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ALEXANDRA POTTER Der Wunschzettel

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AlexAndrA Potter

der Wunschzettel

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Buch

Sie findet keinen Platz in der U-Bahn, ist mal wieder zu spät in der Arbeit, wartet ewig in der Schlange im Cof­feeshop, und abends hat sie eine schmerzhafte Blase wegen ihrer schicken neuen Schuhe. ein ganz normaler tag im leben der Heather Hamilton. Kein Wunder, dass sich die junge Frau ständig wünscht, es wäre alles anders. doch ihre zahlreichen Wünsche erfüllen sich nie – bis zu dem tag, an dem sie von einer Zigeunerin einen Strauß Heidekraut in die Hand gedrückt bekommt, der ihr Glück bringen soll: Plötzlich werden all ihre Wün-sche wahr. endlich findet sie einen Parkplatz direkt vor dem Haus und einen zahlenden Untermieter, der ihre finanzielle Misere beendet. Und ihr höchst attraktiver nachbar fragt sie endlich, ob sie mit ihm ausgehen will. Und, kein Zweifel: er ist der perfekte Mann. er schickt ihr Blumen, ist toll im Bett und hat nicht einmal Bindungsängste. Aber warum ist Heather immer noch nicht glücklich? Gibt es so etwas wie einen zu perfekten Mann? oder ist das, was man sich wünscht,

nicht unbedingt das, was man wirklich zum Glück braucht?

Auto­rin

Alexandra Potter wurde in Bradford, West Yorkshire, geboren. Sie arbeitete als Journalistin für Hochglanzmagazine wie »elle«, »Vogue« oder »oK!«. Inzwischen konzentriert sie sich voll und ganz auf das Schreiben und lebt in los Angeles. ein weiterer roman der Autorin

ist bei Goldmann in Vorbereitung.

Alexandra Potterder

Wunschzettelroman

Aus dem englischenvon Andrea Brandl

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Wunschzettelroman

Aus dem englischenvon Andrea Brandl

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die originalausgabe erschien 2006 unter dem titel »Be Careful What You Wish For«

bei Hodder and Stoughton, a division of Hodder Headline, london.

Verlagsgruppe random House FSC-DEU-0100das FSC-zertifizierte Papier München Super für taschenbücher

aus dem Goldmann Verlag liefert Mochenwangen Papier.

1. Auf­lagedeutsche erstveröf­fentlichung Juli 2007

Copy­right © der originalausgabe 2006 by­ Alexandra PotterCopy­right © der deutschsprachigen Ausgabe 2007

by­ Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe random House GmbHUmschlaggestaltung: design team München

Umschlagillustration: tertia ebertredaktion: Sigrun Zühlke

nG · Herstellung: Str.Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

druck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany­

ISBn: 978-3-442-46436-4

www.goldmann-verlag.de

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Für Saarder mir bewiesen hat, dass Wünsche tatsächlich

in erfüllung gehen können.

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es gibt nur zwei tragödien im leben. die eine ist,

nicht zu bekommen, was man sich wünscht. die andere ist, es zu bekommen.

oscar Wilde

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Ka­pi­tel 1

Was wünschen Sie sich?Weltfrieden?ein Heilmittel gegen Aids?Giseles Hintern?Schmerz durchzuckt mich, als die riemchen meiner

neuen, mit Glassteinchen besetzten Sandalen auf die qual-lengroßen Blasen auf meinen großen Zehen drücken, wäh-rend ich auf den Knopf der Fußgängerampel drücke und am Straßenrand warte. Ich meine, irgendetwas wünschen wir uns doch alle, oder? Jeder von uns. Ich packe mein Frühstück, einen Kuchenriegel mit Joghurt-Creme, aus und starre auf meine vor Schmerz pochenden Füße. Ich bin genau wie alle anderen – mit dem Unterschied, dass die anderen damit beschäftigt sind, Gutes in der Welt zu tun, sie zu verändern und in String-Bikinis umwerfend auszusehen, wohingegen ich hier stehe und die Blasen an meinen Füßen betrachte – und soll ich Ihnen verraten, was ich mir wünsche?

»Aua.«Wie auf ein Stichwort platzt eine Blase auf, und Wund-

wasser sickert zwischen meine Zehen.Flip-Flo­ps.es ist Mitte Juli, und Großbritannien befindet sich in

den Fängen einer Hitzewelle. Für den Großteil der son-nenhungrigen Bevölkerung bedeutet dies einen seligen reigen aus Sonne und eiscreme, Picknicks im Park und müßigen Stunden im liegestuhl im Garten hinter dem

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Haus. Für uns londoner dagegen ist es die Hölle. die Stadt schwitzt wie ein Hochleistungssportler. Stickige Bü-ros, stinkende Abgase und nicht klimatisierte U-Bahnen bringen einen um den Verstand. nerven liegen blank, na-sen schälen sich.

Und meine Füße bringen mich um. leise f­luchend ziehe ich ein zerknülltes Papiertuch aus der tasche und kauere mich auf den Asphalt.

Chic, sehr chic, sinniere ich, wische mir den Schnurr-bart aus zerschmolzenem Make-up von der oberlippe und schiebe das zerf­ledderte Papiertuch zwischen meine Zehen. Manchmal frage ich mich, wieso ich mir jeden Monat die Mühe mache und die InStyle kaufe, wenn ich doch selbst einen angesagten look kreieren könnte.

ein unsanfter Stoß in den rücken verrät mir, dass die Ampel auf Grün gesprungen ist, also stehe ich auf und humple über die Straße. Augenblicklich bin ich von ei-ner Horde Pendler umringt, die in ihre Handy­s plappern, rauchen und ihre Milchkaf­fees aus dem Becher schlürfen. Alle schieben, drücken, drängen, rempeln. eine Aktenta-sche knallt gegen meine Wade, und ich schreie auf. nicht zum ersten Mal wünsche ich mir, irgendwo am Meer zu leben statt in diesem abgasverseuchten, innerstädtischen Höllenschlund, den ich seit sechs Jahren als meine Heimat bezeichne.

nachdem ich den Bürgersteig erreicht habe, bevor das grüne Männchen verschwunden ist, hinke ich die Mary­- lebone road hinunter. ehrlich gesagt, fühle ich mich manchmal, als würde ich mein ganzes leben damit zubrin-gen, mir irgendwelche dinge zu wünschen. Keine groß-artigen, lebensverändernden Wünsche – wie etwa, Brad Pitt in meinem Viertel über den Weg zu laufen, wo er mit den dreharbeiten zu seinem neuesten Kassenschlager be-schäftigt ist und spontan beschließt – ja, raten Sie mal –,

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mich, Heather Hamilton, für die weibliche Hauptrolle ha-ben zu wollen.

Ja, okay­, von solchen Wünschen rede ich hier nicht – nicht diese »Mach die Augen zu und wünsch dir was«-Wünsche, in denen man Münzen in einen Brunnen wirft, zu den Sternen emporblickt oder eine lampe reibt. nein, ich rede von den gewöhnlichen, bescheidenen und, of­fen gestanden, öden Wünschen, die ich dutzende Male am tag äußere, ohne darüber nachzudenken. Für mich haben Wünsche nichts mit Magie zu tun, sondern gehören zur tagesordnung.

So wie der Wunsch, ich hätte eben nicht diesen feisten Kuchenriegel verdrückt.

Schlagartig wird mir bewusst, dass ich das leere Papier in der Hand habe, und mein schlechtes Gewissen regt sich. okay­, ich habe ihn in einem Bio-laden gekauft, und er lag im regal neben den trockenaprikosen und dem brau-nen reis, aber wem will ich hier etwas erzählen? Ich weiß doch genau, dass er nicht wirklich gesund ist. Mit zusam-mengeknif­fenen Augen studiere ich die nährwerttabelle. oh mein Gott, nicht wirk­lich gesund? dieses Zeug sollte ei-nen Aufkleber mit einer Warnung vor Gesundheitsschäden tragen. Haben Sie eine Ahnung, welchen Fettgehalt so ein Kuchenriegel hat?

Ich knülle die Verpackung zusammen und stopfe sie eilig in meine Handtasche, die wie üblich voll von dem Kram ist, den ich mit mir herumschleppe: undichte Filzstifte, verstreute tampons, einen lipgloss ohne deckel, dessen Applikator mit Fusseln übersät ist, und einige dieser kleinen Zettel aus der elektronischen Waage im drogeriemarkt. Was mich an einen weiteren Wunsch denken lässt. eigent-lich hatte ich in der Mittagspause nur ein paar tampons be-sorgen wollen, konnte aber nicht widerstehen und musste mich auf diese Waage stellen und mir wünschen, dass die

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digitalanzeige ein paar Pfund weniger als 57 Kilo anzeigt und nicht, wie ich feststelle, ein paar mehr.

na gut, okay­ – dann sind es eben fünf Pfund zu viel, aber ich bin sicher, allein meine Kleider wiegen schon so viel.

Ich ziehe den Bauch ein und eile weiter. Wenn ich es mir genau überlege, wünsche ich mir so oft etwas, dass mir gar nicht mehr alles einfällt. nehmen wir nur mal die letzten 24 Stunden. Wenn ich alles aufschreiben müsste, stünde ich am ende mit einer ganzen liste da …

Ich wünschteich wäre gestern Abend zu Hause geblieben, statt mit meiner besten Freundin Jess zum Karaoke zu gehen.ich hätte die Finger von Tequila mit Salz und Zitrone gelassen.die Erde hätte sich auf­getan und mich verschluckt, als ich anfing, Barbra Streisands »Woman in Love« zu jo­deln. In B­Dur. Mit geschlossenen Augen.ich hätte beim Nachhausekommen um zwei Uhr f­rüh diesem Mistkerl von einem Ex­Freund keine SMS ge­schickt.

Allein bei der erinnerung wird mir ganz elend. eine SMS zu schreiben, ist eine Sache, die erinnerung an ihren In-halt eine andere.

ich hätte diesen Pickel am Kinn nicht auf­ der Bürotoi­lette ausgedrückt.

Aber ich habe es getan, und jetzt ist er wieder da und hat zur moralischen Unterstützung ein paar Freunde mitge-bracht.

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ich hätte, als ich gehört habe, wie eine Frau einen Arti­kel in der Co­smo­ über multiple Orgasmen vorlas, nicht »Hä? Was soll denn das sein?« geschnaubt, gerade, als es ganz still im Wagon wurde.jemand hätte mich an meinem 30. Geburtstag ge­warnt, dass sich unter all diesen tollen Geschenken, die man bekommt, nicht automatisch auch eine beein­druckende Karriere befindet (Sie meinen also, so f­unk­tioniert das nicht?).Männer hätten PMS.es gäbe immer einen f­reien Platz in der U­Bahn. Keine Schlange bei Starbucks. Und einen Parkplatz vor mei­ner Haustür.

Bestimmt kennen Sie diesen Witz mit den Frauen, die nicht einparken können, weil Männer ihnen weismachen wollen, zwanzig Zentimeter seien so groß, oder? (An dieser Stelle muss man die Finger in einem Abstand von höchs-tens sieben Zentimeter zueinanderhalten.) Jedenfalls habe ich ihn letzte Woche dem Mann erzählt, der in Apartment 42 wohnt. Unmittelbar nachdem ich meinen Wagen neben seinen neuen BMW gequetscht habe. Und ihn beim rück-wärtsfahren leicht touchiert habe. es überrascht wohl nie-manden, dass er nicht darüber lachen konnte.

ich würde im Lotto gewinnen.

Zugegeben – das ist etwas schwierig, da ich noch nie im leben einen Schein gekauft habe. Aber das ist genau das, was ich an Wünschen so sehr liebe. Sie müssen nicht rea-listisch sein.

es gäbe solche Dinge wie »bad hair day« nicht.ich hätte nicht ausgerechnet in dem Moment, als der

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Yogalehrer mir beim Handstand geholf­en hat, einen lau­ten Furz gelassen.ich würde es endlich schaf­fen, acht Gläser Wasser am Tag zu trinken.

Ganze acht Gläser! Ich meine, das Zeug ist doch todlang-weilig und schmeckt nach rein gar nichts.

ich würde endlich einen Mann kennen lernen, dessen Hobbys Geschirr abwaschen, Monogamie und Vorspiel heißen.

Statt eine Schweinerei zu veranstalten, fremdzugehen und meine linke Brustwarze hin und her zu drehen, als hätte er den Senderknopf seines Autoradios in der Hand und suchte nach Capital radio. nicht dass ich damit auf daniel, mei-nen ex-Freund, anspielen will oder so …

ich bräuchte niemals einen Orgasmus vorzutäu­schen.(Verstehen Sie jetzt, was ich damit meine, wenn ich sage, die Wünsche müssten nicht realistisch sein?)Anti­Faltencremes würden tatsächlich das bewirken, was sie auf­ der Verpackung versprechen.das Double Chocolate­Chip von Häagen Dazs hätte keine Kalorien.ich hätte der Verkäuf­erin nicht geglaubt, als sie behaup­tete, es sei ganz einf­ach, sich zu Hause eine Bräune à la St. Tropez zuzulegen. Das Geheimnis dahinter wäre das Bodypeeling.

Ich betrachte meine Beine. orangefarbene Streifen. Wie ein liegestuhl.

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Mein Vater wäre nicht mit der Ausgeburt der Hölle verheiratet.

deren name rosemary­ ist und die ich als Beweis dafür heranziehe, dass sich das Phänomen der bösen Stiefmutter nicht auf Märchen beschränkt.

ich hätte mir nicht den iPod meines Bruders Ed zum Rollerbladen ausgeliehen.

oder versucht, cool auszusehen und rückwärts zu fahren und dabei auf den Hintern zu fallen. Korrektur: auf den iPod. der jetzt kaputt ist.

meine Visa­Karte wäre nicht an der Kasse von Sains­bury’s abgelehnt worden.

eine Peinlichkeit allererster Güte, von einem säuerlich dreinschauenden Filialleiter in einen kleinen nebenraum geführt zu werden, wo er meine Bank anrief, anschließend nach einer Schere grif­f und meinen f­lexiblen, glänzenden Freund »auf Anweisung Ihres Bankberaters« in zwei Hälf-ten schnitt.

ich hätte gemerkt, dass die Bemerkung des Verkäu­f­ers in der Videothek, Swe­pt Away mit Madonna sei ein Klassiker, ironisch gemeint war.

Ich höre ein Pfeifen und kehre ins Hier und Jetzt zurück. nur um eine Horde Bauarbeiter zu sehen, die auf meine Brüste starren. Was mich prompt zum nächsten Punkt auf meiner Wunschliste führt.

ich hätte heute Morgen einen BH angezogen.

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Mit gesenktem Kopf versuche ich, möglichst lässig an ihnen vorbeizuschlendern. O.K., beachte sie einfach nicht, Heather. Kein Blick­k­o­ntak­t. Geh einfach weiter und tu so­, als würdest du sie nicht sehen. Nur no­ch ein paar Schritte, dann bist du an ihnen vo­rbei. Ganz lo­ck­er … Siehst du, Bauarbeiter sind eigentlich gar nicht so­ übel.

»Hey­, zeig uns mal deine titten!«

Ich wünschte, alle Bauarbeiter hätten einen winzigen Penis.

Mit glühenden Wangen eile ich an ihnen vorbei und gebe vor, einen Blick auf meine Uhr zu werfen, um nicht in ihre richtung sehen zu müssen. Und dann sehe ich, wie spät es ist. Verdammt!

Ich wünschte, ich käme nicht zu spät zu meinem Termin mit Brian vor dem Standesamt um zehn.

denn es ist bereits zwanzig Minuten nach zehn. Und er wird mich umbringen.

Auf den Stufen des Standesamtes von Mary­lebone steht ein schlanker, attraktiver grauhaariger Mann in einem anthra-zitgrauen Flanellanzug, der ohne Weiteres als Mittfünfziger durchgehen würde, obwohl er in Wahrheit zehn Jahre älter ist, und wippt in seinen auf Hochglanz polierten Schuhen rhy­thmisch vor und zurück. er sieht auf die Uhr, dann auf die Straße, dann seufzt er und richtet seine Aufmerksamkeit auf sein Knopf­loch. die rosa nelke beginnt in der Hitze schlapp zu machen, und ärgerlich zupft er daran herum.

es ist Brian. Wegen des Gedränges auf dem Bürgersteig kann er mich nicht sehen, aber ich ihn. er gibt ein etwas seltsames Bild ab, wie er da allein und adrett in seinem maß-

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geschneiderten Anzug steht, inmitten von Konfetti anderer leute. einige Passanten werfen ihm mitfühlende Blicke zu. nicht dass er sie bemerken würde. er ist viel zu sehr damit beschäftigt, wieder auf die Uhr zu sehen und sein Mobiltelefon aus der Brusttasche zu ziehen. er klappt es auf, tippt eine nummer ein, wobei seine Finger umständ-lich die tasten betätigen wie jemand, der nicht Maschine schreiben kann, und hält es an sein ohr.

Aus etwa hundert Metern entfernung dringt ein vertrau-tes Geräusch an mein ohr. Ich taste mich durch die tiefen meiner Handtasche, bis ich mein nokia endlich gefunden habe. Gerade als es aufhört zu läuten. Verdammt.

Ich reiße es gemeinsam mit der Freisprechanlage heraus, die wie üblich völlig verheddert ist, und starre auf das dis-play­. ein Anruf in Abwesenheit. eilig rufe ich die Voice-mail ab. »Sie haben eine neue nachricht.«

Während ich sie abhöre, winke ich Brian hektisch zu, doch er hat mir den rücken zugewandt, so dass ich ledig-lich seine gebeugten Schultern sehen kann, als er sich eine Zigarette anzündet.

»Ich bin’s, Brian. Ich stehe vor dem Standesamt und werde allmählich etwas nervös. Und, na ja, ich will nicht lange darum herumreden, Heather. Wo­ zum Teufel bist du?«

oh je.Seine zischende Stimme verrät mir, dass ich in der

Klemme stecke. eilig drücke ich die Wahltaste und habe ihn beim ersten läuten an der Strippe. »Heather?«

»Ich bin schon da«, stoße ich hervor, trete hinter ihn und tippe ihm auf die Schulter.

Mein Versuch, das Ganze von der humorvollen Seite an-zugehen, beschert ihm beinahe einen Herzinfarkt. Brian fährt herum, schlägt sich mit der Hand auf die Brust, die brennende Benson & Hedges zwischen den Fingern, und starrt mich vorwurfsvoll an. »du kommst zu spät«, blaf­ft er

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in sein Mobiltelefon, klappt es, als er merkt, was er getan hat, f­luchend zu und steckt es in die tasche.

»Ich weiß, und es tut mir leid«, entschuldige ich mich. »Mein Wecker hat nicht geläutet, die U-Bahn war eine halbe ewigkeit unterwegs, und ich hatte mir diese dämli-chen neuen Sandalen gekauft -«

»Immerhin bist du jetzt hier«, unterbricht er mich, tritt die Zigarette aus und knöpft sein Jackett zu. Jede seiner Be-wegungen ist gehetzt und fahrig. er erinnert mich immer an einen Vogel – stets gebauschtes Federkleid und hektisch umherirrender Blick. »Wir sollten uns beeilen«, sagt er, streicht sein revers glatt und zupft einen unsichtbaren Fus-sel mit der peniblen Sorgfalt eines Menschen ab, der sogar seine Unterhosen bügelt.

»Wo sind denn alle?«, frage ich, als ich hinter ihm die Stufen hinaufhaste.

»drinnen. Sie warten auf uns.« er öf­fnet die eingangstür und hält sie mir auf. »Ich bin seit einer ewigkeit hier. Als du nicht aufgetaucht bist, bin ich nach draußen gegangen, um nach dir zu sehen.«

»es tut mir wirklich sehr leid«, entschuldige ich mich noch einmal und ducke mich unter seinem Arm hindurch. Ich bin ein gutes Stück größer als Brian, besonders in mei-nen hochhackigen Sandalen, so dass ich mich bücken muss. Ich trete in die dunkle Kühle der eingangshalle und sehe mich in dem goldgerahmten Spiegel.

Ich bin die ty­pische rothaarige mit hellem teint und Sommersprossen, dichtem, welligem, leuchtend rotem Haar und schmerzlichen Kindheitserinnerungen an Begrif­fe wie Karottenkopf, Möhrchen und eine Beleidigung mit Scham-haaren und einem Schimpfwort, die ich an dieser Stelle lieber nicht wiederholen will. ehrlich gesagt, erstaunt es mich, dass ich nicht den rest meines lebens in therapie verbringen muss. Mittlerweile lasse ich mir nicht nur alle

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sechs Wochen beim Friseur blonde Strähnen verpassen, die eine rotblonde aus mir machen, sondern föhne auch mein Haar glatt. Aber heute kräuselt es sich in der feuchten Hitze. Ich versuche, es glatt zu streichen, als mein Blick auf Brian fällt. Im Spiegel sehe ich ihn auf den Boden starren. »Was ist mit deinen Füßen passiert?«, fragt er.

Ich sehe ebenfalls nach unten. »Mode«, gebe ich zurück, bücke mich und zupfe das toilettenpapier so zurecht, dass es nicht zwischen meinen Zehen herausragt.

Unter normalen Umständen würde er lachen, einen Witz reißen oder mich mit dem ergebnis meines jüngs-ten Kaufrausches aufziehen. Im Gegensatz zu den meisten Männern seines Alters legt Brian großen Wert darauf, in modischer Hinsicht auf dem neuesten Stand zu bleiben – ständig versucht er, mir die neueste Vo­gue-Ausgabe abzu-luchsen, obwohl er behauptet, er wolle sich nur die Fotos ansehen – und ist sehr anspruchsvoll. doch heute schnaubt er nur abfällig.

»Gehen wir?«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. die Muskeln an seinem Kiefer zucken, und er starrt mich mit seinen grauen Augen an. trotz sei-ner schlechten laune sieht er unglaublich gut aus für einen Mann seines Alters.

»Klar … ich meine, ja … natürlich«, stammle ich und fühle mich wie ein ungezogenes Kind.

Gemeinsam durchqueren wir die marmorne Halle, in der unsere Schritte nervtötend laut widerhallen. Vor uns ragen die eindrucksvollen Mahagoniportale auf. Brian murmelt etwas, die nächste Hochzeitsgesellschaft tref­fe in wenigen Minuten ein, und wenn wir uns nicht beeilten, herrsche hier bald das reinste Chaos. er streckt die Hand nach der Messingklinke aus.

Ich lege ihm eine Hand auf den Arm. »Moment.« Ich ziehe eine Packung Papiertaschentücher aus der tasche,

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reiße das Zellophan auf und reiche ihm eines. »Ich weiß doch, dass du bei Hochzeiten immer weinst.«

er runzelt die Stirn. Gibt keinen Millimeter nach.Ich schwenke das weiße dreieck wie eine Fahne.das ist zu viel. er gibt auf, seine Stirn glättet sich, und

die Anspannung weicht von seinem Gesicht. »tut mir leid. Ich dachte schon, du kommst nicht.« er nimmt mein Frie-densangebot an und lässt es mit einer entschlossenen Geste in seinem Ärmel verschwinden.

»Was? dich vor dem Standesamt stehen lassen?«, f­lüstere ich.

Seine Mundwinkel zucken. »Mmm, so in der Art.«Wir lächeln einander zu. er rückt seine Krawatte gerade,

streicht sich übers Haar, um die Stellen zu kaschieren, wo es allmählich lichter wird, und straf­ft die Schultern. »Fer-tig?«

Ich zupfe am Saum meines rocks und schiebe eine lose Strähne hinters ohr. »Fertig.« Ich nicke und spüre ein kur-zes Flattern meiner nerven.

Mit ernster Miene starren wir beide geradeaus. Ich wappne mich innerlich.

»o.K. dann los.« Brian holt tief luft und legt die Hand auf die türklinke. »Sho­wtime.«

Ka­pi­tel 2

ein Meer aus farbenfrohen Hüten mit Straußenfedern und hauchzarter Seide, die in der Brise des deckenventilators erzittern, empfängt uns, als wir eintreten. der raum ist voller Menschen. die Gäste sitzen Schulter an Schulter, rutschen in der stickigen Hitze unbehaglich auf ihren Stüh-len herum und tauschen den neuesten Familienklatsch aus.

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einer Hand voll Kinder ist langweilig geworden, und sie spielen Fangen zwischen zwei hohen Blumengestecken, die wie zwei rausschmeißer in liliengestalt die tür f­lan-kieren. Irgendwo weint ein Baby­.

niemand bekommt mit, wie Brian und ich hereinkom-men, außer natürlich der Standesbeamte, der uns am vor-deren ende des raums erwartet. er trägt ein grellbuntes Hemd und of­fene Sandalen und eilt mit erleichtertem Blick auf uns zu. Besser gesagt, trottet.

»du meine Güte, Gott sei dank«, f­lüstert er halblaut. »Ich hatte schon Angst, es gibt hier bald einen Aufstand.« er kratzt sich an seinem Ziegenbärtchen und verdreht the-atralisch die Augen.

»Keine Sorge, die Kavallerie ist ja hier.« Brian zieht einen kleinen schwarzen Gegenstand aus der tasche, hält ihn vor sich und schwenkt ihn in verschiedene richtungen.

der Standesbeamte starrt ihn fragend an. »Was ist das?«»ein lichtmesser«, erwidere ich, während mein Blick

auf eine Ansammlung von Kof­fern in der ecke des raums fällt. Ich öf­fne den reißverschluss einer schwarzen tasche, nehme ein Stativ heraus und stelle es auf. »Wir müssen erst die lichtverhältnisse prüfen.«

der Standesbeamte nickt. »Verstehe.«»Als of­fi­zieller Hochzeitsfotograf ist es meine Aufgabe, da-

für zu sorgen, dass das glückliche Paar die Fotos bekommt, die es sich immer gewünscht hat«, wirft Brian ein, greift nach der Kamera und sucht ein objektiv aus. »die erinne-rung verblasst …«

das ist mein Stichwort. »… ein Foto dagegen bleibt ein leben lang«, stimme ich ein.

»das ist das Motto von together Forever«, fährt Brian mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme fort, während er mir den objektivdeckel reicht und die Kamera auf den Stan-desbeamten richtet. »das habe ich mir selbst ausgedacht.«

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»ehrlich?« der Standesbeamte mustert ihn zweifelnd. »Ich dachte, das sei ein alter Spruch …«

der Auslöser ertönt mit einem vernehmlichen Klicken, worauf der Standesbeamte erschrocken zusammenfährt. »du meine Güte!« Mit weit geöf­fnetem Mund wie ein Fisch steht er da und blinzelt, geblendet von der Helligkeit des Blitzes. In diesem Moment richtet sich die Aufmerksam-keit der Hochzeitsgesellschaft auf uns. Alle haben sich auf ihren Stühlen umgedreht und starren uns mit gespannter erwartung an.

Schweigen breitet sich im raum aus. Aber mir ist klar, dass sie nicht auf uns – schließlich sind wir nur die Hoch-zeitsfotografen –, sondern hinter uns starren, auf die tü-ren, die sich nun öf­fnen, während jemand die Play­-taste des Kassettenrekorders drückt. Saxophonklänge erfüllen den raum, und Whitney­ Houston schmettert »I Will Al-way­s love You«. Während der Standesbeamte zu seinem tisch zurückeilt, nehmen Brian und ich unsere Position ein. los geht’s.

Ich warte gespannt. das ist der Augenblick, wenn die Braut ihren großen Auftritt hat und man zum ersten Mal das Brautkleid zu Gesicht bekommt. Mein lieblingsmo-ment. Schließlich träumen die meisten von uns irgendwann im leben einmal davon, was wir bei unserer Hochzeit tra-gen wollen. Mit sechs habe ich am liebsten mein weißes nachthemd angezogen, Mums alten Hochzeitsschleier an-gelegt und so getan, als würde ich Barney­, meinen teddy­, heiraten. eines tages fiel ich im Garten in den Schlamm, worauf meine Mum mich tröstete und meinte, ich sähe trotzdem wunderschön aus – da alle Bräute an ihrem Hoch-zeitstag wunderschön aussähen. erst seit ich diesen Job habe, ist mir klar, dass Mum gef­lunkert hat.

denn, ja, eine Menge Bräute haben in ihrem Hochzeits-kleid schön ausgesehen, aber ich habe auch riesige weiße

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Baisergebilde gesehen, bei deren Anblick man sich am liebs-ten die Hand vor die Augen gehalten hätte. Ich habe Famili-enerbstücke gesehen, die besser auf dem dachboden geblie-ben wären, und so eng geschnürte Korsetts, dass die Braut buchstäblich daraus hervorquoll wie eine eiskugel aus einer Waf­feltüte. Ganz zu schweigen von den neckischen Schlei-ern, den altmodischen diademen und den sieben Meter langen, mit Pailletten bestickten Schleppen. Glauben Sie mir, ein gefundenes Fressen für jede Stilberaterin. Ande-rerseits sollte ich lieber den Mund halten. Immerhin steckt zwischen meinen Zehen Klopapier.

die Brautmutter gibt ein lautes Schluchzen von sich, wäh-rend die älteren Verwandten unter zahlreichen »ooohs« und »Aaahs« ihre Bewunderung kundtun. ein unterdrück-tes Kichern entschlüpft dem Jungen, der vorhin Fangen ge-spielt hat, ehe sich die Finger seines Vaters wie ein Schraub-stock um sein ohr legen.

Und ein erschrockenes Japsen entringt sich meiner Kehle.

nur diesmal nicht wegen meiner Blasen an den Füßen.Vor mir steht eine Braut in einem grellrosa Kleid im

Flamenco-Stil, die alt genug ist, um meine Mutter sein zu können. obwohl … falsch. Meine Gro­ß­mutter.

»Sie sehen atemberaubend aus, meine liebe«, f­lüstert Brian und schießt ein Foto nach dem anderen.

Was soll ich sagen – der Mann ist ein Profi.»das Kleid ist ein traum … nur ein bisschen nach

links … absolut umwerfend … Und jetzt ein hübsches lä-cheln für die Kamera …«

Bewundernd sehe ich ihm zu, während ich ihm einen neuen Film reiche. Brian macht das schon so lange, dass er jedes Mal vom Hochzeitsfieber gepackt wird. es spielt keine rolle, ob sie groß oder klein sind, traditionell oder modern, er liebt sie alle. Mit Anfang 20 war Brian mit

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einem Model namens Phoebe verheiratet, doch nach ein paar Jahren ließen sie sich in aller Freundschaft scheiden (ich weiß nicht, ob es vor oder nach seinem Coming out war), und seitdem folgte eine lange reihe gescheiterter Af­fären.

Was ihn jedoch nicht daran hindert, ein wahrer roman-tiker zu sein. Stattdessen hat ihn diese tatsache nur noch romantischer werden lassen. Beim Anblick des Brautstrau-ßes auf der Haube eines rolls roy­ce bekommt er jedes Mal feuchte Augen. er kann den Hochzeitsmarsch nicht hören, ohne sich mit dem Ärmel die tränenfeuchten Wangen ab-zuwischen, und muss sich von der Brautmutter ein Papier-taschentuch leihen, um sich während des ehegelübdes die nase zu putzen. ehrlich gesagt, befindet sich dieser Mann jedes Mal in einem Zustand völliger Auf­lösung. Bei der Stelle, wo es »bis dass der tod uns scheidet« heißt, muss er nach draußen gehen und frische luft schnappen.

Was bedeutet, dass ich einspringen muss. of­fi­ziell bin ich seine Assistentin, aber normalerweise mache ich den Großteil der Aufnahmen. trotz des ungeschriebenen ge-sellschaftlichen Gesetzes, dass Frauen beim Anblick neu-geborener, Hundebaby­s, niedlicher Kleinkinder und – als Krönung – Hochzeiten in Begeisterungsstürme zu verfal-len haben, ruft all das keinerlei reaktion in mir hervor. das bedeutet nicht, dass ich grundsätzlich gegen Hochzei-ten bin. Ganz im Gegenteil – ich bin begeistert von der Vorstellung, mich Hals über Kopf in einen Mann zu ver-lieben und für den rest meines lebens mit ihm glücklich zu sein. Ist das nicht jeder? Aber seit einiger Zeit frage ich mich, ob es dieses »für den rest meines lebens glücklich« tatsächlich gibt. Ich meine, vielleicht sollte es eher in ein »für den Moment glücklich« oder »glücklich, bis mir lang-weilig wird« umformuliert werden. oder, im Falle von mir und meinem ex-Freund, in »glücklich, bis er das Mädchen

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Alexandra Potter

Der WunschzettelRoman

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 448 Seiten, 11,8 x 18,7 cmISBN: 978-3-442-46436-4

Goldmann

Erscheinungstermin: Juni 2007

Die bezaubernde Bestsellerkomödie aus England erstmals auf Deutsch Heather Hamilton wünscht sich andauernd Unmögliches: Schokoladeneis ohne Kalorien, einenPlatz in der U-Bahn, einen Sechser im Lotto und den perfekten Mann. Leider erfüllen sich dieseWünsche nie, bis ihr eines Tages eine Zigeunerin einen kleinen Strauß Weidenkraut schenkt,der ihr Glück bringen soll. Und plötzlich findet sie nicht nur einen Parkplatz direkt vor dem Haus,sondern hat auch noch ein Date mit ihrem Traummann. Heathers Glück müsste perfekt sein –wenn da nicht ihr neuer Untermieter wäre …