte der Stadt,in der sie regierte, ein schlechtes Ansehen unter den Nationen ein als Hauptsitzdes Gtzendienstes und der Tempelprostitution zugleich.12 So war diese chaldi-sche Knigin ein passender und bemerkenswerter Prototyp der Frau in derOffenbarung mit dem goldenen Becher in ihrer Hand und dem Namen auf ihrerStirn: Geheimnis, Babylon, die groe, die Mutter der Hurerei und aller Greuel aufErden (Abb. 1). Das apokalyptische Sinnbild der Hure mit dem Becher in ihrerHand kam sogar bei den aus dem alten Babylon stammenden Symbolen desantiken griechischen Gtzendienstes vor, denn so wurde ursprnglich die griechi-sche Venus dargestellt13, und es ist eigenartig, da zu unserer Zeit heute zum erstenMal die rmische Kirche tatsch-lich genau dieses Symbol zu ihremeigenen Sinnbild gewhlt hat. An-llich eines Jubilums prgte PapstLeo XII. im Jahre 1825 eine Me-daille, die auf der einen Seite seineigenes Bild trug und auf der an-deren das Bild der rmischen Kir-che unter dem Symbol einer Frau,die in ihrer linken Hand ein Kreuzund in ihrer rechten einen Becherhielt; rundherum stand die In-schrift: Sedet super universum, also Die ganze Welt ist ihr Sitz14 (Abb. 2). Eswar riskant, in der Zeit, in der Semiramis lebte einer Zeit, in der der von denStammvtern berlieferte Glaube den Menschen noch frisch im Gedchtnis warund in der auch Sem, der Sohn Noahs, noch lebte15 und die Glubigen dazubewegte, sich um das Banner der Wahrheit und der Sache Gottes zu scharen ,pltzlich und ffentlich ein solches System einzufhren, wie es von der babyloni-schen Knigin eingeweiht wurde. Durch die Aussagen im Buch Hiob wissen wir,da unter den gottesfrchtigen Vlkern, die nicht im geringsten etwas mit mosai-schen Einrichtungen zu tun hatten, die aber den reinen Glauben der Patriarchenbewahrten, Gtzendienst in jeder Form als Verbrechen angesehen wurde, das eineauerordentliche und schnelle Bestrafung derer zur Folge hatte, die ihn praktizier-ten. Hab ich das Licht (die Sonne) angesehen, wenn es hell leuchtete, und denMond, wenn er herrlich dahinzog, da mich mein Herz heimlich betrt htte,ihnen Ksse zuzuwerfen mit meiner Hand? Das wre auch eine Missetat, die vor dieRichter gehrt; denn damit htte ich verleugnet Gott in der Hhe (Hiob 31,26-28).Wenn dies nun zu Hiobs Zeit der Fall war, mu es um so mehr zu der frheren Zeitso gewesen sein, als die Mysterien eingefhrt wurden. Daher war es ntig, da dieEinfhrung von Gtzendienst, und besonders im Falle eines so abscheulichenGtzendienstes, wie ihn das babylonische System enthielt, geheim und im Verbor-genen vor sich ging.16 Obwohl er durch politische Macht eingefhrt wurde, htte

    Abb. 2Frau mit Becher aus Rom auf der Rckseite

    der Medaille (Elliott: Hor)

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

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    er eine heftige Reaktion hervorrufen knnen, und der unverdorbene Teil derMenschheit htte Versuche unternehmen knnen, ihn niederzuwerfen. Wre er inall seiner Abscheulichkeit pltzlich aufgetreten, htte er auf alle Flle das Gewissender Menschen alarmiert und das Erreichen des angestrebten Ziels vereitelt. Zielwar es nmlich, die ganze Menschheit in blinder und absoluter Unterwerfung aneine Hierarchie zu binden, die vollstndig von den Herrschern Babylons abhngigwar. Bei der Durchfhrung dieses Plans wurde jede Erkenntnis, ob geistlich oderweltlich, durch die Priesterschaft monopolisiert17, welche sie an jene, die in dieMysterien eingefhrt waren, genauso weitergaben, wie ihre Priester es fr richtighielten so wie es die Interessen des groen Systems von geistlichem Despotis-mus, das sie verwalten muten, eben erforderten. So war das Volk, wo immer dasbabylonische System sich ausbreitete, von Kopf bis Fu an die Priester gebunden.Die Priester waren die einzigen Verwahrer religisen Wissens; nur sie hatten diewahre berlieferung, durch die die Schriften und Symbole der ffentlichen Reli-gion interpretiert werden konnten, und wenn man sich ihnen nicht blindlings undbedingungslos unterwarf, konnte man nicht wissen, was zum Heil notwendig war.Vergleicht man nun dies mit der frhen Geschichte des Papsttums und mit seinemdurchgngig feststellbaren Geist und seiner Handlungsweise wie genau war diebereinstimmung! Begann das verdorbene System der babylonischen Mysteri-en zu einer Zeit des Lichts der Patriarchen? Jenes unheilige und der Schriftzuwiderlaufende System der rmischen Kirche, in dem sich eine solche Rangord-nung entwickelt hat, begann in einer Zeit von weitaus grerem Licht. Es beganngerade zur Zeit der Apostel, als die junge Gemeinde in ihrer Bltezeit stand unddie herrlichen Frchte von Pfingsten berall sichtbar waren, als Mrtyrer ihrZeugnis fr die Wahrheit mit ihrem Blut besiegelten. Schon damals, als dasEvangelium so hell leuchtete, lie der Geist Gottes Paulus dieses klare und deutli-che Zeugnis ablegen: Schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam (2. Thess.2,7). Gott hatte vorausgesagt, da dieses System der Gesetzlosigkeit, das damalsbegann, in einem unheilvollen Abfall enden wird, der sich zu seiner Zeit inschrecklicher Weise offenbaren wird, bis es durch den Hauch seines (des Herrn)Mundes zerstrt und ihm durch die Erscheinung seiner Ankunft ein Endegemacht werden wird (V. 8). Aber als es in die Kirche eingefhrt wurde, geschahdies geheim und im Verborgenen mit jedem Betrug der Ungerechtigkeit. Esarbeitete in mysteriser Weise unter tadellosen, aber falschen Vorwnden undfhrte dadurch die Menschen von der schlichten Wahrheit weg, wie sie in Jesus ist.Und es tat dies aus genau demselben Grund geheim, aus dem auch der Gtzen-dienst geheim in die alten Mysterien Babylons eingefhrt wurde: Es war nichtsicher und klug, hier anders vorzugehen. Der Eifer der wahren Gemeinde, wennauch bar brgerlicher Macht, htte sich erhoben, um das falsche System und allseine Anstifter aus den Grenzen der Christenheit zu verweisen, wenn es offen undauf einmal in all seiner Derbheit erschienen wre, wodurch seine Ausbreitungunterbunden worden wre. Daher wurde es geheim und nach und nach einge-

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

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    fhrt, so da in dem Mae, wie der Abfall voranschritt, eine Verderbnis nach deranderen eingebracht wurde. Die abfallende Christenheit wurde so darauf vorbe-reitet, es zu tolerieren, bis es die gigantische Hhe erreicht hatte, die wir jetztsehen, da in fast jeder Einzelheit das System des Papsttums genau der Gegenpol zudem System der Urgemeinde ist. Fr die schrittweise Einfhrung all dessen, wasjetzt durch das Wirken des Geheimnisses der Gesetzlosigkeit am meisten fr Romkennzeichnend ist, haben wir sehr schlagende Beweise, die sogar von Rom selbstaufbewahrt werden durch die Nachbildungen der Inschriften in den rmischenKatakomben. Diese Katakomben sind ausgedehnte unterirdische Gnge in derUmgebung von Rom, in denen die Christen in Zeiten der Verfolgung whrend derersten drei Jahrhunderte ihre Gottesdienste feierten und auch ihre Toten begru-ben. Auf einigen der Grabsteine kann man noch Inschriften finden, die denwohlbekannten Grundstzen und Praktiken Roms direkt zuwiderlaufen. Greifenwir nur ein Beispiel heraus: Gibt es heutzutage beispielsweise ein greres Merk-mal des Papsttums als das erzwungene Zlibat des Klerus? Diese Inschriftenliefern uns jedoch entscheidende Beweise dafr, da es sogar in Rom eine Zeit gab,als ein solches Zlibat im Klerus nicht bekannt war. Dies wird durch folgendesbezeugt, gefunden auf verschiedenen Grbern:

    Fr Basilius, den Presbyter18, und Felicitas, seine Frau.Sie errichteten dies fr sich.

    Petronia, Frau eines Priesters, das Vorbild in Bescheidenheit.Hier lege ich meine Knochen nieder.

    Vergiet keine Trnen, lieber Gatte und liebe Tochter,und glaubt, da es verboten ist, um jemanden zu weinen,

    der in Gott lebt.19

    Hier und da ein Gebet fr die Toten: Gott erneuere deinen Geist, beweist, daschon damals das Geheimnis der Gesetzlosigkeit zu wirken begonnen hatte; aberInschriften wie die hier angefhrten zeigen, da es langsam und behutsam amWirken war und da zur Zeit ihrer Erstellung die katholische Kirche noch nicht indem Mae durchgesetzt hatte, so absolut ihren Priestern das Heiraten zu verbie-ten, wie sie es jetzt tut. Gerissen und schrittweise legte Rom also den Grundsteinseines klerikalen Systems, auf welchem es spter einen so ungeheuren Oberbauerrichten sollte. Zu Beginn schon wurde das Mysterium (Geheimnis) seinemSystem aufgeprgt.

    Aber dieser Grundzug des Mysteriums blieb ihm auf seinem ganzen Wegerhalten. Als es ihm erst einmal gelungen war, das Licht des Evangeliums zutrben, indem es die Flle und die freie Gabe der Gnade Gottes verdunkelte unddie Seelen der Menschen vom direkten und unmittelbaren Zugang zu dem einenApostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses abhielt, wurde dem Klerus

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

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    eine geheimnisvolle Macht zugeschrieben, die seinen Priestern Herrschaft berden Glauben des Volkes verlieh eine Herrschaft, die apostolische Mnnerdeutlich abgelehnt hatten (2. Kor. 1,24), die jedoch in Zusammenhang mit derBeichte mindestens so absolut und uneingeschrnkt geworden ist, wie sie derbabylonische Priester ber die in die alten Mysterien Eingeweihten ausbte. Diegeistliche Macht der rmischen Priesterschaft gipfelte in der Einfhrung derOhrenbeichte. Diese Beichte hatten sie selbst von Babylon bernommen. DieBeichte, die von den Mnchen Roms gefordert wurde, unterscheidet sich vollendsvon der im Worte Gottes vorgeschriebenen Beichte. Die Vorschrift der HeiligenSchrift hinsichtlich des Sndenbekenntnisses lautet: Bekennt nun einander dieSnden (Jak. 5,16), was einschliet, da der Priester dem Volk genauso wie dasVolk dem Priester seine Snde bekennen mte, wenn einer gegen den anderengesndigt hatte. Dies htte niemals der Absicht des geistlichen Despotismus die-nen knnen, und daher hatte Rom, das das Wort Gottes verlie, Zuflucht zumbabylonischen System genommen. In diesem System wurde die geheime Ohren-beichte vor dem Priester in einer vorgeschriebenen Form von allen gefordert, diezu den Mysterien zugelassen waren, und bevor nicht eine solche Beichte stattge-funden hatte, konnte keine vollstndige Einweihung in die Mysterien vorgenom-men werden. Salvert spricht wie folgt von dieser Beichte, wie sie in Griechenlandin Riten eingehalten wurde, die klar auf einen babylonischen Ursprung zurckge-fhrt werden knnen20: Alle Griechen von Delphi bis Thermopylae wurden indie Mysterien des Tempels von Delphi eingeweiht. Ihr Stillschweigen ber alles,was geheimzuhalten war, wurde sowohl durch die Furcht vor den Strafen gewhr-leistet, mit denen eine meineidige Offenbarung bedroht war, als auch durch dieallgemeine Beichte, die von den Anwrtern nach der Einweihung abverlangtwurde eine Beichte, durch die sie grere Furcht vor der Indiskretion desPriesters hatten als der Priester vor der ihren.21

    Auf diese Beichte nimmt auch Potter in Greek Antiquities Bezug, obwohl esim allgemeinen bersehen wird. In seinem Bericht von den eleusinischen Mysteri-en schreibt er nach einer Beschreibung der einleitenden Zeremonien und Anwei-sungen vor dem Eintreten der Einweihungskandidaten in die unmittelbare Gegen-wart der Gottheiten: Dann stellte der Priester, der sie einfhrte und Hierophantgenannt wurde, einige Fragen, z. B. ob sie fasteten usw., auf die sie in einer vorge-schriebenen Form antworteten.22 Das usw. hier wird einem flchtigen Lesernicht auffallen, aber es ist ein bedeutungsvolles usw., das einiges beinhaltet. Esbedeutet: Seid ihr frei von jeder bertretung des Keuschheitsgebots?, und diesnicht nur im Sinne der sittlichen Unreinheit, sondern in jenem unnatrlichenSinne der Keuschheit, den das Heidentum immer pflegt.23 Seid ihr frei von derSchuld des Mordes? denn keiner, der des Ttens schuldig war, auch nichtungewollt, konnte zugelassen werden, bevor er nicht vom Blut gereinigt war, undes gab gewisse Priester, genannt Kos, die in solchen Fllen die Beichte hrtenund sie von der Schuld reinigten.24 Die Genauigkeit der Abfrage bei der heidni-

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

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    schen Beichte wird offensichtlich in gewissen anstigen Gedichten von Properti-us, Tibullus und Juvenal angedeutet.25 Wilkinson sagt in seinem Kapitel PrivateFasts and Penance, persnliches Fasten und Bue im Zusammenhang mit be-stimmten Regelungen zu festgelegten Zeiten wurden streng erzwungen26, undgibt mehrere klassische Zitate an, die klar beweisen, woher das Papsttum die Art derFragen nahm, die seiner Beichte die Eigenschaft der Obsznitt aufdrckten, wiees in der bekannten Schrift von Peter Dens dargestellt wurde. Der Vorwand, unterwelchem diese Ohrenbeichte gefordert wurde, war, da die Feierlichkeiten, zudenen die Eingeweihten zugelassen werden sollten, so hoch, so himmlisch und soheilig waren, da kein Mann, dessen Gewissen mit Schuld und unbereinigterSnde beschwert war, rechtmig dazu zugelassen werden konnte. Deswegenwurde es zur Sicherheit derer, die eingefhrt werden sollten, als unerllichangesehen, da der diensthabende Priester ihre Gewissen grndlich prfte, damitnicht dadurch, da sie ohne angemessene Reinigung von vorher begangener Schuldeintraten, der Zorn der Gtter gegen die weltlichen Eindringlinge erregt wurde.Das jedenfalls war der Vorwand. Wenn wir jedoch die im Wesen unheilige Natursowohl der Gtter als auch ihrer Anbetung kennen, kommen wir nicht umhin, zusehen, da dies nicht mehr als ein Vorwand war da es einzig und allein das groeZiel war, die Einweihungskandidaten durch die Anforderung, dem Priester all ihregeheimen Fehltritte und Snden zu beichten, vollstndig der Macht derer auszu-liefern, denen die innersten Gefhle ihrer Seelen und ihre grten Geheimnisseanvertraut wurden. Und genau auf dieselbe Art und Weise und zu genau demsel-ben Zweck fhrte Rom die Ohrenbeichte ein. Anstatt von allen Glubigen zufordern, wie es die Schrift tut, einander ihre Snden zu bekennen, wenn einerden anderen verletzt hat, befiehlt Rom allen unter Androhung der Strafe derVerdammnis, vor dem Priester zu beichten27, ob sie gegen ihn gesndigt habenoder nicht, wohingegen der Priester berhaupt keiner Verpflichtung unterliegt, vordem Volk zu beichten. Ohne eine solche Beichte gibt es in der katholischen Kircheebensowenig Zutritt zu den Sakramenten, wie es in den Tagen des Heidentumsohne Beichte keinen Zutritt zum Vorrecht der Mysterien gab. Diese Beichte wirdvon jedem einzelnen Menschen alleine und unter Verschwiegenheit vor dem Priesterabgelegt, der im Namen Gottes und bekleidet mit der Autoritt Gottes vor ihmsitzt28, um nach seinem rein willkrlichen Willen und Gefallen das Leben zurichten, die Absolution zu erteilen oder zu verdammen. Dies ist der groe Dreh-und Angelpunkt, an dem das ganze Geheimnis der Bosheit, wie es das Papsttumverkrpert, befestigt ist, und wo immer man sich ihm ergibt, dient es wunderbarder Absicht, Menschen in erbrmlicher Abhngigkeit an die Priesterschaft zubinden.

    In bereinstimmung mit dem Grundsatz, aus welchem die Beichte hervor-ging, erhob die Kirche, d. h. der Klerus, den Anspruch, der einzige Treuhnder deswahren Glaubens der Christenheit zu sein. So wie man glaubte, die chaldischenPriester seien die einzigen, die den Schlssel zum Verstndnis der Mythologie

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    Babylons besitzen ein Schlssel, der ihnen von der frhen Antike an weiterge-reicht wurde behaupteten auch die Priester Roms, die einzigen Ausleger derHeiligen Schrift zu sein; nur sie hatten die wahre berlieferung, die von einerEpoche zur anderen weitergegeben wurde und ohne die es unmglich war, ihrewahre Bedeutung zu verstehen. Daher forderten sie bedingungslosen Glauben anihre Dogmen; alle Menschen waren verpflichtet zu glauben, wie die Kirche glaub-te, whrend die Kirche auf diese Weise ihren Glauben gestalten konnte, wie es ihrgefiel. Da sie auch die hchste Autoritt ber den Glauben besa, konnte sie wenigoder viel auslassen, wie sie es als am zweckdienlichsten beurteilte; und Vorenthal-tung beim Lehren der groen Wahrheiten der Religion war ein ebenso grundle-gendes Prinzip im System Babylons wie heute im Romanismus oder Traktarianis-mus.29 Dieser priesterliche Anspruch auf Herrschaft ber den Glauben der Men-schen hielt in der alten Welt die Wahrheit durch Ungerechtigkeit nieder30, so daFinsternis die Erde bedeckt und Dunkel die Vlkerschaften (Jes. 60,2). DerselbeAnspruch in den Hnden der rmischen Priester fhrte auch in das dunkle Zeital-ter hinein, als viele traurige Jahrhunderte lang das Evangelium unbekannt und dieBibel fr Millionen, die den Namen Christi trugen, ein versiegeltes Buch war. Injeder Hinsicht sehen wir also, da Rom mit Recht auf seiner Stirn den NamenGeheimnis, Babylon, die groe trgt.

    KENNZEICHEN DER BEIDEN SYSTEME

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    KAPITEL 2

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

    ABSCHNITT I

    Dreiheit in der Einheit

    Wenn es diese allgemeine bereinstimmung zwischen dem babylonischen unddem rmischen System gibt, stellt sich die Frage: Macht die bereinstimmunghier halt? Die Antwort lautet: Weit gefehlt. Wir mssen nur die alten babyloni-schen Mysterien mit dem ganzen System Roms vergleichen, und dann wirdsichtbar werden, in welch immensem Umfang das letztere vom ersteren entlehnthat. Diese Mysterien waren lange in Dunkelheit gehllt, doch nun weicht diedichte Finsternis allmhlich. Wer sich auch nur ein wenig mit der Literatur Grie-chenlands, gyptens, Phniziens oder Roms beschftigt hat, ist sich bewut,welchen Stellenwert die Mysterien in diesen Lndern einnahmen und da dieseMysterien trotz unterschiedlicher Umstnde in den verschiedenen Lndern inallen wesentlichen Aspekten gleich waren. Wie nun Jeremia wie schon zitiert Babylon als die Hauptquelle angab, aus der all diese abgttischen Systeme hervor-gingen, so haben die Folgerungen der gelehrtesten Historiker auf rein historischerBasis zum selben Schlu gefhrt.31 Bei Zonaras32 lesen wir, da die einmtigenAussagen der von ihm untersuchten antiken Schriftsteller so lauten; denn er sagtber Mathematik und Astronomie: Es heit, da diese von den Chaldern an diegypter weitergegeben wurden, und schlielich an die Griechen. Wenn die gyp-ter und Griechen ihre Mathematik und Astronomie von Chalda bernahmen wobei sie sahen, da diese in Chalda als heilige Wissenschaften galten und vonden Priestern monopolisiert waren ist das ein hinreichendes Indiz dafr, da sieihre Religion aus derselben Richtung bernommen haben mssen. Sowohl Bun-sen als auch Layard sind im wesentlichen bei ihren Nachforschungen zum selbenErgebnis gekommen. Die Aussage Bunsens lautet, da das religise System gyp-tens aus Asien und dem frhen Reich Babels stammt.33 Layard wiederum sagtvom System der chaldischen Magier (obwohl er dieses System mit etwas wohlwol-lenderem Auge betrachtet, als davon bin ich berzeugt die Fakten der Ge-schichte es rechtfertigen): Fr die sehr alte Herkunft dieser frhen Anbetungs-form gibt es Beweise genug, und wir haben das gemeinsame Zeugnis von Religi-ons- und Weltgeschichte dafr, da sie ihren Ursprung unter den Bewohnern derassyrischen Ebenen hat. Sie erhielt den Beinamen vollkommen, und man hielt siefr das lteste religise System, das auch dem der gypter voranging.34 Weiter

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    schreibt er: Da viele der assyrischen Lehren mit denen gyptens identisch sind,wird bei Porphyrios und Clemens erwhnt, und in Zusammenhang mit demsel-ben Thema zitiert er folgende Aussage von Birch ber babylonische Obeliskenund Denkmler: Die Tierkreiszeichen zeigen unzweideutig, da die Griechenihre Begriffe und Anordnungen des Tierkreises [und folglich ihre Mythologie, diedamit verknpft ist] von den Chaldern bernahmen. Da Nimrod mit derOrion-Konstellation identisch ist, kann nicht geleugnet werden.35 Auch Ouvaroffist in seinem wissenschaftlichen Werk ber die eleusinischen Mysterien zur glei-chen Schlufolgerung gekommen. Er erwhnt, da die gyptischen Priester dieEhre beanspruchten, den Griechen die ersten Elemente des Polytheismus weiter-gegeben zu haben, und schliet daraus: Diese positiven Tatsachen sollten ausrei-chend beweisen selbst ohne die bereinstimmung der Vorstellungen , da dienach Griechenland berlieferten Mysterien, die dort mit einer Anzahl von rtli-chen Vorstellungen vermischt wurden, nie den Charakter ihrer Herkunft aus derWiege der sittlichen und religisen Vorstellungen der Welt verloren. All dieseunabhngig voneinander festgestellten Tatsachen, all diese zerstreuten Zeugnissebringen uns zu jenem fruchtbaren Grundsatz zurck, der den Mittelpunkt derWissenschaft und Zivilisation im Osten sieht.36 Wenn hiermit also nachgewiesenist, da gypten und Griechenland ihre Religion von Babylon bernahmen, dannauch, da das religise System der Phnizier aus derselben Quelle stammt. Macro-bius zeigt, da die charakteristische Form des phnizischen Gtzendienstes ausAssyrien eingefhrt worden sein mu, das bei klassischen Schreibern Babylonienmit einschlo. Die Anbetung der architischen Venus, sagt er, blhte ebensounter den Assyrern wie jetzt unter den Phniziern.37

    Um nun nachzuweisen, da die Systeme des antiken Babylon und des ppstli-chen Rom identisch sind, mssen wir nur untersuchen, inwieweit das System desPapsttums mit dem in diesen babylonischen Mysterien errichteten System ber-einstimmt. Bei der Durchfhrung einer solchen Untersuchung gilt es, betrchtli-che Schwierigkeiten zu berwinden; denn wie in der Geologie kann man unmg-lich allerorts die tiefe Schicht erreichen, die der Erdoberflche zugrunde liegt, unddaher kann man auch nicht erwarten, da wir in einem einzigen Land einenvollstndigen und logischen Bericht ber das in diesem Land etablierte Systemfinden. Und doch verhlt es sich auch mit den chaldischen Mysterien ebenso, wiemit dem Geologen, der die Bestandteile einer Senke hier, eine pltzliche Erhebungdort und was sonst noch von selbst aus der Erde zutage tritt, untersucht und so mitwunderbarer Sicherheit die Reihenfolge und die allgemeinen Bestandteile derverschiedenen Schichten auf der ganzen Erde bestimmen kann. Was in einem Landnoch gesucht wird, wird in einem anderen ergnzt; und was tatschlich in ver-schiedenen Richtungen zutage tritt, bestimmt notwendigerweise in groemUmfang die Eigenschaften von vielem, was nicht direkt an der Oberflche er-scheint. Wenn wir dann die anerkannte Einheit und den babylonischen Charakterder alten Mysterien gyptens, Griechenlands, Phniziens und Roms als den An-

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

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    haltspunkt nehmen, der uns in unseren Nachforschungen leiten soll, wollen wirSchritt fr Schritt in unserem Vergleich der Lehre und der Praxis der beidenBabylons vorangehen des Babylon des Alten und des Babylon des Neuen Testa-ments.

    Hier mu ich zunchst die Identitt des Gegenstands der Anbetung in Babylonund Rom erwhnen. Die alten Babylonier erkannten genau wie die modernenRmer mit ihren Worten die Einheit der Gottheit an, und whrend sie unzhlbaregeringere Gottheiten anbeteten, die einen gewissen Einflu auf die Menschen undihr Leben genommen hatten, anerkannten sie deutlich, da es einen ewigen undallmchtigen Schpfer gab, der ber allem erhaben war38. Die meisten anderenVlker taten das gleiche. In der frhen Menschheitsgeschichte, sagt Wilkinson inseinem Werk Ancient Egyptians, scheint die Existenz einer einzigen und all-mchtigen Gottheit, die alle Dinge schuf, der weltweite Glaube gewesen zu sein, unddie berlieferung lehrte diesbezglich die Menschen die gleichen Vorstellungen,die in spteren Zeiten von allen zivilisierten Vlkern bernommen worden sind.39

    Die Religion der Urvlker, so Mallet, lehrt die Existenz eines hchsten Gottes,des Herrn des Universums, dem alle Dinge unterstehen und gehorchen (Tacit. deMorib. Germ.). Die antike islndische Mythologie nennt ihn Urheber von allem,was besteht, das ewige, lebendige und furchtbare Wesen, der Erforscher verborge-ner Dinge, das Wesen, das keine Vernderung kennt. Sie schreibt dieser Gottheitunendliche Macht, grenzenloses Wissen und unbestechliche Gerechtigkeit zu.40

    Nachweislich verhielt es sich genauso mit dem Glauben des alten Hindostan.Obwohl der moderne Hinduismus Millionen Gtter kennt, zeigen doch dieindischen heiligen Bcher, da es ursprnglich ganz anders gewesen war. MajorMoor sagt ber Brahma, den hchsten Gott der Hindus: Von ihm, dessen Herr-lichkeit so gro ist, gibt es kein Bildnis (Veda). Er erleuchtet alle, erfreut alle, ausihm gingen alle hervor; durch ihn leben sie, wenn sie geboren werden, und zu ihmmssen alle zurckkehren (Veda).41 In Institutes of Menu wird er als derbeschrieben, den allein der Geist wahrnehmen kann, dessen Wesen sich denuerlichen Organen entzieht, der aus nichts Sichtbarem besteht, der von Ewig-keit her besteht die Seele aller Wesen, den kein Wesen begreifen kann42. Indiesen Textabschnitten ist eine Spur von Pantheismus vorhanden, aber die verwen-dete Ausdrucksweise bezeugt, da es bei den Hindus eine Zeit von weitaus reine-rem Glauben gab.

    Die Hindus der Antike hatten nicht allein Vorstellungen von der natrlichenVollkommenheit Gottes, sie waren sich auch offensichtlich wohl der Eigenschaftder Gnade Gottes bewut, wie sie sich in seinem Umgang mit einer verlorenenund schuldigen Welt offenbart. Dies zeigt sich schon im Namen Brahma, mit demsie den einen unendlichen und ewigen Gott bezeichneten. Hinsichtlich der Be-deutung dieses Namens gab es viel unbefriedigende Spekulation. Aber wenn mandie verschiedenen Aussagen bezglich Brahma sorgfltig betrachtet, wird offen-sichtlich, da der Name Brahma nur das hebrische Rahma ist, das Digamma

    DREIHEIT IN DER EINHEIT

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    vorangestellt, was bei Sanskritwrtern, die aus dem Hebrischen oder Chaldi-schen stammen, sehr hufig der Fall ist. Rahma im Hebrischen bedeutet derGndige oder Barmherzige.43 Aber Rahma bedeutet auch Mutterleib44 oder Ein-geweide45 als Sitz der Barmherzigkeit. Nun wird eine solche Ausdrucksweise aufBrahma angewendet, den einen hchsten Gott, was nur erklrlich ist, wenn manannimmt, da Brahma genau die gleiche Bedeutung hatte wie das hebrischeRahma. So behauptet der Gott Krischna in einem der heiligen Hindu-Bcherseine hohe Wrde als Gottheit und seine Identitt mit dem Hchsten mit folgen-den Worten: Der groe Brahma ist mein Mutterleib, und in diesen lege ich meinenFtus, und aus ihm geht die Erzeugung der ganzen Natur hervor. Der groeBrahma ist der Mutterleib all der verschiedenen Formen, die in jedem natrlichenMutterleib empfangen werden.46 Wie konnte eine solche Ausdrucksweise je aufden hchsten Brahma, den allerheiligsten, allerhchsten Gott, das gttliche We-sen, vor allen anderen Gttern; ohne Geburt, den mchtigen Herrn, Gott derGtter, den universalen Herrn47 angewendet werden, auer durch die Verbin-dung zwischen Rahma, dem Mutterleib, und Rahma, dem Barmherzigen?

    Wir erkennen hier, da Brahma das gleiche ist wie Er-Rahman, der Allerbar-mer ein Titel, der von den Trken auf den Hchsten angewendet wird , undda die Hindus ungeachtet ihrer tiefen religisen Entartung heute doch einst ge-wut haben, da dieser allerheiligste, allerhchste Gott auch der Gott derGnade ist, mit anderen Worten, da er ein gerechter Gott und ein Erretter ist.48

    Und wenn wir mit dieser Interpretation des Namens Brahma fortsetzen, sehenwir, wie exakt ihr religises Wissen ber die Schpfung mit dem Bericht ber denUrsprung aller Dinge bereinstimmte, wie er in der Genesis steht. Es ist bekannt,da die Brahmanen viele Jahrhunderte lang lehrten, da die anderen Kasten vonArmen, Rumpf und Fen des Brahman stammen dem sichtbaren Vertreter undder Offenbarung des unsichtbaren Brahma, mit dem er identisch ist , whrendallein sie selbst vom Mund des schpferischen Gottes stammen. Mit dieser Lehrewollten die Brahmanen sich selbst als priesterliche, halbgttliche Kaste erhhen,vor der sich alle anderen verneigen sollten. Wir finden aber in ihren heiligenBchern Aussagen, die beweisen, da einst eine ganz andere Auffassung gelehrtworden sein mu. So wird in einem der Veden ausdrcklich von Brahman gesagt,da alle Wesen aus seinem Mund geschaffen werden.49 In der betreffendenPassage wird ein Versuch gemacht, die Sache zu mystifizieren; aber wer kann imZusammenhang mit der Bedeutung des Namens Brahma daran zweifeln, was diewahre Bedeutung der Aussage war, die doch den stolzen und ausschlielichenAnmaungen der Brahmanen entgegensteht? Es bedeutete offensichtlich, da er,der seit dem Sndenfall dem Menschen als barmherzig50 und gndig(2. Mose 34,6) offenbart ist, gleichzeitig als der Allmchtige bekannt war, der amAnfang sprach, und es geschah, befahl, und alle Dinge standen da, der alle Dingemachte durch das Wort seiner Macht. Schlgt man in den Asiatic Researches(Bd. VII, S. 293) nach, so kann man nach dem eben Gesagten sehen, da alle

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

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    moralischen Greuel, durch welche die Symbole der heidnischen Tempel Indiensfr ein reines Auge so verletzend sind, weitgehend durch eine bse Verdrehungdieses gttlichen Titels des einen lebendigen und wahren Gottes aufkamen einem Titel, der dem sndigen Menschen so wertvoll htte sein mssen.51

    So extrem abgttisch war die babylonische Sicht von der gttlichen Einheit,da Jahwe, der lebendige Gott, sein eigenes Volk scharf verurteilte, da es dieseberhaupt billigte: Die sich heiligen und reinigen in den Grten, nach den Ritendes Einzigen52, und Schweinefleisch essen, Greuliches und Muse, die sollenmiteinander weggerafft werden (Jes. 66,17, nach dem englischen Original). Die-se Einheit jenes einen Gottes der Babylonier bestand aus drei Personen, und umdiese Lehre von der Dreiheit symbolisch darzustellen, verwendeten sie, wie durchdie Entdeckungen Layards nachgewiesen, das gleichseitige Dreieck, wie es be-kannterweise die rmische Kirche heute tut.53 In beiden Fllen ist ein solcherVergleich fr den Ewigen Knig uerst erniedrigend, und er trug deutlich dazubei, das Denken derer zu verderben, die es betrachten, als gbe es irgendeinehnlichkeit zwischen einer solchen Gestalt und dem, der gesagt hat: Wem ist Gottgleich, und mit wem wollt ihr ihn vergleichen?

    Das Papsttum hat in einigen seiner Kirchen, wie zum Beispiel im Kloster dersogenannten Trinitarier von Madrid, eine Statue des dreieinen Gottes mit dreiKpfen auf einem Krper.54 Die Babylonier hatten etwas ganz hnliches. Layardlieferte in seinem letzten Werk ein Muster einer solchen dreieinen Gottheit, wie sieim antiken Assyrien verehrt wurde55 (Abb. 3). Der abgebildete Stich (Abb. 4)

    einer weiteren solchen Gottheit, wie sie von den Heiden Sibiriens angebetetwurde, stammt von einer Medaille aus dem kaiserlichen Kabinett von St. Peters-burg und ist in Japhet von Parson abgebildet.56 Die drei Kpfe sind in LayardsMuster anders angeordnet, aber beide dienen offensichtlich dazu, die gleichegroe Wahrheit zu symbolisieren, obwohl im Hinblick auf dieses erhabeneGeheimnis unseres Glaubens alle diese Darstellungen der Dreieinheit natrlichdie Vorstellungen derer uerst verderben, bei denen solche Statuen vorherrschen.

    Abb. 4Abb. 3

    DREIHEIT IN DER EINHEIT

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    In Indien ist die hchste Gottheit in einem der ltesten Hhlentempel hnlich mitdrei Kpfen auf einem Leib dargestellt, unter dem Namen Eko Deva Trimurtti,Ein Gott, drei Gestalten.57 In Japan verehren die Buddhisten ihre groe GottheitBuddha, mit drei Kpfen, in genau derselben Weise unter dem Namen San PaoFuh.58 All diese gibt es seit altes her. Die Anerkennung einer Dreieinheit war zwarstets von Gtzendienst berlagert, doch in all den alten Vlkern der Welt verbrei-tet. Das beweist, wie tief diese Urlehre, die so deutlich aus dem 1. Buch Mosehervorgeht, in der Menschheit verwurzelt war.59 Wenn wir die Symbole der schonerwhnten dreieinen Gestalt Layards betrachten und genauestens untersuchen,sind sie sehr lehrreich. Nach Layard bedeutet der Kreis in diesem Bild Zeit ohneGrenzen. Aber die hieroglyphische Bedeutung des Kreises ist offensichtlich eineandere. Ein Kreis in Chalda war zero60, und zero bedeutete auch der Same.Gem dem Geist des mystischen Systems Chaldas, das in groem Mae aufDoppelbedeutungen gegrndet war, wurde daher das, was in den Augen einesMenschen im allgemeinen nur zero im Sinne von Kreis war, von den Eingeweih-ten als zero im Sinne von Same verstanden. Unter diesem Gesichtspunkt be-trachtet, zeigt das dreieine Sinnbild der hchsten assyrischen Gottheit deutlich,was der ursprngliche Glaube der Urvter gewesen war. Zunchst ist da der Kopfdes alten Mannes, dann zero, der Kreis, der fr den Samen steht, und als letztesdie Flgel und der Schwanz des Vogels oder der Taube61, was die Einheit von Vater,Same (oder Sohn) und Heiligem Geist zeigt, wenn auch in gotteslsterlicherWeise. Whrend dies die ursprngliche Weise war, in der der dreieine Gott imheidnischen Gtzendienst dargestellt wurde, und auch wenn diese Darstellungsartbis zur Zeit Sanheribs berlebte, gibt es doch einen Hinweis darauf, da zu einersehr frhen Zeit ein wichtiger Wandel in den babylonischen Vorstellungen von derGottheit stattgefunden hatte: Aus den drei Personen war der Ewige Vater, der GeistGottes Fleisch geworden in einer menschlichen Mutter und ein gttlicherSohn die Frucht dieser Fleischwerdung geworden.

    ABSCHNITT II

    Mutter und Kind und das Urmodell des Kindes

    Dies war die Theorie; in der Praxis jedoch wurde die erste Person der Gottheitbersehen. Als der groe Unsichtbare, der keinen unmittelbaren Anteil an mensch-lichen Angelegenheiten nahm, war er durch Stille allein zu verehren,62 das heit,in Wirklichkeit wurde er von der Menge berhaupt nicht verehrt. Indien heuteillustriert dies in auffallender Weise. Obwohl Brahma nach den heiligen Bcherndie erste Person der hinduistischen Dreiheit ist und die Religion von Hindostannach diesem Namen benannt ist, wird er doch nie verehrt, und es ist heute kaumnoch ein Tempel in ganz Indien brig von denen, die einst zu seiner Ehre errichtet

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

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    Abb. 5Aus Babylon. (Kitto: IllustratedCommentary, Bd. IV, S. 31.)

    Abb. 6Aus Indien. Indrani, die Frau des

    indischen Gottes Indra. (Asiatic Researches,Bd. VI, S. 393.)

    wurden.63 Ebenso ist es auch in jenen Lndern Europas, in denen das ppstlicheSystem am vollstndigsten entwickelt ist. Im ppstlichen Italien (auer dort, wodas Evangelium krzlich Eingang gefunden hat) ist, so geben es Reisende allge-mein zu, jeder Anschein der Anbetung des Ewigen und Unsichtbaren Knigs fasterloschen, wohingegen die Mutter und das Kind die groen Gegenstnde derAnbetung sind. Genauso war es, was letzteres betrifft, im antiken Babylon. DieBabylonier verehrten in ihrer Volksreligion vorrangig eine Muttergottheit und einenSohn, der in Statuen und Bildern als Sugling oder Kind in den Armen seinerMutter dargestellt wurde (Abb. 5 und 6). Von Babylon aus breitete sich dieseVerehrung von Mutter und Kind bis ans Ende der Erde aus. In gypten wurdenMutter und Kind unter den Namen Isis und Osiris verehrt.64 In Indien, auch heutenoch, als Isi und Iswara65; in Asien als Kybele und Deoius66; im heidnischen Romals Fortuna und Jupiter puer, d.h. Jupiter, der Knabe67; in Griechenland als Ceres,die Groe Mutter, mit dem Kind an ihrer Brust68, oder als Irene, die Gttin desFriedens, mit dem Knaben Plutos in ihren Armen69; und selbst im Tibet, in Chinaund Japan stellten die Missionare der Jesuiten erstaunt fest, da die genaue Ent-sprechung zur Madonna70 und ihrem Kind ebenso ehrfrchtig verehrt wird wie im

    MUTTER UND KIND UND DAS URMODELL DES KINDES

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    ppstlichen Rom selbst; Shing Moo, die Heilige Mutter in China, wird mit einemHeiligenschein und einem Kind in ihren Armen dargestellt gerade so, als wre einrmisch-katholischer Knstler beauftragt worden, sie anzufertigen.71

    Unterabschnitt II a Das Kind in Assyrien

    Es gibt einen guten Grund zu glauben, da das Urmodell dieser Mutter, derenVerehrung so weit verbreitet ist, Semiramis war72, die schon erwhnt wurde undbekanntermaen von den Babyloniern73 und anderen stlichen Vlkern74 verehrtwurde, und zwar unter dem Namen Rhea75, die groe Mutter-Gttin.

    Jedoch erhielt sie all ihren Ruhm und ihr Anrecht auf Erhebung zur Gttindurch ihren Sohn. Dieser Sohn war, auch wenn er als Kind in seiner Mutter Armendargestellt wurde, eine Person von hohem Wuchs und enormen Krperkrftensowie von hchst faszinierendem Verhalten. In der Heiligen Schrift wird auf ihnunter dem Namen Tammuz Bezug genommen (Hes. 8,14), wobei er aber denklassischen Schreibern allgemein unter dem Namen Bacchus bekannt ist, was derBeweinte bedeutet.76 Fr den einfachen Leser deutet der Name Bacchus nichtviel mehr als Festlichkeiten und Trunkenheit an, aber es ist bekannt, da inmittenall der Greuel, die diese Orgien begleiteten, ihre groe Absicht erklrtermaen dieReinigung der Seelen war77, und zwar von der Schuld und Beschmutzung derSnde. Dieser Beweinte, als kleines Kind in seiner Mutter Armen dargestellt undverehrt, scheint in Wirklichkeit der Gatte der Semiramis gewesen zu sein, dessenName Ninus, unter welchem er allgemein in der klassischen Geschichte bekanntist, wrtlich Sohn bedeutete.78 Da Semiramis, die Gattin, als Rhea angebetetwurde, deren groes Kennzeichen das der groen Mutter-Gttin war79, war ihreVerbindung mit ihrem Gatten unter dem Namen Ninus, Sohn, ausreichend, umzur besonderen Verehrung von Mutter und Sohn zu fhren, die unter denVlkern der Antike so weit verbreitet ist. Zweifellos ist dies auch die Erklrungdafr, da Ninus manchmal als der Gatte und manchmal als der Sohn der Semira-mis bezeichnet wird, was die Forscher der alten Geschichte so sehr verwirrt hat.80

    Dies erklrt auch die Herkunft der gleichen Verwirrung ber die Beziehungzwischen Isis und Osiris, Mutter und Kind bei den gyptern; denn wie Bunsenaufzeigt, wurde Osiris in gypten zugleich als Sohn und Gatte seiner Mutterdargestellt und trug als einen seiner Wrden- und Ehrentitel den Namen Gatteder Mutter.81 Dies wirft nur mehr Licht auf die bereits erwhnte Tatsache, da derindische Gott Iswara als kleines Kind an der Brust seiner eigenen Frau Isi oderParvati dargestellt wird.

    Dieser Ninus oder Sohn also, den die babylonische Madonna in ihren Armentrgt, wird so beschrieben, da er ganz klar als Nimrod82 identifiziert werden kann.Ninus, Knig der Assyrier,83 sagt Trogus Pompeius in einer Zusammenfassungvon Justinus, nderte zunchst die zufriedene Migkeit der Lebensweise dieser

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

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    grauen Vorzeit, angespornt durch eine neue Leidenschaft, den Wunsch nach Er-oberung. Er war der erste, der Krieg gegen seine Nachbarn fhrte, und er eroberte alleVlker von Assyrien bis Libyen, da sie noch nicht mit den Knsten des Kriegesvertraut waren.84 Dieser Bericht weist direkt auf Nimrod hin und kann aufniemand anderen angewendet werden. Der Bericht von Diodorus Siculus stimmtdamit vllig berein und fgt einen weiteren Charakterzug hinzu, der seineIdentitt noch besser feststellen lt. Dieser Bericht lautet: Ninus, der lteste inder Geschichte erwhnte assyrische Knig, leistete Groes. Da er von Natur auskriegerisch veranlagt und begierig nach Ruhm war, der aus Tapferkeit hervorging,bewaffnete er eine betrchtliche Anzahl junger Mnner, die wie er tapfer undkrftig waren, trainierte sie ber lange Zeit durch schwere krperliche Bewegungund Hrte und gewhnte sie mit diesen Mitteln daran, die Strapazen des Kriegeszu ertragen und Gefahren unerschrocken gegenberzustehen.85 Diodorus nenntalso Ninus den ltesten der assyrischen Knige und sagt von ihm, da er jeneKriege begann, die seine Macht auerordentlich gro werden lieen, da sie ihm dasVolk von Babylonien unterwarfen, whrend bisher die Stadt Babylon noch nichtexistierte. Dies zeigt, da er genau die Stellung des Nimrod einnahm, von wel-chem die Heilige Schrift berichtet, er wre der erste, der Macht gewann auf Erdenund der Anfang seines Knigreiches war Babel (1. Mo. 10,10). Als die ErbauerBabels nach der Verwirrung ihrer Sprache ber die Erde verstreut wurden unddaher sowohl die Stadt als auch den Turm verlieen, den sie zu bauen begonnenhatten, konnte man von Babylon nicht wirklich sagen, da es als Stadt existierte,bevor Nimrod es nicht zur Grundlage und zum Ausgangspunkt seiner Herrschaftmachte, indem er dort seine Macht etablierte. In dieser Hinsicht harmonieren dieGeschichten von Ninus und von Nimrod genau miteinander. Auch ist die Art, wieNinus zu seiner Macht kam, genau die gleiche wie bei Nimrod. Es kann keinenZweifel daran geben, da er seine Anhnger mittels Abhrtung durch Plackereienund Gefahren der Jagd schrittweise zum Gebrauch von Waffen heranbildete undsie so darauf vorbereitete, ihm zum Aufrichten seiner Herrschaftsgebiete zu ver-helfen genau wie Ninus seine Gefhrten dazu heranbildete, da sie ihn zumersten assyrischen Knig machten, indem er sie durch schwere krperliche Bewe-gung und Hrte lange Zeit trainierte.

    Die Schlufolgerungen, die sich von diesen Zeugnissen der Geschichte desAltertums ableiten lassen, werden durch viele zustzliche berlegungen erhrtet.In 1. Mose 10,11 finden wir einen Textabschnitt, der, wenn seine Bedeutungrichtig verstanden wird, ein sehr zuverlssiges Licht auf dieses Thema wirft. DieserAbschnitt lautet nach der King-James-Bibel folgendermaen: Von diesem Landzog Assur aus und baute Ninive. Der Text spricht davon, da Assur aus dem LandeSchinar auszog, als wre es etwas Bemerkenswertes, whrend doch die Menschenganz allgemein aus demselben Land auszogen. Er basiert auf der Annahme, daAssur eine Art gttlichen Rechts auf dieses Land hatte und irgendwie von Nimroddaraus vertrieben worden war, whrend im Kontext anderswo kein gttliches

    DAS KIND IN ASSYRIEN

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    Recht erwhnt wird oder nachgewiesen werden kann. berdies berichtet der Text,da Assur in der unmittelbaren Nachbarschaft Nimrods ein ebenso mchtiges Knig-reich wie Nimrod selbst errichtete, wobei Assur vier Stdte baute, von denen eine,und dies wird betont, gro gewesen ist (V. 12); dagegen baute Nimrod nachdieser bersetzung genauso viele Stdte, von denen keine speziell als grogekennzeichnet wird. Nun ist es letztlich unwahrscheinlich, da Nimrod einen somchtigen Rivalen in seiner Nhe still ertragen htte. Um derartige Schwierigkei-ten zu beseitigen, wurde vorgeschlagen, die Worte so wiederzugeben: Von diesemLande zog er (Nimrod) nach Assur (oder Assyrien) aus. Dann aber htte gemder herkmmlichen Verwendung der Grammatik das Wort im Original ashurahheien mssen, unter Beifgung eines Zeichens von Bewegung an einen Ort,whrend es jedoch einfach asshur ohne Beifgung eines solchen Zeichens vonBewegung heit.

    Ich bin davon berzeugt, da die ganze Verwirrung, die die Kommentatorenbisher empfanden, wenn sie diesen Textabschnitt betrachteten, von der Annahmeherrhrt, da es in dem Abschnitt einen Eigennamen gibt, whrend in Wirklich-keit kein Eigenname vorkommt. Ashur ist das Partizip Passiv eines Verbs, das inseinem chaldischen Sinn stark machen bedeutet86, und meint folglich gestrktwerden oder stark gemacht sein. So gelesen lautet der ganze Abschnitt schlichtund einfach (V. 10): Und der Anfang seines (Nimrods) Knigreichs war Babelund Erech und Akkad und Kalne. Ein Anfang schliet natrlich ein, da etwasdarauf folgt, und das finden wir hier (V. 11): Von diesem Lande zog er, starkgemacht (oder als er stark gemacht worden war ashur), aus und baute Niniveusw. Dies stimmt dann genau mit der Aussage von Justinus ber die Geschichtedes Altertums berein: Ninus strkte die Gre seines erworbenen Herrschaftsbe-reichs durch fortgesetzte Inbesitznahme. Als er nach Unterwerfung seiner Nach-barn durch eine Zunahme seiner Macht noch mehr gestrkt wurde, zog er gegenandere Stmme aus, und jeder neue Sieg bereitete den Weg fr den nchsten, erunterwarf sich alle Vlker des Ostens.87 So war also Nimrod oder Ninus derErbauer von Ninive, und dadurch erklrt sich die Herkunft des Namens dieserStadt als Wohnung des Ninus88 und wirft gleichzeitig Licht auf die Tatsache, dader Name des Hauptteils der Ruinen von Ninive heute Nimroud lautet.89

    Wenn wir nun annehmen, da Ninus Nimrod ist, erklrt sich das sonst Uner-klrliche an den Aussagen der Altertumsgeschichte von selbst, und dies besttigtsehr stark die Wahrheit dieser Annahme. Ninus soll der Sohn von Belus oder Belgewesen sein, und Bel der Grnder Babylons. Wenn Ninus wirklich der ersteKnig Babylons war, wie kann man dann von Belus oder Bel, seinem Vater, sagen,da er dessen Grnder war? Beides kann sehr gut sein, wie wir sehen werden,wenn wir berlegen, wer Bel war und was er tat. Wenn Ninus Nimrod war, werwar dann der historische Bel? Er mu Kusch gewesen sein, denn Kusch zeugteNimrod (1. Mose 10,8), und Kusch wird als einer der Rdelsfhrer in demgroen Abfall dargestellt.90 Auerdem war Kusch, der Sohn von Ham, Hermes

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

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    oder Merkur; denn Her-mes ist nur ein gyptisches Synonym fr den Sohn desHam.91 Hermes war nun der groe, ursprngliche Prophet des Gtzendienstes,denn er wurde von den Heiden als Urheber ihrer religisen Riten und als Dolmet-scher der Gtter anerkannt. Der berhmte Gesenius setzt ihn mit dem babyloni-schen Nebo gleich, dem prophetischen Gott, und eine Aussage von Hyginus zeigt,da er als einer der groen Akteure in jener Bewegung bekannt war, die dieTrennung der Sprachen hervorbrachte. Seine Worte lauten: Lange Zeit lebten dieMenschen unter der Regierung von Jove [offensichtlich nicht der rmische Jupi-ter, sondern der Jahwe der Hebrer], ohne Stdte und ohne Gesetze, und allesprachen eine Sprache. Aber danach dolmetschte Merkur das Sprechen der Men-schen (weshalb ein Dolmetscher/Ausleger hermeneutes genannt wird), und dieselbePerson zerstreute die Vlker. Dann begann die Uneinigkeit.92 Hier stehen wir voreinem offenkundigen Rtsel. Wie konnte Merkur oder Hermes es ntig haben, dasSprechen der Menschheit zu dolmetschen, wo sie doch alle eine Sprache spra-chen? Um herauszufinden, was gemeint ist, mssen wir uns mit der Sprache derMysterien befassen. Peresh bedeutet im Chaldischen auslegen, dolmetschen,wurde aber von den alten gyptern und den Griechen und oft von den Chaldernselbst genauso wie peres ausgesprochen, was teilen, trennen heit. So warMerkur oder Hermes oder Kusch, der Sohn Hams, der Trenner des Sprechens(der Sprache) der Menschen. Es scheint, als wre er der Rdelsfhrer bei demPlan gewesen, die groe Stadt und den Turm von Babel zu bauen, und htte worauf der bekannte Titel Hermes, Ausleger der Gtter, hinwies sie im NamenGottes dazu ermutigt, mit ihrem vermessenen Vorhaben fortzufahren. Dadurchhtte er bewirkt, da die Sprache der Menschen getrennt und sie selbst berallhinber die Erde zerstreut wurden.

    Betrachten wir nun in diesem Zusammenhang den Namen Belus oder Bel, derdem Vater des Ninus oder Nimrod gegeben wird. Whrend der griechische NameBelus sowohl den Baal als auch den Bel der Chalder darstellte, waren diesenichtsdestoweniger zwei vllig verschiedene Titel. Beide Titel wurden oft demsel-ben Gott verliehen, aber sie hatten vllig verschiedene Bedeutungen. Baal, wie wirschon sahen, bedeutete der Herr, aber Bel bedeutete der Verwirrer. Wenn wirdann lesen, da Belus, der Vater von Ninus, derjenige war, der Babylon baute odergrndete, kann es da einen Zweifel geben, in welchem Sinne ihm der Titel Belusverliehen wurde? Es mu im Sinne von Bel, der Verwirrer, gewesen sein. Undauf diese Bedeutung des Namens des babylonischen Bel finden wir eine deutlicheAnspielung in Jeremia 50,2, wo gesagt wird: Bel ist verwirrt (englische Bibel-bersetzung), also Der Verwirrer ist zur Verwirrung gebracht. Da Kusch in derheidnischen Antike in der Eigenschaft des Bel, des Verwirrers, bekannt war,beweist eine Aussage Ovids sehr deutlich, in der er Janus, den Gott der Gtter93,von dem alle anderen Gtter ihren Ursprung nahmen94, von sich selbst sagen lt:In der Antike nannten sie mich Chaos.95 Dies zeigt nun zunchst eindeutig,da Chaos nicht nur als ein Zustand der Verwirrung, sondern auch als der Gott der

    DAS KIND IN ASSYRIEN

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    Verwirrung bekannt war. Zum andern: Wer irgendwie mit den Gesetzen derchaldischen Aussprache vertraut ist, wei, da Chaos nur eine der feststehendenFormen des Namens Chus oder Cush (deutsch: Kusch) ist.96 Betrachtet man nundas Symbol des Janus (siehe Abb. 7)97, den sie in der Antike Chaos nannten, sowird klar werden, wie exakt es mit den Taten Kuschs bereinstimmt, wenn er mit

    Bel, dem Verwirrer, gleichgesetzt wird. Dieses Symbol ist ein Knppel, und dieBezeichnung Knppel im Chaldischen kommt von dem Wort, das in Stckebrechen oder berallhin zerstreuen bedeutet.98 Derjenige, der die Sprachenver-wirrung verursachte, war auch der, der die vorher vereinte Erde (1. Mose 11,1)in Stcke brach und die Bruchstcke berallhin zerstreute. Wie bedeutungsvollist dann der Knppel als Symbol der Erinnerung an das, was Kusch als Bel, derVerwirrer, tat. Und diese Bedeutung wird noch um so klarer werden, wenn manden hebrischen Text von 1. Mose 11,9 heranzieht und sieht, da dasselbe Wort,von dem der Knppel kommt, verwendet wurde, um auszudrcken, da infolgeder Sprachverwirrung die Menschenkinder ber die ganze Erde zerstreutwurden.99 Das dort fr berallhin zerstreuen verwendete Wort heit hephaitz,welches in der griechischen Form zu hephaizt wird100, daher auch der Ursprung desbekannten, aber wenig verstandenen Namens Hephaistos fr Vulcanus, den Vaterder Gtter.101 Hephaistos ist der Name des Rdelsfhrers, des berallhin Zer-streuenden in der ersten Rebellion, denn Bel, der Sprachenverwirrer, ist derName derselben Person. Hier kann der Leser nun die wahre Herkunft des Ham-mers des Vulcanus sehen, was nur eine andere Bezeichnung fr den Knppel desJanus oder Chaos ist, des Gottes der Verwirrung. Auf diesen, der die Erde inStcke brach, finden wir in Jer. 50,23 eine verdeckte Anspielung, wo Babylonfolgendermaen angesprochen wird, das mit seinem ursprnglichen Gott gleich-gesetzt wird: Wie ist zerhauen und zertrmmert der Hammer der ganzen Erde!Da nun das Turmbauen die erste Handlung offener Rebellion nach der Sintflut warund Kusch als Bel dabei der Rdelsfhrer war, war er natrlich der erste, dem derName Merodach, der groe Rebell102, gegeben worden sein mu; daher werdengem dem herkmmlichen Parallelismus der prophetischen Sprache beide Na-men des babylonischen Gottes zusammen erwhnt, als das Urteil ber Babylonvorhergesagt wird: Bel ist verwirrt, Merodach ist in Stcke gebrochen (Jer. 50,2,

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

    Abb. 7

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    nach der King-James-Bibel). Das Urteil ergeht ber den babylonischen Gottgem dem, was er getan hatte. Als Bel hatte er die ganze Erde verwirrt, unddeshalb wird er verwirrt. Als Merodach hatte er durch die Rebellion, die erentfacht hatte, die vereinte Welt in Stcke gebrochen, und daher wird er selbst inStcke gebrochen.

    Soviel zum historischen Charakter Bels, der mit Janus oder Chaos, dem Gottder Verwirrung, mit dem symbolischen Knppel identisch ist.103 Wenn wir nunmit diesen Schlufolgerungen fortfahren, ist es nicht schwierig herauszufinden,wie man sagen kann, da Bel oder Belus, der Vater von Ninus, Babylon grndete,whrend jedoch Ninus oder Nimrod eigentlich dessen Erbauer war. Nun, obwohlBel oder Kusch, der besonders daran beteiligt war, die ersten Grundsteine Baby-lons zu legen, als Knig betrachtet werden mag, wie er in einigen Exemplaren derChronik des Eusebius dargestellt wird, ist doch aus der Religions- und Weltge-schichte offensichtlich, da er nie als Knig der eigens so genannten babyloni-schen Monarchie regiert haben konnte. Und demgem ist auch in der armeni-schen Version der Chronik des Eusebius, deren Korrektheit und Autoritt unbe-stritten ist, sein Name in der Liste der assyrischen Knige vollstndig ausgelassen,und der Name Ninus steht an erster Stelle, was genau mit dem biblischen Berichtber Nimrod bereinstimmt. Wenn wir dann bedenken, da Ninus im allgemei-nen von der Antike zum Sohn des Belus oder Bel gemacht wurde und da derhistorische Bel Kusch ist, wird dadurch die Identitt von Ninus und Nimrodweiter besttigt.

    Wenn wir aber bedenken, was ber Semiramis gesagt wird, die Frau des Ninus,finden wir noch wesentlich mehr Besttigung. Es zeigt nmlich in berzeugenderWeise, da die Frau des Ninus keine andere als die Frau Nimrods sein konnte, undbringt berdies eine der wichtigen Eigenschaften ans Tageslicht, mit der Nimrodverehrt wurde, als er zum Gott erhoben war. In Daniel 11,38 lesen wir von einemGott namens Ala Mahozine104, Gott der Festungen. Zu bestimmen, wer dieserGott der Festungen sein knnte, sahen sich die Kommentatoren bisher nicht in derLage. Die Aufzeichnungen der Antike wurden generell nach der Existenz irgendei-nes Gottes der Festungen berprft; und es mu zugegeben werden, da dort keinsolcher Gott vorkommt, der von irgendeiner Bedeutung ist. Aber jeder wei, daes fr das Existieren einer Gttin der Festungen ausreichende Beweise gibt. DieseGttin heit Kybele, die immer mit einer Krone in Form einer Mauer oder einesTrmchens oder mit einer Festung auf ihrem Kopf dargestellt wird. Weshalbwurde Rhea oder Kybele so dargestellt? Ovid stellt die Frage und beantwortet sieselbst: Er sagt, der Grund, weshalb die Statue der Kybele eine Krone aus Trmentrug, sei, weil sie diese zuerst in Stdten errichtete.105 Die erste Stadt in dernachsintflutlichen Welt (oft setzte man hier den Beginn der Welt an), die Trmeund Stadtmauern aufwies, war Babylon; und Ovid selbst sagt uns, da Semiramis,die erste Knigin dieser Stadt, diejenige gewesen sein soll, die Babylon mit einerMauer aus Ziegelsteinen umgab.106 Semiramis, die erste zur Gttin erhobene

    DAS KIND IN ASSYRIEN

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    Knigin dieser Stadt mit ihrem Turm, dessen Spitze bis zum Himmel reichensollte, mu der Prototyp der Gttin gewesen sein, die zuerst Trme in Stdtenerrichtete.

    Betrachten wir die Diana von Ephesus, finden wir Hinweise auf genau dieseTatsache. Im allgemeinen wurde Diana als Jungfrau und Schutzherrin der Jung-frulichkeit dargestellt; aber die ephesische Diana unterschied sich davon sehr. Siewurde mit all den Attributen der Mutter der Gtter dargestellt (s. Abb. 8) undtrug (als Mutter der Gtter) eine Turmkrone, deren Anblick unweigerlich an den

    Abb. 8Diana von Ephesus.

    (Kitto: Illustrated Commentary, Bd. V, S. 205)

    GEGENSTNDE DER VEREHRUNG

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    Turm zu Babel erinnert. Diese einen Turm tragende Diana wird von einem altenGelehrten ausdrcklich mit Semiramis gleichgestellt.107 Wenn wir uns dabei erin-nern, da Rhea oder Kybele, die einen Turm tragende Gttin, tatschlich einebabylonische Gttin war108, und da Semiramis, als sie zur Gttin erhoben wurde,unter dem Namen Rhea angebetet wurde, dann wird wohl kein Zweifel ber dieIdentitt der Person der Gttin der Festungen bestehen bleiben.

    Es gibt aber keinen Grund zu glauben, da Semiramis allein die Zinnen Baby-lons errichtete (obwohl einige dies so darstellen). Wir haben durch Abydenus dasausdrckliche Zeugnis des alten Historikers Megasthenes, da Belus derjenigewar, der Babylon mit einer Mauer (umgab).109 Da Bel, der Verwirrer, der dieStadt und den Turm Babels begann, beide unvollendet zurcklassen mute, konn-te sich dies nicht auf ihn beziehen. Es konnte sich nur auf seinen Sohn Ninusbeziehen, der seines Vaters Titel erbte und der der erste wirkliche Knig desbabylonischen Reichs war, und folglich auf Nimrod. Der wahre Grund dafr, daSemiramis, Ninus Gattin, die Ehre zukam, die Festungen Babylons zu beenden,bestand darin, da sie nach Ansicht der antiken Gtzenverehrer schlielich eineherausragende Stellung innehatte und ihr all die verschiedenen Eigenschaftenzugeschrieben wurden, die ihrem Gatten gehrten oder gehren sollten. Wenn wirdann eine der Eigenschaften ermittelt haben, mit der die zur Gttin erhobene Frauangebetet wurde, knnten wir daraus schlieen, was der entsprechende Charakter-zug des zum Gott erhobenen Mannes war. Layard erklrt eindringlich, da Rheaoder Kybele, die Turmkronen-Gttin, nur das weibliche Gegenstck zur berBollwerke oder Festungen herrschenden Gottheit war110; und fr die Annahme,da diese Gottheit Ninus bzw. Nimrod war, finden wir noch weitere Indizien inForm der verstreuten Hinweise des Altertums auf den ersten zum Gott erhobenenKnig Babylons, unter einem Namen, der ihn als Gatten der Rhea ausweist, derturmtragenden Gttin. Dieser Name lautet Kronos oder Saturn.111 Es ist be-kannt, da Kronos oder Saturn Rheas Mann war, aber es ist weniger bekannt, werKronos selbst war. Verfolgt man die Spur seiner Herkunft zurck, stellt sichheraus, da diese Gottheit der erste Knig Babylons war. Theophilus von An-tiochien zeigt, da Kronos im Osten unter den Namen Bel und Bal verehrtwurde,112 und von Eusebius erfahren wir, da der erste assyrische Knig, dessenName