50
Manfred und Marianne Haack Übersichtskatalog mit aktuellen Marktpreisen Catalogue with current assessments Alte Eierbecher Schmuckstücke aus Porzellan Antique Egg Cups Jewels in Porcelain

Alte Eierbecher Alte Eierbecher - Battenberg Gietl Verlag · Alte Eierbecher – Schmuckstücke aus Porzellan Übersichtskatalog mit aktuellen Bewertungen Antique Egg Cups – Jewels

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Alte Eierbecher – Schmuckstücke aus PorzellanÜbersichtskatalog mit aktuellen Bewertungen

    Antique Egg Cups – Jewels in PorcelainCatalogue with current assessments

    So selbstverständlich gehören sie zu unserem Alltag, die kleinen Näpfe für das weichgekochte Frühstücksei. Wer denkt dabei schonan die kulturgeschichtliche Herkunft des Eierbechers? Vor allem alte Stücke von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zu den frühen1930er Jahren zeigen uns die ganze Welt des Porzellans im Kleinformat. In ihren Formen und mehr noch in den Dekoren spiegelnsich die Kunststile der jeweiligen Zeit wider: vom Rokoko und Klassizismus bis zum Jugendstil und Art Deco.

    Eierbecher gibt es von königlichen Manufakturen mit klingenden Namen wie Meißen und Sèvres, Berlin und Kopenhagen, doch ebensovon kleinen Werkstätten in Böhmen und Thüringen, Limoges und Paris. Es gibt sie auch in beachtlicher Vielfalt von berühmten eng lischenPorzellanfabriken wie auch von zahllosen Work shops, und auch aus Fernost sind etliche Stücke bekannt, die nur für den Export nachEuropa bestimmt waren.

    All dies bilden die 700 im vorliegenden Band vorgestellten Eierbecher ab, von 250 Jahre alten Museumsstücken und anderen Raritätenbis zu einfach schönen Exemplaren unbekannter Herkunft. Es sind die interessantesten aus der über 1000 Stücke umfassenden Samm-lung von Marianne Haack, jeder einzelne in Augenschein genommen, von Hand geprüft und sachkundig beschrieben. Gegliedert nachGenres, Stilrichtungen und Herkunft erhält der Leser einen eindrucksvollen Überblick über dieses so selbstverständliche Kulturgut, um-rahmt von Hintergrundinformationen und abgerundet durch einen Katalogteil mit aktuellen Bewertungen. Zweisprachig in Deutsch undEnglisch.

    Egg cups belong quite naturally to everyday's life, though, who considers the cultural-historical provenance of these pretty small vessels? Most notably, antique pieces since the middle of the 18th century up to the early 1930s illustrate the world of porcelainin a small format. Egg cups in all styles from rococo and classicism till art nouveau and art deco have been created by renownedmanufactories like Meissen or Sèvres as well as small workshops, and in remarkable diversity by almost all English porcelain factories.

    The book at hand displays more than 700 antique egg cups including 250 years old museum pieces and other rarities as well as simplybeautiful examples of unknown origin. All of them are competently described and valued at estimated prices. Each of the 19 chapters isadded by an abstract in English, and the catalogue descriptions are bilingual as well.

    Preis: 29,90 EUR

    Manfred und Marianne Haack

    Manfred HaackJahrgang 1945, hat lange Jahre als Vertreter einer deutschen politischen Stiftung im Nahen Osten und in Südasien gearbeitet und lebtseit 2007 wieder als freier Autor in Berlin. Nach zahlreichen Veröffentlichungen zu politischen und kulturhistorischen Themen hat er jetztdie Eierbecher-Sammlung seiner Frau dokumentiert und nach Herkunft und Stilrichtungen kommentiert.

    Marianne HaackIhre in 30 Jahren zusammengetragene Sammlung war Anregung für dieses Buch und ist darin in ihren wesentlichen Teilen abgebildet.

    Manfred Haack who has written various essays on cultural-historical themes now presents an annotated documentation of the egg cupcollection which over 30 years has been assembled by his wife Marianne Haack.

    Man

    fred

    un

    d M

    aria

    nn

    e H

    aack

    Alt

    e Ei

    erb

    ech

    er S

    chm

    uck

    stü

    cke

    aus

    Porz

    ella

    n

    An

    tiq

    ue

    Egg

    Cu

    ps

    Jew

    els

    in P

    orc

    elai

    n

    Übersichtskatalog mit aktuellen Marktpreisen

    Catalogue with current assessments

    Alte EierbecherSchmuckstücke aus Porzellan

    Antique Egg CupsJewels in Porcelain

    Alte Eierbecher Titel_Layout 1 03.08.11 11:22 Seite 1

  • Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 2

  • Manfred und Marianne Haack

    Alte EierbecherSchmuckstücke aus Porzellan

    Antique Egg CupsJewels in Porcelain

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 1

  • Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 2

  • Übersichtskatalog mit aktuellen Marktpreisen

    Manfred und Marianne Haack

    Alte EierbecherSchmuckstücke aus Porzellan

    Antique Egg CupsJewels in Porcelain

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:59 Seite 3

  • Impressum

    Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

    ISBN 978-3-86646-074-4

    1. Auflage 2011© 2011 Battenberg Verlag in der H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH • RegenstaufAlle Rechte vorbehalten.(www.battenberg.de)

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 4

  • Vorbemerkungen

    Vorbemerkungen

    Die in diesem Buch abgebildeten 700 Eierbecher gehörensämtlich zur Sammlung „Marianne Haack“ und illustrieren inrepräsentativer Auswahl die in 19 Kapitel gegliederte Thema-tik.

    Die Kurztexte in Englisch sind von Julie Saint-John, Lehrerinin Tehachapi, Kalifornien, und dem Harvard-AbsolventenRayd Abu Ayyash in Amman, Jordanien, durchgesehen wor-den.

    Das Layout hat Regina Schindler unter aufmerksamer Anteil-nahme ihres kleinen Sohns Maximilian gestaltet.

    Hinweise auf eventuelle Fehler und Irrtümer nehme ich dank-bar unter entgegen.

    Manfred Haack

    Preliminary remark

    All 700 here displayed egg cups belong to the collection “Ma-rianne Haack” and illustrate as representative selection thesubject matter.

    The abstracts in English have been looked over by Julie Saint-John, teacher in Tehachapi, California, and Harvard graduateRayd Abu Ayyash in Amman, Jordan.

    The layout has been designed by Regina Schindler with theattentiveness of her little son Maximilian.

    Advices on possible mistakes and errors would be appreciated:.

    Manfred Haack

    5

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 5

  • Inhalt

    Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

    1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg . . . . . . 7

    2. Souvenirs mit Nutzwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

    3. Hühner – was denn sonst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

    4. Blüten und Blumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

    5. Zwiebelmuster und andere Blaumalerei . . . . . . . . . . . 59

    6. Old Blue Willow und andere blaue Druckdekore . . . . . 73

    7. Schön aber selten – deutsche Manufaktureierbecher . 85

    8. Eierbecher aus deutschen Porzellanregionen . . . . . . . 95

    9. Dresdener Porzellanmalerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

    10. Sèvres, Porcelaine de Paris und Limoges . . . . . . . . . 119

    11. Traditionelle aus England I – The Big Five . . . . . . . 131

    12. Imari und Kakiemon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

    13. Traditionelle aus England II – Kleine und Feine . . . 161

    14. Eierbecher im Arts & Crafts Style . . . . . . . . . . . . . . 179

    15. Meisterstücke des Jugendstils . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

    16. Formen und abstrakte Muster des Art Déco . . . . . . 205

    17. Spritzdekor und Blütenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

    18. Andere Europäische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

    19. Ostasiatische Exportware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

    Anhang:

    Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

    Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 6

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    7

    Zur Leidenschaft des Eierbechersammelns

    Es gibt harmlos scheinende Gewohnhei-ten, die ganz zufällig anfangen und ir-gendwann unvermeidlich in eine Art Be-sessenheit umschlagen. Solches ge-schieht, wenn man sich darauf einläßt,Eierbecher zu sammeln. Davon halte sichfern, wer den Ruf eines seriösen Kunst-sammlers anstrebt, jedenfalls aber, werseinen Enkeln ein solideres Erbe hinter-lassen will. Die einmal entflammte Lei-denschaft des Eierbechersammelns ver-zehrt letztlich die Ersparnisse – und führtdennoch nicht über den Status eines Un-derdogs der Antiquitätenszene hinaus.

    Wie gesagt, es fängt harmlos an, mitdem Souvenir etwa, dessen aufge-drucktes Strandbadpanorama die Ur-laubsfreude festhält, oder dem in Pro-secco-Laune gegen den warnenden In-stinkt erworbenen Kitschstück in Kü-kenform oder auch dem Gastgeschenkeines Kulturmenschen, dem die Sam-meltasse dann doch zu teuer war. Na-türlich ist es eine Frage des persönli-chen Naturells, ob solche Eierbecherbei den dekorativen Nippes des zeitge-nössischen Wohnstils abgelagert wer-den, oder ob sie nach einer gewissenInkubationszeit das Sammelfieber aus-brechen lassen. Dieses wäre zwar nichtmehr heilbar, man kann aber, von ei-

    1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    Tanzende Hasen, handgemalt um 1900 Heinzelmännchen, handgemalt um 1900

    nigen unangenehmen finanziellen Ne-benwirkungen abgesehen, überaus ge-nußvoll darunter leiden. Bald wird daszuvor eher beiläufig erlebte Sonntags-vergnügen, über einen besseren Floh-markt zu streifen, dem Streben nachAkquisitionen untergeordnet. Irgend-wann sticht dort ein älterer Eierbechermit tanzenden Hasen ins Auge, und dermäßig interessierte Dealer läßt sichnoch von sechs auf fünf Euro runter-handeln. Ein anderes Mal ist es einHeinzelmännchen mit Blumenstrauß,und dann kommt die Ahnung auf, daßes unübersehbar viele Eierbecher mitallen nur vorstellbaren Motiven gibt.Nun wird man wählerisch, bevorzugt

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 7

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    8

    bald handgemalte statt gedruckter De-kore, weiß zwischen echtem MeißenerZwiebelmuster und dessen allgegen-wärtigen Plagiaten zu unterscheidenund läßt sich schon gar nicht mehrSchmuddelstücke als „antik“ auf-schwatzen. Allmählich schärft sich derBlick, um in dem weithin gleichartigenFlohmarktsortiment, dessen Qualitätder „Kiloware“ im Jargon der Brief-markensammler entspricht, die selte-nen Pretiosen zu entdecken. Zur Ken-nerschaft führt schließlich der prüfen-de Blick unter den Fuß, wo die gedie-generen Stücke als Ausdruck miniatur-künstlerischen Ordnungssinns mit Ma-nufakturstempeln gekennzeichnet sind.Um deren dem Chinesischen vergleich-bare Zeichensprache auch nur ansatz-weise deuten zu können, wird nun derErwerb eines Findbuchs für Porzellan-marken unabdingbar, was wiederumüber kurz oder lang den Aufstieg in dieProfiliga nach sich zieht. Dies wieder-um bedeutet, daß man irgendwann in

    einem very British Antiquitätenge-schäft in Londons Kensington ChurchStreet vor der Frage stehen wird, obman wegen eines traumhaften Worc -ester egg cup's aus dem 18. Jahrhun-dert Ärger mit seiner Bank riskierensoll. Vielleicht beläßt man es danndoch bei weniger kostspieligen Raritä-ten, etwa einem handgemalten Eierbe-cher im Silbergefäß – und erträgt dieEinreden von Kunstbanausen, daß dereher wie eine Mokkatasse aussehe.

    Um es deutlich zu sagen, ein Eierbe-cher mit ansprechendem Dekor, ohneStempel, aber nach Form und Zustandeinigermaßen plausibel der vorletztenJahrhundertwende zuzuordnen, kann,obschon für nur fünf Euro gekauft, alssammelwürdiges Schmuckstück gelten.Es muß nicht immer Meißen sein. An-dererseits muß ein standesgemäß teu-rer „Meißen“ nicht unbedingt antiksein. Gerade die Geschäftsidee dieserehrwürdigen Porzellanmanufaktur, et-

    liche klassische Muster früherer Hoch-zeiten bis heute zu produzieren, führtdazu, daß ihren zeitlos exquisiten Ei-erbechern nicht auf Anhieb anzusehenist, ob sie aus dem 19. Jahrhundertoder aus aktueller Produktion stam-men. Auch ein hoher Preis bürgt hiernicht für Alterswert, wenn brandneueEierbecher eines Traditionsservices, dieim Porzellangeschäft schon über 200 €kosten, in Ermanglung echt alter Ex-emplare, als Antiquität ausgegebenwerden. Da muß man sich dann dochmit der Hieroglyphik der blauenSchwerter beschäftigen, um zumindestneuere Stücke von denen, die vor 1924produziert wurden, unterscheiden zukönnen.

    Bei industriell produzierten Standard-services fallen Eierbecher gemeinhin alslustlos gestaltetes Zubehör ab. Dieseund auch jene jüngeren Exemplare imschmucklosen Fließkonturstil der 50erJahre eignen sich nicht unbedingt zumSammeln und, ihres geringen Kaliberswegen, auch nicht für die alternativeVerwendung als Poltergeschirr. Die abden 60er Jahren besonders von Rosen-thal beförderte Renaissance künstle -rischer Porzellangestaltung hat zwaravantgardistische Sammeltassen undVasen sowie allerlei andere zweckfreieObjekte hervorgebracht, den Eierbecherdagegen einer restgestalterischen Ver-simpelung überlassen. So ist es in jün-gerer Zeit bei neuen „alten“ und anson-sten wenig originellen modernen Eier-bechern geblieben, wobei erstere nichtganz echt und letztere, verglichen mitden Schmuckstücken früherer Epochen,schlichtweg mickrig aussehen – ganz zuschweigen von den diskusförmigenMißbildungen, die eingefallenen Spie-geleiern ähneln und eigentlich Eiertellerheißen müßten. Der ambitionierteSammler sollte auch primitive Imitatebekannter Marken meiden und sich mittapferem Abscheu gegen Eierbecherku-riositäten wie etwa die in England be-liebten offenen Hohlköpfe und derglei-chen Geschmacksverirrungen immuni-sieren.

    Eierbecher im Silbergefäß, Minton ca. 1895

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 8

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    9

    Wer sich statt dessen der kunsthand-werklichen Eigenart des im Genre desGebrauchsgeschirrs nur scheinbar einZwergendasein fristenden Eierbecherszuwendet, wird eine überraschendeVielfalt an alle Stilepochen der Porzel-lankunst repräsentierenden Stückenentdecken. Deren Formen sind wegender Kleinheit des Objekts strenger an dieGefäßfunktion gebunden als die vonTassen, Kannen und Tafelaufsätzen. Zu-weilen gerät solche Not zur Tugend,wenn der Eierbecher als auf die reineForm reduzierte Stilprobe eines be-rühmten Services dessen prominentereTeile übertrifft. Dies zeigt sich mit denkleeblattfüßigen Eierbechern des Dona-tello von Rosenthal ebenso wie beimPingpong-Service von Thomas und injüngerer Zeit sogar bei dem modischenFayencegeschirr Leonardo.

    Die Dekore von Eierbechern beschränk-ten sich aus schlichtem Platzmangelhäufig auf Zitate des die größeren Teileschmückenden Musters. Auf der ande-ren Seite gab es eigenständige Minia-turen wie etwa die Eierbecher des FloraDanica-Services von Royal Copenha-gen, die ebenso wie jedes andere derweit über 1000 Teile individuell vonHand bemalt wurden. Auch waren denPinselartisten in Meißen und Sèvresoder den Dresdener PorzellanmalereienEierbecher nicht zu klein, um sie mitwinzigen Watteauszenen zu verzieren.In solcher auf das Randgeschehen einesGenres gerichteten Aufmerksamkeit, diedas Kleine zum Feinen aufwertet, wirdnicht nur die post-opulente Tugend„Small is beautiful“ erkennbar, sondernauch eine Demokratisierung des zuvordem Adel und den Reichen vorbehalte-nen Antiquitätenwesens. Zwar gibt esnoch einige vornehme Etablissements,in denen die Frage nach alten Eierbe-chern – etwa so als ob man in einemGourmetrestaurant nur das Amuse-gueule bestellt – mit hochgezogenenAugenbrauen quittiert wird. Solch anti-quierte Attitüde verfehlt freilich denZeitgeist, denn wo klamme Hochgebo-rene ihre Herrschaftssitze für Touristen

    öffnen, und die Neureichen modernereLuxusobjekte als Statussymbole bevor-zugen, geht der Bedarf an Prunkser-vicen, zwölfspännigen Kutschen ausPorzellan und voluminösen Ming-Vasennaturgemäß zurück. Dagegen lösen alteEierbecher, obwohl für exquisite Raritä-ten auch schon mal ein exorbitanterPreis verlangt wird, selten Neidkomple-xe aus und bleiben für den normalver-dienenden Liebhaber noch eben er-schwinglich. Dennoch ist das Zusam-mentragen von Eierbechern, trotz allemin der Natur der Sache liegenden Un-derstatements, ein extravagantes Hobby– aber was besagt das schon, wenn heu-te doch jede Sammelei, auf welchem Ni-veau auch immer, eine per se klassenlo-se Leidenschaft ist.

    Im Grunde geht alles Sammeln auf einezivilisatorische Großtat unserer frühenVorfahren zurück, nur daß es längstnicht mehr der Anlage von Vorrätendient. Heute geschieht es aus Lust – diezuweilen manische Züge annehmenkann – und ist demzufolge zweckfrei.Denn es geht ja nicht um die Einlage-rung knapper Güter, sondern um die mitInbrunst betriebene Aufbewahrung ei-ner stetig wachsenden Menge eigentlichnutzloser Gegenstände. Dies galt für dieunzähligen Prunkservice Augusts desStarken, die gar nicht zum Speisen ge-braucht wurden, wie für die Zigaretten-bilder, die Geringverdienende des frü-hen Industriezeitalters sorgfältig in Al-ben klebten. Es gilt für die Großgemein-schaft von Briefmarkensammlern, dieihre Wertpapiere strikt vor postalischerVerwendung bewahren, wie überhauptfür alle, die irgendwo zwischen Tandund Pretiosen eine sammlungswürdigeSpezies entdeckt haben, bis hin zu be-tuchten Exzentrikern, die sich Garagen-hallen mit Oldtimern vollstellen. Undnatürlich gilt dies auch für das Sam-meln von Eierbechern, denn die bräuch-te man in größerer Zahl nicht einmal imunglücklichen Fall, daß die gesamteVerwandtschaft zum Frühstück kommt,weil dann Rührei in Schüsseln die prak-tischere Lösung wäre.

    Ökonomische Aspekte des Eierbechersammelns

    Da Sammeln, wie schon gesagt, heutzu-tage nichts mehr mit Bevorratung zutun hat, gehört es in die Kategorie derBereicherung. Wer dabei gleich anWertsteigerung denkt, sollte allerdingsstatt eines barocken Porzellanstücks lie-ber 30 Aktien der Telekom ins Porte-feuille legen. Eierbecher, auch die ganzseltenen und die ganz teuren, eignensich nicht als Vermögensanlage, undwer ein paar tausend Euro für 250 Jahrealte Coquetiers von Limoges ausgibt, in-vestiert nicht sondern konsumiert. DerPreis, der bei sehr seltenen Stückenastronomisch sein kann, richtet sichnach dem mit Marke belegten Alter undlupenreiner Qualität, nicht nach einemrational kalkulierbaren Wiederverkaufs-wert. So dürfte etwa ein Flight & BarrWorcester mit eingraviertem „B“ undhandgemaltem Dekor „Music pattern“,wenn er denn überhaupt angeboten

    Fayence Leonardo, Villeroy & Boch 1970er Jahre

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 9

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    10

    wird, kaum unter 1000 £ zu haben sein.In welcher Höhe sich das Kleinod, wennirgendwann nötig, wieder zu Geld ma-chen läßt, hängt freilich davon ab, obzum fraglichen Zeitpunkt jemand an-ders verrückt genug ist, einen solch ex-orbitanten Preis zu zahlen. Soll heißen,Eierbecher werden nicht eigentlich zuMarktpreisen, sondern zu Liebhaber-preisen gehandelt, und das läuft dannhäufig auf ein Glücksspiel hinaus. DerSammler ist zwar vordergründig in derbesseren Position, weil er nicht kaufenmuß, während der Dealer vom Verkau-fen lebt. Wenn Ersterer aber einem seitlangem gesuchten Stück begegnet, kannder emotionale Überschwang leicht diekaufmännische Vernunft verdrängen;und dies weiß wiederum jeder lebenser-fahrene Antiquitätenhändler.

    Unterhalb der exquisiten und deshalbunberechenbar teuren Eierbecher gibt esdurchaus preiswerte schöne und selteneund auch genug gute unter den schlich-teren Stücken, um im Zweifel auf ande-re sich bietende Gelegenheiten wartenzu können. Schöne alte Hühner, thürin-gische Zwiebelmuster oder Delfter Müh-len entdeckt man immer mal wieder.Und auch von den Manufakturgeschir-ren des 19. Jahrhunderts ist noch genug

    physisch vorhanden, auch wenn vonden dazugehörigen Eierbechern zeitwei-se nicht allzu viele angeboten werden.Andererseits ist Geduld der spezifischeNervenkitzel des Sammelns, ohne denes seinen Reiz verlöre.

    Alte Eierbecher sind, schon weil es sienicht zu jedem Service gibt, seltener alsTeller, Tassen oder Kannen und deshalbvergleichsweise teurer. Absolut betrach-tet kosten sie natürlich weniger als auf-wendigere Geschirrteile, weil sie stets soklein bleiben, wie das Hühnerei es vor-gibt, und deshalb kunstvollen Applika-tionen von allerlei Zierrat keine Flächebieten. Zudem ist es praktischer, die Mi-niaturen eines Genres zu sammeln alsderen kolossale Exponate. So wie schö-ne Bilder auf Briefmarken, anders alsgerahmte Graphiken, in handliche Al-ben passen, oder Schützenvereinsabzei-chen in kleinere Vitrinen, wo fürHirschgeweihe ein Jagdzimmer nötigwäre, sind eben auch Eierbecher hand-licher als Kaffeekannen und insoferndie adäquate Antiquität für Menschenin bürgerlichen Wohnverhältnissen. ImUnterschied auch zum Briefmarkensam-meln, das wesensbedingt zum Autismusführen kann, ist das von Eierbechernkommunikativ und ganz anders als die

    philatelistische Geheimwissenschaft un-gemein anschaulich. Schließlich ist dasSammeln von Eierbechern auch lebens-näher als das von Ansichtstassen undSchmucktellern, weil diese in endloserVariantenzahl allein für den Sammler-markt produziert werden. Etwas anderessind Souvenireierbecher, die besser aufdem Frühstückstisch als in der Vitrineihren Sekundärzweck der Tourismus-werbung erfüllen – und dies schon seitdem frühen 19. Jahrhundert. Alte hand-bemalte Exemplare zählen zu den Rari-täten, und viele der bis in die 1920erJahre, obschon dann überwiegend mitmodernen Druckverfahren hergestelltenStücke sind von hoher Qualität. NeueresSouvenirporzellan stammt dagegen ausindustrieller Massenproduktion undverdient keine ernsthafte Beachtung.

    Eierbechersammeln ist ein relativ neuesKulturverhalten und deshalb – außer inEngland, wo diese Leidenschaft Pocil-lovy und die ihr Frönenden Pocillovistsheißen – noch nicht professionalisiert.Hierzulande und im Unterschied zu anderen Sammeldisziplinen widmensich dem Eierbecher weder Sammlerver-bände noch Sammlerzeitschriften oderSammlerbörsen. Es gibt auch keinenMarkt im eigentlichen ökonomischenSinn wie bei altem Silber, Uhren, Füll-federhaltern, Porzellanfiguren oder denGroßbranchen Briefmarken und Mün-zen, sondern eine eher willkürliche, be-stenfalls auf frühere Auktionskatalogegestützte Preisbildung. Da kann schonpassieren, daß ein seltener Eierbecher,den man beglückt und ohne langes Feil-schen auf dem Flohmarkt erworben hat,einige Wochen später in einem Antiqui-tätengeschäft für den halben Preis zuhaben wäre. Zuweilen mag auch irritie-ren, wenn für ein schönes Exemplareinzeln ebensoviel verlangt wird wieanderswo für einen kompletten Sechser-satz. Ob da der einzelne überteuert oderdie sechs ein Schnäppchen sind, läßtsich in der Regel nicht sagen – fürSammler wäre es auch irrelevant, weildie gewöhnlich nur an Einzelstückeninteressiert sind.

    Schmusekatzen, Druckdekor um 1900 Bärenstarkes Tennis, Druckdekor um 1880

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 10

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    11

    Antikmärkte und feinere Adressen

    Schöne alte Eierbecher sind nach einemvon Haushaltsauflösungen der Vor-kriegsgeneration in den 70er und 80erJahren ausgelösten Überangebot inzwi-schen eher rar. Erlesene Stücke findetman gelegentlich bei Antiquitätenmes-sen und im etablierten Antiquitäten-handel, solche des noch erschwingli-chen gehobenen Niveaus dagegen nurmit Geduld und einem QuentchenGlück. Auf Antik- und Flohmärkten –was immer der Unterschied zwischenbeiden sein mag – werden überwiegendStücke aus frühen Großserien, wie zahl-lose Strohblumen- und Zwiebelmuster,oder aus Gebrauchsgeschirr ab den 30erJahren angeboten. Diese heute überallzu findenden Straßenmärkte gehören zueiner dem Motto „Schnell“ und „Billig“folgenden Subkultur, die in der VarianteFast-food bereits Teile des öffentlichenLebens prägt. Vorbei sind die Zeiten, alsauf seriös betriebenen Flohmärktennoch gepflegte Gebrauchsgegenständeaus Opas Zeiten für wenig Geld gehan-delt wurden, und die Jüngeren manchaltes Stück – Nähmaschine, Kupfertopfoder Vertiko –, das ihre Eltern in den50ern zugunsten von Nierentischen, Tü-tenlampen und Regalelementen auf denMüll geworfen hatten, zu passablenPreisen zurückerwerben konnten. Heutewird der Plastikramsch jener Zeit nebenRussenmützen, plüschigen Second-hand-Klamotten und CD-Raubkopienfeilgeboten. In diesem Ambiente fristenalte Eierbecher und andere Kleinanti-quitäten ein Nischendasein, und diedort eher selten zu findenden Schmuck-stücke sind zuweilen teurer als im An-tiquitätengeschäft.

    Dieser Trend läßt sich in Berlin auf demzur Touristenattraktion verklärten Floh-markt an der Straße des 17. Juni ebensobeobachten, wie an der nobleren Adres-se des Antikmarkts in den Stadtbahn-bögen an der Friedrichstraße, wo zwarnicht die hohe Qualität des Angebots,dafür aber die Zahl der Antiquitäten-

    händler peu à peu zurückgeht. Auchjährlich wiederkehrende Messeereignis-se wie „Antiqua“ und „Nostalga“ sindGeschichte oder finden heute in ande-ren Städten wie Stuttgart und Olden-burg statt. Dennoch wird, wer in Berlinalte Eierbecher sucht, am ehesten amWochenende auf dem 17. Juni und täg-lich (außer Dienstags) in den Stadtbahn-bögen fündig, sonst vielleicht noch inder Suarezstraße oder am Fasanenplatz.Wenig bis nichts haben dagegen selbstgroße Trödelmärkte, wie der am Ost-bahnhof, sowie die erstaunlich populä-ren Nachtflohmärkte zu bieten, undauch an traditionellen Orten des Anti-quitätenhandels wie der Keithstraße undMotzstraße gehören Eierbecher selbsthöheren Preisniveaus nicht zum Sorti-ment.

    In Hamburg ist das traditionelle Anti-quitätenviertel zwischen Colonaden,Gänsemarkt und ABC-Straße fast völligder innerstädtischen Modernisierungzum Opfer gefallen, und das sogenannteAntik-Center im Keller der Alten Markt-halle verläßt der erwartungsfroheSammler schneller als er hingefundenhat. Aber auch in den Passagen werdener oder sie vergeblich nach dem engli-schen Antiquitätengeschäft, das immerausgefallen schöne Eierbecher hatte,oder ähnlich interessanten Orten suchen– und selbst die Lobsterbar im Hanse-Viertel, wo man nach erfolgreichen Ak-quisitionen die restliche Barschaft ver-jubeln konnte, ist nicht mehr, was sieeinmal war. Ähnlich enttäuschend dürf-te ein Besuch in Pöseldorf ausfallen, wovon den einst die Milchstraße dominie-renden Antiquitätengeschäften geradeeines – dafür aber immerhin noch etli-che Restaurants – übrig geblieben sind.

    Bedauerlicherweise sieht es in vielendeutschen Großstädten nicht andersaus, obschon die aktuellen Reiseführerin dieser Hinsicht häufig mehr verspre-chen als vor Ort tatsächlich gebotenwird. Aber auch in London, Paris, Brüs-sel oder Wien ist es heute weit schwie-riger als vor 20 Jahren, schöne alte Ei-

    erbecher zu finden. Offenbar hat sichein gehöriger Teil des Antiquitätenhan-dels, wie so vieles andere auch, auf dasInternet verlagert. Wer die gängigen eu-ropäischen Websites etwa nach demStichwort „Jugendstil Eierbecher“durchsucht, findet schon mal einenMeißen von Riemerschmid in einemMünchener Auktionshaus oder einenRosenthal Donatello irgendwo in Eng-land. Ob das dem Sammler, dem seineLeidenschaft immer noch Hobby ist, diegleiche Befriedigung verschafft wie derErwerb einiger mittelprächtiger Stückenach stundenlangem Drängeln durchdie engen Gänge eines Antikmarkts, istallerdings eine offene Frage.

    London ist natürlich immer eine Reisewert und für Eierbechersammler nachwie vor ein Muß, nicht nur wegen derPortobello Road. In dem kleinen Viertelum die Camden Passage in Islingtongab es vor einigen Jahren einen Laden,der ausschließlich Eierbecher, wenn-gleich vorwiegend billigere Stücke undKuriositäten führte, mit dieser liebens-werten Monokultur aber nicht langeüberlebte. Dennoch lohnt sich der Be-such der Passage und der kleinen Gas-sen drum herum wegen einer Anzahlgut bestückter Antiquitätengeschäfte.Dagegen wird man in der King's Roadin Chelsea vergeblich nach dem Anti-quarius suchen, wo man bis vor kurzemschon mal interessante Egg cups findenkonnte. Einige der dort verschwunde-nen Shops sind allerdings im Grays An-tique Market zwischen Davies Streetund Davies Mews wiederaufgetaucht.Sonst bieten die Antiquitätengeschäfteim feinen Mayfair zwischen ShepherdMarket und Bond Street viel Exquisitesund Teures, Eierbecher freilich eher sel-ten. Eine gute Adesse ist trotz allen Tou-ristenrummels und zunehmender Ein-mischung von Modeläden der samstäg-liche Antikmarkt in der Portobello Road.Diese ist über die U-Bahnstation NottingHill Gate zu erreichen, von wo aus maneinfach den dahinströmenden Touri-stenscharen folgt. In einer labyrinthi-schen Unordnung von Geschäften,

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 11

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    12

    Marktständen, Kleinkaufhäusern undzahllosen Verkaufsnischen in verwin-kelten Passagen werden neben dem un-vermeidlichen Trödel noch Antiquitätenim engeren Sinn und in allen Preislagenangeboten, darunter auch alte und sel-tenere Eierbecher. Wer hier nichts fin-det, kann es noch in der nahegelegenenKensington Church Street, der erstenAdresse des Londoner Antiquitätenhan-dels versuchen. Eierbecher, die bei die-

    unbedingt auch Eierbecher. In Amster-dam reihen sich gut zwei Dutzend An-tiquitätengeschäfte entlang der Spiegel-gracht und der Neuwe Spiegelstraat biszur Keizersgracht. Deren gediegenesHochpreissortiment an Ziermöbeln undostasiatischen Porzellanen ist ein-drucksvoll, für Eierbechersammler aberwenig ergiebig. Für die dürfte das 10Minuten entfernt zwischen (zugeschüt-teter) Elandsgracht und Lijnbaansgrachtgelegene Looier Kunst en Antiekcen-trum mehr zu bieten haben und zwartäglich von 11.00 bis 17.00 Uhr außerFreitags . In Brüssel steht bei den exqui-siten Antiquitätengeschäften um diePlace du Grand Sablon auch schon malein seltener Eierbecher von Tournai imSchaufenster – deutlich preisgünstigereStücke sind zuweilen auf dem dort je-den Samstag und Sonntag stattfinden-den Antikmarkt zu entdecken. Mankann es auch auf der etwas weiter süd-lich gelegenen Place du Jeu de Balleversuchen, wo es täglich von 7.00 bis14.00 Uhr einen Flohmarkt und in demumgebenden Quartier Marolles weitereAntiquitätengeschäfte gibt. Hier stehenfreilich wie in Amsterdam exquisite alteMöbelstücke und orientalische Kunst-objekte im Vordergrund, während euro-päisches Porzellan weniger vertreten ist,von Eierbechern ganz zu schweigen.

    Ähnlich sieht es in Wien aus, wo es angut sortierten Antiquitätengeschäftennicht mangelt, dagegen schon an altenEierbechern, gerade auch solchen deshier sonst allgegenwärtigen Jugendstils.Am ehesten wird man noch in den Gas-sen zwischen Hofburg und Graben fün-dig, manchmal auch im Szene-ViertelSpittelberg hinter dem neuen Museums-quartier. Dagegen hat der legendäreFlohmarkt, immer samstags am Endedes Naschmarkts, seine besseren Tagehinter sich; hier gibt es neben reichlichSecond Hand-Ramsch und anderemKrempel allenfalls auf der zur LinkenWienzeile gelegenen Seite interessante-re Objekte, darunter manchmal auch Ei-erbecher. Im Sommer könnte sich einAbstecher zum Kunst- und Antikmarkt

    Taufgeschenk, Porzellan aus Limoges für BerlinerJuwelier ca. 1860

    sen noblen Geschäften in den Vitrinenstehen, sind dem Sammler immer einGlückserlebnis – für dessen Reisekassefreilich ein Desaster.

    Das Pariser Pendant zur KensingtonChurch Street – auch was die gepflegteHerablassung gegenüber der Laufkund-schaft betrifft – ist der Louvre des Anti-quaires, ein opulentes Kaufhaus mit et-wa 250 Antiquitätengeschäften im ehe-maligen Grand Magazin de Louvre ander Place du Palais Royal. Dort kannman Coquetiers in Gestalt feiner Fa-yencen für 3500 € finden, oder zu etwasgünstigeren Spitzenpreisen exquisiteStücke von Sèvres, Limoges und Porce-laine de Paris. Wer über begrenzte Res-sourcen verfügt, sollte es hier beimStaunen belassen und am Wochenendeeinen Vormittag lang durch den Marchéaux Puces de St-Quen, MetrostationPorte de Cignancourt, streifen. Auf die-sem ältesten und größten Pariser „Floh-markt“ bieten rund 2000 Händler in derüblichen Bandbreite von Krempel undAltpapier bis zu erlesenem Kunsthand-werk und antiquarischen Raritätenziemlich alles an, was Sammler undLiebhaber suchen, darunter auch vielPorzellan vom Wegwerfgeschirr bis zumalten Prunkservice und zwischendurchimmer auch interessante Eierbecher –pardon Coquetiers. Im jüngst als Anti-quitäten-Viertel herausgeputzten CarréRive Gauche, südlich der Seine zwi-schen Quai Malaquais und Rue Jacob,gibt es mehr Galerien als Antiquitäten-geschäfte und in diesen überwiegendMöbel, Kunstobjekte, wenig Porzellanund noch seltener Eierbecher. Das glei-che gilt für das Village St-Paul, auf deranderen Seineseite zwischen Quai Cele-stine und Rue Charlemagne, und dasVillage Suisse, westlich der Kreuzungvon Avenue de Suffren und Avenue dela Motte, aber natürlich kann man auchdort mal fündig werden.

    Wer dem Ruf von Amsterdam und Brüs-sel, Zentren des Antiquitätenhandels zusein, folgt, wird dort viel Altes undSchönes entdecken, dabei aber nicht

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 12

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    13

    an der Donaukanal-Promenade lohnen.Auf einem gänzlich anderen Niveau be-wegt sich das erlesene Angebot des auseinem Armenhaus hervorgegangenenWiener Auktionshauses „Dorotheum",zu dem ab und an auch seltene Eierbe-cher von Wiener Meistern des Jugend-stils wie Dagobert Peche und ThereseTrethan gehören. Und wenn man Glückhat, stehen dort auch mal gläserne Ei-erbecher der böhmischen ManufakturLoetz oder gar Raritäten der berühmtenKunstglasbläsereien aus Murano bei Ve-nedig in den Vitrinen.

    In Prag hat sich noch kein Antik-Floh-markt etabliert, dafür gibt es in der Alt-stadt etliche kleine Antiquitätenläden, inderen üppigem Sortiment an Jugendstil-porzellan und älteren oder alt aussehen-den böhmischen Gläsern Eierbecher eherdie Ausnahme sind. Immerhin hat dasWiener Dorotheum hier jetzt einen Ab-leger. Bleibt noch Warschau zu erwäh-nen, wo der bodenständige AntikmarktKolo Targ Staroci durchaus für die eineoder andere Überraschung gut ist.

    In Kopenhagens HaupteinkaufsstraßeAmagertorv unterhält Royal Copenhagenein größeres Ladengeschäft und in die-sem auch eine kleine Antiquitätenabtei-lung, deren Angebot allerdings von Jahrzu Jahr bescheidener ausfällt. Ein paarEierbecher im typischen Strohblumende-kor mögen immer dabei sein, etwas aus-gefallenere, die man hier eigentlich ver-mutet, normalerweise nicht. Da habendie Souterrainläden in der nahe gelege-nen Kompagnistræde und Læderstrædehäufig mehr zu bieten. Viele der früheram Nyhavn zu findenden Antiquitäten-geschäfte sind von touristisch orientier-ter Gastronomie verdrängt worden. Unddie exklusiveren Adressen zwischenKongens Torv und Kunstindustrimuseetführen in der Regel keine Eierbecher.

    Das Dahinschwinden des traditionellenAntiquitätengewerbes – was wohl nichtnur den Verdrängungswirkungen des In-ternets anzulasten, sondern auch aufveränderte Konsumgewohnheiten zu-

    rückzuführen ist – zeigt sich auch inAmerika. Von den zahlreichen Antiqui-tätengeschäften um Pioneer Square inSeattle und Jackson Square in San Fran-cisco, wo man noch in den 80er Jahrenerlesene alte japanische und chinesischeEierbecher bestaunen konnte, ist nichtviel geblieben. Ebenso enttäuschenddürfte die Suche in Washingtons histo-

    rischem Stadtteil Georgetown verlaufen,wo heute allenfalls in Souvenirläden se-mi-antike Stücke wie etwa Railroadianaals Restbestände geführt werden.

    In New York gibt es immerhin noch daszwölfstöckige Chelsea Antiques Buil-ding in der West 25th Street, in dessenmittlerem Sortiment alte Eierbecher

    Zwei mundgeblasene Eierbecher, Murano gegen Ende des 19. Jahrhunderts

    Im Stil der Art Nouveau dekoriertes Pärchen, 1900 – 1910

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 13

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    14

    eher anzutreffen sind als unter denpompöseren Exponaten des ManhattanAntiques Center’s in der Second AvenueEcke 56th Street. Dagegen wären Such-aktionen auf den von einschlägigenReiseführern anempfohlenen Flohmärk-ten, deren verharmlosend als bric-a-brac ausgegebenes Angebot noch dasNiveau deutscher Trödelmärkte unter-bietet, für ernsthafte Sammler jedwederSpezies reine Zeitverschwendung. Ähn-liches gilt zwar grosso modo für diezahllosen Antikshops, die mittlerweilezum unvermeidlichen Inventar ameri-kanischer Ortschaften gehören. Da dieseaber häufig als privater Nebenerwerbbetrieben werden, sind überraschendeEntdeckungen, etwa ein alter HAPAG-Eierbecher, nicht ganz ausgeschlossen.In etlichen Kleinstädten, besonders ander Westküste und in New England, gibtes noch richtige kleine Antiquitätenge-schäfte, die europäisches und ostasiati-sches Porzellan führen. Dazu gehörenauch Eierbecher, die von namhaften eu-ropäischen Manufakturen gegen Endedes 19. Jahrhunderts speziell für denExport nach Amerika produziert wur-den. Dieser Trend, daß der von exorbi-tanten Mieten aus den Zentren der Me-tropolen vertriebene seriöse Antiquitä-

    tenhandel jetzt an kleinen feinen Adres-sen auf dem Lande zu finden ist, läßtsich unterdessen auch in Europa beob-achten.

    Zur (jüngeren) Geschichte des Eierbechers

    Natürlich gibt es vom Eierbecher, wievon allen Kulturgütern unserer Zeit, er-ste Zeugnisse in der Antike und zwar inAntiochia und Pompeji. Seine neuzeitli-che Existenz beginnt mit der Zivilisie-rung der Tischsitten Anfang des 18.Jahrhunderts, als den einzelnen Speisenund Getränken jeweils spezielle Gefäße,einzeln für jeden Gang und für jedenTischgast individuell, zugeordnet undauf diese Weise die kollektiven Töpfeschließlich durch das Service ersetztwurden. Auch nach Ablösung der Mor-gensuppe durch ein Gabelfrühstück kammehr Geschirr zum Einsatz, daruntereben für das weichgekochte Ei ein eige-nes Gefäß. Ein solches gab es übrigenszuvor schon an den Tafeln des Adels fürdie in den zu den Schloßanlagen gehö-renden Pomeranzenhäusern geerntetenkleinen Zitrusfrüchte, nämlich den

    Orangenbecher. Die sahen zweckent-sprechend natürlich genauso aus wiespäter die Eierbecher, wurden vermutlichauch wahlweise als solche benutzt, wo-mit jeder Streit, ob es sich bei einer be-treffenden Antiquität nun um das eineoder andere handelt, müßig ist.

    Die wachsende Wertschätzung guterEßmanieren schloß das Verspeisen vonEiern mit der Hand ebenso aus, wie diegänzlich unfeine Art, dem gekochten Eidie Kappe mit dem Messer abzuschla-gen. Gleichwohl ist derlei Lust am Pri-mitiven bis heute verbreitet und zeigtsich auch in den als zünftig oder rusti-kal ausgegebenen Unsitten, Brathühnerund Spare ribs ohne Besteck zu verspei-sen, oder bei sogenannten „Lands -knechtsessen“ gänzlich auf Geschirr zuverzichten. Im übrigen wird die Rohheit,das Frühstücksei zu köpfen, auch durchden Gebrauch silberner Tischguillotinennicht gemildert. Die Einführung des Ei-erbechers und dazu des Eierlöffels ausPerlmutt ermöglichte dagegen, die Eier-schale an der Spitze vorsichtig aufzu-klopfen und von dem im übrigen un-versehrten Ei sauber abzulösen. Aufdiese Weise wurden nicht nur ein be-stimmter Eßstil sondern auch die Zube-

    Railroadiana, Chicago and North WesternRailway, 1980er Jahre

    Nautika, Hamburg-Amerikanische Paketfahrt AG1890er Jahre

    Doppeleierbecher, Crown Staffordshire um 1910

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 14

  • 15

    reitungsweise des gekochten Eis kulti-viert. Diese ist der an den Lagerfeuernder Cowboys geübten Praxis, Eier kur-zerhand zum Speck in die Pfanne zuschlagen, zivilisatorisch gleichermaßenüberlegen wie das sorgfältige Schmoreneines Boeuf à la mode dem beiläufigenVerkohlen roher Fleischstücke auf Frei-luftgrillplätzen. Mit populärer Bistro-Feinkost wie Eggs Benedict oder EggsFlorentine und schon gar den Œufs po-cher der französischen Haute Cuisinekonkurriert das weichgekochte Früh-stücksei dagegen nicht. Dieses dürftesich im maßgeschneiderten Porzellan-gefäß freilich wohler fühlen als nackteEier im Glas.

    Im 19. Jahrhundert wurde das doppelteFrühstücksgedeck – Déjeuner oder auchTête-à-tête – populär, zu dem nebenzwei Tellern und Tassen sowie Sahne-kännchen und Zuckerdose häufig auchEierbecher gehörten; und bald daraufgab es einen solchen auch im Solitaire,dem nämlichen Gedeck für allein Früh-stückende. Aus England stammen dieebenso unpraktischen wie überflüssigenEgg Coddler, also Porzellantöpfe mitSchraubverschluß, die zum Eiergarenins kochende Wasser gestellt werden.

    Und weil in Amerika immer alles größerals sonstwo ist, gibt es dort einen Dop-peleierbecher, dessen oberer Teil imXXL-Format für die Eier größeren Ge-flügels, wenn auch nicht für Straußen-eier, ausreicht.

    Herausgehobene Bedeutung genießt derEierbecher in speziellen Arrangementsvon zumeist sechs, aber auch vier undbis zu zwölf Stück, angeordnet auf Plat-ten mit entsprechenden Vertiefungenoder in Haltegefäßen mit paßgenauenAussparungen. Letztere haben häufigdie Form einer einstufigen Etagere miteinem als Lochscheibe ausgeführtenTeller. Es gibt aber auch voluminösetortenähnliche Standgefäße und gar le-bensgroße Porzellanhühner, bei denendie Eierbecher im „Gefieder“ stecken.Dem phantasievollen Designer botensolche Kreationen natürlich mehr Spiel-raum als der schlichte Eierbecher selbst.Eingangs des Biedermeiers mag einpompöses Eierbechergebinde auch alsReminiszenz an die aus der Mode ge-henden Tafelaufsätze gegolten haben.Später, als mit dem Anbruch der Moder-ne eher leichte und elegante Formen ge-fragt waren, kamen kleine Porzellanta-bletts für zwei oder auch nur einen Ei-

    erbecher und dazu passende Näpfchenoder Streuerchen für Salz und Pfefferauf den Markt.

    Von Anbeginn spiegeln sich alle Stil -perioden des Porzellans mitsamt ihrermodischen Seitensprünge im Design desEierbechers wider. Das bleibt bei der Ge-stalt naturgemäß auf Reliefierungen derOberfläche und verschiedene Ausfor-mungen von Fuß und Rand beschränkt.So gibt es als Hinterlassenschaft des Ro-kokos feine Muschelreliefs, die quadra-tische Fußplatte des Empire, gewellteRänder und Rillenmuster im Übergangzum Biedermeier, offene Blütenkelcheund Blätterfüße im Jugendstil, geome-trische Korsagen à la Art déco undschließlich die amorphen Gebilde derNachkriegsmoderne.

    Mehr noch ist bei den Dekoren von Ei-erbechern en miniature alles zu finden,was sonst dem großen Porzellan alsZierrat dient – von ostasiatischen Mo-tiven und barocken Malereien überopulente Blumenarrangements undkunstvolle Tierdarstellungen bis hin zufloraler Stilisierung und phantasierei-cher Ornamentik.

    Kleeblattfüßiger Eierbecher, Tablettmit Haltezapfen und Salzmulde,Rosenthal ca. 1907

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 15

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    16

    Wirtschaftskrisen und die voranschrei-tende Industrialisierung lösten zu Be-ginn des 19. Jahrhunderts einen grund-stürzenden Wandel der Porzellanpro-duktion aus – und trieben etliche re-nommierte Unternehmen in den Ruin.Infolge der auf dem Kontinent nach denVerwüstungen der NapoleonischenKriege fehlenden Kaufkraft für hoch-wertige Güter, drängten Billiggeschirreund englisches Steingut auf den Markt.Thüringische Porzellanfabriken kopier-ten Designs der Manufakturen in Mei-ßen und Berlin – und zuweilen auch de-ren Marken. Andererseits ermöglichtedas von dem irischen Graveur JohnBrooks schon 1752 erfundene Um-druckverfahren durchschlagende Ratio-nalisierungseffekte.

    Vor diesem Hintergrund konnten auchBefürchtungen eines qualitativen Nie-dergangs nicht abwenden, daß die neu-en Techniken der Dekorierung weitge-hend an die Stelle der klassischen Por-zellanmalerei traten. Dieser verblieb im-merhin die lukrative Marktnische desexklusiven Kunsthandwerks, das sichbei der neuen bürgerlichen Oberschichtähnlicher Wertschätzung wie zuvor inAdelskreisen erfreute. Im allgemeinensind von Hand dekorierte Eierbecher abEnde des 19. Jahrhunderts seltener –

    von den exquisiteren Stücken traditi-onsbedachter Manufakturen einmal ab-gesehen. Diese sind freilich bis heuteteuer genug, um handbemaltem Porzel-lan den Status eines Luxusgutes zu be-wahren.

    Mit den zuerst von englischen Manu-fakturen praktizierten Umdruckverfah-ren (englisch: Transfer) kamen neuarti-ge Dekore auf, so etwa das in Englandüberaus populäre Blue Willow Pattern.Dieses hätte, wie einige frühe Ausfüh-rungen belegen, sicher auch mit demPinsel aufgetragen werden können, fürgrößere Stückzahlen erwies sich dasUmdruckverfahren allerdings als über-legen und – im Hinblick auf die wach-sende bürgerliche Kundschaft wichtig –als entschieden kostengünstiger. Für dieDekoration kleinerer Objekte, wie ebenvon Eierbechern, mögen die neuenDrucktechniken nicht auf Anhieb nahe-gelegen haben. Immerhin mußte hierdas pigmentierte Transferpapier auf ei-nen vergleichsweise winzigen und ge-krümmten Korpus gebracht werden,was, wie sehr alten Stücken zuweilenanzusehen ist, nicht immer gelang. Frei-lich gibt es nicht allzu viele Eierbecheraus der Zeit vor 1850, und bei späterenExemplaren sprechen verrutschteTransfermuster schlicht für mindere

    Druckdekor in Unterglasurblau auf der Glasur übermalt, Josiah Spode ca. 1800

    Qualität. Später kamen mit der Druck-technik spezielle, nach textilen Vorla-gen entworfene Dekore wie Chintz undTapestry auf, an deren sich endlos wie-derholenden Mustern Handmalerei ver-schwendet worden wäre.

    In Deutschland haben die KöniglichenPorzellanmanufakturen in Berlin undMeißen erst 1810 sowie 1814 das Um-druckverfahren übernommen – undbald darauf, weil ihren hohen Qualitäts-ansprüchen wohl nicht genügend, wie-der aufgegeben. Die neuen Technikenwurden dann von zahlreichen neuge-gründeten Porzellanfabriken für die in-dustrielle Herstellung preiswerter Ge-brauchsgeschirre genutzt. Bei diesen er-freute sich etwa das Druckdekor „ChinaBlau“ – von dem es später auch Varian-ten in Rot und Grün gab – so großer Be-liebtheit, daß es in identischer Ausfüh-rung bei gut einem Dutzend schlesi-scher, sächsischer und fränkischer Un-ternehmen im Angebot war. In England,wo die ausnahmslos privaten Manufak-turen die Vorliebe des bürgerlichen Pu-blikums für opulente Dekore zu mode-raten Preisen zu bedienen hatten, wur-den bei gängigen ostasiatischen und ba-rocken Motiven die Grundmuster ge-druckt und die ins Auge fallenden De-tails mit dem Pinsel nachgearbeitet.

    Der Eierbecher hat überproportionalvon den stilistischen Innovationen derverschiedenen Erneuerungsbewegungen– Arts and Crafts Movement, Art Nou-veau, Secession und Jugendstil – profi-tiert. Wiederum forderte das Kleinfor-mat der Objekte besonders prägnanteReduktionen der neuen Dekore heraus,und einigen Meistern des Jugendstilsgelang es sogar, die traditionelle Gefäß-form zu überwinden, ohne daß dabei –wie in jüngerer Zeit häufiger – Verball-hornungen herauskamen. Bei den Eggcups englischer Manufakturen blieb derNew Style auf die Dekore beschränkt,fand dort aber mit Motiven des Aesthe-tic Movements und japanisch inspirier-ter Ornamentik seine eigene Diktion. InMeißen währten die Experimente mit

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 16

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    17

    dem Neuen nur wenige Jahre. Dagegenwurde Jugendstilporzellan bei Rosen-thal drei Jahrzehnte lang eine signifi-kante Produktlinie – in schöner Koexi-stenz mit den klassischen Mustern. Inden 30er Jahren versetzte der Stil derNeuen Schlichtheit den Eierbecher zu-rück zum schmucklosen Näpfchen, undauch der in den 60ern folgende Dekon-struktivismus hatte außer dekorativenDeformationen nicht viel zu bieten.Statt dessen sind die bis Anfang der30er Jahre verbreiteten klassischen Mu-ster stillschweigend wiederaufgelegtworden, so daß „alten“ Eierbechern aufAnhieb nicht anzusehen ist, ob sie wirk-lich alt oder gewöhnliche Repliken sind.Tröstlich mag sein, daß sich der sechs-fächrige Wärmekorb für Eier, ein Ab-fallprodukt der mittlerweile abflauen-den IKEAisierung der deutschen Wohn-kultur, nicht gegen den Eierbecherdurchsetzen konnte, sondern diesem le-diglich das Accessoire des textilen Wär-mehäubchens hinterlassen hat.

    Die Ästhetik der schlichten Form

    Bei Eierbechern sind Variationen derzweckgerechten Form begrenzter als beiallen anderen Geschirrteilen, derenSpeisefracht im Unterschied zum ge-kochten Ei entweder freiliegend oder inbeliebigen Anrichtungszuständen ser-viert werden kann. Suppen gibt es inkleinen Tassen, gedeckelten Terrinenoder waschschüsselgroßen Tellern – inambitionierten Gourmetrestaurants so-gar in schmalen Trinkzylindern. Auchbeim Bratenstück kommt es nicht dar-auf an, ob es auf drei-, vier-, achtecki-gen oder doch irgendwie runden Tellernan der Soße liegt. Und Köstlichkeitender asiatischen Küche kommen häufiggar nicht mehr auf Tellern sondern inBastkörben oder Boxen aus Lacquerwa-re auf den Tisch. Zuweilen dient zweck-entfremdetes Geschirr im Stil des De-konstruktivismus wohl auch dazu, man-gelnde Raffinesse am Herd zu kaschie-ren. Dagegen braucht das gekochte Ei,

    wenn ihm nicht wie dem des KolumbusGewalt angetan werden soll, eine Ge-schirrform, die Halt und Stand bietet.

    Es gibt sehr alte Eierbecher, bei denendas Koppchen fast unverändert über-nommen oder lediglich die Basis etwasausgeformt wurde. Trotz kunstvollerPlastizität und schönem Dekor bleibendiese seltenen und teuren Stücke denNäpfen ähnlich und wurden zu ihrerZeit gelegentlich als Salzfäßchen,Cremetöpfchen oder Schnapsbecherzweckentfremdet. Derartige Mißver-ständnisse sind leider zählebig und kön-nen deshalb noch dem heutigen Samm-ler Streit um die Authentizität seinerPretiosen eintragen. Solches passiert si-cher nicht bei den seit den 60er Jahrendes vorigen Jahrhunderts wieder in Mo-de gekommenen Becherformen, denendie Lustlosigkeit des Designers gegen-über den randständigen Kleinteilen ei-nes Services anzusehen ist.

    Die zweckgemäß ideale Form des Eier-bechers wäre eine Halbkugel, bessernoch ein Halbellipsoid, auf standfestemFuß – wie sie die Natur als Kelch mitStiel bei der Tulpe vorgezeichnet hat.Die schlichte Schönheit dieser Formwürde von applizierten Henkeln, Tüllen,Deckeln oder Griffen, nach denen dieHandhabung gar nicht verlangt, um ih-re Wirkung gebracht. Allenfalls derobere Rand, die Lippe, konnte mal ge-wellt oder seltener ausgeschnitten, malverdickt und häufiger mehr oder weni-ger weit ausgestellt werden. Die an derKuppa geübte Zurückhaltung hat frei-lich dazu geführt, daß auch bei Stand(Stiel) und Fuß wenig Extravagantes ge-wagt wurde. In der Experimentierfreudevon Jugendstil und Art Déco ist verein-zelt, ab den 50er Jahren dann häufigerdie idealtypische Kelchform der Kuppamit einer anders gestalteten äußerenHülle kaschiert worden, was freilich sel-ten zu stilistischen Novitäten, die solcheSchimären rechtfertigen, geführt hat.Ein Beispiel für die einmal gelungeneÜberwindung der zwecklogischen Formsind Eierbecher von Thomas, deren zy-

    lindrische Außenform zugleich den Fußerübrigt. Gemeinhin ist es aber geradeder Fuß, dessen alleinige Aufgabe,Standfestigkeit zu geben, eine größereFormenvielfalt erlaubt. Das haben dieModellierer von Thomas wohl auch sogesehen und ihrem freistehenden Zylin-der noch drei Schmuckfüßchen appli-ziert.

    Gestalterischen Ambitionen setzt dieKleinheit von Eierbechern allerdings na-türliche Grenzen. Dies zeigt sich schonbei denen aus Silber, deren Kuppa fastimmer als schlichter Kelch ausgeführtist, während künstlerische Phantasie le-diglich an Fuß und Stand zum Ausdruckkommt. Weniger paßgenau als die Tul-penform sind sechs- und achteckigeoder an Trichter und Kegelstümpfe erin-nernde Gefäße, in denen das Ei nicht ei-gentlich sitzt sondern lediglich vomRand gehalten wird. Solche vom Ideal-typus abweichenden Formgebungensteigern zwar nicht den Gebrauchsnut-zen des Eierbechers, dafür aber dessenAttraktivität als Sammlerstück. Letzteresgilt auch für die schon im 18. Jahrhun-dert bekannten asymmetrischen Doppel -eierbecher, in deren oben oval geformterHälfte das Ei querliegend serviert wurde– inwieweit die andere Möglichkeit, denEierbecher umzudrehen und das Ei auf-recht in die runde Hälfte zu stellen,

    Napfform mit Relief, Porcelaine de Paris um 1800

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 17

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    18

    praktiziert wurde, ist nicht überliefert. Ingrober Unkenntnis des Sujets werdendiese sehr seltenen Pretiosen gelegent-lich für Augenbadewannen gehalten.Die sind freilich von kleinerer, symme-trischer Gestalt mit an den Längsseitennach unten gebogenen Rändern unddürften deshalb ihrerseits kaum mit Ei-erbechern verwechselt werden.

    Von auffälliger Erscheinung sind engli-sche Crater, deren Form, wie der Namesagt, griechischen Kraterkrügen nach-empfunden ist. Es kann nicht verwun-dern, wenn derartige Eierbecher der na-heliegenden Fehldeutung als antike Mi-niaturvasen anheimfallen. Die in Eng-land als Frames bezeichneten Einsetzei-erbecher, von denen es zum Glück fürunter Platznot leidende Sammler häufi-ger Einzelstücke ohne Etagere gibt, sindauch in Frankreich, in Deutschland da-gegen weniger verbreitet. Das gleichetrifft auf bodenlose Doppelgefäße zu,die in England Hoops genannt werdenund wie mittig eingekerbte Servietten-ringe aussehen. Da deren Ausführungzumeist offen läßt, wo oben und untenist, können sie wechselseitig benutztwerden.

    Die Variante mit festem Unterteller isteigentlich inkonsequent, denn anders

    als die Tasse hat der Eierbecher einenals Standfläche ausgeformten Fuß. An-dererseits könnte man den Untertellerals Ablage für Eierschalen nutzen, wasaber ebenso unästhetisch wäre wie derauf der Untertasse auslaufende Teebeu-tel. Daß letzterer trotz seines ungelöstenEntsorgungsproblems bei Tisch nochimmer weit verbreitet ist, zeugt im üb-rigen von dem auch diesseits der Papp-gefäße des Fastfoods anhaltenden Nie-dergang der Tischkultur. Ursprünglichist der feste Unterteller dem Eierbecherwohl beigeordnet worden, weil dieser inseiner frühen Zeit inmitten eines Prunk-geschirrs alleinstehend etwas verlorengewirkt haben mag.

    Der fachsprachliche Fundus der Porzel-lankunde kann natürlich an der Win-zigkeit des Eierbechers nicht abgearbei-tet werden; es steht auch dahin, ob derVorstellungskraft des Sammlers Begrif-fe wie godroniert und gebogt eher ein-gehen als geriffelt und gerundet. Be-stimmte Details und deren geläufigeBenennung sollte der Sammler freilichkennen, um Eierbecher, die sich nichtmit Fußstempeln ausweisen, näher zu-ordnen oder ihr Alter abschätzen zukönnen. So haben Exemplare von Rau-enstein häufig schwer lesbare, weil lie-derlich hingetupfte, oder gar kein Ma-

    nufakturzeichen, lassen sich aber an ih-rer versetzt geriffelten Oberfläche iden-tifizieren. Solch ein dem Meißener Vor-bild „Gebrochener Stab“ nachgebildetesRelief gibt es bei Eierbechern sonst nurbei Royal Copenhagen, und die sindleicht zu unterscheiden. Aufwendigerist das Muschelrelief des Dekors „Sans-souci“ von Rosenthal, das es auch aufEierbechern ohne die unverwechselbareFußmarke gibt. Dabei kann es sich umjüngere Teile des seit 1926 bis heuteproduzierten Services handeln – oderauch um Kopien. Allerdings sind beiRosenthal Stücke ohne Stempel – denandere Hersteller bei Kleinteilen schonmal für entbehrlich hielten – äußerstselten, und entsprechende Vorbehaltedeshalb naheliegend. Der obere Randdes Eierbechers, der im Fachjargonganz anschaulich Lippe heißt, kanngradlinig glatt, gewellt, fein gezackt,verdickt, ausschwingend oder auchkrempenförmig ausgeklappt sein. Beimunteren Rand am Fuß gibt es wegen dernötigen Standfestigkeit weniger Va-rianten, immerhin aber mit der Plinthedes Empire, Blattformen des Jugendstilsoder Füßchen und gewellten Standrin-gen des Art Déco einige originelle Aus-führungen.

    Porzellanmarken und andere Rätsel

    Die gekreuzten blauen Schwerter stehenfür feines Porzellan wie sonst nur derStern für Premiumkarossen. Währenddieser jedoch von Anbeginn immergleich aussieht, gibt es von der Schwer-termarke mehr als hundert Varianten,deren Deutung die Experten dauerhaftbeschäftigt. Für eine genauere Altersbe-stimmung gibt das bislang wenig her;immerhin kann man aber einige Peri-oden unterscheiden. Punktförmige Ver-dickungen an den Knäufen sprechen fürein Herstellungsdatum vor 1924; da-nach sind die stilisierten Schwerter inschlichten Linien ausgeführt, bis 1934noch mit einem Punkt zwischen den

    Eierbecher mit festemUnterteller, Jugendstilum 1905

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 18

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    19

    Spitzen. Ob die Höhe des Schnittpunktsder Schwerter oder deren Krümmungs-grad eine genauere Datierung zwischen1860 und 1924 erlauben, erscheintzweifelhaft. Vermutlich waren die insolchen Details voneinander abwei-chenden Markenstempel jeweils längereZeit parallel in Gebrauch. Vor 1860 sinddie Marken handgemalt und deshalbnaturgemäß unregelmäßiger, zumal die-se normalerweise nicht sichtbare Deko-ration der Standfläche Lehrlingen undAngelernten überlassen blieb. Insofernwar es eher zufällig, wenn dabei malverschieden lange Schwerter, mal dicke-re, dünnere oder sogar glatte Knäufeherauskamen. Im letzteren Fall hilft einBlick auf die Beschaffenheit des Fußes,um zumindest Stücke von vor 1860 vondenen nach 1924 zu unterscheiden.Deshalb sind präzisere Altersangabenauf Preisschildern oder aus dem Mundevon Antiquitätenhändlern etwa so zu-verlässig wie Kaffeesatzleserei.

    Andere renommierte Porzellanmanu-fakturen wie Rosenthal, Royal CrownDerby oder Royal Worcester geben dasAlter ihrer Produkte mit winzigen Chif-fren preis. Royal Copenhagen tut diesauch, allerdings erst ab 1935 – davorsteht das Wellensignet mit unterschied-lichen Beifügungen ähnlich wie Mei-ßens Schwerter jeweils für längere Peri-oden. Bei KPM können die Jahrgängeab 1901 anhand eines Buchstabencodesvon Blindstempeln abgelesen werden –sofern Eierbecher solcher Identifizie-rung für würdig befunden wurden. An-dererseits haben derer viele selbst aufkleinster Standfläche mit blauem Zepterund roter Malereimarke gleich zwei be-eindruckende Zeichen, wie sie auf Stük-ken ab 1870 zu finden sind – aber dum-merweise ebenso auf solchen von heute.Wenn allerdings ein Adler mit Zepter inder Klaue sich über den Lettern KPMspreizt, kann auf etliche Jahre vor 1850datiert werden.

    Zuweilen haben Eierbecher unter demFuß schwer zu deutende Zeichen, Zif-fern oder Buchstaben, die in keinem der

    einschlägigen Suchbücher vorkommen.Dabei kann es sich um Firmenmarkenvon Händlern handeln, denen an derEigenwerbung mehr als am Urheber-nachweis der Manufaktur gelegen war.Oder in Heimarbeit tätige Porzellanma-ler haben auf diese Weise die von ihnenbearbeiteten Stücke für die Abrechnungmarkiert. Manches an Punkten, Stri-chen und Kringeln dürfte auch rein zu-fällig oder aus Unachtsamkeit an denFuß geraten sein. Bei diesen wie denvielen, die gänzlich unmarkiert sind,können Alter und Herkunft allenfallsvage nach Beschaffenheit oder be-stimmten Analogien in Form und De-kor bestimmt werden. Am ehesten ge-lingt dies natürlich, wenn es größereGeschirrteile mit entsprechenden Ma-nufakturzeichen zum Vergleich gibt.Auch dabei kann man freilich irren, et-wa bei vielfach kopierten Dekoren wie„China Blau“, Meißener Weinlaub undbei Strohblumen- und Zwiebelmusternsowieso. Zudem wird schönen Dekorenzuweilen mit Imitationen Reverenz er-wiesen: Rosenthals „Cäcilie“ kann manetwa auch bei Beyer & Bock oderGeorge Jones Crescent finden, das idyl-lische „Old Blue Willow“ gibt es vonfast allen englischen Manufakturen,

    und Meißens „Deutsche Blume“ ziert,mehr oder weniger gekonnt kopiert,Porzellane unterschiedlichster Prove-nienz. Wer allerdings die Authentizitätseiner Sammelstücke nicht ganz sowichtig nimmt, wird einen hübschenEierbecher mit blankem Fuß dem lang-weiligen mit respekterheischendem Ma-nufakturstempel vorziehen.

    Es macht einen Unterschied, ob Dresde-ner Porzellanmaler im „Meißener Stil“dekorieren und derartige Nachbildun-gen mit ihrer eigenen Malermarkekennzeichnen, oder ob eine noch sokunstvoll gearbeitete Kopie mit einemgefälschten Manufaktursignet als Ori-ginal ausgegeben wird. Letzteres ist of-fenbar bei einem Eierbecher mit demfür die Schweizer Manufaktur Nyon ty-pischen Kornblumen-Dekor (semis debluets) mit goldener Zahnkante (dentsde loup) der Fall. Die Manufaktur hattenur von 1781 bis 1813 in dem Städt-chen am Genfer See bestanden und Lu-xusporzellane im französischen Roko-ko- und Empirestil hergestellt. Eierbe-cher aus Nyon sind Raritäten und wer-den von Edgar Pelichet als Stücke mit„kleinem Fuß“ oder mit „kleiner Zier-kante am Fuß“ beschrieben – also ganz

    Plagiat, fälschlich als „Nyon“ markiert Imitation, Nachbildung einer Rosenthal-Form

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 19

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    20

    anders als das hier gezeigte Exemplarmit breitem Trompetenfuß. Zudem istüberliefert, daß die dem Stadtwappenvon Nyon entlehnte Fisch-Marke stetsunter der Glasur gemalt wurde undzwar ohne Beschriftung. Die im Katalogunter 1-014 abgebildete Marke ist aufder Glasur angebracht. All dies sprichtdafür, daß es sich im vorliegenden Fallum eine Fälschung handelt. Der ent-täuschte Sammler mag freilich daran,daß die mit einer gekonnten Fälschungverbundenen Anstrengungen demKleinteil eines Eierbechers gewidmetwurden, eine gewisse Wertschätzungseines Sujets erkennen.

    Ob es sich bei dem kleeblattfüßigen Eierbecher um einen „Donatello“ von Rosenthal oder eine geschickte Nachbil-dung handelt, ist ungewiß. Auch hierfragt man sich, was die Mühe, ein nichtganz einfach geformtes Kleinteil nach-zubilden, einbringt, zumal das nichtsonderlich sorgfältig gedruckte Musterfür Rosenthal atypisch ist. Für die Annahme einer Imitation spricht die gegenüber Vergleichsstücken um ein

    Zehntel geringere Größe, was auf einefalsche Berechnung der während desGlattbrandes unvermeidlichen Schrump-fung deutet. Das kann natürlich bei Ro-senthal selbst passiert sein, und dasmißratene Stück ist dann als Ausschußverkauft und von jemand anderem dekoriert worden.

    Im 19. Jahrhundert hatten sich zahlrei-che Porzellanmalereien auf das Deko-rieren glasierter Rohlinge, sogenannterWeißware, spezialisiert. Dabei handeltees sich um Restbestände oder Stückezweiter Wahl, die von den Porzellan-manufakturen zu geringen Preisen ab-gegeben wurden. Zuweilen bereits un-ter der Glasur aufgetragene Manufak-turzeichen wurden übermalt oder wiein Dresden üblich mit blattförmigenGoldauflagen überdeckt. Wenn origi-nale Manufakturstücke von talentier-ten Porzellanmalern in einem dazupassenden Stil dekoriert worden sind,konnte also nicht von Plagiaten, son-dern allenfalls von schwerlich zu be-anstandenden Imitationen die Redesein. Eierbecher dieser Art sind seltenund heutzutage deshalb oft teurer alsdie mit ihnen „verwandten“ Manufak-turstücke.

    Schließlich ist die bis Anfang des 20.Jahrhunderts im Porzellangewerbe ohneAusnahme selbst renommierter Manu-fakturen gepflogene Untugend, Dekorevoneinander abzukupfern, auch an Ei-erbechern zu beobachten. Alle Stroh-blumen- und Zwiebelmuster sind imGrunde Imitationen der Meißener Origi-nale, aber auch zahllose Blumenmale-reien sind nicht bei Mutter Natur abge-schaut, sondern bei anderen Künstlern.In England haben sich auf diese Weisedie Blue Willow- und die Imari-Dekoreenorm vervielfältigt und sind bei un-markierten Eierbechern schwer zu iden-tifizieren. Im Unterschied zu Imitatio-nen, die sich häufig mit korrekten Mar-kierungen als solche zu erkennen ge-ben, sind Plagiate zumindest bei Eierbe-chern hingegen selten.

    (1.) Egg cups –needful remarks to begin with

    About the passion of collecting egg cups

    It can take some time before people whotook a shine on a pretty egg cup turn in-to passionate collectors or – how in-siders call them – pocillovists. Strollingthrough flee markets will be subordina-ted to keeping an eye out for egg cups.One will become choosy, distinguishhand painted patterns of transfers, learn about authentic pieces in contrastto fakes, soak in the mystery of porce-lain marks, and finally be tempted byrare finds to stress financial resources.

    To say it clearly, an egg cup with an ap-pealing decor, unmarked but by shapeand condition plausibly referable to theend of the 19th century, can be regardedas gem like collectible. Egg cups, inclu-ding those of common tableware, reflectall stylistic periods of porcelain art. Dueto their smallness, elaborate designsneeded to be confined to the essential,what frequently left quotations only butat times led to an individual appearan-ce. In any case, egg cups stand for thepost-opulent virtue “small is beautiful”and likewise a democratisation of theantiques entity which before was reser-ved for nobility and the rich. However,all collecting dates from our early ance-stors who did it for building up stock.Today, it happens just for fun.

    Economic aspects of collecting egg cups

    Instead of making for stockpiling, col-lecting today is enrichment. On the ot-her hand, buying collectibles is not in-vestment but consumption. Prices do insome way depend on condition and qua-

    Goldene Übermalung der Marke Martial RedonLimoges, Porzellanmalerei Adolf Wache

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 20

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    21

    lity but not on rationally calculated re-lease value. There is no guarantee thatextremely rare and expensive egg cupscan be resold for the acquisition price.Below the level of incalculably expensiveegg cups, pretty and unusual piecesworth the money can be found as wellas enough nice looking among the com-mon ones.

    Antique markets and more dignified locations

    Lovely old egg cups are today scarcerthan in the past. The times of the postwar generations sorting out their inhe-rited furnishings are over. Thus, therange of goods at antique and flee mar-kets comprises valuables rather in ni-ches. Nevertheless, there are some wellknown addresses where egg cups stillcan be found. Worth mentioning are:

    BerlinAntique market at 17th of JuneSuarezstrasse in Charlottenburg Antique centre at Friedrichstrasserailway arches

    LondonPortobello Road marketAround Camden Passage IslingtonGrays Market at Davies Street and Davies MewsKensington Church Street

    ParisLouvre des AntiquairesMarché aux Puces de St-Quen

    AmsterdamSpiegelstraatLooier Kunst en Antiekcentrum

    BrusselsPlace du Grand SablonPlace du Jeu de Balle

    ViennaAntique shops between Hofburg and Graben

    Antique market at Danube Canal Promenade

    WarsawKolo Targ Staroci

    CopenhagenRoyal Copenhagen at AmagertorvKompagnistræde and Læderstræde

    New YorkChelsea Antiques Center at SecondAvenue / 56th Street

    The evanescence of traditional antiquestrade, for which the internet can be bla-med as well as changed consumtion ha-bits, occurs in America too. Not much offormer antiques centres like PioneerSquare in Seattle, Jackson Square in SanFrancisco or Georgetown in Washingtonhas remained. Otherwise, there are somesmaller antique shops in towns particu-larly at the West Coast and in New Eng-land which carry old European or EastAsian porcelain including egg cups.

    About the (more recent) history of egg cups

    Needless to say, first evidence of egg cupsas from all cultural assets stem from an-tiquity in fact from Antiochia and Pom-peji. Their more recent existence com-menced with the civilisation of tablemanners at the beginning of the 18thcentury. Along the replacement of themorning soup by a fork breakfast, boiledeggs came in fashion and got their indi-vidual vessel. Later, a double breakfastcover – déjeuner or tête-â-tête – for twowith cream jug, sugar bowl and egg cupsbecame popular, followed by a cover forone – the solitaire. From England cameless practical egg coddlers, jars withscrew top, to be set into pots with boilingwater. In America, since there everythingis bigger than elsewhere, double egg cupswith an upper part in XXL size for eggsfrom larger poultry are common.

    Elevated standing enjoy egg cups ingroups of usually six or less or more infitting racks shaped as simple standwith six cavities or in bigger size ratherlike an epergne. Other arrangementswere cruets with two egg cups as wellas yet more modest trays for one withsalt cellar only.

    According to varying styles, egg cupsfeatured rococo scroll reliefs, empireplinths, biedermeier waved rims andcorrugated patterns, art nouveau calyxshapes and leave feet, and finally amor-phous images of post war modernity.Even more, egg cup decors display inminiature all what else adorns porcelain– East Asian motifs, baroque paint,opulent flower arrangements, artful ani-mal pictures, floral stylisation, and fan-ciful ornament.

    Early in the 19th century, economic cri-ses and advancing industrialisationtriggered profound changes of porcelainmanufacture. While cheap crockery andearthenware flooded the markets, trans-fer printing substituted more and morehand painted decoration – even at re-nown manufactories. After all, the tra-ditional china paint resorted to a lucra-tive market niche of exclusive craft.

    Egg cups have disproportionately highbenefitted from stylistic innovations ofvarious renewal movements – arts andcrafts movement, art nouveau, secessi-on, and jugendstil. Regarding englishegg cups, the new style stood limited todecors yet educed with motifs of theaesthetic movement and Japanese inspi-red ornament its own diction. In con-trast, the post war modernity did not of-fer much more than bare pots of a newchasteness followed by amorphous sha-pes of deconstructivism.

    Aesthetics of the plain form

    Concerning egg cups, variations of thefunctional shape were more confined

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 21

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    22

    than elsewhere. Soups can be servedwith small cups, capped tureens, drin-king cylinders or washbowl sized soupplates. Likewise, the roast may lay ontriangular, square, octagonal or yet somehow rounded plates. Delicacies ofAsian cuisine come frequently with bas-kets or lacquerware boxes. On the con-trary, an egg needs – if not forced as theone of Columbus – a form giving holdand stand.

    There are very old egg cups simply sha-ped as bowls without base similar tomore recent buckets which at their timewere misused as salt cellar, cream jar orjigger. Such misapprehension may earncollectors disputes on the authenticity oftheir antique pieces.

    The functionally ideal form for egg cupsis a sphere – or even better a half ellip-soid – on steady stand and foot. Otherapplications as handle, nozzle or lid aresuperfluous and would detract from thebeauty of the genuine shape. The artnouveau encouraged attempts to trans-cend the purposeful form, however sel-dom to a felicitous outcome. Less accu-rately fitting than the ideal forms arethose with hexagonal and octagonal orcone shaped bowls. Such designs do notenhance the usefulness of an egg cupbut its attractiveness as collectible. Thesame applies to reproductions of ancientdouble egg cups with an oval upper partfor lying eggs. These rare pieces get so-metimes quite ignorantly confused witheye baths. However, actual eye baths arevisibly smaller, symmetrically shapedand at long side rims downwards cur-ved, hence hardly deemed egg cups.

    The striking appearance of English cra-ter egg cups is due to a similarity withGreek crater vases. Sure enough, thisleads to obvious misconstructions. Alsocommon in England are frames which

    are to be inserted in a stand with fittingcavities, and alternately useable hoops.The variant with fixed saucer is actual-ly inconsequent, as egg cups other thantea cups are footed. Of course, thesaucer could be used as deposit foreggshells, but this would be as unaes-thetic as the leaking tea bag on the teacup's saucer.

    Porcelain marks and other riddles

    The crossed blue swords stand for fineporcelain as otherwise the star for pre-mium cars. In contrast to the unchangedlatter, there are more than hundred ver-sions of the swords mark whose inter-pretation keeps experts lastingly busy.Especially age estimation succeeds forperiods only as for example “later than1860 and earlier than 1924”. Other re-

    Worcester mark from 1891 onwards: Year codeof two points for production in 1893 andRegistration No 187593 for 1892

    Derby Crown mark for 1878-90: Diamondregistration mark for 1883, half moon year codefor production in 1889

    nown porcelain makers namely Rosen-thal, Royal Crown Derby and RoyalWorcester reveal the age of their pro-ducts with tiny cyphers. If token and fi-gures below egg cups' feet are difficultto decrypt, it can be about a retailer'ssignet or painter's mark.

    Oftentimes, particular decors can be at-tributed to respective porcelain makers.This will surely not work with multiplycopied patterns like immortelle or bluewillow. Dresden china paint studiosidentified their perfect imitations usu-ally with their own marks. Occasionally,signets of painters or even of renownporcelain factories got very similarly tofamous manufactory marks. Explicit fa-kes are, at least with egg cups, rare buthappened as well as the example of“Nyon” proves. However, that smallitems like egg cups are obviously worthto be plagiarised may comfort disap-pointed collectors.

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 22

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    23

    1-001RosenthalSelb BavariaUm 1905

    Form „Chrysantheme“ mit breit ausgeklapp-tem Rand auf festem UntertellerDruckdekor „Victoria Luise“ von Stiefmütter-chen an Goldfond

    Model Chrysanthemum with broad swung outrim on integrated saucer Printed Victoria Luise pattern of pansiesupon golden ground

    100 - 130 €

    1-002Spode Copelands ChinaStoke ca. 1897

    Kraterform mit Ringwulst zum flachem Fuß und vier kurzenFalten zum kräftig gewellten RandHandgemalte Vogelszene und rückseitig zwei Schmetter -linge vermutlich von John ArrowsmithInnen unterglasurblaues Druckmuster

    100 -120 €

    1-003Spode Copelands ChinaStoke ca. 1897

    Crater with circular coil towards flat foot and four shortcreases up to strongly waved rimHand painted bird scene with butterflies on the rear sideprobably from John Arrowsmith Inside underglaze blue transfer

    100 -120 €

    1-004MintonsStokeCa. 1877

    Standardform mit schmaler Ringwulst am StandHandgemaltes, chinesisch inspiriertes Floraldekor oben aufgrünem Fond mit Kringeln sowie Ornamentrand innenHändlermarke T. Goode London

    Conventional shape with small coil around standHand painted floral pattern in Chinese style on greenground with squiggles plus ornamental border Retailer's mark T. Goode London

    60 - 80 €

    1-005ThüringenUm 1890

    Souvenireierbecher mit Wappen von IlmenauNormalrunde Kuppa auf TrompetenfußHandkoloriertes Druckdekor mit Goldauflage

    Souvenir egg cup with coat of arms of IlmenauCommonly rounded bowl on trumpet footHand coloured transfer with gilding

    30 - 50 €

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 23

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    24

    1-006Ohne MarkeNo maker's markStaffordshireUm 1860

    Eirunde Kuppa auf Stand mit markanter Ringkante undflach konischem FußHandgemalte Schiffsszene unter üppig vergoldetem arabes -kem Randmuster

    Oval bowl on stand with distinctive circular edge and flatconic footHand painted ships scene below opulently gilded arabesqueborder

    40 - 60 €

    1-007KunsttöpfereiLudwig SchneiderMarburgUm 1850

    Eierbecher aus irdener Marburger „aufgelegter Ware“ mitappliziertem Relief auf ockerbrauner Kuppa Aus grüngefärbter Tonmasse modelliertes Relief vonfloralen Ornamenten und Ring weißer Noppen am Randzum schwarzen Fuß Egg cup of earthen Marburg applied pottery with affixedrelief on ocherous bowl Relief of green coloured moulded clay with floral ornamentsand ring of white pellets above black foot

    70 - 90 €

    1-008RosenthalKronachUm 1905

    Form „Chrysantheme“ mit breit ausgeklapptem RandDruckdekor „Sorren“ mit üppigem Blumenbukett oben anschwarzem Fond und Goldrand

    Model Chrysanthemum with broad swung out rim Printed Sorrent pattern of opulent bouquet upon blackground and gilded border

    60 - 80 €

    1-009MintonsStokeUm 1900

    Standardform mit schmaler Ringwulst am StandArt Déco-Muster von zickzack umlaufenden, bogenförmigenGoldlinien auf rotem Fond und goldene Randlinien

    Conventional shape with small coil around standArt deco pattern of zig zag circular curved golden lines onred ground and gilded border lines

    40 - 60 €

    1-010CoalportShropshireCa. 1895

    „Batwing“-Form mit geriffelter Kuppa und überstehenderLippe auf flachem FußHandgemaltes Floraldekor und ornamentales RandmusterinnenHändlermarke Stephenson Manchester

    “Batwing” shape with corrugated bowlHand painted floral decor and ornamental border insideRetailer's mark Stephenson Manchester

    60 - 80 €

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 24

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    25

    1-011Derby PorcelainBloor Ca. 1815

    Klassische Form mit Ringkante am StandUnterglasurblaues Dekor von stilisierten Blättern mitgoldenen Rändern und Ranken

    Classical shape with circular edge at standUnderglaze blue pattern of stylised leaves with gilded linesand tendrils

    120 - 150 €

    1-012Ohne MarkeNo maker's markThüringenUm 1880

    Normalrunde Kuppa mit Ringwulst zum TrompetenfußHandgemalte tanzende und musizierende Osterhasen

    Commonly rounded bowl with circular coil to trumped footHand painted dancing and music playing Easter bunnies

    20 – 30 €

    1-013Unbekannte Marke(Dresden)Um 1900

    Schlanke Kuppa auf Trompetenfuß mit Ringwulst an derLippeHandgemalte Heinzelmännchen und Engel mit Blumen

    Slim bowl on trumpet foot with circular coil at lipHand painted brownies and angel with flowers

    20 - 30 €

    1-014Ohne MarkeNo maker's markOberfrankenUm 1910

    Normalrunde Kuppa auf TrompetenfußDruckdekor von Katzenporträts mit oberem Goldrand

    Commonly rounded bowl on trumpet footTransfer of cats' portraits with gilded border at the top

    10 - 15 €

    1-015Ohne MarkeNo maker's mark(Thüringen)Um 1900

    Normalrunde Kuppa auf breitem FußDruckdekor von Tennis spielenden Bären

    Commonly rounded bowl on broad footTransfer of bears playing tennis

    10 - 15 €

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 25

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    26

    1-016LimogesCa. 1860Silber von Juwelier TheodorRudolphBerlin

    Eirunde Kuppa aus Porzellan auf angepaßtem Stand undFuß aus SilberHandgemaltes Dekor von Festons und blauem Band mitSchleife sowie Goldrand

    Oval bowl of porcelain on adapted stand and foot of silver Hand painted decor of festoons and blue ribbon with bow aswell as gilded rim

    80 - 100 €

    1-017Murano GlasVenedigUm 1870

    Mundgeblasenes Murano-Glas mit Kuppa in plastischenrosafarbenen Blütenblättern auf breitem gestuftem Fuß

    Mouth-blown Murano glass with bowl in plastically model-led pink petals on broad stepped foot

    120 - 140 €

    1-018Murano GlasVenedigUm 1890

    Mundgeblasenes Murano-Glas mit eirunder rosafarbenerKuppa auf breit gestuftem Fuß aus Opalglas

    Mouth-blown Murano glass with oval pink bowl on broadstepped foot of opal glass

    80 - 100 €

    1-019Ohne MarkeNo maker's markLimogesUm 1900

    Schlanke Kuppa mit leicht überstehender Lippe und Ring-wulst zum schmalen FußHandgezeichnetes und koloriertes florales Art Nouveau- Dekor in Grau und Gold

    Slim bowl with slightly protruding lip and circular coil tosmall footHand drawn and coloured floral art nouveau decor in greyand gold

    40 - 60 €

    1-020Ohne MarkeNo maker's markLimogesUm 1900

    Schlanke Kuppa mit leicht überstehender Lippe und Ring-wulst zum schmalen FußHandgezeichnetes und koloriertes florales Art Nouveau- Dekor mit Vogel in Grau und Gold

    Slim bowl with slightly protruding lip and circular coil tosmall footHand drawn and coloured floral art nouveau decor with birdin grey and gold

    40 - 60 €

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 26

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    27

    1-021Chicago and North WesternRailway1980er Jahre

    Gedrungene Form ohne StandLogo der Eisenbahngesellschaft

    Stocky shape without standLogo of the railway company

    15 - 25 €

    1-022Crown StaffordshireUm 1910

    Hoher leicht asymmetrischer Doppeleierbecher in Formzweier bodenlos verbundener TeileHandgemalte Chinoiserie und ornamentales Randmuster

    Tall slightly asymmetric double egg cup of two bottomless connected bowlsHand painted chinoiserie and ornamental border

    50 - 70 €

    1-023Porcelaine de ParisUm 1800

    Reliefierte Napfform mit leicht überstehender Lippe aufschmaler Standplatte Handgemalte Blumenbuketts und goldene Randmuster mitBlattkonturen und Rocaillen

    Bucket with relief and slightly protruding lip on small baseHand painted bouquets and gilded borders of leaf outlinesand scrolls

    100 - 120 €

    1-024PlagiatLothringenUm 1880

    Eirunde Kuppa mit überstehender Lippe auf TrompetenfußHandgemaltes Kornblumenmuster mit eingestreuten Gold-blättern und goldene Zahnkante

    Oval bowl with protruding lip on trumpet footHand painted cornflower pattern with gilded interspersedleaves and golden dentil

    40 - 60 €

    1-025Imitation der Rosenthal-Form„Donatello“OberfrankenUm 1920

    Halbkugelförmige Kuppa auf vierkantigem Stand undKleeblattfuß Grünes Druckdekor von Festons und floralen Ornamenten

    Hemispherical shaped bowl on tetragonal stand and clover-leaf footTransfer of green festoons and floral ornaments

    20 - 40 €

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 27

  • 1. Eierbecher – Notwendige Bemerkungen vorweg

    28

    1-026MintonsStokeCa. 1895

    Weit ausschwingende Kuppa in silbernemHaltegefäßHandgemaltes „Minton Rose“-Muster mitOrnamentrand

    Wide swinging out bowl in silver vesselHand painted Minton rose pattern withornamental border

    80 -100 €

    1-027RosenthalSelbCa. 1907

    Halbkugelförmige Kuppa auf vierkantigemStand und Kleeblattfuß in Menage mitSalzmuldeAbziehbilder mit Hühnern

    Hemispherical shaped bowl on tetragonalstand and cloverleaf shaped foot in cruet withsalt-cellarCock and three hens as transfer

    60 - 80

    1-028Josiah SpodeStokeCa. 1800

    Kurze Form mit Haltekante und schmalemFuß in EinsetzgefäßUnterglasurblaues und rotes ornamentalesDruckdekor

    Short shape with circular edge and small footin stand Underglaze blue and red ornamental transfer

    (Vier / four) 180 - 220 €

    1-029Ohne MarkeNo maker's markUm 1905

    Eirunde Kuppa mit drei Kugelfüßen auffestem TellerGrün-goldenes Druckdekor von Monogrammund Ornamentband

    Oval bowl with three ball feet on integratedsaucerGreen golden transfer of monogram andornamental band

    40 – 60 €

    1-030HutschenreutherHAPAG1890er Jahre

    Gedrungene Form mit überstehender Lippe auf breitem FußBlau gedrucktes Logo der Hamburg-AmerikanischenPaketfahrt AG und Goldring unter der Lippe

    Stocky shape with protruding lip on broad footBlue printed logo of shipping company HAPAG and goldenring line below lip

    50 - 70 €

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 28

  • 2. Souvenirs mit Nutzwert

    29

    Das Frühstücksei hat, von Ostern einmalabgesehen, seine beste Zeit an Sonnta-gen und im Urlaub, weil es gleichsamfür Muße und Vorfreude steht. Deshalbmacht es Sinn, daß viele Kurorte sichmit Souvenireierbechern in der Erinne-rung ihrer Gäste zu halten suchen. Dabei handelt es sich durchweg umkonventionell geformte, überwiegendmit zweckdienlichen Abziehbildern de-korierte Exemplare. Handgemalte Stük-ke sind eher selten, weil für den Nutz-wert von Souvenirs eigentlich zu auf-wendig. Andererseits waren Stadtpro-spekte und Landschaftsbilder populäreMotive der Porzellanmalerei des Bieder-meiers und deshalb gelegentlich auchauf Eierbechern zu finden. So kann dashier gezeigte Exemplar der KöniglichenPorzellanmanufaktur Berlin zwar als einkunstvolles Vorbild späterer Souvenir -eierbecher angesehen werden, im Unter-schied zu deren massenhafter Verbrei-tung ist es freilich ein eher seltenes Ein-zelstück.

    Größere Verbreitung fanden Souvenirei-erbecher seit dem letzten Jahrzehnt des19. Jahrhunderts. Bald kamen Variantenauf, die das zu erinnernde Motiv mitSchmuckrändern, farbigem Fond odereiner irisierenden Glasur hervorhoben.Letztere Machart wurde in England alsLustre Ware oder, weil häufig lilafarben,als Pink Lustre bezeichnet. Es scheintfreilich so, daß die zu jener Zeit mit er-lesenem Design gerade auch für Eierbe-cher brillierenden englischen Porzellan-hersteller über das Genre von Souvenirserhaben waren. Nur dies mag erklären,daß die mit zahllosen englischen Se-henswürdigkeiten dekorierten Pink Lu-stre-Eierbecher fast ausschließlich ausdeutscher, speziell für den Export nach

    England und in die USA bestimmterProduktion stammen.

    Heute relativ selten zu finden sind dieAnfang der 1920er Jahre aufgekomme-nen Souvenireierbecher mit blau –noch seltener braun – marmoriertemFond, der zuweilen allerdings mehr be-eindruckte als die beworbene Ortsan-sicht.

    Mit Perlmuttglanz wurden im Übrigennicht nur Souvenirs veredelt, sondernauch schlichte einfarbige Eierbecher,was im Kerzenschein auf dem gedeck-ten Tisch sehr effektvoll, in einerSammlung aber etwas langweilig wirkt.Die weitaus meisten Souvenireierbecherzeigen mehr oder weniger erhellendeOrtsansichten, etliche auch komplizierteStadtwappen. Neben diesem allgegen-wärtigen Angebot bilden originellereDarstellungen wie Sprüche, Phantasie-muster oder die als Sujet sehr beliebtenHexen die den wählerischen Sammlerbeglückenden Highlights.

    Bei den älteren Stücken wurden dieMotive gewöhnlich als Abziehbilderaufgetragen und von Hand koloriert,die Wappen gerne mit emaillierten Par-tien, Silberauflagen oder Farbperlenplastisch nachgebessert, am Ende nochdie Ränder vergoldet und freie Flächenmit allerlei Pinselwerk verziert. Souve-nireierbecher, an denen derartigeZeugnisse handwerklichen Tuns zu fin-den sind, können gut 120 oder auchnur 50 Jahre alt sein; geglättet wirken-de Exemplare stammen zumeist ausaktueller Produktion. Genaueres läßtsich wegen nahezu durchweg fehlenderHerkunftsmarkierungen freilich kaumsagen.

    2. Souvenirs mit Nutzwert

    Berliner Vedutenmalerei „Wartburg“, KPM Berlin1820 – 40

    Handgemaltes Wappen „Bad Harzburg“, Blaumarmorierter Fond mit Goldlinien, Thüringen um1920

    Alte Eierbecher_Alte Eierbecher 29.07.11 10:39 Seite 29

  • 30

    Gruß aus Oberhof, Souvenirversion derJugendstilform Iris, Weißer Lüsterfond undInnenvergoldung, Rosenthal Selb 1900

    Im Zusammenhang mit Souvenirs er-wähnenswert sind noch die vorwiegendder englischen Royalty gewidmeten Er-innerungsstücke und zum anderen Eier-becher aus Restaurationsgeschirren. Zuletztere