Alles Außer Gewöhnlich (Leseprobe)

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    KAPITEL 5

    GÄHN: DIE BESTEN KÖPFE A RBEITENNICHT B EI DEN LANGWEILI GSTENFIRMEN

    Als einer von uns noch Internationales Management an derWirtschaftsuniversität Wien unterrichtete, lud er regelmäßigGastreferenten aus der Praxis ein, damit den Studenten schonmal dämmerte, was sie nach ihrem Examen da draußen er-warten würde. Einmal stand ein Vorstand eines großen Un-ternehmens, das soeben aus der Obhut des Staates entlassenworden war, vorne am Katheder. Der formvollendet auftre-tende ältere Herr im Maßanzug hatte schon über eine Stundereferiert und sein ehemaliges Staatskombinat aus allen Rich-tungen beweihräuchert, als er abschließend auf das – seinerMeinung nach – grandiose Trainee-Programm zu sprechenkam. Und dann überkam ihn die spontane Idee, die Stu-denten einfach direkt zu fragen: »Wer von Ihnen hätte dennInteresse, sich für unser Trainee-Programm zu bewerben?«

    Schlagartig herrschte Totenstille im Raum. Die Studenten

    starrten auf ihre Notizen oder an die Decke und versuchtendem Blick des Topmanagers auszuweichen. Niemand bekun-dete auch nur einen Hauch von Interesse. Es war unsagbarpeinlich. Derjenige von uns, der als Dozent und Gastgeberdie Sache retten musste, brauchte selber einige quälend langeSekunden, bis er die richtigen Worte fand, um den Managervorsichtig hinauszukomplimentieren, ohne ihm das Gefühl

    zu geben, völlig aufgelaufen zu sein. Als der Mann wieder imFond seiner Luxuslimousine saß und der Chauffeur ihn zu-rück in sein Büro kutschierte, meinten die Studenten, dass sielieber sterben würden, als in dem Unternehmen zu arbeiten,das unser Gast repräsentiert hatte.

    Aber warum eigentlich? Wie kam es zu dieser Reaktion?

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    Fairerweise muss man sagen, dass sich der Manager in sei-nem Vortrag keinerlei Patzer oder Peinlichkeiten geleistethatte. Im Gegenteil: Von penetrantem Eigenlob einmal ab-

    gesehen, war es ein ganz anständiger Vortrag. Er hatte nichtsAbschreckendes oder Furchterregendes über das Manage-ment oder die Mitarbeiter seiner Firma preisgegeben. Außer-dem konnten die Studenten ja weder wissen, wie es in demLaden wirklich aussah, noch ob das Trainee-Programm nuntatsächlich etwas taugte oder nicht. Trotzdem wollten sie aufgar keinen Fall für dieses Unternehmen arbeiten. Es war ein-

    fach ihr Bauchgefühl, das ihnen sagte: never ever!

    Warum sollte eine Biene zu einer Blütefliegen?

    Rückblickend ist uns völlig klar, woran das lag. Der Vor-stand hatte zwar nichts Schlechtes über seine Firma gesagt –aber auch nichts, was sein Unternehmen für die Stundentenattraktiv gemacht hätte. Er sprach zu begabten jungen Men-schen, aber er sprach sie überhaupt nicht an. Die Vorstellung,in diesem Unternehmen ihr zukünftiges Berufsleben zu fris-ten, hatte für die Studis null Sex-Appeal. Der Mann hatteihnen sein Unternehmen so schmackhaft gemacht wie einlauwarmes alkoholfreies Bier in einer Teetasse. Dieser Mana-

    ger der Old School mit Einstecktuch und Manschettenknöp-fen war ein gutes Abbild seines Unternehmens – grundsolide,aber einfach nur langweilig. Von ihm gingen zwar keine BadVibrations aus, aber leider fehlten die Good Vibrations.

    Und wissen Sie was? Die Studenten lagen richtig. Wir ha-ben besagtes Unternehmen später näher kennengelernt: DieHierarchieebenen waren in Beton gegossen und die Mitarbei-

    ter hängten jeden Morgen ihre Kreativität, ihre Eigeninitia-tive und ihren Elan an die drei dafür vorgesehenen Kleider-haken gleich hinter der Eingangstür. Eine wahre Wüste fürTalente. Inzwischen hat sich dort eine Menge geändert. Aberdamals fragten wir uns nur: Wer will hier schon arbeiten?

    Wer will . Das ist genau der Punkt. Wollen. Nicht müssen!

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    Denn auf dem Arbeitsmarkt für Spitzenkräfte hat es in denletzten Jahren einen Turnaround um 180 Grad gegeben. Frü-her haben sich die Unternehmen ihre Mitarbeiter ausgesucht.

    Wer ein gutes Zeugnis hatte und im Vorstellungsgespräch bravund fügsam wirkte, der bekam gnädig einen Arbeitsplatz ge-währt. Heute suchen sich die Mitarbeiter ihr Unternehmenaus. Wobei wir hier – um es noch einmal zu betonen – nichtüber den Niedriglohnsektor oder über anspruchslose Routine-jobs sprechen. Dort prügeln sich nach wie vor die Arbeitssuchen-den um die viel zu spärlichen Angebote. Wir sprechen von den

    besten Köpfen, der neuen Creative Class, den Garanten derWertschöpfung. Diese High Potentials haben es nicht mehrnötig, für die Stadtwerke Hinterwaldheim zu arbeiten, wennsie auch einen Job bei Google oder BMW haben können!

    Heute suchen sich die Mitarbeiter ihr Unternehmen aus.

    Bevor Sie anfangen zu denken, wir hätten komisches Zeugsgeraucht, lassen Sie uns einen Blick über den Ozean nach Ka-lifornien werfen. Das Silicon Valley macht es seit Jahren vor.Es ist ein Magnet für Menschen mit Talent und Leistungswil-len. Zudem für kreative Querköpfe und hochintelligenteFreaks aller Art. Die Unternehmenschefs wiederum tun alles,

    um diese Talente anzuziehen. Sie versuchen, den Status vonPopstars zu erlangen und ihre potenziellen Mitarbeiter schonzu Fans zu machen, bevor diese ihre erste Bewerbung schrei-ben. Und die Unternehmen lassen sich einiges einfallen, umihren besten Köpfen auch ein Top-Arbeitsklima zu bieten.

    First things first – die Mitarbeiter!Der Magnet zieht das Metall an, nicht umgekehrt. Und IhreFirma muss zu einem solchen Talentmagneten werden. Diemeisten Unternehmen im deutschsprachigen Raum habenihre Strategie immer noch nicht konsequent genug an dieser

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    Situation ausgerichtet. Aber die Entwicklung ist unaufhalt-sam. Nicht nur im Silicon Valley, auch bei uns! Welchen Stel-lenwert haben die Mitarbeiter in der Unternehmensstrategie?

    Manchmal sind es ja die kleinen Dinge, die tief blicken las-sen. So wie die ungeputzten Schuhe, die nicht zum teurenAnzug passen. Gehen Sie einmal auf die Website der Droge-riemarktkette Schlecker und rufen Sie die Seite »Unterneh-mensgrundsätze« auf. »Initiative und Mitdenken der Mitar-beiter zu mobilisieren« wird da als Ziel genannt. Schön undgut. Aber an welcher Stelle der Unternehmensleitlinien findet

    sich diese Aussage? Erst kommt die »Einkaufspolitik«, danndie »Absatzpolitik«, dann »Kundenpolitik«, dann »Öffent-lichkeitsarbeit« und dann – nein, nicht die Mitarbeiter, son-dern die »Personal- und Organisationspolitik«. Distanziertergeht es kaum noch. Von Menschen ist hier nicht die Rede,sondern von Personal: der gesichtslosen Masse, die sich andie Bedürfnisse des Unternehmens anpasst.

    Personal: die gesichtslose Masse, die sich andie Bedürfnisse des Unternehmens anpasst.

    Ganz anders die Website von dm-Drogeriemarkt, der fast diegleichen Produkte verkauft wie Schlecker. Der zweite von

    drei »Grundsätzen des Unternehmens« lautet: »zusammen-arbeitenden Menschen Entwicklungsmöglichkeiten bieten«.Und nach den »dm-Kundengrundsätzen« kommen sofort die»dm-Mitarbeitergrundsätze«. Kann es sein, dass hier ein an-derer Geist herrscht? Das Unternehmen dm-Drogeriemarktist sozial sehr engagiert, womit Schlecker in der Vergangen-heit weniger auffiel. Bei dm lautet der Claim »Hier bin ich

    Mensch, hier kauf’ ich ein«, während Schlecker sich »mo-dern und preisberühmt« gibt. Tja, der Preis ist heiß. Und wiesteht es um den Menschen?

    Clevere Organisationen sind Magnete. Sie ziehen die bes-ten Köpfe an. Menschen suchen sich Organisationen aus, indenen sie sich wohlfühlen und entfalten können. Schließlich

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    verbringen sie einen satten Anteil ihrer Lebenszeit am Arbeits-platz. Wenn Journalisten sie fragen, sagen Mitarbeiter vondm-Drogeriemarkt immer wieder, sie hätten schon viel im

    Handel gearbeitet, aber hier wollten sie nicht mehr weg.Und was hat die Firma davon? Der Kunde? Der Investor?

    A-l-l-e-s! Denn die Mitarbeiter sind  die Firma. Wer innovativsein und sich ständig weiterentwickeln will, braucht Mitar-beiter, die genauso denken und handeln. Die Lust auf Neueshaben, weil es ihnen Spaß macht, ihr Umfeld zu gestalten.Wir müssen endlich kapieren, dass Mitarbeiter keine Zutat

    einer »Organisationspolitik« sind, sondern alles, was ein Un-ternehmen hat. A-b-s-o-l-u-t alles!

    Gehen Sie zum Zahnarzt und erklären ihm,wo er den Bohrer ansetzen soll?

    Es ist doch vollkommen unsinnig, intelligente Menschen ein-zustellen und ihnen dann zu sagen, was sie zu tun und zulassen haben. Mit kreativen Köpfen holen sich UnternehmenInnovationskraft ins Haus. Aber diese Kraft muss sich dannauch entfalten dürfen. Menschen brauchen ein Umfeld, indem sie »einfach mal machen können«, wenn sie zu Hoch-form auflaufen wollen. Für den Fall, dass nur ein reines Funk-

    tionieren gefragt ist, stehen Millionen Chinesen bereit, diegerne jede Schraube nach rechts drehen, wenn man ihnensagt, dass sie die Schraube nach rechts drehen sollen. Undzwar für 50 Cent die Stunde.

    Anziehungskräfte, nicht Ketten!

    Nehmen Sie zum Vergleich eine Fußballmannschaft. Wirmeinen jetzt nicht Regionalliga Nordost, sondern einen Top-Verein wie Chelsea oder Real Madrid. Nicht nur jeder Nach-wuchskicker, sondern auch etablierte Profis bei Vereinen mitweniger Sex-Appeal träumen davon, bei einer solchen Mann-

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    schaft mitspielen zu dürfen. Aber würden die Manager vonBayern München oder Madrid von ihren Spielern als »Ange-stellte«, »Belegschaft«, »Beschäftigte« oder gar »Human Re-

    sources« sprechen? Nein! Sie werden vielmehr wertschätzendvon »unseren Spielern« sprechen, von »Talenten«, von »Spiel-machern«, von »Könnern«. Die Spieler könnten schließlichjederzeit auch anderswo einen Vertrag unterschreiben. ImFußball ist längst klar, dass die Spieler die Mannschaft sind,dass sie alles sind, was einen Verein erfolgreich macht. Wa-rum ist das im Business nicht längst genauso?

    Oder: Stellen Sie sich vor, der Konzertmeister der BerlinerPhilharmoniker würde einen Vortrag an der Hochschule fürMusik halten und die Studenten anschließend fragen: »Wervon Ihnen hätte Interesse, in unserem Orchester mitzuspie-len?« – Wie bitte? Die Studenten würden das zu Recht füreinen Witz halten. Denn natürlich ist es absolut keine Frage,ob ein Musikstudent Lust hätte, in einem der besten Orches-ter der Welt mitzuspielen. Die Berliner oder Wiener Philhar-moniker, das Concertgebouworkest Amsterdam und andereSpitzenklangkörper üben eine solche Anziehungskraft aufMusiker aus, dass sie wahrlich nicht fürchten müssen, in denkommenden Jahren auf die Größe von Kammerensembleszusammenzuschrumpfen. Und das trotz aller Schwierig-keiten, die der Kulturbetrieb derzeit hat.

    Die lebenslange Verurteilung zur Festeinstellungin Bürozellen im Tausch gegen Loyalität und Gehorsamist keine Option mehr.

    Noch ein dritter Vergleich. Als Buchautoren sind wir naturge-

    mäß ab und zu mit der Frage konfrontiert, in welchem Verlagunser Buch erscheinen soll. Wir bewerben uns bei dem Verlagnicht um einen Angestelltenstatus, sondern suchen uns denVerlag aus, der am besten zu uns und dem aktuellen Buchpasst. Wobei die Chemie selbstverständlich auch stimmenmuss. Wir schauen uns dabei an, welche anderen Autoren bei

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    einem Verlag publizieren. Möchten wir mit denen in einerReihe stehen? Umgekehrt steht ein Verlag mit anderen Verla-gen im Wettbewerb um die besten Köpfe. Die hätte dann mehr

    als ein Verlag gerne im Programm. Der springende Punkt ist:Bei jedem Buchprojekt werden die Karten neu gemischt. Dannkann wieder ein anderer Verlag für den Autor die bessereWahl sein. (Oder ein anderer Autor für den Verlag …)

    Das Prinzip trifft auf alle Unternehmen zu: Die lebens-lange Verurteilung zur Festeinstellung mit gemeinschaftlicherUnterbringung in Bürozellen im Tausch gegen Loyalität und

    Gehorsam ist keine Option mehr. Unternehmen, in denen dieArbeit eine graue Tätigkeit ist, die in grauen Gebäuden vorsich hin mäandert, und wo graue Manager ebenso graue Un-tergebene regieren – das funktioniert heute nicht mehr. Es istohnehin fraglich, ob das jemals ein guter Deal gewesen ist.Heute sehen wir, dass sich immer mehr Unternehmen umProjekte herum organisieren. Das bedeutet, dass sie für dasjeweilige Projekt die jeweils besten Köpfe suchen und finden.Immer wieder neu. Unternehmen wie Cisco, SAP oder auchBMW sind bereits ganz stark von einer solchen Projektstruk-tur geprägt. Und bezeichnenderweise gehören sie auch zuden Unternehmen, die auf Talente eine riesige Anziehungs-kraft ausüben.

    Potenzial schlägt Erfahrung

    Im Grunde ist die Sache ganz einfach: Stars ziehen Stars an.Verlierer ziehen Verlierer an. Und Mittelmaß zieht Mittel-maß an. Das war schon immer so. Bloß war es früher nichtso entscheidend. Als die Mühlen der Wirtschaft noch langsa-mer mahlten und der Kuchen am Ende immer für alle zu rei-

    chen schien, war der gefühlte Abstand zwischen Spitze undMittelmaß gar nicht so groß. Heute nimmt er dramatisch zu.Die Gewinner bauen ihren Vorsprung immer weiter aus. Undden Mittelmäßigen droht immer schneller der Abstieg in dieGruppe der Verlierer.

    Wer den Abstieg verhindern will, muss schnell sein. Heute

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    ist keine Zeit mehr, sich erst dann für Menschen zu interes-sieren, wenn sie genügend »Erfahrung« haben. Ein Unterneh-men, das so lange sucht, bis es die Mitarbeiter findet, die

    genau auf eine Stelle passen, weil sie in exakt dem Bereichjahrelange »Erfahrung« haben, wird immer seltener fündigwerden. Erstens, weil Wissen und Erfahrung immer schnellerveralten. Und zweitens, weil die besten Köpfe dann längstwoanders sind. Nämlich dort, wo sie von Anfang an ihr Ta-lent entfalten konnten, statt warten zu müssen, bis sie »erfah-ren« genug sind. Heute entscheidet Potenzial, nicht Erfah-

    rung. Warum haben Fußballvereine Jugendmannschaften?Wieso fördern Klassiklabels Jugendorchester? Warum liegenCastingagenten vor Schauspielschulen auf der Lauer? Weilalle auf der Suche nach Talenten und nicht nach »Beleg-schaft« sind.

    Glücklicherweise gibt es einige Unternehmen, die dieseKultur bereits leben. Die amerikanische FluggesellschaftSouthwest Airlines ist so ein Beispiel. Sie wird regelmäßigmit dem »Customer Service Award« ausgezeichnet. Ihre De-vise im Umgang mit Mitarbeitern heißt: »Wir stellen Lebens-einstellungen ein.« Auch Google ist hier wieder beispielhaft:Das Unternehmen wächst und wächst und wächst. Jede Wo-che kommen derzeit 50 neue Mitarbeiter hinzu. Doch trotz-dem macht Google null Einschränkungen bei der Qualitätder Kandidaten. Es sind die Besten der Besten. Punkt. Sie

    haben einen Intelligenzquotienten jenseits der 130 und Inter-views und Tests bis zum Umfallen überstanden. Und trotzdieses Bewerbungsmarathons gilt Google als der attraktivsteArbeitgeber der USA. Warum? Klar spielen die relaxte Ar-beitsatmosphäre, die kostenfreie Kantine und die überdurch-schnittlichen Gehälter eine Rolle. Doch das ist es nicht allein!Google ist deshalb ein attraktives Unternehmen, weil es seine

    Mitarbeiter nicht nur gut bezahlt, sondern weil sie dort fan-tastische Dinge verwirklichen können. Und weil sie Kollegenhaben, die als die Besten der Besten gelten. Talent zieht wie-derum Talent an. Und Mittelmaß … tut das auch.

    In der Theorie ist vielen Unternehmen klar, wohin dieReise gehen muss. Die Praxis hinkt dann leider oft hinterher.

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    Weil man Querköpfe und junge Stürmer und Dränger auchaushalten muss und das anstrengend ist, holen sich viele Un-ternehmen im Zweifel dann doch lieber angepasste Jasager

    ins Boot. Eigeninitiative und Entschlossenheit sind dort un-gefähr so beliebt wie Rauchen, und Risikobereitschaft wirdjedem operativ entfernt, der ins mittlere Management auf-steigt – immerhin auf Kosten des Unternehmens.

    Langweilige Mitarbeiter bedeuten langweilige Firmen

    bedeuten langweilige Marken.

    Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht nicht darum,Mitarbeitern selbstlos etwas Gutes zu tun. Auch nicht da-rum, aus altruistischen Motiven die Jugend zu fördern, weilsie sonst verlottern würde. Unternehmen sind keine Sozial-stationen. Es geht vielmehr um den Markt. Entscheidend istletztlich, ob jemand vor seinen Kunden bestehen kann. Obder Markt honoriert, was ein Unternehmen tut. Und da gilt:Langweilige Mitarbeiter bedeuten langweilige Firmen bedeu-ten langweilige Marken. Starke Marken dagegen sind für Mit-arbeiter wie Kunden gleichermaßen attraktiv. Es sind zweiSeiten derselben Medaille.

    Die Wirtschaftswoche hat 2006 eine Umfrage gemacht,

    welche Unternehmen/Marken Führungskräfte am faszinie-rendsten finden. Ergebnis: Porsche, Google, BMW, Ferrari,Microsoft. In dieser Reihenfolge. Wollen wir wetten, dass sichbei jeder dieser Firmen mehr Top-Leute bewerben als bei Hy-undai, Lenovo und Nissan zusammen? Immer noch verste-hen zu viele unter einer Marke das äußere Erscheinungsbildeines Unternehmens und seiner Produkte. Wir müssen aber

    kapieren, dass die Marke den Kern, das Herz, die Seele desUnternehmens betrifft. Wer das als Manager verstanden hatund zu leben bereit ist, der wird es auch bei jedem Vortrag, beijedem öffentlichen Auftritt ausstrahlen. Und wenn er dannfragt: »Wer von Ihnen hätte denn Interesse, sich für unser Trai-nee-Programm zu bewerben?« – dann bricht ein Sturm los!