Alexander Scharff Agyptische Sonnenlieder 1922

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    Der Sonnengott im Schifl'

    AEGYPTISCHESONNENLIEDERbersetzt und eingeleitet

    vonALEXANDER SCHARFEKustos an den Staatsmuseen Berlin

    VERLAG KARL CURTIUS BERLIN W

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    Kunst und AltertumAlte Kulturenim Lichte neuer Forschung

    Band lY

    Aegyptische Sonnenliederbersetzt und eingeleitet

    VODAlexander ScharfiF

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    Buchdruckerei Julius Klinkhardt in Leipzig.

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    AEGYPTISCHESONNENLIEDERbersetzt und eingeleitet

    von

    ALEXANDER SCHARFEMit 8 Abbildungen im Textund 4 Tafeln

    Verlag Karl Curtius in Berlin1922

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    Meiner lieben Frau zugeeignet

    Ge

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    VORWORT.Luther hat einmal an die Spitze einer Schrift die

    Worte gesetzt: Fr die ainfeltigen Layen. Nit fr dieGelerten." Das Wort soll auch bei dem vorliegendenanspruchslosen Bchlein gelten, dem als Hauptzweckzugrunde liegt,! den herrlichen Sonnenhymnus KnigAraenophis des Vierten der breiten ffentlichkeit be-quemer zugnglich zu machen. Der Hymnus ist ein-gerahmt von Sonnenliedern anderer Zeiten, welche diezu ihm hinfhrenden Gedanken und das, was nach ihmblieb, veranschaulichen sollen.

    Sollte das Bchlein auch in die Hnde von gypto-logischen Fachgenossen fallen, so werden sie ja selbstam besten wissen, wie schwierig bersetzungen ausdem Aegyptischen sind, und deshalb, hoffe ich, mildeurteilen. Es sei ihnen versichert, da ich berall aufden gyptischen Text zurckgegangen bin und mich be-wut von andern bersetzungen ferngehalten habe.

    Groen Dank schulde ich dem Herrn Verleger, dersich auch in den gegenwrtigen schweren Zeiten diesesWerkchens angenommen hat, ferner Herrn Maler AlfredBo 11 acher fr die sich fein in den gyptischen Stileinfhlenden Nachzeichnungen als Unterlagen dermeisten Abbildungen. Ganz besonders aber danke ichHerrn Professor S c h f e r , meinem hochverehrten Leh-rer, der mir wie schon so oft auch hierbei immer treumit Rat und Tat zur Seite gestanden hat.Im Schwarzwald, Sptsommer 1921.

    Alexander Scharff.

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    INHALT.SeileEinleitung i

    Lieder 71. Morgenlied ltester Zeit 272. Gebet an die Sonne im Totenreich 293. Aus dem Totenbuch:

    A. Anbetung der Morgensonne 3oB. Anbetung der Morgensonne als Siegerin .... 82C. Anbetung der Abendsonne 34D. Strophenlied an Alum 36

    [\. Gebete an die Sonne bei ihrem Auf- und Untergang 385. Lied an die aufgehende Sonne 896. Bitte des Toten um den Anblick der Sonne am Tage !xo7. Lied zum Preis der Sonne auf ihrer Fahrt . . . k^8. Preis des Sonnengottes als Lichtspender im Totenreich A39. Strophenlied 4610. Aus dem groen Hymnus an Amon-Re 47

    11. Hymnus der beiden Baumeister, der ZwillingsbrdcrHorus und Seth 55

    12. Hymnus des spteren Knigs Haremhab 58i3. Der groe Hymnus an Aton 61i4. Der kleine Hymnus an Aton 67i5. Morgengebet an Aton 7016. Abendgebet an Aton 7117. Gebet an Amon-Re aus der Zeit nach Echnaton ... 7818. Kurzes Morgengebet 7619. Kurzes Abendgebet 7620. Lieder eines ungerecht Verfolgten 7721. Hymnus an Re-Harachtes, beim Gottesdienst vorgetragen 8022. Hymnus des Perserknigs Darius an Amon-Re ... 88

    Anmerkungen g3

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    Abb. ^ . Der Sonnengott im^Schiff.

    Heil dir, Sonne!Heil dir, Licht!Heil dir, leuchtender Tag!

    Rieh. Wagner, Siegfried.Wer einmal im Sden, sei es in Aegypten oder auch

    nur an den nrdlichen Kstenstrichen des Mittelmeeresgeweilt und die zumal in den Wintermonaten auer-ordentlich empfindliche nchtliche Abkhlung ameigenen Leibe versprt hat, der wird begreifen, datrotz ihrer sengenden Tagesglut die Sonne fr den anWrme von Natur aus mehr gewhnten Sdlnder diewahre und einzige Segenspenderin und Lebenserhalte-rin ist. So hat schon in grauer Vorzeit ein tief inner-liches, unerschpfliches Dankgefhl die ltesten Be-wohner des Niltales zu dem funkelnden Tagesgestirnhingefhrt, von dem sie sich bei all ihrem Tun so ab-hngig fhlten. Tagtglich sahen sie Re^ (d. h. dieSonne) hinter der stlichen Gebirgswand auftauchenund sich zur westlichen hinberbewegen, um abendshinter ihr wieder zu versinken. Dann brach rasch dasBemerkung: Die Zahlen am Rande weisen auf die Seiten-

    zahlen der Textbelegstellen.

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    Dunkel herein, das Auge konnte nicht mehr sehen, undder Mensch frchtete sich; alle Arbeit und alle Frh-lichkeit waren zu Ende und man schlief zusammen-gekauert, bis sich am anderen Morgen der Sonnenballim Osten wieder erhob. Freilich, je weiter man nachSden, nach dem trockenen Obergypten und Nubienkommt, um so mehr sieht man, wie die dortigen Be-wohner unter der verzehrenden Glut der Sonne zuleiden haben. In diesen heien Regionen drften dem-gem Sagen entstanden sein wie die, da der Sonnen-gott seine Tochter ausschickte, um die Menschen zuvernichten. Von solchen Vorstellungen ist aber beiunsern, ganz der dankbaren Verehrung des Sonnen-gottes geweihten Liedern nichts zu spren.Wo wir auf Schriftreste religiser Natur aus demltesten Aegypten stoen, immer steht der Sonnengottan der Spitze der Gtter. Aber wir finden keineswegseinen einheitlichen Kultus dieses Gottes im ganzenLande, sondern in den verschiedenen Gauen undStdten wird die Sonne bald unter diesem, bald unterjenem Namen verehrt, und die verschiedensten Erzh-lungen knpfen sich an diese mannigfaltigen Ver-krperungen der Sonne. Wie bei jedem Versuch derDarstellung eines Einzelgebietes der gyptischen Reli-gion stoen wir auch bei den Vorstellungen vomSonnengott und gerade bei ihnen, auf fast unberwind-liche Schwierigkeiten, die die Vermischung der ver-schiedenen Verehrungsformen des Gottes und der da-zugehrigen Mythen mit sich bringt und die in derursprnglichen Zersplitterung Aegyptens in einzelneGaue ihre Ursache haben.Wir wollen versuchen, die fr unsern Sonderzweck

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    notwendigen Formen des Sonnengottes wenigstenseinigermaen klarzulegen. Wo die Verehrung der Sonneunter ihrem gewhnlichen Namen Re ursprnglichheimisch war, entzieht sich unserer Kenntnis. In sehrfrher Zeit finden wir neben Re einen SonnengottHorus, der wohl aus Obergypten 2 stammt und wedermit dem alten Reichsgott Horus noch mit dem aus derOsirissage berhmten Horus, dem Sohne der Isis, zuverwechseln ist. Der Sonnengott Horus wird als Falkegedacht, der am Himmel dahinfliegt, und daher wirdder Sonnengott, sei er nun Re oder Horus, auch meistfalkenkpfig dargestellt (s. Tafel I). Der falkenkpfigeGott Horus wohnt im Horizont und fhrt daher, wohlauch zur Unterscheidung von den beiden genannten undnoch vielen andern Gottheiten dieses Namens, von altersherden Beinamen ,,der Horizontische", was die Griechen,dem Klang des gyptischen Wortes folgend, durchHarachtes^ wiedergegeben haben.Zu Rc und Harachtes gesellt sich als Dritter im

    Bunde der kfergestaltige Chepre. Wenn der Aegypterdie Sonnenkugel morgens am Himmel heraufkommensah, so verband sich fr ihn damit die Vorstellung,da sie von irgendeinem Wesen, wahrscheinlich vomSonnengott selbst, fortbewegt wrde. Und wie er aufder Erde den Mistkfer eine ansehnliche Kugel, indie er seine Eier hineingelegt hat, fortrollen sah, sodachte er sich auch den Sonnengott als Kfer. Beidiesem Vergleich kam dem Sprachspielereien lieben-den Aegypter noch der Umstand zu Hilfe, da derName des Sonnengottes Chepre und das Wort fr Mist-kfer ungefhr denselben Lautbestand hatten, und beidewohl mit dem Worte fr , .werden", entstehen" zu-

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    saininenhngen. So ist Chepre vor allem der morgent-liche junge Sonnengott geworden, der als Kfer dieSonnenkugel vor sich herwlzt*.Ihm mute auch ein alternder Sonnengott ent-sprechen, der als mder Greis abends ins Totenreicheingeht, das im Westen liegend gedacht war. Zudiesem Sonnengott des Abends bildete sich der alteOrtsgott von Heliopolis, nicht weit von dem heutigenKairo gelegen, aus, der Atum hie und menschen-gestaltig dargestellt wurde. ber seinen Kultus wirdgleich noch zu reden sein.

    46 Diese Vier Re, Harachtes, Chepre, Atum sind es, die uns in den Liedern beschftigen werden.Sie stehen fr unser Gefhl eigentlich gleichbedeutendin den Liedern nebeneinander und sind nur verschie-dene Namen fr das eine allmchtige Gestirn, dieSonne in ihrer Vergttlichung. Von diesen Namenvllig zu trennen ist Aton, der, wie weiter unten aus-gefhrt werden wird, lediglich unter Knig Amenophisdem Vierten eine Gottheit war. Das Wort Aton be-deutet ,,Sonnenscheibe". Wo es immer in den Liedern(auer in denen aus der Zeit Amenophis des Vierten)vorkommt, ist lediglich die Scheibe als solche ohnejeden Gottesgedanken gemeint; so z. B., wenn es vom

    36 Sonnengott heit, da er an Bord des Sonnenschiffesin seiner Sonnenscheibe (Aton) sitzt.Um nun die mythologischen Anspielungen in denLiedern einigermaen verstehen zu knnen, mssenwir uns zu vergegenwrtigen suchen, wie sich derAegypter den Wohnsitz der Sonne, den Himmel undden Weg vom Ost- zum Westberge dachte. Des alsFalken am Himmel dahinfliegenden Harachtes und

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    des Kfers Chepre ist schon Erwhnung getan; beibeiden spielt die Gestaltung des Himmels keine beson-dere Rolle. Anders ist es bei Atum, dem Sonnengottvon Heliopolis. Er war der Urgott, der im Urwasser,Nun genannt, lebte. Er begattete sich selbst und schufsich durch Ausspeien zwei Kinder, die Luftgtter Schuund Tefenet, die ihrerseits Erde und Himmel, Kebund Nut, zeugten. Durch Hochheben der Nut trennteSchu seine Kinder, und so entstand die Welt, indemsich Nut als Himmel ber ihrem Bruder, dem ErdgottKeb, wlbte .

    Aber schon hier beginnen sich die alten Schpfungs-und Sonnenmythen schier unentwirrbar zu vermischen.Einmal sehen wir auf Bildern den Sonnengott alsKfer (also Chepre) am Leibe der Gttin Nut herauf- 57,89fliegen, ein andermal hren wir, da der Sonnengotttglich mit seiner Mutter, wieder derselben Himmels-gttin Nut, die Sonne des nchsten Tages erzeugt;daher die hufig in den Liedern vorkommende Be-zeichnung des Sonnengottes als des Stiers (d. h. des Be- 47gatters) seiner Mutter. Rein zufllig klingt diese Be-zeichnung an einen andern Vorstellungskreis an. Denndie tglich neu geborene junge Sonne wird nacheinem Mythus, nach dem eine gewaltige Kuh denHimmel darstellt, als Kalb gedacht, das von der Hirn- 39melskuh (== seiner Mutter Nut) gesugt wird. Mitdieser Vorstellung des Himmels als einer groen Kuhwird dann die kuhkpfig oder menschenhnlich, abermit Kuhohren dargestellte Gttin Hathor in Beziehung 58gebracht und vereinzelt als Mutter der Sonne be-zeichnet. Ihr Name, der bersetzt ,,Haus des Horus"(des Sonnengottes) lautet, kennzeichnet sie brigens

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    schon an sich als Himmclsgttin. Schlielich sei nochdie hbsche Sage erwhnt, nach der die Sonne, meist

    32 als Kind dargestellt, auf einer Lotosblume im Him-melsozean erscheint (s. Abb. 2). Dieser Himmelsozeantrgt denselben Namen wie das erwhnte Urwasser Nun,das wohl nach einer jetzt nicht mehr erhaltenen Sage

    Abb. 2. Der junpe Sonnengott in der Lotosblume.

    bei der Erschaffung von Himmel und Erde in einenOzean am Himmel und einen auf der Erde geteiltworden sein drfte. Dies Wenige aus der Mengeder Schpfungsmythen und aus den Trmmern vonsolchen genge hier und gebe einige Anhaltspunktefr das Verstndnis der mythologischen Anspielungenin den Sonnenliedern.

    Die weitaus klarste und hufigste Vorstellung vonder Fortbewegung der Sonne am Himmel ist die, da

    32 u. oft der Sonnengott in einem Schiff auf dem Himmelsozeandahinfhrt (s. Abb. i). Diese Vorstellung hat sich sodurchgesetzt, da sich trotz des Widersinns das Sonnen^

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    schiff auch am Leibe der Gttin Nut und an dem derHimmelskuh dargestellt findet. Am frhen Morgenffnet sich das Tor des Horizonts, das nachts ge- 32schlssen war, und die Sonne tritt durch die Pforte hin-durch an den Himmel (s. Abb. 3). Sie besteigt die Morgen- 30oder Tagesbarke, und das Gekreische der Paviane be- 41 u, oftgrt das am stlichen Himmel auftauchende Gestirn

    Abb. 3. Das geschlossene und geEFnete Himmelstor.

    selbst (s. Abb. 4) oder das Schiff, in dem der Sonnen-gott als Knig sitzt, von seinem Hofstaat umgebenund mit den ueren Abzeichen des irdischen gypti-schen Knigs geschmckt, gerade wie wenn der Pharaoauf Erden eine Lustfahrt auf dem Nil unternimmt.Die in den Liedern unaufhrlich und berschwenglichgefeierte Ruhmestat des Sonnengottes auf seiner Fahrtist die Besiegung der Schlange Apophis und ihrerTrabanten. In diesem, sich immer erneuernden Kampfhat der Durchbruch der Sonne durch die Wolken,die gerade im nrdlichen Aegypten recht hufig dasHimmelsblau berziehen, seinen Niederschlag gefunden.Meist ist es der Sonnengott allein, der mit Hilfe seiner 37,41Stirnschlange den Feind besiegt, manchmal untersttzen

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    8ihn auch andere Gtter, wodurch dann die ins einzelne

    33, 77 gehende Zerfleischung des Gegners zu einer noch grau-sigeren Schilderung wird.Was hat es nun aber mit der so oft erwhntenStirnschlange des Sonnengottes fr eine Bewandtnis?

    Al)l). '

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    die Gewitterschlange Apophis vernichten, heit es, dader Sonnengott eines Tages im Urgewsser Nun seinebeiden eben geborenen Kinder Schu und Tefenet verlorund sein eines Auge ausschickte, um sie zu suchen.Das Auge kehrt nach Erfllung des Auftrags wiederzurck, findet aber seinen Platz schon besetzt, da demSonnengott inzwischen ein neues Auge gewachsen ist.Zur Besnftigung seiner Wut darber setzt es derSonnengott als Schlange an seine Stirn '^, damit es das

    Abb. 5. bergang der Sonne von der Tages- auf die Nachtbarke.

    ganze Land beherrsche. In dieser Erzhlung ist also derVersuch gemacht, Schlange und Auge, die berdies inder Regel auch denselben Namen ,,die (das) Glnzende"fhren, miteinander in Einklang zu bringen. Restlosscheiden, wann die Schlange des Re, wann das Augedes Harachtes beide als Besieger des Apophis gemeint ist, ist ein Ding der Unmglichkeit, schlie-lich aber auch fr das Verstndnis der Lieder wohlbelanglos. Die Schwierigkeiten, die sich durch dieGleichsetzung der Augen mit Sonne und Mond noch 34,88vergrern, seien daher hier nur angedeutet 8.

    Kehren wir zum Sonnengott in seiner Barke zurck,den wir dort nach der Vernichtung der Apophis-schlange verlassen haben. Am Abend gelangt er zumwestlichen Wstengebirge, meist kurz der Westberg"

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    10(gyptisch: manu) genannt, wird dort von der Gttindes Westens empfangen und besteigt die Abend- oderNachtbarke (s. Abb. 5). Die Frage, wo die Sonne sichwhrend der Nacht aufhalte und warum sie am Morgen

    79 immer wieder an ihrer richtigen Stelle im Osten auf-tauche, hat die Aegypter zu der Vorstellung gefhrt,da sich unter der Erde mit ihrem Himmel ein Gegen-himmel wlbe, an dem die Sonne nachts entlang fahre,

    Abb. 6. Schakale treideln das Sunncnschiff.

    44 u. oft um den in der Unterwelt weilenden Toten Licht zu spen-den. Da dort kein frischer Segelwind wie auf Erden

    41 weht, treideln Schakale (s. Abb. 6) oder auch die Toten42 selbst, die Westlichen 9, die Verklrten, oder wie sie

    sonst noch genannt werden, das Schiff an langen35 Tauen durch die Unterwelt und sie bitten dabei den

    Sonnengott, lange zu verweilen und bald wiederzu-kommen. Der schrecklichste Gedanke mu es demAegypter gewesen sein, im Tode Sonne und Luft ent-behren zu mssen, und darum finden wir gerade in denSonnenliedern immer wieder die Bitte ausgesprochen,nicht nur nachts in der Unterwelt die Sonne zu sehen,sondern auch aus dem Grabe heraufsteigen zu drfen,um das Gestirn am Tage zu schauen und ,,den senHauch des Nordwinds" ein besonders kstliches

    40,36 Labsal fr den Aegypter einatmen zu drfen. So ge-

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    11langt der Sonnengott, umjubelt von den Toten, nachdem Ostberge, wo er die Barke wieder wechselt, umden Kreislauf aufs neue zu beginnen.

    Wie schon erwhnt, ist der Sonnengott Re-Ha-rachtes frhzeitig mit dem Gott Atum von Heliopoliszu Einem Wesen vereinigt worden, und hier in Helio-polis finden wir den Sonnenkultus von alters her amausgeprgtesten durchgefhrt; schon der der Stadtvon den Griechen gegebene Name Heliopolis ^^ (= Son-nenstadt) deutet ihre besonderen Beziehungen zumSonnengott an. Nur ist und bleibt es beklagenswert,da wir von der Stadt selbst und ihrem Sonnentempelkeinerlei Reste haben; ihre Trmmer sind in denheutigen Ortschaften der dortigen Gegend verbaut undwohl fr immer verloren. So sind wir allein auf dieNachrichten ber die Stadt aus andern gyptischen undaus den griechischen Quellen angewiesen. Auf dieseWeise wissen wir z. B., was fr unsere Betrachtunghier von Wichtigkeit ist, da in Heliopolis ein uralterFetisch in Gestalt eines etwa kegeligen, obeliskenfr-migen Steines, gyptisch benben" genannt, verehrtwurde. ,,Haus des benben" war daher einer der Namendes Sonnentempels von Heliopolis. Ferner wird unsberichtet 11, da es in Heliopolis einen hohen Sand"gab, auf dem dem Sonnengott geopfert wurde, wasdeutlich auf Opfer hinweist, die im Freien, nicht inberdachten Tempelrumen stattfanden.Von diesen und hnlichen berlieferungen ber He-

    liopolis fhrt uns nun eine nicht weit sdlich vonden groen Pyramiden gelegene, heute unter dem

    Scharff, Aegj'ptischc Sonnenlieder. 2

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    12Namen Abu Gurab bekannte Ruinensttte auf festenBoden; sie zeigt uns den zum gewaltigen Obeliskenweiter entwickelten Benbenstein und den riesigen, imFreien gelegenen Opferaltar, die beiden Hauptmerk-male, die den Kultus des Sonnengottes man mchtesagen auf Heliopler Art so durchaus von allenandern Gtterkulten in Aegypten unterscheiden. Diefnfte gyptische Knigsdynastie, der Zeit des AltenReiches angehrend (nach Ed. Meyer 27802625 v.Chr.), stammte, wie wir aus einer mrchenhaften,aber doch einen historisch sicher richtigen Kern ent-haltenden Erzhlung 12 wissen, aus Heliopolis undsuchte den dort blichen Kultus auch im brigen Landezu verbreiten. So entstanden die merkwrdigen Heilig-tmer, deren Namen, z. B. ,,Lieblingssitz des Re",schon immer bekannt waren und deren eines deutscheAusgrber wieder ans Tageslicht gezogen haben(s. Tafel II). Fr eine eingehendere Beschreibung ist hiernicht die Stelle, es sei nur nochmals auf die ja gleichins Auge springenden Unterschiede von dem sonst be-kannten gyptischen Tempel mit seinem berdachtenSulensaal und den engen Gtterkapellen hingewiesen.Das Heiligtum erhebt sich ber der Stadt auf einemzum Teil durch riesige Aufschttungen, die von einerstarken Futtermauer gehalten wurden, knstlich ver-grerten Hgel. In einem nur durch wenige Licht-ffnungen in der Decke sprlich erhellten, dsteren,engen Gang stieg man den Hgel hinan, wandte sich,auf der Hochflche angelangt, wenn man nicht rechtsherum nach den Magazinen und Schatzkammern odergeradeaus in den Hof zu dem Altar wollte, immernoch in dem dmmerigen Gange nach links und ge-

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    13langte schlielich, im Innern des Obelisken auf ge-wundenem Pfade ansteigend, auf die breite Plattformdes Sockels. Hier hatte man am Morgen die aufleuch-tende Sonne gerade vor sich und geno einen ber-wltigenden Rundblick auf den etwa 20 Meter tieferliegenden Tempel und die zu seinen Fen ausge-streckte Stadt, nach Westen hin auf das nahe Wsten-gebirge, auf all das Herrliche, das das groe Ge-stirn geschaffen hat und tglich neu belebt, wie esso oft in den Liedern heit. Und als Wahrzeichen derSonne stand da aus riesigen Quadern aufgemauert derObelisk, dessen Spitze, vielleicht mit vergoldetemKupfer berzogen, in den Strahlen seines Herrn glit-zerte. Schlielich fiel das Auge noch auf eine be-sondere Merkwrdigkeit: im Sden des Heiligturasstand auerhalb der Tempelmauern ein ungeheures,aus Ziegeln aufgemauertes Schiff. Es war nichtsanderes als das Sonnenschiff, in dem Re tglich amHimmel dahinfuhr. Gewi hat das Schiff, dessenRumpf noch heute deutlich erkennbar ist, bei Fest-lichkeiten irgendeine besondere Rolle gespielt, von derwir Heutigen nichts mehr wissen 13.Von den Liedern, die in diesem Heiligtum zum

    Preise des Sonnengottes angestimmt wurden, ist dieKunde verschollen. Aber den echten Sinn, der hier beider Verehrung des mchtigen Gestirns waltete, habenuns Flachbilder kennen gelehrt, die an einer Stelle desbesprochenen dsteren Ganges, kurz vor dem Eintrittin den Unterbau des Obelisken, an den Wnden an-gebracht sind und ebenfalls zu jedem sonst in gyp-tischen Tempeln vorkommendem Wandschmuck inschroffem Gegensatz stehen. Drei riesige Gestalten, die

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    14Verkrperungen der gyptischen Jahreszeiten (ber-schwemmung, Aussaat und Ernte), schreiten einher,jede mit dem Schriftzeichen ihres Namens auf demKopfe, und jeder der Figuren folgt ein Bilderfeld, dasnach gyptischer Art in wagerechte Streifen zerlegt ist.Diese Bilder (ein Bruchstck i* s. Tafel III) sind vonMeisterhand im Stile der Zeit ausgefhrt und schil-dern in buntem Durcheinander die Ttigkeiten derMenschen und das Leben der Tiere in den betreffendenJahreszeiten. Die Bilder, von denen leider nur Bruch-stcke auf uns gekommen sind und die der ergnzen-den Phantasie noch reichlichen Spielraum lassen, mutenuns heutige Beschauer und Bewunderer dieser gyp-tischen Flchenkunst geradezu wie Bilderschmuck zuden Sonnenliedern und ganz besonders zu dem sichso vllig frei der Naturbewunderung hingebendenHymnus Amenophis des Vierten an. Hier erleben wirdie Worte: ,,Bume und Kruter grnen, die Vgelflattern in ihren Nestern, alle Lmmer hpfenumher, Vgel und alles was flattert, sie leben, dennfr sie bist du aufgegangen" (s.S. 63). Wir fhlendeutlich den Weg, der von diesem alten Sonnen-heiligtum mit seinen so lebensfrohen Bildern schnur-gerade zu der natur- und wirklichkeitsfrohen Sonnen-verehrung Amenophis des Vierten, des berhmten,,Ketzerknigs", hinfhrt; und darum sei der groeSprung ber die Entwicklung des Sonnenkultes seitder Zeit des Alten Reiches zu der Reformation Ame-nophis des Vierten erlaubt.

    Der Versuch, eine einigermaen zusammenhngendeDarstellung der Reformation Amenophis des Vierten(Ende der i8. Dyn., 1875 1358 v. Chr.) zu geben,

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    15wrde den Rahmen dieses Bchleins sprengen. Erwandte sich, aus welchen Grnden, bleibe hier ununter-sucht, bald nach dem Beginn seiner Regierung gegendie mchtige Priesterschaft des Gottes Amon^^ in derResidenzstadt Theben, um einem neu von ihm ein-gefhrten Sonnengott Aton gebhrenden Einflu zuverschaffen. Der Kampf gegen den Amon und seineAnhnger nahm erbitterte Formen an; der groe Tem-pel des Gottes in Theben mute seine Pforten schlie-en, berall im Lande wurden Bild und Name desAmon jedem Namen haftet nach gyptischer Vor-stellung immer eine besondere Zauberkraft an aufden Denkmlern getilgt, und selbst seinen eigenenNamen Amenophis, der ja den verhaten Namen desAmon enthielt, nderte der Knig in Echnaton, wasetwa Aton hat Wohlgefallen" i^ bedeutet. berdiesverlie der Knig grollend Theben und baute sich eineneue Hauptstadt, die unter dem Namen El Amarna vordem Krieg von deutschen Ausgrbern dem Sande zumTeil wieder abgerungen worden ist, whrend jetzt dieEnglnder die Arbeit deutscher Wissenschaft dort fort-setzen. In den Grbern, die sich die Bewohner derneuen Stadt Achet-Aton (Horizont des Aton) imWstengebirge anlegten, sind viele Bilder erhalten, diedie Hauptgebude, Palast und Tempel der Stadt, zeigen.Aus ihnen knnen wir uns, nach sorgfltiger Um-setzung gyptischer Zeichenweise in die uns gewohnte,ungefhr ein Bild davon machen, wie dieses Heiligtumvon Achet-Aton, das selbst noch nicht wieder aus-gegraben ist, aussah. Ein Obelisk ist zwar nicht vor-handen, aber die ganze Anlage mit ihren offenenHfen und dem Fehlen eines gedeckten Kultraumes

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    16steht doch wieder in vlligem Gegensalz zu dem sonstin Aegypten blichen Tempelgebude und erinnert weitmehr an das um etwa i200 Jahre ltere Sonnen-heiligtum, das wir vorhin betrachtet haben. Etwasdiesem vllig Gleichartiges hier zu erwarten, wre beidem langen, dazwischen liegenden Zeitraum unbillig.Wir knnen nur den Anfang und das Ende einerEntwicklung feststellen, deren Zwischenstufen unsleider vllig fehlen^''. Und wir knnen sogar ber dasHeiligtum des Alten Reiches hinweg in gerader Linieauf den ersten Ausgangspunkt der Sonnenverehrung,auf Heliopolis, zurckblicken, denn der Tempel Ech-natons trgt wie der Tempel in Heliopolis den Namen,,Haus des Benbensteines".Man wte gern mehr davon, wie sich bei Echnaton

    die neue Lehre, die das ist wohl jetzt unbestrit-ten letzten Endes in Heliopolis fut, im einzelnenherausgebildet hat. Wir sehen nur und staunen heuteber die Tatsache, da dieser Pharao, wenn auch nurfr wenige Jahrein und ohne jede Spur von Weiter-wirkung, vllig, innerlich und uerlich, mit aller reli-gisen berlieferung gebrochen hat. Und diese Tatdes einen Mannes aus dem Gesamtbild der Zeitvon El Amarna drfte wohl mit Recht die Folgerunggezogen werden, da wirklich alle Neuerungen reli-giser oder knstlerischer Natur auf den Knig alsUrheber zurckgehen stempelt ihn mit Recht nebenall den andern mehr oder weniger nur als Namen fort-lebenden Knigen zur ersten und fast einzigen Per-snlichkeit der gyptischen Geschichte.

    Sein Gott Aton ist das licht- und lebenspendendeSonnengestirn in seiner alles belebenden Leuchtkraft,

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    17ohne den Gedanken, da in oder bei ihm ein menschen-oder tiergestaltiges Wesen hause, oder da es voneinem Kfer geschoben oder in einem Schiff ge-fahren wrde. Darum whlte auch der Knig denNamen Aton, der die Sonnenscheibe bedeutet und, wiebereits gesagt, auch sonst zu allen Zeiten als Bezeich-nung des Gestirns, vor allem seiner Form nach, viel ge-braucht wurde. Wir haben aus dem Anfange der Re-gierung Echnatons Bilder des Gottes, die ihn wie denalten Harachtes falkenkpfig zeigen i^. Aber bald istder Knig dazu bergegangen, ihn vllig von der Men-schen- und Tierhnlichkeit loszulsen. Er stellt seinenGott nunmehr als Sonnenscheibe dar, die mit der ehe-maligen Stirnschlange als geringem berbleibsel vonfrheren Gtterbildern geziert ist und ihre Strahlenherabsendet; diese endigen in Hnde, die dem Knigund seiner Familie das Zeichen Leben" reichen ein Bild, das dem schnen, schon frher dem Sonnen-gott zugefgten Beinamen der Vielarmige" sinnflli- 50gen Ausdruck verleiht (siehe Tafel IV). Der alteSonnengott Re-Harachtes war aber trotz Aufgabeseines Bildes dadurch keineswegs abgesetzt. Ihnhat Echnaton, in den Inschriften wenigstens, alseinzigen von den frheren Gttern beibehalten. Wiefrher bei Re-Harachtes-Atum, so wurde jetzt mit demneuen Aton und Harachtes eine Art Verschmelzung vor-genommen, die soweit ging, da gerade am Anfangdes Hymnus an den neuen Gott dieser mit Harachtes 20 61angerufen wird: ,Verehrung des lebenden Re, desHarachtes, der im Horizonte jubelt, in seinem Namen.Licht, das in der Sonnenscheibe (Aton) ist'21, der inalle Ewigkeit lebe." Dieser erluternde oder, wie

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    18man gewhnlich sagt, lehrhafte Name des Gottes sollwohl zum Ausdruck bringen, da nicht die Sonnen-scheibe als solche, wie es ja nach dem Sprach-gebrauch zu erwarten wre, der neue Gott ist, sonderndie Lichtkraft in ihr, also ein unsichtbares, unkrper-liches gttliches Wesen in der Sonne.Wenn wir den groen Hymnus an Aton lesen, denwir uns, mglicherweise als Dichtwerk des Knigsselbst, bei Kulthandlungen vorgetragen zu denkenhaben werden, und wir uns an den dichterisch schnenund so naturwahren Schilderungen des Sonnensegensfreuen, so sind weniger alle diese lebensfrohen Bilderselbst die Schpfung des Dichters als vielmehr ihreLoslsung von dem sonst blichen mythologischenBeiwerk. Zeitlich vor und nach Echnaton (z. B. in demgleich nachher zu besprechenden Hymnus an Amon-Reoder in dem durch den Zusatz der berschrift ,,aus derZeit nach Echnaton" nher gekennzeichneten Gebet)finden wir Gedanken wie die, da die Sonne dem

    50 Kchlein im Ei Atem gibt und den niedersten Tieren74 Nahrung, oder da sie die Menschen durch verschie-

    dene Hautfarben geschieden hat. Solche Stellen leben-digen Inhalts muten uns wie Oasen in der eintnigenWste der mythologischen Beiworte an. Wie Echnatonseinen Gott aus allen althergebrachten Vorstellungenherausgerissen und fr einen auch von uns Heutigennoch innerlich zu empfindenden gtigen Wesen ge-macht hat, so hat er auch bei den Lobgesngen anseinen Gott alles Beiwerk, das an das Frhere httegemahnen knnen, beiseite gelassen und mit frischgestaltendem Dichtersinn das Echte, Lebendige der altenberlieferung zu neuer Ejnheit zusammengeschlossen.

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    19Seine Anhnger, die naturgem strker im Alten wur-zelten, haben ihm nicht zu seiner einsamen Hhefolgen knnen, sondern fallen nur zu oft nach einemim neuen Stil gehaltenen Gebetsanfang wieder in diealte Litanei der Totengebete und Opferformeln zu- 71rck 22. Das darf nicht Wunder nehmen, wenn manbedenkt, da dieser khne Versuch einer Reformation und mehr ist nicht daraus geworden nur etwa20 Jahre gedauert hat.

    Zwei bezeichnende Einzelheiten seien noch aus demGedankenkreis Echnatons hervorgehoben. Whrendauch in andern Liedern die uerlichen Unterschiede 49der Vlker durch die Hautfarbe auf die Sonne zurck-gefhrt werden, sonst aber der gyptische Gott, derSonnengott oder jeder andere, nur dazu da ist, dieFeinde und Barbaren als Besiegte dem Pharao zu Fenzu legen, sehen wir hier, da Aton auch den Fremd-lndern Segen spendet: ,,in den Lndern Syrien, Nu-bien und im Lande Aegypten setzest du (Aton) jedenMann an seinen Platz und schaffst, was sie bedrfen",heit es da, und weiter unten: ,,Alle fernen Lnderlassest du leben. Du hast einen Nil am Himmel (nm-lich den Regen) geschaffen, auf da er fr sie herab-steige." Wenn ein orientalischer Groknig, und daswar doch Echnaton ohne Zweifel, solche Worte inseinem offiziellen Kultus vortragen lt, so sprichtdas fr eine Hhe der Gedanken dieses Herrschers,die weit ber den Vorstellungskreis seiner Zeit hinaus-ragt. Und noch ein anderer Zug ist es, der uns beiEchnaton so besonders angenehm berhrt, das istsein ehrliches und echtes Streben nach Wahrheit.Das Beiwort, da der Gott von der Wahrheit lebt,

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    20sicli von ihr wie vom Brote nhrt^s, ist auch sonst nichtungewhnlich. Aber bei Echnaton gewinnt es eine be-sondere Bedeutung; er fgt es seiner eigenen Knigs-titulatur bei und will dadurch aller Welt zeigen, daer das Wahre und Rechte von seinem Gott her insich aufnimmt und nach ihm leben und streben will.Welche Umwlzung dieses Wahrheitssuchen in derbildenden Kunst hervorgerufen hat, wird jeder ge-fhlt haben, der einmal Bildwerke aus El Amarnamit solchen aus irgendeiner andern Epoche gyp-tischer Geschichte verglichen hat; hier weiter auf diesesverlockende Gebiet einzugehen, verbietet der Zweckdieses Buches.Wie ein Wirbelwind ist die Zeit Echnatons vorber-

    geweht. Die Reaktion, die nach dem frhen Tode desKnigs sehr bald unter erneutem Erstarken der Amons-priesterschaft in Theben einsetzte, war so furchtbar,da von dem Knig bald nur als von dem Frevler vonEl Amarna gesprochen wurde. Und Aton wurde, wennauch seine Abbilder vor grausamer Zerstrung bewahrtblieben, wieder nur zum bloen Namen fr die ihrerGttlichkeit entkleidete Sonnenscheibe.

    So haben wir uns ber die Sonnenverehrung an denzweifellos in Zusammenhang stehenden Sttten vonHeliopolis, Abu Gurab (um 2600 v. Chr.) und ElAmarna (um 1870 v. Chr.) einen berblick verschafft,und es bleibt noch brig, Umschau zu halten, in wel-cher Weise in den brigen Zeiten der Sonnengott Re-Harachtes verehrt wurde. Da der Sonnengott vonjeher der hchste Gott war und im ganzen Lande

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    21gleichmig Verehrung geno, ist schon gesagt wor-den. Man ist etwa seit der Zeit des Mittleren Reiches(um 2000 V. Chr.) dazu geschritten, den jeweiligenGott der Hauptstadt zum Sonnengott zu erheben, jaman ist noch weiter gegangen und hat nach und nachfast jedem Gott den Beinamen Re gegeben und ihn sozum Sonnengott gemacht. Wenn man in gypteneigene Tempel ^-i des Re (auer den genannten) ver-mit, so ist das wohl eben darum, weil Re fast mitallen andern Gttern irgend einmal zu einem einheit-lichen Wesen verschmolzen worden ist. Wenn auchdie Tempel nach den verschiedensten Gttern heien,in den meisten wird schlielich doch Re in irgendeinerForm verehrt. So wurde z. B. der hauptschlich in derOasenlandschaft des heutigen Fajjum verehrte kro-kodilgestaltige Wassergott Sobek (griechisch Suchos)durch die Beifgung des Namens Re zum Sonnengotterhoben und unter dem Doppelnamen Sobek-Re an-gebetet. Am vollkommensten wurde diese Verschmel-zung bei dem bekanntesten aller Gtter, dem widder-kpfigen Amon von Theben durchgefhrt, der durchdie ganzen Jahrhunderte des Neuen Reiches und derSptzeit hindurch auer in den wenigen Jahren Ech-natons fast nie anders als ,,Amon-Re, Knig derGtter" (den Griechen klang das wie ,,Amonrasonter")genannt wird. Amon-Re war der mchtige Reichsgott,der dem Pharao die halbe damals bekannte Welt unter-worfen hatte und dafr mit Riesentempeln, weitaus-gedehnten Lndereien und reichen Schtzen aller Artbeschenkt wurde. Er ist der in Gebeten bei weitemam hufigsten angerufene Gott, und so kommt es auch,da die meisten Sonnenlieder an ihn gerichtet sind.

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    22Eine ganze Sammlung von Liedern bildet den langen

    47 Hymnus an Amon, der auf Papyrus geschrieben imMuseum zu Kairo aufbewahrt wird und unter den Tex-ten hier fast vollstndig wiedergegeben ist. Er ist eingutes Beispiel fr die groen Lieder, die die Sonne alsSchpfer des Alls feiern und die diesen einfachen Ge-danken einerseits mit mythologischem Rankenwerk um-spinnen, andrerseits aber auch durch lebensfrohe,naturgetreue Schilderungen verdeutlichen. Wenn wirHeutigen uns nur von den Ausschmckungen letztererArt angezogen fhlen, so liegt das an dem die meistenvon uns beherrschenden Hang zum Einfachen undGroen in der Natur, whrend die vielen tnenden Bei-worte und Vergleiche und die immer wiederkehrendenBder vom Sonnenschiff und der Apophisschlange unsheute wie leeres Wortgeklingel und nichtssagendeFratzen vorkommen. Anders war es bei dem Aegypter,der von klein auf mit Vorstellungen dieser Art ver-wachsen war und bei den Beiworten der Sonne sichermehr empfinden und sich denken konnte als wirheute. Aber auch wir werden, wenn wir uns einiger-maen in die Gedankenwelt der alten Aegypterhineinzuversetzen suchen, zugeben, da diese Aus-schmckungen des Sonnengestirnes und die Bilder vomKampf gegen die Wolken (Apophisschlange) oft vonurwchsiger Gewalt und Gre sind.

    Wir haben gesehen, da es der heie Wunsch desToten ist, in der Unterwelt die Sonne und womglichauch am Tage das Licht der Oberwelt schauen zudrfen. So kommt es, da sich die meisten der ber-

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    23setzten Lieder auf Grabsteinen finden, auf denen derTote meist in der knieenden Stellung des Betenden dar-gestellt ist, wie er dem Sonnengott seine Lieblings-bitte vortrgt. Wir knnen dabei Morgen- und Abend-lieder unterscheiden, je nachdem die Tagesfahrt desSonnenschiffes oder die Nachtfahrt ausfhrlicher be-sungen wird; erwhnt werden zumeist beide. Nebenden Grabsteinen finden sich zur Zeit des Neuen Reiches(um i5oo v.Chr.) auch kleine Pyramiden (s. Abb. 7), 38,39auf denen der Tote mit betend erhobenen Hnden dar-gestellt ist und einmal nach Osten, einmal nach Westengerichtet ein Gebet spricht. Wo diese Pyramiden imGrabe ihren Platz hatten, wissen wir nicht. Da ge-rade die Pyramide mit dem Gebet an die Sonne in Be-ziehung gebracht wird, hat vielleicht seinen Grund darin,da ja die Spitzen der groen Grabpyramiden derKnige am hchsten ber der Erde und also zunchstder Sonne waren 25. So hoffte der Tote, wenn er, d.h.sein Bild, in einer Pyramide erschiene, um so sichererdes Tagessonnenlichtes teilhaftig zu werden. Undmanche der Sonnenlieder sind sogar, je mehr dasSchicksal des Verstorbenen mit dem der Sonne ver-woben wurde, in die Spruchsammlungen bergegan-gen, die wir als Pyramidentexte, Sargtexte und Toten- ^Qt('buch kennen 26. In den beiden ersten nur vereinzeltenthalten, sind im Totenbuch eine ganze Reihe zueinem sogenannten Spruch es ist der fnfzehnte zusammengefat und, auf Papyrus geschrieben, ausverschiedenen Grbern des Neuen Reiches auf uns ge-kommen. Sonst sind auf Papyrus geschriebene Sonnen-lieder selten; eine ganze Sammlung enthlt der obenbesprochene groe Hymnus an Amon-Re auf einem

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    24Papyrus in Kairo. Ferner gehrt dazu der einem Ritual-buche spterer Zeit (um 800 v. Chr.) entnommene

    80 Sonnenhymnus auf einem Berliner Papyrus; er hatwie andere hnliche Lieder beim Gottesdienst im Tem-pel Verwendung gefunden. Sogar auf dem andern,neben dem Papyrus viel benutzten Schreibstoff, demOstrakon (Kalksteinsplitter oder Topfscherbe) habensich vereinzelt Sonnenlieder erhalten; die beiden Lie-

    77 der eines ungerecht Verfolgten aus der Zeit um 1000V. Chr. bilden mit andern Texten zusammen berreste

    61 ff. einer Schreiberschule. Die Lieder an Aton sind allean den Wnden der Felsgrber von El Amarna ein-gemeielt, meist wie bei den Grabsteinen mit demFlachbild des Betenden verbunden. Um die Angabeder Stellen, an denen sich Sonnenlieder finden, zu ver-

    75,76 vollstndigen, sei noch die kleine Figur (s. Abb. 8)genannt, die den Toten knieend zeigt, wie er eine Platte

    88 mit dem Gebet darauf vor sich hlt. Auch Tempel-73 wnde und kleine Rundbildwerke steuern zuweilen

    Sonnenlieder bei, so da man nur zu schpfen braucht;die Flle ist unermelich.

    Einige wenige Worte seien noch zu den bertra-gungen der Lieder selbst gesagt. Eine bersetzung istimmer Stckwerk. Sie soll wohl die Gedanken und denRhythmus der Eigendichtung richtig wiedergeben, aberdie Seele, die der Dichtung innewohnt und die nur inder eigenen Sprache des Dichters sprechen kann, mubei jeder bersetzung zu kurz kommen; sie kann hch-stens durch ein neues Eigenerleben des bertragendenersetzt werden, aber dann haben wir eine Nachdichtung,

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    25ein neues selbstndiges Dichtwerk, keine bersetzungmehr. Gilt dies schon fr die uns gelufigen fremdenSprachen, so hat es in noch viel hherem Mae fr dienicht mehr lebendigen Sprachen des Altertums Bedeu-tung. Bei ihnen kann berdies hufig nicht einmal dieerste und geringste Forderung an eine bersetzung,wenigstens die Gedanken und den Rhythmus des frem-den Dichtwerks wiederzugeben, in befriedigender Weiseerfllt werden, wenn man, wie beim Aegyptischen, aufSchritt und Tritt auf Schwierigkeiten in der Wort-bedeutung stt und eine dichterische Form in der Ur-sprache selbst nur ahnen kann. Wie ja bekannt seindrfte, lt das Altgyptische wie das ihm verwandteHebrische und Arabische die Vokale unbezeichnet, soda wir uns die Worte heute notdrftig, teils nachberlieferungen gyptischer Worte in andern Sprachen,teils durch frei erfundene, willkrliche Mittel, aus-sprechbar zu machen gezwungen sind. Fr die Wort-bedeutung ist die Aussprache im groen und ganzennebenschlich, denn sie liegt in den Konsonanten alleinfest begrndet. Aber da wir dennoch in der Regel keineAhnung davon haben, wo in den Worten der Tonvokal lag,so haben wir fast keinerlei Anhaltspunkte fr die Hebun-gen und Senkungen in der Verszeile und somit fr denrhythmischen Aufbau eines Liedes. Nur die Vers-enden kennzeichnet der gyptische Schreiber hufigdurch einen dicken Punkt ber der Zeile (z. B. beidem groen Amonshymnus), und diesen Zeilentrennun-gen folgen dann auch unsre bersetzungen. Das ein-zige, was wir wirklich als poetische Ausdrucksformerkennen knnen, ist die berall ziemlich gleichmigdurchgefhrte Gedankengleichheit zweier Verse oder

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    26Versteile, wie wir sie ja aus dem Alten Testament, denPsalmen z. B., kennen. Und hierbei mssen wir demgyptischen Dichter uneingeschrnkte Bewunderungzollen, wie er es fertig gebracht hat, immer neue Bil-der zu finden und jeden Gedanken in zwei Teile zu zer-legen. Ein Wort- und Bilderreichtum offenbart sichuns hier, vor dem der bersetzer nur zu oft seineUnzulnglichkeit bei der Auswahl immer neuer Aus-drcke in der eigenen Muttersprache bekennen mu.Neben dieser Gliedergleichheit kommt es zuweilen noch

    36, 46 vor, da ungefhr gleichlange Sinnesabschnitte zuStrophen zusammengefat werden, die immer mit den-selben Worten beginnen. Aber das ist auch alles, waswir von gyptischer Verskunst wissen. Unntig frunser Gefhl und fast strend wirken die oft langenEinleitungen der Lieder, zumal sie wie berschriftennur aus Hauptworten bestehen. Aber fr den Aegyptergehren sie so zum Ganzen, da sie manchmal fast mehr

    40 Raum einnehmen als das Gebet selbst. Sie sind daherhier mitbersetzt. Bei den Liedern selbst hat der ber-setzer in sogenannter gehobener Prosa unter Berck-sichtigung der Gliedergleichheit und der angegebenenZeilenendpunkte die bertragung hergestellt. Wenn dieGedanken des gyptischen Dichters einigermaen richtigwiedergegeben wren, so wre der bersetzer zufrieden.Wie endlos weit er aber davon entfernt ist, die gyp-tische Seele im Gewnde der deutschen Sprache wirk-lich wiederzugeben, wei er selbst am besten. EineNachdichtung im oben angefhrten Sinne wrde abernur noch viel weiter vom Original abfhren und istdarum gar nicht versucht worden.

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    Abli. 7. r)(r ToIp hcfnilRt niis dem Grnbc heraus die Sonne.

    Morgenlied ltester Zeit.Aus den Pyramidentexten (drittes Jahrtausend v. Chr. oder noch

    frher); nach Sethe, Pyramidentexte Bd. II Nr. 1/17881.Du erwachst in Frieden,Gereinigter 27 in Frieden 28.Du erwachst in Frieden,stlicher Horus in Frieden.Du erwachst in Frieden,stliche Seele in Frieden.Du erwachst in Frieden,horizontischer Horus (Harachtes) in Frieden.

    Bemerkung: Bei den bersetzungen bedeutenim Original Zerstrtes oder Unverstndliches,

    [ j gesicherte Ergnzungen,( ) erluternde Zustze.

    Seharff, Aegyptische Soanenlieder. 3

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    28Du schlfst in der Nachtbarke 29,du erwachst in der Tagesbarke,denn du bist der, der ber die Gtter hinwegblickt (?),kein Gott blickt ber dich hinweg (?).Vater des N. N. 30, nimm ihn mit dirzum Leben bei deiner Mutter Nut.Ihm werden die Tore des Himmels aufgetan,ihm weiden die Tore des khlen Himmelswassers auf-

    getan.Wenn er zu dir kommt, damit du ihn belebst,dann befiehl, da er sich (im Sonnenschiff) an deine

    Seite setzeneben den Morgenstern im Horizont.Vater des N. N., Re, befiehl der Erlaschreiberin,die neben dir ist,da sie dem N. N. eine Platzanweisung gibtim (?) Red-wer 31 unter dem khlen Himmelswasser.

    (Der Rest des Liedes bezieht sich nur auf den Toten, der imSonnenschiff neben Re Platz genommen hat.)

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    Gebet an die Sonne im Totenreich.Sargtext des Mittleren Reiches (um 2000 v. Chr.); nach Lacau,Sarcophages I, 210 (Sarg Nr. 28o85). Der Sarg gehrt einer

    Frau.

    Heil dir, Re, wenn du Osiris^s N.N. erfreust,dich verehren die Bewohner des Totenreicbes.dich beten die Bewohner der Unterwelt an.Sie lobpreisen dich, wenn du in Frieden kommst,damit du Gaben den Groen schenkestund Gedeihen den Kleinen.Schenke auch dieser N.N. Gaben,damit diese N.N. zum ehrwrdigen Alter gelange! wie Re tglich. 33

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    Aus dem Totenbuch:A. Anbetung der Morgensonne.

    Nach Naville, Totenbuch Kap. i5AII (Neues Reich).Verehrung des Re, wenn er im stlichen Himmels-

    horizont aufgeht, durch den Osiris^z N. N.; er sagt:Heil dir, der im Himmelsozean aufgeht,der die beiden Lnder erhellt,nachdem er heraufgestiegen ist.Lob dir, (ruft) die gesamte Gtterneunheit^;wir (?) haben ihn aufgezogen mit (?) den beiden

    Knigsschlangen 34 und seinen Merti^^-Schlangen,

    den schnen, geliebten Jngling.Wenn er aufgeht, leben die Menschen,es jubeln ihm die Leute zu.Die Seelen von Heliopolis jauchzen ihm zu,die Seelen von Pe und Nechen^e preisen ihn.Verehrt (?) ihn, sagen die Sonnenaffen,Ruhm sei dir, sagt alles Getier einstimmig.Deine Sebi ^^-Schlange fllt deine Feinde,so da da jubelst mitten in deinem Schiffe.Deine Mannschaft ist glcklich,dich Herzensfrohen nimmt die Tagesbarke auf.Herr der Gtter 1Die du geschaffen hast, sie preisen dich.

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    31Nut blaut an deiner Seite,Nun umgibt (?) dich mit(r>) seinen Strahlen ^7.Leuchte auch mir, auf da ich deine Schnheit sehe!Ich, der Osiris N. N., war gesund auf Erden.Ich bete dein schnes Antlitz an,wenn du aufgehst im Himmelshorizont,und ich verehre die Sonnenscheibe (Aton),wenn sie auf jenem Berge der Totenstadt 38 untergeht.Zu sprechen von dem N. N.; er sagt:

    Du gehst auf, du gehst auf, wenn du aus demHimmelsozean heraufsteigst,

    und verjngst dich wieder an der Stelle des Gestern,gttlicher Jngling, der aus sich selbst entstand,den meine Hand nichtDu kommst in deinem Glnzeund erhellst Himmel und Erde.Deine Strahlen sind wie echter Malachit,Punt39 erhlt sich immer den Duft,den du an deine Nasenspitze fhrst.Wenn du aufgehst im Himmel,sind stets die beiden Schlangen 3* an deinem Scheitel.Du richtest alle Welt,und auch die Gtter beten dich an.

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    B. Anbetung der Morgensonne als Siegerin.Nach Naville, Totenbuch Kap. i5AIV (Neues Reich).

    Anbetung des Rc bei seinem Aufgang im stlichenHimmelshorizont.Heil dir, du Kind indas aus der Lotosblume aufsteigt!Scher Jngling, der aus dem Horizont kommtund [die Erde mit] seinen Strahlen erhellt.Seele des [Re] inmitten seines Schiffes,dsr seinen Mund .... lt,wenn er im Himmel aufgeht,und der seinen Tau gibt.Er hat das Dunkel durch seine Strahlen vertrieben.Sohn des Urgewssers, Vater der Gtter,Leiter der Glliunen inmitten des Himmels.Heil dir, Re des OstbergesKnig Re inmitten der Barke!Du gehst auf, du gehst auf,du leuchtest, du leuchtest!Es verehren dich die Sonnenaffen,es jubeln dir die Horizontischen zu.Die Schlafenden richten sich vor dir aufund die Schlangen auf ihre Schwnze,die (schon) Stehenden lassen sich vor dir nieder.Geffnet werden dir die Pforten des Horizonts,gereinigt wird dir die Strae der Ewigkeit.Es preisen dich die Bewohner des sdlichen Himmels,es beten dich die Bewohner des nrdlichen Himmels an.

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    33Die Gtterneunheit kommt sich verneigend dir ent-

    gegen,auf dem Bauch liegend kssen sie vor dir die Erdeund sagen zu dir:Willkommen, Vater der Vter und aller Gtter!Vielgesicht, dessen Krper man nicht kennt;der warm an seinen Gliedern istund in seiner Sonnenscheibe (Aton) leuchtet,der tglich seine Feinde fllt.Die groe Stirnschlange an deinem Hauptestraft den bsartigen Drachen *ound zerhackt sein Rckgrat.Die Flamme verzehrt ihn,die Lohe frit ihn.Isis^ bekmpft ihn,Nephthys^ verwundet ihn,Thoth *i berantwortet ihn dem Messer,er macht ihn zunichte.Wie schn ist Re in seinem Schiffe!Seine [Mannschaft] ist gerstet (?)Apophis ist vor ihm gefallen,seine Gefolgschaft frohlockt!

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    C. Anbetung der Abendsonne.Nach Naville, Totenbuch Kap. i5BII (Neues Reich).

    Verehrung des Re-Harachtes, wenn er im westlichenHimmelshorizont untergeht:Heil dir, Re, bei deinem Untergang,Atum-Harachtes,gttlicher Gott, der aus sich selbst entstand,Urgott, der am Anfang wurde.Jubel dir, der die Gtter schuf,der den Himmel in die Hhe hob zur Laufbahn seiner

    Augen *2,der die Erde schuf, soweit sein Lichtglanz reicht,auf da ein jeder seinen Nchsten erkennen knne.Die Nachtbarke ist frohen Herzens,die Tagesbarke in Jubel und Frohlocken,wenn sie dir zueilen.Der Himmelsozean ist glcklich,und deine Mannschaft ist glcklich,weil die Stirnschlange deine Feinde gefllt hat.Du hast dem Nahen des Apophis gewehrt,indem du als Re tglich herrlich bist.Deine Mutter Nut umarmt dich,damit du schn und frohen Herzensuntergehst im Horizont des Westberges.Die Westlichen sind in Jubel,wenn du dort dem groen Gott Licht bringst,Osiris*^^ dem Herrn der Ewigkeit.

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    35Die in den Hallen sind und in ihren Hhlen,ihre Arme sind in Verehrung fr deinen Ka^* erhoben.Sie sprechen dir alle ihre Bitten aus,nachdem du ihnen geleuchtet hast.Der Unterweltlichen Herzen sind frohwenn du den Westbewohnern Licht gebracht hast.Ihre Augen ffnen sich, weil sie dich sehen,voll Wonne sind ihre Herzen, wenn sie dich sehen.Du erhrst die Gebete derer, die im Sarge liegen;du vertreibst ihr Ungemachund wehrst das Bse von ihnen ab;dazu gibst du noch Luft an ihre Nasen,damit sie das Vordertau deines Schiffes im Horizont

    des Westberges fassen knnen.Schn bist du, Re, tglich,dich umfngt (deine) Mutter Nut.

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    D. Strophenlied an Atum.Nach Lepsius, Totenbuch Kap. i5 (Saitische Zeit, um 600 v.Chr.).Heil dir, der du als Atum kommst,

    der entstanden ist als Schpfer der Gtter-neunheit,

    gib sen Nordwind dem Osiris N. N. Heil dir, der du als Seele der Seelen kommst,

    herrlich im Westen, gib sen Nordwind dem Osiris N.N.

    Heil dir, Oberster der Gtter,der die Unterwelt mit seiner Schnheit er-

    leuchtet, gib sen Nordwind dem Osiris N.N.

    Heil dir, der strahlend naht,der einherfhrt in seiner Sonnenscheibe

    (Aton), -gib sen Nordwind dem Osiris N.N. Heil dir, der grer als alle Gtter ist,

    strahlend im Himmel, Herrscher in der Un-terwelt,

    gib sen Nordwind dem Osiris N.N. Heil dir, ffner der Unterwelt, '

    Gebieter aller Tore, gib sen Nordwind dem Osiris N.N.

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    37Heil dir, der inmitten der Gtter weilt,

    Richter im Schweigenlande, gib sen Nordwind dem Osiris N. N.

    Heil dir, der in seinem Neste ist (der Horusfalke),der die Unterwelt durch seine Zaubersprche

    geschaffen hat, gib sen Nordwind dem Osiris N. N.

    Heil dir, Groer, Gewaltiger,deine Feinde liegengib sen Nordwind dem Osiris N.Ndeine Feinde liegen auf ihrer Richtsttte.

    Heil dir, du hast die Feinde niedergestoenund den Apophis vernichtet,gib sen Nordwind dem Osiris N.N.

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    4.Gebete an die Sonne bei ihrem Auf- und

    Untergang.Inschriften der kleinen Grabpyramide, Berlin 2276 (iS.Dyn., um

    i5oo V. Chr.) Abb. 7.A.

    Der Schatzmeister, Setem-Priester und groe Leiterder Knstler Ptah-mose verehrt Re, wenn er am Hori-zont aufgeht und sagt:Schn erstrahlst du, Herr der Gtter!Wie schn war, was du mir tatest, als ich noch auf

    Erden war.Ich verbrachte meine Lebenszeit in Wohlseinund erreichte die Ehrwrdigkeit glcklich.

    B.Der Vorsteher der Gottesdiener von Ober- und Unter-

    gypten, der Setem-Priester und groe Leiter derKnstler Ptah-mose verehrt Re, wenn er untergeht,und sagt:Du gehst unter, Re, mein Herr!La mich in deinem Gefolge sein auf dem Wege zur

    Unterwelt,damit die Gtter sagen:Willkommen, du vom groen Gott Gelobter!

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    5.Lied an die aufgehende Sonne.

    Aus der Inschrift der Grabpyramide, Berlin i3 456 (iS.Dyn., umi5oo V. Chr.).

    Verehrung des Re, wenn er im stlichen Himmels-horizont aufgeht:

    Heil dir Re bei deinem Aufgang!Atum, HarachtesI Du fhrst dahin.glcklich in der Nachtbarke,und frohen Herzens in der Tagesbarke.Du durchmit den Himmel in Frieden,denn alle deine Feinde sind gefllt.Die Ruhelosen 45 jubeln dir zu,und die Unvergnglichen ^'^ beten dich an;sie sprechen zu dir:,,Heil, Heil, du Kalb das aus dem Himmelsozean

    hervorgegangen ist!'Deine Mutter Nut spricht zu dir und streckt dir ihre

    Hnde zum Grue entgegen:Du wurdest (von mir) gesugt"(Der Text bricht hier pltzlich ab und wird durch einen vllig

    anderen Gedanken unmittelbar fortgesetzt.)Osiris, der Erste der Westlichen,der groe Gott, der Herr von Abydos*^,.... er gebe dir jegliche Strke, seiner Strke gleich,und gebe Leben, Heil und Gesundheit dem Diener

    Pen-mehit.

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    6.Bitte des Toten um den Anblick der Sonneam Tage.

    Inschrift auf dem Grabstein, Berlin 7270 (Neues Reich).Verehrung des Re, wenn er im stlichen Himmels-

    horizont aufgeht, durch den Osiris^s, den Wedel-trger zur Rechten des Knigs, den Bogenschtzenund Reiterobersten, den kniglichen Schreiber undVorsteher der Throne des kniglichen Harems in Mem-phis, Re-ja, den Seligen; er sagt:Heil dir, Re-Harachtes,Chepre bist da, der von selbst entstand.W^ie schn gehst du im Horizont auf,du erleuchtest die beiden Lnder mit deinen Strahlen.Die Gtter sind in Jubel,wenn sie dich als Himmelsknig sehen,indem du als Harachtes und Atum erstrahlst,dessen Gestalt man nicht kennt.La mich berall herausgehen, wo ich will,da ich Re sehe, jedesmal wenn er aufgeht.Von dem Osiris, dem wirklichen Schreiber des K-

    nigs, von ihm geliebt, dem Vorsteher der Throne deskniglichen Harems in Memphis, Re-ja, dem Seligen.

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    7-Lied zum Preis der Sonne auf ihrer Fahrt.

    Inschrift auf dem Grabstein, Berlin 7806 (Neues Reich).Zu sprechen von dem Soldatenobersten, dem knig-

    lichen Schreiber Re-mose, dem Seligen, wenn er Rebei seinem Aufgang verehrt; er sagt:Heil dir, Re, ,Chepre, Vater der Gtter,der die beiden Lnder mit dem Auge erleuchtet.Atum des Abends,mchtest du in meinem Antlitz leuchtenvom Morgen, bis du lebend untersinkst.Dich verehren die Sonnenaffen,sie verknden dich in der Halle des Horizontes,sie tanzen vor dir und singen vor dir,wenn du den Sitz in der Tagesbarke einnimmst,die mit den Unvergnglichen *^ bemannt ist.Du kommst frohen Herzens heraufund fllst alle deine Feinde.Die Schlange fllt deiner Messerschneide,

    Die Mannschaft des Re ist voll Jubel und Entzckenund freut sich ber (die Besiegung) der Feinde ihres

    Herrn.Re geht in der Nachtbarke unter,die mit den Ruhelosen ^^ bemannt ist.Schakale ziehen, vereint an ihrem Tau,dich Herzensfrohen, wenn du im Horizont des West-

    berges untergehst.

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    42Die Verklrten, die Seelen, die Westlichen,sie jauchzen beim Nahen deiner Majestt,wenn sie dich glcklich ankommen sehenin deiner Wrde einer himmlischen Seele!Von dem wegen seiner trefflichen Wundertaten vom

    Knige Gelobten, dem kniglichen Schreiber und Sol-datenobersten Re-mose.

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    8.Preis des Sonnengottes als Lichtspender im

    Totenreich.Inschrift der Stele, Berlin 7817 (Neues Reich).

    [Verehrung des Re,] wenn er im westlichen Hori-zont des Himmels untergeht, durch den einzig treff-lichen Schreiber der Getrnke des kniglichen HaremsPa-nehsi*^; er sagt:

    Heil dir, Re, der die Menschen schuf,Atum, Harachtes!Einziger Gott,der von der Wahrheit lebt.Der das, was ist, machteund das Seiende schuf fr Tier und Mensch(und alles,) was aus seinem Auge herauskam.Herr des Himmels, Herr der Erde,der die Unteren und die Oberen schuf,Allherr, Stier in der Gtterneunheit,Himmelsknig, Herr der Gtter,Frst an der Spitze der Neunheit.Gttlicher Gott, der von selbst wurde,Urgott, der am Anfang entstand,Jubel dir, der die Gtter schuf.Atum, der die Menschen werden lie.Huldreicher, liebevoller;wenn er leuchtet, lebt alle Welt.Ich preise dich am Abend,ich besinge dich, wenn du lebend hinuntersinkst.

    Scharf f, AegA-ptiscbe Suiineuliedr. 4

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    44Die Nachtbarke ist frohen Herzens,die Tagesbarke ist in Jubel und Entzcken,wenn sie fr dich friedlich den Himmelsozean be-

    fahren.Deine Mannschaft frohlockt,wenn dein Auge*^ deinen Feind gefllt hatund dem Nahen des Apophis gewehrt ist.Schn gehst du unter, frohen Herzens,im Horizont des Westbergesund scheinst dort fr den groen Gott*^^den Herrn der Ewigkeit, den Herrscher des Schweigen-

    landes.Du spendest Licht denen, die dort sind,damit sie deine Schnheit schauen.Die in den Hallen und in ihren Hhlen sind*^,deren Arme sind in Verehrung fr deinen Ka erhoben;die Westlichen sind in Jubel, wenn du ihnen auf-

    leuchtest,der Unterweltlichen Herzen sind froh, wenn du das

    Westland erhellst.Ihre Augen ffnen sich, weil sie dich sehen,voll Wonne ist ihr Herz, wenn sie dich erblicken,und es frohlockt, wenn dein Leib ber ihnen ist.

    (inn: Kein Wesen hat sich selbst geschaffen;)Du bist es, der sie alle gebildet hat.Wenn du leuchtest, vertreibst du ihr Leiden;du gehst unter, um ihren Gliedern Heilung zu bringen,und sie preisen dich, wenn du zu ihnen gelangst.Sie fassen den Bug deines Schiffes,wenn du im Horizont des Westberges untersinkst.Schn bist du (?) als Re t

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    45Gib, da meine Seele an ihrer Spitze seiund dein Glanz auf meinem Leibe strahle,da ich die Sonnenscheibe (Aton) schaue,wann diese trefflichen Verklrten der Unterwelt (sie

    schauen)die vor Wennofre^o sitzenund die beiden Lnder versorgen.

    Fr den Ka** des Osiris, des Schreibers der Ge-trnke des kniglichen Harems Pa-nehsi; von^i seinemSohn, der seinen Namen leben lt, dem Schreiber desGottesbuches des Herrn der beiden Lnder, der denSchutz fr den Palastherrscher bereitet (?), Upuaut-mose, dem Seligen.

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    0-Strophenlied.

    Inschrift vom Grabstein, Berlin 7816 (Neues Reich).Lobpreis dem Re, Atum, Chepre und Harachtes:

    Heil dir, du . . . gttlicher Jngling,der sich tglich selbst gebiert.Heil dir. der im Himmelsozean aufgeht, um alles, was

    er geschaffen hat, zu ernhren,der den Himmel schuf und seinen Horizont

    geheim machte.Heil dir, Re, er ist es (?) zu seiner Zeit:

    wenn er leuchtet, leben die Menschen.Heil dir,

    (zerstrt)

    Heil dir, der dies alles schuf,verborgen ist er, nicht kennt man seine Gestalt,

    Heil dir, umkreisest du den Himmel,so jauchzt deine Gefolgschaft.

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    lO.Aus dem groen Hymnus an Amon-Re.

    Papyrus im Museum zu Kairo (iS.Dyn., vor Amenophis demVierten, um i420 v. Chr.). Verffentlicht von Mariette, Les

    Papyrus de Boulaq, unter Nr. 17.Verehrung des Amon-Re, des Stiers, verehrt in

    Heliopolis, des Obersten aller Gtter, des guten Gottes,des geliebten, der Leben gibt allem Warmen und jeg-licher schnen Herde.Heil dir, Amon-Re,Herr von Theben, Erster von Karnak,Stier seiner Mutter, Erster seiner Felder.Weitschreitender, Erster von Obergypten,Herr von Nubien, Herrscher von Punt^a,Alter des Himmels, ltester der Erde,Herr des Seienden, (durch den) alle Dinge dauern.Einzigartiger unter den Gttern,der schne Stier der Neunheit,Oberster aller Gtter,Herr der Wahrheit, Vater der Gtter,der die Menschen bildet und das Getier erschafft,Herr des Seienden, der den Lebensbaum schafft,der das Kraut hervorbringt und die Herden ernhrt.Schner Mchtiger, von Ptah^s geschaffen,der schne geliebte Jngling,dem die Gtter Verehrung zollen,der Unten und Oben 53 hervorbringt,wenn er die beiden Lnder 5* erleuchtetund den Himmel in Frieden befhrt.

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    48Knig Re der Selige ^, der Oberste der beiden Lnder.Kraftgewaltiger, Machtreicher,der Oberste, der die ganze Erde schuf,Gedankenreicher als jeder Gott;ber dessen Schnheit die Gtter jubeln;dem die Menschen im groen Hause" ^^ zujauchzen,und den sie im ,,Flammenhause" ^^ verherrlichen.Dessen Duft die Gtter lieben,wenn er aus Punt kommt;reich an Wohlgerchen,wenn er aus Nubien herabsteigt;Schngesichtiger,wenn er aus dem Gotteslande ^^ kommt;an dessen Fe sich die Gtter anschmiegen,wenn sie seine Majestt als ihren Herren anerkennen.Furchterregender, Schreckeneinflender,Ruhmreicher, Strahlenmchtiger,der Nahrung gedeihen lt und Speise schafft.Jubel dir, Gtterschpfer,der den Himmel in die Hhe hobund den Erdboden befestigte (?).

    (Es folgt ein Lied an Min ^^-Amon, in dem vor allem die Kronenund Szepter des Gottes besungen werden.)

    Heil dir, Re, Herr der Gerechtigkeit,dessen Kapelle verborgen ist.Herr der Gtter, Chepre in seinem Schiff,der befahl, da die Gtter wurden.Atum, der die Menschen schuf,der ihre Arten unterschied und sie am Leben erhlt,

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    49der die Hautfarben scheidet, eine von der andern;der das Gebet des Snders hrtund freundlichen Herzens ist, wenn man ihn anruft;der den Furchtsamen vor dem Gewaltttigen errettet,der den Armen und den Elenden richtet (?).Herr der Erkenntnis, auf dessen Munde Geschmack ist,nach dessen Wunsch der Nil kommt;Gtiger, Liebreicher,bei dessen Kommen die Menschen leben.Der jedes Auge .... ltund .... macht im Himmelsozean.Seine Gte hat das Licht werden lassen.Die Gtter jubeln ber seine Schnheit,und ihre Herzen leben, wenn sie ihn erblicken.

    Lied.Re, angebetet in Karnak,Strahlengewaltig im Benbenhause,Jewni^^, Herr des Neumondfestes,dem man den 6. und 7. Monatstag feiert,der Knig, er lebe, sei heil und gesund, der Herr

    aller Gtter,der Falke, der im Horizont wohnt,der Oberste der Menschen und der Unterwelt (?),dessen Name vor seinen Kindern verborgen ist,in diesem seinem Namen Amon'^o".Heil dir, der du in Frieden bist (?);Herr der Freude, Strahlenmchtiger,Herr der Krone, mit hohen Federn ^i,mit schnem Diadem, mit hoher weier Krone ^2,Die Gtter blicken gern auf dich.

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    50wenn die Doppelkrone ^^ auf deinem Scheitel sitzt.Liebe zu dir durchflutet die beiden Lnder,deine Strahlen glnzen in den Augen.Den Menschen geht es gut, wenn du aufgehst,und matt 63 wird das Vieh durch dein Licht.Deine Liebe ist im sdlichen Himmel,und deine Gnade im nrdlichen Himmel.Deine Schnheit bezwingt die Herzen,deine Liebe lt die Arme sinken,und dein herrliches Schaffen macht die Hnde unttig,das Herz vergit, weil es (so sehr) nach dir schaut ^3.Du bist der Einzige, der das Seiende schuf,der Einzige, der allein war, als er (alles) Wesen schuf,aus dessen Augen die Menschen herauskamen,auf dessen Mund 6* die Gtter entstanden,der das Kraut fr die Herden schufund den Lebensbaum fr die Menschen;der hervorbringt, wovon die Fische im Strome lebenund die Vgel, die am Himmel dahinfliegen (?):der dem (Kken) 6^ im Ei Luft gibt,und der das Junge der Schlange ernhrt;der schafft, wovon die Mcken leben,und ebenso die Wrmer und Flhe;der schafft, wessen die Muse in ihren Lchern be-

    drfen,und der die Vgel in jedem Baum ernhrt.Heil dir, der dies alles schuf,einzig und allein, Vielarmiger,der die Nacht durchwacht, whrend alle Welt schlft,indem er das Vortrefflichste fr sein Getier sucht.Amon, dauernd mit allen Dingen,Atum, HarachtesI

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    51Preis dir! (heit es) bei allem, was sie (deine Ge-

    schpfe) sagen.Jubel dir! weil du dich mit uns abmhst,Erdkssen ^^ dir! denn du hast uns geschaffen.Heil dir! sagt alles Getier.Jubel dir! sagt jedes Fremdland,so hoch der Himmel, so weit die Erde,so tief der Ozean!Die Gtter stehen in Verneigung vor deiner Majesttund erhhen die Macht ihres Schpfers.Jauchzend beim Nahen ihres Erzeugerssprechen sie zu dir: ,,Willkommen!Vater der Vter und aller Gtter,der den Himmel in die Hhe hob und den Erdboden

    befestigte (?),der das Seiende hervorbrachte und das, was ist, schuf.Knig, er lebe, sei heil und gesund, Oberster der

    Gtter!Wir preisen deine Macht, weil du uns schufst,wir jubeln (?) dir zu, weil du uns bildetest,wir singen dir Lob, weil du dich mit uns abmhst."

    Heil dir, der alles Seiende schuf,Herr der Wahrheit, Vater der Gtter,der die Menschen bildete und das Vieh schuf,Herr des Getreides,der schafft, da auch die Wstentiere leben.Amon, schngesichtiger Stier,Geliebter in Karnak ^'^,Kronengewaltig im Benbenhause,wiederum gekrnt in Heliopolis.

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    52Der die beiden Streitenden ^^ in der groen Halle

    richtete,der Oberste der groen Gtterneunheit.Einziger, Alleiniger, ohne seinesgleichen,Erster von Karnak,Jewni^^, Erster seiner Gtterneunheit,der alle Tage von der Wahrheit lebt.Horizontbev^ohner, Horus des Ostens,dem die Wste Silber und Gold hervorbringt ^^und echten Lapislazuli aus Liebe zu ihm,Wohlgerche und verschiedenen Weihrauch bei den

    Matoi 69,frische Myrrhen fr deine Nase,Schngesichtiger, v^^enn du (von) den Matoi kommst,Amon-Re, Herr von Theben,Erster von Karnak,Jevvni, Erster seiner Kapelle'*^.

    Lied.Einziger Knig unter den Gttern,mit vielen Namen, (deren) Zahl man nicht kennt;der im stlichen Horizont aufgehtund im westlichen Horizont untersinkt;der seine Feinde niedervk'irftalltglich.Thoth^i erhht seine Augen,er befriedigt ihn durch seine Zaubersprche.Die Gtter jubeln ber seine Schnheit,Es preisen (ihn) die Sonnenaffen.Herr der Abend- und der Morgenbarke,

  • 8/4/2019 Alexander Scharff Agyptische Sonnenlieder 1922

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    53die fr dich den Himmelsozean in Frieden durch-

    fahren.Deine Mannschaft ist in Jubel,wenn sie sieht, da der Feind gefllt ist,da seine Glieder das Messer kostenund die Flamme ihn verzehrt hat.Seine Seele wird noch mehr gestraft als sein Leib;jene Schlange, ihrem Kriechen ist gewehrt.Die Gtter sind in Jubel,die Mannschaft des Re ist glcklich,und Heliopolis ist in Jubel,weil die Feinde des Atum gefllt sind.Karnak ist glcklich,Heliopolis ist in Jubel,die Lebensherrin^i ist froh,weil die Feinde ihres Herren gefllt sind.Die Gtter des (aegyptischen) Babylon '^2 jauchzen,die Kapellenbewohner kssen die Erde,wenn sie ihn sehen, stark in seiner Macht.. . . ., Leiter der Gtter,Gerechter, Herr von Karnak,in diesem deinem Namen ,,Wahrheitsschpfer".Herr der Speisen, (Erzeuger) der Nahrung,in diesem deinem Namen ,,Amon, der Stier seiner

    Mutter" 73.Der die Menschheit schufund das All entstehen liein diesem deinem Namen ,,Atum-Chepre".Groer Falke, mit schmuckem Gefieder,Schngesichtiger, mit schmucker Brust.

    (Anderthalb Zeilen verderbt und zerstrt.)

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    54an dessen Stirn die beiden Schlangen sitzen.

    Ihm fliegen die Herzen der Menschen zu,vor ihm jauchzen die Vlker,wenn er die beiden Lnder durch sein Erscheinen

    glcklich macht.

    (Es folgen noch der Anfang eines neuen Liedes:)Heil dir, Amon-Re, Herr von Theben,dessen Aufgang seine Stadt liebt.

    (und die Schlubemerkung des Schreibers:)Es ist glcklich zu Ende gebracht, wie es vorgefunden

    war.

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    Hymnus der beiden Baumeister, der Zwillings-brder Horus und Setli.

    Inschrift auf dem groen Grabstein Nr. 826 des BritischenMuseums in London (Zeit Amenophis des Dritten, i4iiiS^SV. Chr.); verffentlicht von Birch in Transactions of the Soc. of

    bibl. archaeol. VIII, i43ff.

    Verehrung des Amon, wenn er als Harachtes aufgeht,durch den Vorsteher der Bauten des Amon Seth undden Vorsteher der Bauten des Amon Horus; sie sagen:Heil dir, Re, Schnster jedes Tages,der unaufhrlich am Morgen aufgeht.Chepre, der sich mit den Werken abmht,Deine Strahlen sind im Angesicht,ohne da man es wei.Das Gold, nicht ist es deinem Glanz vergleichbar.Du bist Ptah, du bildetest deine Glieder,Erzeuger, ohne erzeugt zu sein,Einzigartiger, der die Ewigkeit durcheilt,der mit Millionen (Menschen) unter seiner Leitung auf

    den Wegen wandelt.Dein Glanz ist wie der Glanz des Himmels,deine Farbe ist leuchtender als seine Hlle.Fhrst du am Himmel dahin,so blickt alle Welt auf dich,wenn auch deine Bahn vor ihnen verborgen ist.Zeigst du dich am Morgen,so wchst das Tagewerk.

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    56Fhrst du majesttisch einher,so ist der Tag (nur noch) ein geringes.Durcheilst du den Weg,so sind Millionen und Hunderttausende von Meilen nur

    ein Augenblick.Jeder Tag ist dir unterstellt,indem er deinem Untergang zueilt,und du vollendest die Stunden der Nacht in gleicher

    Weise.Du hast sie eingeteilt (?),ohne da ein Aufhren an deinen Werken bemerkbar

    wird.Alle Augen sehen durch dich,nicht knnen sie vollenden, wenn deine Majestt unter-

    geht.Ganz frh machst du dich auf, um am Morgen auf-zugehen.Deine Strahlen ffnen die Augen.Gehst du im Westberg unter,so schlafen sie wie die Toten.

    Heil dir, Tagessonne (Aton)!Schpfer der Menschen,der ihr Leben schuf.Groer Falke, buntgefiedert,der wurde, um sich selbst zu erheben,der von selbst entstand, ohne Erzeuger.ltester Horus, der auf der Nut wohnt.dem man bei dem Erstrahlen zujubeltund bei seinem Untergang ebenso.Der Bildner dessen, was der Erdboden hervorbringt,der Chnum'^* und Amon der Menschen.

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    57Der die beiden Lnder in Besitz genommen hat vom

    grten bis zum kleinsten.Die treffliche Mutter der Gtter und Menschen,der geschickte Knstler,gro an Ausdauer bei zahllosen Werken.Der mutige Hirt, der seine Lmmer antreibt,ihre Zufluchtssttte, geschaffen, damit sie leben.Lufer, strmenden Schrittes,Cbepre von hoher Geburt,der seine Schnheit am Leibe der Nut erhebt,und die beiden Lnder mit seiner Sonnenscheibe (Aton)

    erleuchtet.Urgott, der sich selbst schuf,Schauer, einziger Herr,der tgl'ch die Enden der Lnder erreichtund blickt auf die, die dort wandeln.Der am Himmel aufgeht,als Sonne gestaltet,damit er die Jahreszeiten aus den Monaten schaffe,Hitze, wann er will, und Klte, wann er will.Er lt die Glieder ermattenund umarmt sie dann.Jedes Land betet tglich bei seinem Aufgang zu seinem

    Preise.

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    12.Hymnus des spteren Knigs Haremhab.

    Inschrift auf einem Denkstein des Frsten Haremhab ^^ vor seinerThronbesteigung, Nr. 46 1 im Britischen Museum zu London.(i8. Dyn., aus dem Anfang der Reformation Amenophis' desVierten, um 1875 v. Chr.); verffentlicht von Ed. Meyer in derZeitschrift fr gyptische Sprache und Altertumskunde XV, i48.

    Verehrung des Re, seine Anbetung bei seinem Auf-gang. Der Frst Haremhab sagt:Heil dir, Glanzvoller, (alle Zeit) Bereiter,Atum, Harachtes!Wenn du im Himmelshorizont erstrahlst.ist dein Lobpreis in aller Munde.Du bist schn und jung als Aton'^ im Arme deiner

    Mutter Hathor.An dir strahlt alles,froh ist dein Herz in Ewigkeit.Die beiden Kapellen ^6 kommen zu dir in Verbeugung;sie preisen deinen Aufgang,den leuchtenden, im Himmelshorizont;du hast die beiden Lnder grn berstrahlt.Re bist du, Harachtes, der gttliche Jngling,der Erbe der Ewigkeit,der sich erzeugte und sich selbst gebar,der Knig von Himmel und Erde,der Herrscher der Unterwelt,der Oberste der Berglehne des Schweigenlandes.Aus dem Wasser hat man (?) ihn herausgezogen'' 7,im Himmelsozean hat man (?) ihn ernhrt.

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    59Der seine Widergeburten herrlich macht,starker Knig,erstrahlend (im) Horizonte!Die Gtterneunheit ist in Jubel bei deinem Aufgang,alle Welt frohlocktund jauchzt, wenn du fr sie erstrahlst.Herrlicher Gott, in seiner Kapelle (Kajte),Herr der Ewigkeit, inmitten seines Schiffes,Es rudern dich die Horizontischen,es fahren dich die in der Nachtbarke.Die Seelen des Ostens rufen dich an,die Seelen des Westens jubeln dir zu.Guter Gott, glanzleuchtender,der die beiden Lnder mit Gold berzieht (?),geschmckter Jngling,geliebter Herr,Machtgewaltiger,Unermdlicher,EilenderWeitschreitender,du im Osthorizont Aufleuchtender,der die Finsternis vom ganzen Lande vertreibt.Alle Menschen, (eben noch) in Furcht,sie preisen deinen Aufgang,jauchzend schauen sie den Urgott.Deine Gefolgschaft kt die Erde.Sinkst du unter im westlichen Horizont,breitet sich Finsternis aus ber die ganze Erde hin.Wie das Licht entsteht, wenn du heraufkommst,so wird die Erde umnachtet, ruhst du in deinem Hause.Schner Jngling,geschaffen von Ptah^^^

    Scharff, Aegyptisclio SoDDeolleder. 5

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    60der die Gestalten an den Gttern unterschieden hat.Herauf kommst du als Horus, geschmckt (?) am

    Scheitel,die beiden Schlangen sind an deinem Haupte vereinigt.Herrscher der Ewigkeit, Frst der Herren der Ewig-

    keit!Du bist der Knig, der Herr der Atefkrne, '^^Deine beiden Augen erhellen die Lande.Du bist RcZu dir kommen alle Lebenden,es erhht dich deine Mutter Nut,sie legt Furcht vor dir in die Herzen der beiden Lnder,da sie sich erheben um dich zuGeheimer Urgott der Unendlichkeit,Groer der Enden der Ewigkeit!Der den Himmel in der Abendbarke befhrt,Strahlengewaltiger in der Morgenbarke!Von dem Frsten Haremhab, er sagt:

    Ich verehre dich,deine Schnheit ist in meinen Augen,dein Glanz spiegelt sich (?) auf meiner Haut.Ich lasse die Wahrheit aufsteigen 23zu deiner Majestt, der alltglich strahlenden.

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    i8.Der groe Hymnus an Aton*'*.

    Wandinschrift im Felsengrab des Eje zu El Amarna (Zeit Ame-nophis des Vierten = Echnatons, 1375 1358 v.Chr.); verffent-licht von Davies, The Rock Tombs of El Amarna, Band VI,

    Tafel XXVII.Verehrung des lebenden Re, des Harachtes, der im

    Horizonte jubelt, in seinem Namen Licht, das in derSonnenscheibe (Aton) ist", der in alle Ewigkeit lebe,des lebenden Aton, gro am Jubilumsfeste, des Herrnber alles, was die Sonnenscheibe (Aton) umkreist,des Herrn des Himmels, des Herrn der Erde, des Herrndes Atontempels in El Amarna, und des Knigs von Ober- und Untergypten ^o, der

    von der Wahrheit lebt, des Herrn der beiden LnderNefer-cheperu-Re, Ua-en-Re^i,

    des Sohnes des Re^o, der von der Wahrheit lebt,des Herrn der Kronen, Echnaton, mit langer Lebens-zeit, und seiner geliebten, groen kniglichen Gemahlin,der Herrin der beiden Lnder, Nefer-nefru-Aton, Ne-fretete^^^ (Jie lebe, gesund und jung sei in alle Ewig-keit!

    Er (nmlich der betende Priester Eje) sagt:Schn erstrahlst du am Himmelshorizont,du lebender Aton, der von Uranfang lebte.Wenn du am stlichen Horizont aufgehst,erfllst du jedes Land mit deiner Schnheit.

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    62Du bist licht und gro, glnzend und hoch ber jedem

    Lande,deine Strahlen umarmen die Landebis hin zu alledem, was du geschaffen hast.Du bist Re und reichst bis an ihre (der Lnder) Enden,du bndigest sie fr deinen geliebten Sohn.Bist du auch fern, so sind deine Strahlen doch auf

    der Erde,und du bist angesichts .... dein Schreiten (?).Gehst du unter im westlichen Horizont,so wird die Erde dunkel, als wenn sie tot wre.Sie (die Menschen) schlafen in den Kammern mit ver-

    hlltem Haupt,kein Auge sieht das andere.Raubte man alle ihre Habe unter ihren Huptern weg,so merkten sie es nicht.Alle Lwen kommen aus ihren Hhlen heraus,alle Schlangen stechen.Kalt (?) ist das Dunkel, die Erde liegt schweigend,denn der sie schuf, ist in seinem Horizont zur Ruhe

    gegangen.Hell wird die Erde, wenn du im Horizont aufgehst.Leuchtest du als Aton am Tage auf, so flieht das

    Dunkel,und sendest du deine Strahlen hinab,so sind die beiden Lnder voll Freude.Sie (die Menschen) erwachen und stellen sich auf die

    Fe,denn du hast sie aufgerichtet.Sie reinigen ihre Glieder und legen die Kleider an.

  • 8/4/2019 Alexander Scharff Agyptische Sonnenlieder 1922

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    63ihre Arme beugen sich in Anbetung, weil du erstrahlst,und durch das ganze Land hin gehen sie ihrer Arbeit

    nach.

    Alles Vieh freut sich ber sein Futter,Bume und Kruter grnen.Die Vgel flattern in ihren Nestern,ihre Flgel erheben sich in Anbetung vor deinem Ka**.Alle Lmmer hpfen umher,Vgel und alles was flattert, sie leben,denn fr sie bist du aufgegangen.Die Schiffe fahren stromab und stromauf,jeder Weg ist frei, weil du leuchtest.Die Fische im Strom springen vor dir,und deine Strahlen dringen in die Tiefen des Ozeans.Der den Samen in den Frauen sprieen lt,der das Kind ernhrt im Leibe seiner Mutter,der es beruhigt, so da es nicht weint,du Amme im Mutterleibe.Der Atem gibt, um jedes, das er geschaffen hat, am

    Leben zu erhalten.Kommt es heraus aus dem Leibe am Tage seinerGeburt,

    so ffnest du seinen Mundund schaffst ihm, wessen es bedarf.Wenn das Kchlein ^5 in der Schale piept,so gibst du ihm Luft drinnen, um es am Leben zu

    erhalten.Du hast ihm Kraft (?) gegeben, um das Ei zu zer-brechen,

    und so kommt es heraus aus dem Ei, um zu piepen . . .,

  • 8/4/2019 Alexander Scharff Agyptische Sonnenlieder 1922

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    64und es luft fort auf seinen Fen, sobald es aus ihm

    herausgekommen ist.Wie mannigfaltig sind deine Werke!Sie sind verborgen vor dem Angesicht, du einziger Gott,der nicht seinesgleichen hat.Du hast die Erde nach deinem Wunsche geschaffen, du

    ganz allein,mit den Menschen, den groen und kleinen Tieren,so da alles auf Erden auf den Beinen gehtund am Himmel mit seinen Flgeln fliegt.In den Lndern Syrien, Nubien und im Lande Aegyptensetzest du jeden Mann an seinen Platz.Du schaffst, wessen sie bedrfen.Jeder hat seine Nahrung,berechnet ist seine Lebenszeit.Die Zungen sind durch Sprachen gesondert und ebenso

    das Aussehen,denn die Hautfarben sind unterschieden.Du unterschiedest die Vlker!Du schufst den Nil in der Unterwelt 83und brachtest ihn nach deinem Wunsche herauf, um

    die Menschen zu beleben,wie du sie geschaffen hast, du, ihrer aller Herr,der sich mit ihnen abmht.Du Herr jedes Landes, der fr sie aufgeht,du Aton des Tages, allkrftiger!Alle fernen Lande lassest du leben.Du hast einen Nil am Himmel ^^ geschaffen,auf da es fr sie herabsteigeund Wellen schlage auf den Bergen wie der Ozean,

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    65um ihre cker zu trnken mit dem, was sie brauchen.Wie herrlich sind deine Gedanken, du Herr der Ewig-

    keit 1Den Nil am Himmel berantwortetest du den Aus-lndern

    und jeglichem Wstengetier, das auf seinen Fenluft,

    den Nil, der aus der Unterwelt kommt, aber dem LandeAegypten.

    Deine Strahlen sugen jedes Feld.Wenn du aufgehst, leben sie und wachsen fr dich.Du schufst die Jahreszeiten, um alles neu werden zu

    lassen, was du geschaffen hast;den Winter, um sie zu khlen, und die Glut, damit sie

    dich kosten.Du hast den Himmel fern gemacht, um in ihm auf-zugehen

    und alles zu schauen, was du geschaffen hast, du ganzallein,

    indem du in deiner Gestalt als lebender Aton aufgehst,erstrahlend, leuchtend, dich entfernend und dich wieder

    nhernd.Du hast Millionen Gestalten aus dir allein geschaffen,Stdte und Drfer, Fluren, Wege und Wasser.Alle Augen sehen dich vor sich,denn du bist der Aton des Tagesdein Auge du schaffst ihretwegeu,

    Du bist in meinem Herzen IEs gibt keinen andern, der dich kennt,

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    66auer deinem Sohne Nefer-cheperu-Re, Ua-en-Re.Gib, da er kundig sei in deinen Gedanken und deiner

    Kraft (?).Die Welt wird durch deinen Wink, wie du sie ge-schaffen hast;

    steigst du herauf, so leben sie,sinkst du hinunter, so sterben sie.Du selbst bist die Lebenszeit,man lebt nur durch dich.Die Augen schauen auf deine Schnheit, bis du unter-

    gehst;Alle Arbeit wird niedergelegt,wenn du im Westen untertauchst.

    Seit du die Erde grndetest,erhobst du sie fr deinen Sohn,der aus dir selbst hervorging,den Knig von Ober- und Untergypten,der von der Wahrheit lebt, den Herrn der beiden

    LnderNefer-cheperu-Re, Ua-en-Re,den Sohn des Re, der von der Wahrheit lebt,den Herrn der Kronen, Echnaton, mit langer LeDens-

    zeit, und fr seine geliebte, groe knigliche Gemahlin,die Herrin der beiden Lnder, Nefer-nefru-Aton,Nefretete, die lebe und jung sei bis in alle Ewigkeit.

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    i4.Der kleine Hymnus an Aton.

    Wandinschrift im Grabe des Ipi zu El Araarna mit einigen Zu-stzen aus andern Grbern, in denen derselbe Hymnus in etwasabgenderter Form auch vorkommt (Zeit Amenophis des Vierten= Echnatons, 1875 1358 v. Chr.). Verffentlicht von Davies,

    The Rock Tombs of El Amarna, Band IV, Tafel XXXII.Verehrung des lebenden Re, des Harachtes, der im

    Horizonte jubelt, in seinem Namen Licht, das in derSonnenscheibe (Aton) ist", der in alle Ewigkeitlebe, durch den Knig, der von der Wahrheit lebt,den Herrn der beiden Lnder Nefer-cheperu-Re, Ua-en-Re, den Sohn des Re, der von der Wahrheit lebt,den Herrn der Kronen, Echnaton, mit langer Lebens-zeit, der mit Leben beschenkt sei in alle Ewigkeit:Schn erstrahlst du, lebender Aton, Herr der Ewigkeit!Du bist glnzend, licht und stark,deine Liebe ist gro und gewaltig.Deine Strahlen werden die Augen aller deiner Ge-

    schpfe schaffen,deine Haut ist wei und belebt die Herzen.Du hast die beiden Lnder mit deiner Liebe gefllt,du herrlicher Gott, der sich selbst gebaut und jedes

    Land geschaffen hat,der schuf, was darauf ist an Menschen, groen und

    kleinen Tierenund allen Bumen, die auf dem Boden wachsen.Sie leben, wenn du fr sie aufgegangen bist.Du bist Mutter und Vater fr die, deren Augen du ge-

    bildet hast;

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    68wenn du aufgehst, sehen sie durch dich.Deine Strahlen erhellen die ganze Erdo.Jedes Herz jauchzt bei deinem Anblick, wenn du er-strahlst als ihr Herr.Gehst du unter im westlichen Himmelshorizont,so liegen sie wie die Toten;ihre Hupter sind verhllt und die Nasen verstopft,bis du aufgehst am Morgen im stlichen Himmels-

    horizont.

    Dann sind ihre Arme in Verehrung erhoben vor deinemKa,

    denn du hast die Herzen durch deine Schnheit aufsneue belebt.

    Man lebt, sobald du deine Strahlen gesendet hast,und jedes Land ist in Festeswonne.Snger, Musikanten, Rufer sind in Freudein der Halle des Benbenhauses, deines Gotteshauses in

    Achet-Aton (El Amarna).der wahren Sttte, mit der du zufrieden bist,in deren Rumen Nahrung und Speise liegen.Dein Sohn ist Priester und tut, was du lobst,du lebender Aton, bei seinem Erscheinen (im Tempel).Die du schufst, sie alle tanzen vor deinem Antlitz,dein herrlicher Sohn jubelt, sein Herz ist in Freude,du lebender Aton, der tglich im Himmel darber

    glcklich ist,wenn er seinen herrlichen Sohn Ua-en-Re (aufs neue)geboren hat nach seinem Ebenbilde,ohne jemals aufzuhren, den Sohn des Re,der seine Schnheit erhebt, Nefer-cheperu-Re, Ua-en-Re.

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    69Ich bin dein Sohn, an dem du Wohlgefallen hast^^,der deinen Namen hochhlt!Deine Strke und deine Kraft bleiben in meinem Herzen.Du bist der lebende Aton,die Ewigkeit ist dein Abbild.Den Himmel hast du fern gemacht,um in ihm aufzugehenund um alles, was du geschaffen hast, zu berblicken.Du bist allein,und doch sind Millionen Leben in dir, um sie zu beleben.Ein Lebenswind fr ihre Nasen ist es,wenn sie deine Strahlen schauen.Alle Blumen haben Lebenund alles, was auf dem Boden wchst.Die dein Aufgang hat gedeihen lassen,sie sind trunken vor deinem Antlitz.Alles Getier hpft auf seinen Fen,die Vgel im Nest fliegen auf vor Freude,und ihre (vorher) gefalteten Flgel sind ausgebreitetvor dem lebenden Aton, der sie alle geschaffen hat.

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    10.Morgengebet an Aton.

    Wandinschrift im Grabe des Huja zu El Amarna (Zeit Ameno-phis des Vierten). Verffentlicht von Davies, The Rock Tombsof El Amarna, Band III, Tafel II, hier zum Teil ergnzt nach dem

    hnlichen Gebet, Davies, EI Amarna, Band IV, Tafel III.Verehrung des lebenden Re, des Herrschers 20 der

    beiden Horizonte, der im Horizonte jubelt, in seinemNamen ,,Licht, das in der Sonnenscheibe (Aton) ist",der mit Leben beschenkt sei in alle Ewigkeit.Heil dir, der du am Himmel aufgehstund morgentlich im Horizont des Himmels aufleuchtest,wenn du in Frieden kommst, du Herr des Friedens!Das ganze Land ist versammelt bei deinem Erstrahlen,ihre Arme sind (erhoben) bei deinem Aufgang.Sie kssen die Erde, weil du ihnen leuchtest,sie jubeln empor zum Himmel.Freude und Entzcken fat sie,und sie jauchzen, wenn sie deine Majestt sehen.Du sendest deine Strahlen allen Menschen.Sie gehen ins Freie, wenn du dich mit dem Himmel

    vereinigstund deine schne Fahrt beginnst.(Es folgt die ganz im alten Stile gehaltene Bitte des Toten um

    Teilnahme an den Opferspeisen.)

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    i6.Abendgebet an Aton.

    Wandinschrift im Grabe des Ahmose zu El Amarna (Zeit Ameno-phis des Vierten). Verffentlicht von Davies, The Rock Tombs

    of El Amarna, Band III, Tafel XXVIII.

    Schn gehst du unter, lebender Aton,Herr der Herren, Beherrscher der beiden Lnder!Wenn du am Himmel in Frieden dahinfhrst,ist die ganze Menschheit in Jubel vor deinem Antlitz,sie preist ihren Erschaffer,und kt den Boden vor ihrem Bildner.Dein geliebter Sohn, der Knig von Ober- und Unter-

    gypten,der von der Wahrheit lebt, Nefer-cheperu-Re, Ua-

    en-Re,leitet gypten und jedes Fremdland an,ja alles, was du umkreisest und wo du erstrahlst,um deinem Aufgang lobzusingen und ebenso deinem

    Untergang.Du Gott, der vor aller Augen von der Wahrheit lebt,du bist der Schpfer!Als noch keiner war, der dies alles geschaffen htte,sind sie (Menschen und Dinge) aus deinem Munde

    hervorgegangen.Du lieest mich Gnade finden vor dem Knig, all-

    tglich und unaufhrlich, und gabst mir ein schnesBegrbnis am Ende des Alters in der Bergwand vonAchet-Aton (El Amarna), nachdem ich meine Lebens-

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    72zeit schn zu Ende gefhrt hatte als Diener des gutenGottes. Er mochte sich hinbegeben, wohin er wollte, sofolgte ich ihm auf dem Fue. Er hat mich erzogen,als ich noch ein Kind war, bis ich die Ehrwrdigkeit inFrieden und Freude erreichte, dem Herrscher dienend,so da er immer froh war.

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    Gebet an Amon-Re aus der Zeit nach Echnaton.Aus der Inschrift auf der Rckwand der Holzgruppe, Berlin 6910

    (Neues Reich, Dyn. 19, um i3oo v.Chr.).Wohl dem, der schn auf der Hand des Amon sitzt,der sich des Schweigsamen annimmtund dem Armen hilft;der Atem gibt jedem, dem er will,und ihm ein schnes Alter im Westen von Theben

    bereitet!

    Fr den Ka^* des kniglichen Schreibers, des Vor-stehers des Schatzhauses an der wahren Sttte, Amon-em-ipeti6, des Seligen: er sagt:

    mein Gott, Herr der Gtter,Amon-Re, Herr von Karnak!Reiche mir die Handund rette mich.Gehe fr mich aufund schaffe, da ich lebe.Du bist der