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9. AUC:/USTI93 o t{LINISCHE WOCHENSCHRIFT. 9- JAHRGANG. Nr. 32 i505 KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. UNTERSUCHUNGEN UBER DEN JOD- UND BROMGEHALT DES BLUTES. Von LEON BALDAUF und LUDWIG PINCUSSEN. W~ihrend neuerdings der Jodgehalt des Blutes vielfach untersucht worden ist, fehlen Angabell fiber den Gehalt des Blutes am Brom. Uns interessierte diese Frage, besonders auch das Verh~iltnis dieser beiden Halogene. 3/[it Hilfe der im Illstitut ausgearbeiteten Methoden stellten wit bet Liner Reihe normaler Menschell sowie, aus besonderen hier nicht zu diskutierenden Grtinden, bei Syphilitikern die Menge der beiden Halogene im Blute test. Es ergab sich zun~tchst als fiberraschendes Resultat, dab Jod llnd Brom im Blute in einem recht konstanten Verh~ltnis vorhanden sind: die Brommenge betr~igt fast genau, nach Untersuchungen an tiber 5 ~ normalen und kranken Menschen verschiedenen Alters, das ioofache der Jodmenge. Nit Ausnahme yon 2 F/illen, in denen sich Differenzen yon ungefiihr lO% fanden, lag die Relation Brom : Jod in allen F~illell zwischen 97 und Io 5. Die Jodwerte des Blutes fanden wit bet Normalen, Stoff- wechselgesunden im Mittel zu IO,9~, (x ~, = o,ooi rag) in ioo ccm mit sehr geringeil Abweichungen. Iml Gegensatz hierzu lagen die Werte des Jods bet nicht oder wenigstens sLit l~ingerer Zeit nicht mit Jod behandelten Syphilitikern im Mittel bet 16,8 7, wobei nut in 3 F/illei1 Werte unter T 5 7 beob- achtet wurden. I)as Jod ist also und dementspreehend auch das Brom bet den untersuchten F~illen yon Syphilis verschiedener Stadieil ungefiihr 50 % hSher als sonst. Wit haben den Eindruck, dab bet schwereil F~llell die Werte be- sonders tibch sind. Das Alter der Versuchsperson -- wir untersuehten Kinder yon 8 Jahren and Greise bis zu 8o ]ah- ten -- scheint keine charakteristischen Ver~Lnderungen zu bedingen. Wir faildell dagegen besonders hohe Werte bet 2 Kindern mit Nephritis; hier wurden 31,7 y bzw. 32,9 y Jod ill IOO ccm Blut festgestellt. Der schon erw~ihllte ~iuterst gleichm~itige Gang des Brom- und Jodgehaltes hat uns veralllaBt, die Fragestellung auf die Thyreotoxikosen, besoilders den Morbus Basedow, auszudehnen. Diese Versuche sind im Gang. (Aus dem Biologisch-ehemisehen Znstitut des stO~tisehen Krankenhauses am Urban* zu Berlin. [Dire]ctor: L. Pincussen].) ALKALIRESERVE UND SAURE KOST. Von ERNST-HEINRICH I~ICIIALOWSKY. In Vorversuchen ffir Lille grSBere Arbeit muBten wir fest- stellell, inwieweit Lille Beeinflussung der Alkalireserve des Menschell dllrch Line betont saure Kost ohne Zuhilfenahme yon siiuernden Medikamenfen m6glich ist. Diese Frage hat auch Line praktische Bedeutung insofern, als neuerdillgs ja versucht wird, durch Line Umstimmung des Blutes und der Gewebe manche Krankheiten bzw. manche Krankheitsbereit- sehaft zu beeinflussen. Versuche roll anderer Seite fiber diese Frage liegell bereits vor, aber fast immer hat mall die Wirkung der sauren Kost durch Medikamente zu verst~irken versucht. Uns kam es aber gerade darauf all, die Wirkung der sauren Kost allein zu prtifen. Die saute I~ost des Menschen wurde nach den Tabellen von SCHALL ausgesucht llnd bestand im wesentlichen ill Fleisch, Fett, Mehlspeisen, als Getr~inke Wasserkakao, Bier, unter Vermeidung yon Obst, Gemfise, Kartoffeln, Tee, Kaffee, Milch. Die saure Kost der Meerschweinchen setzte sich zusammen aus Hater, Haferflocken, Weizenkleie, Rosenkohl. Unsere Methodik war folgende: Die Alkalireserve wurde bestimmt in der tiblichen Weise mit dem van Slykeschell Appa- rat im Plasma. Das Blur wurde am nfichternen Menschen, und zwar morgens frfih vor dem Aufstehen entnommen und wurde mit einigen K6rnchell Kaliumoxalat versetzt. Von den Meerschweinchen wurde das Blllt dutch Herz- punktion gewonnen. Die Ergebnisse unserer Ulltersuchungen seien im folgenden mitgeteilt. i. Versuche am Menschen. Die t(ost wurde in exaktester Weise 3--5 Wochen durchgefiihrt, und zwar an 4 gesunden Menschen. Das Blur wurde zun~chst in ktirzeren Abstgnden, dann in grOBeren entnommen (s. Kurven). In Tabelle Iist das Verhalten der Alkalireserve dargestellt. Man sieht, dab Line S~uerung nicht erreicht wurde. Im Gegenteil lagen die Werte zum SchluB durchweg hOher als zu Beginn der Kost. 70 7Z3 7~ ZO. gZ gS. gZ ZS. 3;( /Z 15. ZI.3. g~. 27. /~.~. 73.3. 2/3. 70 50 ~. ~z \1 - ,,, eo k 50 \--" 30 _ ,--.-_.@ r 20. ZZ 2~. ZZ fZ. • ~7~" 78.3. 20 Z2. F3. ZZ~I% ~ 301/0 ~ ~'~ '~• YO \, \ za 30 7ff Abb. i. Abb. 2. Abb. I und 2. Senkrechte Zahlenreihe: AIkalireserve. Waagerechte Zahlenreihe: Datum der Blutentnahmen. 2. Versuche am Meerschweinchen. Im ganzen wurden 13 Versuche mit saurer Kost angestellt. Das Blur wurde 2real untersucht, vor Beginn der Kost und nach 8 Tagen saurer Ern~hrung. Aus den Kurven der zweiten Tabelle geht hervor, dab 8 Tiere sauer wurden. Bet 2 weiteren Tieren war die erste Blutmenge zur Untersuchung zu gering, die Alkalireserve war am SchluB der Kost niedrig. Ein 3- Tier hatte vor Beginn der Kost Line hohe Alkalireserve, starb nach der Blutentnahme. Das 4. Tier bekam am Vortage der 2. Blutentnahme versehent- lich Rtiben zu fressen, die Alkalireserve war hoch. Das 5. Meerschweinchen mul3 aus der Betrachtung ausscheiden, da beide Blutmengen zu gering waren und nicht verwertet werden konnten. Anhangsweise mSchten wit schlieBlich noch bemerken, dab wit auch dutch Phosphors~iurelimonade (io g der offizinellen 25 % L6sung auf ein Liter Wasser mit etwa 60 g Himbeersaft ffir einen Tag) Line nennenswerte Beeinflussung der Alkali- reserve nicht sahen. Bet 7 Kranken wurde in 6 Wochen 3 real die Alkalireserve wenig gesenkt. Bet den anderen 4 Kranken lagen die Endwerte h6her als die Anfangswerte. Line Acidose wurde also nicht erreicht. Auch Silicalcium (Rheumasan- und Lenieet-Fabrik, Berlin) blieb ohne EinfluB auf die Alkali- reserve, gegeben in Liner Tagesmenge yon etwa 4o--5 ~ g. Allerdings wurde das Medikament nur einmal kurzfristig gegeben. (Aus der Medizinischen Unive,rsitdtspoliklinilc ~Viar- burg/Lahn [Direktor: Pro/. Dr. reed. W. Klewitz].)

Alkalireserve und Saure Kost

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9. AUC:/USTI93 o t { L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 9- J A H R G A N G . Nr. 32 i 5 0 5

KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN.

UNTERSUCHUNGEN UBER DEN JOD- UND BROMGEHALT DES BLUTES.

Von

LEON BALDAUF und LUDWIG PINCUSSEN.

W~ihrend neuerdings der Jodgehalt des Blutes vielfach untersucht worden ist, fehlen Angabell fiber den Gehalt des Blutes am Brom. Uns interessierte diese Frage, besonders auch das Verh~iltnis dieser beiden Halogene. 3/[it Hilfe der im Il lst i tut ausgearbeiteten Methoden stellten wit bet Liner Reihe normaler Menschell sowie, aus besonderen hier nicht zu diskutierenden Grtinden, bei Syphilitikern die Menge der beiden Halogene im Blute test. Es ergab sich zun~tchst als fiberraschendes Resultat, dab Jod llnd Brom im Blute in einem recht konstanten Verh~ltnis vorhanden sind: die Brommenge betr~igt fast genau, nach Untersuchungen an tiber 5 ~ normalen und kranken Menschen verschiedenen Alters, das ioofache der Jodmenge. Ni t Ausnahme yon 2 F/illen, in denen sich Differenzen yon ungefiihr lO% fanden, lag die Relation Brom : Jod in allen F~illell zwischen 97 und Io 5.

Die Jodwerte des Blutes fanden wit bet Normalen, Stoff- wechselgesunden im Mittel zu IO,9~, (x ~, = o,ooi rag) in ioo ccm mit sehr geringeil Abweichungen. Iml Gegensatz hierzu lagen die Werte des Jods bet nicht oder wenigstens sLit l~ingerer Zeit nicht mit Jod behandelten Syphilitikern im Mittel bet 16,8 7, wobei nut in 3 F/illei1 Werte unter T 5 7 beob- achtet wurden. I)as Jod ist also und dementspreehend auch das Brom bet den untersuchten F~illen yon Syphilis verschiedener Stadieil ungefiihr 50 % hSher als sonst. Wit haben den Eindruck, dab bet schwereil F~llell die Werte be- sonders tibch sind. Das Alter der Versuchsperson -- wir untersuehten Kinder yon 8 Jahren and Greise bis zu 8o ]ah- ten -- scheint keine charakteristischen Ver~Lnderungen zu bedingen. Wir faildell dagegen besonders hohe Werte bet 2 Kindern mit Nephritis; hier wurden 31,7 y bzw. 32,9 y Jod ill IOO ccm Blut festgestellt.

Der schon erw~ihllte ~iuterst gleichm~itige Gang des Brom- und Jodgehaltes hat uns veralllaBt, die Fragestellung auf die Thyreotoxikosen, besoilders den Morbus Basedow, auszudehnen. Diese Versuche sind im Gang. (Aus dem Biologisch-ehemisehen Znstitut des stO~tisehen Krankenhauses am Urban* zu Berlin. [Dire]ctor: L. Pincussen].)

ALKALIRESERVE UND SAURE KOST.

Von

ERNST-HEINRICH I~ICIIALOWSKY.

In Vorversuchen ffir Lille grSBere Arbeit muBten wir fest- stellell, inwieweit Lille Beeinflussung der Alkalireserve des Menschell dllrch Line betont saure Kost ohne Zuhilfenahme yon siiuernden Medikamenfen m6glich ist. Diese Frage hat auch Line praktische Bedeutung insofern, als neuerdillgs ja versucht wird, durch Line Umstimmung des Blutes und der Gewebe manche Krankheiten bzw. manche Krankheitsbereit- sehaft zu beeinflussen. Versuche roll anderer Seite fiber diese Frage liegell bereits vor, aber fast immer hat mall die Wirkung der sauren Kost durch Medikamente zu verst~irken versucht. Uns kam es aber gerade darauf all, die Wirkung der sauren Kost allein zu prtifen.

Die saute I~ost des Menschen wurde nach den Tabellen von SCHALL ausgesucht llnd bestand im wesentlichen ill

Fleisch, Fett , Mehlspeisen, als Getr~inke Wasserkakao, Bier, unter Vermeidung yon Obst, Gemfise, Kartoffeln, Tee, Kaffee, Milch.

Die saure Kost der Meerschweinchen setzte sich zusammen aus Hater, Haferflocken, Weizenkleie, Rosenkohl.

Unsere Methodik war folgende: Die Alkalireserve wurde best immt in der tiblichen Weise mit dem van Slykeschell Appa- ra t im Plasma. Das Blur wurde am nfichternen Menschen, und zwar morgens frfih vor dem Aufstehen entnommen und wurde mit einigen K6rnchell Kal iumoxalat versetzt. Von den Meerschweinchen wurde das Blllt dutch Herz- punktion gewonnen.

Die Ergebnisse unserer Ulltersuchungen seien im folgenden mitgeteilt.

i. Versuche am Menschen. Die t(ost wurde in exaktester Weise 3--5 Wochen durchgefiihrt, und zwar an 4 gesunden Menschen. Das Blur wurde zun~chst in ktirzeren Abstgnden, dann in grOBeren entnommen (s. Kurven). In Tabelle I i s t das Verhalten der Alkalireserve dargestellt. Man sieht, dab Line S~uerung nicht erreicht wurde. Im Gegenteil lagen die Werte zum SchluB durchweg hOher als zu Beginn der Kost.

70 7Z3 7~ ZO. gZ gS. gZ ZS. 3;( /Z 15. ZI.3. g~. 27. /~.~. 73.3. 2/3.

70

50 ~. ~z \ 1 - ,,, eo k

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r 20. ZZ 2~. ZZ fZ. • ~7~" 78.3. 20 Z2. F3. ZZ~I% ~ 301/0 ~ ~'~ '~• YO

\ , \ za

30 7ff Abb. i . Abb. 2.

Abb. I und 2. Senkrechte Zahlenreihe: AIkalireserve. Waagerechte Zahlenreihe: Datum der Blutentnahmen.

2. Versuche am Meerschweinchen. Im ganzen wurden 13 Versuche mit saurer Kost angestellt. Das Blur wurde 2real untersucht, vor Beginn der Kost und nach 8 Tagen saurer Ern~hrung. Aus den Kurven der zweiten Tabelle geht hervor, dab 8 Tiere sauer wurden. Bet 2 weiteren Tieren war die erste Blutmenge zur Untersuchung zu gering, die Alkalireserve war am SchluB der Kost niedrig. Ein 3- Tier hat te vor Beginn der Kost Line hohe Alkalireserve, starb nach der Blutentnahme. Das 4. Tier bekam am Vortage der 2. Blutentnahme versehent- lich Rtiben zu fressen, die Alkalireserve war hoch. Das 5. Meerschweinchen mul3 aus der Betrachtung ausscheiden, da beide Blutmengen zu gering waren und nicht verwertet werden konnten.

Anhangsweise mSchten wit schlieBlich noch bemerken, dab wit auch dutch Phosphors~iurelimonade (io g der offizinellen 25 % L6sung auf ein Liter Wasser mit etwa 60 g Himbeersaft ffir einen Tag) Line nennenswerte Beeinflussung der Alkali- reserve nicht sahen. Bet 7 Kranken wurde in 6 Wochen 3 real die Alkalireserve wenig gesenkt. Bet den anderen 4 Kranken lagen die Endwerte h6her als die Anfangswerte. Line Acidose wurde also nicht erreicht. Auch Silicalcium (Rheumasan- und Lenieet-Fabrik, Berlin) blieb ohne EinfluB auf die Alkali- reserve, gegeben in Liner Tagesmenge yon etwa 4o--5 ~ g. Allerdings wurde das Medikament nur einmal kurzfristig gegeben. (Aus der Medizinischen Unive,rsitdtspoliklinilc ~Viar- burg/Lahn [Direktor: Pro/. Dr. reed. W. Klewitz].)