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Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
einer Magistra der Rechtswissenschaften
an der Karl-Franzens-Universität Graz
zum Thema
„Made in Austria“ bei Industrieprodukten:
Analyse der Rechtsgrundlagen und ausgewählter
österreichischer und deutscher Judikatur
vorgelegt von
Lisa Hoffelner
bei
Ao. Univ.-Prof. Mag. rer.soc.oec. Dr. iur. Gerhard Schummer
am Institut für Unternehmensrecht und Internationales Wirtschaftsrecht
Leoben, Jänner 2017
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen
wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die
Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder
ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die
vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.
………….............. ………………………………..
Datum Unterschrift
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde als Diplomarbeit im Jänner 2017 am Institut für
Unternehmensrecht und Internationales Wirtschaftsrecht eingereicht. Literatur, Judikatur
und Gesetzestexte wurden bis einschließlich Jänner 2017 berücksichtigt.
Soweit in der vorliegenden Arbeit auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen aus
Gründen des besseren Verständnisses sowie der leichteren Lesbarkeit nur in männlicher
Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen gleichermaßen.
Aus organisatorischer Sicht ist noch zu erwähnen, dass die in der Arbeit ausgewiesenen
Zitate den Vorgaben der „Neuen Zitierregeln für juristisches Zitieren“, zusammengestellt
von Jahnel, folgen.
Die angeführten Internetdokumente und Websites wurden zuletzt am 08.01.2017 auf ihre
Aktualität geprüft.
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................... I
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... IV
1 Einleitung ..................................................................................................................... 1
2 Rechtsgrundlagen ......................................................................................................... 3
2.1 Völkerrechtliche Rechtsgrundlagen ...................................................................... 3
2.1.1 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums....... 4
2.1.1.1 Regelungsgegenstand und Terminologie ................................................. 5
2.1.1.2 Anzuwendende Prinzipien........................................................................ 6
2.1.1.3 Rechtsfolgen ............................................................................................. 6
2.1.2 Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder irreführender
Herkunftsangaben .......................................................................................................... 7
2.1.2.1 Regelungsgegenstand und Terminologie ................................................. 8
2.1.2.2 Rechtsfolgen ............................................................................................. 9
2.1.3 Lissaboner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und
ihre internationale Registrierung ................................................................................. 10
2.1.3.1 Regelungsgegenstand und Terminologie ............................................... 10
2.1.3.2 Rechtsfolgen ........................................................................................... 11
2.1.4 Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen
Eigentums .................................................................................................................... 12
2.1.4.1 Terminologie und Regelungsgegenstand ............................................... 13
2.1.4.2 Schutzniveau und Rechtsfolgen ............................................................. 13
2.2 Europarechtliche Rechtsgrundlagen .................................................................... 15
2.2.1 Der Unionszollkodex ..................................................................................... 16
2.2.1.1 Der nichtpräferentielle Ursprung ........................................................... 17
2.2.1.2 Bestimmung des Ursprungs bei Herkunft aus einem Land .................... 18
2.2.1.3 Bestimmung des Ursprungs bei Herkunft aus zwei oder mehr Ländern 19
2.2.1.3.1 Wesentliche Bearbeitung und Verarbeitung ...................................... 20
2.2.1.3.2 Herstellung eines neuen Erzeugnisses oder bedeutende
Herstellungsstufe ................................................................................................. 21
2.2.1.3.3 Montagevorgänge .............................................................................. 21
2.2.1.4 Delegierte Vorschriften zum UZK ......................................................... 22
2.3 Nationale Rechtsgrundlagen ................................................................................ 24
2.3.1 Das Markenschutzgesetz 1970 ...................................................................... 24
2.3.2 Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb .................................. 25
II
2.3.2.1 Das Verbot irreführender Geschäftspraktiken nach § 2 UWG .............. 25
2.3.2.2 Der Schutz vor Irreführung über die wesentlichen Merkmale des
Produkts (in concreto über die Herkunft) gem § 2 Abs 1 Z 2 UWG ....................... 26
2.3.3 Exkurs zur Rechtslage in Deutschland .......................................................... 29
2.3.3.1 Der Schutz geographischer Herkunftsangaben nach §§ 126 ff dMarkenG
................................................................................................................ 29
2.3.3.2 Der Schutz vor Irreführung über Merkmale von zentraler Bedeutung
gem § 5 Abs 1 Z 1 dUWG ...................................................................................... 31
2.4 Zwischenfazit....................................................................................................... 32
3 Geografische Herkunftsangaben ................................................................................ 35
3.1 Tatbestandmerkmale der geographischen Angaben ............................................ 35
3.2 Arten von Herkunftsangaben ............................................................................... 36
3.2.1 Ursprungsbezeichnungen............................................................................... 36
3.2.2 Einfache Herkunftsangaben ........................................................................... 37
3.2.3 Qualifizierte Herkunftsangaben ..................................................................... 37
3.2.4 Unmittelbare Herkunftsangaben .................................................................... 38
3.2.5 Mittelbare Herkunftsangaben ........................................................................ 38
3.2.6 Scheingeografische Bezeichnungen und Fantasiebezeichnungen ................. 40
3.2.7 Die Verwendung entlokalisierender Zusätze ................................................. 40
3.3 Abgrenzungen ...................................................................................................... 41
3.4 Irreführung durch Angaben über die geographische Herkunft ............................ 42
3.4.1 Irreführung durch die Verwendung von geografischen Herkunftsangaben .. 42
3.4.2 Irreführung durch die Verwendung von fremder Sprache ............................. 43
3.4.3 Irreführung durch die Verwendung von Landesfarben, Flaggen oder Wappen
....................................................................................................................... 44
3.5 Zwischenfazit....................................................................................................... 45
4 Judikatur ..................................................................................................................... 46
4.1 Österreichische Judikatur .................................................................................... 46
4.1.1 OGH 05.12.1978, 4 Ob 402/78 (UNI-DIM-Isolierkamine) .......................... 47
4.1.1.1 Sachverhalt ............................................................................................. 47
4.1.1.2 Entscheidungsgründe des OGH ............................................................. 48
4.1.2 OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99z (Tiroler Loden) .......................................... 50
4.1.2.1 Sachverhalt ............................................................................................. 50
4.1.2.2 Entscheidungsgründe des OGH ............................................................. 52
4.1.3 OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t (W.-Klaviere) ............................................... 53
III
4.1.3.1 Sachverhalt ............................................................................................. 53
4.1.3.2 Entscheidungsgründe des OGH ............................................................. 54
4.1.4 Zwischenfazit zur österreichischen Judikatur................................................ 57
4.2 Judikatur in Deutschland ..................................................................................... 58
4.2.1 Grundsatzurteil Ski-Sicherheitsbindung ........................................................ 58
4.2.1.1 Sachverhalt ............................................................................................. 58
4.2.1.2 Entscheidungsgründe des BGH .............................................................. 59
4.2.2 Entscheidung Kondome - Made in Germany ................................................ 60
4.2.2.1 Sachverhalt ............................................................................................. 60
4.2.2.2 Entscheidungsgründe des BGH .............................................................. 60
4.2.3 Ausgewählte Entscheidungen deutscher OLG zu „Made in Germany“ ........ 61
4.2.3.1 OLG Stuttgart 10.11.1995, 2 U 124/95 (Staubsauger) ........................... 61
4.2.3.1.1 Sachverhalt ......................................................................................... 61
4.2.3.1.2 Entscheidungsgründe des OLG Stuttgart ........................................... 62
4.2.3.2 OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10 (Bestecke) ....................... 63
4.2.3.2.1 Sachverhalt ......................................................................................... 63
4.2.3.2.2 Entscheidungsgründe des OLG Düsseldorf ....................................... 63
4.2.3.3 OLG Köln 13.06.2014 - I-6 U 156/13 (Schmiedekolben) ..................... 64
4.2.3.3.1 Sachverhalt ......................................................................................... 64
4.2.3.3.2 Entscheidungsgründe des OLG Köln ................................................ 64
4.2.4 Kriterien für eine zulässige Verwendung von „Made in Germany“ ............. 65
4.2.4.1 Die Verkehrsanschauung........................................................................ 66
4.2.4.2 Die Herkunft von Produktbestandteilen ................................................. 67
4.2.4.3 Die zeitliche Abfolge der Verarbeitung ................................................. 69
4.2.4.4 Die wesentlichen Verarbeitungsschritte ................................................. 71
4.2.4.4.1 Die quantitative Zuordnung ............................................................... 71
4.2.4.4.2 Die qualitative Zuordnung ................................................................. 72
4.2.4.5 Der Wertschöpfungsanteil ...................................................................... 73
4.2.5 Zwischenfazit zur deutschen Judikatur ......................................................... 74
5 Conclusio ................................................................................................................... 75
Literaturverzeichnis ............................................................................................................ VII
Judikaturverzeichnis ............................................................................................................ XI
IV
Abkürzungsverzeichnis
§ Paragraph(en)
ABl Amtsblatt
Abs Absatz, Absätze
AZK Zollkodex der Europäischen Gemeinschaften (Verordnung (EWG)
Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992, ABl EG 1992 Nr. L
302, zuletzt geändert durch ABl EU 2013 Nr. L 269)
AZK-DVO Verordnung (EWG) Nr. 2554/93 der Kommission mit
Durchführungsvorschriften zum AZK, ABl EG 1993 Nr. L 253,
zuletzt geändert durch ABl EU 2014 Nr. L 344)
BeckRS Beck online Rechtsprechung
Bekl Beklagte/-r; beklagte Partei
BGB Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl Bundesgesetzblatt
BGH (deutscher) Bundesgerichtshof
bspw beispielsweise
bzw beziehungsweise
ca circa
DA Delegierte Verordnung der EK (Delegated Act)
DB Der Betrieb, Wochenschrift für Betriebswirtschaft, Steuerrecht,
Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht
dh das heißt
dUWG deutsches UWG idgF
dMarkenG Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen
(deutsches Markengesetz) igdF
ecolex Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht
EG Europäische Gemeinschaft
Erl Erläuterungen; erläuternde Bemerkungen
EK Europäische Kommission
EU Europäische Union
EuGH Europäischer Gerichtshof
ErstG Erstgericht
eV einstweilige Verfügung
f/ff folgende/ fortfolgende
GATT Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen 1994 (General Agreement
on Tariffs and Trade 1994)
GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
GRUR Int Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil
GRUR-Prax Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis im
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht
V
GRUR-RR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungs-
Report
gem gemäß
grds grundsätzlich
H Heft
Hrsg Herausgeber/-in
IA Durchführungsverordnung der EK (Implementing Act)
idF in der Folge; in der Fassung
idgF in der geltenden Fassung
idR in der Regel
IIC International Review of Intellectual Property and Competition Law
insb insbesondere
iSd im Sinne der/ des
iSv im Sinne von
iVm in Verbindung mit
Kl Kläger/-in; klagende Partei
LSK Leitsatzkartei des deutschen Rechts
LUA Lissaboner Abkommen über den Schutz der
Ursprungsbezeichnungen und ihrer internationalen Registrierung
1958 (Lissabonner Ursprungsabkommen)
MarkenschutzG Markenschutzgesetz 1970 idgF
MDR Monatsschrift für Deutsches Recht
mE meines Erachtens
MHA Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder
irreführender Herkunftsangaben (Madrider Herkunftsabkommen)
MR Medien und Recht
MR-Int Medien und Recht International Edition
mWv mit Wirkung vom
NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht
NJWE- WettbR Neue Juristische Wochenschrift - Entscheidungsdienst
Wettbewerbsrecht
Nr Nummer(n)
ÖBl Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und
Urheberrecht
ÖBl-LS Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und
Urheberrecht (Leitsätze)
OGH Oberster Gerichtshof
OLG Oberlandesgericht
PharmR Pharma Recht
PVÜ Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen
Eigentums
VI
RekG Rekursgericht
RL Richtlinie
RL-UGP Richtlinie 2005/29/EG des europäischen Parlaments und des Rates
vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im
binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und
Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)
Rn Randnummer(n)
Rs Rechtssache
Rsp Rechtsprechung
Rz Randzahl(en), Randziffer(n)
S Seite(n)
sog so genannte/-r/-s
stRsp ständige Rechtsprechung
SZ Entscheidungen des OGH in Zivilsachen
TRIPS-Abkommen Abkommen über die handelsbezogene Aspekte der Rechte des
oder TRIPS geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of
Intellectual Property Rights)
ua unter anderem; und andere
uU unter Umständen
UWG Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 idgF
UZK Unionszollkodex (Verordnung (EU) des Europäischen Parlaments
und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl EU Nr.
L 269/2013)
UZK-DA Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 24.
November 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013
des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur
Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, ABl EU
Nr. L 343/2015
UZK-IA Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom
24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von
Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des
Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des
Zollkodex der Union, ABl EU Nr. L 343/2015
va vor allem
vgl vergleiche
Wbl Wirtschaftsrechtliche Blätter
WRP Wettbewerb in Recht und Praxis
Z Ziffer(n)
zB zum Beispiel
ZER Zeitschrift für Europarecht
zT zum Teil
1
1 Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich näher mit der Kennzeichnung von
Industrieprodukten mit „Made in Austria“. Die Thematik von „Made in“ ist insb im
Hinblick auf mangelnde Qualität und Produktsicherheit von Kinderspielzeug1 sehr aktuell
und sogar die Wirtschaftskammer widmet sich auf ihrer Homepage diesem Thema2. Der
Grund, warum mir diese Thematik ein Anliegen ist, ist jener, dass ich in meinem Umfeld
vielfach beobachten kann, dass die Herkunft von Industrieprodukten immer wieder
thematisiert wird, zB beim Kauf eines neuen Elektrogerätes oder Autos. Diese
Beobachtung wird auch durch die Studie Global Brand Origin von Nielsen belegt, in der
69 Prozent der Österreicher angaben, dass sie bevorzugt lokale Produkte kaufen, um so ua
die lokale Wirtschaft zu unterstützen.3 Der Einfluss geographischer Angaben ist also nicht
nur in Bezug auf Lebensmittel und landwirtschaftlich erzeugte Produkte ein wichtiger
Faktor für die Kaufentscheidung von Konsumenten, sondern auch bei Industrieprodukten.
Für Verbraucher, die bei der Produktauswahl insb auch Wert auf die Herkunft der Produkte
legen, ist es wichtig zu wissen, in welchem Land ein Produkt oder einzelne
Produktbestandteile hergestellt wurden und dadurch ihre Qualität oder bestimmte
Eigenschaften erhalten. Aus den genannten Gründen kommt „Made in Austria“ im
heutigen Wirtschaftsleben eine besondere Rolle zu. Die Formulierung wird seit
Jahrzehnten verwendet und bei bestimmten Herkunftsländern, wie zB Österreich und
Deutschland, mit einer hohen Produktqualität in Verbindung gebracht. Als Beispiele für
die Verknüpfung von Qualität mit Herkunft seien hier bspw Gmundner Keramik, Meißner
Porzellan, Solinger Stahl, Heidelberger Zement oder Ravensburger Spiele genannt.
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist es, die folgenden drei Fragenblöcke zu klären:
Welche konkreten Rechtsgrundlagen kommen für einen Schutz geographischer
Herkunftsangaben in Betracht und wie sieht es mit deren Anwendbarkeit in Bezug
auf die Verwendung von „Made in Austria“ aus?
1 Vivien Timmler, EU-Kommission warnt vor gefährlichem Spielzeug
<http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gefaehrliche-produkte-eu-kommission-warnt-vor-gefaehrlichem-
spielzeug-1.2965788> (08.01.2017). 2 <https://www.wko.at/Content.Node/service/aussenwirtschaft/fhp/Ursprung/Made_in_....html>
(08.01.2017). 3 Judith Kuiper, Für Österreicher zählt die Herkunft < http://www.handelszeitung.at/handelszeitung/fuer-
oesterreicher-zaehlt-die-herkunft-130962 > (08.01.2017).
2
Was sind geographische Herkunftsangaben, wie kann mit Ihnen in die Irre geführt
werden und wie kann „Made in Austria“ dabei eingeordnet werden?
Wie beurteilt der OGH - unter Heranziehung von drei Judikaten - die Zulässigkeit
der Verwendung der geographischen Herkunft und welches Fazit ergibt sich daraus
für „Made in Austria“? Wie beurteilen - im Vergleich dazu - die deutschen Gerichte
die Zulässigkeit der Verwendung von „Made in Germany“?
Die vorliegende Arbeit gliedert sich daher in drei große Kapitel: Rechtsgrundlagen
(Kapitel 2), geographische Herkunftsangaben (Kapitel 3) und Judikatur (Kapitel 4).
Im ersten Teil der Arbeit ist zunächst zu klären, aus welchen Rechtsgrundlagen sich
Regelungen über die Verwendung und den Schutz von „Made in Austria“ ableiten lassen.
Es werden die in Frage kommenden Rechtsquellen analysiert, deren Inhalte Argumente für
eine Einordnung mit sich bringen könnten. Darauf aufbauend folgt im zweiten Teil ein
Überblick über geografische Herkunftsangaben im Allgemeinen. Zuerst werden hier die
Arten von geografischen Herkunftsangaben und in weiterer Folge die Möglichkeiten der
Irreführung des Verbrauchers durch geografische Herkunftsangaben näher
herausgearbeitet. Schließlich wird die Judikatur zur Verwendung von „Made in Austria“
analysiert. Im konkreten werden drei Entscheidungen des OGH näher betrachtet, wobei
diese keine eindeutige Verknüpfung zur Verwendung der Angabe „Made in Austria“
enthalten und daher allenfalls eine Orientierungshilfe bei der Beurteilung darstellen. In
Ermangelung aussagekräftiger österreichischer Judikatur, wird idF die deutsche Judikatur
zu „Made in Germany“ herangezogen. In Deutschland gibt es ein Grundsatzurteil aus dem
Jahr 1973, das sich näher mit dem Begriff „deutsches Erzeugnis“ auseinandersetzt.
Außerdem haben sich die deutschen Gerichte aller Instanzen in den letzten Jahren
eingehend mit möglichen Kriterien für die korrekte Benutzung im Bereich der
geografischen Herkunftsangaben und von „Made in Germany“ im Besonderen beschäftigt.
Daher werden auch diese Entscheidungen im Hinblick auf mögliche Kriterien für eine
Herkunftsbegründung näher analysiert.
3
2 Rechtsgrundlagen
Unter geografischen Herkunftsangaben sind alle Zeichen, insb Namen und Symbole, zu
verstehen, die auf die Herkunft eines Produktes oder Erzeugnisses aus einem bestimmten
Ort, einer bestimmten Gegend oder einem Land hinweisen.4 Eine genauere Ausführung zu
den geographischen Herkunftsangaben wird in weiterer Folge in Kapitel 3 eingehender
behandelt. Geographische Herkunftsangaben können in unterschiedlichem Zusammenhang
verwendet werden. Sie können einerseits im Rahmen der Warenmarkierung direkt als
Angabe am Produkt oder auf der Produktverpackung, als Hinweis auf die geographische
Herkunft, angebracht sein. Andererseits kann mit ihnen in der Werbung, zB in Broschüren
oder Prospekten, zu Zwecken der Absatzförderung geworben werden. 5
Da geographische Herkunftsangaben unterschiedlich verwendet werden können, stellt sich
die Frage, welche Rechtsgrundlagen geografische Herkunftsangaben und deren
Verwendung schützen. Sie sind sowohl durch völkerrechtliche, als auch europarechtliche
und nationale Rechtsgrundlagen geschützt. Die verschiedenen Rechtsgrundlagen weisen
unterschiedliche Regelungsgegenstände, Schutzstandards und Rechtsfolgen auf. Im
Folgenden werden die in Frage kommenden Rechtsgrundlagen - in der Reihenfolge
Völkerrecht, Europarecht und nationales Recht - näher erläutert und in Bezug auf die
Verwendung von „Made in Austria“ analysiert.
2.1 Völkerrechtliche Rechtsgrundlagen
Da das Bedürfnis nach dem Schutz geografischer Herkunftsangaben auf internationaler
Ebene seit langem anerkannt ist, gibt es dazu einige multi- und bilaterale völkerrechtliche
Abkommen. Die Pariser Verbandsübereinkunft6 schützt Herkunftsangaben und
Ursprungsbezeichnungen in den einzelnen Beitrittsstaaten nach dem Grundsatz der
Inländerbehandlung. Das Madrider Herkunftsabkommen7 verpflichtet alle Vertragsstaaten
dazu, irreführende Angaben über die Herkunft von Erzeugnissen nach Maßgabe des
nationalen Rechts des jeweiligen Vertragsstaates gegen Irreführung zu verbieten. Das
4 Omsels, Geografische Herkunftsangaben (2007) 1, Rn 1.
5 Omsels, Geografische Herkunftsangaben (2007) 125, Rn 305.
6 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 (in Kraft
getreten am 18.08.1973). 7 Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder irreführender Herkunftsangaben vom
14.04.1891.
4
Lissaboner Ursprungsabkommen8 schützt geografische Angaben, die der Bezeichnung der
Herkunft eines Erzeugnisses aus einer benannten Gegend dienen und die ihre Qualität und
ihre Eigenschaften diesen geografischen Verhältnissen verdanken. Das TRIPS-
Abkommen9 enthält besondere Regelungen betreffend den Schutz geografischer
Herkunftsangaben, durch die die Vertragsstaaten zum Schutz gegen den irreführenden
Gebrauch von Herkunftsangaben und zum Schutz von Herkunftsangaben gegen unlauteren
Wettbewerb verpflichtet werden. Neben diesen multilateralen internationalen Abkommen
gibt es außerdem zahlreiche bilaterale Verträge, in denen Staaten wechselseitig ihre
Herkunftsangaben schützen. 10
Die genannten multilateralen völkerrechtlichen Abkommen werden idF chronologisch,
nach ihrem Inkrafttreten, anhand einer allgemeinen Einführung und in weiterer Folge in
Bezug auf die Verwendung von „Made in Austria“ näher erläutert und analysiert. Auf eine
Darstellung der einzelnen bilateralen völkerrechtlichen Abkommen wird verzichtet, weil
dies den Rahmen dieser Diplomarbeit sprengen würde.
2.1.1 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums
Die Pariser Verbandsübereinkunft (kurz: PVÜ) schützt einerseits Herkunftsangaben und
andererseits Ursprungsbezeichnungen. Sie stützt sich auf den Grundsatz der
Inländerbehandlung und gewährleistet somit geografischen Angaben den Schutz, der ihnen
nach dem Recht des Schutzlandes zustehen würde. 11
Das Ziel der PVÜ ist ein möglichst
umfassender Schutz des gewerblichen Eigentums. Zu diesem gewerblichen Eigentum
gehören nach Art 1 Abs 2 PVÜ auch geographische Angaben. Die Regelungen über
geographische Angaben sind seit dem Inkrafttreten 1883 mehrfach neu gefasst worden. Sie
wurden durch die Haager Revisionskonferenz 1925 und die Lissabonner Konferenz 1958
neu geregelt und finden sich seitdem in den Art 9 und 10 PVÜ. Die PVÜ etabliert mit
diesen Regelungen einen Mindeststandard, der jedoch sowohl hinsichtlich des
Schutzumfangs als auch in Bezug auf die Rechtsfolgen niedrig angesetzt ist. 12
8 Lissaboner Abkommen über den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung
vom 31.10.1958. 9 Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (in Kraft getreten am
01.01.1995). 10
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 4, Rn 9. 11
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 334, Rn 855. 12
McGuire/Strauch in Busche/Stoll/Wiebe (Hrsg), TRIPs. Internationales und europäisches Recht des
geistigen Eigentums. Kommentar2 Vor Artikel 22-24, 388, Rz 69 (2013).
5
Art 19 PVÜ erlaubt es den Mitgliedsstaaten außerdem, weiteren multi- und bilateralen
Abkommen zum Schutz geografischer Herkunftsangaben, wie unter anderem dem
Madrider Herkunftsabkommen, dem Lissabonner Ursprungsabkommen oder dem TRIPS-
Abkommen, beizutreten.13
Bis dato sind insgesamt 176 Staaten der PVÜ beigetreten.14
Auch Österreich ist der PVÜ
beigetreten und diese ist mit 18.08.1973 in Kraft getreten.15
2.1.1.1 Regelungsgegenstand und Terminologie
Obwohl in Art 1 Abs 2 PVÜ mit dem Oberbegriff „geografische Angaben“ sowohl
Herkunftsangaben als auch Ursprungsbezeichnungen erfasst sind, ist in den nachfolgenden
Bestimmungen der PVÜ nur noch von Herkunftsangaben die Rede.16
Der
Anwendungsbereich der PVÜ ist unter Verwendung der Begriffe Herkunftsangaben bzw
Ursprungsbezeichnungen sehr weit gefasst. Da der Schutz durch die PVÜ nicht auf eine
spezifische Auslegung begrenzt ist, fallen insb auch einfache geographische Angaben unter
ihren Anwendungsbereich. 17
Die Vermutung, dass es sich um eine falsche Angabe
handelt, setzt aber voraus, dass es sich nicht bloß um eine Gattungs- oder
Phantasiebezeichnung handelt. Da die PVÜ diesbezüglich keine Abgrenzung trifft, muss
diese Frage nach der Verkehrsauffassung im jeweiligen Schutzland geklärt werden. In
Ermangelung eines ausdrücklichen Verbots von entlokalisierenden Zusätzen, muss auch
die Frage, ob der Vorwurf einer fehlerhaften Verwendung durch richtigstellende oder
entlokalisierende Zusätze entkräftet werden kann, gesondert geklärt werden. 18
Die Bezeichnung „Made in Austria“ kann grds als Herkunftsangabe iSd PVÜ verstanden
werden, weil sie, als einfache Herkunftsangabe, auf die geografische Herkunft einer Ware
hinweist. 19
13
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 334, Rn 855. 14
<http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?treaty_id=2> (08.01.2017). 15
<https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002271>
(08.01.2017). 16
Mey/Eberli, Die Verwendung der Bezeichnung „Made in Germany“ im europäischen und internationalen
Kontext, GRUR Int 2014, 321 (323). 17
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 388, Rz 70.
18 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 389, Rz 72.
19 Mey/Eberli, GRUR Int 2014, 321 (323).
6
2.1.1.2 Anzuwendende Prinzipien
Aufgrund der Nennung der geographischen Angaben in Art 1 Abs 2 PVÜ sind auf
Herkunftsangaben auch die allgemeinen Prinzipien der PVÜ anzuwenden, wobei hier insb
das Prinzip der Inländerbehandlung nach Art 2 PVÜ von Bedeutung ist. In einem anderen
Land erhalten demzufolge ausländische geographische Angaben nur den Schutz, den das
Recht des Schutzlandes auch für inländische geographische Angaben vorsieht. Aufgrund
des großen Schutzgefälles zwischen den einzelnen Staaten bleibt dieser Mindestschutz
jedoch weitgehend unzureichend. Zu bedenken ist hier va auch, dass es Staaten gibt, die
aufgrund ihrer Tradition oder ihrer klimatischen Verhältnisse nur eine geringe Anzahl von
geographischen Angaben aufweisen und daher deren Schutz keine besondere Bedeutung
zumessen. Entsprechend unbefriedigend bleibt daher in diesen Staaten auch der Schutz
ausländischer geographischer Angaben. Zum allgemeinen Prinzip der lnländerbehandlung
treten als spezielle Regelungen für geographische Angaben Art 10 iVm Art 9 PVÜ hinzu.
Durch diese werden Mindestschutzstandards festgelegt, die durch alle Vertragsstaaten
gewährleistet werden müssen. Nach der aktuellen Bestimmung des Art 10 Abs 1 PVÜ ist
sowohl der unmittelbare als auch der mittelbare Gebrauch einer falschen Angabe über die
Herkunft von Erzeugnissen oder über die Identität des Herstellers, Erzeugers oder Händlers
untersagt. Der Schutz nach Art 10 PVÜ greift demzufolge nur ein, wenn es sich um eine
objektiv und formal falsche Herkunftsangabe handelt. 20
2.1.1.3 Rechtsfolgen
Hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die PVÜ verweist Art 10 Abs 1 PVÜ
auf Art 9 PVÜ. Dieser sieht als Sanktion die Beschlagnahme des mit einer falschen
Herkunftsangabe versehenen Erzeugnisses, sowohl im Land der Kennzeichnung, als auch
im Einfuhrland vor. 21
Die Vertragsländer der PVÜ müssen den Vertragsstaaten einen
wirksamen Schutz gegen unlauteren Wettbewerb sichern.22
In Art 10bis
Abs 2 PVÜ wird
ein Mindeststandard des Schutzes gegen unlautere Wettbewerbshandlungen gewährt. Darin
ist unlauterer Wettbewerb wie folgt definiert: „Unlauterer Wettbewerb ist jede
Wettbewerbshandlung, die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel
20
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 389, Rz 71 f.
21 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 390, Rz 73.
22 Art 10
bis Abs 1 PVÜ.
7
zuwiderläuft“23
. Welche Wettbewerbshandlungen davon erfasst sind, wird in Art 10bis
Abs 3 PVÜ aufgezählt. Darunter fallen zB irreführende Angaben oder Behauptungen über
wesentliche Eigenschaften eines Produkts. 24
Darüberhinausgehende zivil- oder
strafrechtliche Sanktionen sind nach der PVÜ nicht vorgesehen. Art 10ter
PVÜ verpflichtet
zwar die Verbandsländer, den Angehörigen der anderen Vertragsstaaten geeignete
Rechtsbehelfe zu sichern, jedoch lassen sich daraus keine verbindlichen Rechtsfolgen
ableiten. 25
Österreich ist der PVÜ beigetreten und diese ist daher auch anwendbar. Die Bezeichnung
„Made in Austria“ kann mE als Herkunftsangabe iSd Art 1 Abs 2 PVÜ verstanden werden,
weil damit auf die einfache Herkunft einer Ware hingewiesen wird. Dadurch wird
„Made in Austria“ als einfache Herkunftsangabe vom Anwendungsbereich der PVÜ
erfasst. Aufgrund des sehr weiten Anwendungsbereiches sind mE sowohl irreführende
Angaben am Erzeugnis oder dessen Verpackung, als auch die irreführende Werbung
erfasst und geschützt. Da sich die Rechtsfolgen des Art 10 iVm Art 9 PVÜ aber nur auf ein
mit einer falschen Herkunftsangabe versehenes Erzeugnis beschränken, sind die
Regelungen über die Beschlagnahme mE nur in Bezug auf am Produkt oder der
Verpackung verwendete Herkunftsangaben anwendbar.
2.1.2 Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder irreführender
Herkunftsangaben
Das Madrider Herkunftsabkommen (kurz: MHA) wurde 1891 abgeschlossen und 1911 in
Washington, 1925 in Den Haag, 1934 in London, 1958 in Lissabon und 1967 in Stockholm
revidiert. Der Beitritt zum Abkommen steht jenen Staaten offen, die Vertragsparteien der
PVÜ sind. 26
Bei dem MHA handelt es sich dementsprechend um ein Sonderabkommen
zur PVÜ. Dieses widmet sich spezifisch dem Problem der Irreführung durch die falsche
Verwendung von geographischen Herkunftsangaben. 27
Art 3 MHA verpflichtet alle
Vertragsstaaten, jede irreführende mittelbare oder unmittelbare Angabe über die Herkunft
23
Art 10bis
Abs 2 PVÜ. 24
Mey/Eberli, GRUR Int 2014, 321 (323). 25
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 390, Rz 73.
26 <http://www.wipo.int/treaties/en/ip/madrid/summary_madrid_source.html> (08.01.2017).
27 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 390, Rz 74.
8
von Erzeugnissen aus einem bestimmten Ort oder aus einer bestimmten Gegend eines
anderen Vertragstaats zu verbieten. Nach Art 1 Abs 1 MHA müssen die Vertragsstaaten
außerdem falsche oder irreführende Angaben über die Herkunft von Erzeugnissen durch
deren Beschlagnahme bei der Einfuhr unterbinden. 28
Dem ursprünglichen Abkommen von 1891 sind insgesamt 36 Staaten beigetreten.29
Die
letzte revidierte Fassung von Stockholm 1967 haben hingegen nur mehr 29 Vertragsstaaten
unterzeichnet.30
Die praktische Bedeutung des MHA ist gering, weil ihm vergleichsweise
nur wenige Länder beigetreten sind.31
Dem MHA gehören von den Mitgliedstaaten der EU
folgende Staaten an: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Irland,
Portugal, Schweden, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Bulgarien Ungarn.
Österreich ist dem MHA nicht beigetreten.32
2.1.2.1 Regelungsgegenstand und Terminologie
Durch den Beitritt zum MHA verpflichten sich die Vertragsstaaten dazu, Bezeichnungen,
die aus anderen Vertragsstaaten stammen, zu schützen. Wie dieser Schutz umgesetzt
werden soll, bleibt aber jedem Vertragsstaat selbst überlassen. Die Regelungen des MHA
schreiben den Vertragsstaaten insb auch nicht vor, den Schutz als Recht des geistigen
Eigentums näher auszugestalten. Das MHA hat ein höheres Schutzniveau als die PVÜ,
weil nicht nur die objektiv falsche, sondern auch eine vom Konsumenten missverstandene
Verwendung untersagt wird. Eine verbindliche Definition für den Begriff der
geographischen Angabe findet sich im MHA nicht, aber aus der ausdrücklichen
Erwähnung in Art 1 MHA kann immerhin darauf geschlossen werden, dass sowohl
Ursprungsbezeichnungen als auch geographische Herkunftsangaben von dessen
Anwendungsbereich umfasst sind.
Nach Art 3bis
MHA wird neben dem Gebrauch der fehlerhaften geographischen Angabe
auf den Produkten selbst, auch deren Benutzung im gesamten geschäftlichen Verkehr
untersagt. Das bedeutet idF, dass sowohl der Verkauf, als auch das Anbieten der
Erzeugnisse dem Schutz des MHA unterliegen und ebenfalls untersagt sind. Zudem genügt
28
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 334, Rn 856. 29
<http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?lang=en&treaty_id=3> (08.01.2017). 30
<http://www.wipo.int/treaties/en/ActResults.jsp?act_id=9> (08.01.2017). 31
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 391, Rz 80.
32 <http://www.wipo.int/treaties/en/ActResults.jsp?act_id=9> (08.01.2017).
9
idR bereits die bloße Eignung zur Irreführung. Die zentrale Frage, ob der Gebrauch einer
geographischen Angabe irreführend ist, wird aber auch hier wiederum nach dem Recht des
Schutzlandes beurteilt. Der Schutz kann dadurch an einer unterschiedlichen
Verkehrsauffassung oder der möglichen Zulässigkeit entlokalisierender Zusätze in den
verschiedenen Vertragsstaaten scheitern. 33
2.1.2.2 Rechtsfolgen
In Bezug auf die Rechtsfolgen bietet das MHA keinen wesentlichen Fortschritt im
Vergleich zur PVÜ. Nach Art 1 MHA ist lediglich eine Beschlagnahmeverpflichtung als
Sanktion vorgesehen: „Jedes Erzeugnis, das eine falsche oder irreführende Angabe trägt,
durch die eines der Länder, auf die dieses Abkommen Anwendung findet, oder ein in diesen
Ländern befindlicher Ort unmittelbar oder mittelbar als Land oder Ort des Ursprungs
angegeben ist, wird bei der Einfuhr in diese Länder beschlagnahmt“34
. Ist eine
Beschlagnahme nach dem Recht eines Landes nicht zulässig, tritt an dessen Stelle ein
Einfuhrverbot, das durch die Mitgliedstaaten zwingend einzurichten ist. Auch im Rahmen
des MHA sind keinerlei weitere zivil- oder strafrechtliche Sanktionen vorgesehen. 35
Da Österreich dem MHA nicht beigetreten ist, ist eine Anwendung ausgeschlossen. Aber
auch in Deutschland, das dem MHA beigetreten ist, ist die praktische Bedeutung des
Abkommens sehr gering. Die Bezeichnung „Made in Austria“ kann mE grds als
Herkunftsangabe iSd Art 1 MHA verstanden werden, weil der Schutzbereich der MHA
eher weit gefasst ist. Davon ist jede Benutzung im geschäftlichen Verkehr erfasst, sowohl
der Verkauf, als auch das Anbieten der Erzeugnisse vom Schutz sind davon mit umfasst.
Daher unterliegen mE nicht nur geographische Angaben am Erzeugnis oder dessen
Verpackung, sondern auch die Werbung mit der Herkunft dem Schutz des MHA. Da im
Rahmen der Rechtsfolgen jedoch nur mehr von einem „Erzeugnis, das eine falsche oder
irreführende Angabe trägt“ die Rede ist, greifen die Rechtsfolgen der Beschlagnahme mE
nur mehr in Bezug auf Angaben am Produkt oder der Produktverpackung.
33
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 390, Rz 74 ff.
34 Art 1 Abs 1 MHA.
35 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 391, Rz 79.
10
2.1.3 Lissaboner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre
internationale Registrierung
Da es im Rahmen der Lissabonner Revisionskonferenz zur PVÜ nicht gelungen ist, den
Schutz für geographische Angaben im Rahmen der PVÜ weiter auszudehnen, wurde dieses
Ziel auf Betreiben Frankreichs durch den Abschluss eines eigenständigen Abkommens
weiterverfolgt. Dadurch entstand das Lissabonner Ursprungsabkommen (kurz: LUA). 36
Das LUA vom 31.10.1958 wurde erstmals am 14. Juli 1967 in Stockholm revidiert und am
02.10.1979 abermals geändert.37
Der Schutz durch das LUA ist absolut ausgestaltet und geographische Angaben werden als
Schutzrechte anerkannt.38
Weiters sieht das LUA ein Registrierungssystem vor.39
Das LUA
bringt eine erhebliche Verbesserung hinsichtlich des Schutzniveaus. Einzig der
Anwendungsbereich ist aufgrund der Definition der Ursprungsbezeichnungen sehr eng
festgelegt. Die Konzeption als vollwertiges Schutzrecht setzt voraus, dass der Inhaber des
Schutzrechts benannt wird. 40
Doch auch das Erfordernis der formellen staatlichen
Anerkennung durch Führen von einem Listensystem und Eintragung in dieses kann einen
vollwertigen Schutz nicht gewährleisten. Die daraus resultierende Festlegung auf ein
Schutzkonzept, welches eine nähere Regelung auf nationaler Ebene erfordert, ist der Grund
dafür, dass dem LUA nur wenige Staaten beigetreten sind. Dem LUA gehören derzeit bloß
28 Vertragsstaaten41
an. Darunter befinden sich sieben Mitgliedsstaaten der EU:
Frankreich, Italien, Portugal, Ungarn, Bulgarien, die Tschechische Republik und die
Slowakei. Österreich und Deutschland sind dem LUA nicht beigetreten. 42
2.1.3.1 Regelungsgegenstand und Terminologie
Das LUA beschränkt sich auf jene Ursprungsbezeichnungen, bei denen ein Erzeugnis seine
Qualität und seine Eigenschaften ausdrücklich oder überwiegend den geografischen
Verhältnissen eines bestimmten Gebietes verdankt, auf das die Ursprungsbezeichnung
verweist. Diese Ursprungsbezeichnungen genießen in anderen Vertragsstaaten nur einen
36
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 392, Rz 84.
37 Fezer, Markenrecht
4 (2009) Rn 12.
38 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 392, Rz 84.
39 Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 334, Rn 857.
40 Art 5 Abs l LUA.
41 <http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?lang=en&treaty_id=10> (08.01.2017).
42 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 394, Rz 89.
11
Schutz, wenn sie im Ursprungsland selbst als Ursprungsbezeichnung anerkannt sind und
dort geschützt werden. Inhaltlich erfasst der Schutz nach Art 3 LUA jegliche Art der
Aneignung oder Nachahmung. Dabei kommt es nicht auf das Vorliegen einer Irreführung
an. 43
Das LUA bezieht sich auch nur auf Ursprungsbezeichnungen, die im Rahmen des
Art 2 Abs 1 LUA näher definiert werden. Wesentliche Voraussetzung ist eine enge
objektive Verknüpfung zwischen Herkunft und Qualität. Vom Anwendungsbereich
ausgeschlossen sind dadurch insb einfache sowie indirekte geographische
Herkunftsangaben. Dasselbe gilt für qualifizierte Herkunftsangaben, bei denen ein
Zusammenhang zwischen Herkunft und Qualität auf einer Erwartung des Verkehrs beruht,
die nicht näher spezifizierbar ist. Eine weitere Einschränkung des Anwendungsbereichs
ergibt sich aus Art 1 Abs 2 LUA. Dieser sieht vor, dass eine Ursprungsangabe im
Ursprungsland durch ein Gesetz, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung näher
bestimmt sein muss. Es bedarf also jedenfalls eines innerstaatlichen Aktes der Feststellung
oder Anerkennung in Bezug auf den Inhalt und uU allfällige Benutzungsbedingungen. 44
2.1.3.2 Rechtsfolgen
Der Schutz im Rahmen des LUA begründet in allen Vertragsstaaten ein markenrechtliches
Schutzhindernis. Dadurch soll eine Fehlmonopolisierung einer geographischen Angabe
durch Eintragung einer Marke verhindert werden. Bereits bestehenden kollidierenden
Markenrechten wird gem Art 5 Abs 3 LUA eine Auslauffrist von zwei Jahren gewährt.
Ziel dieser Regelung ist es, jene geographischen Angaben, die im Ausland aufgrund
fehlender Bekanntheit keinen Schutz erlangt haben, oder in Folge eines unzureichenden
Schutzes zu Gattungsbezeichnungen herabgesunken sind, zum Vorteil der Produzenten zu
remonopolisieren. Allerdings konnte dieser Ansatz nicht konsequent durchgehalten
werden. Gem Art 5 Abs 3 LUA sind nämlich grds alle Vertragsstaaten dazu berechtigt,
eine Schutzrechtsverweigerungserklärung abzugeben, wenn eine geographische Angabe
mit einer älteren Marke kollidiert. 45
43
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 334. 44
McGuire/Strauch in TRIPs2 Vor Artikel 22-24, 393, Rz 85.
45 McGuire/Strauch in TRIPs
2 Vor Artikel 22-24, 392, Rz 84.
12
Da weder Österreich, noch Deutschland, dem LUA beigetreten sind, ist es in beiden
Staaten nicht anwendbar. Bei „Made in Austria“ handelt es sich mE um eine einfache
Herkunftsangabe, weil zwischen der Herkunft und der Qualität oder den Eigenschaften des
Produktes selbst kein objektivierbarer Zusammenhang besteht. Das LUA beschränkt seinen
Schutz aber auf jene Ursprungsbezeichnungen, bei denen ein Erzeugnis seine Qualität und
seine Eigenschaften ausdrücklich oder überwiegend den geografischen Verhältnissen eines
bestimmten Gebietes verdankt, auf das die Ursprungsbezeichnung verweist. Daher wäre
„Made in Austria“ mE ohnehin nicht vom Anwendungsbereich des Art 2 LUA erfasst. Auf
eine unterschiedliche Betrachtung der Verwendungsmöglichkeiten kann daher auch
verzichtet werden.
2.1.4 Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums
Das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (kurz:
TRIPS-Abkommen oder TRIPS) trat mit 01.01.1995 in Kraft. Es enthält in Art 22 ff
TRIPS Regelungen zum Schutz geografischer Herkunftsangaben. Die Vertragsstaaten
werden dazu verpflichtet, Herkunftsangaben gegen einen irreführenden Gebrauch und
gegen unlauteren Wettbewerb zu schützen. 46
Art 22 TRIPS enthält allgemeine
Bestimmungen zum Schutz geografischer Angaben. In Art 23 TRIPS finden sich
Sonderbestimmungen zum Schutz geografischer Angaben für Weine und Spirituosen. Art
24 TRIPS benennt eine Reihe von Ausnahmen und hält außerdem den Willen der
Vertragsstaaten fest, dass es nicht bei dem Schutz der Art 22 und 23 TRIPS bleiben soll
und dass sie weitere Verhandlungen über einen Schutz von geografischen Angaben führen
wollen. 47
Das TRIPS-Abkommen ist Bestandteil des WTO-Abkommens GATT und somit für alle
WTO-Mitglieder verbindlich. Seine Bedeutung liegt insb darin, dass das materielle Recht
der PVÜ damit gem Art 2 TRIPS auf jene WTO-Mitglieder erstreckt wird, die nicht oder
noch nicht, Vertragsstaaten der PVÜ sind. 48
Zu den Vertragsstaaten gehören, neben der
EU, auch sämtliche Mitgliedstaaten der EU, idF auch Österreich. Das TRIPS-Abkommen
bindet die europäischen und die nationalen Gerichte in seinem Anwendungsbereich sowohl
bei der Auslegung des anwendbaren Rechts zum Schutz von geografischen
46
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 4, Rn 9. 47
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 335, Rn 858 ff. 48
< http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/trips-abkommen.html > (08.01.2017)
13
Herkunftsangaben und Marken, als auch im Verhältnis der beiden Kennzeichenrechte
zueinander. 49
2.1.4.1 Terminologie und Regelungsgegenstand
Geografische Angaben iSd Art 22 TRIPS sind Angaben, die ein Erzeugnis als aus dem
Hoheitsgebiet eines Mitglieds oder aus einer Gegend oder aus einem Ort in diesem Gebiet
stammend kennzeichnen. Der Begriff der geografischen Angabe nach Art 22 Abs 1 TRIPS
setzt voraus, dass eine bestimmte Qualität, ein bestimmter Ruf oder sonstige bestimmte
Eigenschaft der Ware im Wesentlichen auf ihre geografische Herkunft zurückzuführen
sind. Dieser Zusammenhang zwischen dem Ruf, dem Ansehen oder der Wertschätzung
eines Produkts und seiner geografischen Herkunft, muss von den Gerichten oder Behörden
im jeweiligen Vertragsstaat festgestellt werden. Daher ist der Begriff der geografischen
Herkunftsangabe, aufgrund des erforderlichen Zusammenhangs zwischen den
Eigenschaften der Ware und der geografischen Herkunft, sehr eng auszulegen. Unter
diesen Voraussetzungen sind dennoch alle Arten von Waren, einschließlich industrieller
Erzeugnisse, und alle geografischen Herkunftsangaben, einschließlich mittelbarer
Herkunftsangaben, erfasst. 50
2.1.4.2 Schutzniveau und Rechtsfolgen
Dem TRIPS-Abkommen liegt das Schutzlandprinzip zu Grunde. Dh der Schutz hängt in
erster Linie davon ab, ob eine geografische Angabe nach dem Recht des Staats, in dem der
Schutz begehrt wird, unlauter oder irreführend verwendet wird. Davon sind auch jene
Angaben erfasst, die geografischen Angaben ähnlich sind. Die Rechtslage zum Schutz
geografischer Herkunftsangaben kann sich somit je nach Schutzstaat sehr stark
voneinander unterscheiden. Die Vertragsstaaten dürfen dieses Rechtsgefälle aber gem
Art 24 Abs 3 TRIPS nicht zum Anlass nehmen, ihr eigenes Schutzniveau zu senken. Sie
dürfen den Schutz im jeweiligen Ursprungsland gem Art 24 Abs 9 TRIPS jedoch
ergänzend zur Voraussetzung des Schutzes im eigenen Land machen. Art 24 Abs 3 TRIPS
gilt dabei nur für eine bereits bestehende geografische Herkunftsangabe. Damit ist jedoch
nicht das Vorhandensein eines Schutzsystems als solches gemeint.
49
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 335, Rn 858 ff. 50
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 335, Rn 861 f.
14
Nach Art 22 Abs 2 TRIPS sind die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, den Angehörigen
aller Mitgliedsstaaten einen Unterlassungsanspruch zu gewähren, der den Schutz gegen
eine irreführende Verwendung geografischer Angaben und den Schutz gegen unlautere
Wettbewerbshandlungen iSv Art 10bis
PVÜ umfasst. Eine Ausnahme hiervon findet sich in
Art 24 Abs 8 TRIPS. Demnach kann es niemandem verboten werden, im geschäftlichen
Verkehr seinen Namen oder den Namen seines Geschäftsvorgängers zu benutzen, auch
wenn es sich hierbei um eine geografische Angabe handelt, sofern dieser Name nicht dazu
verwendet wird, das Publikum in die Irre zu führen. Art 22 Abs 3 TRIPS verpflichtet die
Vertragsstaaten, von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei, zur Zurückweisung einer
Markenanmeldung oder zur Löschung einer Markeneintragung für jene Produkte, die eine
geografische Angabe enthalten oder aus ihr bestehen, wenn diese Produkte ihren Ursprung
nicht im angegebenen Hoheitsgebiet haben und die Benutzung der Marke das Publikum
über den wahren Ursprungsort irreführt. Dieser Verpflichtung kommt Österreich im
Rahmen des § 4 Abs 1 Z 8 Markenschutzgesetz und Deutschland im Rahmen des § 8
Abs 1 Nr 4 dMarkenG nach. 51
Da dem TRIPS-Abkommen die EU, und damit auch sämtliche Mitgliedstaaten der EU,
beigetreten sind, ist folglich auch Österreich ein Vertragsstaat. Dadurch sind auch die
nationalen österreichischen Gerichte und Behörden im Anwendungsbereich des TRIPS-
Abkommen an dieses gebunden. Bei „Made in Austria“ handelt es sich mE um eine
einfache Herkunftsangabe, da zwischen der Herkunft und der Qualität bzw den
Eigenschaften des Produktes grds kein objektivierbarer Zusammenhang besteht. Da der
Anwendungsbereich des Art 22 Abs 1 TRIPS eng auszulegen ist, ist aufgrund des grds
fehlenden Zusammenhangs zwischen der Qualität, den Eigenschaften und dem Ruf eines
Produkts mit der Herkunft „Made in Austria“ mE nicht davon erfasst. Im Zusammenhang
mit dem guten Ruf, den österreichische Erzeugnisse zT genießen, kann sie, unter der
Voraussetzung eines konkreten Zusammenhangs zwischen der Herkunft und dem Ruf, uU
geschützt sein. Dieser Zusammenhang wäre jedoch in jedem Einzelfall gesondert
darzulegen und zu prüfen. Da das TRIPS-Abkommen Herkunftsangaben gegen
irreführenden Gebrauch allgemein schützt, sind mE vom Schutz sowohl die Verwendung
am Produkt und dessen Verpackung, als auch die Verwendung in der Werbung davon
erfasst.
51
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 335, Rn 863 ff.
15
2.2 Europarechtliche Rechtsgrundlagen
Im Primärrecht der EU finden sich keine näheren Bestimmungen zu geografischen
Herkunftsangaben. Im Sekundärrecht hingegen finden sich einige Vorschriften zur
Verwendung von Herkunftsangaben, diese beziehen sich jedoch in erster Linie nur auf
Lebensmittel und Agrarerzeugnisse52
. 53
Spätestens bei der Ausfuhr von Waren aus der EU
entsteht aber oftmals eine Pflicht zur Warenmarkierung. Dies liegt daran, dass viele
Länder, im Rahmen ihrer zollrechtlichen Einfuhrbestimmungen, eine Warenmarkierung
mit „Made in“ ausdrücklich vorschreiben. 54
Im Rahmen des Wettbewerbsrechts stellt die RL-UGP55
eine wesentliche
gemeinschaftsrechtliche Rechtsquelle dar. Ziel der RL-UGP ist die Angleichung der
Vorschriften über unlautere Geschäftspraktiken, die dabei als Vollharmonisierung
ausgestaltet ist. Die RL-UGP wurde in Österreich mit der UWG-Novelle 200756
umgesetzt.
Bei ihrer Umsetzung dürfen die Mitgliedsstaaten das vorgegebene Schutzniveau weder
über- noch unterschreiten. Sie gilt nur für unlautere Geschäftspraktiken im Verhältnis
zwischen Unternehmen und Verbrauchern und betrifft daher ausschließlich den
B2C-(Business-to-Consumer)-Bereich. Die RL-UGP bezieht sich nach dem
Erwägungsgrund Nr 7 ausdrücklich auf Geschäftspraktiken, die vorrangig der
Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern dienen. 57
Da die RL-
UGP einer Umsetzung ins nationale Recht bedarf, werden die Regelungen diesbezüglich
im Rahmen der nationalen Rechtsgrundlagen näher behandelt.
Zurzeit bestehen somit innerhalb der EU und auch im Rahmen des mitgliedsstaatlichen
Warenverkehrs keine Regelungen zur Herkunftskennzeichnung für jede Art von Produkt.
Außerdem gibt es keine Verpflichtung, ein Industrieprodukt mit „Made in“ zu
52
In Bezug auf die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln und Agrarerzeugnissen ist va die
VO (EU) 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl L 343)
maßgebend. Durch diese wurde die bisher maßgebliche VO (EG) Nr. 510/2006 (ABl L 93/12) zum Schutz
von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel
aufgehoben. 53
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 13, Rn 24 ff. 54
Beier, The Protection of Direct and Indirect Geographical Indications of Source in Germany and the
European Community, IIC 1994, 1, 1. 55
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere
Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern
und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und
2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ABl L 2005/149. 56
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG geändert wird
(UWG-Novelle 2007) BGBl I 79/2007. 57
Heidinger in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht3 (2016) 287 f.
16
kennzeichnen. Jedoch ist in der EU die Absicht zu erkennen, Regelungen zur Verwendung
der Kennzeichnung „Made in“ zu schaffen. Das Europäische Parlament hat am 21.10.2010
einen Vorschlag erarbeitet58
, wonach eine Pflicht zur Markierung für in die
Mitgliedsstaaten der EU importierte Waren bald vorgeschrieben werden soll. 59
Die
Mitgliedsstaaten konnten bis dato jedoch noch keine Einigung erzielen und es ist auch
nicht absehbar, ob und wann es zu einer Einigung kommen könnte. 60
Der Schutz von
geographischen Herkunftsangaben in der EU ist somit nach wie vor weit entfernt von einer
akzeptablen Lösung für alle Mitgliedsstaaten, va finden Regelungen zur Verwendung von
Herkunftsangaben für Industrieprodukte derzeit überhaupt keine Berücksichtigung. 61
Im Rahmen des Zollrechts der EU wird der Ursprung von Waren umfassend geregelt.
Diese Regelungen sind zwar nur von zolltarifrechtlicher Bedeutung, sie liefern aber einen
möglichen Lösungsansatz, wie Kriterien für eine Herkunftsbestimmung aussehen könnten.
Daher wird der Unionszollkodex62
, in weiterer Folge näher erläutert und in Bezug auf
„Made in Austria“ analysiert.
2.2.1 Der Unionszollkodex
Der Zollkodex (kurz: AZK)63
stellte die Grundlage des Zollrechts der EU dar und war von
01.01.1994 bis 30.04.2016 in Kraft. Mit dem Zollkodex, der dazugehörigen Zollkodex-
Durchführungsverordnung und der Zollbefreiungsverordnung wurde das Zollrecht der EU
beinahe vollständig auf eine einheitliche Basis gestellt. Das bisherige
Gemeinschaftszollrecht wurde nunmehr vollständig ersetzt durch das Unionszollrecht,
welches den Unionszollkodex (kurz: UZK) mit seinen Durchführungsvorschriften umfasst.
Der Unionszollkodex ist seit dem 30.10.2013 in Kraft und seine vollständige Geltung
58
Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 15.04.2014, Bessere Produktsicherheit: Parlament
macht „Made-in“-Kennzeichnung zur Pflicht
<http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/20140411IPR43453/bessere-produktsicherheit-
parlament-macht-made-in-kennzeichnung-zur-pflicht> (08.01.2017). 59
Mey/Eberli, GRUR Int 2014, 321 (328). 60
Thomas Ludwig, Made in … EU drückt bei Label-Pflicht auf die Bremse
<http://www.handelsblatt.com/politik/international/made-in-eu-drueckt-bei-label-pflicht-auf-die-
bremse/11843702.html> (08.01.2017). 61
Beier, IIC 1994, 1 (1). 62
Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur
Festlegung des Zollkodex der Union, ABl L 269/1. 63
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der
Gemeinschaften, ABl L 1992/302.
17
erfolgt seit dem 01.05.2016.64
Im Rahmen des Zollrechts der EU finden sich die
Regelungen zum Warenursprung in den Art 59 bis 68 UZK, in den delegierten
Vorschriften der Art 31 bis 70 UZK-DA65
und in den Durchführungsvorschriften der Art
57 bis 126 UZK-IA66
. Hinsichtlich des nichtpräferenziellen Ursprungs ist der Inhalt des
Art 60 UZK im Wesentlichen deckungsgleich mit jenem des Art 24 AZK und es gibt keine
inhaltlichen Änderung hinsichtlich des Warenursprungs. Die delegierten Vorschriften
bewirken aber eine wesentliche Verschärfung der Situation beim nichtpräferenziellen
Ursprung. 67
2.2.1.1 Der nichtpräferentielle Ursprung
Art 59 UZK legt den Anwendungsbereich der nichtpräferentiellen Ursprungsregeln fest.
Danach können drei Anwendungsbereiche unterschieden werden, in denen die
Bestimmungen der Art 60 und 61 UZK gelten. Dabei handelt es sich um die Anwendung
des gemeinsamen Zolltarifs, die Anwendung sonstiger EU-Vorschriften zu bestimmten
Bereichen des Warenverkehrs und sonstige Unionsmaßnahmen im Zusammenhang mit
dem Warenursprung. 68
Die zollrechtlichen Ursprungsregeln sind jedoch nur von
zolltarifrechtlicher bzw handelspolitischer Bedeutung. Daher sind sie streng von
Ursprungsregeln mit schlichter Kennzeichnungsfunktion zu unterscheiden, weil diese
meist aus verschiedensten Gründen (zB aus Verbraucherschutzinteressen) benützt werden.
Eine gewisse handelspolitische Wirkung, wie bei einer impliziten Aufforderung an den
Verbraucher, nur nationale Produkte zu kaufen, lässt sich aber auch bei schlichten
Ursprungskennzeichnungen kaum ausschließen. IdR stellen aber schlichte
Kennzeichnungsregeln weitaus geringere Anforderungen an die Ursprungsbegründung, als
solche über den zollrechtlichen Ursprung.
64
<http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/zollkodex-zk.html> (08.01.2017). 65
Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung der
Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur
Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (UZK-DA; wobei DA für „delegated act“, dh
delegierter Rechtsakt steht). Anm: Sie enthält Ursprungsregeln und wichtige Verfahrensvorschriften für den
nicht-präferentiellen Ursprung, das Allgemeine Präferenzsystem APS und das Freihandelsabkommen. 66
Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur
Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK-IA; wobei IA für „implementing act“, dh
Durchführungsrechtsakt steht). Anm: Sie enthält zusätzliche Verfahrensvorschriften. 67
Reuter/ Fuchs, Das neue Zollrecht der Europäischen Union - Handbuch (2016) 211. 68
Prieß in Witte, Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Art 22, Rn 1
(2013).
18
Innerhalb der EU gibt es keinerlei Kennzeichnungsregeln, weil sie Maßnahmen mit
gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen darstellen würden und damit gegen
die Warenverkehrsfreiheit des Art 34 AEUV verstoßen würden. Die Rechtfertigung
solcher Maßnahmen im Rahmen einer Verpflichtung zu Ursprungskennzeichnungen im
innereuropäischen Handel rein aus Gründen des Verbraucherschutzes wurde vom EuGH
im Rahmen seiner Rsp, bereits ausdrücklich verneint. 69
In der Rechtssache Rs 207/83
führt der EuGH aus, dass eine nationale Regelung, nach der die Einfuhr von Waren
verboten ist, wenn sie nicht mit einer Ursprungskennzeichnung versehen sind oder diese
nicht angeführt ist, eine Erhöhung der Herstellungskosten der eingeführten Waren und
einen erschwerten Absatz dieser Waren bewirkt. Dies gilt nach Ansicht des EuGH auch
dann, wenn diese Regelung unterschiedslos für einheimische wie für eingeführte Waren
gilt. Sie ist auch nicht aufgrund zwingender Erfordernisse des Verbraucherschutzes
gerechtfertigt, sodass sie „eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige
Beschränkung“ darstellt. 70
2.2.1.2 Bestimmung des Ursprungs bei Herkunft aus einem Land
Gem Art 60 Abs 1 UZK liegt der Ursprung von Waren in dem Land oder Gebiet, in dem
sie vollständig gewonnen oder erzeugt worden sind. Unter vollständiger Erzeugung ist zu
verstehen, dass sämtliche eingesetzten Komponenten und Vorerzeugnisse aus diesem Land
kommen müssen. 71
Der Begriff der Gewinnung beschreibt hier die ursprüngliche
Produktion. Der Terminus der Herstellung bezeichnet die Erzeugung von Waren höherer
Verarbeitungsstufen. 72
Der Begriff „Land“73
ist dabei weder im staats- noch im
völkerrechtlichen Sinn zu verstehen, sondern entspricht dem Zollgebiet. Daher ist auch die
EU als ein „Land“ iSd Art 60 Abs 1 UZK anzusehen.
Art 60 Abs 1 UZK behandelt somit den Ursprungserwerb nur in jenen Fällen, in denen nur
ein Land als Ursprungsland einer Ware in Betracht kommt. Dies ist dann der Fall, wenn
entweder das Endprodukt vollständig aus einem einzigen Land stammt oder alle
Vorprodukte aus einem einzigen Land kommen, in dem auch alle weiteren
69
Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Vorbemerkungen zu
Art 22 bis 27, Rn 15 ff. 70
EuGH 25.04.1985, 207/83 (Kommission/ Vereinigtes Königreich). 71
Mey/Eberli, GRUR Int 2014, 321 (326). 72
Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Art 23, Rn 1.
73 Art 35 AZK-DVO: „Unter „Land“ ist je nach Fall entweder ein Drittland oder die Gemeinschaft zu
verstehen.“
19
Verarbeitungsprozesse vorgenommen werden. Dh, der gesamte Herstellungsprozess des
Produktes muss in einem einzigen Land erfolgen. 74
2.2.1.3 Bestimmung des Ursprungs bei Herkunft aus zwei oder mehr Ländern
Es stellt sich allerdings in weiterer Folge die Frage, wie die Herkunft einer Ware zu
bestimmen ist, wenn an ihrer Herstellung Unternehmen aus zwei oder mehr Ländern
beteiligt waren. In diesem Fall ist Art 60 Abs 2 UZK anzuwenden. 75
Aufgrund der
weltweiten, arbeitsteiligen Produktionsprozesse kommt Art 60 Abs 2 UZK die größere
Bedeutung für den nichtpräferentiellen Ursprungserwerb zu. Art 60 UZK stellt
Voraussetzungen auf, unter welchen eine Ware „einbürgert“ werden darf, wenn zu ihrer
Produktion Rohstoffe, Halbfabrikate oder Fertigerzeugnisse mit Ursprung in zwei oder
mehreren Ländern verwendet werden. 76
Gem Art 60 Abs 2 UZK gelten „Waren, an deren Herstellung mehr als ein Land oder
Gebiet beteiligt ist, […] als Ursprungswaren des Landes oder Gebiets, in dem sie der
letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen
wurden, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen wurde und zur
Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe
darstellt“77
. Das ursprungsbegründende Kriterium ist somit die letzte wesentliche und
wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung in einem Land, unter den weiteren
Voraussetzungen, dass diese Be- oder Verarbeitung in einem dazu eingerichteten
Unternehmen vorgenommen wurde und dadurch ein neues Erzeugnis hergestellt oder eine
bedeutende Herstellungsstufe erreicht werden muss. Die genannten Voraussetzungen
müssen grds kumulativ vorliegen. 78
In weiterer Folge werden nun die zuvor genannten Voraussetzungen des Art 60 Abs 2
UZK näher erläutert, weil sie einen Anhaltspunkt für mögliche Kriterien zur Bestimmung
des Ursprungs bei Herkunft aus zwei oder mehr Ländern bieten.
74
Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Art 23, Rn 1.
75 Mey/Eberli, GRUR Int 2014, 321 (326).
76 Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung
6 Art 24, Rn 1.
77 Art 60 Abs 2 UZK.
78 Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung
6 Art 24, Rn 2.
20
2.2.1.3.1 Wesentliche Bearbeitung und Verarbeitung
Die unterschiedlichen Arten des Einwirkens auf Waren werden im Zollrecht in einem
unterschiedlichen Zusammenhang verwendet und sind ihrem Sinn und Zweck nach
folglich auch unterschiedlich abzugrenzen. Unter Arten des Einwirkens kann das
Behandeln, das Bearbeiten und das Verarbeiten verstanden werden.
Die Bearbeitung ist definiert als qualitative Veränderung, wobei auf die Ware unmittelbar
eingewirkt wird, sie aber substantiell erhalten bleibt. Darunter fallen zB das Färben von
Stoffen oder das Beschichten von Metallplatten. Es muss sich dabei um einen echten
Produktionsprozess, dh einen Herstellungs- oder Teilherstellungsvorgang, handeln. Der
EuGH hat klargestellt, dass Behandlungen, die der Verbesserung der Verpackung oder der
Handelsgüte der Waren oder dem Vorbereiten auf den Transport dienen, das Teilen oder
Zusammenstellen von Packstücken, das Einordnen und Zusammenstellen von Waren, das
Umpacken und das Vermischen von Waren unterschiedlichen Ursprungs, insofern sich die
Eigenschaften der hergestellten Waren nicht wesentlich von den Eigenschaften der
vermischten Waren unterscheiden, keinen Herstellungsprozess darstellen. Nicht als
Herstellungsprozess gelten also Maßnahmen, die nur zur Erhaltung einer Ware, zur
Verbesserung der Aufmachung oder zur Handelsgüte oder zur Vorbereitung des Vertriebs
oder des Weiterverkaufs dienen und die Eigenschaften und die Beschaffenheit der Ware
nicht verändern. 79
Bei der Verarbeitung hingegen werden die Ausgangsstoffe so umfassend umgestaltet oder
wesentliche Merkmale so dermaßen verändert, dass dabei idR eine neue Ware entsteht. Die
Ausgangsstoffe bleiben dabei nicht individuell, sondern eben nur substantiell erhalten, wie
zB bei der Verarbeitung von Leder zu Schuhen. Bei der Verarbeitung kommen neben den
mechanischen oder sonstigen Einwirkungen auf den Ausgangsstoff noch weitere
Arbeitsschritte (zB das Prägen des Leders) hinzu oder es werden weitere Ausgangsstoff
(zB eine Sohle aus Kunststoff) verwendet oder es wird auf die stoffliche Beschaffenheit
der Ware (zB in Form einer Imprägnierung) eingewirkt.
Die Abgrenzung zwischen Bearbeitung und Verarbeitung kann im Einzelfall schwer fallen.
Probleme bei der Abgrenzung ergeben sich va in jenen Fällen, in denen Waren lediglich
montiert und zusammengesetzt werden. Wenn eine Vielzahl unterschiedlicher Einzelteile
79
EuGH 11.02.2010, C-373/08 (Hoesch Metals and Alloys GmbH) Rz 47; EuGH 14.06.2007, C-56/06 (Euro
Tex Textilverwertung GmbH) Rz 32.
21
zu einem neuen Produkt zusammengesetzt wird, handelt es sich um eine Verarbeitung. Ein
Beispiel für Verarbeitung ist die Errichtung einer Produktionsstraße aus einer Vielzahl
einzelner Komponenten und Einzelteilen. Wird hingegen mit wenigen einfachen
Handgriffen eine kleine Anzahl von Einzelteilen zu einem Produkt zusammengesetzt,
handelt es sich um eine Bearbeitung. Ein Beispiel für die Bearbeitung ist der
Zusammenbau eines Bücherregals aus wenigen Einzelteilen. 80
2.2.1.3.2 Herstellung eines neuen Erzeugnisses oder bedeutende Herstellungsstufe
Der Begriff der Herstellung umfasst Be- und Verarbeitungsprozesse, Montagen und
besondere Vorgänge. Besondere Vorgänge bezeichnen jedes bewusste Einwirken auf die
Ware, insb auch Demontagen oder Inspektionen.
Ein Produktionsvorgang ist jedoch nur dann wesentlich, wenn die Ware dadurch nach der
Behandlung besondere Eigenschaften besitzt und von einer charakteristischen
Beschaffenheit ist, die die Ware vor dem Herstellungsprozess nicht gehabt hat. Damit ist
per definitionem bereits jeder Verarbeitungsprozess wesentlich. Das Merkmal der
Wesentlichkeit ist zwar von denen der Herstellung eines neues Erzeugnisses und einer
bedeutenden Herstellungsstufe getrennt, eine solche Unterscheidung ist aber in der Praxis
nicht durchführbar. Auch der EuGH scheint die genannten Tatbestandsmerkmale als
Konkretisierung des Begriffs der Wesentlichkeit zu verstehen. Um eine bedeutende
Herstellungsstufe zu erlangen, muss das Erzeugnis seinem Verwendungszweck wesentlich
angenähert werden. Die Hauptanwendungsfälle hierfür sind Zwischenerzeugnisse und
Halbfertigwaren, die Handelswaren der jeweiligen Branche darstellen. Diese müssen sich
deutlich von den verwendeten Ausgangsmaterialien unterscheiden. 81
2.2.1.3.3 Montagevorgänge
Probleme hinsichtlich des Ursprungserwerbs ergeben sich, wenn eingeführte Waren nur
noch einem Montagevorgang unterzogen werden. Soweit es sich bei den
Montagevorgängen nur um einfache Zusammensetzungsarbeiten (auch
Minimalbehandlungen) handelt, begründen sie zweifellos nicht den Ursprung. Einfache
80
Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Art 24 Rn 5 ff.
81 Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung
6 Art 24 Rn 9 ff.
22
Zusammensetzungsarbeiten sind Vorgänge, die weder von besonders qualifizierten
Arbeitskräften, noch mittels hochentwickelter Maschinen, noch mittels besonders
ausgerüsteter Fabriken erfolgen müssen. 82
Eine einfache Zusammensetzungsarbeit wäre
zB das Zusammensetzen von Disketten aus vorgefertigten, in das Montageland
importierten Einzelteilen. In Fällen einfacher Zusammensetzungsarbeiten ist für den
Ursprungserwerb entscheidend, in welchem Land die Prozesse stattgefunden haben, die
dem Endprodukt seinen prägenden Charakter verleihen oder aus welchem Land die
maßgeblichen Wertanteile des Endproduktes stammen. 83
Wenn es sich bei Montagevorgängen um mehr als nur Minimalbehandlungen handelt,
muss der Ursprungserwerb für jeden Einzelfall gesondert, anhand objektiver Merkmale,
festgestellt werden. Dabei ist das Hauptaugenmerk auf die technischen Kriterien zu legen
und wirtschaftliche Kriterien sind gegebenenfalls hilfsweise heranzuziehen. Ein
Montagevorgang ist dann ursprungsbegründend, wenn er aus technischer Sicht die
entscheidende Herstellungsstufe des Produkts bildet und ihm durch den Herstellungsschritt
besondere qualitative Eigenschaften verliehen werden. Weiters kann hilfsweise das
Kriterium der - durch die Montage erzielten - Wertschöpfung bzw spürbaren Erhöhung des
Handelswertes des Enderzeugnisses herangezogen werden, wobei das jeweilige Ausmaß
grds im Einzelfall zu prüfen ist. Ob bei der Montage eine individuelle geistige Leistung
erbracht wird, spielt dabei keine Rolle.
Die Regeln für Montagen sind auch auf Demontagen (wie zB das Abwracken von
Schiffen) anwendbar. Der Ursprung der ausgebauten Einzelteile folgt dem Ursprung der
Hauptsache, soweit für diese ein Ursprungsnachweis ausgestellt wurde und den
Einfuhrbehörden vorgelegt wurde. 84
2.2.1.4 Delegierte Vorschriften zum UZK
Die Art 32 bis 34 UZK-DA sehen im Zusammenhalt mit dem Anhang 22-01 zu UZK-DA
für die meisten Erzeugnisse die Einhaltung und Überprüfung von Ursprungsregeln in
Abhängigkeit von der jeweiligen Ware vor. Für Waren, die nicht im Anhang 22-01 zu
finden sind, gilt die letzte wirtschaftliche Bearbeitung oder Verarbeitung als nicht
82
Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Art 24 Rn 15 ff.
83 EuGH 13.12.1989, C-26/88 (Brother International GmbH) Rz 16 ff.
84 Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung
6 Art 24 Rn 15 ff.
23
gerechtfertigt, wenn erwiesen ist, dass diese Be- oder Verarbeitung nur erfolgte, um die
Anwendung von Maßnahmen nach Art 59 UZK zu umgehen. In diesen Fällen liegt der
nichtpräferenzielle Ursprung in jenem Land, in dem, gemessen am Wert der
Vormaterialien, der größere Teil dieser Vormaterialien seinen Ursprung hat. Alles in allem
führen diese Regelungen zu einer wesentlichen Verschärfung des bisherigen Regimes.
Zubehör, Ersatzteile und Werkzeuge, die gleichzeitig mit der Hauptware geliefert werden,
gelten gem Art 35 UZK-DA als Waren gleichen Ursprungs wie die Hauptware. Art 36
UZK-DA nennt einige Produktionselemente, die bei der Frage des Ursprungs eines
Erzeugnisses nicht berücksichtigt werden. Dazu zählen zB Energie und Brennstoffe,
Anlagen und Ausrüstung, sowie Maschinen, Werkzeuge und Vormaterialien, die nicht in
die Erzeugnisse verarbeitet werden. 85
Durch die zunehmende internationale Arbeitsteilung und die Beteiligung von
Unternehmen, oder Zweigstellen eines Unternehmens, aus mehreren Ländern an den
Herstellungsprozessen verliert Art 60 Abs 1 UZK zunehmend an Bedeutung, weil es
immer seltener der Fall ist, dass ein Produkt in nur einem Land zur Gänze produziert wird.
Der Thematik des Ursprungs aus zwei oder mehreren Ländern, va bei der Herkunft von
einzelnen Produktbestandteilen, trägt Art 60 Abs 2 UZK Rechnung. 86
Die Bestimmungen
des UZK sind für „Made in Austria“ mE nicht unmittelbar einschlägig, weil ihnen in erster
Linie zolltarifrechtliche Bedeutung zukommt. Die Anwendbarkeit des UZK schließt idR
schon eine Irreführung der beteiligten Verkehrskreise aus, weil es sich bei den Regelungen
des UZK um reine Deklarierungsvorschriften zu Zwecken des Zollrechts handelt. Sie
liefern aber mE einen möglichen Lösungsansatz, wie Kriterien für eine
Herkunftsbestimmung aussehen könnten. Insb bei der Herkunft aus zwei oder mehr
Ländern, enthält Art 60 Abs 2 UZK detaillierte Regelungen dazu, wie der Ursprung dann
festzustellen ist. Die Fragen, die dabei für die Bestimmung des Ursprungs ausschlaggebend
sind, sind folgende: Liegt eine wesentliche Be- oder Verarbeitung vor und wo findet diese
statt? Wird mit der Herstellung ein neues Erzeugnis gefertigt oder eine bedeutende
Herstellungsstufe erreicht? ME enthält der UZK damit mögliche Kriterien für eine
Herkunftsbestimmung, wenn ein Erzeugnis oder einzelne Bestandteile eines Erzeugnisses
in mehreren Ländern hergestellt werden.
85
Reuter/ Fuchs, Das neue Zollrecht der Europäischen Union, 211. 86
Prieß in Zollkodex mit Durchführungsverordnung und Zollbefreiungsverordnung6 Art 23, Rn 1.
24
2.3 Nationale Rechtsgrundlagen
Nach der Analyse der völkerrechtlichen und europarechtlichen Rechtsgrundlagen stellt
sich nun die Frage, welche nationalen Rechtsgrundlagen geografische Herkunftsangaben
schützen. Der Schutz ist auf nationaler Ebene unterschiedlich geregelt. In Österreich beruht
der Schutz geografischer Herkunftsangaben in erster Linie auf dem Irreführungsverbot des
§ 2 Abs 1 UWG87
. Hierbei kommt es aber nicht auf das bloße Verwenden einer
geographischen Herkunftsangabe an, sondern der Tatbestand der Irreführung nach
§ 2 UWG muss erfüllt sein.
2.3.1 Das Markenschutzgesetz 1970
Das absolute Eintragungshindernis des § 4 Abs 1 Z 1 lit a MarkenschutzG88
umfasst
Hoheitszeichen und schließt diese von der Eintragung als Marke ins Markenregister
gänzlich aus. Zu den Hoheitszeichen zählen Wappen, Flaggen, Orden, Zahlungsmittel und
Hymnen. 89
Sollte dennoch eine Eintragung erfolgt sein, sind die Regelungen der §§ 29, 33
MarkenschutzG anzuwenden und die zu Unrecht eingetragene Marke ist aus dem
Markenregister zu löschen. 90
Das MarkenschutzG ist mE für die Verwendung von „Made in Austria“ nicht einschlägig,
weil es bloß ein absolutes Eintragungshindernis für Hoheitszeichen enthält. Der
Herkunftshinweis „Made in Austria“ ist darunter nicht subsumierbar, weil es sich bei der
Angabe „Made in Austria“ nicht um ein Hoheitszeichen iSd § 4 Abs 1 Z 1 lit a
MarkenschutzG handelt.
87
Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG, BGBl 448/1984 idF BGBl I Nr 99/2016. 88
Markenschutzgesetz 1970, BGBl 260/1970 idF BGBl I Nr 71/2016. 89
Fercher/ Heidinger in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht3, 133.
90 Fercher/ Heidinger in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht
3, 160.
25
2.3.2 Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Das UWG ist, auf nationaler Ebene, die maßgebliche Rechtsquelle des Wettbewerbsrechts.
Das UWG ist 1984 in Kraft getreten und wurde seither bereits mehrere Male novelliert.
Der letzte große Schritt in der Entwicklung des Wettbewerbsrechts war die UWG-Novelle
2007. Sie ist am 12.12.2007 in Kraft getreten und mit ihr wurde die RL-UGP in das
nationale Recht umgesetzt. 91
Aufgrund der Vorrangwirkung des Unionsrechts besteht die
Pflicht zur richtlinienkonformen Interpretation. Dh innerstaatliche Gerichte und Behörden
müssen das nationale Wettbewerbsrecht soweit wie möglich im Lichte des Zwecks und des
Wortlauts der RL-UGP auslegen. Sollten Zweifel über die Auslegung der Richtlinie
bestehen, ist der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens anzurufen. 92
Der Schutz geografischer Herkunftsangaben in Österreich ergibt sich in erster Linie aus
dem Irreführungsverbot des § 2 Abs 1 UWG. Dieser schützt aber nicht geografische
Herkunftsangaben per se, sondern nur vor ihrer irreführenden Verwendung. Daher wird
zunächst das Verbot irreführender Geschäftspraktiken im Allgemeinen erläutert.
2.3.2.1 Das Verbot irreführender Geschäftspraktiken nach § 2 UWG
Da die Geschäftspraktik ein wesentliches Element des § 2 UWG ist, muss sie zunächst
näher definiert werden. Eine Geschäftspraktik ist „jede Handlung, Unterlassung,
Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und
Marketing eines Unternehmens, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf
oder der Lieferung eines Produkts zusammenhängt“. 93
Eine der oben genannten
Geschäftspraktiken ist dann irreführend, „wenn sie unrichtige Angaben (§ 39) enthält oder
sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen oder
mehrere der folgenden Punkte derart zu täuschen, dass dieser dazu veranlasst wird, eine
geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“94
.
Das Verbot irreführender Geschäftspraktiken basiert auf Art 6 und 7 RL-UGP und ist im
innerstaatlichen Recht in § 2 UWG geregelt. Im Rahmen der Umsetzung der RL-UGP
durch den österreichischen Gesetzgeber wurde auch die Typologie der Richtlinie in § 2
91
Heidinger in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht3, 286.
92 Heidinger in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht
3, 288.
93 § 1 Abs 4 Z 2 UWG.
94 § 2 Abs 1 UWG.
26
UWG integriert. Dies hat zur Folge, dass nun innerhalb des Irreführungstatbestands
zwischen irreführenden Handlungen iSd Art 6 RL-UGP und irreführenden Unterlassungen
iSd Art 7 RL-UGP unterschieden wird. Auf Grundlage dieser Unterscheidung enthält
§ 2 UWG die folgenden Tatbestandsgruppen: unrichtige Angaben, sonstige
Geschäftspraktiken mit Täuschungseignung und das Vorenthalten wesentlicher
Informationen. Im Kern der Beurteilung geht es also um Geschäftspraktiken per se und es
ist grds gleichgültig ob sie wahre, unwahre oder gar keine Angaben enthalten. Eine
Täuschung liegt demnach schon dann vor, wenn durch eine Geschäftspraktik
Fehlvorstellungen beim Durchschnittsverbraucher ausgelöst werden, die auf dessen
geschäftliche Entscheidung kausalen Einfluss genommen haben. 95
„Made in Austria“ kann einerseits als Herkunftshinweis direkt am Produkt oder auf dessen
Verpackung verwendet werden, andererseits kann ein Produkt damit auch beworben
werden. Beide Fälle sind mE eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG, weil sie eine
Erklärung bzw Mitteilung über die Herkunft des Produktes sind. Zudem wird die Werbung
explizit als Geschäftspraktik in § 1 Abs 4 Z 2 UWG genannt. Sowohl die Verwendung im
Rahmen der Warenmarkierung, als auch in der Werbung, hängen mE mit der
Absatzförderung und dem Verkauf von Waren zusammen, weil für viele Konsumenten die
Herkunft eine wichtige Rolle bei ihrer Kaufentscheidung spielt. In weiterer Folge ist daher
die Frage zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine Irreführung über die Herkunft
eines Produktes vorliegt.
2.3.2.2 Der Schutz vor Irreführung über die wesentlichen Merkmale des Produkts
(in concreto über die Herkunft) gem § 2 Abs 1 Z 2 UWG
In Art 6 Abs 1 lit b RL-UGP wird im Rahmen der beispielhaften Aufzählung der
wesentlichen Merkmale eines Produkts auch die geographische Herkunft angeführt. Der
österreichische Gesetzgeber hat bewusst auf die Aufnahme dieser Aufzählung in das
Gesetz verzichtet, weil sich seiner Ansicht nach die genannten Punkte sowieso unter den
Begriff der Merkmale eines Produkts subsumieren lassen. 96
Werden Aussagen über die
geographische Herkunft verwendet, wirken sie sich, im Gegensatz zu Angaben über
95
Appl in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht3, 335 ff.
96 Kraft/Steinmair, UWG. Praxiskommentar (2013) 66, Rz 35.
27
Produkteigenschaften, nur mittelbar auf die Wertschätzung eines Produktes aus. Allerdings
sind sie ein wichtiges Kennzeichen in der Werbung, das nachhaltige Wirkung entfaltet.
Herkunftsangaben sind idR sehr gut dazu geeignet, als Kennzeichen Produkte eindeutig zu
individualisieren. Die Verbraucherkreise verbinden mit Herkunftsangaben idR bestimmte
Preis- und Qualitätsvorstellungen, sodass dadurch der Kaufentschluss mitgeprägt werden
kann. 97
Herkunftsangaben können dabei nicht nur ausdrücklich (als unmittelbare
Herkunftsangaben), sondern auch implizit (als mittelbare Herkunftsangabe) erfolgen.
Ausdrückliche Herkunftsangaben wären zB der konkrete Hinweis auf Länder, Städte oder
Regionen. Bei mittelbaren Herkunftsangaben wird durch andere Mittel wie Sprache oder
Aufmachung (zB durch Bilder, Zeichnungen oder die Farbgebung) ein grds rein
gedanklicher Zusammenhang zwischen dem Produkt und seinem geografischen Ursprung
hergestellt. Wird ein Produkt zB in einer fremden Sprache bezeichnet, schließt der
Verbraucher regelmäßig darauf, dass das Produkt aus diesem Land stammt. Dies gilt insb
dann, wenn dieses Produkt im Verkehr besonders beliebt ist und das Publikum auf eine
bestimmte Herkunft dieses Produktes Wert legt. 98
Der OGH hat hier zB das Anbringen der
ungarischen Landesflagge auf einer Salami99
oder die englischsprachige Gestaltung des
Etiketts eines Whiskey100
als irreführend erachtet, wenn diese Produkte tatsächlich aus
Österreich stammen. 101
Auch durch das Anbringen von Landesflaggen oder -farben auf dem Produkt oder dessen
Verpackung kann über die tatsächliche Herkunft des Produkts getäuscht werden. Das
alleinige Verwenden von Landesfarben bei der Aufmachung der Verpackung oder des
Produkts selbst, lässt für sich genommen aber grds noch nicht auf eine
Herkunftsbezeichnung schließen. Wenn die ausländischen Farben jedoch auf ein
bevorzugtes Herkunftsland der bezeichneten Produkte hinweisen102
, kann sehr wohl von
einer Herkunftsbezeichnung ausgegangen werden. Analog gilt das auch für das Anbringen
von Wappen103
. In diesem Zusammenhang können aufklärende bzw entlokalisierende
97
Appl in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht3, 352 f.
98 Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG
2 § 2 UWG, Rz 275 f (Stand 01.11.2012).
99 OGH 14.09.1971, 4 Ob 348/71 (Ungarische Salami II) = ÖBl 1972, 12 = SZ 44/128 = GRUR Int 1972,
336. 100
OGH 16.06.1987, 4 Ob 347/87 (Whisky Saunders) = ÖBl 1988, 102 = MR 1988, 63 (dort falsch mit 4 Ob
34/87 zitiert) = SZ 60/109 = wbl 1987, 304 = GRUR Int 1988, 946. 101
Appl in Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht3, 352 f.
102 OGH 14.09.1971, 4 Ob 348/71.
103 OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99 z (Tiroler Loden) = ÖBl 2000, 168 = wbl 2000/86, 139 = GRUR Int 2000,
1025.
28
Zusätze nur dann eine Täuschung der Verbraucher verhindern, wenn mit ihnen die
tatsächliche Herkunft dargetan wird. Hier ist jedoch, sowohl an die Deutlichkeit, als auch
an die Wahrnehmbarkeit der Zusätze, ein strenger Maßstab anzulegen. 104
Die Bezugnahme auf eine geografische Herkunft per se ist jedoch nicht grds zur
Täuschung geeignet, sondern nur dann, wenn durch sie, beim angesprochenen
Verbraucherkreis, bestimmte Vorstellungen (insb Fehlvorstellungen) über die Herkunft des
Produkts oder einzelner Produktbestandteile erweckt werden, die nicht den Tatsachen
entsprechen. Es müssen somit grds alle Produktbestandteile, unabhängig von ihrer
rechtlichen oder technischen Qualifikation, von denen der angesprochene Verkehrskreis,
aufgrund der Ankündigung, die angegebene Herkunft erwartet und voraussetzt, tatsächlich
von jenem Ort stammen. Die maßgebliche Verkehrsauffassung wird dabei erheblich von
der Art des Produkts, aber auch von den Vorstellungen über die Art und Bedeutung
einzelner Produktbestandteile für das Gesamtprodukt und von den Gepflogenheiten
hinsichtlich ihrer Beschaffung - handelt es sich um eine Eigenproduktion oder um eine
Zulieferung 105
- bestimmt werden. 106
Notwendige Angaben über die Zweckbestimmung eines Produkts sind grds nicht zur
Täuschung geeignet. Jedoch muss die unterschiedliche Herkunft der Produkte klar zum
Ausdruck gebracht werden. Dieser Fall nimmt va Bezug auf Ersatzprodukte, die von
Dritten hergestellt werden. Ersatzprodukte können dabei zB Ersatzteile für fremde
Fahrzeuge oder Staubsaugersäcke für fremde Geräte sein. Die unterschiedliche Herkunft
von Hauptprodukt und Ersatzteil ist dann nicht ausreichend offen gelegt, wenn neben der
Angabe der Typenbezeichnung, die angibt für welche Produkte sie verwendet werden
können, die Marke des Hauptproduktes (zB in Klammer) angegeben ist. 107
ME stellt die Verwendung von „Made in Austria“, sowohl im Rahmen der
Warenmarkierung am Produkt oder auf dessen Verpackung, als auch die Werbung damit,
eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG dar. Daher sind mE beide Fälle als
Geschäftspraktik grds auch der Irreführung nach § 2 UWG zugänglich. Die Bestimmung
des § 2 Abs 1 UWG ist für „Made in Austria“ mE jedoch nur dann einschlägig, wenn der
104
Anderl/Appl in UWG2 § 2 UWG, Rz 278.
105 OGH 05.12.1978, 4 Ob 402/78 (UNI-DIM-Isolierkamine) = ÖBl 1979, 126.
106 Anderl/Appl in UWG
2 § 2 UWG, Rz 279.
107 Anderl/Appl in UWG
2 § 2 UWG, Rz 287.
29
Tatbestand der Irreführung erfüllt ist. Es kommt hier nicht auf das bloße Verwenden einer
geographischen Herkunftsangabe an. Es muss in jedem Fall eine Geschäftspraktik
(Warenmarkierung oder Werbung) vorliegen, die entweder unwahre Angaben beinhaltet
oder sonst zur Täuschung geeignet ist. Außerdem muss der Verbraucher dadurch „zu einer
geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden sein, die er andernfalls nicht getroffen
hätte“. Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen und zudem müssen
sie grds in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden.
2.3.3 Exkurs zur Rechtslage in Deutschland
Da es in Österreich keine Judikatur zu „Made in Austria“ gibt, werden im Rahmen der
Analyse der Judikatur auch einige deutsche Entscheidungen näher besprochen. Daher ist es
notwendig im Rahmen der nationalen Rechtsgrundlagen auch die aktuelle Rechtslage in
Deutschland zu erläutern. In Deutschland ist der Schutz geografischer Herkunftsangaben
primär in den §§ 126 ff dMarkenG108
geregelt. Daneben besteht noch ein subsidiärer
Schutz nach § 5 Abs 1 dUWG109
.
2.3.3.1 Der Schutz geographischer Herkunftsangaben nach §§ 126 ff dMarkenG
Seit Inkrafttreten des dMarkenG am 01.01.1995 wurde der Schutz geografischer
Herkunftsangaben in den §§ 126 ff dMarkenG deutlich erweitert. Darin wird ein
wettbewerbsrechtlicher Schutz gewährt und nicht nur ein Schutz subjektiver Rechte, weil
es bei Herkunftsangaben an einer eindeutigen Zuordnung zu einem ausschließlich
Berechtigten mangelt. Der wettbewerbsrechtliche Schutzcharakter nach dem dMarkenG
kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass Verstöße gegen §§ 126 ff dMarkenG von den
nach dem dUWG aktivlegitimierten Mitbewerbern, Verbraucherverbänden,
Wettbewerbsvereinen und Kammern geltend gemacht werden können. Dementsprechend
stellen die Regelungen der §§ 126 ff dMarkenG leges speciales gegenüber den §§ 3110
, 5111
108
Markengesetz vom 25.10.1994 (BGBl I S 3082; 1995 I S 156; 1996 I S 682), das zuletzt durch Artikel 4
des Gesetzes vom 04.04.2016 (BGBl I S 558) geändert worden ist - Gesetz über den Schutz von Marken und
sonstigen Kennzeichen (Markengesetz). 109
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 03.07.2004 (BGBl I S 1414), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 17.02.2016 (BGBl I S 233) mWv 24.02.2016. 110
Anm: § 3 dUWG beinhaltet ein allgemeines Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen. 111
Anm: § 5 dUWG behandelt die irreführenden geschäftlichen Handlungen.
30
dUWG dar. 112
§ 126 Abs 1 dMarkenG enthält eine Legaldefinition, was unter
geographischen Herkunftsangaben iSd dMarkenG zu verstehen ist. Nach § 126 Abs 1
dMarkenG sind geographische Herkunftsangaben „die Namen von Orten, Gegenden,
Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen
Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder
Dienstleistungen benutzt werden“113
. Gattungsbezeichnungen sind jedoch explizit, gem
§ 126 Abs 2 dMarkenG, vom Schutz ausgenommen. Der Schutzinhalt ist in § 127
dMarkenG und die Ansprüche sind in § 128 dMarkenG näher geregelt.
Die Gesetzessystematik gibt damit grds folgende Prüfungsschritte vor: Zunächst muss eine
unmittelbare oder mittelbare geographische Herkunftsangabe existieren, die jedoch keine
Gattungsbezeichnung sein darf. Wenn eine Benutzung für Waren oder Dienstleistungen
anderer Herkunft vorhanden ist, ist diese gesetzwidrig, wenn Irreführungsgefahr vorliegt
oder ein spezieller, die Herkunftsangabe betreffender, Ruf besteht und die Benutzung dazu
geeignet ist, diesen unlauter zu beeinträchtigen oder auszunutzen. 114
Die §§ 126 ff
dMarkenG enthalten also im Kern einen Schutz vor Irreführung, denn diese Kodifizierung
entspricht im Wesentlichen der früheren deutschen Rsp zum dUWG. Maßgebliche
Bedeutung kommt dabei der Verkehrsauffassung zu. Sie entscheidet auch darüber, ob in
einer Angabe eine geographische Herkunftsangabe liegt, was nicht nur bei mittelbaren
Herkunftsangaben uU zweifelhaft sein kann, sondern auch bei unmittelbaren
Herkunftsangaben. Zweifel bestehen insb dann, wenn der Verkehr im konkreten Fall der
Angabe keine Aussage zur geographischen Herkunft des Produktes entnimmt. 115
Den Maßstab bildet dabei die Auffassung des normal informierten, angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers.116
Nicht abschließend geklärt
ist die Fragestellung, ob der Schutz als geographische Herkunftsangabe auch bei
unbekannten Angaben in Betracht kommen kann. Richtigerweise wäre diese Frage aber
nicht beim Begriff der geographischen Herkunftsangabe an sich, sondern bei dem
Tatbestandsmerkmal der Irreführung anzusiedeln. Ist eine geographische Herkunftsangabe
unbekannt, wird kein beachtlicher Teil des Verkehrs annehmen, dass das Produkt gerade
112
Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG35
§ 5 Rn 4.203 (2017). 113
§ 126 Abs 1 dMarkenG. 114
Ingerl/Rohnke, Markengesetz3 § 126 Rn 1 (2010).
115 BGH 12.03.1971, I ZR 115/69 (Bocksbeutelflasche) = GRUR 1971, 313 (315) = DB 1971, 1412 = MDR
1971, 559. 116
EuGH 25.01.2007, C‑48/05, Rz 23 (Adam Opel) = MR-Int 2006, 187 = ecolex 2007/127, 268 = ÖBl-LS
2007/87, 67 = wbl 2007/73, 181 = ecolex 2007, 693 (Koppensteiner) = ZER 2007/30, 139 = ecolex 2007,
873 (Koppensteiner).
31
aus diesem Ort oder Gebiet stammt. In weiterer Folge mangelt es dann auch an der
Irreführungseignung. Darüber hinaus ist die Verkehrsauffassung auch von Bedeutung
dafür, wie ein geographisches Gebiet abgegrenzt wird. Die Verkehrsauffassung entscheidet
darüber, welche Herkunft bei Produkten, die aus mehreren Bestandteilen bestehen oder in
mehreren Verarbeitungsschritten gefertigt werden, als maßgeblich angesehen wird. Diese
Frage ergibt sich zB im Hinblick auf die Herkunft des Rohmaterials oder von einzelnen
Produktbestandteilen. 117
2.3.3.2 Der Schutz vor Irreführung über Merkmale von zentraler Bedeutung gem
§ 5 Abs 1 Z 1 dUWG
Nach § 5 Abs 1 Z 1 dUWG sind bei der Beurteilung der Frage, ob eine geschäftliche
Handlung irreführend ist, insb in ihr enthaltene Angaben über die geografische Herkunft zu
berücksichtigen. Demnach sind irreführende Angaben über die geografische Herkunft einer
Ware unlauter und können unter weiteren Voraussetzungen wettbewerbsrechtliche
Ansprüche auslösen. 118
§ 5 Abs 1 dUWG bleibt anwendbar, solange der Schutz nach §§ 126 ff dMarkenG nicht
eingreift. Das ist insb der Fall bei der Verwendung nicht mehr existierender Ortsangaben,
bei der Verwendung von scheingeografischen Angaben und wenn keine Nutzung für
Waren vorliegt. Wird der Ortsname nicht mehr verwendet, liegt auch keine Angabe über
die geografische Herkunft mehr vor. Scheingeographische Angaben sind Angaben, die
vom Verkehr nicht als Fantasiebezeichnungen, sondern zu Unrecht als geografische
Herkunftsangaben verstanden werden. Wird eine geografische Herkunftsangabe nicht für
Waren benutzt, sondern in anderer Weise, zB als Unternehmenskennzeichen, ist § 5 Abs 1
dUWG anwendbar, weil dieser Fall von § 127 dMarkenG nicht erfasst wird. Dann ist ua
die Frage zu klären, ob die Verwendung als Unternehmenskennzeichen irreführend ist. 119
Solange geographische Herkunftsangaben nur über das wettbewerbsrechtliche
Irreführungsverbot geschützt waren, gab es Einigkeit darüber, dass die wettbewerbliche
Relevanz einer Herkunftsangabe idR nicht bestritten werden kann. In Herkunftsangaben
wurde generell ein werbliches Kennzeichnungsmerkmal gesehen, das der Herstellung einer
Beziehung zwischen dem Produkt einerseits sowie Güte- und Preisvorstellungen der
117
Ingerl/Rohnke, Markengesetz3 § 126 Rn 2.
118 Bornkamm in UWG
35 § 5, Rn 4.202.
119 Bornkamm in UWG
35 §, 5 Rn 4.204 f.
32
Verbraucher andererseits dient und das schon allein deshalb ein bedeutsamer
Informationsträger für die Kaufentscheidung des Verbrauchers ist. 120
Durch die Ausgestaltung der §§ 126 ff dMarkenG wird die Anwendbarkeit der §§ 3, 5
dUWG auf geographische Herkunftsangaben extrem eingeschränkt. Die Regelungen des
dUWG sind grds nur subsidiär anzuwenden. Dadurch ergeben sich aber keine Nachteile in
Bezug auf das Schutzniveau, weil der Schutz geographischer Herkunftsangaben in §§ 126
ff dMarkenG als wettbewerbsrechtlicher Schutz vor Irreführung ausgestaltet.
2.4 Zwischenfazit
Für den Schutz von geographischen Herkunftsangaben gibt es sowohl völker-, als auch
europarechtliche und nationale Rechtsgrundlagen.
Auf völkerrechtlicher Ebene kommen folgende Rechtsquellen für einen Schutz von
geographischen Herkunftsangaben in Betracht: die PVÜ, das MHA, das LUA und das
TRIPS-Abkommen. Österreich ist der PVÜ beigetreten und diese ist daher auch
anwendbar. „Made in Austria“ wird als einfache Herkunftsangabe auch vom
Anwendungsbereich der PVÜ erfasst. Aufgrund des sehr weiten Anwendungsbereiches
sind mE sowohl irreführende Angaben am Erzeugnis oder dessen Verpackung, als auch die
irreführende Werbung erfasst und geschützt. Die Regelungen über die Beschlagnahme
nach Art 10 iVm Art 9 PVÜ sind mE aber nur in Bezug auf am Produkt oder der
Verpackung verwendete Herkunftsangaben anwendbar und erstrecken sich nicht auf die
Verwendung in der Werbung. Da Österreich dem MHA nicht beigetreten ist, ist eine
Anwendung ausgeschlossen. Aber auch in Deutschland, das dem MHA beigetreten ist, ist
dessen praktische Bedeutung sehr gering. Die Bezeichnung „Made in Austria“ kann mE
grds als Herkunftsangabe iSd Art 1 MHA verstanden werden, weil der Schutzbereich der
MHA eher weit gefasst ist. Das MHA gewährt einen Schutz vor Irreführung durch die
falsche Verwendung von geographischen Herkunftsangaben. Davon ist jede Benutzung im
geschäftlichen Verkehr erfasst. Daraus ergibt sich mE, dass sowohl die Warenmarkierung,
als auch die Werbung mit „Made in Austria“ vom Schutz erfasst sind. Die Rechtsfolgen
der Beschlagnahme betreffen mE, nach Betrachtung des Wortlauts des Art 1 MHA, aber
120
Bornkamm in UWG35
§, 5 Rn 2.183 f.
33
nur die Angaben am Produkt oder der Produktverpackung. Das LUA ist in Österreich nicht
anwendbar, das Österreich diesem nicht beigetreten ist. Das LUA beschränkt seinen Schutz
auf jene Ursprungsbezeichnungen beschränkt, bei denen ein Erzeugnis seine Qualität und
seine Eigenschaften ausdrücklich oder überwiegend den geografischen Verhältnissen eines
bestimmten Gebietes verdankt. Deshalb ist „Made in Austria“ mE nicht vom
Anwendungsbereich des Art 2 LUA umfasst. Österreich ist Vertragsstaat des TRIPS-
Abkommens und dieses ist daher auch anwendbar. Da das TRIPS-Abkommen
Herkunftsangaben gegen irreführenden Gebrauch allgemein schützt, sind mE vom Schutz
sowohl die Verwendung am Produkt und dessen Verpackung, als auch die Verwendung in
der Werbung davon erfasst. Jedoch ist der Anwendungsbereich des Art 22 Abs 1 TRIPS
eng auszulegen und „Made in Austria“ ist mE nicht davon erfasst, weil der Zusammenhang
zwischen der Qualität, den Eigenschaften und dem Ruf eines Produkts mit dessen Herkunft
grds fehlt.
Das Primärrecht der EU enthält keine Regelungen zu geografischen Herkunftsangaben. Im
Sekundärrecht finden sich einige Vorschriften zur Verwendung von Herkunftsangaben,
diese beziehen sich in erster Linie jedoch nur auf Lebensmittel und Agrarerzeugnisse. Die
Bestimmungen des UZK sind für „Made in Austria“ mE nicht unmittelbar einschlägig,
weil ihnen in erster Linie zolltarifrechtliche Bedeutung zukommt. Die Anwendbarkeit des
UZK schließt idR schon eine Irreführung der beteiligten Verkehrskreise aus, weil es sich
bei den Regelungen des UZK um reine Deklarierungsvorschriften zu Zwecken des
Zollrechts handelt. Sie liefern aber mE einen möglichen Lösungsansatz, wie Kriterien für
eine Herkunftsbestimmung aussehen könnten.
Bisher wurde es weder auf völkerrechtlicher Ebene, noch auf unionsrechtlicher Ebene
geschafft, den Schutz von geographischen Herkunftsangaben zufriedenstellend zu regeln.
Ein wesentlicher Grund dafür stellt die mangelnde Einigkeit der Vertrags- bzw.
Mitgliedsstaaten dar. Geographische Herkunftsangaben sind aber in allen Mitgliedsstaaten
der EU im Rahmen des Irreführungsverbots der Art 6, 7 RL-UGP geschützt. Zudem gibt es
in einigen Mitgliedsstaaten (zB Frankreich, Italien und Portugal) einen zT umfassenden
Schutz von Ursprungsbezeichnungen im Bereich der Lebensmittel und Agrarprodukt.
Auf nationaler Ebene gestaltet sich der Schutz in Österreich wie folgt. Das MarkenschutzG
ist für die Verwendung von „Made in Austria“ nicht einschlägig, weil es bloß ein absolutes
Eintragungshindernis für Hoheitszeichen enthält und „Made in Austria“ mE darunter nicht
subsumierbar ist. Eine wesentliche Rechtsgrundlage für die Verwendung von „Made in
34
Austria“ stellt § 2 UWG dar. ME stellt die Verwendung von „Made in Austria“, sowohl im
Rahmen der Warenmarkierung am Produkt selbst oder der Produktverpackung, als auch
die Werbung damit, eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG dar. Daher sind mE
beide Fälle als Geschäftspraktik auch der Irreführung nach § 2 UWG zugänglich. Die
Bestimmung des § 2 Abs 1 UWG ist für „Made in Austria“ mE aber nur dann einschlägig,
wenn der Tatbestand der Irreführung erfüllt ist. Die vorliegende Geschäftspraktik
(Warenmarkierung oder Werbung) muss also entweder unwahre Angaben beinhaltet oder
sonst zur Täuschung geeignet ist. Außerdem muss der Verbraucher dadurch zu einer
geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden sein, die er andernfalls nicht getroffen
hätte. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Das Vorliegen der genannten
Voraussetzungen ist zudem grds in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Es kommt hier
nicht auf das bloße Verwenden einer geographischen Herkunftsangabe an. Die
maßgebliche Rechtsgrundlage, die auch im Rahmen der österreichischen Judikatur zur
Beurteilung herangezogen wird, ist der Irreführungstatbestand des § 2 UWG.
In Deutschland ist der Schutz geografischer Herkunftsangaben primär in den §§ 126 ff
dMarkenG geregelt, die als wettbewerbsrechtlicher Schutz vor Irreführung ausgestaltet
sind. Daneben besteht ein subsidiärer Schutz nach § 5 Abs 1 dUWG.
35
3 Geografische Herkunftsangaben
Ein wesentlicher Begriff, mit dem sich diese Diplomarbeit, insb im Rahmen der
Rechtsgrundlagen, beschäftigt, ist der der geographischen Herkunftsangabe. Eine
Herkunftsangabe ist per definitionem eine direkte oder indirekte Angabe über die
geographische Herkunft eines Erzeugnisses. Der Schutz von geographischen Angaben ist
in allen Mitgliedsstaaten der EU durch Vorschriften gewährleistet, welche eine falsche
oder irreführende Verwendung unterbinden. Entsprechende Regelungen finden sich in
Gesetzen gegen unlauteren Wettbewerb oder in Regelungen betreffend den
Verbraucherschutz. In beiden Fällen ist das maßgebliche Kriterium für die
Unterschutzstellung der Gesichtspunkt, dass die Verbraucher in die Irre geführt werden. 121
Es stellen sich hierbei die folgenden Fragen, die in weiterer Folge in diesem Kapitel näher
behandelt werden: Was ist eine geographischen Herkunftsangabe und welche Arten gibt
es? Wie kann der Verbraucher mit ihnen in die Irre geführt werden? Wo kann „Made in
Austria“ dabei eingeordnet werden?
3.1 Tatbestandmerkmale der geographischen Angaben
Geografische Angaben bezeichnen „einen Namen, der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses
verwendet wird, dessen Ursprung in einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Gegend
oder in einem bestimmten Land liegt, dessen Qualität, Ansehen oder andere Eigenschaften
wesentlich auf diesen geografischen Ursprung zurückzuführen ist und bei dem wenigstens
einer der Produktionsschritte in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgt“. 122
Bei der geografischen Angabe genügt es folglich, dass das Erzeugnis in dem
namensgebenden Gebiet verarbeitet worden ist, das Grunderzeugnis kann aber grds auch
aus einem anderen Gebiet stammen. 123
Geographische Herkunftsangaben können sich auf
jede Art von Produkt beziehen, wobei hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen va
Vorschriften für die Herkunftskennzeichnung von Weinen, Agrarprodukten und
Lebensmitteln dominieren. Aber auch handwerkliche Erzeugnisse bestimmter Herkunft
sind nicht weniger berühmt. Als Beispiele sind hier Schweizer Uhren, Solinger Messer,
121
Beier, IIC 1994, 1 (14). 122
Art 5 Abs 2 VO (EU) 1151/2012. 123
<https://www.bmlfuw.gv.at/land/lebensmittel/qs-lebensmittel/lebensmittelqualitaet/herkunft-
spezialitaetenschutz/Herkunftsschutz.html> (08.01.2017).
36
Meißner Porzellan oder Brüsseler Spitze zu nennen. Die Herkunftsangabe ist ein wichtiges
Kennzeichnungsmittel für Waren und dient einer Individualisierung der Ware. Sie stellt
eine Beziehung zwischen der Ware einerseits und den Qualitäts- und Preisvorstellungen
des angesprochenen Verkehrs andererseits her. 124
3.2 Arten von Herkunftsangaben
Die rechtliche Terminologie betreffend, sind geografische Herkunftsangaben sowohl in
internationalen Abkommen, als auch in europäischen und nationalen Rechtsvorschriften
uneinheitlich. Der Terminus Herkunftsangabe wird allgemein als Oberbegriff für
verschiedene Arten von Angaben über die Herkunft oder den Ursprung verstanden. Es
lassen sich in der rechtlichen Auseinandersetzung die folgenden Begriffe unterscheiden:
Ursprungsbezeichnungen, einfache und qualifizierte Herkunftsangaben sowie unmittelbare
und mittelbare Herkunftsangaben. Des Weiteren sind auch scheingeografische
Bezeichnungen und Fantasiebezeichnungen, sowie die Zulässigkeit der Verwendung
entlokalisierender Zusätze zu berücksichtigen. 125
3.2.1 Ursprungsbezeichnungen
Eine Ursprungsbezeichnung bezeichnet „einen Namen, der zur Bezeichnung eines
Erzeugnisses verwendet wird, dessen Ursprung in einem bestimmten Ort, in einer
bestimmten Gegend oder, in Ausnahmefällen, in einem bestimmten Land liegt, das seine
Güte oder Eigenschaften überwiegend oder ausschließlich den geografischen
Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse verdankt und
dessen Produktionsschritte alle in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen“ 126
.
Es müssen also alle Erzeugungsschritte, vom Rohstoff bis zum fertigen Endprodukt, in
dem festgelegten Gebiet erfolgen. 127
Eine zentrale Rolle kommt den
Ursprungsbezeichnungen in der VO (EU) 1151/2012, dem LUA sowie in den
Rechtssystemen Frankreichs, Italiens und Portugals zu. In der deutschen Rechtssprache
124
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 1, Rn 1. 125
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 7, Rn 11. 126
Art 5 Abs 1 VO (EU) 1151/2012. 127
<https://www.bmlfuw.gv.at/land/lebensmittel/qs-lebensmittel/lebensmittelqualitaet/herkunft-
spezialitaetenschutz/Herkunftsschutz.html> (08.01.2017).
37
werden Ursprungsbezeichnungen vereinzelt mit qualifizierten Herkunftsangaben
gleichgestellt. 128
3.2.2 Einfache Herkunftsangaben
Einfache Herkunftsangaben bezeichnen die Herkunft eines Produktes aus einem Ort, einem
Land, einer Gegend oder einer Region. Einfache Herkunftsangaben setzen nicht voraus,
dass zwischen der Herkunft und dem Produkt ein objektivierbarer Zusammenhang besteht
oder mit der Herkunft eine besondere Qualitätsvorstellung verbunden wird. Die Aussage
kann sich auf eine bloße Herkunftsbeziehung beschränken, deshalb wird sie auch als
qualitätsneutrale Herkunftsangabe bezeichnet. 129
Die objektiven, spezifischen
Eigenschaften, die ein Produkt bestimmter Herkunft von gleichartigen Produkten anderer
Herkunft unterscheidet, ist also nicht Voraussetzung für den Schutz als einfache
Herkunftsangabe. Es spielt auch keine Rolle, ob ein Produkt bestimmter Herkunft an einem
anderen Ort und mit demselben Arbeitsergebnis ebenso gut hergestellt werden kann.
Einfache Herkunftsbezeichnungen können grds von allen Unternehmen für jene Produkte
benutzt werden, die aus dem bezeichneten Gebiet, Ort oder Land stammen. Die
Verwendung ist aber dann untersagt, wenn es an der genannten Beziehung fehlt und daraus
eine Irreführungsgefahr resultiert. 130
3.2.3 Qualifizierte Herkunftsangaben
Qualifizierte Herkunftsangaben bezeichnen die Herkunft einer Ware aus einem Ort, einem
Land, einer Gegend oder einer Region, wobei mit der Angabe auch eine bestimmte
Qualität und Beschaffenheit des Produktes verbunden wird. Sie kommen va bei Produkten
vor, die aus ortsgebundenen Naturstoffen bestehen, wie zB Lebensmittel, Agrarerzeugnisse
oder Tabakwaren. 131
Qualifizierte Herkunftsangaben verknüpfen bestimmte
Produkteigenschaften kausal mit ihrer geographischen Herkunft, zB wenn der Charakter
eines Weines auf eine bestimmte Lage zurückzuführen ist oder sich die besonderen
handwerklichen Fähigkeiten eines ortsansässigen Herstellers in seinen Produkten
128
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 7, Rn 12. 129
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 7 f, Rn 13. 130
Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht2 (2007) 107f, Rn 303.
131 Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 8, Rn 14.
38
wiederspiegelt. Dem französischen Recht folgend, entsprechen qualifizierte
Herkunftsangaben in etwa den Ursprungsangaben. Die rechtmäßige Benutzung setzt neben
der geografischen Herkunft des Produkts auch das Vorliegen einer bestimmten Qualität
voraus. Qualifizierte geografische Herkunftsangaben stehen damit einem ortsansässigen
Unternehmen dann nicht zur Verfügung, wenn das Produkt zwar aus dem bezeichneten Ort
stammt, im Hinblick auf die Qualität, die mit der Herkunftsangabe verknüpft wird, die
Erwartungen der Verbraucher aber nicht erfüllen kann. 132
3.2.4 Unmittelbare Herkunftsangaben
Unmittelbare Herkunftsangaben sind der Name eines Ortes, eines Gebiets, einer Gegend,
eines Landes oder auch eines ganzen Kontinents, wobei auch Stadtteile oder Bezirke
umfasst sind. Neben der bestehenden offiziellen Bezeichnung kommen hier auch veraltete
oder unpräzise Bezeichnungen in Betracht. Sie bezeichnen die Herkunft eines Produktes
unmittelbar, zB Nürnberger Lebkuchen, Roquefort oder Prosciutto di Parma. Unmittelbare
Herkunftsangaben können zudem auch einfache Herkunftsangaben, qualifizierte
Herkunftsangaben oder Ursprungsbezeichnungen sein. 133
Die Aussage über die Herkunft
kann mittels Adjektiv (zB Gmundner Keramik), mittels Substantiv (zB Roquefort), oder
auch durch eine Wortverbindung (zB Muranoglas) verwendet werden. Der Schutz setzt
nicht voraus, dass dem Verkehr ein Ort mit diesem Namen bekannt ist, es genügt, dass der
angegebene Ort nicht wegen seiner Eigenart oder der Besonderheit der Ware als
Produktionsstätte ausscheidet. Wenn das Publikum aber den Begriff nicht einmal als
geographischen Begriff versteht, weil der Ortsname unbekannt ist, scheidet der Schutz als
geografische Herkunftsangabe jedenfalls aus. 134
3.2.5 Mittelbare Herkunftsangaben
Mittelbare Herkunftsangaben sind alle Bezeichnungen, Kennzeichnungen, Symbole,
Bilder, Aufmachungen oder Ausstattungen, die nicht unmittelbar einen Ort oder eine
Gegend bezeichnen, aber anderweitig für eine bestimmte geografische Herkunft stehen.
Das Vorliegen einer mittelbaren Herkunftsangabe kann sich uU erst aus der Verwendung
132
Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht2 108, Rn 304.
133 Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 8, Rn 15.
134 Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht
2 110, Rn 309f.
39
von mehreren Merkmalen ergeben, die einzeln noch nicht bzw nicht mit der nötigen
Eindeutigkeit auf eine bestimmte Herkunft hinweisen. 135
Mittelbare Herkunftsangaben
werden daher eher als Hinweis auf eine bestimmte geografische Herkunft verstanden, weil
sich die Herkunftsaussage in diesen Fällen oft erst aus einem bewussten oder unbewussten
gedanklichen Schluss ergibt. Maßgeblich für das Vorliegen einer assoziativen
geografischen Herkunftsaussage ist deshalb jedenfalls die Verkehrsauffassung eines
durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers. 136
Herkunftshinweise stellen typischerweise die Verwendung einer fremden Sprache und bzw
oder der dazugehörigen Landesfarben bei der Bezeichnung und Verpackung eines
Produktes, die Benutzung von Wappen, Flaggen, Symbolen, Namen oder die Abbildung
berühmter Persönlichkeiten, die Darstellung von Wahrzeichen oder Monumenten, von
Trachten und Landschaften dar. Auch eine Top-Level-Domain137
kann eine
Herkunftsvorstellung auslösen. In erster Linie entscheiden aber die konkrete Verwendung
und deren Kontext darüber, ob ein Zeichen als Herkunftshinweis verstanden wird. Die
Verwendung von französischer Sprache und Landesfarben für Parfüme und Weine ist zB
in besonderem Maß geeignet, eine französische Herkunft zu suggerieren. 138
Als Beispiele
für mittelbare Herkunftsangaben sind die Bocksbeutelflasche139
für einen Wein aus
Franken oder die Farbkombination Rot-Weiß-Grün für Produkte aus Italien zu nennen.140
Der OGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1960 bei der Bezeichnung von
Schlüpfern mit britischen Flaggen und der Verwendung englischer Wörter eine mittelbare
Herkunftsangabe angenommen.141
Es ist hier aber klar hervorzuheben, dass durch die
zunehmende Globalisierung die Wirkung fremder Sprachen als Herkunftshinweis immer
mehr nachlässt. 142
135
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 9, Rn 16. 136
Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht2 110, Rn 312.
137 Anm: Bei der Top-Level-Domain handelt es sich um einen Bestandteil einer Internetadresse. Im
Konkreten geht es hierbei um die sog geografischen oder landesbezogenen Country Code Top-Level-
Domains. Diese ist für Deutschland „*.de“ und für Österreich „*.at“. 138
Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht2 110, Rn 311 f.
139 BGH 12.03.1971, I ZR 115/69.
140 Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 9, Rn 16.
141 RIS-Justiz RS0078459.
142 Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht
2 110, Rn 312.
40
3.2.6 Scheingeografische Bezeichnungen und Fantasiebezeichnungen
Da Zeichen grds jede Bedeutung haben können, können sie einerseits als Hinweis auf eine
geographische Herkunft verstanden werden, aber andererseits müssen sie trotzdem nicht
auf eine konkrete Herkunft des Produktes hinweisen. Dies ist dann der Fall, wenn die
konkrete Bezeichnung vom Publikum, ungeachtet der tatsächlichen oder wörtlichen
Aussage, nicht als geographische Herkunft verstanden wird. Dient die Verwendung einer
Ortsbezeichnung ausschließlich dazu, Qualität oder Exklusivität vorzutäuschen (zB
Hollywood Duftschaumbad), handelt es sich ebenfalls um eine scheingeographische
Bezeichnung. Eine Fantasieangabe liegt hingegen vor, wenn der verwendete Ortsname gar
nicht existiert (zB Sun Land) oder so allgemein gehalten ist, dass damit auf eine Vielzahl
von Orten oder Regionen hingewiesen werden könnte (zB Klosterbrauerei, regionales
Produkt) und damit keine konkrete geographische Herkunft bezeichnet. 143
3.2.7 Die Verwendung entlokalisierender Zusätze
Entlokalisierende Zusätze sind Zusätze, die klarstellen welche Herkunft ein Produkt
tatsächlich hat. Durch deren Verwendung kann eine Irreführung grds vermieden werden,
sie müssen aber jedenfalls deutlich genug sein. 144
Eine Herkunftsaussage kann durch die
Beifügung entlokalisierender Zusätze somit nicht in jedem Fall neutralisiert werden. Im
Geschäftsverkehr werden geographische Angaben gerne mit einem klarstellenden Hinweis
(zB Nürnberger Bratwürste, hergestellt in Hamburg) berichtigt oder mittels einem Zusatz
(zB nach Nürnberger Art) entschärft. Hier ist aber jedenfalls klarzustellen, dass, allein
durch die Verwendung von Zusätzen, der Irreführungsschutz keinesfalls entfällt, es kommt
vielmehr darauf an, ob trotz entlokalisierender Zusätze eine Irreführungsgefahr gegeben
ist. Wesentlich ist, dass der Verbraucher mit zwei gegensätzlichen Aussagen konfrontiert
ist, die für sich alleine schon geeignet sind, ihn zu verwirren. Außerdem schenkt ein
Verbraucher einer geographischen Herkunftsangabe idR mehr Aufmerksamkeit, als einem
bloßen Hinweis oder Zusatz auf den tatsächlichen Produktionsort. 145
Grds ist es also
möglich, die Irreführungsgefahr über die geographische Herkunft durch entlokalisierende
Zusätze zu beseitigen. Der Beurteilungsmaßstab, ob durch die Verwendung
entlokalisierender Zusätze eine Irreführung ausgeschlossen ist, ist streng anzulegen, weil
143
Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht2 112, Rn 316 f.
144 Kraft/Steinmair, UWG. Praxiskommentar, 68, Rz 45.
145 Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht
2 113, Rn 318 ff.
41
der Durchschnittsverbraucher diese Zusätze meistens nur flüchtig betrachtet und daher
übersieht. Aus Zwecken des Verbraucherschutzes sind auch an die Deutlichkeit und die
Unübersehbarkeit von entlokalisierenden Zusätzen strenge Anforderungen zu stellen. 146
3.3 Abgrenzungen
Der Unterschied zwischen Ursprungsbezeichnung und geographischer Herkunftsangabe
liegt in einer bestehenden Verbindung zwischen dem Produkt und dessen Herkunftsgebiet.
Bei den Ursprungsbezeichnungen liegt die engste Verbindung zwischen dem Produkt und
dessen Herkunft vor. Die Qualität oder Eigenschaften des Produktes müssen ausschließlich
oder überwiegend auf das geographische Gebiet zurückzuführen sein, aus dem sie
stammen und alle Produktionsschritte müssen auch in diesem Gebiet stattfinden. Bei einer
geographischen Herkunftsangabe hingegen genügt es, wenn die Qualität, der Ruf oder
bestimmte Eigenschaften des Produktes im Wesentlichen auf dessen geographische
Herkunft zurückgeführt werden können. Zudem müssen nicht alle Produktionsschritte in
diesem Gebiet erfolgen, es genügt wenn wenigstens ein Produktionsschritt dort erfolgt. 147
Die geographische Herkunftsangabe weist auf die Herkunft eines Produktes aus einem
bestimmten Ort oder einer bestimmten Gegend hin. Bei der Marke handelt es sich um eine
rein betriebliche Herkunftsangabe. Im Gegensatz zur geographischen Herkunftsangabe
weist die Marke auf die Herkunft eines Produktes aus einem bestimmten Betrieb hin. Aus
einer geographischen Herkunftsangabe kann eine Marke entstehen, wenn diese für einen
einzelnen Betrieb so bedeutend geworden ist, dass bei den angesprochenen
Verkehrskreisen die verwendete Marke weniger oder gar nicht mehr für den benannten Ort
steht, sondern in erster Linie für den Betrieb. Beispiele dafür sind die Ortsnamen
Ravensburger für Spiele oder Nokia für Mobiltelefone. 148
Auch bei Serienzeichen handelt es sich nicht um geographische Herkunftsangaben. Als
Serienzeichen werden bspw Städtenamen für einzelne Modelle einer Produktserie
verwendet (zB bei Möbelserien die Modellbezeichnungen Rom, Tokyo oder Sydney). Des
Weiteren liegt auch keine geographische Herkunftsangabe vor, wenn zB für ein PKW-
146
RIS-Justiz RS0078437. 147
Stangl, Herkunftsschutz gibt es nicht nebenbei. Überlegungen auf dem Weg zu einer geschützten
Herkunftsangabe für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Woher die Köstlichkeiten kommen, ipCompetence
2015 H13, 24 (25). 148
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 10, Rn 19.
42
Modell der Name einer Insel (zB Ford Capri, Seat Ibiza, Opel Ascona) oder wenn für
Schreibwaren der Name Mont Blanc verwendet wird. Serienzeichen, bei denen einzelne
Modelle mit geografischen Begriffen benannt werden, sind keine geografischen
Herkunftsangaben, weil sie nicht auf eine geografische Herkunft hinweisen sollen. 149
3.4 Irreführung durch Angaben über die geographische Herkunft
Der Verbraucher kann gem § 2 Abs 1 Z 2 UWG mit Angaben über wesentliche
Produktmerkmale, insb mit Angaben über die geographische Herkunft, in die Irre geführt
werden. Geographische Angaben sind wettbewerbsrechtlich insb deshalb von Relevanz,
weil aus einer bestimmten Herkunft oft auch auf eine bestimmte Qualität und
Eigenschaften des Produktes geschlossen wird. Dabei muss aber nicht unmittelbar auf die
Herkunft aus einem bestimmten Land oder einem bestimmten Gebiet hingewiesen werden,
eine Täuschung kann auch mit mittelbaren Herkunftsangaben erfolgen. 150
In weiterer
Folge werden daher die folgenden Möglichkeiten der Irreführung erläutert: die Irreführung
durch die Verwendung von geografischen Herkunftsangaben, die Irreführung durch die
Verwendung von fremder Sprache und Irreführung durch die Verwendung von
Landesfarben, Flaggen oder Wappen.
3.4.1 Irreführung durch die Verwendung von geografischen Herkunftsangaben
Unter § 2 Abs 1 Z 2 UWG fallen Irreführungen, die wesentliche Merkmale des Produktes
betreffen. In Art 6 Abs 1 RL-UGP werden die wesentlichen Merkmale eines Produkts
beispielhaft angeführt. Die wesentlichen Merkmale gem Art 6 Abs 1 lit b RL-UGP sind
„Verfügbarkeit, Vorteile, Risiken, Ausführung, Zusammensetzung, Zubehör, Kundendienst
und Beschwerdeverfahren, Verfahren und Zeitpunkt der Herstellung oder Erbringung,
Lieferung, Zwecktauglichkeit, Verwendung, Menge, Beschaffenheit, geografische oder
kommerzielle Herkunft oder die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse oder die
Ergebnisse und wesentlichen Merkmale von Tests oder Untersuchungen, denen das
Produkt unterzogen wurde“151
. Im Rahmen der Umsetzung der RL-UGP hat der
österreichische Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet diese beispielhafte Aufzählung zu
149
Omsels, Geografische Herkunftsangaben, 11, Rn 21. 150
Kraft/Steinmair, UWG. Praxiskommentar, 68, Rz 44. 151
Art 6 Abs 1 lit b RL-UGP.
43
übernehmen,152
da sich nach seiner Ansicht die angeführten Punkte ohnehin unter den
Begriff der Merkmale des Produktes subsumieren lassen. 153
Somit sind auch Angaben
über die geographische Herkunft eines Produktes, weil sie wesentliche Merkmale
darstellen, grds dazu geeignet Irreführungen zu verursachen. Geographische Angaben sind
wettbewerbsrechtlich insb dann von Relevanz, wenn aus einer bestimmten Herkunft auf
eine bestimmte Qualität und Beschaffenheit des Produktes geschlossen wird. 154
Eine als
Kennzeichen verwendete Herkunftsangabe ist in hohem Maße dazu geeignet, eine Ware zu
individualisieren, insb Güte- und Preisvorstellungen zu erwecken, und ist deshalb für die
Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsam und bestimmend. Für die Relevanz der
Irreführung genügt dabei schon, dass die Bezugnahme auf eine geographische Herkunft
geeignet ist, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Verbraucher bei seiner
Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen. Ob eine Irreführung dabei im Einzelfall
tatsächlich erreicht wird, ist unerheblich, vielmehr genügt die bloße Gefahr einer
Täuschung. 155
Auch durch eine mittelbare Herkunftsangabe kann vom Verkehr gedanklich
eine bestimmte geographische Herkunft verknüpft werden, die den flüchtigen
Durchschnittsverbraucher zu einer falschen Herkunftsvorstellung verleiten kann. 156
3.4.2 Irreführung durch die Verwendung von fremder Sprache
Aus der Bezeichnung eines Produktes in der Sprache eines fremden Landes schließt der
Verkehr idR auf die Herkunft des Produktes aus diesem Land. Das gilt insb dann, wenn
das ausländische Erzeugnis im Verkehr besonders geschätzt wird und das Publikum daher
großen Wert darauf legt, dass das Produkt aus einem bestimmten Land stammt. 157
Es ist
hierbei der Ansicht Zemanns zu folgen, dass „aufgrund der vermehrten Verwendung von
Begriffen aus fremden Sprachen (insbesondere Englisch) in der Umgangssprache und der
fortschreitenden Globalisierung/Internationalisierung davon auszugehen [ist], dass
heutzutage die (angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und
kritischen) Verbraucher weniger geneigt sind, bloß aufgrund der Verwendung (von
Worten) einer bestimmten Sprache zur Bezeichnung einer Ware auf eine entsprechende
152
ErlRV 144 BlgNR XXIII. GP, 5;
<https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/I/I_00144/fname_080045.pdf> (08.01.2017). 153
Kraft/Steinmair, UWG. Praxiskommentar, 66, Rz 35. 154
Kraft/Steinmair, UWG. Praxiskommentar, 68, Rz 44. 155
RIS-Justiz RS0078411. 156
RIS-Justiz RS0078423. 157
RIS-Justiz RS0078444.
44
Herkunft zu schließen.“ Die Verwendung einer bestimmten Sprache auf einem Etikett ist
per se nicht dazu geeignet, dass der Verbraucher daraus auf die Herkunft aus einem
bestimmten Land schließt, in dem diese Sprache gesprochen wird. Vielmehr deutet die
verwendete Sprache eher darauf hin, dass ein bestimmtes Erzeugnis in einem Land
vertrieben werden soll, in dem die verwendete Sprache gesprochen wird. Es kommt daher
vielmehr auf den Gesamteindruck an, der erzeugt wird.158
Eine Irreführung durch die
Verwendung von Sprache liegt ua vor, wenn zB auf einem Etikett für einen in Österreich
hergestellten Whiskey die Worte „Saunders“, „Gaylord International“ „golden&mild“,
„blended“ oder „Gold-Star“ verwendet werden.159
Durch die Verwendung dieser Worte
schließen die inländischen Verkehrskreise gedanklich auf eine Herkunft aus dem
angloamerikanischen Raum, also auf typische Herstellungsländer von Whiskey. 160
3.4.3 Irreführung durch die Verwendung von Landesfarben, Flaggen oder Wappen
Nach der Rsp des OGH kann man, aufgrund der bloßen Verwendung von Landesfarben
oder Flaggen alleine, nicht auf eine geographische Herkunftsbezeichnung schließen.161
Weisen die verwendeten Landesfarben aber auf ein bevorzugtes Herkunftsland des
Produktes hin, kann uU von einer Herkunftsbezeichnung ausgegangen werden. Als
Beispiel ist hier die Verwendung der ungarischen Landesfarben auf der Verpackung von
Ungarischer Salami zu nennen, obwohl diese aus Österreich stammte. Es liegt hier eine
Irreführung vor, weil es sich bei Ungarn um ein bevorzugtes Herkunftsland bei Salami
handelt. 162
Aber auch durch die Verwendung von Wappen kann eine geographische
Bezugnahme hergestellt werden, die zur Irreführung geeignet ist. So wurde zB die
Verwendung von Zeichen, deren Gesamteindruck von Wappen österreichischer
Gebietskörperschaften erweckt wurde, für die Kennzeichnung von Lodenstoffen aus Italien
als mittelbarer Hinweis auf einen österreichischen Warenursprung angesehen.163
164
158
RIS-Justiz RS0078470. 159
RIS-Justiz RS0078434. 160
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (16). 161
RIS-Justiz RS0078389. 162
RIS-Justiz RS0078389. 163
OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99 z, 5. 164
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (17).
45
3.5 Zwischenfazit
Der Terminus Herkunftsangabe wird allgemein als Oberbegriff für verschiedene Arten von
Angaben über die Herkunft verstanden, wobei die Bedeutung nicht allgemein verbindlich
definiert ist. Es lassen sich in der rechtlichen Auseinandersetzung daher grds die folgenden
Begriffe unterscheiden: Ursprungsbezeichnungen, einfache und qualifizierte
Herkunftsangaben sowie mittelbare und unmittelbare Herkunftsangaben. Bei „Made in
Austria“ handelt es sich mE um eine einfache Herkunftsangabe, weil zwischen der
Herkunft und dem Produkt selbst grds kein objektivierbarer Zusammenhang besteht und
mit der Herkunft außerdem auch keine besonderen Qualitätsvorstellungen verbunden
werden. Es handelt sich bei „Made in Austria“ mE außerdem um eine unmittelbare
Herkunftsangabe, weil damit die Herkunft aus einem bestimmten Land (Österreich) direkt
genannt wird. Bei „Made in Austria“ handelt es sich daher mE um eine einfache und
unmittelbare Herkunftsangabe.
Der Verbraucher kann mit Angaben über die geographische Herkunft in die Irre geführt
werden. Dies kann sowohl durch mittelbare, als auch durch unmittelbare Herkunftsangaben
erfolgen. Dabei kann eine Irreführung durch die Verwendung von geografischen
Herkunftsangaben selbst, eine Irreführung durch die Verwendung von fremder Sprache
oder eine Irreführung durch die Verwendung von Landesfarben, Flaggen oder Wappen
vorliegen. In Betracht kommt mE dabei eine Irreführung durch die Verwendung einer
geographischen Herkunftsangabe per se, weil „Made in Austria“ eindeutig auf die
Herkunft aus Österreich hinweist. Eine Irreführung durch die Verwendung von fremder
Sprache kommt mE eher nicht in Betracht, weil die Verwendung der deutschen Sprache
(zB „Hergestellt in Österreich“ oder „Produziert in Österreich“) naheliegender wäre. Eine
Verwendung von Landesfarben, Flaggen oder Wappen kann uU dann vorliegen, wenn
zusätzlich die österreichischen Landesfarben rot-weiß-rot oder die österreichische Flagge
oder Wappen verwendet werden.
46
4 Judikatur
Im Rahmen der Beurteilung der Rechtsgrundlagen hat sich ergeben, dass die maßgebliche
Rechtsgrundlage für die Verwendung von „Made in Austria“ das Irreführungsverbot des
§ 2 UWG ist. Das kumulative Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 UWG ist jedoch von
den Gerichten grds in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. In diesem Kapitel wird
deshalb zunächst die österreichische Judikatur zu § 2 UWG im Zusammenhang mit der
geographischen Herkunft näher erläutert. Bisher gibt es keine konkrete Entscheidung des
OGH, die sich mit der Verwendung von „Made in Austria“ beschäftigt. In weiterer Folge
wird daher die deutsche Judikatur zu „Made in Germany“ näher erläutert. Auch wenn es in
Deutschland noch keine klare Judikaturlinie gibt, haben sich die deutschen Gerichte aller
Instanzen in den letzten Jahren vermehrt mit möglichen Kriterien für eine zulässige
Verwendung von „Made in Germany“ beschäftigt.
4.1 Österreichische Judikatur
Die österreichische Judikatur musste sich im Konkreten noch nicht mit der Verwendung
von „Made in Austria“ befassen, daher fehlt auch Judikatur zu deren Zulässigkeit. 165
Zudem gibt es, bezugnehmend auf die Analyse der Rechtsgrundlagen, keine konkreten
Voraussetzungen, wann die Verwendung von „Made in Austria“ grds zulässig ist. Im
Rahmen der Judikatur des OGH finden sich aber drei Entscheidungen mit zumindest
teilweisem Bezug zum Thema Warenmarkierung bzw Bewerbung mit Herkunftsangaben.
Dabei handelt es sich um die folgenden Entscheidungen: 4 Ob 402/78 des OGH vom
05.12.1978 (UNI-DIM-Isolierkamine), 4 Ob 272/99z des OGH vom 19.10.1999 (Tiroler
Loden) und 4 Ob 42/08t des OGH vom 08.04.2008 (W.-Klaviere)166
. Im Folgenden wird
näher auf jede einzelne Entscheidung eingegangen, wobei insb der Sachverhalt und die
Entscheidungsgründe des OGH dargestellt werden, und jeweils die Bedeutung der
einzelnen Entscheidungen für die Verwendung von „Made in Austria“ näher analysiert
wird.
165
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (18). 166
OGH 08.04.2008, 4Ob42/08t (W.-Klaviere) = wbl 2008,344/164 - wbl 2008/164 = ÖBl-LS 2008/109 =
ÖBl-LS 2008/110 = ÖBl-LS 2008/111 = ÖBl-LS 2008/112 = MR 2008,257 (Korn) = ÖBl 2008/56 S 276
(Gamerith) - ÖBl 2008,276 (Gamerith) = ecolex 2008/314 S 838 (Tonninger) - ecolex 2008,838 (Tonninger)
= HS 39.182 = HS 39.183.
47
4.1.1 OGH 05.12.1978, 4 Ob 402/78 (UNI-DIM-Isolierkamine)
4.1.1.1 Sachverhalt
Die Bekl betreibt ein Unternehmen, das den sog „U-Isolierkamin“ erzeugt und vertreibt.
Dieser Kamin besteht aus drei selbstständigen Bauteilen: einem Innenrohr, einer
Dämmschicht und einer Ummantelung. Die Bekl hat ein Prospekt unter der Bezeichnung
„Planungsunterlagen“ auf den Markt gebracht. Darin wirbt die Bekl wie folgt: „Unser
Produkt, der U-Isolierkamin, ist ein Qualitätserzeugnis österreichischer Firmen, das den
behördlichen Vorschriften voll und ganz entspricht und sich in der Baupraxis bestens
bewährt hat.“ Des Weiteren findet sich auf dem Prospekt ein rot-weiß-rotes
A-Qualitätssymbol mit dem Beisatz „Ein Qualitätserzeugnis österreichischer Firmen“.
Die Kl begehrt mittels eV, der Bekl die Bewerbung ihres Produktes als
„Qualitätserzeugnis österreichischer Firmen“ zu untersagen. Die Kl stützt sich einerseits
auf § 2 UWG und andererseits auf die Behauptung, dass die Isoliermatten und oder die
Schamotterohre, der von der Bekl vertriebenen Kamine, in Deutschland hergestellt worden
sind. Dagegen wendet die Bekl ein, dass sie ihre Erzeugnisse zur Gänze in Österreich
hergestellt hat. Sie hat Bestandteile aus Deutschland nur ein einziges Mal für eine
Sonderanfertigung verwendet. Außerdem wendet die Bekl ein, dass auch dann von einem
österreichischen Erzeugnis gesprochen werden kann, wenn die verwendeten Rohstoffe
oder Halbfabrikate aus dem Ausland stammen. 167
Erstgericht war in der vorliegenden Rechtssache das LG Salzburg168
und Rekursgericht
war das OLG Linz169
. Das ErstG erließ die von der Kl beantragte eV. Das RekG hob
diesen Beschluss des ErstG auf und hat die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an
dieses zurückverwiesen. 170
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die materiell rechtliche
Beurteilung war der Irreführungstatbestand des § 2 UWG. Die Kl stützte ihr
Klagebegehren auf den Unterlassungsanspruch nach § 14 UWG. 171
167
Aus der Spruchpraxis, ÖBl 1979, 126. 168
LG Salzburg, 2 Cg 126/78. 169
OLG Linz, 2 R 116/78. 170
ÖBl 1979, 126. 171
ÖBl 1979, 126 (126).
48
4.1.1.2 Entscheidungsgründe des OGH
Nach Ansicht des OGH verstößt die Bezugnahme auf eine geographische Herkunft gegen
§ 2 UWG, „wenn sie bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer
einen nicht den Tatsachen entsprechenden Eindruck erweckt und dieser geeignet ist, den
angesprochenen Interessenten bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zugunsten des
Angebotes zu beeinflussen“172
. Bei der Herkunft des Erzeugnisses oder der Herkunft von
einzelnen Bestandteilen kommt es nicht auf rechtliche oder technische
Qualifikationsmerkmale an. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist hingegen die
Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise, wobei dieser gegenüber objektivierten
Warengruppen stets der Vorrang zukommt. 173
Die Verwendung einer
Herkunftsbezeichnung ist jedenfalls dann zur Irreführung geeignet, wenn beim
angesprochenen Verkehrskreis ein Eindruck erweckt wird, der nicht den Tatsachen
entspricht „und dieser Eindruck geeignet ist, den angesprochenen Interessenten bei seiner
Auswahlüberlegung irgendwie zugunsten des Angebotes zu beeinflussen“.174
Daher müssen
unabhängig von einer rechtlichen oder technischen Qualifikation alle Bestandteile auch
tatsächlich die angegebene Herkunft aufweisen. Als weitere Beurteilungskriterien kommen
noch die Art des Produktes, die Vorstellungen der Verbraucher über die Art und
Bedeutung einzelner Produktbestandteile für das Gesamtprodukt und ihre übliche
Beschaffung (eigenes Erzeugnis oder Zulieferung) hinzu. Nach Ansicht des OGH gelangt
der Verkehr zu der Auffassung, dass alle drei Bestandteile von österreichischen Firmen
erzeugt werden, wenn ein Produkt wie der Isolierkamin als „Qualitätserzeugnis
österreichischer Firmen“ vorgestellt wird.175
Va der Hinweis auf eine Mehrzahl
„österreichischer Firmen“ kann dahingehend verstanden werden, dass der Kamin als
Ganzes und alle besonders hervorgehobenen Bestandteile von österreichischen
Unternehmen bezogen werden. Da dies zumindest in einigen Fällen nicht den Tatsachen
entsprochen hat, verstößt die Ankündigung der Bekl gegen § 2 UWG. 176
Der OGH sah die Rekurse beider Parteien als nicht gerechtfertigt an und kam daher zu
folgendem Ergebnis: Ob die Bezugnahme auf eine Herkunft den Tatsachen entspricht, ist
nicht nach der rechtlichen oder technischen Qualifikation (zB nach Zollvorschriften) zu
beurteilen, sondern die Vorstellung des Verkehrs ist maßgeblich. Unabhängig von
172
RIS-Justiz RS0078393. 173
RIS-Justiz RS0078442. 174
RIS-Justiz RS0078393. 175
RIS-Justiz RS0078448. 176
ÖBl 1979, 126, (127 f).
49
rechtlichen oder technischen Qualifikationen müssen alle Produktbestandteile, von denen
die angesprochenen Verbraucher eine bestimmte angegebene Herkunft erwarten oder
annehmen, auch tatsächlich von dort stammen. 177
Die Herkunftsangabe wurde im konkreten Sachverhalt im Rahmen einer Prospektwerbung
benutzt. Dabei handelt es sich mE um eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG, weil
sie eine Angabe bzw Mitteilung über die Herkunft des Produktes ist. Die Kamine der Bekl
wurden von ihr als „Qualitätserzeugnis österreichischer Firmen“ beworben. Ob diese
Bezugnahme auf die Herkunft den Tatsachen entspricht, hängt dabei maßgeblich von der
Verkehrsanschauung ab. Nach Ansicht des OGH ist davon auszugehen, dass alle
Produktbestandteile des Kamins, von denen die angesprochenen Verbraucher die
angegebene Herkunft erwarten oder annehmen, auch tatsächlich von dort stammen müssen.
Aus dem konkreten Sachverhalt ergibt sich, dass der Kamin aus drei selbstständigen
Bestandteilen besteht, dabei werden zur Beurteilung der Herkunft die Produktionsstätten
der drei Bestandteile herangezogen. ME kann die Entscheidung aus dem Jahr 1978 nur
bedingt für eine aktuelle Beurteilung in Bezug auf die Verwendung von „Made in Austria“
herangezogen werden. Für Produkte, die aus einigen wenigen Bestandteilen bestehen, kann
die Entscheidung mE zur Beurteilung herangezogen werden. Kein Verbraucher geht mE
nach heute noch davon aus, dass jedes einzelne Bestandteil eines Erzeugnisses, das aus
einer Vielzahl von Einzelteilen besteht, zB ein Auto, komplett im Inland produziert wird.
Zudem war es zum Zeitpunkt der Entscheidung auch noch nicht üblich, dass Unternehmen
ihre Produktbestandteile weltweit produzieren oder produzieren lassen. Insofern ist die
aktuelle Praxis der Unternehmen bei der Produktion von Erzeugnissen, die auch die
Verbraucher im Wesentlichen kennen, mE im Zusammenhang mit der
Verkehrsanschauung zu beachten. Im Wesentlichen nimmt der OGH in dieser
Entscheidung auf die geographische Herkunftsangabe an sich nicht näher Bezug und setzt
sich nur näher mit der Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise und einer
Irreführung dieser auseinander. Für die Verwendung von „Made in Austria“ ergibt sich
daraus mE nur, dass die Verwendung jedenfalls solange zulässig ist, solange kein
Verbraucher damit in die Irre geführt wird. Meiner Ansicht nach lassen sich aus der
Entscheidung darüber hinaus keine Kriterien für eine zulässige Verwendung von „Made in
Austria“ ableiten.
177
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (18).
50
4.1.2 OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99z (Tiroler Loden)
4.1.2.1 Sachverhalt
Die Kl erzeugt in ihrem Unternehmen in Innsbruck Lodenstoffe, die weltweit exportiert
werden. Sie kennzeichnet ihre Erzeugnisse, mit Etiketten, „bei denen der Stoffgrund in
schwarzer, die Schriftzüge in gelber und der Adler in roter Farbe gehalten sind“. Diese
Etiketten haben folgendes Aussehen:
178
Auch die Bekl erzeugt Lodenstoffe, die sie in Italien herstellt und ebenfalls weltweit
vertreibt. Die Erzeugnisse der Bekl sind mit folgenden Etiketten gekennzeichnet: „Das
Emblem I, darstellend einen Adler, weist einen silbrig-grauen Untergrund auf, die
Schriftzüge sind in gelber Farbe gehalten, wobei die Buchstaben „mtt“ zusätzlich noch in
schwarz nachgefahren sind. Der Adler ist schwarz, das im Adler befindliche Wappen weist
die Farben rot-weiß-rot auf. Das Emblem II hat die Grundfarbe schwarz, die Schriftzüge
sind rot, der Halbkreis mit der weißen stilisierten Brücke hat einen roten Untergrund.“
179
Emblem I Emblem II
178
Rechtsprechung, ÖBl 2000, 168 (169 f). 179
ÖBl 2000, 168 (170).
51
Die Bekl hat das Emblem I von November 1994 bis Oktober 1997 verwendet. Sie hat beim
italienischen Handelsministerium darum angesucht ihr Zeichen als Marke eintragen zu
lassen, wobei dieses Ansuchen zurückgewiesen wurde. Daraufhin braucht die Bekl die
noch vorhandenen Bestände an Etiketten auf und seitdem werden keine dieser Etiketten
mehr verwendet. Auch zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage hat sie keine Produkte,
die mit diesem Zeichen versehen waren, mehr vertrieben. Seit 1976 ist das Emblem II der
Bekl in Italien als Marke registriert. Sie verwendet dieses Zeichen sowohl zur
Produktkennzeichnung, als auch als Firmenlogo in allen Ländern, in denen ihre Loden-,
Kaschmir- und Wollprodukte vertrieben werden. Die Bekl beliefert hier in erster Linie
Händler und keine Endverbraucher. Des Weiteren enthalten die ausgestellten Rechnungen
einen Hinweis darauf, dass die Lodenstoffe in Italien produziert werden.
Die Kl hat eine eV zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs Verfügung
beantragt. Die Kl argumentiert, dass die Bekl beim abgesprochenen Verkehrskreis durch
die angebrachten Etiketten den Eindruck erweckt, bei den Lodenstoffen handelt es sich um
österreichische Erzeugnisse. Da die Bekl keine Genehmigung zum Anbringen der Wappen
hat, ist die Kennzeichnung der Produkte zur Irreführung geeignet und widerspricht
überdies den gesetzlichen Verboten. Die Bekl hat die Abweisung des Sicherungsantrags
beantragt. Sie verwendet das Emblem I nicht mehr, daher mangelt es an der
Wiederholungsgefahr. Das Emblem II ist eine geschützte Marke, die sie aufgrund der
Eintragung auch verwenden darf. Die Bekl hat außerdem sowohl auf den Verpackungen
und Mustern, als auch auf ihren Rechnungen ausreichend auf die italienische Herkunft
ihrer Erzeugnisse hingewiesen. Dadurch ist auch eine allfällige Irreführungsgefahr
beseitigt. 180
Erstgericht war in der vorliegenden Rechtssache das LG Innsbruck181
, Rekursgericht war
das OLG Innsbruck182
. Das ErstG erließ eine eV, die das RekG abänderte. 183
Maßgebliche
Rechtsgrundlage für die materiell rechtliche Beurteilung war der Irreführungstatbestand
des § 2 UWG. Die Kl stützte ihr Klagebegehren auf den Unterlassungsanspruch nach § 14
UWG. 184
180
OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99z, 1 f. 181
LG Innsbruck 08.02.1999, 12 Cg 64/98m-15. 182
OLG Innsbruck 06.08.1999, 4 R 70/99x-21. 183
OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99z, 1. 184
OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99z, 4 f.
52
4.1.2.2 Entscheidungsgründe des OGH
Wenn auf die Herkunft von Erzeugnissen Bezug genommen wird, kann dies auf
unterschiedliche Weise geschehen, zB durch die Verwendung von Herkunftssymbolen
verschiedenster Art, wie etwa Wappen. Der Gesamteindruck auf den Emblemen der Bekl
wird durch die Wappen österreichischer Gebietskörperschaften maßgeblich mitbestimmt.
Deshalb liegt eine mittelbare Angabe über den inländischen Ursprung der damit
gekennzeichneten Erzeugnisse vor. Daher ist die Täuschungseignung grds gegeben. Für die
Relevanz der Irreführung reicht es nach Ansicht des OGH „dabei schon aus, dass die
Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet ist, einen nicht unerheblichen Teil
der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen. Ob
die Irreführung dabei im Einzelfall tatsächlich bewirkt wird, ist unerheblich; es genügt die
bloße Gefahr einer Täuschung“185
. Außerdem spielt es im konkreten Sachverhalt keine
Rolle, ob das Emblem II in Italien als Marke eingetragen ist, weil ein nationales
Irreführungsverbot auch gegenüber in anderen Mitgliedstaaten eingetragenen Marken
wirkt.186
Es ist aber grds möglich, die Irreführungsgefahr über die Herkunft durch
entlokalisierende Zusätze zu beseitigen. Da der flüchtige Durchschnittsverbraucher solche
Zusätze aber meist leicht übersieht, ist bei der Beurteilung, ob sie eine Irreführung
ausschließen können, ein strenger Maßstab anzulegen. Dabei sind sowohl an die
Deutlichkeit, als auch an die Unübersehbarkeit solcher Zusätze strenge Anforderungen zu
stellen. 187
Der verwendete Zusatz „MADE FOR AUSTRIA“ fördert nach Ansicht des
OGH geradezu die Irreführung. Nach Auffassung des OGH ist auch die
Wiederholungsgefahr nicht beseitigt, wobei bei deren Annahme nicht zu eng vorgegangen
werden darf. Sie ist nach stRsp des OGH grds schon bei einem einmaligen
Wettbewerbsverstoß zu bejahen, weil eine Partei, die gegen das Gesetz verstößt, auch in
Zukunft dazu geneigt sein wird. 188
Der Revisionsrekurs beim OGH war daher nicht erfolgreich und der OGH kam zu
folgendem Ergebnis: Die Verwendung des Zusatzes „MADE FOR AUSTRIA“ fördert
geradezu die Gefahr einer Irreführung. Die Erzeugnisse der Bekl sind offenbar vollständig
in Italien hergestellt worden. Die Irreführung der Verbraucher wurde primär dadurch
begründet, dass die verwendeten Wappen auf die Herkunft aus Österreich schließen lassen.
185
RIS-Justiz RS0078411. 186
EuGH 26.11.1996, C-313/94 = WBl 1997, 17 = ZER 1997/211, 60 = ÖBl 1997, 205 = ÖBl 1997, 204 =
WBl 1997, 8. 187
RIS-Justiz RS0078437. 188
OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99z, 4 ff.
53
Die Herkunftsangabe wurde im konkreten Sachverhalt direkt am Produkt, auf den
Einnähetiketten des Kleidungsstücks, verwendet. Dabei handelt es sich mE um eine
Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG, weil sie eine Erklärung bzw Mitteilung über die
Herkunft des Produktes darstellt. Der OGH prüfte auch hier wiederum in erster Linie die
Irreführungseignung und die Verkehrsanschauung. Außerdem nimmt er auch in diesem
Sachverhalt nicht näher auf die geographische Herkunftsangabe an sich Bezug. Nach
Ansicht Zemanns stellt sich die Frage, ob angesichts der Worte „MADE FOR AUSTRIA“
nicht eher auf einen Herstellungsort im Ausland zu schließen ist und dieses Zeichen darauf
hindeutet, dass diese Produkte eben nur für den österreichische Markt bestimmt sind.189
ME ist hier der Ansicht des OGH zu folgen, weil der flüchtige Durchschnittsverbraucher in
erster Linie das Wort „Austria“ sehen wird und „Made for“ keine nähere Beachtung
schenken wird. Für die Verwendung von „Made in Austria“ ergibt sich aus dieser
Entscheidung mE wiederum nur, dass die Verwendung jedenfalls solange zulässig ist,
solange keine Irreführung verwirklicht wird. Meiner Ansicht nach lassen sich aus der
Entscheidung auch hier wiederum keine Kriterien für eine zulässige Verwendung von
„Made in Austria“ entnehmen.
4.1.3 OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t (W.-Klaviere)
4.1.3.1 Sachverhalt
Die Bekl betreibt ein Familienunternehmen und vertreibt neben Fremdmarken auch
Klaviere der Eigenmarke „W.-Klaviere“. Zumindest zwei Modelle dieser Eigenmarke
wurden als Auftragsproduktion von einem chinesischen Unternehmen produziert und nicht
von der Bekl selbst. In den Garantiescheinen, die im Verkaufslokal zur Entnahme und
Einsicht auflagen, hat die Bekl diese Klaviere auch als von ihr hergestellt bezeichnet. Die
Käufer erhielten die Garantiescheine erst nach Abschluss der Kaufverträge. Auch einem
Testkäufer wurde mitgeteilt, dass es sich um eine Eigenmarke handelt, dabei wurde aber
auf den chinesischen Ursprung nicht hingewiesen.
Zur Sicherung ihres Anspruchs beantragte die Kl, der Bekl zu untersagen, „in
Werbemitteln, insb in Garantiescheinen, die Behauptung sowie sinngleiche Behauptungen
zu verbreiten, dass die von ihr unter der Bezeichnung W.-Klaviere vertriebenen Klaviere
189
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (18).
54
von der Beklagten selbst und in Österreich hergestellt werden, wenn nicht tatsächlich alle,
unter der Bezeichnung W.-Klaviere, vertriebenen Klaviere von ihr selbst und in Österreich
hergestellt werden“. Die Angaben in den Garantiescheinen sind irreführend, weil die
Klaviere nicht von der Bekl in Österreich, sondern in China hergestellt werden. Die Bekl
wendete dagegen ein, dass die Herstellung in China nach ihren Plänen und unter ihrer
Aufsicht erfolgt. Weder in den Garantiescheinen, noch in Werbemitteln der Bekl wird
behauptet, dass die Instrumente in Österreich hergestellt wurden. Die Kunden wurden auch
vor Abschluss des Kaufvertrages über die Kooperation mit dem chinesischen
Partnerunternehmen informiert. Außerdem ist auf den Instrumenten selbst ein Hinweis auf
die Kooperation angebracht. 190
Das Handelsgericht Wien191
war in der vorliegenden Rechtssache Erstgericht,
Rekursgericht war das OLG Wien192
. Das ErstG wies den Sicherungsantrag ab. Das RekG
bestätigte die Entscheidung des ErstG. 193
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die materiell
rechtliche Beurteilung war der Irreführungstatbestand des § 2 UWG. Die Kl stützte ihr
Klagebegehren auf den Unterlassungsanspruch nach § 14 UWG. 194
4.1.3.2 Entscheidungsgründe des OGH
Der OGH hat entschieden, dass der Revisionsrekurs zulässig und teilweise berechtigt ist.
Der angefochtene Beschluss wird teils bestätigt und teils abgeändert. 195
Im Rahmen dieser
Entscheidung hat sich der OGH umfassend mit der Rechtslage vor und nach der UWG-
Novelle 2007 auseinandergesetzt, weil die Entscheidungsgrundlage der Vorinstanzen
§ 2 UWG vor in Kraft treten der Novelle war. 196
Nach der Rsp des OGH ist für den
konkreten Sachverhalt sowohl die alte Rechtslage als auch die neue Rechtslage
maßgebend. Im Ergebnis ist der Unterlassungsanspruch aber nur dann zu bejahen, wenn
das beanstandete Verhalten sowohl gegen die alte als auch die neue Rechtslage verstößt. 197
Eine Geschäftspraktik gilt als irreführend iSd § 2 UWG, „wenn sie unrichtige Angaben
enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen
190
OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t, 3 ff. 191
Handelsgericht Wien 30.01.2007, 39 Cg 123/06s-5. 192
OLG Wien 30.11.2007, 1 R 120/07k-9. 193
OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t, 5 f. 194
OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t, 7, 16. 195
OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t, 2. 196
OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t, 7 f. 197
RIS-Justiz RS0106868; RIS-Justiz RS0123158.
55
oder mehrere der in § 2 Abs 1 Z 1 bis 7 UWG genannten Punkte derart zu täuschen, dass
dieser veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht
getroffen hätte“. Unter Bezugnahme auf die richtlinienkonforme Auslegung des § 2 UWG,
ergibt sich, dass auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher der
angesprochenen Gruppen iSd bisherigen Rsp abzustellen ist. In Art 6 Abs 1 lit b RL-UGP
sind ua das Verfahren und der Zeitpunkt der Herstellung, sowie die geographische oder
kommerzielle Herkunft als Beispiele für wesentliche Merkmale des Produkts aufgezählt.
Im Zusammenhang mit der richtlinienkonformen Auslegung ergibt sich daraus, dass auch
unrichtige Angaben über die Herstellung zur Irreführung geeignet sind. Ein
durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird aus der Angabe der
Eigenherstellung nicht ableiten, dass die Produktion ausschließlich im Inland erfolgt ist.198
Im heutigen Wirtschaftsleben ist es durchaus üblich, dass ein Unternehmen über
Produktionsstätten im Ausland verfügt. Die Bekl hat dabei ausdrücklich behauptet,
Herstellerin der Klaviere zu sein. Diese Behauptung ist nicht damit vereinbar, dass für sie
ein anderes Unternehmen die Klaviere gefertigt hat, weil unter Herstellung idR mehr
verstanden wird als nur Planung und Kontrolle.199
Es ist ohne Bedeutung, ob alle
wesentlichen Produktionsschritte in jedem Einzelfall vorgenommen wurden. Entscheidend
ist vielmehr, dass regelmäßig Erzeugnisse hergestellt werden.200
Auch wenn der
durchschnittliche Verbraucher annimmt, dass der Hersteller einzelne Bestandteile zukauft,
wird er dennoch nicht davon ausgehen, dass der Zusammenbau der Teile, als wesentlicher
Produktionsschritt, durch ein anderes Unternehmen erfolgt. Va bei typischerweise
hochwertigen Produkten, wie im vorliegenden Fall bei Klavieren, wird der angesprochene
Verbraucherkreis die Behauptung der Eigenherstellung idR auch als Ankündigung
besonderer Qualität verstehen. Bei der Fertigung eines Klaviers liegt diese Qualität
unzweifelhaft, neben der Planung und Auswahl der Materialien, auch im Zusammenbau
der Einzelteile.
Der OGH ist der Auffassung, dass es irrelevant ist, ob auf die Kooperation mit dem
chinesischen Unternehmen hingewiesen wird, weil in den Garantiescheinen als solche
unrichtige Angaben enthalten sind. Die Behauptung der Bekl, die Klaviere selbst
hergestellt zu haben, „ist geeignet, einen durchschnittlichen Kaufinteressenten zu einer
wirtschaftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte“. Der
198
RIS-Justiz RS0123293. 199
RIS-Justiz RS0078422 (T3). 200
RIS-Justiz RS0078422.
56
OGH erwägt weiters, dass die Behauptung der Bekl den Eindruck besonderer Qualität
erweckt. Bei der Behauptung der Eigenherstellung hat es sich somit um eine irreführende
Angabe iSd § 2 UWG idF vor der UWG-Novelle 2007 gehandelt und sie ist auch eine
irreführende Geschäftspraktik iSd § 2 Abs 1 Z 2 UWG idgF.201
Daher ist die Bekl zur
Unterlassung dieser Behauptung verpflichtet. Hinsichtlich der von der Bekl
nachgewiesenermaßen nicht aufgestellten Behauptung einer Herstellung in Österreich,
besteht mangels Begehungsgefahr kein Unterlassungsanspruch. 202
Der OGH kam daher zu folgendem Ergebnis: Die behauptete Eigenherstellung impliziert
keine Produktion im Inland. Kern des Begriffs Herstellung ist der Zusammenbau der
Klaviere und nicht allein die Planung und Kontrolle. Im heutigen Wirtschaftsleben ist es
aber durchaus üblich, dass ein Unternehmen über Produktionsstätten im Ausland verfügt.
Die Bekl hat aber ausdrücklich behauptet, Herstellerin der Klaviere zu sein. Diese
Behauptung ist jedenfalls nicht damit vereinbar, dass die Klaviere von einem anderen
Unternehmen gefertigt wurden.
Die Klaviere wurden in den Garantiescheinen als Eigenproduktion beworben, dabei
handelt es sich mE um eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG, weil sie eine
Erklärung über die betriebliche Herkunft des Produktes darstellt. Aus dem Sachverhalt
lässt sich mE jedoch nicht ableiten, dass die Bekl auch mit einer Produktion in Österreich
werben würde. Dies behauptet lediglich die Kl. Eine Eigenherstellung ergibt aber noch
keine Produktion in Österreich. Auf eine geographische Herkunft des Erzeugnisses wird in
der Entscheidung daher auch nicht ausführlicher eingegangen. Insofern hat diese
Entscheidung des OGH mE für die Verwendung von „Made in Austria“ keine Bedeutung.
201
RIS-Justiz RS0078422 (T4). 202
OGH 08.04.2008, 4 Ob 42/08t, 7 ff.
57
4.1.4 Zwischenfazit zur österreichischen Judikatur
Betrachtet man insb die Entscheidung UNI-DIM-Isolierkamine, so muss nach Ansicht
Zemanns, übertragen auf die Bezeichnung „Made in Austria“, „zumindest der Großteil,
wenn nicht sogar alle jener Produktionsschritte, die für die Qualität des Erzeugnisses
maßgebend ist, in Österreich erfolgen“203
. Da dieser Beurteilung jedoch eine Entscheidung
aus dem Jahr 1978 zu Grunde liegt, sollten mE die mittlerweile wirtschaftlich immer
stärker vernetzten Arbeitsprozesse, va in Bezug auf die Arbeitsteilung, auch entsprechend
berücksichtigt und als Teil der Beurteilung herangezogen werden. Aus der
Gesamtbetrachtung der österreichischen Judikatur ergeben sich mE keine Kriterien, wann
die Verwendung von „Made in Austria“ jedenfalls zulässig wäre. Der OGH prüft grds
jeden Einzelfall gesondert anhand des Irreführungstatbestands des § 2 UWG. Er setzt sich
dabei in erster Linie näher mit der Verkehrsanschauung und der Irreführungseignung nach
§ 2 UWG auseinander. Insofern besteht eine klare Judikaturlinie nur hinsichtlich der
Anwendung des § 2 UWG. Auf die konkrete Herkunft und die Herkunftsangaben als
solches geht der OGH in keiner seiner Entscheidungen näher ein. Außerdem klassifiziert er
auch den Begriff der Herkunftsangaben nicht näher. Für die Verwendung von „Made in
Austria“ ergibt sich daraus mE nur, dass die Verwendung jedenfalls solange zulässig ist,
solange kein Verbraucher damit in die Irre geführt wird. Meiner Ansicht nach lassen sich
aus diesen Entscheidungen darüber hinaus keine Kriterien für eine zulässige Verwendung
von „Made in Austria“ ableiten. Somit ist mE auch nach Betrachtung der Judikatur des
OGH grds jeder Einzelfall gesondert einer (in erster Linie) wettbewerbsrechtlichen
Prüfung zu unterziehen.
Da sich aus der Betrachtung der österreichischen Judikatur keine Kriterien entnehmen
lassen, wann die Verwendung von „Made in Austria“ grds zulässig wäre, wird in weiterer
Folge die deutsche Judikatur zu „Made in Germany“ zur Beurteilung herangezogen.
203
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (18).
58
4.2 Judikatur in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es bezüglich den Voraussetzungen, wann eine Kennzeichnung
mit „Made in Germany“ zulässig ist, keine expliziten gesetzlichen Regelungen. In
Deutschland hat sich die Judikatur aber bereits im Jahr 1973 mit dem Thema „Hergestellt
in Deutschland“ bzw „Made in Germany“ im Grundsatzurteil „Ski-Sicherheitsbindung“
beschäftigt. 204
Auch wenn es in der deutschen Judikatur (noch) keine gefestigte Rsp dazu
gibt, weil es nur vereinzelte Entscheidungen dazu gibt, beschäftigten sich die deutschen
Gerichte aller Instanzen in den letzten Jahren näher mit möglichen Kriterien für eine
korrekte Verwendung von „Made in Germany“. 205
Im Rahmen der Analyse werden zuerst
das Grundsatzurteil „Ski-Sicherheitsbindung“206
des BGH aus 1973 und eine aktuelle
Entscheidung des BGH zu „Kondome - Made in Germany“ aus dem Jahr 2014207
analysiert. In diesem Zusammenhang werden auch drei Entscheidungen deutscher OLG
kurz analysiert. In weiterer Folge liegt das Hauptaugenmerk der Analyse auf den
herkunftsbegründenden Kriterien, die in der deutschen Judikatur im Laufe der Zeit
entwickelt wurden und in der Instanzrechtsprechung oft im Rahmen der Urteilsbegründung
erwähnt werden.
4.2.1 Grundsatzurteil Ski-Sicherheitsbindung
4.2.1.1 Sachverhalt
Die Parteien produzieren Ski-Sicherheitsbindungen. Die Bekl hat dafür eine französische
Lizenz. Im Februar 1970 bewarb die Bekl ihre Bindung mit den Worten „Ess-Nevada, ein
deutsches Spitzenerzeugnis“. Die Kl erachtete diese Bewerbung als irreführend, weil die
Bekl eine, mit ausländischer Lizenz erzeugte, Ski-Sicherheitsbindung nicht als „deutsches
Erzeugnis“ bezeichnen darf und weil sie, in Anbetracht von Warentests, auch kein
Spitzenerzeugnis herstellt. Die Bekl ist hingegen der Meinung, dass ihre Ski-
204
Slopek, Schwarz, rot, bunt. Wie „deutsch“ muss ein Produkt „Made in Germany“ sein? Kriterien für die
rechtlich zulässige Werbung mit dem Qualitätsmerkmal, GRUR-Prax 2011, 291 (291). 205
Dück, Kriterien für eine geografisch korrekte Benutzung von „Made in Germany“, GRUR 2013, 576
(577). 206
BGH 23.03.1973, I ZR 33/72 (Ski-Sicherheitsbindung) = GRUR 1973, 594. 207
BGH 27.11.2014, I ZR 16/14 (Kondome - Made in Germany) = GRUR-RR 2015, 209 = GRUR-Prax
2015, 130.
59
Sicherheitsbindungen sehr wohl zur Spitzengruppe in Deutschland zu zählen ist und beruft
sich auf durchgeführte Tests sowie Bestätigungen. 208
4.2.1.2 Entscheidungsgründe des BGH
Nach Ansicht des BGH geht der Verkehr, bei einem als deutsches Erzeugnis vertriebenen
Produkt, im Allgemeinen davon aus, „dass es bei der Herstellung eines solchen deutschen
Erzeugnisses an einer nennenswerten ausländischen Beteiligung fehlt, die Ware vielmehr
von der Konzeption bis zur technisch-fabrikatorischen Fertigstellung von Deutschen
stammt und in Deutschland gefertigt ist.“209
. Bezugnehmend darauf besteht die Frage, ob
die Verkehrserwartung auch noch dann erfüllt wird, wenn ausländische Bestandteile in
dem, als deutsches Erzeugnis beworbenen, Produkt enthalten sind. Der BGH vertritt dabei
die Ansicht, dass es davon abhängt, „ob die Eigenschaften oder Bestandteile der Ware, die
in den Augen des Publikums deren Wert ausmachen, auf einer deutschen oder einer
ausländischen Leistung beruhen“210
. Die deutsche oder ausländische Herkunft jener
Eigenschaften oder Bestandteile des Produkts muss allerdings Voraussetzung für die
Kaufüberlegungen der Interessenten sein. Aus dem Urteil lässt sich nicht ableiten, dass ein
Produkt, das den Herkunftshinweis „Made in Germany“ trägt, auch zur Gänze in
Deutschland produziert werden muss. Werden Erzeugnisse in verschiedenen
Produktionsstufen und Herstellungsorten gefertigt, ist für ihre Herkunft maßgeblich
„welche Herstellungsprozesse der Ware diejenige Eigenschaft geben, deretwegen sie im
Verkehr besonders geschätzt wird“211
. Der eigentliche Herstellungsvorgang hatte keine
Auslandsbeziehung, diese hatte nur die zugrunde liegende Konstruktionsidee. Die Angabe
„deutsches Erzeugnis“ impliziert jedoch nicht, dass die „inländische Herstellung auch auf
einer deutschen Konstruktionsidee beruhe“212
. Daher ist es für die Verwendung des
Herkunftshinweises „Made in Germany“ ausreichend, dass der zentrale
Produktionsvorgang, bei dem das Produkt nach Ansicht des Verkehrs seine wesentlichen
Bestandteile bzw Eigenschaften erhält, im Inland stattfindet. 213
208
BGH 23.03.1973 I ZR 33/72 „Ski-Sicherheitsbindung“, GRUR 1973, 594 (594). 209
GRUR 1973, 594 (595). 210
GRUR 1973, 594 (595). 211
GRUR 1973, 594 (597). 212
GRUR 1973, 594 (598). 213
Slopek, GRUR-Prax 2011, 291 (291).
60
4.2.2 Entscheidung Kondome - Made in Germany
4.2.2.1 Sachverhalt
Die Bekl vertreibt Kondome und bezieht entsprechend vorgeformte Erzeugnisse aus
Naturkautschuklatex aus dem Ausland. Im deutschen Werk der Bekl werden die Rohlinge,
sofern sie als feuchte Kondome vertrieben werden sollen, nur noch befeuchtet und einzeln
in Siegelpackungen eingeschweißt. Die Verpackungen mit den vorgeschriebenen
Kennzeichnungen bedruckt und die einzelnen Siegelpackungen werden zusammen mit
Gebrauchsanweisungen in Faltschachteln verpackt und verschlossen. Die Bekl führt
chargenmäßige, stichprobenartige Qualitätskontrollen auf Dichtigkeit und Reißfestigkeit
nach den deutschen DIN-Vorschriften durch. Im Internet bewirbt die Bekl ihre Produkte
mit „Kondome - Made in Germany“. Nach Ansicht der Kl liegt mit dieser Angabe über
den Produktionsort eine Irreführung vor. Dagegen wendete die Bekl ein, dass ihre
Erzeugnisse erst durch die Siegelung und die Qualitätskontrolle in Deutschland als
Kondome verkehrsfähig werden. Das Landgericht hat die Bekl zur Unterlassung verurteilt.
Die dagegen gerichtete Berufung der Bekl blieb erfolglos. Auch nach Ansicht des
Berufungsgerichts ist die Angabe „Kondome - Made in Germany“ irreführend, weil sie
beim Verbraucher den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass die Produkte in Deutschland
hergestellt worden sind. Tatsächlich finden in Deutschland aber nur noch die Verpackung
und die Qualitätskontrollen statt. 214
4.2.2.2 Entscheidungsgründe des BGH
Nach Ansicht des OGH ist den Verbrauchern das Phänomen der internationalen
Arbeitsteilung bekannt und erwartet grds nicht, dass sämtliche Produktionsprozesse in
einem Land stattfinden. Es ist ihm allerdings auch bekannt, dass industriell gefertigte
Erzeugnisse ihre Qualität und Eigenschaften idR allein oder zumindest überwiegend der
Qualität und Art ihrer Verarbeitung verdanken. Bei Industrieprodukten bezieht er Verkehr
Herkunftsangaben grds „auf denjenigen Ort der Herstellung der Ware, an dem das
Industrieerzeugnis seine für die Verkehrsvorstellung maßgebende Qualität und
charakteristischen Eigenschaften erhält“. Demzufolge müssen für die Richtigkeit der
Herkunftsangabe „Made in Germany“ diese Leistungen auch in Deutschland erbracht
werden. Diese Beurteilungsgrundsätze sind auch im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen
214
BGH 27.11.2014, I ZR 16/14, 2 f.
61
Beurteilung maßgeblich. Deshalb kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass die wesentlichen
Eigenschaften der Dichtigkeit und Reißfestigkeit bereits bei der Fertigung des Produkts im
Ausland entstehen und die Chargenprüfungen nur eine nachträgliche Kontrolle darstellen.
In seiner Begründung beschäftigt sich der BGH auch explizit mit dem Zollkodex der EU
und kommt zu dem Ergebnis, dass den Maßstäben des Unionszollrechts „keine
entschiedene Bedeutung für den Irreführungscharakter der Angabe „Made in Germany“
zukommen, weil dafür auf das Begriffsverständnis der angesprochenen Verkehrskreise
abzustellen ist“. Die Angabe „Made in Germany“ wird vereinzelt mit der Qualität und
Zuverlässigkeit des gekennzeichneten Produktes „als Garantie der Einhaltung deutscher
Qualitätsstandards, etwa durch die Gewährleistung von Qualitätssicherungsmechanismen
oder deutschen Produktsicherheitsvorschriften, angesehen“. Allerding hat dies nichts mehr
mit der Wendung „Made in Germany“ bzw. „Hergestellt in Deutschland“ zu tun, weil
damit idR die Herstellung selbst gemeint ist. 215
Daher wurde die Aussage „Made in
Germany“ im vorliegenden Fall als irreführend angesehen, weil aus Sicht des Verbrauchers
die wesentlichen Eigenschaften des Produktes bereits während dessen Fertigung im
Ausland entstanden sind. 216
4.2.3 Ausgewählte Entscheidungen deutscher OLG zu „Made in Germany“
4.2.3.1 OLG Stuttgart 10.11.1995, 2 U 124/95217
(Staubsauger)
4.2.3.1.1 Sachverhalt
Die Parteien vertreiben Luft- und Raumreinigungsgeräte, die als Filter Leitungswasser
verwenden. Die Kl hat eine eV erwirkt. Sie stützte sich dabei auf die Behauptung, die
Staubsauger der Bekl werden in Japan hergestellt. In der Bedienungsanleitung wurde das
Produkt mit der Angabe „Produkt der Firma P“ mit Sitz in Deutschland bezeichnet und
am Staubsauger befand sich ein Warenanhänger mit der Aufschrift „P-Germany“. Mit der
eV wurde der Bekl untersagt, ihre Staubsauger mit einem Warenanhänger mit der
Aufschrift „P-Germany“ in Verkehr zu bringen. 218
215
BGH 27.11.2014, I ZR 16/14, 6 ff. 216
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (20). 217
OLG Stuttgart 10.11.1995, 2 U 124/95 = BeckRS 9998, 278 = LSK 1996, 130089 = NJWE-WettbR 1996,
53. 218
BeckRS 9998, 278.
62
4.2.3.1.2 Entscheidungsgründe des OLG Stuttgart
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem OLG Stuttgart hat sich die Bekl dazu
verpflichtet, „es zu unterlassen, den Staubsauger der genannten Marke zusammen mit dem
beanstandeten Warenanhänger zu vertreiben“. Daraufhin kamen die Parteien überein, den
Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt zu erklären. Das OLG begründete seine
Entscheidung wie folgt. Wie dem Verkehr bekannt ist, stellen viele Firmen ihre industriell
gefertigten Produkte nicht selbst her, sondern lassen diese auch durch Firmen im Ausland
herstellen. Daher ist nach Ansicht des OLG die Angabe „Produkt der Firma P“ mit Sitz in
Deutschland auch dann nicht irreführend, wenn das Gerät vollständig in Japan hergestellt
werden würde. Dann müsste es aber einen Hinweis auf die Produktion in Japan geben. Im
vorliegenden Sachverhalt kann die jedoch nicht verlangt werden, weil die Herstellung nicht
vollständig in Japan erfolgt ist. Zudem ist es auch nicht üblich, dass Bestandteile eines
Industrieproduktes mit einem Hinweis über ihre Herkunft versehen werden. Die Angabe
„P-Germany“ am Warenanhänger ist grds auch nicht dazu geeignet, bei einem nicht
unerheblichen Teil der Adressaten iSv „Made in Germany“ zu wirken. Die Bezeichnung
„Germany“ hat diese Bedeutung nur dann, wenn die Bezeichnung „unmittelbar auf der
Ware oder auf ihrer Verpackung angebracht ist“. Nach Ansicht des OLG liegt es nahe, die
Angabe „P-Germany“ auf die angegebene Firmenbezeichnung „P-“ zu beziehen und nicht
auf die Ware selbst, die mit dem Anhänger versehenen ist. Eine Irreführung mit der
Angabe „Germany“ iSv „Made in Germany“ würde auch nur dann vorliegen, wenn viele
wesentliche Teile des Staubsaugers aus Japan stammen. Es ist auch allgemein bekannt,
dass Industrieprodukte wegen der internationalen Arbeitsteilung oft Teile enthalten, die aus
dem Ausland bezogen werden. Entscheidend für eine Verwendung von „Made in
Germany“ ist, ob die Konstruktion und die Endfertigung in Deutschland stattgefunden
haben. Zudem müssen „die Leistungen in Deutschland erbracht worden sein, die für jene
Eigenschaften der Ware ausschlaggebend sind, die für die Wertschätzung des Verkehrs im
Vordergrund stehen“. 219
219
BeckRS 9998, 278.
63
4.2.3.2 OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10220
(Bestecke)
4.2.3.2.1 Sachverhalt
Kl war die Wettbewerbszentrale. Sie richtete ihre Klage gegen die Bewerbung eines
Bestecksets. Auf der Produktverpackung befand sich eine schwarz-rot-goldene Flagge mit
dem Hinweis „Produziert in Deutschland“. In der Packung wurde ein Produkteinleger
beigelegt mit der Überschrift: „Herzlichen Glückwunsch zum Erwerb dieses hochwertigen
Bestecks MADE IN GERMANY“. Die Gabeln, Löffel und Kaffeelöffel wurden in
Deutschland hergestellt. Die Rohmesser wurden in China mit Maschinen, die in
Deutschland hergestellt wurden, geschmiedet sowie geschliffen. In Deutschland wurden
die Messer nur noch poliert und in Verkehr gebracht. Das LG erließ eine eV, die der Bekl
untersagte, die Bestecksets mit dem Hinweis „Produziert in Deutschland“ zu
kennzeichnen. 221
4.2.3.2.2 Entscheidungsgründe des OLG Düsseldorf
Ob die Verwendung der deutschen Flagge und die zusätzliche Angabe „Produziert in
Deutschland“ irreführend ist, hängt nach § 127 dMArkenG von der Verkehrsauffassung
ab. Eine Irreführung liegt grds dann vor, wenn die Bekl bei den Bestecksets das
Herstellungsland in besonderem Maße hervorhebt, insb durch die Angabe „Produziert in
Deutschland“ oder „Made in Germany“. Dadurch wird beim Verbraucher der Eindruck
erweckt, dass sämtliche Teile des damit beworbenen Bestecksets in Deutschland
hergestellt werden. Dabei kommt es weder auf die Vorschriften des Zollkodex, noch auf
die Vorgaben der deutschen Industrie- und Handelskammer an. Für die Beurteilung der
Irreführung ist nur die Erwartung der Verbraucher maßgeblich. UU kann eine
Erwartungshaltung zwar von einer entsprechenden Praxis geprägt werden. Dies verneinte
das OLG im vorliegenden Fall jedoch, weil bei Besteck die Herkunft aus Deutschland als
maßgebliches Kaufkriterium der Verbraucher angesehen wird. Eine Werbung mit
„Produziert in Deutschland“ ist hier also nicht zulässig, weil wesentliche
Produktionsschritte im Ausland erfolgten.222
220
OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10, 4 = BeckRS 2011, 13055 = GRUR-Prax 2011, 280 = LSK
2011, 290355 = WRP 2011, 939. 221
BeckRS 2011, 13055. 222
BeckRS 2011, 13055.
64
4.2.3.3 OLG Köln 13.06.2014 - I-6 U 156/13223
(Schmiedekolben)
4.2.3.3.1 Sachverhalt
Beide Parteien vertreiben Autoersatzteile. Die Kl als Händlerin im Internet. Die Bekl stellt
Schmiedekolben her. Ein Mitbewerber beider Parteien und Kunde der Bekl, Herr N, bot
über eine Auktion einen „Schmiedekolben Modell W 2,8L 2,9L, 3,0L Saugmotor“, der von
der Bekl hergestellt wurde, mit der Angabe „Hersteller: X, Made in Germany“, zum
Verkauf an. Nachdem die Kl erfahren hat, dass der angebotene Kolben in Italien
geschmiedet wird, leitete sie ein Verfahren mit folgender Begründung ein: „Der
beworbene Schmiedekolben sei in Italien geschmiedet und mithin nicht in Deutschland
hergestellt worden. Im Übrigen sei die Unterlassungserklärung, die sich auf alle Kolben
der Beklagten beziehe, zu unbestimmt. Sie, die Klägerin, wisse nicht, ob die Beklagte auch
Kolben produziere, auf die die Bezeichnung „Made in Germany“ zutreffe, sie habe sich in
ihrer Vertragsstrafe-Forderung auf den konkret beworbenen Kolben beschränkt.“ Die
Bekl verwendet ihrer Ansicht nach die Bezeichnung „Made in Germany“ zu Recht, weil
sowohl die Konstruktion, als auch die für die Qualität ausschlaggebenden Arbeiten am
Kolben in Deutschland stattfinden. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen,
dass mit Werbung mit „Made in Germany“ für den Schmiedekolben keine Täuschung über
die geographische Herkunft vorliegt, weil „ca 90 % des Produktionsschöpfungsprozesses -
und damit mehr als für die aus Art 24 […] Zollkodex folgende Indizwirkung erforderliche
Quote - in Deutschland stattfinden“. Außerdem ist nach Ansicht des LG die Leistung
ausschlaggebend, „die für die Wertschätzung des angesprochenen Verkehrs im
Vordergrund stehe“. Im Fall des Schmiedekolbens ist für die Wertschätzung das in
Deutschland hergestellte Endprodukt maßgeblich und nicht der in Italien geschmiedete
Rohling. 224
4.2.3.3.2 Entscheidungsgründe des OLG Köln
Nach Ansicht des OLG Köln stellt die Zahlungsaufforderung an Herrn N eine unzulässige
geschäftliche Handlung iSd § 3 UWG dar. Nach Betrachtung der Rsp und Literatur ist es
für die Bezeichnung „Made in Germany“ nicht erforderlich, dass ein Erzeugnis zu 100 %
in Deutschland hergestellt wird. Es genügt im Wesentlichen, wenn der zentrale
223
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13 = NJW-RR 2015, 361 = GRUR-RR 2015, 7.
224
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13, Rn 4ff.
65
Produktionsvorgang, bei dem das Erzeugnis die „aus Verkehrssicht wesentlichen
Bestandteile oder bestimmenden Eigenschaften erhält“, in Deutschland stattfindet oder aus
einer deutschen Leistung hervorgeht. Das OLG Köln stellt fest, dass es „zunächst auf die
Verkehrsauffassung der durch das Verkaufsangebot angesprochenen Interessenten“
ankommt. Im Fall des Schmiedekolbens sind das „vor allem Fachleute wie Kfz-Hersteller,
-Fachhändler und -Werkstätten, aber auch technisch interessierte Laien“. Nach Ansicht
des OLG Köln werden aber weder ein Fachmann, noch ein Laie, dem Schmiedevorgang im
Speziellen eine entscheidende wertbildende Eigenschaft zuschreiben, nur weil das
Erzeugnis als Schmiedekolben, anstatt als Gusskolben bezeichnet wird. Denn bei beiden
Kolbenarten sind „die Verarbeitungsschritte nach dem Schmieden bzw Gießen des Rohling
bis zum fertigen Produkt weitgehend gleich“. Zudem ist es, nach Betrachtung der Rsp und
Literatur, für die Bezeichnung „Made in Germany“ nicht erforderlich, dass ein Erzeugnis
zu 100 % in Deutschland hergestellt wird. Es genügt im Wesentlichen, wenn der zentrale
Produktionsvorgang, bei dem das Erzeugnis die „aus Verkehrssicht wesentlichen
Bestandteile oder bestimmenden Eigenschaften erhält“, in Deutschland stattfindet oder aus
einer deutschen Leistung hervorgeht. Die angesprochenen Interessenten schätzen den
Schmiedekolben hauptsächlich wegen der Eigenschaften, die auf deutschen Leistungen
beruhen. Folglich ist nach Ansicht des OLG „im konkreten Einzelfall unter
Berücksichtigung der Gesamtumstände, weder unter Heranziehung der quantitativen, noch
der qualitativen Beurteilungskriterien“ eine Irreführung feststellbar. 225
4.2.4 Kriterien für eine zulässige Verwendung von „Made in Germany“
Es gibt derzeit keine einschlägigen gesetzlichen Regelungen und keine gefestigte Rsp
dazu, unter welchen Voraussetzungen die Verwendung von „Made in Germany“ als
Angabe am Produkt oder der -verpackung und in der Werbung zulässig ist. In den letzten
Jahren beschäftigte sich die deutsche Judikatur - wie oben ersichtlich - aber zunehmend
mit möglichen herkunftsbegründenden Kriterien für geografische Herkunftsangaben und
mit der korrekten und zulässigen Verwendung von „Made in Germany“. 226
Nach der Rsp
der deutschen Gerichte werden die folgenden Kriterien als Anhaltspunkte für eine
Herkunftsbegründung betrachtet: die Verkehrsanschauung, die Herkunft von
Produktbestandteilen, die zeitliche Abfolge der Verarbeitung, die wesentlichen
225
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13, Rn 29ff. 226
Dück, GRUR 2013, 576 (577).
66
Verarbeitungsschritte und die Wertschöpfung. 227
Im Folgenden werden die einzelnen
Kriterien, unter Heranziehung der einschlägigen Judikatur, näher erläutert.
4.2.4.1 Die Verkehrsanschauung
Nach § 127 Abs 1 dMarkenG ist vorgesehen, dass geographische Herkunftsangaben nicht
für Produkte verwendet werden dürfe, „die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet
oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird,
wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder
Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische
Herkunft besteht“ 228
. Da darin auf die Irreführungsgefahr explizit Bezug genommen wird,
gehen die deutschen Gerichte davon aus, dass die Verkehrsauffassung bei der Beurteilung
zu berücksichtigen ist. Im Konkreten ist auf die Auffassung des durchschnittlich
informierten, verständigen und hinreichend aufmerksamen Verbrauchers des
angesprochenen Personenkreises abzustellen. 229
Bereits in der Grundsatzentscheidung Ski-
Sicherheitsbindung ist der BGH der Ansicht, dass die Qualifikation als deutsches
Erzeugnis von den Eigenschaften bzw Bestandteilen des Produktes aus einer inländischen
Leistung abhängt, „die in den Augen des Publikums deren Wert ausmachen“. Die
Auffassung des BGH, dass die Verkehrsauffassung bei der Beurteilung der zulässigen
Verwendung von „Made in Germany“ zu berücksichtigen ist, wurde auch bereits in der
Rsp entsprechend gefestigt.230
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf kommt es in erster Linie
auf die Erwartungen der Verbraucher und nicht auf objektive Regelungen an.231
Auch das
OLG Köln stellt fest, dass es „zunächst auf die Verkehrsauffassung der durch das
Verkaufsangebot angesprochenen Interessenten“ ankommt. Im Fall des Schmiedekolbens
sind das „vor allem Fachleute wie Kfz-Hersteller, -Fachhändler und -Werkstätten, aber
auch technisch interessierte Laien“. 232
Die Verbraucher haben nach Ansicht Dücks allerdings hinsichtlich „Made in Germany“
keine konkreten Vorstellungen. Angesichts der Unmenge an verschiedenen Produkten ist
es praktisch kaum vorstellbar, dass es einen allgemeingültigen Maßstab für die
227
Dück, GRUR 2013, 576 (576 ff). 228
§ 127 Abs 1 dMarkenG. 229
Dück, GRUR 2013, 576 (577). 230
BGH 27.11.2014, I ZR 16/14; OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10; OLG Stuttgart 10.11.1995,
2 U 124/95; LG Stuttgart 27.02.2003, 35 O 170/02. 231
OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10, 4. 232
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13, Rn 34f.
67
Verkehrserwartung gibt. IdF kommt es grds immer zu Einzelfallentscheidungen durch die
Gerichte. Diese Einzelfallentscheidungen führen, sowohl für die Unternehmen, als auch für
die Konsumenten, zu Rechtsunsicherheit, weshalb nach Ansicht Dücks durch den
deutschen Gesetzgeber eine Zuordnung mittels objektiver Kriterien in Erwägung gezogen
werden sollte. 233
4.2.4.2 Die Herkunft von Produktbestandteilen
Keinerlei Probleme bei der Kennzeichnung mit „Made in Germany“ ergeben sich, wenn
alle Produktbestandteile aus Deutschland stammen. Außerdem sollte es jedenfalls
ausreichend sein, wenn die (technischen) Hauptbestandteile des Produktes in Deutschland
hergestellt wurden. Dementsprechend hat das OLG Stuttgart entschieden, dass „ein
industrielles Erzeugnis, auch wenn einzelne Teile oder gar Baugruppen im Ausland
zugekauft worden sind, die Bezeichnung „Made in Germany” führen darf, sofern die
Leistung, welche für die Eigenschaften der Ware nach handelsüblicher Auffassung im
Vordergrund stehen, in Deutschland erbracht worden sind“ 234
. Durch die zunehmend
komplexer werdenden technischen Produktionsschritte bedarf es weiterer
Konkretisierungen, wann es sich bei einem Produktbestandteil um eine Haupt-, Neben-
oder (gleichrangige) Teilkomponente handelt. 235
Bei unbearbeiteten Rohstoffen bzw Naturprodukten ist der Ursprungsort des Erzeugnisses
der Herkunftsort. Bei bearbeiteten Naturprodukten ist entweder der Bearbeitungsort für die
Herkunft ausschlaggebend oder es erfolgt eine Abwägung zwischen der Bedeutung des
Naturproduktes und des Bearbeitungsvorganges selbst. Bei Industrieprodukten ist auf den
Wert des industriellen Erzeugnisses abzustellen. Dieser Wert entsteht aber nicht durch den
Ursprungsort der verarbeiteten oder unbearbeiteten Rohstoffe, sondern erst durch den
Verarbeitungsprozess selbst. Daher ist bei industriellen Erzeugnissen der Herkunftsort
immer der Ort, an dem die Produkte tatsächlich hergestellt werden. Da industrielle
Produkte „Made in Germany“ nahezu immer in Deutschland produziert werden, spielt die
Herkunft der Rohstoffe keine Rolle. 236
233
Dück, GRUR 2013, 576 (577). 234
OLG Stuttgart 10.11.1995, 2 U 124/95. 235
Gündling, „Made in Germany”. Geografische Herkunftsbezeichnung zwischen Qualitätsnachweis und
Etikettenschwindel, GRUR 2007, 921 (923). 236
Dück, GRUR 2013, 576 (577 f).
68
Halbfertigerzeugnisse bzw Halbfabrikate werden, anders als Rohstoffe, bereits einer
Bearbeitung im Rahmen eines industriellen Arbeitsprozesses unterzogen. Aufgrund dieser
Bearbeitung ist die Bedeutung der Verarbeitungsschritte für die Herstellung des
Endproduktes zu berücksichtigen. 237
Bei einem in Italien gepressten Kolbenrohling zB
handelt es sich nach Ansicht des OLG Köln um ein Halbfabrikat, das seine Eigenschaften
erst durch eine aufwändige Weiterverarbeitung in Deutschland erhält. Die
Weiterverarbeitung des Rohlings übersteigt auch in zeitlicher und personeller Hinsicht das
Herstellen der Rohlinge. Zudem übersteigt der Verkaufswert des Kolbens den Wert des
Rohlings - nach Feststellungen des Sachverständigen - um das 20-fache. 238
Das OLG
Düsseldorf hat in einem ebenfalls anschaulichen Beispiel dargelegt, dass der Verkehr bei
Industrieprodukten, wie hier Bestecksets, davon ausgeht, „dass die Behauptung
„Produziert in Deutschland“ voraussetzt, dass alle wesentlichen Herstellungsschritte in
Deutschland erfolgt sind“. Weiter kommt das OLG Düsseldorf zu folgendem Ergebnis:
„Würde es nur um das Design gehen, wäre der Begriff „produziert“ ebenso wie „made“
falsch. Die Messer werden aber zu einem ganz erheblichen Teil in China hergestellt. Sie
werden - auch wenn dies ein wichtiger Produktionsschritt sein mag - in Deutschland
lediglich poliert. Damit besteht hinsichtlich der Messer aufgrund der Angaben auf der
Packung und dem sie aufnehmenden Hinweis auf dem beigelegten Hinweisblatt die
Erwartung, dass jedenfalls alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt
sind, die jedoch nicht gerechtfertigt ist, da jedenfalls grundlegende und zumindest
ebenfalls bedeutende Herstellungsschritte in China erfolgt sind“. 239
Da die
Bearbeitungsschritte von Halbfertigerzeugnissen von wesentlicher Bedeutung für das
Endprodukt sein können, ist deren Herkunft auch für die Bestimmung der Herkunft des
Endproduktes relevant. Aus dem Urteil des OLG Düsseldorf kann dies ebenfalls abgeleitet
werden, weil es auf den Begriff der Wesentlichkeit Bezug nimmt, in concreto auf
„wichtige Produktionsschritte“ und „wesentliche Herstellungsschritte“. 240
Mit seiner Entscheidung zu „Kondome - Made in Germany“ bestätigt der BGH seine
bisherige Rsp und die neuere Instanzrechtsprechung betreffend die Verkehrsanschauung
und die Herkunft von Produktbestandteilen. 241
Der BGH ist dabei folgender Ansicht: „Für
die Beurteilung, welcher Aussagegehalt einer Herkunftsangabe wie „Made in Germany“
237
Dück, GRUR 2013, 576 (578). 238
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13, Rn 49. 239
OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10, 5. 240
Dück, GRUR 2013, 576 (578). 241
Heim, „Made in Germany“ bezieht sich nur auf Herstellungsprozess, GRUR-Prax 2015, 130.
69
aus Sicht des Verkehrs zukommt, hat die Rechtsprechung Kriterien entwickelt, die auch im
Schrifttum herangezogen werden“. Das Berufungsgericht hat diese nach Ansicht des BGH
auch ausreichend berücksichtigt. Nach Ansicht des BGH „ist es für die Richtigkeit der
Angabe „Made in Germany“ notwendig, aber auch ausreichend, dass die Leistungen in
Deutschland erbracht worden sind, durch die das zu produzierende Industrieerzeugnis
seine aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile
oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält“. Ausgehend von diesen
Gründen, sind die aus Sicht des Verbrauchers wesentlichen Eigenschaften, wie Dichtigkeit
und Reißfestigkeit der Kondome, bereits während der Herstellung im Ausland entstanden
und nicht erst in Deutschland. 242
4.2.4.3 Die zeitliche Abfolge der Verarbeitung
Die Verarbeitung erfolgt idR durch die aufeinanderfolgenden Schritte der Planung, des
Designs, der Fertigung von Einzelteilen und der Endmontage. Materiell ist der
Produktionsprozess maßgebend für die Herkunft eines Erzeugnisses, dh die Planung oder
Verpackung in Deutschland allein ist nicht ausreichend. 243
Bei der Planung handelt es sich um den Entwurf bzw die geistige Erschaffung und stellt
auf eine geistige Vorarbeit ab, die Basis für den Produktionsvorgang ist. Nach neuerer
Ansicht des BGH ist es ausreichend für die Kennzeichnung mit „Made in Germany“, wenn
jene Leistungen in Deutschland erfolgt sind, „die für jene Eigenschaften der Ware
ausschlaggebend sind, welche für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen
bzw wenn alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind“. Da in erster
Linie der Produktionsprozess herkunftsbegründend ist, welcher der Planung idR
nachgelagert ist, ist die Planung allein zur Herkunftsbegründung nicht ausreichend und
daher als Zuordnungskriterium für „Made in Germany“ grds außer Acht zu lassen.
Das Design dient dazu, den ideellen in einen materiellen Entwurf und in weiterer Folge in
eine formgebende und funktionale Gestaltgebung überzuführen. Mit der Ausführung eines
Designs geht die Planung grds in die Herstellung über. Der BGH vertritt in seinem
Grundsatzurteil Ski-Sicherheitsbindung die Ansicht, dass zu differenzieren ist, ob der
Verbraucher „auf die Konstruktion oder auf die technische Verarbeitung“ mehr Wert legt.
242
BGH 27.11.2014, I ZR 16/14, 6 ff; OLG Hamm 13.03.2014, 4 U 121/13 = PharmR 2014, 363. 243
Gündling, GRUR 2007, 921 (923).
70
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf erwartet der Konsument bei Industrieprodukten, dass
der Hinweis „Produziert in Deutschland“ auch bedeutet, dass alle wesentlichen
Produktionsschritte in Deutschland erfolgt sind. Zwar ist das Erstellen des Designs bereits
eine ausführende Tätigkeit, aber es stellt eindeutig noch keine produzierende oder
herstellende Tätigkeit dar. 244
In einer Umfrage verbinden 85% der Befragten mit „Made in Germany“, dass sowohl die
Entwicklung (Know-how oder Technologie) als auch die Herstellung eines Produktes in
Deutschland erfolgen. Wenn nach einer Reihenfolge untereinander gefragt wird, geben
jeweils 44% der Befragten der Entwicklung bzw der Produktion den Vorrang. Selbst der
BGH hat sich schon mit der Schwierigkeit der Wechselbeziehungen von Know-how und
Fertigung auseinandergesetzt. Der BGH argumentierte in seiner Begründung wie folgt:
„Dabei geht man aber im Allgemeinen mehr oder weniger bewusst auch davon aus, dass
es bei der Herstellung eines solchen deutschen Erzeugnisses an einer nennenswerten
ausländischen Beteiligung fehlt, die Ware vielmehr von der Konzeption bis zur technisch-
fabrikatorischen Fertigstellung von Deutschen stammt und in Deutschland gefertigt ist.
Wird nun ein solches Erzeugnis unter Verwendung ausländischer Lizenzen hergestellt, so
lässt sich nicht allgemein sagen, ob es von den angesprochenen Verkehrskreisen
gleichwohl als deutsches Erzeugnis in diesem Sinne angesehen wird“245
. Dabei ist ua auch
das OLG Düsseldorf der Ansicht, dass, obwohl deutsche Maschinen (also das Know-how)
verwendet werden, um Messer im Ausland herzustellen, dadurch keine deutsche Herkunft
begründet wird. Für die Herkunftskennzeichnung mit „Made in Germany“ kommt es
vielmehr auf die Produktionsleistung und das dahinterstehende Know-how an. Die
Nutzung von ausländischem Know-how schließt aber die Verwendung von „Made in
Germany“ für in Deutschland hergestellte Produkte nicht grds aus. E contrario kann aber
deutsches Know-how alleine keine deutsche Herkunft begründen. 246
Bei der Fertigung von Einzelteilen handelt es sich eindeutig um eine Art der Produktion.
Erfolgt die Fertigung ausschließlich in einem Land, ist die Herkunft unstrittig. Da es in
einer globalisierten Welt aber kaum noch Erzeugnisse gibt, die in nur einem Land
vollständig produziert werden, ist die Herkunft bei Produktbestandteilen aus bzw
Produktionsschritten in mehreren Ländern fraglich. Nach Ansicht des OLG Stuttgart darf
aber auch bei einzelnen im Ausland hergestellten Bestandteilen die Bezeichnung „Made in
244
Dück, GRUR 2013, 576 (578 f). 245
BGH 23.03.1973, I ZR 33/72, GRUR 1973, 594 (595). 246
Dück, GRUR 2013, 576 (579).
71
Germany“ verwendet werden, wenn „die Leistungen in Deutschland erbracht worden sind,
die für jene Eigenschaften der Ware ausschlaggebend sind, die für die Wertschätzung des
Verkehrs im Vordergrund stehen“ 247
. Wenn wesentliche Bestandteile des Produktes aber
nicht aus Deutschland stammen, dann wurde die wertbestimmende Leistung nicht in
Deutschland erbracht. Dementsprechend hat das LG Stuttgart in der Rechtssache
Multimedia-PC entschieden, dass eine Irreführung vorliegt, weil „wesentliche Bestandteile
wie Graphikkarte, Festplatte, DVD-ROM-Laufwerk, Diskettenlaufwerk, Mainboard und
Brenner nicht in Deutschland gefertigt worden sind“ 248
. 249
Bei der Endmontage handelt es sich leidglich um einen letzten Schritt zur Fertigung des
Endproduktes, der nicht herkunftsbegründend ist. Sie ist kein eigenständiger
Produktionsschritt, weil sowohl eine neue Herstellungsstufe als auch die Wesentlichkeit
strittig sind. Nach Ansicht des LG Stuttgarts hat die Bekl durch den Begriff „Made in
Germany“ falsche Vorstellungen beim Verbraucher erweckt, weil in Deutschland lediglich
„die Konzeption des Computers, die Auswahl der Komponenten und die
Qualitätskontrolle“250
stattgefunden hat. 251
4.2.4.4 Die wesentlichen Verarbeitungsschritte
Bei der Wesentlichkeit der Verarbeitungsschritte kann einerseits darauf abgestellt werden,
dass eine rein quantitativ bezifferbare Anzahl von Verarbeitungsschritten in Deutschland
durchgeführt wird. Andererseits kann das Augenmerk auch auf die Qualität bei der
Verarbeitung gerichtet werden, sodass der Ort maßgeblich ist, an dem das Produkt seine
wesentlichen Eigenschaften erhalten hat. 252
4.2.4.4.1 Die quantitative Zuordnung
Es ergeben sich Probleme dabei, das Kriterium der wesentlichen Verarbeitung anhand
einer quantitativ bezifferten Anzahl von Produktionsschritten zu konkretisieren, wenn in
Deutschland nur unwesentliche, zahlenmäßig aber überwiegende Produktionsschritte
247
OLG Stuttgart 10.11.1995, 2 U 124/95, BeckRS 9998, 278. 248
LG Stuttgart 27.02.2003, 35 O 170/02, BeckRS 2012, 4888. 249
Dück, GRUR 2013, 576 (579). 250
LG Stuttgart 27.02.2003, 35 O 170/02, BeckRS 2012, 4888. 251
Dück, GRUR 2013, 576 (579 f). 252
Gündling, GRUR 2007, 921 (923).
72
vorgenommen werden. Das OLG Düsseldorf erteilte aber der ausschließlich quantitativen
Zuordnung eine Absage, mit der Begründung, dass bei einem Besteckset ein Hinweis mit
„Made in Germany“ nicht gerechtfertigt ist, wenn im Inland nur 75% (18 von 24
Besteckteilen) hergestellt werden. In der Begründung führt das OLG Düsseldorf dazu
näher aus, dass der Verbraucher unter „Made in Germany“ auch eine vollständige
Herstellung in Deutschland versteht. Daher schließt bereits die Herstellung der Messer im
Ausland eine Kennzeichnung damit aus. Eine quantitative Zuordnung kann daher nur im
Zusammenhang mit einer qualitativen Zuordnung relevant sein. 253
4.2.4.4.2 Die qualitative Zuordnung
Nach Ansicht des OLG Köln ist es für die Bezeichnung „Made in Germany“ (nach Rsp
und Literatur) nicht erforderlich, dass das Erzeugnis zu 100 % in Deutschland hergestellt
wird. Es genügt im Wesentlichen, wenn der zentrale Produktionsvorgang, bei dem das
Erzeugnis die „aus Verkehrssicht wesentlichen Bestandteile oder bestimmenden
Eigenschaften erhält“, in Deutschland stattfindet oder aus einer deutschen Leistung
hervorgeht. 254
Wie das OLG Düsseldorf entschieden hat, kann der Verbraucher bei der
herausgehobenen Angabe der Herkunft aus Deutschland erwarten, dass dies „auf alle Teile
des Bestecks und nicht nur auf den überwiegenden Teil zutrifft. Es kommt dabei noch nicht
einmal auf den Umstand an, dass die Qualitätserwartungen gerade bei Messern ansetzen
dürften, sich auf die Messer also ein ganz erheblicher, über die weiteren Besteckteile
hinausgehender, Anteil an der Qualitätserwartung bezieht“. 255
In der deutschen Literatur findet sich der Vorschlag, aus diesem Grund § 950 BGB zur
Beurteilung der qualitativen Zuordnung heranzuziehen. In § 950 BGB findet sich eine
Wertung dafür, wann auf Basis einer bestimmten Wirtschaftsleistung eine neue
eigentumsrechtliche Zuordnung vorzunehmen ist. 256
Gem § 950 Abs 1 S 1 BGB wird
durch die „Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche
Sache hergestellt“. Für den Eigentumsübergang ist es erforderlich, dass der Wert der
Verarbeitung oder Umbildung nicht niedriger ist, als der Wert der verarbeiteten Stoffe. Für
eine analoge Anwendung des § 950 BGB spricht, dass erstens auf die Entstehung einer
253
Dück, GRUR 2013, 576 (580). 254
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13, Rn 32. 255
OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10, 5. 256
Gündling, GRUR 2007, 921 (923).
73
neuen Sache Bezug genommen wird und zweitens das Wertverhältnis anhand der
wirtschaftlichen Betrachtung auszulegen ist. Die Entstehung einer neuen Sache erfolgt idR
dadurch, dass eine höhere Verarbeitungsstufe erreicht wird und der Ausgangsstoff
wesentlich verändert wird. Jedoch ist eine kumulative Übernahme der Maßstäbe von § 950
BGB nach Ansicht Dücks abzulehnen, weil „ungeachtet der Wertkomponente Fälle
denkbar sind, in denen ein Produkt ausweislich der Verarbeitungsprozesse seine größte
Wertschöpfung in Deutschland erfährt, der letzte, die technische Eigenart begründende
Schritt jedoch im Ausland durchgeführt wird und der Wertungsparameter der „Neuheit“
im Sinne der Zusammenfügung eines aus Verkehrssicht „neuen“ Produkts in Deutschland
negativ wäre“. 257
4.2.4.5 Der Wertschöpfungsanteil
Die Wertschöpfungszahlen stammen ursprünglich aus den Zollvorschriften der EU. Im
Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung kann der Wertschöpfungsanteil nur als
Indiz dienen. Da die Auslegung der Zollvorschriften eher formell auf den letzten
wesentlichen Herstellungsschritt abstellt und die Auslegung der wettbewerbsrechtlichen
Regelungen materiell auf das Ursprungsland der Produktqualität abstellt, kommt es dabei
zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die Wertschöpfungsquote ergibt sich aus dem
Verhältnis von dem Wert aufgrund der Montagevorgänge zu dem Ab-Werk-Preis, wobei
sich eine konkrete Berechnung der Wertgrößen im Einzelnen aus dem Zollrecht ergibt.
Die Industrie- und Handelskammern empfehlen in der Praxis, dass ein
Wertschöpfungsanteil von zumindest 45% in Deutschland erforderlich ist, um eine
Herkunftskennzeichnung mit „Made in Germany“ zu rechtfertigen. Betrachtet man den
Wertschöpfungsanteil isoliert, müsste dieser aber jedenfalls bei 50% liegen. Da die
Bewertung einzelfallbezogen und nicht schematisch zu erfolgen hat, könnte im konkreten
Einzelfall aber auch ein Wertschöpfungsanteil von unter 40% ausreichend sein. Dies ist
bspw dann der Fall, wenn andere Faktoren wie der zeitliche Abschluss der Produktion,
namensrelevante Fertigungen, Bauteile, welche für die abschließende Zweckbestimmung
entscheidend sind, oder (technische) Hauptkomponenten aus Deutschland hinzukommen.
Die genannten Größen sind aber eher als Richtwerte anzusetzen. Betrachtet man den
wirtschaftlichen Kontext, ist jedenfalls davon auszugehen, dass bei einem
257
Dück, GRUR 2013, 576 (580 f).
74
Wertschöpfungsanteil von unter 40% die Herkunftskennzeichnung mit „Made in
Germany“ unzutreffend ist. 258
4.2.5 Zwischenfazit zur deutschen Judikatur
Im Rahmen der deutschen Judikatur, sowohl des BGH als auch der OLG und LG, gibt es in
den letzten Jahren eine vermehrte Auseinandersetzung mit der zulässigen Verwendung der
Angabe „Made in Germany“. Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung
Ski-Sicherheitsbindung aus 1973 bereits einige Kriterien für die Zulässigkeit der Angabe
„deutsches Erzeugnis“ entwickelt. Dennoch ist hervorzuheben, dass es auch in
Deutschland bis dato keine gefestigte Rsp dazu gibt, wann eine Kennzeichnung mit „Made
in Germany“ jedenfalls zulässig ist. In den letzten Jahren entwickelte die deutsche
Judikatur aber vermehrt Kriterien für die korrekte und zulässige Verwendung von
geografischen Herkunftsangaben. Anders als in Österreich gibt es eine vergleichsweise
„blühende“ Instanzjudikatur zur Verwendung von „Made in Germany“, wobei die
Instanzgerichte im Wesentlichen den Ansichten und der Judikatur des BGH folgen. Auch
die deutschen Gerichte prüfen die Zulässigkeit der Verwendung von „Made in Germany“
grds nach dem Tatbestand der Irreführung. Da auf die Irreführungsgefahr in § 127 Abs 1
dMarkenG explizit Bezug genommen wird, gehen die deutschen Gerichte davon aus, dass
die Verkehrsauffassung bei der Beurteilung jedenfalls zu berücksichtigen ist. Nach der Rsp
der deutschen Gerichte werden folgende Kriterien als Anhaltspunkte für eine
Herkunftsbegründung betrachtet: die Verkehrsanschauung, die Herkunft von
Produktbestandteilen, die zeitliche Abfolge der Verarbeitung, die wesentlichen
Verarbeitungsschritte und die Wertschöpfung. Diese Ansicht wurde auch bereits in der Rsp
entsprechend gefestigt. Wesentliche Beurteilungskriterien der Gerichte für die Zulässigkeit
der Angabe „Made in Germany“ sind die Verkehrsanschauung, die Herkunft der
verwendeten Produktbestandteile und die Wesentlichkeit der Verarbeitungsschritte. Alle
anderen Kriterien werden allenfalls als zusätzliche Anhaltspunkt im Rahmen der
Beurteilung herangezogen, wobei zT auch die zollrechtlichen Vorschriften der EU als
weitere Indizien im Rahmen der Urteilsbegründung herangezogen werden.
258
Gündling, GRUR 2007, 921 (924 f).
75
5 Conclusio
Im Rahmen dieser Diplomarbeit waren die folgenden drei Fragenblöcke zu klären:
Welche konkreten Rechtsgrundlagen kommen für einen Schutz geographischer
Herkunftsangaben in Betracht und wie sieht es mit deren Anwendbarkeit in Bezug
auf die Verwendung von „Made in Austria“ aus?
Was sind geographische Herkunftsangaben, wie kann mit Ihnen in die Irre geführt
werden und wie kann „Made in Austria“ dabei eingeordnet werden?
Wie beurteilt der OGH - unter Heranziehung von drei Judikaten - die Zulässigkeit
der Verwendung der geographischen Herkunft und welches Fazit ergibt sich daraus
für „Made in Austria“? Wie beurteilen - im Vergleich dazu - die deutschen Gerichte
die Zulässigkeit der Verwendung von „Made in Germany“?
Um die Frage zu klären, welche konkreten Rechtsgrundlagen für die zulässige
Verwendung von „Made in Austria“ in Betracht kommen, wurden sowohl völkerrechtlich,
europarechtliche als auch nationale Rechtsgrundlagen herangezogen. Im Folgenden
werden die möglichen Rechtsgrundlagen für einen Schutz geographischer Angaben mit
einem Fazit zu „Made in Austria“ nochmals überblicksmäßig dargestellt.
Auf völkerrechtlicher Ebene kommen die PVÜ, das MHA, das LUA und das TRIPS-
Abkommen für einen Schutz von geographischen Herkunftsangaben in Betracht. Die PVÜ
ist in Österreich aufgrund dessen Beitritts grds anwendbar. „Made in Austria“ wird als
einfache Herkunftsangabe auch vom Anwendungsbereich der PVÜ erfasst. Zudem sind
aufgrund des sehr weiten Anwendungsbereiches mE irreführende Angaben am Erzeugnis
oder dessen Verpackung und die irreführende Werbung erfasst. Jedoch ist der Rechtsschutz
sehr gering. In der österreichischen Rsp findet die PVÜ keine Beachtung. Das MHA und
das LUA sind in Österreich nicht anwendbar, weil Österreich beiden Abkommen nicht
beigetreten ist. Das TRIPS-Abkommens ist grds anwendbar, weil Österreich diesem
beigetreten ist. Es ist mE auf „Made in Austria“ aber nicht anwendbar, weil der
Zusammenhang zwischen der Qualität, den Eigenschaften und dem Ruf eines Produkts mit
dessen Herkunft fehlt.
Das Primärrecht der EU enthält keine Regelungen zu geografischen Herkunftsangaben und
auch im Sekundärrecht finden sich nur Vorschriften bezüglich Lebensmitteln und
76
Agrarerzeugnissen. Die Bestimmungen des UZK sind für „Made in Austria“ mE nicht
unmittelbar einschlägig, weil ihnen in erster Linie zolltarifrechtliche Bedeutung zukommt.
Sie liefern aber mE mit dem Blick auf die letzte wesentliche und wirtschaftlich
gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung und die Herstellung eines neuen Erzeugnisses oder
dem Erreichen einer bedeutenden Herstellungsstufe einen möglichen Lösungsansatz, wie
Kriterien für eine Herkunftsbestimmung aussehen könnten.
Bisher wurde es weder auf völkerrechtlicher Ebene, noch auf unionsrechtlicher Ebene
geschafft, den Schutz von geographischen Herkunftsangaben zufriedenstellend zu regeln.
Ein wesentlicher Grund dafür stellt die mangelnde Einigkeit der Vertrags- bzw.
Mitgliedsstaaten dar.
Auf nationaler österreichischer Ebene ist die maßgebliche Rechtsgrundlage für die
Verwendung von „Made in Austria“ § 2 UWG. ME stellt die Verwendung von „Made in
Austria“, sowohl im Rahmen der Warenmarkierung am Produkt oder dessen Verpackung,
als auch die Werbung damit, eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG dar. Daher
sind mE beide Fälle als Geschäftspraktik auch der Irreführung nach § 2 UWG zugänglich.
Die Bestimmung des § 2 Abs 1 UWG ist für die Verwendung von „Made in Austria“ mE
aber nur dann einschlägig, wenn der Tatbestand der Irreführung erfüllt ist. Es kommt hier
also nicht auf das bloße Verwenden einer geographischen Herkunftsangabe an. Die
vorliegende Geschäftspraktik (Warenmarkierung oder Werbung) muss hingegen entweder
unwahre Angaben enthalten oder sonst zur Täuschung geeignet sein. Dabei ist die
Verkehrsanschauung ein wesentliches Beurteilungskriterium. Außerdem muss der
Verbraucher durch das Verwenden einer geographischen Herkunftsangabe zu einer
geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden sein, die er andernfalls nicht getroffen
hätte. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Das Vorliegen der genannten
Voraussetzungen ist zudem grds in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen.
In Deutschland hingegen ist der Schutz geografischer Herkunftsangaben primär in den §§
126 ff dMarkenG geregelt, die als wettbewerbsrechtlicher Schutz vor Irreführung
ausgestaltet sind. Daneben besteht ein subsidiärer Schutz nach § 5 Abs 1 dUWG.
Da im Rahmen der Rechtsgrundlagen vielfach der Begriff der Herkunftsangaben und
Ursprungsbezeichnung verwendet wird, war in weiterer Folge zu klären, was
geographische Herkunftsangaben sind, welche Arten es gibt und was für eine
Herkunftsangabe „Made in Austria“ ist. Zudem wurde die Frage behandelt, wie mit
77
geographischen Herkunftsangaben und insb „Made in Austria“ eine Irreführung
verwirklicht werden kann. Der Terminus Herkunftsangabe wird allgemein als Oberbegriff
für verschiedene Arten von Angaben über die Herkunft verstanden. Im Rahmen der
Herkunftsangaben lassen sich folgende Arten unterscheiden: Ursprungsbezeichnungen,
einfache und qualifizierte Herkunftsangaben sowie mittelbare und unmittelbare
Herkunftsangaben. Bei „Made in Austria“ handelt es sich mE um eine einfache
Herkunftsangabe, weil zwischen der Herkunft und dem Produkt selbst grds kein
objektivierbarer Zusammenhang besteht und mit der Herkunft keine besonderen
Qualitätsvorstellungen verbunden werden. Es handelt sich bei „Made in Austria“ mE auch
um eine unmittelbare Herkunftsangabe, weil damit die Herkunft aus einem bestimmten
Land (Österreich) direkt genannt wird. „Made in Austria“ ist daher mE eine einfache und
unmittelbare Herkunftsangabe. Der Verbraucher kann gem § 2 Abs 1 Z 2 UWG mit
Angaben über wesentliche Produktmerkmale, insb mit Angaben über die geographische
Herkunft, in die Irre geführt werden. In Betracht kommt mE dabei eine Irreführung durch
die Verwendung einer geographischen Herkunftsangabe per se, weil „Made in Austria“
eindeutig auf die Herkunft aus Österreich hinweist. Eine Irreführung durch die
Verwendung von fremder Sprache kommt mE eher nicht in Betracht, weil die Verwendung
der deutschen Sprache (zB „Hergestellt in Österreich“ oder „Produziert in Österreich“)
naheliegender wäre. Eine Irreführung durch die Verwendung von Landesfarben, Flaggen
oder Wappen kann uU dann vorliegen, wenn zusätzlich zur Angabe „Made in Austria“ die
österreichischen Landesfarben rot-weiß-rot, die österreichische Flagge oder Wappen
verwendet werden.
Nach der Analyse der Rechtsgrundlagen und dem Begriff der geographischen
Herkunftsangaben stellt sich nunmehr die Frage, wie der Schutz von geographischen
Herkunftsangaben in Bezug auf die Irreführung nach § 2 UWG im Rahmen der
österreichischen Judikatur betrachtet wird. Da es keine einschlägige Judikatur zu „Made in
Austria“ gibt, wurden drei Entscheidungen mit Bezug zur Irreführung mit der
geographischen Herkunft herangezogen. Betrachtet man insb die Entscheidung UNI-DIM-
Isolierkamine, so muss nach Ansicht Zemanns, übertragen auf die Bezeichnung „Made in
Austria“, „zumindest der Großteil, wenn nicht sogar alle jener Produktionsschritte, die für
die Qualität des Erzeugnisses maßgebend ist, in Österreich erfolgen“259
. Da dieser
Beurteilung jedoch eine Entscheidung aus dem Jahr 1978 zu Grunde liegt, sollten mE die
mittlerweile wirtschaftlich immer stärker vernetzten Arbeitsprozesse, va in Bezug auf die
259
Zemann, ipCompetence 2015 H 13, 10 (18).
78
Arbeitsteilung, auch entsprechend berücksichtigt und als Teil der Beurteilung
herangezogen werden. Aus der Gesamtbetrachtung der drei österreichischen Judikate
ergeben sich mE keine Kriterien, wann die Verwendung von „Made in Austria“ jedenfalls
zulässig wäre. Der OGH prüft grds jeden Einzelfall gesondert anhand des
Irreführungstatbestands des § 2 UWG. Er setzt sich dabei in erster Linie näher mit der
Verkehrsanschauung und der Irreführungseignung auseinander. Insofern besteht eine klare
Judikaturlinie nur hinsichtlich der Anwendung des § 2 UWG. Auf die konkrete Herkunft
und die Herkunftsangaben als solches geht der OGH in keiner seiner Entscheidungen näher
ein. Außerdem klassifiziert er auch den Begriff der Herkunftsangaben nicht näher. Für die
Verwendung von „Made in Austria“ ergibt sich daraus mE nur, dass die Verwendung
jedenfalls solange zulässig ist, solange kein Verbraucher damit in die Irre geführt wird.
Meiner Ansicht nach lassen sich aus diesen Entscheidungen darüber hinaus keine Kriterien
für eine zulässige Verwendung von „Made in Austria“ ableiten.
Da es in Österreich zur Verwendung von „Made in Austria“ keine einschlägige Instanz-
oder höchstgerichtliche Judikatur gibt, wurde in weiterer Folge die Judikatur der deutschen
Gerichte zu „Made in Germany“ zur Beurteilung herangezogen. Im Rahmen der deutschen
Judikatur, sowohl des BGH als auch der OLG und LG, gibt es in den letzten Jahren eine
vermehrte Auseinandersetzung mit der zulässigen Verwendung der Angabe „Made in
Germany“. Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung Ski-Sicherheitsbindung aus 1973
bereits einige Kriterien für die Zulässigkeit der Angabe „deutsches Erzeugnis“ entwickelt.
Dennoch ist hervorzuheben, dass es auch in Deutschland bis dato keine gefestigte Rsp dazu
gibt, wann eine Kennzeichnung mit „Made in Germany“ jedenfalls zulässig ist. In den
letzten Jahren entwickelte die deutsche Judikatur aber vermehrt Kriterien für die korrekte
und zulässige Benutzung von geografischen Herkunftsangaben. Anders als in Österreich
gibt es eine vergleichsweise „blühende“ Instanzjudikatur zur Verwendung von „Made in
Germany“, wobei die Instanzgerichte im Wesentlichen den Ansichten und der Judikatur
des BGH folgen. Auch die deutschen Gerichte prüfen die Zulässigkeit der Verwendung
von „Made in Germany“ grds nach dem Tatbestand der Irreführung iSd § 5 dUWG. Da auf
die Irreführungsgefahr in § 127 Abs 1 dMarkenG explizit Bezug genommen wird, gehen
die deutschen Gerichte davon aus, dass die Verkehrsauffassung bei der Beurteilung
jedenfalls zu berücksichtigen ist. Nach der Rsp der deutschen Gerichte werden daher
folgende Kriterien als Anhaltspunkte für eine Herkunftsbegründung betrachtet: die
Verkehrsanschauung, die Herkunft von Produktbestandteilen, die zeitliche Abfolge der
Verarbeitung, die wesentlichen Verarbeitungsschritte und die Wertschöpfung. Diese
79
Ansicht wurde auch bereits in der Rsp entsprechend gefestigt. Wesentliche
Beurteilungskriterien der Gerichte für die Zulässigkeit der Angabe „Made in Germany“
sind die Verkehrsanschauung, die Herkunft der verwendeten Produktbestandteile und die
Wesentlichkeit der Verarbeitungsschritte. Alle anderen Kriterien werden allenfalls als
zusätzliche Anhaltspunkt im Rahmen der Beurteilung herangezogen, wobei zT auch die
zollrechtlichen Vorschriften der EU als weitere Indizien herangezogen werden.
Zusammenfassend komme ich im Rahmen dieser Diplomarbeit daher zu folgendem
Ergebnis: „Made in Austria“ darf mE nach aktueller Rechtslage solange verwendet
werden, solange kein Verbraucher damit in die Irre geführt wird. Dabei handelt es sich
aber immer um Einzelfallentscheidungen. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die
Beurteilung ist dementsprechend § 2 UWG. Bei „Made in Austria“ handelt es sich mE um
eine einfache und unmittelbare Herkunftsangabe. Die Herkunft ist dabei ein wesentliches
Produktmerkmal iSv § 2 Abs 1 Z 2 UWG iVm Art 6 Abs 1 lit b RL-UGP. Bis dato gibt es
jedoch noch keine Entscheidung des OGH zu „Made in Austria“. Auch in Deutschland
stellt sich die Rechtslage ähnlich dar und die deutschen Gerichte beurteilen die
Zulässigkeit der Verwendung von „Made in Germany“ ebenfalls anhand des
Irreführungstatbestands (§§ 126 ff dMarkenG, subsidiär §§3, 5 dUWG), wobei auch die
deutschen Gerichte immer einzelfallbezogen entscheiden.
VII
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Gündling, „Made in Germany”. Geografische Herkunftsbezeichnung zwischen
Qualitätsnachweis und Etikettenschwindel, GRUR 2007, 921
VIII
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Köstlichkeiten kommen, ipCompetence 2015 H13, 24.
Zemann, Lauter(e) Herkunftsangaben. Von Wiener Schnitzel, Salzburger Nockerl und
anderen Gaumenfreuden „Made in Austria“. Woher die Köstlichkeiten kommen,
ipCompetence 2015 H13, 10
Rechtsgrundlagen und Erläuterungen
Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (in Kraft
getreten am 01.01.1995)
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG
geändert wird (UWG-Novelle 2007) BGBl I 79/2007 idgF
Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung
der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit
Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (UZK-DA)
Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit
Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des
Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK-
IA)
ErlRV 144 BlgNR XXIII. GP, 5. Abrufbar unter:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/I/I_00144/fname_080045.pdf
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 03.07.2004 (BGBl I S 1414),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.02.2016 (BGBl I S 233) mWv 24.02.2016 (dUWG)
IX
Lissaboner Abkommen über den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und ihre
internationale Registrierung vom 31.10.1958
Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder irreführender
Herkunftsangaben vom 14.04.1891
Markengesetz vom 25.10.1994 (BGBl I S 3082; 1995 I S 156; 1996 I S 682), das zuletzt
durch Artikel 4 des Gesetzes vom 04.04.2016 (BGBl I S 558) geändert worden ist - Gesetz
über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) idgF
(dMarkenG)
Markenschutzgesetz 1970, BGBl 260/1970 idgF
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März
1883 (in Kraft getreten am 18.08.1973)
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über
unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen
Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates,
der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des
Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ABl L 2005/149
Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.
Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl L 269/1
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des
Zollkodex der Gemeinschaften, ABl L 1992/302
Internetquellen
Judith Kuiper, Für Österreicher zählt die Herkunft
http://www.handelszeitung.at/handelszeitung/fuer-oesterreicher-zaehlt-die-herkunft-
130962
Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 15.04.2014, Bessere Produktsicherheit:
Parlament macht „Made-in“-Kennzeichnung zur Pflicht
http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/20140411IPR43453/bessere-
produktsicherheit-parlament-macht-made-in-kennzeichnung-zur-pflicht
X
Thomas Ludwig, Made in … EU drückt bei Label-Pflicht auf die Bremse
http://www.handelsblatt.com/politik/international/made-in-eu-drueckt-bei-label-pflicht-
auf-die-bremse/11843702.html
Vivien Timmler, EU-Kommission warnt vor gefährlichem Spielzeug
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gefaehrliche-produkte-eu-kommission-warnt-vor-
gefaehrlichem-spielzeug-1.2965788
https://www.bmlfuw.gv.at/land/lebensmittel/qs-
lebensmittel/lebensmittelqualitaet/herkunft-spezialitaetenschutz/Herkunftsschutz.html
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnumm
er=10002271
http://www.wipo.int/treaties/en/ip/madrid/summary_madrid_source.html
http://www.wipo.int/treaties/en/ActResults.jsp?act_id=9
http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?treaty_id=2
http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?lang=en&treaty_id=3
http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?lang=en&treaty_id=10
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/trips-abkommen.html
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/zollkodex-zk.html
https://www.wko.at/Content.Node/service/aussenwirtschaft/fhp/Ursprung/Made_in_....htm
l
XI
Judikaturverzeichnis
Europäische Judikatur
EuGH 25.04.1985, 207/83 (Kommission/ Vereinigtes Königreich)
EuGH 13.12.1989, C-26/88 (Brother International GmbH)
EuGH 26.11.1996, C-313/94 = WBl 1997, 17 = ZER 1997/211, 60 = ÖBl 1997, 205 = ÖBl
1997, 204 = WBl 1997, 8
EuGH 25.01.2007, C‑48/05, Rz 23 (Adam Opel) = MR-Int 2006, 187 = ecolex 2007/127,
268 = ÖBl-LS 2007/87, 67 = wbl 2007/73, 181 = ecolex 2007, 693 (Koppensteiner) = ZER
2007/30, 139 = ecolex 2007, 873 (Koppensteiner)
EuGH 14.06.2007, C-56/06 (Euro Tex Textilverwertung GmbH)
EuGH 11.02.2010, C-373/08 (Hoesch Metals and Alloys GmbH)
Österreichische Judikatur
OGH 14.09.1971, 4 Ob 348/71 (Ungarische Salami II) = ÖBl 1972, 12 = SZ 44/128 =
GRUR Int 1972, 336
OGH 05.12.1978, 4 Ob 402/78 (UNI-DIM-Isolierkamine) = ÖBl 1979, 126
OGH 16.06.1987, 4 Ob 347/87 (Whisky Saunders) = ÖBl 1988, 102 = MR 1988, 63 (dort
falsch mit 4 Ob 34/87 zitiert) = SZ 60/109 = wbl 1987, 304 = GRUR Int 1988, 946
OGH 19.10.1999, 4 Ob 272/99 z (Tiroler Loden) = ÖBl 2000, 168 = wbl 2000/86, 139 =
GRUR Int 2000, 1025
OGH 08.04.2008, 4Ob42/08t (W.-Klaviere) = wbl 2008,344/164 - wbl 2008/164 = ÖBl-LS
2008/109 = ÖBl-LS 2008/110 = ÖBl-LS 2008/111 = ÖBl-LS 2008/112 = MR 2008,257
(Korn) = ÖBl 2008/56 S 276 (Gamerith) - ÖBl 2008,276 (Gamerith) = ecolex 2008/314 S
838 (Tonninger) - ecolex 2008,838 (Tonninger) = HS 39.182 = HS 39.183
RIS-Justiz RS0078389
RIS-Justiz RS0078393
RIS-Justiz RS0078411
RIS-Justiz RS0078422
RIS-Justiz RS0078423
XII
RIS-Justiz RS0078434
RIS-Justiz RS0078437
RIS-Justiz RS0078442
RIS-Justiz RS0078444
RIS-Justiz RS0078448
RIS-Justiz RS0078459
RIS-Justiz RS0078470
RIS-Justiz RS0106868
RIS-Justiz RS0123158
RIS-Justiz RS0123293
Deutsche Judikatur
BGH 12.03.1971, I ZR 115/69 (Bocksbeutelflasche) = GRUR 1971, 313 (315) = DB 1971,
1412 = MDR 1971, 559
BGH 23.03.1973, I ZR 33/72 (Ski-Sicherheitsbindung) = GRUR 1973, 594
BGH 27.11.2014, I ZR 16/14 (Kondome - Made in Germany) = GRUR-RR 2015, 209 =
GRUR-Prax 2015, 130
OLG Düsseldorf 05.04.2011, I-20 U 110/10, 4 = GRUR-Prax 2011, 280 = WRP 2011, 939
OLG Hamm 13.03.2014, 4 U 121/13 = PharmR 2014, 363
OLG Köln 13.06.2014, I-6 U 156/13 = NJW-RR 2015, 361 = GRUR-RR 2015, 7
OLG Stuttgart 10.11.1995, 2 U 124/95, BeckRS 9998, 278 = NJWE-WettbR 1996, 53
LG Stuttgart 27.02.2003, 35 O 170/02, BeckRS 2012, 4888