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Altersarmut – ein Zukunftsproblem?!

Prof. Dr. Gerhard BäckerUniversität Duisburg-Essen

Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ)

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I. Was ist Armut – Armut im Alter?

Unterschiedliche Armutskonzeptionen und Messverfahren

(I) Einkommensarmut: = weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens

(II) Einkommensarmut - Grundsicherungsniveau:

Unterschreiten oder Erreichen der Grundsicherungsschwelle (Regelleistung plus Kosten der Unterkunft)

(III) Lebenslagenarmut:

Unterschreiten des sozio-kulturellen Minimums in mehreren Lebensbereichen: Wohnung, Pflege, Gesundheit, soziale Teilhabe

>> Festlegung eines Schwellenwertes, einer Armutsgrenze: Stets eine normative Entscheidung

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a) Berechnung der Einkommensarmut bzw. der Armutsgefährdung (im Alter)

Bezugsgröße: Haushaltseinkommen pro Kopf nach Bedarf gewichtet

Sämtliche Einkommen, die von den Personen im Haushalt bezogen werden: neben Alters- u. Hinterbliebenenrenten aus der GRV auch Betriebs- u. Leibrenten, (Alters)Vermögenseinkünfte, Erwerbseinkommen, Wohngeld

Armutsgefährdung:

Das bedarfsgewichtete pro Kopf Einkommen liegt unterhalb von 60 % des pro-Kopf Durchschnittseinkommens gemessen am Median

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Daraus folgt: eine niedrige Rente allein ist noch kein Indikator für Altersarmut !

bei einer Person können mehrere Alterseinkommen zusammen fallen (Kumulation),

z.B. : eigene Rente + Hinterbliebenenrente oder: Gesetzliche Rente und andere Alterseinkommen

das niedrige Alterseinkommen der einen Person kann durch ein höheres Alterseinkommen einer anderen Person im Haushalt ausgeglichen werden.

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49,6

39,3

32,0

34,3

26,3

23,3

19,5

14,1

11,4

11,0

14,7

58,7

38,6

35,6

31,9

23,0

23,4

18,9

13,8

12,9

13,3

15,1

0 10 20 30 40 50 60

Erwerbslose

Ein(e) Erwachsene(r) mit Kind(ern)

Qualif ikation Niedrig

Ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Zwei Erwachsene u. drei oder mehr Kinder

18 bis unter 25

Unter 18

25 bis unter 50

50 bis unter 65

65 und älter

Insgesamt 2011

2005

Armutsgefährdungsquoten1) nach soziodemografischen Merkmalen2005 und 2011in % der jeweiligen Bevölkerung, Deutschland

1) Anteil der Personen mit einem bedarfsgewichteten pro-Kopf Haushaltseinkommen (Äquivalenzeinkommen) von weniger als 60% des Durchschnitts (Median) der Einkommen der Bevölkerung insgesamt. Äquivalenzskala: neue OECD-Skala.

Quelle: Statistisches Bundesamt (2012), Sozialberichterstattung - Datenbasis: Mikrozensus

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b) Bezug von Grundsicherung im Alter:

Ist das Bedarfsniveau armutsvermeidend? Regelleistung: 382 € + Warmmiete = ~ 710 € für Alleinstehende, 1.050 für Paare

Ende 2011: ~ 844.000 Leistungsempfänger

deutlicher Anstieg in den letzten Jahren: Gegenüber 2003: + ~ 70 %

davon fast die Hälfte (46 %): dauerhafte Erwerbsminderung.

54 % der Empfänger sind über 65 Jahre

Problem: Verdeckte Altersarmut

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c) Zwischenergebnis zur aktuellen Lage

Einkommensarmut im Alter durchaus verbreitet und gestiegen – aber keine Massenerscheinung

Die lohn- und beitragsorientierte Gesetzliche Rentenversicherung mit ihrem Grundprinzip der Teilhabeäquivalenz hat sich bislang durchaus als erfolgreich in der Armutsbekämpfung erwiesen !

Allerdings: Unter Berücksichtigung des Haushaltskontextes Altersarmut erweist sich als dauerhafte Armutslage, geringe Möglichkeiten

der aktiven Veränderung Die Gegenwart lässt sich nicht einfach in die Zukunft verlängern

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II. Ein Blick in die Zukunft: Steigendes Armutsrisiko

Zangenwirkung von externen und internen Risikofaktoren

a) Externe Risiken: Umbrüche auf dem ArbeitsmarktDie Folgen der Deregulierung - Altersarmut als Spiegelbild wachsender

Unsicherheiten und Ungleichheiten im Beschäftigungssystem

Ausbreitung des Niedriglohnsektors Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse: Minijobs Anhaltende (Langzeit)Arbeitslosigkeit Durchbrochene Erwerbs- und Versicherungsbiografien, Leiharbeit,

Befristung Zunahme von selbstständiger Beschäftigung ohne Absicherung

Ergebnis: Rückläufige Höhe der persönlichen Entgeltpunkte

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4,3

75

4,5

44

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03

4,8

91

4,7

47

4,8

93

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54

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21

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32

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1,7

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2,1

60

2,1

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77

2,2

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2,3

40

2,3

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2,4

53

2,4

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2,5

99

2,5

73

5,533

5,982

6,4666,667

6,4926,739. 6,751

6,916 6,918 7,104 7.078 7,197 7,1927,311 7,274 7,384 7,387 7,507 7,507

0

1

2

3

4

5

6

7

8

06/2003

12/2003

06/2004

12/2004

06/2005

12/2005

06/2006

12/2006

06/2007

12/2007

06/2008

12/2008

06/2009

12/2009

06/2010

12/2010

06/2011

12/2011

06/2012

ausschließlich geringfügig Beschäf tigte

im Nebenjob geringfügig Beschäf tigte

geringfügig Beschäf tigte insgesamt in Mio

Beschäftigte in Mini-Jobs 2003 - 2012Geringfügig Nebenbeschäftigte und Hauptbeschäftigte in Mio.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2013), Beschäf tigungsstatistik, Nürnberg

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b) Interne Risiken:

Abbau des Schutzwirkung der Rentenversicherung

unzureichende Absicherung von ALGII-Empfängern Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug, auch bei

Erwerbsminderungsrenten Versicherungsfreiheit von Mini-Jobs unzureichende Absicherung von (Solo) Selbstständigen

und kontinuierliche Absenkung des Rentenniveaus Abkoppelung der Rentenanpassung von der Lohnentwicklung

(Riester-Faktor und Nachhaltigkeitsfaktor)

Ergebnis: Die persönlichen Entgeltpunkte entwickeln sich rückläufig und verlieren an relativem Wert

Wertverlust auch bei den Leistungen des Solidarausgleichs

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Durch die Doppelwirkung der Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt

und des Leistungsabbaus in der Rentenversicherung

werden niedrige Renten in Zukunft häufiger auftreten, vor allem bei Erwerbsgeminderten, Arbeitnehmern in atypischen und prekären Beschäftigungs-

verhältnissen, Niedrigqualifizierten,gesundheitlich Beeinträchtigten, Langzeitarbeitslosen und Versicherten aus den neuen Bundesländern

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Niedrigrenten infolge der Absenkung des Rentenniveaus

führen zugleich zu einem

Legitimations- und Akzeptanzproblem der Rentenversicherung

Trotz langjähriger versicherungspflichtiger Beschäftigung und Beitragszahlungen erreicht die individuelle Rente noch nicht einmal das Grundsicherungsniveau:

Beispiele: Versicherungsjahre mit Rente oberhalb Grundsicherung

- Durchschnittsverdiener (100 %):

heute: 27,1 Jahre, 2030: 32,5 Jahre

- unterer Verdienst (70%):

heute: 38,7 Jahre, 2030: 46,5 Jahre

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III. Kompensation durch private und betriebliche Vorsorge?

Grundposition des Paradigmenwechsels: Begrenzung des Beitragssatzanstiegs auf maximal 22 % Absenkung des Rentenniveaus Betriebliche und/oder private Vorsorge als Ersatz für Leistungsabbau und nicht mehr (wie früher) als Ergänzung Steuerliche Förderung der privaten und betrieblichen Vorsorge durch Zulagen und (steuer- und beitragsfreie) Entgeltumwandlung – mit

starker sozialer Komponente Erwartung: Umfassende Verbreitung,

hohe Renditen auf den Kapitalmärkten,

Verbesserung des Gesamtleistungsniveaus

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Erfahrungen nach 10 Jahren: Trotz Expansion noch immer nur begrenzte Verbreitung, mittlerweile Stagnation bei privater und betrieblicher Vorsorge trotz sozialer Förderkomponente weit unterproportionale Beteiligung von Niedrigeinkommensbeziehern und atypisch Beschäftigten Gerade Niedrigrenten werden nicht aufgestockt

Bei der privaten Vorsorge: Hohe Abschluss- und Verwaltungskosten und niedrige Renditen (wenn überhaupt, da abhängig von der Lebens-erwartung)

>> Förderung der Versicherten oder der Versicherungen?

Risiken der Kapitalmarktabhängigkeit trotz Nominalgarantie, aktuelle Probleme: Niedrigzinsphase, starkes Absinken des

Garantiezinses

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Es fehlen Informationen darüber: Werden die Verträge kontinuierlich bedient? Wird der erforderliche Eigenbeitrag geleistet? Werden die Zulagen

beantragt? Welche Risiken sind abgedeckt? Wie viele Personen machen von der Möglichkeit Gebrauch der

Auszahlung von 30 % der Versicherungssumme? Erfolgt eine Anpassung an die Lohnentwicklung?

Resumee von Gerd Wagner/DIW:

„Da sich für Geringverdiener das „Riestern“ ohnehin nicht lohnt, ist es – paradoxerweise – gut, dass die allermeisten Geringverdiener sich nicht von den Versprechungen des Gesetzgebers und der Riester-Anbieter locken lassen“ (DIW-Wochenbericht 47/2011, S. 24).

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IV. Was ist zu tun? Reformbedarfe

ein systemsprengender Umbau (bedingungslose Grundrente für alle): nicht zielführend, nicht finanzierbar und hat zweifelhafte Verteilungseffekte

Plädoyer für die Beibehaltung einer lohn- und leistungsbezogenen Alterssicherung mit zwei Zielen: Armutsfestigkeit Lebensstandardsicherung

notwendig sind Maßnahmen, die an mehreren Ebenen ansetzen

Reformen, die der Rentenversicherung vorgelagert sind, und Reformen der Alterssicherungssysteme

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Alterssicherungsexterne Reformen: Verbesserung der Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt

- Abbau der (Langzeit)Arbeitslosigkeit

- Erhöhung, Verstetigung und Verlängerung der Erwerbsbeteiligung (insbesondere von Frauen und im Alter) statt Betreuungsgeld und Verfestigung des Modells der Versorgerehe

- Eindämmung des Niedriglohnsektors, Flächendeckende Mindestlöhne

- Begrenzung statt Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung

- Wiederherstellung der „Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“, Abbau prekärer Beschäftigung

>> Überforderung der Rentenversicherung durch allein nachträglichen Ausgleich

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Alterssicherungsinterne Reformen: Stärkung der Rentenversicherung

Mit langfristiger Wirkung (Aufbau von Anwartschaften)- ausreichende Beitragszahlungen in Zeiten der Arbeitslosigkeit- Einbeziehung von Selbstständigen in die Pflichtversicherung/Erwerbstätigenversicherung

Mit unmittelbarer , kurzfristiger Wirkung- Begrenzung der Rentenabschläge, insbesondere bei EM-Renten,

Verlängerung der Zurechnungszeiten- Absicherung von bereits zurückgelegten Zeiten der Arbeitslosigkeit im SGB II- Verlängerung der „Rente nach Mindesteinkommen“ (Problem Teilzeitarbeit)- 3 Jahre Kindererziehungszeiten für Geburten auch vor 1992

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und Stabilisierung des Rentenniveaus, da ansonsten - die anderen Reformschritte nicht greifen

auch ein Mindestlohn von selbst 10 Euro bleibt wirkungslos- die Solidarleistungen (Kindererziehung, Pflegezeiten, Rente nach Mindesteinkommen) entwertet werden- die Rentenversicherung in der Substanz gefährdet wird

- Beitragssatzziel von 22 % kein Dogma schon derzeit liegt die Belastung der vorsorgenden Arbeitnehmer (!) bei 13,45 % = (18,9%/2) + 4%

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Weitere, aber problematische Vorschläge Garantierente (30:30 Modell) – etwa 845 Euro (2013)

30 Versicherungsjahre: Bevorzugung von Teilzeitarbeit,

Einkommensanrechnung, Freibeträge bei privater Vorsorge

> weitgehende Abschaffung des Prinzips der Teilhabeäquivalenz

Lebensleistungsrente (BMA):

Höhe??

40 Versicherungsjahre und private Vorsorge

Anrechnungsfreiheit der Riester-Rente> Förderung von tradierten Frauenbiografien einschließlich Minijobs> Förderung der privaten Altersvorsorge = Förderung des Versicherungs- und Finanzunternehmen

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V. Ausblick Altersarmut ist mehr als Einkommensarmut!

aber ohne ein ausreichendes Einkommen lassen sich die Defizite und Unterversorgungslagen vor allem in den Bereichen

Wohnen Gesundheit Pflege soziale Teilhabe nicht lösen.

Alterssicherung ist mehr als Armutsvermeidung! Alterssicherung in einer alternden Gesellschaft ist mit steigenden

Kosten verbunden