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Alternative Antriebe für Automobile Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr. h. c. Cornel Stan Forschungs- und Transferzentrum e. V. an der Westsächsischen Hochschule Zwickau Zukünftige Automobile Anforderungen und Potentiale Der überwiegende Teil der Weltbevölkerung lebt in Städten, dabei nimmt die Anzahl der Mega-Metropolen mit mehr als 10 Millionen Einwohnern rasant zu. Die Polarisierung der Mobilität in solchem Ausmaß führt zur kaum noch erträglichen Zunahme der Verkehrsdichte, aber auch der lokalen Konzentrationswerte der Abgasprodukte aus Verbrennungsmotoren Kohlendioxid, Schadstoffe, Partikel und nicht zuletzt der Geräuschemission. Die Elektromobilität kompakte, geräuschlose Wagen ohne lokale Emissionen stellt aus dieser Perspektive ein ideales Szenario dar. Das grundsätzliche Problem dieses Szenarios ist die Verfügbarkeit ausreichender elektrischer Energie an Bord. Der elektrische Antrieb mit gespeicherter Elektroenergie (Batterien und Supercaps) oder der an Bord, aus Wasserstoff umgewandelten Energie (Brennstoffzellen) werden in Entwicklungsprogrammen weltweit intensiv verfolgt. Die um Größenordnungen geringere Energiedichte [Wh/kg] in Batterien und in Wasserstofftanks im Vergleich zu jener von Benzin oder Diesel, aber auch die Systemkomplexität und -zuverlässigkeit begrenzen erheblich die Reichweite und führen andererseits zu unannehmbaren Kosten, Gewicht und Volumen des Energiespeichers. Die Energiedichte einer gewöhnlichen Blei-Batterie bei 2-stundiger Entladung beträgt etwa 20 [Wh/kg]. Das bedeutet: um einen 20kW

Alternative Antriebe für Automobile - vdik.de · bedeutendes Rohstoff-Potential zur Herstellung von Alkohol dar. Algen sind im Wasser lebende Wesen, die sich auf Basis von Photosynthese

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Alternative Antriebe für Automobile

Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr. h. c. Cornel Stan

Forschungs- und Transferzentrum e. V. an der Westsächsischen Hochschule Zwickau

Zukünftige Automobile – Anforderungen und Potentiale Der überwiegende Teil der Weltbevölkerung lebt in Städten, dabei nimmt die Anzahl

der Mega-Metropolen mit mehr als 10 Millionen Einwohnern rasant zu. Die Polarisierung der Mobilität in solchem Ausmaß führt zur kaum noch erträglichen Zunahme der Verkehrsdichte, aber auch der lokalen Konzentrationswerte der

Abgasprodukte aus Verbrennungsmotoren – Kohlendioxid, Schadstoffe, Partikel – und nicht zuletzt der Geräuschemission. Die Elektromobilität – kompakte, geräuschlose Wagen ohne lokale Emissionen – stellt aus dieser Perspektive ein

ideales Szenario dar.

Das grundsätzliche Problem dieses Szenarios ist die Verfügbarkeit ausreichender

elektrischer Energie an Bord. Der elektrische Antrieb mit gespeicherter Elektroenergie (Batterien und Supercaps) oder der an Bord, aus Wasserstoff umgewandelten Energie (Brennstoffzellen) werden in Entwicklungsprogrammen

weltweit intensiv verfolgt. Die um Größenordnungen geringere Energiedichte [Wh/kg] in Batterien und in Wasserstofftanks im Vergleich zu jener von Benzin oder Diesel, aber auch die Systemkomplexität und -zuverlässigkeit begrenzen erheblich die

Reichweite und führen andererseits zu unannehmbaren Kosten, Gewicht und Volumen des Energiespeichers. Die Energiedichte einer gewöhnlichen Blei-Batterie bei 2-stundiger Entladung beträgt etwa 20 [Wh/kg]. Das bedeutet: um einen 20kW

Elektromotor eine Stunde lang mit Strom zu versorgen soll die Batterie 1000kg schwer sein. Moderne Lithium-Ionen-Batterien haben etwa die fünffache Energiedichte: für das gleiche Szenario ist die Batterie nur noch 200kg schwer. Und

dennoch: mit 20kW eine Stunde lang fahren – das sind höchstens 80km mit einem leichten Fahrzeug – ohne Heizung oder Klimatisierung! 200kg würden andererseits 250 Liter Dieselkraftstoff bedeuten – 4 Tankfüllungen in einem Fahrzeug der

Oberklasse, mit dem selbst bei einer zügigen Autobahnfahrt eine Reichweite um 3000km üblich ist.

Das Problem der Kohlendioxidemission wird bei der Speicherung von Elektroenergie oder von Wasserstoff an Bord eines Automobils nicht gelöst, sondern nur verschoben

– Elektroenergie entsteht weltweit überwiegend in Kohlekraftwerken, Wasserstoff wird – bis auf Pilotprojekte – aus Erdgas produziert, in beiden Fällen entsteht Kohlendioxid am Produktionsort.

Die Polarisierung idealer Szenarien um den (Elektro)Antrieb selbst, führt andererseits sehr oft zur Betrachtung des eigentlichen Automobils als eine Struktur um den Antrieb herum, die in Bezug auf diesen optimiert werden soll – also klein, leicht,

kompakt, wegen der geringen Elektroenergie, die an Bord gespeichert oder umgewandelt werden kann.

Wenig Energie E [kWh] in einer Batterie mit großer Masse m [kg] bei einer als Ziel gesetzten Strecke s [km] zwingt zur Senkung der Fahrzeugmasse m [kg], wodurch die Sicherheit gemindert wird.

Ein modernes Automobil soll neben Antriebseigenschaften eindeutige Anforderungen in Bezug auf aktive und passive Sicherheit, Komfort und Kommunikation erfüllen.

Ein Einheitswagen mit Einheitsantrieb würde den natürlichen, wirtschaftlichen,

technischen und sozialen Umgebungsbedingungen widersprechen. Die automobile Zukunft ist Vielfalt auf modularer Basis – von der Kompaktklasse zur Oberklasse, vom preiswerten PickUp in Indien zum Luxus-Elektromobil für Null-Emission-Zonen

in Berlin und London, von Sport Utility Vehicle (SUV), Limousine, Coupé und Kombi zum Cabriolet.

Diese Vielfalt spiegelt sich in geeigneten Energiemanagementkonzepten wider, wobei neben dem eigentlichen Antrieb auch die Energieversorgung an Bord- für Klima-, Heizung-, Sicherheits-, Komfort- und Kommunikationssysteme abzusichern

ist. Zahlreiche Entwicklungsszenarien der Automobilhersteller weltweit sind zum Teil

kontrovers: Hybridantriebe auf Basis von Benzinmotoren (wegen Marktakzeptanz in USA oder Japan) zeigen keine Vorteile gegenüber moderner Dieselmotoren, insbesondere im europäischem Fahrzyklus, auf der Autobahn sind sie eindeutig im

Nachteil. Die Brennstoffzelle mit Wasserstoff erlebt eine wahre Renaissance, Wasserstoff im Kolben- oder Wankelmotor wiederum bleibt ein sehr aktuelles Thema, genau wie

Alkohole, pflanzliche Öle und Autogas. Brennstoffzelle – als Elektroenergie-Generator an Bord

Die chemische Reaktion in der Brennstoffzelle – Wasserstoff und Sauerstoff

reagieren zum Wasser - erscheint zunächst als einfach und umweltschonend. In der Raketentechnik, wo Wasserstoff und Sauerstoff als Raketentreibstoff ohnehin an Bord gespeichert sind, ist eine solche Brennstoffzelle der effiziente Stromgenerator

für die Elektroenergieverbraucher an Bord. Für Fahrzeuge wird der Sauerstoff aus der Umgebungsluft benützt, die Wasserstoffspeicherung an Bord ist anders als in Raketen, aufgrund der spezifischen

Bedingungen problematisch. Die Funktionsmodule, welche die eigentliche chemische Reaktion umrahmen, sind zahlreich und komplex – von einem Luftverdichter für Drücke um 3bar, Ladeluftkühler

und Luftbefeuchter bis zum Speicher- und Dosiersystem des Wasserstoffs, Wärmetauscher, Wasserfilter und Kondensatabscheider.

Das erhöht nicht nur die Abmessungen sondern auch den Preis. Je mehr Leistung verlangt wird, desto intensiver müssen die Strömungen der reaktiven Komponenten werden, der Wirkungsgrad wird dadurch beeinträchtigt. Eine weitere

Beeinträchtigung entsteht durch wechselnde Lastzyklen – ähnlich den Prozessen in Wärmetauschern.

Eine stationär arbeitende Brennstoffzelle für moderate Leistung hat einen Wirkungsgrad, der mit jenem eines modernen Dieselmotor konkurrieren kann, aber auch nicht wesentlich höher ist.

Es ist dabei zu beachten, dass die chemische Reaktion in einer Brennstoffzelle jener eines Verbrennungsprozesses ähnelt, nur bei weitaus geringerer Prozesstemperatur. Temperatur, als Ausdruck der inneren Energie von Molekülen, erhöht jedoch

grundsätzlich die Wirkung einer Reaktion.

Zukünftige Verbrennungsmotoren – Funktionsdienstleister um die Verbrennung Die konsequente Verbesserung der thermodynamischen Prozesse in Verbrennungsmotoren – von Ladungswechsel, Gemischbildung und Verbrennung bis

zur Wärmeübertragung lassen eine weitere Senkung des Kraftstoffverbrauchs um mehr als 30% zu. Die Schadstoffemission wird durch Prozessgestaltung, katalytische Nachbehandlung und Einsatz neuer Kraftstoffe beachtlich senken.

Die zukünftigen Kolbenmotoren werden durch folgende Funktionen geprägt sein:

vollvariable Ventilsteuerung, doppelte Aufladung, Kraftstoffdirekteinspritzung, kontrollierte Selbstzündung, Management der Kühlung. Durch Plattformlösungen bezüglich Ladungswechsel (Aufladesysteme, Ventilsteuerung), Kraftstoffzufuhr

(Direkteinspritzsysteme), Gemischbildung im Brennraum (Mehrfahreinspritzung) und Verbrennung (kontrollierte Selbstzündung) wird es teilweise zu einer Konvergenz von Otto- und Dieselmotoren kommen, insbesondere für den Einsatz in

Mittelklassewagen.

Ein solcher Motor mit 3-4 Zylindern bei einem Hubraum von 0,8-1,4 dm³ wird bei

Fahrzeug-Teillast in seinem Volllastbereich arbeiten, um stets einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen. Bei hoher Leistungsanforderung des Fahrzeugs wird mittels zuschaltbarer Aufladesysteme (elektrisch angetriebener Kompressor und

zusätzliche Turboaufladung) die Ladung mit Luft-/Kraftstoffgemisch erhöht, wodurch die Leistung zunimmt. Grundsätzliche Unterschiede zwischen Otto- und Dieselmotoren, insbesondere der

Drehmomentverlauf und der Herstellungspreis werden jedoch eine allgemeine Verschmelzung dämpfen:

- für kompakte, preiswerte Automobile haben kleine, effiziente Ottomotoren

eindeutig Vorteile - für leistungsstarke Oberklassewagen sind Dieselmotoren die bessere

Alternative.

Zukünftige Energieträger für Verbrennungsmotoren – Erdgas, Flüssiggas, Wasserstoff, Alkohole, Öle

ERDGAS, AUTOGAS

Erdgas besteht zu 85 – 95 % aus Methan. Aufgrund der ähnlichen Werte von Heizwert, Luftbedarf und somit Gemischheizwert, wie im Falle des Benzins, ist eine Umstellung von Fahrzeugen mit Ottomotoren von Benzin- auf Erdgasbetrieb

weitgehend unproblematisch. Eine solche Umstellung wird von der hohen Oktanzahl des Erdgases besonders begünstigt, indem eine Erhöhung des Verdichtungsverhältnisses und damit des thermischen Wirkungsgrades möglich wird.

Allgemein üblich ist jedoch aufgrund der noch in Entwicklung befindlichen Infrastruktur für Erdgasfahrzeuge eine bivalente Nutzung von Erdgas und Benzin mit gleichen Motoren – wodurch die Verdichtung wie beim Benzinbetrieb bleibt. Das niedrigere Kohlenstoff-/ Wasserstoff Verhältnis im Molekül des Methans (Erdgas) als

in den Molekülen von Heptan/Oktan (Benzin) bei ähnlichem Heizwert führt zur Senkung der Kohlendioxidemission bei der Verbrennung einer vergleichbaren Menge. Erdgas ist dennoch ein fossiler Energieträger – mit dem grundsätzlichen

Nachteil der Kohlendioxidemission und der begrenzten Verfügbarkeit. Autogas- LPG (Liquefied Petroleum Gas) ist ein Gemisch von Propan und Butan in

gleichen Anteilen und entsteht bei dem Raffinerieprozess des Erdöls, aber auch bei Aufbereitung von Erdgas. In den Niederlanden wird seit den fünfziger Jahren Autogas für den mobilen Einsatz

gewonnen. Gegenwärtig werden in dem Raffinerieprozess des Erdöls in den

Niederlanden 63 % Benzin, 23 % Dieselkraftstoff und 14 % Autogas gewonnen; jedoch besteht das Ziel in der nahen Zukunft in der Herstellung gleicher Anteile von Benzin, Dieselkraftstoff und Autogas aus einer Masse Erdöl.

WASSERSTOFF

Die Verbrennung mit Sauerstoff aus der Luft zum Wasser ist zunächst ein Argument in Bezug auf die Umwelt. Beim Einsatz in einem Verbrennungsmotor entsteht aber

das Problem der NOX-Emission, wie bei Dieselmotoren. Wasserstoff wird weltweit zu etwa 98% aus Erdgas hergestellt, was mit Kohlendioxidemission verbunden ist.

Durch die niedrigste molare Masse aller Elemente hat Wasserstoff – bei vergleichbarem Druck bzw. Temperatur – die geringste Dichte, was seine Speicherfähigkeit an Bord eines Fahrzeugs physikalisch, unabhängig vom

technischen Entwicklungsstand, sehr begrenzt. Die Kraftstoffdosierung entweder durch Saugrohr- oder durch Direkteinspritzung bleibt aufgrund der geringen Dichte ein beachtliches Problem.

ALKOHOLE, PFLANZENÖLE

Die Senkung der Kohlendioxidemission bei der Verbrennung von

Kohlenwasserstoffen ist grundsätzlich durch die Erhöhung des Wasserstoffanteils im Kohlenwasserstoff-Molekül möglich. Bei der Verbrennung entsteht gewiss ein Anteil an Kohlendioxid. Wenn der Kraftstoff aber ein Alkohol (Methanol, Ethanol) auf

pflanzlicher Basis ist, so wird dieses Kohlendioxid als Pflanzennahrung im Rahmen der Photosynthese recycelt.

Alkohole (für Ottomotoren) und Pflanzenöle (für Dieselmotoren) können von zahlreichen Pflanzen – ohne Nutzung der Frucht – gewonnen werden, wobei nur die Hälfte der weltweit noch beackerbaren Flächen den Energiebedarf der gesamten

Mobilität decken kann. Neben Zuckerrohr, Korn, Mais, Zuckerrüben und Maniok stellen die Algen ein bedeutendes Rohstoff-Potential zur Herstellung von Alkohol dar. Algen sind im

Wasser lebende Wesen, die sich auf Basis von Photosynthese ernähren. Der Ertrag pro Fläche – allerdings bei Kultivierung in Algenreaktoren – ist deutlich höher als bei der Produktion von Biomasse in der Landwirtschaft – gegenüber Raps 15fach bzw.

gegenüber Mais 10fach. Die Forschung ist auf diesem Gebiet derzeit sehr aktiv – zwei Unternehmen sind in diesem Zusammenhang bezeichnend: Boeing und Exxon. Syntheseverfahren zur Gewinnung von Kraftstoffen mit einem gewünschten

Verhältnis von Wasserstoff-Kohlenstoff-Sauerstoff haben dabei ein zusätzliches, beachtliches Potential. Wesentliche Kriterien zur Bewertung eines Kraftstoffes für Verbrennungsmotoren

oder Brennstoffzellen an Bord eines Fahrzeugs sind dabei:

Eigenschaft Wirkung

- molekulare Struktur - Zusammensetzung der Endprodukte (Abgas)

- Dichte - Speicherfähigkeit an Bord - Viskosität - Schmierung, Verkokung - Heizwert - Reichweite - Luftbedarf - Kraftstoffdosierung - Heizwert des Luft-/Kraftstoffgemisches - Drehmoment - Oktanzahl/Cetanzahl - Klopfneigung / Zündwilligkeit - Erforderliche Verdampfungsenergie - Kühlung der Ladungsmasse, Kaltstart

Von den aufgeführten, nicht synthetischen Kraftstoffen erfüllt das Ethanol diese Kriterien am besten.

Elektromotoren und Verbrennungsmotoren – zwischen Konkurrenz und Partnerschaft HYBRIDANTRIEB MITTELS ELEKTROMOTOR UND KOLBENMOTOR

Der prinzipielle Vorteil solcher Lösungen besteht in der günstigen Kombination des Drehmomentverlaufes eines Elektromotors (mit dem Maximum im niedrigen

Drehzahlbereich, von der Drehzahl Null an) mit jenem eines Kolbenmotors (mit dem Maximum im höheren Drehzahlbereich). Dieser Vorteil kommt insbesondere beim Anfahren bzw. bei niedrigen

Geschwindigkeiten zum Tragen. Zwei günstige Einsatzgebiete sind demzufolge bei schweren Fahrzeugen bzw. bei Fahrzeugen im Stadtverkehr. Es wurden bereits unterschiedliche Varianten zur Kombination beider Antriebe realisiert.

Um die Funktion des/der Elektromotoren in ihrem günstigen Drehzahlbereich in einem breiten Geschwindigkeitsbereich des Fahrzeugs abzusichern, werden auch Getriebe mit integrierten Elektromotoren, in Kombination mit 3 Planetengetrieben

eingesetzt. Eine solche Entwicklung (Two-Mode-Hybrid) entstand innerhalb einer Kooperation von GM, BMW und Daimler

Weitere Ausführungen (Daimler, Audi) verwenden für die Zuschaltung des/der

Elektromotoren Kupplungen – wobei Elektro- und Kolbenmotor sich auf der gleichen Welle befinden – anstatt Planetengetriebe.

Ein anderes Konzept geht davon aus, dass beide Antriebsanteile nicht mechanisch angekoppelt sein müssen: der Verbrennungsmotor treibt beispielsweise die Vorderachse des Fahrzeuges an, der Elektromotor die Hinterachse (Lexus RX 400h,

Peugeot).

ELEKTROMOTOREN-ANTRIEB

Elektromotoren haben gegenüber Verbrennungskraftmaschinen zwei prinzipielle Vorteile:

- das maximale Drehmoment wird ab der Drehzahl Null erreicht. Die Kraft am

Rad, zur Beschleunigung eines Fahrzeugs vom Stand bzw. von niedrigen Geschwindigkeiten heraus, bedeutet bei dem entsprechenden Rad-Radius zunächst Drehmoment. Leistungsbedarf entsteht bei der Erhöhung der

Drehzahl, die beim Verbrennungsmotor für die Ladungsströmung erforderlich ist. Ein Elektromotor erreicht somit das maximale Drehmoment eines Verbrennungsmotors bei weitaus geringerer Leistung. Gerade für

Stadtfahrzeuge, mit häufigen Beschleunigungszyklen ist diese Eigenschaft von Vorteil – hohes Drehmoment bei niedriger Leistung erlaubt prinzipiell eine kompakte Bauweise.

- Elektromotoren, insbesondere für Fahrzeuge die häufig im Stadtzyklus fahren, können weitaus kleiner als Verbrennungsmotoren für gleiche Nutzung gebaut werden. Bereits realisierte Radnabenmotoren – für Zwei- oder Vierradantrieb

– haben durch die ermöglichten Freiheitsgrade der Radbewegung ein ungeahntes Potential in Hinblick auf die Kinematik und Dynamik des Fahrzeugs: Vorder- und Hinterachse sind nicht mehr erforderlich, jedes Rad

kann einzeln bewegt werden – Parken, Kurvenfahren, Stabilisierung, ABS erfahren eine neue Qualität. Die Dämpfung der ungefederten Masse des Radnabenmotors wird durch den Einsatz linearer Elektromotoren nicht

schlechter sondern effektiver.

WÄRMEKRAFTMASCHINE - ALS ELEKTROENERGIE–GENERATOR AN BORD

Eine Wärmekraftmaschine nutzt den Wärmeaustausch infolge einer vorhandenen Temperaturdifferenz um mechanische Arbeit zu generieren.

Eine Hochtemperaturquelle kann durch Verbrennung innerhalb oder außerhalb der Maschine geschaffen werden. Dafür können im ersten Fall Kolbenmotoren (Otto,

Diesel, Wankel) und Gasturbinen, im zweiten Fall Stirling-Motoren eingesetzt werden.

Ein vorteilhafter Umstand ist bei der Funktion einer Wärmekraftmaschine ausschließlich als Stromgenerator (also ohne Fahrzeugantriebsfunktion), dass der Last- und Drehzahlbereich gegenüber einem Antriebsmotor extrem eingegrenzt ist.

Dadurch kann der Verbrennungsprozess nahezu optimal gestaltet werden – wodurch Verbrauch und Emissionen weitaus unter denen eines Antriebsmotors sind. Bereits vor 15 Jahren wurden bei PSA Prototypfahrzeuge (Citroen Saxo) innerhalb

eines Forschungsprojektes mit FTZ-Zwickau auf Basis eines neu-entwickelten Boxer-Zweizylinder-Zweitaktmotors mit Benzindirekteinspritzung, als Stromgenerator (10kW bei 6000 U/min, Motormasse 8kg, Motorabmessungen 25x30x30cm) entwickelt. Der

Benzinverbrauch von 2,4l/100km im Stadtzyklus und die Reichweite von 420km mit einem 15l Benzin-Tank empfehlen eine solche Lösung.

Was treibt uns morgen an? – Universallösung oder Vielfalt? Die beispielhafte Entwicklung der Antriebssysteme für Automobile zwischen

Anforderungen, Limitierungen und Akzeptanzkriterien – von Leistungssteigerung bis zur Schadstoffemissionsbegrenzung – beruht auf einem extrem gestiegenen Innovationspotential. Die Zukunft gehört dem Energiemanagement zwischen Antrieb

und Energieversorgung an Bord eines weitgehend einsatzzweck-spezifischen Automobils. Dafür werden Antriebssystemarten, Energieträger, -wandler und -speicher an Bord in vielfältigen Konfigurationen zu kombinieren sein.

Ein universell einsetzbares und akzeptiertes Automobil widerspricht sowohl der bisherigen Entwicklung als auch der natürlichen, wirtschaftlichen, technischen und sozialen Umgebungsbedingungen. Durch die Modularisierung der

Funktionskomponenten wird die Diversifizierung der Automobiltypen oder -klassen umso deutlicher.

Oberklassewagen, SUV

In Anbetracht der Fahrzeugmasse, der Fahrzeugeigenschaften und der repräsentativen Fahrprofile in dieser Klasse, erscheinen dafür Voll-Hybrid-Lösungen

bestehend aus einem Kolbenmotor und eins/zwei Elektromotoren als vorteilhaft. Mehr Gewicht und mehr Kosten (4000-8000 Euro im Vergleich mit dem Antrieb mittels alleinigen Kolbenmotors) wird durch den Fahrzeuggesamtpreis in dieser

Klasse relativiert. Mittelklassewagen

Kompakte Kolbenmotoren (3 Zylinder, etwa 1 Liter Hubraum) nach kombinierten Otto-/Dieselverfahren als Antrieb, mit stufenweise zuschaltbarer Aufladung, mit einem Stromgenerator auf Basis einer Brennstoffzelle – wobei Kolbenmotor und

Brennstoffzelle von einem pflanzlichen Kraftstoff angetrieben werden – haben eindeutige Vorteile gegenüber anderer Lösungen für diese Fahrzeugklasse. Kompakte Stadtwagen

Reiner Elektromotorantrieb mittels Radnabenmotoren, Batterien mit hoher

Energiedichte (Lithium-Ionen, Zink-Luft). Für Stadtverkehr, in Anbetracht der dringend erforderlichen Null-Emission von Kohlendioxid, Partikel, Schadstoffe und Lärm, bei einer moderaten Reichweite, ist diese Lösung unumgänglich, trotz des

erheblichen Preises.

Stadtwagen mit Reichweiten-Verlängerung:

Die Zunahme der Reichweite, aber auch die Abnahme der Batteriemasse, -

abmessungen und Kosten durch eine stationär, als Stromgenerator arbeitende Wärmekraftmaschine (Wankel-, Stirling-, Zweitaktmotor oder Gastrubine) außerhalb der Null-Emission-Zonen hat als vorteilhaftes Konzept eine beachtliche Zukunft.

Preiswerte Mehrzweckwagen

Allzu oft wurde und wird unter preiswerten Personenwagen die kompakte Ausführung

eines erfolgreichen Massenmodells verstanden, die über die kleineren Maße hinaus bis auf Grundfunktionen abgespeckt wird. In Brasilien, in Indien, selbst in Osteuropa

sind nicht kompakte sondern große preiswerte Wagen von Nöten, in denen Eltern mit Kindern und Großeltern, samt Kartoffelkiste und Feuerholz im rauen Gelände, oft unter extremen atmosphärischen Bedingungen fahren müssen. Ein Hightech-Antrieb

ist für einen solchen Zweck weder vom Preis noch von den Wartungsmöglichkeiten her realistisch. Ein einfacher 2-3 Zylindermotor mit Einspritzung eines Alkohols aus Biomasse, an der Grenze der Emissionsnormen und des Leistungsbedarfs, ist dafür

besser geeignet. Fazit: Die Vielfalt der zukünftigen Automobile bedingt die Diversifizierung ihrer Antriebe,

deren modulare Auslegung, aber auch deren verknüpfte Funktion.

Literatur: Stan, C.: Alternative Antriebe für Automobile – Hybridsysteme, Brennstoffzellen, alternative Energieträger, 3., erweiterte Auflage, Springer Vieweg Verlag Berlin Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-25266-2