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Allitera Verlag...Max Greger Der Giesinger Metzgerssohn spielte bereits kurz nach Kriegsende als 19-Jähriger im Ratskeller am Ma-rienplatz für den US-Dolmetscher-club. Bald darauf

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Christian Ertl

Macht’s den Krach leiser!Popkultur in München von 1945 bis heute

Allitera Verlag

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Weitere Informationen über den Verlag und sein Programm unter:www.allitera.de

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet zu finden unter:http: //dnb.ddb.de

Bildnachweis: Amadeo: S. 83; Atomic Café: S. 106; Diorgi – Fotolia.com: S. 138; Elaste-Ma-gazine: S. 70, 71; Fanclub Südkurve ´73: S. 29; Flowerstreet Records: S. 110; Gerner Zipfeklatscher: S. 124; Geschichtswerkstatt Neuhausen: S. 17; Grave Stompers: S. 117; Gutfeeling Recordstore: S. 125; Ulrich Handl: S. 53, 54, 56, 57, 72, 123; Richard Kurländer: S. 119; Lila Sterila: S. 48; Holger Mair: S. 79; Achim Meyer: S. 74; Rüdiger Nüchtern: S. 33, 59, 60; Uli Osterle / Christian Moser: S. 90; Karin Pfab: S. 23, 102, 125, 129, 131, 132, 134, 140; Privat: S. 11, 18, 19, 25, 26, 66, 76, 88, 92, 94, 96, 114, 117, 131; Peter Rischer, Erd-mann-Lederbekleidung: S. 15, 31, 32; Richie Rigan: S. 22; Andreas Roth: S. 20; Schlecht & Schwindling Records: S. 81; Spider Murphy Gang: S. 34; Sporthaus Schuster: S. 67; Stadtarchiv München: S. 28; Hans-Peter Thienel: S. 104; Trikont: S. 135; Wecker Archiv: S. 126; Hans Wutz: S. 13

Die Quellen aller Abbildungen wurden sorgfältig recherchiert. Sollte uns ein Nachweis entgangen sein, bitten wir Sie, mit dem Allitera Verlag, Mün-chen, Kontakt aufzunehmen.

Juli 2010Allitera VerlagEin Verlag der Buch&media GmbH, München© 2010 Buch&media GmbH, MünchenRedaktion: Dietlind PedarnigUmschlaggestaltung: Dietlind Pedarnig & Alexander Strathern, MünchenGestaltung Stadtpläne: Victoria KellerHerstellung: Kessler Druck + Medien GmbH & Co. KG, BobingenPrinted in Germanyisbn 978-3-86906-100-9

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Rock im Rio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9AFN und Ami-Clubs · Max Greger · Fred Kinglee & die King-Kols Halbstarke · Rock ‘n’ Roll in den Fünfzigern · Peter KrausPaul Würges · Schwabinger Bräu · Graf Horror Charly

Rock ’n’ Roll und Sex und keine Lügen. . . . . . . . . . . . . . . 21Richard Rigan – der Elvis von Schwabing · Schwabinger 7

»… aber der Nowak läßt mich nicht verkommen« . . . . 24Bei Gisela · Die Gebrüder Samy

Skandal im Sperrbezirk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Jazz in München · Fußballfans · Rocker · Erdmann-JackenSpider Murphy Gang

Ois Chicago! oder: A bisserl was geht immer . . . . . . . . . 35Die Klappe · Regisseure · Helmut Dietl und seine Serien

Randale in Schwabing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Schwabinger Krawalle

München ist die beste Stadt der Welt . . . . . . . . . . . . . . . 41BaBaLu · Rock in den Achtzigern · Munich City NightsRailway · Bands der späten Siebziger und frühen AchtzigerLila Sterila · Pillenbibis · P1

Yeah, yeah, yeah und Toast Hawaii . . . . . . . . . . . . . . . . . .53Beat in München · Highfish-Kommune · Rosy RosyBig Apple und PN · Amon Düül · Embryo · Richard Palmer James

Munich Disco Sound . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63Musiclandstudios · Giorgio Moroder · Munich Disco Sound Schwabylon · Olympiapark · Peter Thomas · TV-Musiksendungen in München · Elaste · Bravo · Das Blatt

»The Hasenbergl Recordings« und David 58 Pe . . . . . . . 7559:1 · Pimpernel · Sparifankal · Mia san dageng –Punk in München · Marionetz · ZSD · Freizeit 81 · BluekillaLes Babacools · Salsa in München · Hip Hop-ArtistsGraffiti-Anfänge in München · Comics

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Willkommen im Club . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91Ultraschall · Union Move · Michael Reinboth

»Hit me with your rhythm stick« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Substanz · Freaky Fukin‘ Weirdoz · Bands der Achtziger und und Neunziger · Kafe Kult

»Kassettenclub« meets Munich Pop . . . . . . . . . . . . . . . . 101Club 2 · Die Landsberg-Weilheim-Connection · ResonanzAtomic Café · Sportfreunde Stiller · Bands der Neunziger und Nuller · Flowerstreet Records · Baader Café

Größenwahn im Glockenbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Tanzlokal Größenwahn und DJ Hell · Bonger Voges

sub-bavaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Rockabilly / Psychobilly · Grave Stompers · Gothic Partys

Für ein Zehnerl ins Paradies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118Fraunhofer · Wolfgang Nöth · Alabamahalle · Willy MichlGerner Zipfeklatscher · G.Rag · Konstantin WeckerAugustiner · Werkstattkino

Ein brasilianischer Türke in München . . . . . . . . . . . . . . 130X-Cess · Schwarzer Hahn

Gut aufgelegt! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133Optimal · Trikont · Jonathan Fischer · Plattenaufleger

Ertls Kneipentipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Danke! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

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VorwortWeil’s immer alle sagen: München, pah, da passiert doch nichts. Das ist CSU (tatsächlich: SPD), BMW, FCB (und meinetwegen TSV), Oktoberfest und Brauereien, sonst nichts. Ein seit Generationen verbreitetes Vorurteil lautet ja, München ist gleich Schicki-micki, die braten da in ihrem eigenen Saft und tragen ihren Ranzen vor sich her. Stimmt natürlich zum Teil auch, ist aber selbstverständlich trotzdem der totale Schmarrn. Weil die paar Hansln, von denen die Medien immer berichten, machen die Stadt nicht al-leine aus, bei Weitem nicht.Dem Konzept von Stattreisen e. V. folgend, statt zu verreisen, die eige-ne Stadt zu entdecken (was natürlich auch Fremde dürfen), möchte hier eingeladen werden, Nischen zu ent-decken und Altbekanntes aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.Dieses Buch ist angetreten, ei-nen Einblick zu geben in das breite Spektrum der Münchner Popkultur vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute. Neues und Legendäres, Skurriles und Mainstreamiges, jun-ge und alte Helden sollen gewürdigt

werden. Dass da viel fehlt, erklärt sich von selbst, es würde schlicht den Rahmen sprengen. Manch einer wird sich fragen, was denn Fußballfans, Brauereien und Fernsehserien mit Popkultur zu tun haben und warum nicht mehr künstlerisch Wertvolles seinen Weg in dieses Bücherl gefunden hat. Die Antwort ist ziemlich einfach: Die Auswahl der Themen ist zu 100 Pro-zent subjektiv. Und außerdem, wer als Nicht-Münchner einmal einen Abend im hiesigen Nachtleben un-terwegs war, so richtig, bis in den frühen Morgen (oh ja, das geht sehr wohl), wird danach aber ganz sicher eine Meinung zu Bier und Fußball haben …Eines noch an die Adresse der Über-legenheitsfanatiker, die sich bemü-ßigt fühlen, ständig und zu jedem Thema Ranglisten aufstellen zu müs-sen: München ist nicht Berlin oder Hamburg oder meinetwegen Köln. Braucht’s auch gar nicht, die anderen sind schließlich auch nicht München. Es lebe der Unterschied! Und viel Spaß beim Lesen.

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FEILITZSCHSTRASSE

WEDEKINDPLATZMÜNCHNER FREIHEIT

MARTIUSSTRASSE

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FENDSTRASSE

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KAISERSTRASSE

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MARTIUSSTRAS

LeopoldstraßSchwabing, Standpunkt 1 • Leopoldstraße / Ecke Feilitzschstraße

Rock im Rio

AFN und Ami-Clubs

Die Amerikaner trafen am 30. April 1945 in München ein und beendeten den braunen Spuk. Der Krieg war damit für die Münchner aus. Ne-ben vielem anderen wurde jetzt das Jazzverbot wieder aufgehoben. Zwar war auch während des Kriegs Jazz erlaubt gewesen, aber nicht die »ver-jazzte und verjudete Tanzmusik der Systemzeit« und der »Nigger-Jazz«, wie sich die Organe der NSDAP ausdrückten. Zuhören durfte man aber der Musik von »Charlie and his Orchestra«, der offiziellen Propa-gandajazzband von Reichsminister Goebbels. Diese Truppe bestand aus deutschen und ausländischen Spit-zenmusikern und spielte 1943 sogar eine Tournee in Frankreich. Nach dem Ende des »Dritten Reiches« waren die Amerikaner verwundert über die Topqualität einiger hiesiger Jazzmusiker …In München wurde der Übergang in die neue Zeit musikalisch schnell

vollzogen. Bereits kurz nach Kriegs-ende spielten hier bekannte Musiker, unter anderem in den neu entstan-denen US-Clubs. Und auch die in der Zeit des nationalsozialistischen Re-gimes existierenden deutschen Jazz-fans schnitten sich die relativ langen Haare ab, wollten modisch aktuell sein und wie die GIs eine »Stiften-kopffrisur«, das heißt zentimeter-kurzes Haar, haben.Die Amerikaner hatten sich in Haid-hausen zwei Bierkeller als zentrale Freizeitorte ausgesucht. Den Bür-gerbräukeller in der Rosenheimer Straße und den Hofbräukeller am Wiener Platz. Außerdem gab es rund um den Hauptbahnhof einige Lokale und Kaschemmen, in denen sich auch Militärangehörige gern aufhielten, und in der Leopoldstra-ße, auf dem heutigen Metro-Areal, ab 1950 bis in die Siebziger hinein, die Cracker-Box. Ein Laden mit ei-sernen Gesetzen. Im Mittelteil saßen weiße US-Amerikaner, rechts Puer-

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toricaner, links Hawaiia-ner und im hinteren Teil Schwarze. An der Bar fan-den sich Deutsche wieder. Bei häufig vorkommenden Schlägereien griff dann die MP (Military Police) herzhaft ein und ver-drosch Alles und Jeden. Zeugenaussagen zufolge sollen allerdings die schwarzen Mi-litärangehörigen überproportional oft unter den bemitleidenswerten Opfern gewesen sein. Neben diesem GI-Treffpunkt gab es noch andere Auftrittsmöglichkeiten für Musiker, etwa einen Officer‘s-Club in der Prinzregentenstraße 1, doch dazu später mehr.Auch in der McGraw-Kaserne im Münchner Süden oder in auswär-tigen Clubs und Casinos hatten sowohl deutsche als auch amerika-nische Musiker die Möglichkeit zu Liveauftritten. In einer Kaserne in Landsberg am Lech spielte in den frühen Fünfzigerjahren ein ameri-kanischer Funker seine ersten Gigs. Der Mann trug den Namen J. R. Cash und wurde später als »Man in Black« unter dem Namen Johnny Cash eine der wenigen Musiklegenden des 20. Jahrhunderts, die diesen Namen auch verdienen.Eine der besten Errungenschaften der Demokratie war für viele die Musik, die ab Juni 1945 auf AFN-Munich lief, dem ersten in Deutsch-land tätigen lokalen Radiosender der »American Forces Network«. Jazz und Western Swing verkünde-ten die große weite Welt und deren unbeschränkte Möglichkeiten. Bis in die Siebziger blieb der Sender mit Sitz in der Kaulbachstraße eine Quelle der Inspiration für Musiker und Musikfans. Vor allem die im-

portierten Sendungen von Wolfman Jack, einem US-DJ, und die Charts waren Pflicht.

Ertls Tipp:

Im von George Lucas ge-drehten Film »American Graffiti« (1973) spielt

Wolfman Jack originellerweise einen Radio-DJ. Der Film zeigt eine Nacht am Ende der Rock ‘n’ Roll-Ära, in der das Ende der Jugend und das Heraufziehen des Erwachsenseins bittersüß beschrieben werden. Ein sehenswerter Film mit einem klasse Soundtrack.

Max Greger

Der Giesinger Metzgerssohn spielte bereits kurz nach Kriegsende als 19-Jähriger im Ratskeller am Ma-rienplatz für den US-Dolmetscher-club. Bald darauf war er nicht nur Mitglied der »Charly Tabor Band«, sondern trat auch mit dem »Sextett Toni Gaukler« in US-Clubs auf, so im Orlando di Lasso, einem Lo-kal am Platzl, das hauptsächlich von schwarzen GIs frequentiert wurde. 1948 gründete er das »Max-Gre-ger-Sextett« und spielte außer im Keller-Club in Freimann auch im Grünwalder Weinbauer. Ab 1949 gab es dann das erste »Tanzorches-ter«. Mit von der Partie waren un-ter anderem der Klarinettist Hugo Strasser und der Schlagzeuger Fred-die Brocksieper. Es folgten erste Schallplattenaufnahmen und Enga-gements für den Bayerischen Rund-funk. Ab 1955 hatte Greger eine ei-gene Big Band, mit der er circa 3000 Titel auf Platte aufnahm. Erfolgreiche Tourneen durch Deutsch-

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land und Europa folgten, und als erste westliche Band nach 35 Jahren durfte die »Max Greger Big Band« 1959 eine Tournee in die Sowjetunion unter-nehmen. Im Jahr 1963 verpflichtete ihn der neue Fernsehsender ZDF für Großauftritte. Damit ist der Saxo-phonist mitverantwortlich für den Erfolg der großen Samstagabend-shows im Deutschen Fernsehen. Ei-nige Shows, in denen seine Big Band mitwirkte: »Vergißmeinnicht«, »Mu-sik ist Trumpf«, »3 x 9«, »Der goldene Schuß«, »Der große Preis«. Und da-mals war es üblich, die Sendungen live zu übertragen und auch alles live zu spielen! Dieses Engagement ging bis 1977 und machte sein Orchester bundesweit zur Institution. Sein bekanntestes Stück ist allerdings nur 23 Sekunden lang. Es ist die Ein-spielung der Thomas Reich-Komposi-tion »Up to Date« und die Titelmelo-die des »Aktuellen Sportstudios«.1986 feierte Max Greger seinen 60. Geburtstag mit einer »Super-

Band«, in der ihm zu Ehren be-rühmte Kollegen wie Hazy Oster-wald (geb. 1922), Paul Kuhn (geb. 1928), Hugo Strasser (geb. 1922) und James Last (geb. 1929) zusammen auftraten.

Ertls Tipp:

Für den Tanzsohlenschwinger in der Kellerbar gibt’s die DVD: »Max Greger. Evergreens«, Aviator Enter-tainment, 2007. Ein Livemitschnitt aus Berlin von 1971 für das ZDF. Nicht nur für Retrofans interessant, es groovt wirklich. Selbst Roberto Blanco und Peggy March werden mit einem satten Big Band-Sound unterlegt und wahrscheinlich des-halb erträglich.

Fred Kinglee & die King-Kols

Fred Kinglee wurde 1923 als Fred Preusser in der Oberländerstraße in Obersendling geboren. Den Namen seiner Band hatte er sich von der Legende Nat »King« Cole geborgt, was dazu führte, dass viele erst mal glaubten, er und seine beiden Mit-musiker Macky Ruff und Ary See-Kolsen seien Amerikaner. Während des Krieges hatten sie bereits bei Lili Marleen, einem legendären Belgra-der Radiosender, musiziert. Als die Amis einmarschierten, tauchten sie zuerst im Berchtesgadener Brat-wurstglöckl unter.Bald darauf spielten sie aber in ame-rikanischen Clubs und kamen sich vor wie im Traum. Kaffee und Scho-kolade, Zigaretten und vieles andere war im Überfluss vorhanden. Musi-kalisch entwickelten sie ihren eige-nen, später »Jazz-Parodien« genann-ten Stil weiter. Weil die Amerikaner mit deutschem Gesang wenig an-

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fangen konnten, sang der vielseitige Kinglee daraufhin seinen Scatge-sang in einer Mischung aus Deutsch und Englisch. 1947 verließen sie die Berchtesgadener Ami-Clubs, um nach München zu gehen. Dort war damals das Zentrum der Unterhal-tungsmusik, und die »King-Kols« holten bei einem Kapellencontest im Kongresssaal des Deutschen Mu-seums sensationellerweise, dank des begeisterten Publikums, den ersten Platz. Sie wurden in der Folge vom damaligen Radio München entdeckt und waren häufig bei Jimmy Junger-manns »Mitternacht in München« und anderen Sendungen zu hören.Mit dem Komponisten und Diri-genten Franz Grothe und dem Lei-ter der Unterhaltungsabteilung des Nordwestdeutschen Rundfunks, Kurt Feltz, spielten sie landauf- und abwärts. Bei Radiogroßveranstal-tungen, damals eine sehr ange-sagte Art von Konzerten, räumten die »King-Kols« ab wie nix. In der Hamburger Musikhalle begeister-ten sie ihr Publikum dermaßen, dass sich die Ränge um zwei Zentimeter senkten und weitere Veranstaltun-gen dieser Art seitens der Baupolizei nicht mehr genehmigt wurden. Als die »Austroton-Starparade« 1950 auf große Tournee ging, durf-ten Fred und seine Jungs nicht feh-len. Zusammen mit unter anderem Bruce Low, Evelyn Künneke und Maria Andergast spielten sie in aus-verkauften Hallen und boten den Menschen Abwechslung vom har-ten Leben in der Nachkriegszeit. Als sie in München im Circus Krone auftraten, hatten sie ein Heimspiel und sollen eine Hysterie unter den Zuschauern ausgelöst haben, die erst mit den »Beatles« wieder erreicht wurde.

Doch bereits 1951 war Schluss mit den Erfolgen. Der Zeitgeist wurde ein anderer, und die »King-Kols«, ein Bindeglied zwischen deutscher und amerikanischer Kultur, waren out, Fred Kinglees Karriere war vorbei. Angeblich soll es später zu Konflikten mit dem Gesetz gekommen sein. Er starb 1975 in Bremen.

Ertls Tipp:

»Lachen Sie mit! Fred Kinglee & dieFred Kinglee & die King-Kols«, Bear Family Records,«, Bear Family Records,, Bear Family Records, 1997. Die CD hört sich heute ein bisslDie CD hört sich heute ein bissl arg altbacken an, meinst du? Kann schon sein. Aber allein für die Idee, ein Couplet von Karl Valentin neu aufzunehmen, gebührt dem Mann Respekt. Seine Mutter, die Volksän-gerin Thea Preusser, ist übrigens in den Zwanzigerjahren mit Valentin im heute nicht mehr existierenden Apollotheater in der Dachauer Straße aufgetreten.

Halbstarke

Als in den Fünfzigern der Rock ‘n’ Roll als erste eigenständige Jugend-kultur in München ankam, fand er freundliche Aufnahme vor allem auch bei den sogenannten »Halb-starken«. Dieser Begriff beschrieb anfangs aggressiv auftretende Grup-pen meist männlicher Jugendlicher, häufig aus der Arbeiterklasse. Nach kurzer Zeit wurde der Begriff auf Ju-gendliche generell angewandt. Ihre Idole waren zum Beispiel die Film-schauspieler James Dean oder Marlon Brando. Auch Horst Buchholz hat-te seit seinem Auftritt in dem Film »Die Halbstarken« (sic!) eine Art Vorbildfunktion. Haupteinfluss war jedoch der Rock ‘n’ Roll, seine Musi-ker und deren Kleidungsstil.

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Die Burschen trugen Nietenhosen (Jeans), karierte Hemden und Lederja-cken sowie eine Haartolle und bohrten ihre Mopeds und Motorradln auf, um anschließend sinnloserweise die Stra-ße rauf- und runterzuknattern. An-sonsten ging man ins Kino, versuchte die Madln zu beeindrucken, und mit seinen Spezln aus der Blasn riss man gern mal ein Packl Watschn auf, um sich mit anderen Cliquen zu messen. Ein Klischee natürlich, aber in diesem Fall eigentlich ein ganz gutes.Jetzt musst du allerdings zuallererst mal unterscheiden zwischen einer kriminellen Bande und einer Blasn. Die »Pantherbande« beispielsweise war keine Blasn, sie war eine straff organisierte Gruppe von Kriminellen. Eine Blasn dagegen war meist einem Stadtteil oder einer Straße zuzuord-nen (Brudermühl-, Westend-, Fall-merayerblasn) und bestand oft genau aus jener Klientel, auf die der Begriff »halbstark« aber auch schon so was von zutraf. Blasn sind allerdings kein Nebenprodukt des Rock ‘n’ Roll. Be-reits seit den Dreißigerjahren traten sie in Erscheinung und sind häufig nicht genau nachzuvollziehen, da es

sich um keine organisierten Gruppen, sondern um lose Vereinigungen han-delte. Damals kamen auch erste Täto-wierungen als Zeichen der Zugehö-rigkeit zu einer dieser Blasn auf. Aber nix Tattoostudio, alles selbst gemacht mit Nähnadeln und Ähnlichem.Natürlich gab’s zu der Zeit auch ein bisserl Ärger, selbst im braven Mün-chen. Die Halbstarkenkrawalle am Stiglmaierplatz im Juni 1956 bei-spielsweise oder der Aufruhr auf der Jakobidult im selben Jahr. Dort war nach dem täglichen Betriebsschluss um acht Uhr abends eine größere Anzahl Jugendlicher nur mit Poli-zeimaßnahmen vom Verlassen des Geländes zu überzeugen. Am letzten Tag der Dult hielten sich ungefähr 100 Jugendliche beim Autoscooter auf. Die Aufforderung zum Gehen wurde mit Johlen und Pfeifen be-dacht. Passiver Widerstand gegen die Staatsgewalt sorgte für erhebliche Schwierigkeiten beim Räumen des Platzes. Danach kamen die bösen Buben jedoch wieder, und erst eine erneute Räumung und die Festnah-me einzelner Beteiligter sorgten für ein Ende der sogenannten Unruhen.

Die »Parkplatz Blasn« mit Paul Würges (Mitte), 1960

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Erstaunlich, gell! Damals wie heute traf man sich am Autoscooter, um ei-nen territorialen Anspruch geltend zu machen und sich zu präsentieren. Auf dem Oktoberfest wurde in den Sieb-zigern gerne mal beim »Pötzsch«-Au-toscooter gezeigt, wer der Chef war. Von was auch immer.

Ertls Tipp:

Die Dult. Sie findet dreimal jährlich (Maidult, Jakobidult, Kirchweih-dult), jeweils neun Tage lang auf dem Mariahilfplatz statt, ist eine Mi-schung aus Volksfest und Jahrmarkt und bietet nichts Weltbewegendes, ganz anders als die Wiesn. Vielleicht genau deshalb einen Besuch wert. Aber nimm einen Regenschirm mit, während der Dult kannst immer von schlechtem Wetter ausgehen. So hat eben jedes Fest seine Traditionen.

Rock ‘n’ Roll in den Fünfzigern

Jetzt war man also ein Halbstarker oder einfach nur ein Fan der neuen Musik, dem Rock ’n’ Roll. Man konn-te sich auf den Volksfesten und in den Bierkellern verlustieren und in der warmen Jahreszeit einfach draußen bei seinem ausgemachten Platz mit den Spezln treffen, sich unterhalten, etwas unternehmen. Oder man hatte seine eigenen Treffpunkte. Die »Rio Blasn«, benannt nach ihrem Treff-punkt, dem Rotkreuzplatz, traf sich im sogenannten »Ko«, dem Billard- und Konzertcafé Kolibri in der Donners-bergerstraße 42, das bereits seit 1923 existierte. Nach dem Krieg schnell wiedereröffnet, waren US-Soldaten gern gesehene, solvente Gäste. Ab 1957 spielte Ossi Brunn mit sei-nen »Rocking Teddy Boys« an den Wochenenden im Ko. Ossi Brunn

war neben Paul Würges DER Mann der Münchner Rock ‘n’ Roll-Szene. Er stammte aus Siebenbürgen und veröffentlichte einige mittlerweile verdammt seltene Singles. Später lebte er in Giesing und arbeitete als Kameramann. Leider verstarb er, nur 69 Jahre alt, im Jahr 2005. Auch der spätere »Narrhalla«-Fa-schingsprinz und Schlagersänger Vittorio Casagrande wurde als »Vit-torio und die Rivieras« im Ko umju-belt, ebenso wie Richard Rigan mit seinen »Demoniacs«.Viele Auftrittsmöglichkeiten lagen in der Stadt im Hauptbahnhofvier-tel, wo auch die Halbseidenen gerne verkehrten. So war in der Goethe-straße das Palais de Dance zu fin-den, in dem viele indonesische Bands auftraten. Diese Musiker kamen über ihre ehemalige Kolonialmacht Niederlande nach Europa und hat-ten neben Musik oft spektakuläre Showeinlagen zu bieten. Auftritte des Lokalmatadoren Paul Würges fanden häufig in der Rumba-Bar, ebenfalls in der Goethestraße, statt.Möglichkeiten für Jugendliche, ihre Musik zu hören, gab es in den von der Stadt eingerichteten Freizeithei-men oder in Lokalen wie dem mit Tischtelefonen ausgestatteten Café Philoma am Stiglmaierplatz. Auch der Hot Club unter dem Augusti-nerkeller in der Arnulfstraße hatte ab den späten Fünfzigern nicht nur Jazz, sondern samstags auch Rock ‘n’ Roll zu bieten. Dort gab es für Mün-chen erstmalig keine Eintrittskarten bei einer Veranstaltung, sondern einen Stempel auf die Hand. Diese Trophäe durfte natürlich nicht ein-fach weggewaschen werden, sondern konnte tagelang bei den Spezln Ein-druck schinden.Ab Juni 1959 fand im Löwenbräu-