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Mendel Verlag

Zollkodex und Abgabenordnung - EFA-Schriften · Borgmann, Olaf, Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht und der Verlust des Prinzips der Gewaltenteilung im Steuerrecht, Die Steuerberatung

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Mendel Verlag

Schriftenreihe

des Europäischen Forums

für Aussenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll e.V.

an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Band 11

Zollkodex und Abgabenordnung

– Analyse über das Verhältnis der Vorschriftender Abgabenordnung zu den Vorschriften desZollkodexes der Europäischen Gemeinschaft –

Inaugural-Dissertationzur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der

Rechte durch die Rechtswissenschaftliche Fakultät derWestfälischen Wilhelms-Universität Münster

vorgelegt von

Lothar Gellert

aus Göttingen2003

Mendel Verlag

D 6

Mendel Verlag OHG

Robensstraße 39, 52070 Aachen

Telefon +49-241-154355

Fax +49-241-1570816

E-Mail [email protected]

Internet mendel-verlag.de

ISBN: 3-930670-80-1

Alle Angaben ohne Gewähr. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen jeglicher Art sind nurnach Genehmigung durch den Verlag erlaubt.

Herausgeber: Europäisches Forum für Aussenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll e.V.,Universitätsstr. 14 - 16, 48143 Münster, E-Mail: [email protected]

Gestaltung: KJM GmbH Werbeagentur, Hafenweg 22, 48155 Münster, Internet:www.KJM.de

© 2003 by Mendel Verlag OHG, 52070 Aachen

V

Meiner Familie

VII

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2002/2003 von derRechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-UniversitätMünster als Dissertation angenommen.

Mein besonderer Dank gilt dem Betreuer meiner Arbeit, Herrn ProfessorDr. iur. Hans-Michael Wolffgang, für sein Interesse, seinen Rat und seineUnterstützung bei der Anfertigung der Arbeit.

Ferner bedanke ich mich bei Herrn Professor Dr. iur. Wolfgang Huchatz vonder Fachhochschule des Bundes, Fachbereich Finanzen in Münster sowiebei Herrn Dipl.-Finanzwirt Joachim Baumann vom Bundesministerium derFinanzen, die mir in vielen Gesprächen Anregungen zum Thema der Arbeitgegeben haben.

Mein weiterer Dank gilt auch Herrn Ministerialrat a.D. Hans-Jürgen Rickfür sein Interesse an der Anfertigung der Arbeit.

Bonn, Mai 2003 Lothar Gellert

IX

Inhaltsübersicht

Seite

Widmung............................................................................................... VVorwort................................................................................................VIIInhaltsverzeichnis ................................................................................XILiteraturverzeichnis .........................................................................XVIIAbkürzungsverzeichnis.................................................................. XXIII

A. Einführung ................................................................................... 1

B. Entstehung der Abgabenordnung.............................................. 3I. Die Reichsabgabenordnung von 1919................................................ 3II. Die Abgabenordnung 1977.................................................................. 5

C. Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechtssowie des Gemeinschaftszollrechts............................................. 9

I. Das Nachkriegszollrecht in der BundesrepublikDeutschland .......................................................................................... 9

II. Das Gemeinschaftszollrecht bis zur Erreichung derZollunion............................................................................................. 10

III. Das Zollrecht im Rahmen des Binnenmarkts ................................. 12

D. Anwendbarkeit der einzelnen Vorschriften der AOauch nach In-Kraft-Treten des Zollkodexes ........................... 15

I. Einleitung............................................................................................ 15II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung ............ 33III. Fazit ................................................................................................... 242

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung .............. 245I. Einleitung.......................................................................................... 245

Inhaltsübersicht

X

II. Vergleiche mit anderen Mitgliedstaaten der EU........................... 245III. Das Postulat nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit als

Motiv für ein Zoll- und Abgaben-Gesetz ....................................... 251

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung.................................... 281I. Vorbemerkung.................................................................................. 281II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung) ............................................ 282

G. Ergebnisse ................................................................................ 563

XI

Inhaltsverzeichnis

Seite

Widmung............................................................................................... VVorwort................................................................................................VIIInhaltsübersicht ....................................................................................IXLiteraturverzeichnis .........................................................................XVIIAbkürzungsverzeichnis.................................................................. XXIII

A. Einführung ................................................................................... 1

B. Entstehung der Abgabenordnung.............................................. 3I. Die Reichsabgabenordnung von 1919................................................ 3II. Die Abgabenordnung 1977.................................................................. 5

C. Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechtssowie des Gemeinschaftszollrechts............................................. 9

I. Das Nachkriegszollrecht in der BundesrepublikDeutschland .......................................................................................... 9

II. Das Gemeinschaftszollrecht bis zur Erreichung derZollunion............................................................................................. 10

III. Das Zollrecht im Rahmen des Binnenmarkts ................................. 121. Der Zollkodex................................................................................ 122. Das Zollverwaltungsgesetz............................................................ 133. Übereinkommen von Schengen .................................................... 14

D. Anwendbarkeit der einzelnen Vorschriften der AOauch nach In-Kraft-Treten des Zollkodexes ........................... 15

I. Einleitung............................................................................................ 151. Rechtliche Grundlagen des Vorrangs des

Gemeinschaftsrechts...................................................................... 15

Inhaltsverzeichnis

XII

2. Die Pflicht zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts ausder Sicht der Rechtsprechung des EuGH ...................................... 17

3. Die Berücksichtigung der Grundrechte im Verhältnis zumGemeinschaftsrecht aus der Sicht der Rechtsprechung................. 20

4. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts wie ihn die Literatursieht ............................................................................................... 25

5. Die Anwendungsmöglichkeiten nationalen Rechts nebendem Zollkodex der Europäischen Gemeinschaften....................... 28

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung ............ 331 Erster Teil: Einleitende Vorschriften ..................................... 33

1.1 Erster Abschnitt : Anwendungsbereich................................. 331.2 Zweiter Abschnitt: Steuerliche Begriffsbestimmungen .......... 341.3 Dritter Abschnitt: Zuständigkeit der Finanzbehörden........... 421.4 Vierter Abschnitt: Steuergeheimnis ....................................... 441.5 Fünfter Abschnitt: Haftungsbeschränkung für Amtsträger .... 48

2 Zweiter Teil: Steuerschuldrecht ................................................ 492.1 Erster Abschnitt: Steuerpflichtiger ....................................... 492.2 Zweiter Abschnitt: Steuerschuldverhältnis ............................. 502.3 Dritter Abschnitt: Steuerbegünstigte Zwecke ....................... 622.4 Vierter Abschnitt: Haftung..................................................... 65

3 Dritter Teil: Allgemeine Verfahrensvorschriften ................... 733.1 Erster Abschnitt: Verfahrensgrundsätze ............................... 733.1.1 1. Unterabschnitt: Beteiligung am Verfahren .................. 733.1.2 2. Unterabschnitt: Ausschließung und Ablehnung von

XXXAmtsträgern und anderen Personen........................... 793.1.3 3. Unterabschnitt: Besteuerungsgrundsätze,

XXXBeweismittel .............................................................. 813.1.3.1 I. Allgemeines ................................................................. 813.1.3.2 II. Beweis durch Auskünfte und Sachverständige............ 903.1.3.3 III. Beweis durch Urkunden und Augenschein.................. 933.1.3.4 IV. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte .............. 953.1.3.5 V. Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der

XXXSachverständigen ....................................................... 973.1.4 4. Unterabschnitt: Fristen, Termine, Wiedereinsetzung... 973.1.5 5. Unterabschnitt: Rechts- und Amtshilfe...................... 101

Inhaltsverzeichnis

XIII

3.2 Zweiter Abschnitt: Verwaltungsakte ..................................... 103

4 Vierter Teil: Durchführung der Besteuerung....................... 1234.1 Erster Abschnitt: Erfassung der Steuerpflichtigen ............. 1234.1.1 1. Unterabschnitt: Personenstands- und

XXXBetriebsaufnahme .................................................... 1234.1.2 2. Unterabschnitt: Anzeigepflichten .............................. 1234.2 Zweiter Abschnitt: Mitwirkungspflichten............................. 1244.2.1 1. Unterabschnitt: Führung von Büchern und

XXXAufzeichnungen....................................................... 1244.2.2 2. Unterabschnitt: Steuererklärungen ............................ 1294.2.3 3. Unterabschnitt: Kontenwahrheit ................................ 1354.3 Dritter Abschnitt: Festsetzungs- und

XFeststellungsverfahren ......................................................... 1354.3.1 1. Unterabschnitt: Steuerfestsetzung.............................. 1354.3.1.1 I. Allgemeine Vorschriften ............................................ 1354.3.1.2 II. Festsetzungsverjährung.............................................. 1534.3.1.3 III. Bestandskraft ............................................................. 1584.3.1.4 IV. Kosten ........................................................................ 1664.3.2 2. Unterabschnitt: Gesonderte Feststellung von

XXXBesteuerungsgrundlagen, Festsetzung vonXXXSteuermessbeträgen ................................................. 168

4.3.2.1 I. Gesonderte Feststellungen ......................................... 1684.3.2.2 II. Festsetzung von Steuermessbeträgen......................... 1704.3.3 3. Unterabschnitt: Zerlegung und Zuteilung.................. 1704.3.4 4. Unterabschnitt: Haftung............................................. 1714.4 Vierter Abschnitt: Außenprüfung ........................................ 1714.4.1 1. Unterabschnitt: Allgemeine Vorschriften................... 1714.4.2 2. Unterabschnitt: Verbindliche Zusagen auf Grund

XXXeiner Außenprüfung ................................................. 1774.5 Fünfter Abschnitt: Steuerfahndung (Zollfahndung) ............. 1794.6 Sechster Abschnitt: Steueraufsicht in besonderen Fällen....... 180

5 Fünfter Teil: Erhebungsverfahren ......................................... 1925.1 Erster Abschnitt: Verwirklichung, Fälligkeit und

XErlöschen von Ansprüchen aus demXSteuerschuldverhältnis ......................................................... 192

Inhaltsverzeichnis

XIV

5.1.1 1. Unterabschnitt: Verwirklichung und Fälligkeit ausXXXdem Steuerschuldverhältnis ..................................... 192

5.1.2 2. Unterabschnitt: Zahlung, Aufrechnung, Erlass.......... 1965.1.3 3. Unterabschnitt: Zahlungsverjährung ......................... 2005.2 Zweiter Abschnitt: Verzinsung, Säumniszuschläge .............. 2035.2.1 1. Unterabschnitt: Verzinsung........................................ 2035.2.2 2. Unterabschnitt: Säumniszuschläge ............................ 2135.3 Dritter Abschnitt: Sicherheitsleistung ................................. 216

6 Sechster Teil: Vollstreckung ..................................................... 224

7 Siebenter Teil: Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren... 2247.1 Erster Abschnitt: Zulässigkeit ............................................ 2287.2 Zweiter Abschnitt: Verfahrensvorschriften ........................... 234

8 Achter Teil: Straf- und Bußgeldvorschriften; Straf- undXBußgeldverfahren ..................................................................... 242

9 Neunter Teil: Schlussvorschriften ........................................... 242

III. Fazit ................................................................................................... 242

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung .............. 245I. Einleitung.......................................................................................... 245II. Vergleiche mit anderen Mitgliedstaaten der EU........................... 245

1. Belgien......................................................................................... 2462. Dänemark .................................................................................... 2463. Spanien ........................................................................................ 2474. Frankreich.................................................................................... 2485. Irland ........................................................................................... 2486. Italien........................................................................................... 2497. Luxemburg .................................................................................. 2498. Österreich .................................................................................... 2499. Portugal ....................................................................................... 25010. Schweden..................................................................................... 25011. Vereinigtes Königreich ................................................................ 250

Inhaltsverzeichnis

XV

III. Das Postulat nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit alsMotiv für ein Zoll- und Abgaben-Gesetz ....................................... 2511. Einleitung .................................................................................... 2512. Die Bedeutung des Grundsatzes der Rechtssicherheit ................ 2533. Was verbirgt sich hinter dem Begriff der

Rechts(un)sicherheit in der Literatur?......................................... 255a) Die Rechtsphilosophen des frühen 20. Jahrhunderts............ 255b) Die Bedeutung der Rechtssicherheit ab der Mitte des

20. Jahrhunderts .................................................................... 256c) Der Begriff der Rechtssicherheit gegen Ende des 20.

Jahrhunderts unter Berücksichtigung des Verhältnissesnationales Recht – Gemeinschaftsrecht ................................ 260

4. Das Postulat der Rechtssicherheit in der Rechtsprechung .......... 270a) Die Gemeinschaftsrechtliche Rechtsprechung ..................... 270b) Nationale höchstrichterliche Rechtsprechung ...................... 275

5. Das Postulat der Rechtssicherheit in der Gesetzgebung derGemeinschaft............................................................................... 276

6. Das Postulat der Rechtssicherheit in der Rechtsanwendungder Gemeinschaft......................................................................... 277

7. Fazit ............................................................................................. 279

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung.................................... 281I. Vorbemerkung.................................................................................. 281II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung) ............................................ 282

Erster Teil: Einleitende Vorschriften............................................. 299Zweiter Teil: Steuerschuldrecht....................................................... 318Dritter Teil: Allgemeine Verfahrensvorschriften ........................... 328Vierter Teil: Durchführung der Besteuerung.................................. 382Fünfter Teil: Erhebungsverfahren ................................................... 434Sechster Teil: Vollstreckung ............................................................. 453Siebter Teil: Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren .............. 509Achter Teil: Straf- und Bußgeldvorschriften ................................. 522Neunter Teil: Schlussvorschriften.................................................... 558

Inhaltsverzeichnis

XVI

Schlussbemerkung ............................................................................. 562

G. Ergebnisse ................................................................................ 563

XVII

Literaturverzeichnis

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XXIII

Abkürzungsverzeichnis

A.A. Anderer Ansichta.a.O. am anderen OrteA.T.A. Admission TemporaireABl. AmtsblattAbs. AbsatzAnm. AnmerkungAO AbgabenordnungAÖR Archiv für öffentliches RechtArt. ArtikelAufl. Auflageausschl. ausschließlichAw-Prax Außenwirtschaftliche PraxisAZO Allgemeine ZollordnungBankArch BankarchivBAnz BundesanzeigerBAW Bundesamt für WirtschaftBB BetriebsberaterBd. BandBeschl. BeschlussBFH(E) Bundesfinanzhof (Entscheidungssammlung)BFH/NV Amtliche Sammlung der nichtveröffentlichten

Entscheidungen des BFHBGB Bürgerliches GesetzbuchBGBl. BundesgesetzblattBMF Bundesministerium der FinanzenBT Deutscher BundestagBVerfG(E) Bundesverfassungsgericht(sentscheidungen)bzw. beziehungsweised.h. das heißtDB Der BetriebDDR Deutsche Demokratische RepublikDIHT Deutscher Industrie- und HandelstagDiss. DissertationDStR Deutsches SteuerrechtDStZ Deutsche SteuerzeitungEAG Europäische AtomgemeinschaftECU European Currency UnitEFG Entscheidungen der Finanzgerichte

Abkürzungsverzeichnis

XXIV

EG Europäische GemeinschaftenEGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und StahlEU Europäische UnionEuGH(E) Europäischer Gerichtshof (Entscheidungs-

sammlung)EuGRZ Europäische Grundrechte ZeitschriftEWG Europäische WirtschaftsgemeinschaftEWGV Vertrag über die Europäischen Wirtschaftsge-

meinschaftenff. folgendeFG FinanzgerichtFinArch FinanzarchivFN FußnoteFVG FinanzverwaltungsgesetzGBl. GesetzblattGG GrundgesetzGMBl. Gemeinsames MinisterialblattHess. FG Hessisches FinanzgerichtHFR Höchstrichterliche Finanzrechtssprechungi.d.F. in der FassungJW Juristische WochenschriftJZ JuristenzeitungMOG MarktorganisationsgesetzMrd. MilliardenNJW Neue Juristische WochenschriftNr. NummerNrn. NummernOHG Offene HandelsgesellschaftRAO ReichsabgabenordnungRGBl. ReichsgesetzblattRGW Rat für Gegenseitige WirtschaftshilfeRIW Recht der Internationalen WirtschaftRM ReichsmarkRnr. RandnummerRs RechtssacheRz. Randzahls. sieheS. Seites.u. siehe untenSlg. Sammlungsog. sogenannt(e, er, es)

Abkürzungsverzeichnis

XXV

Sp. SpalteStbg Die SteuerberatungStuW Steuer und WirtschaftTIR Transport International des Marchandises par la

Routeu. dgl. und dergleichenu.a. und andereUrt. Urteilusw. und so weiterv. vomv. H. von Hundertvgl. vergleicheVerw Die VerwaltungVO VerordnungVSF Vorschriftensammlung BundesfinanzverwaltungVVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der deut-

schen Staatsrechtslehrerz. B. zum BeispielZEuP Zeitschrift für europäisches PrivatrechtZfZ Zeitschrift für Zölle und VerbrauchsteuernZK ZollkodexZKDVO ZollkodexdurchführungsverordnungZollV ZollverordnungZollVG ZollverwaltungsgesetzZPO Zivilprozessordnung

1

A.

EinführungA. Einführung

Wenn man heute vom „Zollrecht“ spricht, so beinhaltet dieser Begriff eineVielzahl von nationalen wie auch gemeinschaftszollrechtlichen Vorschriftendes Abgabenrechts, die nebeneinander bestehen und die auf eine lange ge-schichtliche Entwicklung zurückgehen.

Die vorliegende Arbeit soll die Problematik des Nebeneinanders dieser ge-meinschaftszollrechtlichen und nationalen Abgabenvorschriften darstellenund nach Lösungswegen suchen, die dem Rechtsanwender im Bereich desZollrechts den Umgang mit den verschiedenen Vorschriften erleichtern soll.Bei dieser Untersuchung ist auf die Erfahrungen zurückzugreifen, die dieZollverwaltungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereitsgemacht haben.

Für das Gesamtverständnis der betroffenen Vorschriften erscheint es aucherforderlich und lohnend, die Entstehungsgeschichte der Abgabenvorschrif-ten einer näheren Betrachtung zu unterziehen, um zu erkennen, welche un-terschiedlichen Vorgehensweisen zur Schaffung des Abgabenrechtes geführthaben.

3

B.

Entstehung der AbgabenordnungB. Entstehung der Abgabenordnung

I. Die Reichsabgabenordnung von 1919I. Die Reichsabgabenordnung von 1919

Die Reichsabgabenordnung vom 23. Dezember 19191 wurde in einer Zeitpolitischer Wirren und in einer bedrückenden finanzpolitischen Situationverabschiedet. Waren die Ausgaben des Reiches für 1913 noch mit 3,2 Mil-liarden Reichsmark veranschlagt gewesen, so stiegen sie für 1919 auf 63Milliarden an. Die Reichsschulden waren infolge der Kriegsanleihen aufüber 150 Milliarden angewachsen. Dazu kamen noch die Reparationszah-lungen aus dem Versailler Vertrag, die bald auf über 130 Milliarden Gold-mark festgesetzt wurden2.Die Reichsabgabenordnung wuchs somit hervor aus einem Bedürfnis, dasdie Entwicklung des Reichssteuerrechts mit sich brachte.Während das Reich ursprünglich nur Zölle und einige Verbrauchsabgabenerhielt, erweiterte sich aufgrund der ungeheueren finanziellen Verpflichtun-gen als Folge des verlorenen 1. Weltkrieges die Besteuerung zugunsten desReichs. Dies führte zu einem unhaltbaren Zustand, da die Gesetze häufigeilig entstanden waren, Unregelmäßigkeiten und Lücken aufwiesen und ihreDurchsetzung nicht gesichert war.Die Reichsabgabenordnung sollte als Mantelgesetz im Wesentlichen die ein-zelnen Gesetze entlasten, gemeinsame Vorschriften enthalten, Widersprücheausgleichen und Lücken beseitigen3. Sie war von vornherein auf einen ab-gewogenen Interessenausgleich zwischen dem Staat als Steuergläubiger unddem Bürger als Steuerzahler ausgerichtet4.Das Reichsschatzamt beschloss daher im Sommer 1918, eine Reichsabga-benordnung einzubringen, die bis Januar 1919 fertig gestellt sein sollte, tat-sächlich jedoch erst Ostern 1919 druckfertig hergestellt war5.

1 RGBl. II S. 1993.2 Möller, Alex: Fünfzig Jahre Reichsabgabenordnung, Bulletin 1969, 1249, 1250.3 von Wedelstädt, Alexander: 75 Jahre Abgabenordnung, DB 1995, 7.4 Loose, Gerhard: Reform der Reichsabgabenordnung aus dem Jahr 1919, Bulletin

1971, 1011.5 Koch, Karl: Entstehungsgeschichte und Zielsetzung der AO-Reform, DStZ 1976, 451.

B. Entstehung der Abgabenordnung

4

Die Reichsabgabenordnung ist von einem einzigen Juristen konzipiert wor-den: Enno Becker.Er war in keine Gesetzgebungskommission eingebunden, sondern schuf einGesetzeswerk nur mit einem kleinen Mitarbeiterstab.Dass das Gesetzeswerk auch politisch in kürzester Zeit durch die Fachaus-schüsse der Nationalversammlung sowie im Staatenausschuss – der damali-gen Ländervertretung – durchgebracht wurde, war dem zum Reichsfinanz-minister bestellen Matthias Erzberger zu verdanken.Erzbergers Ziel war es, ein von den Volksvertretern mitverantwortetes„wohldurchdachtes und gut begründetes System gerechter Steuerverteilung“in ganz Deutschland zu schaffen, bei dem die Reichen sich mit den Armenin die Opfer des Krieges zu teilen hatten im Interesse einer sozialorientiertendemokratischen Ordnung6.

Die Reichsabgabenordnung wurde jedoch nicht als „Steuergrundgesetz“ ver-fasst, weil bereits Artikel 134 der Weimarer Verfassung vorschrieb, dass alleBürger ohne Unterschied im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichenLasten nach Maßgabe der Gesetze beizutragen hatten7. Es war daher über-flüssig, eine solche Vorschrift zusätzlich in die Reichsabgabenordnung auf-zunehmen8.Ziel der Reichsabgabenordnung 1919 war nach der Vorstellung Enno Bek-kers, „eine Grundlage für die Finanzverwaltung und die zahlreich drohendenEinzelsteuergesetze zu schaffen, die genügend sicher, aber zugleich elastischgenug wäre, keine Hindernisse für die weitere Entwicklung zu bereiten“9.Auf die so entstandene Kodifikation wurde sowohl mit Kritik als auch mitLob reagiert. Kritik kam vor allem aus Kreisen der Politik, Wirtschaft undWissenschaft.Der Staatsrechtslehrer Hans Nawiasky, einer der Hauptkritiker Enno Bek-kers und seines Werkes, hat dem Gesetzeswerk und seinem Verfasser insbe-sondere „ziemliche unklare Systematik“, „wenig fruchtbare Theorie“,

6 Möller, Alex, a.a.O. (FN 2), 1250.7 Hildebrandt, Horst: Die deutschen Verfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts, 14.

Aufl. 1992.8 Tipke, Klaus: Enno Becker, Schöpfer der Reichsabgabenordnung, StuW 1990, 74.9 Becker, Enno: Vorwort zur 1. Auflage RAO, 1922.

II. Die Abgabenordnung 1977

5

„grundlose Eigenbrötelei“10 und „leichtfertige Übertragung privatrechtli-cher Konstruktionen“11 vorgeworfen.Ein anderer Kritiker der Reichsabgabenordnung war Ludwig Waldecker,nach dessen Auffassung „die RAO voller innerer Widersprüche war, die er-kennen ließen, dass die Tragweite der damaligen Gesetze nicht genügenddurchdacht worden sei. In dem Streben, nur überhaupt etwas unter Dachund Fach zu bringen, habe man die widersprechendsten Dinge zusammen-gekoppelt, ohne zu sehen, dass hier Widersprüche vorlagen, die das Ge-samtwerk gefährden mussten“12.

Mit ihrer Kritik standen Nawiasky und Waldecker jedoch ziemlich allein.Die Befürworter der Reichsabgabenordnung wie Kaufmann13 und Hensel14

sahen sie wegen ihrer grundsätzlichen und exemplarischen Bedeutung fürdie juristische Ausprägung der verwaltungsrechtlichen Institute als eineEpoche in der Verwaltungsgeschichte und in der politischen Geschichtebzw. als „Felddienstordnung“ für das Heer der Steuerbeamten an.Die Arbeiten an der Abgabenordnung 1977 haben gezeigt, dass BeckersReichsabgabenordnung gelegentlich systematisch verbesserbar war, dass daseine oder andere modernisiert werden musste; aber auch die Abgabenord-nung 1977 ist noch immer weithin geprägt von Beckers bewährtem Kon-zept.

II. Die Abgabenordnung 1977II. Die Abgabenordnung 1977

Die Reichsabgabenordnung Enno Beckers, die dieser selbst als eine ArtNotgesetz bezeichnet hatte15, blieb im Wesentlichen bis zur Einführung derAbgabenordnung 1977 für das steuerliche Verfahren maßgebend.

10 Nawiasky, Hans: Steuerrechtliche Grundfragen, München, 1926, 37, 70.11 Nawiasky, Hans, a.a.O., (FN 10), 16.12 Waldecker, Ludwig: Steuerrecht oder Fiskalismus?, FinArch Band 42 (1925), 69, 75.13 Kaufmann, Erich: Die reichseigene Steuerverwaltung – ihre politische Bedeutung und

ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen, Recht und Wirtschaft VIII, 1919, 211, 216,217.

14 Hensel, Albert: Der Einfluss des Steuerrechts auf die Begriffsbildung des öffentlichenRechts, VVDStRL 3 (1927), 70, 71.

15 Koch, Karl: Entstehungsgeschichte und Zielsetzungen der AO-Reform, DStZ 1976,451.

B. Entstehung der Abgabenordnung

6

Es stellt sich nun jedoch die Frage, warum das bewährte Werk Enno Beckersüberhaupt reformiert werden sollte.Anlass der Reform war der Wunsch nach Geschlossenheit der AO als Man-telgesetz und Verbesserung der Systematik.Am 20. Februar 1976 stimmte der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zu, so-dass das Gesetz am 23. März 1976 im Bundesgesetzblatt16 verkündet werdenund zum 1. Januar 1977 in Kraft treten konnte.Während Enno Becker das Steuerrecht verselbstständigen wollte, strebte dieAbgabenordnung 1977 im Interesse der Rechtseinheit eine Angleichung derVorschriften der Abgabenordnung an das Verwaltungsverfahrensgesetz an17.So wurden beispielsweise die Vorschriften der Abgabenordnung über allge-meine Verwaltungsakte weitgehend mit den Vorschriften über Verwaltungs-akte im Verwaltungsverfahrensgesetz in Einklang gebracht. Mit der Reformsollte jedoch auch die Systematik gegenüber der Reichsabgabenordnungverbessert werden18. Das BMF entschied sich daher für eine Gliederung, dieauch den zeitlichen Ablauf des Besteuerungsverfahrens in etwa widerspie-gelt.Die Abgabenordnung 1977 hat darüber hinaus einen vernünftigen Ausgleichzwischen den widerstreitenden Prinzipien der Gleichmäßigkeit der Besteue-rung und der Rechtssicherheit gefunden19, indem die Festsetzungsverjährungauf 4 Jahre verkürzt, eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprü-fung eingeführt und Vorschriften über die Aufhebung und Änderung vonSteuerbescheiden verbessert wurden.Drei Ziele sind es vor allem, die durch die neue Abgabenordnung verwirk-licht werden sollten:- Die neue Abgabenordnung sollte eine gerechte, gleichmäßige und für

alle Beteiligten möglichst unbürokratische und zeitnahe Durchführungder Besteuerung sichern und einen gerechten Ausgleich zwischen denBelangen der Allgemeinheit und denen des einzelnen Steuerzahlersherbeiführen20,

16 BGBl. 1976 I S. 613.17 Koch, Karl, a.a.O., (FN 15), 453.18 Tipke, Klaus: Fünfzig Jahre Reichsabgabenordnung, AÖR 224, 252.19 von Bockelberg: Die Reform der Abgabenordnung, BB 1976, 1185; Tipke, Klaus,

a.a.O. (FN 18), 253.20 BT-Drucksache 7/4292.

II. Die Abgabenordnung 1977

7

- die neue Abgabenordnung sollte wieder zum Mantelgesetz für das all-gemeine Steuerrecht und das Steuerverfahrensrecht werden, das auchdie zahlreichen Nebengesetze zur alten Reichsabgabenordnung in sichaufnahm,

- der Gedanke der Vereinheitlichung des allgemeinen Verwaltungsrechtssollte so weit verwirklicht werden, wie dies angesichts der Besonder-heiten des Steuerrechts seiner bisherigen eigenständigen Entwicklungvertretbar war21.

Die Abgabenordnung 1977 hat die in sie gesetzten Ziele erfüllt. Insbesonde-re ist das Ziel, die Abgabenordnung 1977 wieder zu einem Mantelgesetz fürdas allgemeine Steuerrecht zu machen, weitgehend erreicht worden.Bereits durch das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung wurden mehr alsein Dutzend Gesetze und Rechtsverordnungen aufgehoben.

21 Loose, Gerhard: Reform der Reichsabgabenordnung aus dem Jahre 1919, Bulletin1971, 1011, 1012.

9

C.

Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechtssowie des Gemeinschaftszollrechts

C. Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechts sowie des Gemeinschaftszollrechts

I. Das Nachkriegszollrecht in der BundesrepublikDeutschland

I. Das Nachkriegszollrecht in der Bundesrepublik Deutschland

Mit Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten wuchs die BundesrepublikDeutschland im Rahmen des Zusammenschlusses von 1952 zur Europäi-schen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), auch Montanunion ge-nannt22 sowie durch die 1957 gegründete Europäische Wirtschaftsgemein-schaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG)23 zu einerZollunion zusammen, die eine enge wirtschaftliche Verbindung mit anderenStaaten und die Förderung des Welthandels im liberalen Geist anstrebte.Die Durchschnittshöhe der Zölle sank laufend (Durchschnittsbelastung 193833 v.H. des Einfuhrwertes, 1960 7 v.H., 1990 nur noch 1,2 v.H.).Die Binnenzölle zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirt-schaftsgemeinschaft wurden stufenweise abgebaut.In schwieriger und unermüdlicher Arbeit war der Gemeinsame Zolltarif vom1. Juli 1968 entstanden, dem die nationalen Außenzölle schrittweise ange-passt wurden.Eine Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebietdes Zollwesens wurde eingeleitet.Neben die großen Verkehrsmittel Eisenbahn und Schiff traten im steigendenMaße die kleinen Verkehrsmittel (Lastkraftwagen und Flugzeug), wodurchdie Zahl der Abfertigungen für die gleiche Warenmenge vervielfacht wurde.Diese veränderte Situation machte den Erlass neuer Zollvorschriften erfor-derlich. Nach dem Erlass von sechs Zolländerungsgesetzen und zahlreichenVerordnungen war ein neues Zollgesetz, das statt einzelner Korrekturen einegrundlegende Reform brachte, unaufschiebbar geworden. Dieses Gesetz tratzum 1. Januar 1962 in Kraft.

22 Vertrag vom 18. April 1951, BGBl. 1952 II S. 445.23 Vertrag vom 25. März 1957, BGBl. 1957 II S. 766.

C. Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechts sowie des Gemeinschaftszollrechts

10

Die wesentlichen Ziele des neuen Zollgesetzes bestanden in der Vereinfa-chung und Beschleunigung der Zollverfahren, um der Entwicklung vonHandel und Verkehr gerecht zu werden.Als Durchführungsverordnung wurde insbesondere die Allgemeine Zollord-nung (AZO) vom 29. November 196124 erlassen.Eine Dienstanweisung (ZollDA) wurde in der Vorschriftensammlung derFinanzverwaltung (VSF) herausgegeben und enthielt Auslegungsregeln undErmessensrichtlinien.Allerdings hat das In-Kraft-Treten von Gemeinschaftszollrecht auf be-stimmten Gebieten, das die jeweiligen nationalen Vorschriften aufgrund desVorrangs des Gemeinschaftszollrechts25 nach Artikel 25 GG obsolet machte,nicht zu entsprechenden – in ihrer Häufigkeit die Rechtssicherheit beein-trächtigenden – Gesetzesänderungen geführt, die nichts anderes hätten be-wirken können, als die durch EG-Recht sowieso schon unanwendbaren Be-stimmungen formell außer Kraft zu setzen.Der Nachteil, der in Kauf genommen wurde, war die Parallelität zwischennicht aufgehobenem nationalen Recht und ihm vorgehenden EG-Recht, wasschon damals zu Schwierigkeiten bei der Feststellung des auf einen Sach-verhalt tatsächlich anzuwendenden Rechts führen konnte.

II. Das Gemeinschaftszollrecht bis zur Erreichung derZollunion

II. Das Gemeinschaftszollrecht bis zur Erreichung der Zollunion

Bereits der EWG-Vertrag in der Fassung vom 25. März 195726 erwähnte die„Zollrechtsharmonisierung“ als ein Element einer Zollunion. Im Zusam-menhang mit der Beseitigung der Unterschiede auf dem Gebiet des Zollwe-sens sprach er allerdings in seinem Artikel 27 von einer „Angleichung derRechts- und Verwaltungsvorschriften“, was insofern präziser ist als der übli-che Begriff „Zollrechtsharmonisierung“, weil die „Angleichung“ als umfas-sender Begriff sowohl die Herbeiführung einer bloßen Rechtsähnlichkeit alsauch die Herstellung voller Rechtsgleichheit bezeichnet, während eine„Harmonisierung“ immer nur auf die Beseitigung von Systemunterschiedenabzielt.

24 BGBl. 1961 I S. 1937.25 BVerfG vom 9.6.1971, 2 BvR 225, 69, BVerfGE 31, 145, 173; EuGH vom 15.7.1964,

Rs 6/64, EuGHE 10, 1251, 1270; vom 19.6.1990, Rs C-213/89, EuGHE I 1990, 2433;Art. 249 EG-Vertrag.

26 BGBl. 1957 II S. 766; berichtigt BGBl. 1957 II S. 1678 und 1958 II S. 64.

II. Das Gemeinschaftszollrecht bis zur Erreichung der Zollunion

11

Als Rechtsgrundlage für die Zollrechtsangleichung sah der Vertrag aus-drücklich in Artikel 27 bis zum Ende der ersten Stufe, d.h. bis Ende 1961,allerdings nur „Empfehlungen“ der Kommission vor, die nach Artikel 189Abs. 5 EWGV (heute Artikel 249) nicht verbindlich sind.Die etwa 10 Empfehlungen auf dem Gebiet des Zollrechts, die in dieser Zeiterlassen wurden, konnten daher auch nicht zu der tatsächlich sehr komple-xen Angleichung führen.Nach Ablauf der ersten Stufe stützte die Gemeinschaft ihre Arbeiten zurAngleichung des Zollrechts der Mitgliedstaaten auf Artikel 100 EWGV27,der die Generalklausel für die Rechtsangleichung in der Gemeinschaft ent-hielt. Ohne ein bestimmtes Rechtsgebiet zu benennen, eröffnete diese Be-stimmung die Möglichkeit, alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzu-gleichen, die sich auf die Errichtung oder das Funktionieren des gemeinsa-men Markts auswirken.Danach erließ der Rat Richtlinien, die nach Artikel 189 Abs. 3 EWG-Vertrag – heute Artikel 249 EG-Vertrag – hinsichtlich des zu erreichendenZiels verbindlich sind, jedoch den Mitgliedstaaten die Wahl der Form undder Mittel zur Transformierung überlassen. Hierbei handelte es sich zumeinen um Richtlinien zu allgemeinen Zollrechtsfragen, zum anderen umRichtlinien, die zollverfahrensrechtliche Bestimmungen enthielten.Diese Angleichung durch Richtlinien wurde mit der Zeit – insbesondere imHinblick auf die Verwirklichung des Binnenmarkts – als nicht ausreichenderkannt.Das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Richtlinie in nationalesRecht war zeitaufwändig und die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriftenzu den einzelnen Materien wiesen zu viele Unterschiede auf, um von einerwirklichen Angleichung sprechen zu können.Auf dem Weg zu einer zukünftigen politischen Union liegt als Nahziel derden Inhalt der Einheitlichen Europäischen Akte vom 1. Juli 198728 bildendeund zum 1. Januar 1993 in Kraft getretene „Binnenmarkt", der einen Raumohne Binnengrenzen schaffte, in dem die vier Freiheiten des gemeinsamenMarktes verwirklicht sind, nämlich der freie Verkehr von Waren, Personen,Dienstleistungen und Kapital.

27 jetzt Artikel 94 des EG-Vertrages vom 7. Februar 1992 in der Fassung vom 2. Oktober1997, BGBl. 1998 II S. 387.

28 BGBl. 1986 II S. 1104.

C. Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechts sowie des Gemeinschaftszollrechts

12

Ein Raum, der zollrechtlich einen Binnenmarkt darstellt, kann im Verhältniszu seinen Handelspartnern jedoch nicht mit zehn Zollrechtssystemen auf-warten (wenn man die Beneluxstaaten als einen Raum nimmt), die zwar ein-ander ähnlich sind, aber eben doch Unterschiede aufweisen. Es war daherselbstverständlich, dass ein einheitliches Gesetzeswerk geschaffen wurde:der Zollkodex der Europäischen Gemeinschaft.

III. Das Zollrecht im Rahmen des BinnenmarktsIII. Das Zollrecht im Rahmen des Binnenmarkts

1. Der ZollkodexDas Ziel, in einem gemeinsamen Markt, für den die Zollunion nur einDurchgangsstadium ist, ein einheitliches und in sich geschlossenes Zollge-setz zu schaffen, ist von der EG-Kommission bereits vor 30 Jahren in ihrem„Allgemeinen Programm für die Angleichung des Zollrechts“29 erkanntworden.Tatsächlich wurde intern bereits 1976 mit den Arbeiten zur Kodifikation desgesamten Gemeinschaftszollrechts begonnen. In ihrem „Mehrjahrespro-gramm“ von 197930 sprach die Kommission bereits von einem „gemein-schaftlichen Zollgesetz“ und führte in ihrem „Programm 1982“31 aus, dassein homogenes Zollrecht eine unverzichtbare Vorbedingung für die Schaf-fung eines einheitlichen Markts darstellt. Im Jahr 1984 trat eine Arbeits-gruppe „Gemeinschaftliche Zollgrundverordnung“ zusammen, die den vomRat am 12. Oktober 1992 verabschiedeten Zollkodex der Gemeinschaft aus-arbeitete.Der Zollkodex ersetzte mit seinem In-Kraft-Treten (für die Bestimmungenüber die Ausfuhr zum 1. Januar 1993, für die übrigen Vorschriften zum1. Januar 1994) das materielle Zollrecht der Mitgliedstaaten.Der Aufbau der Zollgrundverordnung folgte – im Prinzip wie das deutscheZollgesetz von 1961 – dem natürlichen Ablauf der Vorgänge bei der Einfuhrvon Waren.Die Konzeption des Zollkodexes, die im Laufe der Beratungen von einemumfassenden Gesetzeswerk mit einer in allen Einzelheiten zu regelndenZollrechtsmaterie zu einem kurzen, nur die Grundlagen und Ermächtigun-gen enthaltenden Text gewechselt hat, führte schließlich zu einer Mittellö-

29 Kommissionsdokument SEC (71) 682 vom 28.4.1971 (unveröffentlicht).30 Kommissionsdokument KOM (79) 8 vom 9.3.1979, S. 6, ABl. EG 1979 Nr. C 84/2.31 Programm 1982 für die Verwirklichung der Zollunion, ABl. EG 1982 Nr. C 80/2.

III.Das Zollrecht im Rahmen des Binnenmarkts

13

sung, bei der die wesentlichen materiell-rechtlichen Bestimmungen im Ko-dex belassen wurden, dieser aber noch durch eine Durchführungsverordnungergänzt werden musste, um eine einheitliche Verfahrensweise in der Ge-meinschaft sicherzustellen.Im Bereich des allgemeinen Verfahrensrechts hat der Zollkodex auf Rege-lungen über das Recht der Zuwiderhandlungen, das Vollstreckungsrecht undüber die Zuständigkeit der nationalen Zollstellen verzichtet.Soweit hierdurch Regelungslücken eingetreten sind, findet das nationaleVerfahrensrecht Anwendung32.Die nachfolgende Untersuchung wird zeigen, dass ohne Anwendung derAbgabenordnung in vielen Bereichen Regelungslücken bestehen würden,die zur Rechtsunsicherheit führen würden.Trotz der zuvor genannten Lücken stellt der Zollkodex das größte harmoni-sierte Gesetzeswerk innerhalb der Europäischen Gemeinschaft dar. Der Ko-difikation kommt über den Bereich des Zollrechts hinaus eine wichtigerechtspolitische Bedeutung für die Entwicklung der Rechtsordnung der Ge-meinschaft zu33.

2. Das ZollverwaltungsgesetzDer Zollkodex und seine Durchführungsbestimmungen regeln das Zollver-fahrensrecht in der Gemeinschaft in materieller und formeller Hinsicht,während die auf die einzelnen Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten bezüg-lichen Fragen der Organisation und des Einsatzes wegen des Fehlens einereinheitlichen EG-Zollverwaltung weiterhin national zu bestimmen sind.Es war daher erforderlich, in Deutschland ein Zollverwaltungsgesetz zuschaffen34, das die Aufgaben der Zollverwaltung den Erfordernissen des Eu-ropäischen Binnenmarkts anpasst, die zur Durchführung dieser Aufgabenerforderlichen Befugnisse festlegt und die Bestimmungen in den Zoll-rechtsmaterien enthält, die nach dem Gemeinschaftszollrecht weiterhin dernationalen Regelungskompetenz unterliegen.

32 Hohrmann, Friedrich A.: Quellen und Systematik des gemeinschaftlichen und natio-nalen Zollrechts, DStZ 1994, 449, 456; so wohl auch Streck, Michael / Olgemöller,Herbert: Der Streit mit dem Zoll – Der neue Zollkodex, DStR 1996, 1105, 1106, diesich allerdings nicht festlegen.

33 Streck, Michael / Olgemöller, Herbert, a.a.O., (FN 32), 1105.34 ZollVG vom 21. Dezember 1992, BGBl. I 2125.

C. Entstehung des neuzeitlichen nationalen Zollrechts sowie des Gemeinschaftszollrechts

14

Mit der vollständigen Anwendung des Zollkodexes zum 1. Januar 1994 tratauch das ZollVG vollständig in Kraft und ersetzte zu diesem Zeitpunkt dasdeutsche Zollgesetz von 1961.Bereits zum 1. Januar 1993 traten allerdings die Bestimmungen in Kraft, diesich auf die Aufgabenzuweisung und die Befugnisse der Zollverwaltungbeziehen, um – als Ausgleich für den Fortfall der Binnengrenzen – Sicher-heitsdefiziten und Einnahmeausfällen entgegenzuwirken.

3. Übereinkommen von SchengenNur der Vollständigkeit halber sei das zwischen Frankreich, Deutschlandund den Benelux-Staaten am 14. Juni 1985 in dem kleinen luxemburgischenStädtchen Schengen geschlossene Übereinkommen betreffend den schritt-weisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen erwähnt35. ImRahmen der kurzfristig durchzuführenden Maßnahmen beschränkten dieVertragsstaaten ihre Polizei- und Zollkontrollen an den Binnengrenzen –abgesehen von Stichproben außerhalb der Fahrspur – auf eine einfacheSichtkontrolle der die gemeinsamen Grenzen mit verminderter Geschwin-digkeit überquerenden Personenfahrzeuge.Auch hinsichtlich des Güterverkehrs verpflichteten sich die Vertragsstaatenzur Verkürzung der Wartezeiten an der Grenze und insbesondere zur Verle-gung der Kontrollen von den gemeinsamen Grenzen an die Außengrenzenoder in das Binnenland.Die im Übereinkommen von Schengen enthaltenen Programmpunkte einervölligen Reisefreiheit und eines gewerblichen Güterverkehrs ohne Grenz-kontrollen innerhalb der Vertragsstaaten bildeten den Gegenstand von Ver-handlungen zur Ausarbeitung eines Zusatzübereinkommens, das am19. Juni 1990 (wiederum in Schengen) unterzeichnet wurde36.

Wenn auch der warenbezogene Teil des Zusatzübereinkommens von Schen-gen durch die Beseitigung der innergemeinschaftlichen Grenzkontrollenzum 1. Januar 1993 weitgehend überholt ist, sind die Schengen-Übereinkommen vor allem für Staaten von Interesse, die nicht Mitglied-staaten der Europäischen Union sind, wie z.B. Norwegen und Island, diedem Abkommen zum 25. März 2001 beigetreten sind.

35 GMBl. 1986 S. 79.36 Anlage zum BAnz. Nr. 217 vom 23.11.1990.

15

D.

Anwendbarkeit der einzelnen Vorschriften der AOauch nach In-Kraft-Treten des Zollkodexes

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

I. EinleitungI. Einleitung

Die vorstehende Ausarbeitung hat gezeigt, dass der Rechtsanwender mitmehreren Gesetzen arbeiten muss, um das Zollrecht zutreffend anzuwenden.In der Praxis hat sich die Frage als schwierig erwiesen, welche Vorschriftender Abgabenordnung noch neben den Vorschriften des Zollkodexes Anwen-dung finden.Das Gemeinschaftszollrecht hat als höherrangiges Recht nach Artikel 249EG-Vertrag grundsätzlich Vorrang gegenüber dem nationalen Recht.

1. Rechtliche Grundlagen des Vorrangs des GemeinschaftsrechtsWorauf stützt sich nun aber dieser gemeinschaftsrechtliche Vorgang undwelches sind seine Inhalte.Anknüpfungspunkt sind in erster Linie die Normen des Grundgesetzes undzwar die Artikel 23 und 24 GG.Artikel 24 Abs. 1 GG sieht eine Übertragungsmöglichkeit hoheitlicherRechte des Bundes auf zwischenstaatliche Einrichtungen vor, sodass derBund damit auf die Wahrnehmung eines Teils seiner Rechte verzichtet unddie Legislativ-, Exekutiv- und Judikativgewalt auf die zwischenstaatlicheEinrichtung übergegangen ist.Darüber hinaus berechtigt auch Artikel 23 GG zur Übertragung von Ho-heitsrechten im Zusammenhang mit der Entwicklung einer EuropäischenUnion. Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 31. März 199837, in demes über die Mitwirkung Deutschlands an der Währungsunion zu befindenhatte, beispielsweise die Übertragung der Währungshoheit auf die Europäi-sche Gemeinschaft im Rahmen der Schaffung der Währungsunion an Arti-kel 23 Abs. 1 GG gemessen. Nehme die Bundesregierung die deutschenMitgliedschaftsrechte in den europäischen Organen wahr, so wirke der Bun-destag integrationsbegleitend nach Maßgabe des Artikels 23 Abs. 2 und 3

37 Az. 2 BvR 1877/97 und 2 BvR 50/98, NJW 1998, 1934.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

16

GG und des zu seiner Ausführung erlassenen Gesetzes über die Zusammen-arbeit von Bundesregierung und Bundestag in Angelegenheiten der Europäi-schen Union vom 12. März 199338 an der Willensbildung des Bundes in die-sen Angelegenheiten mit. Die Beteiligung des Bundesrates bestimme sichnach Artikel 23 Abs. 2, 4 und 5 GG.Die Entscheidung des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regie-rungschefs über die Teilnehmerstaaten an der Währungsunion sei einRechtssetzungsakt im Sinne von Artikel 23 Abs. 3 GG.Diese Entscheidung knüpft an das Urteils des BVerfG39 aus dem Jahr 1993an, in welchem das BVerfG darüber zu befinden hatte, inwieweit es zulässigwar, dass durch den Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar1992 und durch das Gesetz vom 28. Dezember 1992 zum Vertrag über dieEuropäische Union40 wesentliche Kompetenzen des Deutschen Bundestagesauf Organe der Europäischen Gemeinschaften übertragen wurden. Die Be-schwerdeführer der eingelegten Verfassungsbeschwerde machten u.a. gel-tend, dass die Staatsgewalt in Deutschland nicht mehr wesentlich von dengewählten Vertretern des ganzen deutschen Volkes im Deutschen Bundestagund damit nicht mehr vom deutschen Volk ausgeübt werde. Das BVerfG istdieser Auffassung nicht beigetreten.Es hat vielmehr entschieden, dass der Vertrag über die Europäische Unionund die darin enthaltene Kompetenzübertragung den Anforderungen desArtikels 23 GG genüge. Die Mitgliedstaaten hätten die Europäische Uniongegründet, um einen Teil ihrer Aufgaben gemeinsam wahrzunehmen undinsoweit ihre Souveränität gemeinsam auszuüben.Das BVerfG hat den notwendigen Einfluss des Deutschen Bundestages da-durch als gewährleistet angesehen, dass nach Artikel 23 Abs. 1 GG für diedeutsche Mitgliedschaft in der Europäischen Union ein Gesetz erforderlichwar, das der qualifizierten Mehrheit des Artikels 79 Abs. 2 GG bedurfte.Änderungen der vertraglichen Grundlagen der Union bedürften nach Arti-kel 23 Abs. 1 Satz 3, Artikel 79 Abs. 2 GG der Zustimmung von zwei Drit-teln der Mitglieder des Bundestages.

38 BGBl. I S. 311.39 BVerfG vom 12.10.1993, 2 BvR 2134/92 und 2 BvR 2159/92, BVerfGE 89, 155.40 BGBl. II S. 1251.

I. Einleitung

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Wenn man von der Übertragung von hoheitlichen Rechten spricht, mussman sich vergegenwärtigen, dass es eine Kodifikation eines gemeinschafts-rechtlichen Verwaltungsrechts nicht gibt.Wolff/Bachoff/Stober weisen allerdings darauf hin, dass es durch die zu-nehmende Intensivierung der Verwaltungszusammenarbeit dazu kommenwerde, dass zunehmend einzelne verwaltungsrechtliche Materien verge-meinschaftet werden und sich zu einem Gemeinschaftsverwaltungsrechtverdichten41.

2. Die Pflicht zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts aus derSicht der Rechtsprechung des EuGH

Dass die deutsche Verwaltung im Interesse der Funktionsfähigkeit der Euro-päischen Gemeinschaft verpflichtet ist, das Gemeinschaftsrecht anzuwen-den, ist bereits frühzeitig sowohl von der nationalen als auch der europäi-schen Gerichtsbarkeit festgestellt worden.So hat der EuGH bereits in seiner Entscheidung vom 15. Juli 196442, in deres erstmals allgemein um das Verhältnis von nationalem zu Gemeinschafts-recht ging, entschieden, dass die Aufnahme der Bestimmungen des Gemein-schaftsrechts in das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten zur Folge habe,dass es den Mitgliedstaaten unmöglich sei, nachträglich einseitige Maßnah-men ins Feld zu führen. Denn es würde eine Gefahr für die Verwirklichungder Vertragsziele bedeuten, wenn das Gemeinschaftsrecht je nach der nach-träglichen innerstaatlichen Gesetzgebung von einem Staat zum anderen ver-schiedene Geltung haben könnte. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechtswerde durch Artikel 189 bestätigt, wonach die Gemeinschaftsverordnungenverbindlich sind und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten. Daher könnedem vom Vertrag geschaffenen Recht keine wie immer geartete innerstaatli-che Rechtsvorschrift vorgehen, wenn nicht die Rechtsgrundlage der Ge-meinschaft selbst in Frage gestellt werden soll.Diese Auffassung findet sich im Anschluss an diese Entscheidung in ständi-ger Rechtsprechung des EuGH.In dem Rechtsstreit Rs 48/7143 hatte sich der EuGH mit der Frage zu be-schäftigen, wie lange nicht gemeinschaftsrechtskonforme nationale Bestim-mungen – hier über die Erhebung einer italienischen progressiven Abgabe

41 Wolff, Hans-J./Bachoff, Otto/Stober, Rolf: Verwaltungsrecht Bd. 1 § 17 I 2.42 Rs 6/64, EuGHE 10, 1251.43 Rs 48/71, DöV 1973, 410.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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bei der Ausfuhr von Gegenständen von künstlerischem, geschichtlichem,archäologischem oder ethnografischem Interesse – wirksam bleiben.In seiner Entscheidung vom 13. Juli 1972 hat der EuGH hierzu entschieden,dass eine mit dem EWG-Vertrag für unvereinbar erklärte nationale Vor-schrift auch dann nicht wirksam bleibe, weil ihre Aufhebung oder Änderungbeim Mitgliedstaat auf Schwierigkeiten wie Gesetzgebungsverfahren stoße.Eine derartige Auffassung würde darauf hinauslaufen, dass die Anwendungder Gemeinschaftsrechtsnorm dem Recht der einzelnen Mitgliedstaaten un-tergeordnet wäre. Aus der Geltung des Gemeinschaftsrechts ergebe sich dasVerbot, eine mit dem Vertrag für unvereinbar erklärte nationale Vorschriftanzuwenden. Zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft müssten dieNormen des Gemeinschaftsrechts mit gleicher Geltung im gesamten Ho-heitsgebiet der Gemeinschaft gelten, ohne dass die Mitgliedstaaten ihnenirgendwelche Hindernisse entgegenstellen können.Die Mitgliedstaaten hätten mit der Übertragung ihrer Rechte und Befugnisseauf die Gemeinschaft eine endgültige Beschränkung ihrer Souveränitäts-rechte bewirkt, gegen die innerstaatliche Rechtsvorschriften nicht ins Feldgeführt werden könnten.Für den Bereich der Agrarmarktorganisationen hat der EuGH in seinem Ur-teil vom 26. Februar 197644 entschieden, dass eine einzelstaatliche Regelungauf dem Gebiet der Agrarpreise, die für dieselben Handelsstufen gilt wie dasSystem der Gemeinschaftspreise, mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbarist.Der Generalanwalt Gerhard Reischl hat in seinen Schlussanträgen vom21. Januar 1976 explizit darauf hingewiesen, dass die nationalen Verwaltun-gen keine Regelungsbefugnis haben, wenn die Gemeinschaftsbehördenselbst geeignete Maßnahmen in dem Rechtsbereich getroffen haben. Natio-nale Maßnahmen dürfen nicht die Ziele und das Funktionieren der betref-fenden gemeinsamen Marktorganisation in Gefahr bringen. In den Entschei-dungen vom 7. Juli 197645, in denen es um die Gültigkeit von nationalenitalienischen Vorschriften über die Meldepflicht von Ausländern ging, hatder EuGH festgestellt, dass der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenübernationalen Vorschriften aller Art gelte.Das Gericht hat damit eine frühere Entscheidung bestätigt, nach der sämtli-che dem Gemeinschaftsrecht entgegenstehende nationale Bestimmungen,

44 Rs 88 bis 90/75, EuGHE 1976, 323.45 Rs 48/71 und 118/75, EuGHE 1976, 1185.

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hier die französischen Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches für die See-schifffahrt, unanwendbar geworden sind46.Nach Auffassung des EuGH47 haben nach dem Grundsatz des Vorrangs desGemeinschaftsrechts die Vertragsbestimmungen und die unmittelbar gelten-den Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane in ihrem Verhältnis zum internenRecht der Mitgliedstaaten nicht nur zur Folge, dass allein durch ihr In-Kraft-Treten jede entgegenstehende nationale Regelung unanwendbar wird, son-dern auch, dass ein wirksames Zustandekommen neuer staatlicher Gesetz-gebungsakte insoweit verhindert wird, als diese mit Gemeinschaftsnormenunvereinbar wären. Würde nämlich staatlichen Gesetzgebungsakten, die aufeinen Bereich übergreifen, in dem die Gemeinschaft die Rechtssetzungsbe-fugnis hat, irgendeine rechtliche Wirksamkeit zuerkannt, so würde die Ef-fektivität der Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten nach dem Vertragvorbehaltlos und unwiderruflich übernommen haben, verneint, und dieGrundlagen der Gemeinschaft selbst würden in Frage gestellt werden. DasGericht fordert jeden staatlichen Richter auf, für die volle Wirksamkeit ge-meinschaftsrechtlicher Normen Sorge zu tragen, indem er entgegenstehendenationale Bestimmungen unangewendet lässt. Ausgangsfrage dieser Ent-scheidung war, inwieweit national angeordnete gesundheitspolizeiliche Un-tersuchungen sowie die Erhebung von Gebühren für diese Untersuchungenein vom Gemeinschaftsrecht verbotenes Hindernis für den freien Warenver-kehr darstellten.Auch in seiner Entscheidung vom 21. Mai 198748 hat der EuGH den Grund-satz des Vorranges des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht be-kräftigt und diesen Vorrang auf alle diejenigen Entscheidungen übertragen,die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihrer Zuständigkeit an die Mitglied-staaten gerichtet haben49.In diesem Verfahren ging es um die Zulässigkeit der Förderung des Absatzesvon Butter auf dem Markt von Berlin (West) und das Verhältnis zwischeneiner Kommissionsentscheidung, die an die Bundesrepublik Deutschlandgerichtet war, und den innerstaatlichen Vorschriften gegen den unlauterenWettbewerb und über Zugaben. Das Gericht hat der Kommissionsentschei-dung den Vorrang eingeräumt, so lange diese vom Gerichtshof nicht für un-gültig erklärt oder sonstwie außer Kraft getreten ist.

46 Urteil vom 4.4.1974, Rs 167/73, EuGHE 1974, 359.47 Urteil vom 9.3.1978, Rs 106/77, EuGHE 1978, 629.48 Rs 249/85, EuGHE 1987, 2345.49 Schlussanträge des Generalanwalts Carl Otto Lenz vom 5.12.1986, EuGHE 1987,

2301.

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3. Die Berücksichtigung der Grundrechte im Verhältnis zumGemeinschaftsrecht aus der Sicht der Rechtsprechung

Auch das BVerfG hat sich dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts ange-schlossen.Die Entscheidungen vieler Jahre zeigen hier jedoch einen Wandel in derEntscheidungspraxis.Das BVerfG war zunächst skeptisch hinsichtlich der Wahrung der Grund-rechte durch die Gemeinschaftsorgane und hat in seinem so genannten „So-lange I-Beschluss“50 entschieden, dass, solange der Integrationsprozess derGemeinschaft nicht so weit fortgeschritten ist, dass das Gemeinschaftsrechtauch einen von einem Parlament beschlossenen und in Geltung stehendenformulierten Katalog von Grundrechten enthalte, der dem Grundsrechtska-talog des Grundgesetzes adäquat sei, nach Einholung der in Artikel 177EWG-Vertrag geforderten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes dieVorlage eines Gerichts der Bundesrepublik Deutschland an das BVerfG imNormenkontrollverfahren zulässig und geboten sei, wenn das Gericht die füres entscheidungserhebliche Vorschrift des Gemeinschaftsrechts in der vomEuGH gegebenen Auslegung für unanwendbar halte, weil und soweit sie miteinem der Grundrechte des Grundgesetzes kollidiere.Das Gericht hat in dieser Entscheidung, der die Frage zugrunde lag, ob einenach dem Europäischen Gemeinschaftsrecht bestehende Ausfuhrverpflich-tung von Getreide- und Futtermitteln und die damit verbundene Pflicht zurKautionshinterlegung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, darauf hingewie-sen, dass das Gemeinschaftsrecht kein Bestandteil der nationalen Rechts-ordnung sei, sondern eine eigenständige Rechtsordnung bilde, sodass diebeiden Rechtskreise unabhängig voneinander und nebeneinander in Geltungstünden. Der EuGH könne nicht verbindlich entscheiden, ob eine Regel desGemeinschaftsrechts mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Gemein-schaftsrecht werde auch grundsätzlich nicht in Frage gestellt, wenn sichausnahmsweise das Gemeinschaftsrecht gegenüber zwingendem Verfas-sungsrecht nicht durchsetzen lasse.Artikel 24 GG ermächtige nicht eigentlich zur Übertragung von Hoheits-rechten, sondern öffne die nationale Rechtsordnung derart, dass der aus-schließliche Herrschaftsanspruch der BRD im Geltungsbereich des Grund-gesetzes zurückgenommen werde. Artikel 24 GG gestatte nicht die Relati-vierung des Grundrechtsteils des Grundgesetzes. Die Gemeinschaft besitze

50 Beschluss vom 29.5.1974, 2 BvL, BVerfGE 37, 271.

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noch keinen kodifizierten Grundsrechtskatalog, der dem des Grundgesetzesentspreche und deshalb einen Vergleich gestatte, ob derzeit der in der Ge-meinschaft allgemein verbindliche Grundrechtsstandard demjenigen desGrundgesetzes adäquat sei. Solange diese Rechtsgewissheit nicht erreichtsei, gelte der aus Artikel 24 GG hergeleitete Vorbehalt, sodass die Verein-barkeit einer Gemeinschaftsnorm mit den Grundrechten des Grundgesetzesin einem Normenkontrollverfahren vor dem BVerfG zu prüfen sei.Nicht unerwähnt soll bleiben, dass dieser Beschluss nicht einstimmig erging,soweit die Normenkontrollbefugnis des BVerfG festgestellt wurde.Drei der acht Richter des BVerfG sprachen dem BVerfG diese Normenkon-trollbefugnis ab, weil sowohl das nationale als auch das Gemeinschaftsrechtjeweils für ihren Bereich Grundrechtsnormen und ein zu ihrer Durchsetzunggeeignetes Rechtsschutzsystem kannten.Darüber hinaus käme es auf dem Gebiet des Gemeinschaftsrechts zurRechtszersplitterung, wenn die Anwendbarkeit sekundären Gemeinschafts-rechts davon abhängig sei, ob es den Grundrechtsnormen einer nationalenVerfassung genüge, da die Mitgliedstaaten Grundrechte in unterschiedli-chem Ausmaß gewährleisteten und dadurch der Fall eintreten könnte, dassRechtsvorschriften der Gemeinschaft in einigen Mitgliedstaaten anwendbarseien, dagegen in anderen nicht. Das BVerfG besitze keine Kompetenz, Vor-schriften des Gemeinschaftsrechts am Maßstab des Grundgesetzes zu prü-fen, um danach die Frage ihrer Gültigkeit zu beantworten.Diese Entscheidung ist in der Literatur insbesondere von Ipsen51 kritisiertworden, der auf die Divergenz zu der Entscheidung des EuGH vom15. Juli 1964 hingewiesen und das abweichende Votum als einzig korrekteEntscheidung bezeichnet hat. Es werde unausweislich bleiben, dass diedeutschen Prozessgerichte das Vorlageverfahren nach Artikel 100 Abs. 1GG mit der Behauptung grundrechtswidriger Belastungen durch Gemein-schaftsrecht betrieben.Rupp52 hat sich jedoch der Auffassung des BVerfG angeschlossen, dass dassekundäre Gemeinschaftsrecht an den Grundrechten zu messen sei und diedeutschen Behörden und Gerichte zur Nichtanwendung von Gemeinschafts-recht verpflichtet seien, wenn ein Grundrechtsverstoß festgestellt werde. DerGrundrechtsschutz sei im europäischen Gemeinschaftsrecht derart verwäs-

51 Ipsen, Hans-Peter, BVerfG versus EuGHE „Grundrechte“, Zum Beschluss des zweitenSenats des BVerfG vom 29.5.1974, 2 BvL 52/71, BVerfGE 37, 271, EuR 1975, 1.

52 Rupp, Hans Heinrich: Zur bundesverfassungsgerichtlichen Kontrolle des Gemein-schaftsrechts am Maßstab der Grundrechte, NJW 1974, 2153.

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sert, dass er nicht als angemessener Ersatz für den nationalen Grundrechts-schutz angesehen werden könne. Hinsichtlich der Prüfungskompetenz desBVerfG ist Rupp der Auffassung, das BVerfG dürfe nur im Rahmen einerVerfassungsbeschwerde, nicht dagegen im Verfahren nach Artikel 100Abs. 1 GG die Unanwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts prüfen.Pestalozza53 hat in der Entscheidung des BVerfG vor allem die Gefahr derZersplitterung des Rechts je nach dem Stande der nationalen Verfassunggesehen.In einer späteren Entscheidung, bei der es um die Frage ging, ob die Ausle-gung des EuGH zu den Artikeln 92 bis 94 EWG-Vertrag, wonach ein natio-nales Gericht gehindert sei, die Unvereinbarkeit eines nationalen Gesetzesmit Artikel 92 EWG-Vertrag festzustellen, in Deutschland anwendbar seioder ob diese Einschränkung der rechtlichen Prüfungskompetenz gegen Ar-tikel 19 Abs. 4 GG verstoße, hat das BVerfG seine ursprüngliche Entschei-dung allerdings relativiert54. In dieser als „Vielleicht-Beschluss“ bezeichne-ten Entscheidung hat das Gericht ausgeführt, dass es keine Kompetenz be-sitze, primäres Gemeinschaftsrecht an deutschen Grundrechten überprüfenzu können. Hinsichtlich des Sekundärrechts hat sich der Senat nicht festge-legt, ob und ggf. inwieweit etwa angesichts mittlerweile eingetretener Ent-wicklungen im europäischen Bereich die Grundsätze aus seinem Beschlussvom 29. Mai 1974 für künftige Vorlagen von Normen des abgeleiteten Ge-meinschaftsrechts weiterhin uneingeschränkte Geltung beanspruchen könn-ten.Die mitgliedstaatliche Rechtsordnung und die Gemeinschaftsrechtsordnungstünden nicht isoliert nebeneinander, sondern seien aufeinander bezogen undmiteinander verschränkt.Die nach Maßgabe des Artikels 177 EWG-Vertrag ergangenen Urteile desEuGH seien für alle staatlichen Gericht bindend.

Fastenrath55 hat den Beschluss des BVerfG zwar begrüßt, sich jedochgleichwohl dafür ausgesprochen, eine Grundrechtskontrolle des sekundärenGemeinschaftsrechts beizubehalten, weil noch immer Zweifel bestünden, obdas Gemeinschaftsrecht einen ausreichenden Grundrechtsschutz gewährlei-

53 Pestalozza, Christian: Sekundäres Gemeinschaftsrecht und nationale Grundrechte –Der Hüter der Verfassung als Wächter der Gemeinschaft, DVBl. 1974, 716.

54 Beschluss vom 25.7.1979, 2 BvL 6/77, BVerfGE 52, 187.55 Fastenrath, Ulrich: Gemeinschaftsrecht und Grundgesetz, Anmerkung zum Beschluss

des BVerfG vom 25.7.1979, 2 BvL 6/77, DVBl. 1981, 490.

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ste. Diese Zweifel hat Fastenrath in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltungdes EG-Rechtsschutzsystems begründet gesehen. Es fehle in vielen Berei-chen eine vom Bürger erzwingbare Grundrechtskontrolle der EG-Vorschriften.Die im Beschluss vom 25. Juli 1979 noch offen gelassene Frage hinsichtlichder Prüfungskompetenz bezüglich des gemeinschaftlichen Sekundärrechtshat das Gericht in seinem Beschluss vom 22. Oktober 1986 (so genannter„Solange II- oder Mittlerweile-Beschluss“)56 dahingehend beantwortet, dasses seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemein-schaftsrecht nicht mehr ausüben werde und dieses Recht nicht mehr amMaßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüfen werde, solange dieEuropäischen Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechtegegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten,der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz imWesentlichen gleichzuachten sei. Auch dieser Entscheidung lag eine Frageaus dem Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation zugrunde, nämlich,ob eine Gemeinschaftsverordnung über die Einfuhr von Pilzkonserven inDeutschland angewendet werden durfte oder aber gegen Grundrechte desGrundgesetzes verstieß.Das BVerfG ist in seinem Beschluss davon ausgegangen, dass dem EuGHdurch die Zustimmungsgesetze zu den Gemeinschaftsverträgen rechtswirk-sam die Rechtsprechungsfunktion übertragen wurde. Zwar sei es möglich,dass die auf der Gemeinschaftsebene durch die Rechtsprechung des Euro-päischen Gerichtshofes erreichte Gewährleistung des Grundrechtsschutzesnoch Lücken aufweise, als bestimmte, vom Grundgesetz anerkannte Grund-rechtsprinzipien sowie Art, Inhalt oder Reichweite eines Grundrechts imEinzelnen noch nicht Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichtsho-fes waren; ausschlaggebend sei indes die prinzipielle Haltung, die der Ge-richtshof mittlerweile gegenüber der Grundrechtsgebundenheit der Gemein-schaft, der normativen Verankerung der Grundrechte im Gemeinschaftsrechtund dessen normativer Verbindung mit den mitgliedstaatlichen Verfassungenund mit der Europäischen Menschenrechtskonvention einnehme sowie dietatsächliche Bedeutung, die der Grundrechtsschutz inzwischen in der Hand-habung des Gerichtshofes gewonnen habe.

56 Az. 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339.

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Ipsen57 hat die Entscheidung des BVerfG insbesondere deshalb begrüßt, weildas BVerfG darin den gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Grundrechts-schutz dem vom Grundgesetz unabdingbar Gebotenen gleichsetzte und seineGerichtsbarkeit gegenüber dem Sekundärrecht der Gemeinschaft zurück-nahm, sodass Vorlagen nach Artikel 100 Abs.1 GG fortan unzulässig seien.Heinz58 hat die Entscheidung des BVerfG deshalb begrüßt, weil die Zustän-digkeit des BVerfG wieder frei werden könne, wenn der EuGH bei derGrundrechtsprüfung nachlasse. Seiner Auffassung nach sei der Grundrechts-schutz durch den EuGH noch nicht zureichend.Rupp59 hat bemängelt, dass die Entscheidung des BVerfG es offen lasse,welche Rechtsnorm es sei, die eine konkurrierende Grundrechtsprüfung vonEuGH und BVerfG verbiete und das BVerfG an der Ausübung seiner Ge-richtsbarkeit hindere. Da das BVerfG zu diesen Fragen keine Stellung ge-nommen habe, besage der Solange II-Beschluss kaum mehr als der Solan-ge I-Beschluss.Die Rechtsprechung zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts hat das BVerfGin seinem Beschluss vom 8. April 198760 bestätigt. Das Gericht hat in dieserEntscheidung festgestellt, dass der BFH eine nationale Norm angewandthabe, die aufgrund des Vorrangs der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie vom17. Mai 197761 hätte zurücktreten müssen. Da der EuGH bereits die Geltungdieser Richtlinie entschieden hätte, sei diese für alle Mitgliedstaaten bindendgewesen. Die bindende Zuweisung der Entscheidungskompetenz an denEuGH diene im Interesse des Vertragszieles der Integration, der Rechtssi-cherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit einer möglichst einheitlichenAuslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch alle Gerichte imGeltungsbereich des EWG-Vertrages. Die Begründung dieser Kompetenzder Gemeinschaft sei auch im Hinblick auf Artikel 24 Abs. 1 GG verfas-sungsrechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn der Gerichtshof die ihmübertragene Kompetenz zur richterlichen Rechtsfortbildung bei der Ausle-gung der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie nutze. Es bestünden keine Zwei-

57 Ipsen, Hans Peter: Das Bundesverfassungsgericht löst die Grundrechts-Problematik –Zum „Mittlerweile-Beschluss“ des 2. Senats vom 22.10.1986, 2 BvR 197/83, EuR1987, 51.

58 Heinz, Karl Eckhart: Grundrechtsschutz und Gemeinschaftsrecht – Zur Entscheidungdes BVerfG -„Solange II“ vom 22.10.1986, 2 BvR 197/83, DöV 1987, 851.

59 Rupp, Hans Heinrich: Prüfungskompetenz des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeitvon Akten der Europäischen Gemeinschaft, JZ 1987, 241.

60 Az.: 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223.61 RL 77/388/EWG, ABl. EG 1977, Nr. 2 145/1.

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fel, dass die Mitgliedstaaten die Gemeinschaft mit einem Gericht ausstattenwollten, dem Rechtsfindungswege offen stehen sollten, wie sie in Jahrhun-derte langer gemeineuropäischer Rechtsüberlieferung und Rechtskultur aus-geformt worden seien.

4. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts wie ihn die Literatursieht

Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht ist in denFolgejahren immer wieder bekräftigt worden.So hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 8. März 199062 entschieden,dass allein die gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsverbürgungen den ma-teriell-rechtlichen Kontrollmaßstab für die Gültigkeit abgeleiteten Gemein-schaftsrechts darstellten und in seinem Urteil vom 29. November 1990, dasdie Erhebung von nationalen Gebühren für gesundheitsbehördliche Kon-trollen von Drittlandimporten zum Gegenstand hatte, hat das BVerwG fest-gestellt, dass das Gemeinschaftsrecht gegenüber widerstreitendem nationa-lem Recht einen Anwendungsvorrang genieße, der es für die Zeit des Wi-derspruchs verbiete, die entgegenstehenden Bestimmungen des nationalenRechts einer behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu le-gen. Der Widerspruch führt aber nicht zur Nichtigkeit dieser Bestimmungen.Der EuGH hat nämlich lediglich die Forderung aufgestellt, dass dem Ge-meinschaftsrecht entgegenstehende Bestimmungen unangewendet bleiben63.Auch in seinem Beschluss vom 30. November 199264 hat das BVerwG ent-schieden, dass ein gemeinschaftsrechtlicher Anspruch auf Einstellung alsBeamter entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschriften vorgehe.Auch in der als „Maastricht-Entscheidung“ bekannten Entscheidung vom12. Oktober 199365 hatte sich das BVerfG u.a. mit der Frage des Vorrangsdes Gemeinschaftsrechts zu befassen. Zwar bestand die Hauptfrage darin, obder Vertrag über die Europäische Union mit dem Demokratieprinzip verein-bar sei. Das BVerfG hat jedoch auch Ausführungen zum Vorrang des Ge-meinschaftsrechts gemacht und festgestellt, dass der Vorrang des Gemein-schaftsrechts und damit die Bindungswirkung für Deutschland entfalle,

62 Az.: 3 C 15/84, BVerwGE 85, 24.63 EuGH vom 4.4.1968, Rs 34/67, EuGHE 1968, 363; vom 9.3.1978 Rs 106/77, EuGHE

1978, 629.64 Az.: 2 B 188/92, DVBl. 1993, 559.65 BVerfG vom 12.10.1993, 2 BvR 2134/92 und 2 BvR 2159/92, BVerfGE 89, 155.

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wenn die Gemeinschaftsorgane den EU-Vertrag dergestalt auslegen, dassdiese Auslegung im Ergebnis einer Vertragsänderung gleichkäme.Das wäre dann der Fall, wenn sich die Gemeinschaftsorgane eine so ge-nannte Kompetenz-Kompetenz anmaßen würden, d.h. sich selbst weitereKompetenzen verschaffen würden, die über die ihnen von den Mitglied-staaten übertragenen Kompetenzen hinausgehen.Dieser Fall ist bislang jedoch noch nicht eingetreten.Die Entscheidung des BVerfG ist jedoch insoweit erstaunlich, als das Ge-richt darin ausgeführt hat, dass es seine Rechtsprechung über die Anwend-barkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem Ko-operationsverhältnis zum EuGH ausübe.Diese Rechtsprechung könnte als ein Rückschritt im Verhältnis zu seinemSolange II-Beschluss angesehen werden, in dem das BVerfG entschied, sei-ne Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit abgeleiteten Gemeinschafts-rechts nicht mehr auszuüben.Es erstaunt auch zu lesen, dass in seinem „Solange II-Beschluss“ dasBVerfG dem EuGH den generellen Grundrechtsschutz überträgt, während esdies in der Maastricht-Entscheidung als seine eigene Aufgabe ansieht.Das BVerfG hält aber grundsätzlich am Vorrang des Gemeinschaftsrechtsfest, soweit dieses Recht in Ausübung der den Gemeinschaftsorganen über-tragenen Befugnisse gesetzt worden ist.Auch der BGH hat im Bereich des Urheberrechtes entschieden, dass daseinfache nationale Recht des § 125 UrhG im Licht des Gemeinschaftsrechtsin der Auslegung durch den EuGH zu ergänzen ist und überlagernd wird. ImDivergenzfall sei vom Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalenRecht auszugehen66.

Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht ist auch inder Literatur Gegenstand von Erörterungen gewesen.Oppermann67 hat hierzu ausgeführt, dass nur die vorrangige Anwendung desGemeinschaftsrechts die allgemeine Geltung des Gemeinschaftsrechts – vonihm als Herzstück der Gemeinschaftsrechtsordnung betrachtet – gewährlei-ste.

66 Urteil vom 21.4.1994, I Z R 31/92, BGHZ 125, 382.67 Oppermann, Thomas: Die Dritte Gewalt in der Europäischen Union, DVBl. 1994, 901.

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Dieser Auffassung ist zu folgen. Ohne vorrangige strikte Anwendung desGemeinschaftsrechts würde die Gefahr bestehen, dass das Gemeinschafts-recht in einigen Mitgliedstaaten gar nicht, in anderen nur zum Teil und inwiederum anderen Mitgliedstaaten zur Gänze angewendet würde. Dies wür-de der Rechtsunsicherheit Tür und Tor öffnen.Auch Hirsch68 hat sich im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Maa-stricht-Entscheidung des BVerfG dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts vordem nationalen Recht gewidmet. Er stellt hierzu fest, dass der Vorranggrundsätzlich auch im Verhältnis zum nationalen Verfassungsrecht gilt,letzteres bestimme jedoch, ob der Überlegung von Souveränitäten Grenzengesetzt sind, die den Rechtsanwendungsbefehl hinsichtlich des Gemein-schaftsrechts beschränkten.Hierdurch werde weder das Gemeinschaftsrecht als solches noch sein prin-zipieller Anwendungsvorrang in Frage gestellt.Die Existenz verfassungsrechtlicher Grenzen für die Übertragung von Ho-heitsrechten begrenzt nach Hirsch systemimmanent deren Befugnisse, be-einträchtigt aber nicht den Vorrang des in Ausübung dieser Befugnisse ge-setzten Rechts.Auch Baldus69 hat sich dem Thema des Vorrangs von Gemeinschaftsrechteingehend gewidmet. Ausgehend von der Auffassung, dass es sich bei derGemeinschaftsrechtsordnung um eine autonome Rechtsordnung handele70,fehle ein zwingender Grund, im Falle unversöhnlich gegenüberstehenderGeltungsansprüche die gesuchte Kollisionsnorm entweder nur aus der Ge-meinschaftsrechtsordnung oder nur der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungzu entnehmen. Es sei zwar möglich, die Kollisionsnorm „Vorrang des Ge-meinschaftsrechts“ aus der nationalen Rechtsordnung herzuleiten, weil dieArtikel 23, 24 GG eine solche vorrangige Geltung ermöglichten. Letztver-bindlicher Maßstab für Umfang und Grenzen der Vorrangregel sei danachdie nationale Verfassung, die anordnen könne, dass die Gemeinschafts-rechtsordnung nur einen eingeschränkten, keinen absoluten Vorrang vor demstaatlichen Recht genieße. Die mitgliedstaatliche Rechtsordnung könne aberaufgrund der o.g. Autonomie der Rechtsordnungen nicht den Anspruch derGemeinschaftsrechtsordnung einschränken, von sich aus letztverbindlichüber Umfang und Geltung der Vorrangregel zu bestimmen.

68 Hirsch, Günter: Europäischer Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht – Kooperati-on oder Konfrontation, NJW 1996, 2457.

69 Baldus, Manfred: Zur Relevanz des Souveränitätsproblems für die Wissenschaft vomöffentlichen Recht, Der Staat, Band 36, 381.

70 so vom EuGH seit dem Urteil vom 15.7.1964, Rs 6/64, EuGHE 10, 1251 vertreten.

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Baldus schlägt vor, diesen Normenkonflikt dadurch zu lösen, dass man dieGemeinschaftsrechtsordnung nicht als autonome Rechtsordnung, sondernals eingegliederten Teil der staatlichen Rechtsordnung oder auch umgekehrtansieht.Bei Aufrechterhaltung der Sichtweise, dass hier zwei autonome Rechtsord-nungen vorliegen, sei die Politik gezwungen, Klarheit zu schaffen, indem sieentweder die Gemeinschaftsrechtsordnung an die mitgliedstaatlichenRechtsordnungen anpasse oder aber den nationalen Rechtsanwendungsbe-fehl für gemeinschaftliches Recht erweitere. Die Rechtswissenschaft könnedas Verhältnis von Gemeinschafts- und mitgliedstaatlicher Rechtsordnungnicht einheitlicher deuten, als es faktisch ist.Die Ausführungen von Baldus erscheinen im Hinblick auf die o.g. eindeuti-gen EuGH-Urteile, die von einem vollständigen Vorrang des Gemeinschafts-rechts ausgehen, der jedenfalls von den deutschen Finanzbehörden in ihreralltäglichen praktischen Arbeit auch anerkannt wird, eher theoretischer Na-tur zu sein.Aus den vorstehenden Ausführungen lässt sich für die vorliegende Untersu-chung der Schluss ziehen, dass entgegenstehendes oder auch nur gleich lau-tendes nationales Zollrecht zwar nicht unwirksam wird, wohl aber unan-wendbar, soweit der Zollkodex die jeweilige Materie selbst regelt71.

5. Die Anwendungsmöglichkeiten nationalen Rechts neben demZollkodex der Europäischen Gemeinschaften

Aber auch der Zollkodex gibt dem Rechtsanwender die Möglichkeit, zu ver-schiedenen Rechtsfragen weiterhin die Vorschriften der Abgabenordnunganzuwenden. Diese Möglichkeit ergibt sich zum einen durch einen direktenVerweis in Zollkodex-Vorschriften auf nationales Recht72, zum anderendurch die den Zollbehörden übertragene Befugnis, bestimmte Einzelheitenselbst zu regeln und letztlich durch Ausübung des Verwaltungsermessens inden Fällen, in denen der Zollkodex eine Ermessensentscheidung der Zollbe-hörden vorsieht.

71 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang: Das neue Abgabenverwaltungsrecht für Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben, ZfZ 1996, 226, 228 mit weiteren Nachweisen.

72 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71) sprechen in diesem Fall voneiner Ausweisung aus dem Zollkodex zu Gunsten des deutschen Abgabenrechts, wo-bei das Gemeinschaftsrecht bewusst in Kauf nehme, dass die Ausweisung ins Leeregehe, wenn das nationale Recht keine diesbezüglichen Regelungen enthalte.

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Da der Zollkodex keine Einzelheiten zur Ermessensausübung enthält, bleibtes den Zollbehörden unbenommen, auf die für den deutschen Rechtskreisentwickelten Standards zurückzugreifen73.Eine weitere Möglichkeit, die Abgabenordnung anzuwenden bietet sich inden Fällen, in denen der Zollkodex unbestimmte Begriffe verwendet, derenInhalt sich aus dem Zollkodex nicht selbst erschließt oder Begriffe verwen-det, die deutschen Rechtsbegriffen nachempfunden worden sind, wie zumBeispiel die Begriffserklärung zur Institution der zollrechtlichen Entschei-dung in Artikel 4 Nr. 5 Zollkodex.

Unbestimmte Rechtsbegriffe können nach Henke/Huchatz74 vereinzelt zu„Einfallstoren für die Fortgeltung des deutschen Abgabenverwaltungs-rechts“ werden. Als populäres Beispiel wird von ihnen Artikel 221 Absatz 1Zollkodex genannt, nach dem der Abgabenbetrag dem Zollschuldner in ge-eigneter Form mitzuteilen ist. Was im Steuerrecht als eine geeignete Be-kanntgabeform anzusehen ist, habe sich für den deutschen Rechtskreis in§§ 122, 155 Abgabenordnung niedergeschlagen. Es sei deshalb die Abga-benordnung als Interpretationshilfe heranzuziehen.Die deutsche Auslegungstradition ist so lange zu Hilfe zu nehmen, als derBoden der gemeinschaftsrechtlichen Regelungsziele nicht verlassen wird75.

Alexander schenkt der Abgrenzung des Gemeinschaftsrechts zum einzel-staatlichen Recht und damit der Frage der weiteren Anwendbarkeit des na-tionalen Rechts im Rahmen seiner Kommentierung von Artikel 6 Zollkodexgroße Beachtung76. Diese Abgrenzungsprobleme entstünden vor allem da-durch, dass das Gemeinschaftsrecht gestützt auf Artikel 10 Absatz 2, 249EG-Vertrag in Verbindung mit dem Grundsatz der einheitlichen Anwendungdes Gemeinschaftsrechts Vorrang vor dem nationalen Recht beanspruche77

und der Zollkodex und seine gemeinschaftsrechtlichen und einzelstaatlichenDurchführungsvorschriften nach Artikel 1 Satz 1 des Zollrechts tendenziellabschließend regelten, ohne dass hierdurch die Geltung einzelstaatlichen

73 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 230.74 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 230.75 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 229; Hess. FG Beschl. vom

14.11.1994, 7 V 3416/93, ZfZ 1995, 391; Friedrich, Klaus: Zollkodex und Abgaben-ordnung, StuW 1995, 15, 16.

76 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6 Rz. 3 ff..77 EuGH vom 15.7.1964, Rs 6/64, EuGHE 1964, 1251, 1269.

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Rechts ausdrücklich bestimmt werde. Hinzu komme, dass die das Verwal-tungsverfahrensrecht vor In-Kraft-Treten des Zollkodexes bestimmendeneinzelstaatlichen Vorschriften regelmäßig mit In-Kraft-Treten des Zollkode-xes nicht förmlich aufgehoben worden seien, wenn sie für andere als vomZollkodex erfasste Abgaben noch weiter gelten. Daher sei im Einzelnen zuprüfen, welches Recht gelte.Alexander hat damit die Problemstellung kurz und prägnant dargestellt. ZurLösung dieses Problems schlägt Alexander vor, an Hand eines Fragenkata-loges zu prüfen, ob und wieweit einzelstaatliches Recht vom Gemein-schaftsrecht überlagert wird.

Zur Prüfung dieser Frage sollen nach Alexander folgende Fragen dienen:- Regelt der Zollkodex den Sachverhalt überhaupt, d.h. liegen vom Zoll-

kodex erfasste Abgaben und Abgabenentstehungstatbestände vor?- Gibt es eine Verweisung auf den Zollkodex in nationalen Vorschriften,

z.B. in den deutschen Verbrauchsteuerregelungen?- Verweist der Zollkodex ausdrücklich auf einzelstaatliches Recht, in-

dem er auf die „geltenden innerstaatlichen“ oder „einzelstaatlichenVorschriften“ verweist?

- Verweist der Zollkodex auf „geltendes Recht“, mithin auch auf daseinzelstaatliche Recht, das nach Artikel 4 Nr. 23 zum geltenden Rechtgehört?

- Bestimmt der Zollkodex die Regelung von Einzelheiten durch dieZollbehörden?

- Räumt der Zollkodex den Zollbehörden Ermessen ein, das durch ein-zelstaatliches Recht ausgeübt wird?

- Verwendet der Zollkodex unbestimmte Rechtsbegriffe, die durch na-tionales Recht ausgefüllt werden dürfen?

- Liegt eine „Regelungslücke“ im Zollkodex vor, d.h. sollen die Rege-lungen des Zollkodexes abschließend sein oder nur Teilbereiche oderGrundsätze erfassen?

Nach Alexander ist aber nicht automatisch auf eine lückenhafte Regelung zuschließen, wenn die gemeinschaftsrechtliche Regelung eine geringere Re-gelungsdichte enthält als die nationale Vorschrift.

I. Einleitung

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Hingegen sei es ein Indiz für den nicht abschließenden Charakter einer Ge-meinschaftsnorm, dass diese Norm angesichts der Fragestellung nicht odernicht ausreichend differenziere oder der Zollkodex im Hinblick auf die un-terschiedlichen Rechtslagen in den Mitgliedstaaten lediglich einen Mindest-standard bestimmen wolle.Der Vorschlag Alexanders, wie an das Problem der Überlagerung nationalerVorschriften durch Gemeinschaftsrecht heranzugehen ist, mag auf den erstenBlick pragmatisch erscheinen. Bei genauerer Prüfung birgt aber ein Teil derFragen wiederum Probleme:Während sich die ersten 5 Fragen noch verhältnismäßig einfach beantwortenlassen, sind die weiteren 3 Fragen zum Teil nur aus der Historie beantwort-bar, so z.B. ob die Regelungen des Zollkodexes abschließend sein solltenoder nicht. Bei dieser Frage wird es auf das Wissen der deutschen Ministe-rialbediensteten ankommen, die auf Gemeinschaftsebene bei den Beratun-gen zur Schaffung des Zollkodexes beteiligt waren. Dieses Wissen wird mitvoranschreitender Zeit ausgestorben sein. Ebenso schwierig ist die Frage zubeantworten, ob und in welchen Fällen ein im Zollkodex eingeräumtes Er-messen von den Zollbehörden nach innerstaatlichem Recht ausgeübt werdendarf oder ob ein unbestimmter Rechtsbegriff durch nationales Recht ausge-füllt werden darf. Alexander selbst führt hier als Beispiel den Begriff desBesitzes im Gemeinschaftsrecht an, der nicht durch das deutsche Recht aus-gefüllt werden dürfe. Er lässt es jedoch an einer Begründung für seine Auf-fassung fehlen.Die von Alexander aufgeführten Fragen tragen somit nur zum Teil zu einerProblemlösung bei, können jedoch, zumindest was die ersten 5 Fragen be-trifft, ein wichtiges Hilfsmittel darstellen.Nach Auffassung von Witte78 ist die Abgabenordnung nicht mehr anwendbar– auch nicht zur Lückenfüllung –, wenn der Zollkodex den Bereich regelt.Hohrmann79 geht Wittes Auffassung indes zu weit.Tatsächlich gibt Witte aber zunächst nur die herrschende Meinung wieder,dass nationales Zollrecht durch höherrangiges Gemeinschaftsrecht verdrängtwird, sodass entgegenstehende Vorschriften nicht anwendbar sind. Er erklärtjedoch dann im Folgenden, dass die Abgabenordnung nicht anwendbar sei,soweit es sich um Themen handele, die im Zollkodex geregelt sind – auch

78 Witte, Peter: Das neue am Zollkodex der Gemeinschaft, ZfZ 1993, 162, 164, 165.79 Hohrmann, Friedrich, a.a.O., (FN 32), 456.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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nicht zur Lückenfüllung. Für den Bereich des Strafrechts und der Vollstrek-kung sieht jedoch auch Witte die Abgabenordnung als anwendbar an.Es ist Hohrmann zuzustimmen, dass der Ansatz von Witte, die Abgabenord-nung nicht einmal zur Lückenfüllung heranzuziehen, zu weitgehend ist.Nach Meesenburg80 ist eine Ergänzung von Regelungsdefiziten im Zollko-dex durch nationales Recht nur in unumgänglichen Ausnahmefällen zuzu-lassen, wenn die Rechtssicherheit oder die Gleichmäßigkeit der Besteuerungohne Ergänzung nicht gewährleistet werden kann, wobei diese Ergänzungim Ergebnis dazu führe, dass Gemeinschaftsrecht vom nationalen Rechtüberlagert werde. Er verkennt jedoch hierbei die Unterschiede zwischen Er-gänzung einerseits und Überlagerung andererseits. Während bei einer Er-gänzung das defizitäre Recht bestehen bleibt und zusätzlich lückenfüllendesRecht anzuwenden ist (z. B. defizitäre Regelungen des Gemeinschaftsrechtszur Gesamtschuld in Artikel 213 Zollkodex und lückenfüllendes nationalesRecht in § 44 Abgabenordnung), wird bei einer Überlagerung von Rechts-normen die überlagerte Norm unanwendbar (z. B. überlagertes nationalesBilligkeitsrecht in § 227 AO im Verhältnis zu Artikel 239 Zollkodex).

Im Folgenden soll die Abgabenordnung abschnittsweise auf ihre weitereAnwendung hin untersucht werden. Soweit eine Überlagerung der Zollko-dexvorschriften eingetreten ist, werden die Hintergründe hierzu beleuchtet.

80 Meesenburg, Cliff: Das Vertrauensschutzprinzip im europäischen Finanzverwaltungs-recht; Ein Vergleich vertrauensschützender Normen des europäischen Zollkodex mitrichterrechtlichen Verwaltungsgrundsätzen der EG und vertrauensschützenden Nor-men des deutschen Abgabenrechts, S. 52.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenord-nung

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

181 ERSTER TEILEINLEITENDE VORSCHRIFTEN

1 Erster Teil Einleitende Vorschriften

1.1 ERSTER ABSCHNITTAnwendungsbereich

1.1 Erster Abschnitt Anwendungsbereich

§ 1Anwendungsbereich

§ 1 regelt allgemein den Anwendungsbereich der Abgabenordnung und istdaher nicht durch Vorschriften des Zollkodexes überlagert.Hinsichtlich der einzelnen Vorschriften wird auf die nachfolgenden Ausfüh-rungen verwiesen.

§ 2Vorrang völkerrechtlicher Vereinbarungen

§ 2 regelt den Vorrang völkerrechtlicher Vereinbarungen und ist ebenfallsnicht durch Vorschriften des Zollkodexes überlagert.Vorschriften der Europäischen Union werden nicht durch § 2 Abgabenord-nung erfasst. Sie bilden gegenüber dem nationalen Recht eine selbstständigeRechtsordnung, die grundsätzlich Vorrang vor dem nationalen Recht hat,soweit die Europäische Union in der Bundesrepublik Deutschland unmittel-bar geltendes Recht setzt, wie es bei den Verordnungen der Gemeinschaftder Fall ist82.

81 Die Nummerierung der einzelnen Teile, Abschnitt sowie Unterabschnitte ist nichtoffizieller Bestandteil der Abgabenordnung, sondern ist vom Verfasser eingefügt wor-den, um einzelne Textpassagen an Hand des Inhaltsverzeichnisses im Gesamttext wie-derfinden zu können.

82 Klein/Gersch, AO § 2 Rz. 4; Kühn/Hofmann, AO § 1 Anm. 7; Koch/Scholtz, AO § 1Rz. 7/2 und § 2 Rz. 12/3; BFH vom 24.1.1989, VII R 35/86, BFHE 156, 14; BVerfGvom 9.6.1971, 2 BvR 225/69, BVerfGE 31, 145, 173ff.; EuGH vom 15.7.1964, Rs6/64, EuGHE 10, 1251, 1270; vom 19.6.1990, Rs C-213/89, EuGHE I 1990, 2433.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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1.2 ZWEITER ABSCHNITT

Steuerliche Begriffsbestimmungen1.2 Zweiter Abschnitt Steuerliche Begriffsbestimmungen

§ 3Steuern, steuerliche Nebenleistungen

§ 3 regelt, was unter dem Begriff Steuern und steuerliche Nebenleistung zuverstehen ist. Hierbei ist zu beachten, dass aufgrund des vom Bundesverfas-sungsgericht und vom EuGH aufgestellten oben genannten Vorrangs desGemeinschaftsrechts83 gegenüber dem nationalen Recht unterhalb des Ver-fassungsrangs Vorschriften der AO trotz ihrer in § 1 vorgesehenen Anwend-barkeit auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben durch die Vorschriften der Euro-päischen Union verdrängt werden, insbesondere durch den Zollkodex84.Mit dem Steueränderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 200185 ist die Ab-gabenordnung insoweit geändert worden, als Zinsen im Sinne des Gesetzes,und damit auch Ausgleichszinsen nach Artikel 214 Absatz 3 Zollkodex indie Aufzählung der steuerlichen Nebenleistungen im Sinne von § 3 Abga-benordnung aufgenommen wurden und damit über § 1 Absatz 3 Abgaben-ordnung in den Anwendungsbereich der Abgabenordnung einbezogen wer-den.

Der Zollkodex enthält hinsichtlich Rechtsnatur, buchmäßiger Erfassung,Festsetzung, Fälligkeit und Beitreibung von Ausgleichszinsen im Sinne vonArtikel 214 Absatz 3 Zollkodex keinerlei eigene Regelungen. Insbesonderekönnen die Vorschriften über die Erhebung des Zollbetrags (Artikel 217 ff.Zollkodex) auf Ausgleichszinsen nicht angewandt werden, weil es dabeinicht um einen „einer Zollschuld entsprechenden Einfuhr- oder Ausfuhrab-gabenbetrag“ handelt.Artikel 4 Nr. 9 bis 11 Zollkodex verbietet es nach seiner Systematik eben-falls, bei Ausgleichszinsen von einem „Abgabenbetrag“ zu sprechen86.Dieser Problematik würde man indes entgehen, wenn man den Zollkodex imZusammenhang mit der Definition der buchmäßigen Erfassung oder die Ab-gabenordnung im oben genannten Sinne änderte. Da der Zollkodex jedocheine vom Rat der Europäischen Union erlassene Verordnung ist, dürfte eine

83 siehe FN 25,82.84 Klein/Gersch AO § 1 Rz. 15.85 BGBl. I S.3802.86 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 232.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Änderung wenn nicht wenig aussichtsreich, zumindest jedoch sehr zeitrau-bend sein, weil alle – derzeit 15 – Mitgliedstaaten der Europäischen Unioneiner Änderung zustimmen müssten.Es soll nicht verkannt werden, dass der Abgabenordnung zwar begrifflichAussetzungszinsen nicht bekannt sind.Andererseits handelt es sich bei den Ausgleichszinsen nach Artikel 214Zollkodex letztlich um Zinsen, die einen nicht gerechtfertigen Vermögens-vorteil ausgleichen sollen. Sie unterscheiden sich damit im Ergebnis nichtvon den in § 3 Absatz 4 Abgabenordnung genannten Verspätungszuschlä-gen, Säumniszuschlägen und Zinsen. Mit der Einbeziehung der Ausgleichs-zinsen des Artikels 214 Absatz 3 Zollkodex in die steuerlichen Nebenlei-stungen wird zudem eine sich vor allem im Zusammenhang mit der Festset-zung, Erhebung und Beitreibung dieser Zinsen möglicherweise ergebendeRechtsunsicherheit hinsichtlich des anwendbaren Rechts beseitigt.Zu bedenken war jedoch, dass bei Einbeziehung der Zinsen für Einfuhr- undAusfuhrabgaben nach dem Zollkodex ein Hinweis in § 3 Abgabenordnungunumgänglich war, dass das Aufkommen dieser Zinsen nicht der Gemein-schaft als steuerberechtigte Körperschaft für die Zölle zusteht. Es hätte an-derenfalls der Verdacht aufkommen können, dass auch die vereinnahmtenZinsen an den Haushalt der Europäischen Gemeinschaften abzuführen sind.Diese Annahme ist jedoch nicht gerechtfertigt, weil es sich bei den Zinsennicht um so genannte eigene Einnahmen der Europäischen Union handelt87..Diese Änderung ist nun mit § 3 Absatz 5 vorgenommen worden, der be-stimmt, dass das Aufkommen der Zinsen den jeweils steuerberechtigtenKörperschaften zustehe, das jedoch nicht für Zinsen auf Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes gelte.Diese Zinsen und die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen denverwaltenden Körperschaften zu, also dem nationalen Haushalt.

Auf Abgaben aus dem Marktordnungsbereich, wie etwa der Milch-Garantiemengen-Abgabe, sind die Vorschriften der Abgabenordnung nurinsoweit anwendbar, als ihre Anwendbarkeit gesondert bestimmt wird, ob-wohl die Zollverwaltung für die Durchführung des Marktordnungsrechtszuständig ist.

87 Beschluss 94/728 EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaft,ABl. EG 1994, Nr. L 293/9.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Die Milch-Garantiemengenabgabe dient nämlich der Regelung und Stabili-sierung des Milcherzeugnismarktes, mithin der Produktionsregelung und istdaher weder eine Steuer im Sinne des § 3 Abgabenordnung noch eine Ein-fuhrabgabe88.Nach Schrömbges handelt es sich hierbei vielmehr um eine negative Ausga-be, die wie ein ordnungsrechtliches Zwangsmittel wirkt89.

§ 4Gesetz

§ 4 definiert den Begriff des Gesetzes als jede Rechtsnorm.Im deutschen Recht ist als Rechtsnorm auch der Grundsatz von Treu undGlauben anerkannt. Er gilt allgemein und uneingeschränkt auch im Steuer-recht90.Bei Zöllen treten für den Bereich der Nacherhebung einer zunächst nichtrichtig buchmäßig erfassten Abgabenschuld an die Stelle der allgemeinenVertrauensschutzregelungen die Artikel 220, 221 Zollkodex91.Für das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht wird der Begriff „Gesetz“ in Ar-tikel 4 Nr. 23 Zollkodex durch den Begriff „geltendes Recht“ modifiziert,worunter Gemeinschaftsrecht und nationales Recht verstanden wird92.

§ 5Ermessen

§ 5 bestimmt, wie die Finanzbehörde ihr Ermessen auszuüben hat, nament-lich entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der ge-setzlichen Grenzen des Ermessens.

88 Gast-de Haan, Brigitte: Zur Anwendbarkeit der Abgabenordnung auf Milch-Garantiemengenabgaben, DStZ 1993, 233, 234; Gellert, Lothar: Billigkeitsmaßnah-men im Rahmen der Milch-Garantiemengenregelung, ZfZ 1993, 66.

89 Schrömbges, Ulrich: Einige Aspekte der Milch-Garantiemengenregelung, ZfZ 1990,370, 372ff.; Dorsch/Schrömbges, MO-Milch, Milch-Garantiemengenregelung Rz. 29.

90 BFH vom 21.7.1980, V R 97/83, BFH/NV 1989, 356; vom 23.2.1995, VII R 51/94,BFH/NV 1995, 862.

91 Klein/Gersch § 4 Rz. 19.92 Koch/Scholtz, AO § 4 Rz. 5.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht enthält keinerlei Vorschriften überdie Ausübung des Ermessens.Der Europäische Gerichtshof hat jedoch Grenzen nationaler Entscheidungs-befugnisse festgelegt, die auch für Ermessensentscheidungen gelten:Zum einen darf das nationale Recht und die nationale Rechtsanwendungnicht die Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts und des damit verfolgtenGemeinschaftsinteresses unmöglich machen (so genanntes Effizienzverbot)und zum anderen dürfen Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezugnicht ungünstiger behandelt werden als rein nationale Fälle (Diskriminie-rungsverbot)93.Das Effizienzverbot folgt aus Artikel 10 EG-Vertrag, das Diskriminierungs-verbot aus den Grundfreiheiten der Artikel 28, 39, 43, 49 EG-Vertrag sowieaus Artikel 12 EG-Vertrag94.Da sich somit die Grenzen des Ermessens aus gesetzlichen Regelungen er-geben, füllen die vorgenannten Normen die allgemeine Vorschrift des § 5Abgabenordnung aus.Die nationale Regelung und die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungensind daher nebeneinander anzuwenden. Da somit keine Normenkollisionvorliegt, greift der Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht.

§ 6Behörden, Finanzbehörden

§ 6 definiert den Begriff der Behörde und den der Finanzbehörde.Nach Absatz 1 ist Behörde jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Ver-waltung wahrnimmt.Absatz 2 zählt im Einzelnen die Finanzbehörden auf und verweist auf dasGesetz über die Finanzverwaltung.Im Zollkodex sind in Artikel 4 Nr. 3 und 4 die Begriffe Zollbehörden undZollstellen benannt.§ 17 Absatz 2 ZollVG bestimmt in Ergänzung hierzu, dass die Dienststellender Zollverwaltung Zollbehörden im Sinne des Zollkodexes und dieHauptzollämter und ihre Dienststellen Zollstellen im Sinne des Zollkodexessind.

93 EuGH vom 21.9.1983, Rs 205 bis 215/82, Slg. 1983, 2633, 2666.94 Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 5 AO, Rz. 220.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Insofern verdrängen die zollrechtlichen Bestimmungen die Regelung desAbsatz 2 Abgabenordnung.

§ 7Amtsträger

§ 7 definiert den Begriff des Amtsträgers.Da das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht den Begriff des Amtsträgers nichtverwendet, findet auch hier keine Überlagerung von Vorschriften des Zoll-kodexes statt.

§ 8Wohnsitz

§ 8 erläutert den Begriff des Wohnsitzes als einen Ort, an dem jemand eineWohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er dieWohnung beibehalten und benutzen wird.Diese Vorschrift ergänzt die Regelung des Artikels 4 Nr. 2 erster AnstrichZollkodex für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben. Der Zollkodex bestimmt aller-dings nur, wer als „in der Gemeinschaft ansässige Person“ anzusehen ist.Das ist nach dieser Vorschrift jede natürliche Person, die in der Gemein-schaft ihren normalen Wohnsitz hat. Der Zollkodex erklärt jedoch nicht, wasunter dem Begriff des „normalen Wohnsitzes“ zu verstehen ist.Für diese Begriffsbestimmung findet § 8 Abgabenordnung jedoch wiederumvollständig Anwendung, wobei Witte/Wöhner95 darauf hinweisen, dass sichwegen der unterschiedlichen Zwecke, die in der Abgabenordung und imZollkodex mit der Wohnsitzbestimmung verfolgt würden (im ZollkodexAbgrenzung des Kreises der Berechtigten / in der Abgabenordnung verfah-rensrechtliche Bedeutung) eine ergänzende Heranziehung des § 8 Abgaben-ordnung fast immer erübrige.Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt, denn § 8 Abgabenordnung ist näm-lich dann von Bedeutung, wenn im Ausfuhrverfahren die Zollstelle des Or-tes zu bestimmen ist, an dem der die Zollanmeldung abgebende Subunter-nehmer ansässig ist (Artikel 789 ZKDVO).

95 Witte, Peter / Wöhner, Annette: Zollkodex und deutsches Abgabenrecht, in: Birk /Ehlers: Rechtsfragen des europäischen Steuer-, Außenwirtschafts- und Zollrechts,1995, 120, 135.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Die Auffassung von Szymczak sowie der Bundesfinanzverwaltung96, wonachhier eine Überlagerung der nationalen Vorschrift durch Gemeinschaftsrechtvorliegt, ist daher unzutreffend.

§ 9Gewöhnlicher Aufenthalt

§ 9 erklärt, was unter dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes zu verste-hen ist. Das ist nach der Definition des Gesetzes im Wesentlichen ein Ort, andem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er andiesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Alsgewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets undvon Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr alssechs Monaten Dauer zu verstehen; kurzfristige Unterbrechungen bleibenunberührt.Dieser Begriff ist dem Zollkodex fremd, so dass eine Überlagerung der Ab-gabenordnung-Vorschrift durch Gemeinschaftszollrechtliche Bestimmungennicht vorliegt97.

§ 10Geschäftsleitung

§ 10 gibt eine Begriffsbestimmung für die „Geschäftsleitung“ als der Mit-telpunkt der geschäftlichen Oberleitung.Auch hier findet eine Überlagerung durch Gemeinschaftszollrecht nichtstatt.

§ 11Sitz

§ 11 enthält eine Definition für den Begriff des Sitzes einer Körperschaft,Personenvereinigung oder Vermögensmasse. Das ist der Ort, der durch Ge-

96 Koch/Scholtz/Szymczak, AO § 8, Rz. 2; Anmerkung zu § 8 Abgabenordnung, Vor-schriftensammlung Bundesfinanzverwaltung S 0101.

97 A. A. Koch/Scholtz/Szymczak, AO, § 9 Rz. 2, der den Begriff mit „Ansässigkeit“ ausArtikel 4 Nr. 2 ZK gleichsetzt.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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setz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen be-stimmt ist.Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen98 findet hier eineÜberlagerung der Abgabenordnung-Vorschrift durch Artikel 4 Nr. 2 zweiterAnstrich Zollkodex statt.Dieser Auffassung kann jedoch nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Arti-kel 4 Nr. 2 zweiter Anstrich Zollkodex regelt lediglich, wer im Falle einerjuristischen Person oder Personenvereinigung als „in der Gemeinschaft an-sässige Person“ anzusehen ist. Das soll nach der vorgenannten Vorschriftdiejenige Person sein, die in der Gemeinschaft ihren satzungsgemäßen Sitz,ihre Hauptverwaltung oder eine dauernde Niederlassung hat. Der Zollkodexenthält darüber hinaus keine Begriffsdefinition, was als „Sitz“ anzusehen ist.Für diese weiterführende Frage ist daher wiederum auf die Abgabenordnungzurückzugreifen.Es findet daher keine Überlagerung der nationalen Vorschriften durch dasGemeinschaftszollrecht statt, sondern beide Vorschriften finden nebeneinan-der Anwendung.

§ 12Betriebsstätte

§ 12 erläutert den Begriff der Betriebsstätte als jede feste Geschäftseinrich-tung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Im Einzelnenzählt das Gesetz beispielhaft Einrichtungen auf, die als Betriebsstätten anzu-sehen sind.Für diesen Begriff gibt es ebenfalls keine gemeinschaftszollrechtliche Defi-nition, so dass die Vorschrift der Abgabenordnung weiterhin Anwendungfindet.

§ 13Ständiger Vertreter

§ 13 erklärt den Begriff des Ständigen Vertreters als eine Person, die nach-haltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachwei-

98 Anmerkung zu § 11 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwal-tung S 0101.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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sungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die fürein Unternehmen nachhaltig

1. Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt oder2. einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslie-

ferungen vornimmt.

Auch hierfür findet sich im Gemeinschaftszollrecht keine entsprechendeErläuterung.

§ 14Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

§ 14 definiert den Begriff „Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ als eineselbstständige wirtschaftliche Tätigkeit, durch die Einnahmen oder anderewirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Ver-mögensverwaltung hinausgeht.Der Begriff ist für das Zollrecht ohne Bedeutung, sondern normiert nur denkleinsten gemeinsamen Nenner der Einzelsteuergesetze, deren Tatbestandungeachtet einer Steuerbefreiung weiterhin anwendbar sein sollen99.

§ 15Angehörige

§ 15 zählt im Einzelnen auf, wer als „Angehöriger“ anzusehen ist.Lediglich für den Bereich des Zollwertrechts enthält Artikel 143 Absatz 1Buchstabe h ZKDVO einen Begriff, der dem des Angehörigen sehr nahekommt, so dass für diesen Bereich § 15 Abgabenordnung keine Anwendungfindet.Außerhalb dieses Bereiches findet § 15 Abgabenordnung weiterhin Anwen-dung100.

99 Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 14 AO, Rz. 25.100 Koch/Scholtz, AO, § 15 Rz. 3.

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1.3 DRITTER ABSCHNITT

Zuständigkeit der Finanzbehörden1.3 Dritter Abschnitt Zuständigkeit der Finanzbehörden

§ 16Sachliche Zuständigkeit

§ 16 verweist hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit der Finanzbehördenauf das Gesetz über die Finanzverwaltung.Da der Zollkodex keine entsprechende Regelung enthält, findet die Vor-schrift der Abgabenordnung uneingeschränkte Anwendung.

§ 17Örtliche Zuständigkeit

§ 18Gesonderte Feststellungen

§ 19Steuern vom Einkommen und Vermögen natürlicher Personen

§ 20Steuern vom Einkommen und Vermögen der Körperschaften, Perso-

nenvereinigungen, Vermögensmassen§ 20a

Steuern beim Einkommen bei Bauleistungen§ 21

Umsatzsteuer§ 22

Realsteuern§§ 17 bis 22 enthalten Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit der Fi-nanzbehörden im Steuerbereich.Sie sind daher für den Bereich der gemeinschaftsrechtlichen Einfuhr- undAusfuhrabgaben nicht maßgeblich.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 23Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern

§ 23 enthält eine spezielle Zuständigkeitsregelung für Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes und fürVerbrauchsteuern. Danach ist das Hauptzollamt zuständig, in dessen Bezirkder Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Steuer knüpft sowiedas Hauptzollamt, von dessen Bezirk aus der Steuerpflichtige sein Unter-nehmen betreibt. Wird das Unternehmen von einem nicht zum Geltungsbe-reich der Abgabenordnung gehörenden Ort aus betrieben, so ist dasHauptzollamt zuständig, in dessen Bezirk der Unternehmer seine Umsätzeim Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder überwiegend bewirkt. Bei Steu-erstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten ist auch das Hauptzollamt zu-ständig, das für die Strafsache oder die Bußgeldsache zuständig ist.Auch diese Vorschrift ist uneingeschränkt weiterhin anwendbar.

§ 24Ersatzzuständigkeit

§ 25Mehrfache örtliche Zuständigkeit

§ 26Zuständigkeitswechsel

§ 27Zuständigkeitsvereinbarung

§ 28Zuständigkeitsstreit

§ 29Gefahr im Verzug

§§ 24 - 29 enthalten spezielle Tatbestände für die Bestimmung der Zustän-digkeit (§ 24 Ersatzzuständigkeit mangels anderweitige Zuständigkeiten,§ 25 mehrfache örtliche Zuständigkeit, § 26 Zuständigkeitswechsel, § 27Zuständigkeitsvereinbarung, § 28 Zuständigkeitsstreit, § 29 Gefahr im Ver-zug).Auch für diese Vorschriften gibt es keine Überlagerung durch Regelungendes Zollkodexes, wobei § 26 Abgabenordnung ohnehin nur die laufend ver-

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anlagten Steuern erfasst, bei denen sich die die Zuständigkeit begründendenUmstände ändern können und somit im Bereich der gemeinschaftsrechtli-chen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keine Anwendung findet.

1.4 VIERTER ABSCHNITT

Steuergeheimnis1.4 Vierter Abschnitt Steuergeheimnis

§ 30Steuergeheimnis

§ 30 regelt umfassend das Steuergeheimnis. Absatz 1 enthält die Grundbe-stimmung, dass Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren haben.Absatz 2 zählt die einzelnen Tatbestände auf, die Verletzung des Steuerge-heimnisses darstellen.Absatz 3 bestimmt, welche Personen den Amtsträgern gleichstehen.Absatz 4 zählt die Tatbestände auf, unter denen eine Offenbarung erlangterKenntnisse zulässig ist.Absatz 5 bestimmt, dass vorsätzlich falsche Angaben des Betroffenen denStrafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden dürfen.Absatz 6 bezieht sich auf den automatisierten Abruf von Daten.Der Zollkodex der Gemeinschaften enthält mit Artikel 15 eine ähnliche Vor-schrift zur Geheimhaltungspflicht. Der 2. Halbsatz gibt den Mitgliedstaatenjedoch das Recht, steuerliche Angaben weiterzugeben, soweit dies im Ein-klang mit dem geltenden Recht geschieht. Ob diese Voraussetzung erfülltist, ist anhand der Abgabenordnung zu prüfen, die nach Artikel 4 Nr. 23 alsnationales Recht Bestandteil des geltenden Rechts im Sinne des Zollkodexesist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Regelungsbereich derAbgabenordnung umfangreicher ist als der des Zollkodexes. Während derZollkodex lediglich die Weitergabe von „Angaben“ regelt, wird von § 30Abgabenordnung auch die Weitergabe von sonstigen Informationen sowieder automatisierte Abruf von Daten und die Verwertung der geschützten In-formationen ohne Weitergabe erfasst. Zwar spricht § 30 Abgabenordnunglediglich von „Verhältnissen eines anderen“, doch umfast dieser Begriff alleMerkmale, die eine Person von ihrer Umwelt abheben und zum Individuummachen101.

101 Tipke/Kruse, AO, § 30 Rz. 12.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Über den Regelungsgehalt des Artikel 15 Zollkodex hinaus findet daher dieAbgabenordnung nach wie vor Anwendung.Dadurch tritt neben das Weitergabeverbot des Artikel 15 Zollkodex auch dasVerwertungsverbot des § 30 Absatz 2 Abgabenordnung102.Nach Auffassung von Rüsken103 erscheint es zweifelhaft, ob § 30 eine überArtikel 15 Zollkodex hinausgehende Schutzrichtung zu entnehmen ist; dieVorschriften seien rechtstechnisch unterschiedlich angelegt und daher nichtkongruent, ohne dass Artikel 15 Zollkodex der Anspruch entnommen wer-den könne, als eine abschließende Gemeinschutzregelung weitergehendenationale Schutzvorschriften wie § 30 Abgabenordnung zu verdrängen.Rüsken gelingt es mit dieser Formulierung innerhalb von zwei Halbsätzenentgegengesetzte Standpunkte einzunehmen.Im Ergebnis ist ihm jedoch beizupflichten, dass Artikel 15 Zollkodex nichtals abschließend angesehen werden kann.Diese Auffassung kommt den Auffassungen von Friedrich104, Hohrmann105

und Wolffgang106 sehr nahe, die sich für eine lückenfüllende Anwendung dernationalen Vorschriften ausgesprochen haben.Abzulehnen ist dagegen die Auffassung Witte107 und Henke/Huchatz108, diedie Auffassung vertreten, dass der Zollkodex eine abschließende Regelungenthält, soweit nicht Artikel 15 2. Halbsatz Zollkodex die Anwendung des§ 30 Absatz 4 Abgabenordnung ausdrücklich vorbehält.Der Hinweis von Henke/Huchatz auf den angeblichen Nutzen für die Funk-tionstauglichkeit des Gemeinschaftszollrechts erscheint etwas dürftig undvermag nicht zu überzeugen.Dem rein formalistischen Argument von Reiche in der 2. Auflage des Zoll-kodex-Kommentars, dass für eine Absicherung mit Regelungen größererDichte des nationalen Steuerrechts kein Raum sei, sobald eine Gemein-schaftsvorschrift mit nachvollziehbaren Ergebnissen vom Rechtsanwender

102 so auch Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 15, 24; Wamers, Paul: Das Zollgeheimnis,AW-Prax 2001, 297, 299.

103 Klein/Rüsken, § 30 AO Rz. 11.104 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 15, 17.105 Hohrmann, Friedrich A., a.a.O., (FN 32), 457.106 Witte, Peter / Wolffgang, Hans-Michael: Lehrbuch des europäischen Zollrechts, Rz.

45.107 Witte, Peter, a.a.O., (FN 18), 165.108 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 264.

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umgesetzt werden kann109, ist der Sinn und Zweck des § 30 Abgabenord-nung entgegenzuhalten.§ 30 Abgabenordnung ist als Gegenstück zu den Offenbarungs- und Mitwir-kungspflichten des Steuerpflichtigen und der anderen zur Auskunftsertei-lung und Mitwirkung verpflichteten Personen im Verwaltungs- und Ge-richtsverfahren in Steuersachen zu verstehen110. Er ist Ausfluss des über Ar-tikel 1 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz geschützten allgemeinenPersönlichkeitsrechts111.Es kann daher nicht angenommen werden, dass das Gemeinschaftsrecht be-wusst die durch das Grundgesetz geschützte Rechtsposition des Steuer-pflichtigen schmälern wollte. Dementsprechend hat Reiche in der aktuellenAuflage seiner Kommentierung zu Recht darauf hingewiesen, dass Artikel15 Zollkodex nur einen Mindeststandard gewährleisten wollte und einenweitergehenden Schutz nach nationalen Vorschriften nicht ausgeschlossensei.Ebenfalls vermag das Argument von Henke/Huchatz nicht zu überzeugen,dass für die Praxis die unbefugte Verwertung von Daten keine herausragen-de Rolle spielen dürfte und daher nicht zwingend regelungsbedürftig sei.Der nationale Gesetzgeber hielt diese Fallgestaltung immerhin für so be-deutend, dass er sie tatsächlich in der Abgabenordnung geregelt hat.

§ 30aSchutz von Bankkunden

§ 30 a betrifft den Schutz von Bankkunden.Bei der Ermittlung des Sachverhalts haben die Finanzbehörden auf das Ver-trauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden beson-ders Rücksicht zu nehmen.Die Absätze 2 bis 5 enthalten Regelungen, wann und welche Auskünfte er-teilt werden dürfen.Auch für diese Regelung enthält der Zollkodex kein Äquivalent, so dass dieAbgabenordnung in vollem Umfang Anwendung findet.

109 Witte/Reiche, Zollkodex, 2. Auflage, Art. 15 Rz. 2ff.110 Tipke/Kruse, AO, § 30 Rz. 8.111 Tipke/Kruse, AO, § 30 Rz. 6.

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Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass die Vorschrift in erster Linieder Sicherung der Kapitalertragssteuer dient.

§ 31Mitteilung von Besteuerungsunterlagen

§ 31 Absatz 1 bestimmt, dass Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträgeund Steuerbeträge an Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Festset-zung von solchen Abgaben mitgeteilt werden dürfen, die an diese Besteue-rungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen.§ 31 Absatz 2 regelt, dass die Finanzbehörden verpflichtet sind, die nach§ 30 geschützten Verhältnisse des Betroffenen den Trägern der gesetzlichenSozialversicherung, der Bundesanstalt für Arbeit und der Künstlersozialkas-se mitzuteilen, soweit die Kenntnis dieser Verhältnisse für die Feststellungder Versicherungspflicht oder die Festsetzung von Beträgen einschließlichder Künstlersozialabgabe erforderlich ist oder der Betroffene einen Antragauf Mitteilung stellt. Die Mitteilungspflicht besteht nicht, soweit deren Er-füllung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung, die nicht für dasZollrecht relevant ist.

§ 31aMitteilungen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Lei-

stungsmissbrauchs§ 31a regelt die Weitergabe der nach § 30 geschützten Verhältnisse des Be-troffenen, soweit sie für die Durchführung eines Strafverfahrens, eines Buß-geldverfahrens oder eines anderen gerichtlichen oder Verwaltungsverfahrensmit dem Ziel der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung oder Schwarzar-beit oder der Entscheidung über Erteilung, Rücknahme oder Widerruf einerErlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder über Bewilli-gung, Gewährung, Rückforderung, Erstattung, Weitergewährung oder Be-lassen einer Leistung aus öffentlichen Mitteln oder für die Geltendmachungeines Anspruches auf Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mittelnerforderlich ist. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, der zuständigen Stelledie jeweils nötigen Tatsachen mitzuteilen, es sei denn die Mitteilung ist miteinem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden..

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Die Vorschrift ist für die Zollverwaltung insofern von Bedeutung, als diesein die Bekämpfung der Schwarzarbeit eingebunden ist und damit zu denFinanzbehörden gehört, die Angaben weitergeben können.Da es sich nicht um eine Vorschrift des engeren Zollrechts handelt, findetsich eine entsprechende Vorschrift auch nicht im Zollkodex der Gemein-schaften.

§ 31 bMitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche

§ 31 b bestimmt, dass die Offenbarung der nach § 30 geschützten Verhält-nisse des Betroffenen zulässig ist, soweit die der Durchführung eines Straf-verfahrens wegen einer Straftat nach § 261 Strafgesetzbuch dient. Die Fi-nanzbehörden haben Tatsachen, die auf eine derartige Straftat schließen las-sen, den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen.Die Vorschrift ist für die Zollverwaltung insofern von Bedeutung, als diesein die Bekämpfung der Geldwäsche eingebunden ist und damit zu den Fi-nanzbehörden gehört, die Angaben an Strafverfolgungsbehörden mitzuteilenhaben.Da es sich nicht um eine Vorschrift des engeren Zollrechts handelt, findetsich eine entsprechende Vorschrift auch nicht im Zollkodex der Gemein-schaften

1.5 FÜNFTER ABSCHNITT

Haftungsbeschränkung für Amtsträger1.5 Fünfter Abschnitt Haftungsbeschränkung für Amtsträger

§ 32Haftungsbeschränkung für Amtsträger

§ 32 enthält die Bestimmung für eine Haftungsbeschränkung für Amtsträger.Da der Zollkodex den Begriff des Amtsträgers und seine Haftung nichtkennt, fehlt demzufolge auch eine entsprechende Bestimmung im Gemein-schaftszollrecht, so das für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabendie Vorschrift des § 32 Abgabenordnung Anwendung findet.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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2 ZWEITER TEIL

STEUERSCHULDRECHT2 Zweiter Teil Steuerschuldrecht

2.1 ERSTER ABSCHNITT

Steuerpflichtiger2.1 Erster Abschnitt Steuerpflichtiger

§ 33Steuerpflichtiger

§ 34Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter

§ 35Pflichten des Verfügungsberechtigten

§ 36Erlöschen der Vertretungsmacht

§§ 33 bis 36 enthalten Bestimmungen, wer Steuerpflichtiger ist bzw. welchePflichten die gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsbe-rechtigten haben.Darüber hinaus gibt § 36 Auskunft über die rechtlichen Folgen des Erlö-schens einer Vertretungs- oder Verfügungsmacht.Der vorbezeichnete Regelungsbereich ist lediglich in der Abgabenordnunggeregelt.Entsprechende Vorschriften im Gemeinschaftszollrecht bestehen nicht. Zwarenthält Artikel 4 Nr. 1 Zollkodex eine Regelung, wer im Zollrecht als steuer-rechtsfähig anzusehen ist. Diese Regelung verweist aber letztlich wiederumauf das „geltende Recht“ der Mitgliedstaaten112.Kein Fall des § 35 ist die Abgaben einer Zollanmeldung im Namen einesDritten.Wenn die Vertretungsmacht fehlt, wird der Anmelder Zollbeteiligter (Artikel5 Absatz 4 Zollkodex).

112 vgl. Klein/Rüsken, § 33 AO Rz. 25.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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2.2 ZWEITER ABSCHNITT

Steuerschuldverhältnis2.2 Zweiter Abschnitt Steuerschuldverhältnis

§ 37Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis

§ 37 definiert, was unter dem Begriff des „Anspruches aus dem Steuer-schuldverhältnis“ zu verstehen ist.Danach sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis

- der Steueranspruch,- der Steuervergütungsanspruch,- der Haftungsanspruch,- der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung,- der Erstattungsanspruch nach § 37 Absatz 2 sowie- die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

Für die Erstattung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, die ohne rechtlichenGrund gezahlt worden sind (§ 37 Absatz 2) enthält der Zollkodex Sonder-vorschriften.Vor In-Kraft-Treten des Zollkodexes fanden sich entsprechende Regelungenin der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79113.Der Begriff der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist in Artikel 4 Nrn. 10 und 11Zollkodex definiert. Danach sind Einfuhrabgaben die Zölle und Abgabenmit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren sowie die bei der Einfuhrerhobenen Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oderaufgrund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnissegeltenden Sonderregelungen vorgesehen sind.Demzufolge sind Ausfuhrabgaben die Zölle und Abgaben mit gleicher Wir-kung bei der Ausfuhr von Waren sowie die bei der Ausfuhr erhobenen Ab-gaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder aufgrund der fürbestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonder-regelungen vorgesehen sind.

113 ABl. EG 1979 Nr. L 175/1.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Artikel 236 Zollkodex bestimmt, dass Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben unteranderem insoweit erstattet werden, als nachgewiesen wird, dass der Betragim Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war.Somit findet bezüglich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben eine vollständigeÜberlagerung des § 37 Absatz 2 Abgabenordnung durch den Zollkodexstatt.Für die Rückzahlung von ohne rechtlichen Grund gezahlten Zinsen (steuer-liche Nebenleistungen im Sinne der Abgabenordnung) besteht mit Arti-kel 242 Satz 2 Zollkodex ebenfalls eine Sonderbestimmung. Nach dieserVorschrift sind Zinsen, die nach Artikel 241 Zollkodex von den Finanzbe-hörden an den Abgabenpflichtigen gezahlt worden sind, von diesem zurück-zuzahlen, wenn sich herausstellt, dass eine Zollschuld zu Unrecht erlassenoder der entsprechende Abgabenbetrag zu Unrecht erstattet worden ist.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung114 handelt es sich hiernicht nur um Prozesszinsen, sondern auch um Säumniszinsen, die die Fi-nanzverwaltung wegen verspäteter Erstattung zu zahlen hatte.Obwohl auch das Marktordnungsrecht die Zollverwaltung in erhöhtem Ma-ße beschäftigt (z.B. Zahlung der Ausfuhrerstattungen und anderen im Agrar-recht verankerten Prämien, Erhebung der Milchgarantiemengenabgabe) fin-det § 37 Abgabenordnung auf Marktordnungsabgaben keine Anwendung,weil die Vorschrift des § 37 für Steuern gilt, soweit sie durch Bundesfinanz-behörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden.Ausfuhrerstattungen sind ebenso wenig wie Rückforderungsansprüche dar-aus Steuern im Sinne der Abgabenordnung. Es handelt sich vielmehr umInstrumente des Marktordnungsrechts, die unter die Bestimmungen desMarktorganisationsgesetzes (MOG) fallen und dementsprechend nach denVorschriften dieses Gesetzes auch abgewickelt werden.Im Rahmen der Marktordnung bedarf die Anwendung der Abgabenordnungeiner ausdrücklichen Verweisung, wie es der Gesetzgeber beispielsweise fürAbgaben zu Marktordnungszwecken ausdrücklich vorgesehen hat (§ 12Abs. 1 MOG). Es würde der klar erkennbaren Konzeption des Gesetzgeberswidersprechen, für Ansprüche aus Marktordnungsmaßnahmen bzw. derenRückabwicklung ohne gesetzlichen Verweis auf die Vorschriften der Abga-benordnung zurückzugreifen115.

114 Anmerkung zu § 37 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwal-tung S 0101.

115 FG Hamburg vom 14.1.1992, IV 178/90 H, EFG 1992, 478.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 38Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis

§ 38 bestimmt, dass die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entste-hen, sobald der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz dieLeistungspflicht anknüpft.Das Gemeinschaftszollrecht kennt eine derartige allgemeine Bestimmungnicht.Vielmehr ist in zahlreichen Einzelbestimmungen die Entstehung der Zoll-schuld geregelt. So regelt

- Artikel 201 das Entstehen der Zollschuld bei Überführung einer ein-fuhrabgabenrechtlichen Ware in den zollrechtlich freien Verkehr derGemeinschaft bzw. in das Verfahren der vorübergehenden Verwen-dung,

- Artikel 202 das Entstehen der Zollschuld bei vorschriftwidrigerVerbringung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in das Zollgebietder Gemeinschaft bzw. bei vorschriftswidriger Verbringung einersolchen Ware, die sich in einer Freizone oder einem Freilager befin-det, in einen anderen Teil des Zollgebietes der Gemeinschaft,

- Artikel 203 das Entstehen der Zollschuld bei Entziehung einer ein-fuhrabgabenpflichtigen Ware aus der zollamtlichen Überwachung,

- Artikel 204 das Entstehen der Zollschuld in anderen Fällen als denin Artikel 203 genannten, wenn eine der Pflichten nicht erfüllt wird,die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vor-übergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zoll-verfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben oder eine derVoraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffendeVerfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabga-bensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwen-dung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,

- Artikel 205 das Entstehen der Zollschuld bei Verbrauch oder Ver-wendung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in einer Freizoneoder einem Freilager unter anderen als den nach der geltenden Re-gelung vorgesehenen Voraussetzungen,

- Artikel 209 das Entstehen der Zollschuld bei Verbringung einer aus-fuhrabgabenpflichtigen Ware unter Abgaben einer Zollanmeldungaus dem Zollgebiet der Gemeinschaft,

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

53

- Artikel 210 das Entstehen der Zollschuld bei Verbringung einer aus-fuhrabgabenpflichtigen Ware ohne Abgabe einer Zollanmeldung ausdem Zollgebiet der Gemeinschaft,

- Artikel 211 das Entstehen der Zollschuld bei Nichterfüllung derVoraussetzungen, unter denen eine Ware unter vollständiger oderteilweiser Befreiung von den Ausfuhrabgaben aus dem Zollgebietder Gemeinschaft verbracht werden durfte,

- Artikel 216 das Entstehen der Zollschuld, wenn im Rahmen vonPräferenzverkehren, die die Entrichtung von Einfuhrabgaben für diezur Herstellung von Waren verwendeten Nichtgemeinschaftswarenerfordern, Papiere, die in den betreffenden Drittländern zwecks In-anspruchnahme einer Zollpräferenzbehandlung vorgelegt werdenmüssen, ausgefertigt werden.

Ob durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften eine Überlagerung dernationalen Regelungen eintritt oder nicht, ist strittig.Geht man vom strikten Wortlaut der Norm aus, so muss man feststellen,dass § 38 Abgabenordnung selbst keinen Steuerentstehungstatbestand um-schreibt, sondern vielmehr auf andere Entstehungstatbestände verweist.Über § 38 Abgabenordnung wären damit die Regelungen des Zollkodexesanzuwenden116.Dieser Auffassung steht jedoch entgegen, dass das im Rang niedrigere na-tionale Recht nicht die Anwendbarkeit des höherrangigen Gemeinschafts-rechts anordnen kann. Aus rechtssystematischen Gründen ist daher von ei-ner Überlagerung der nationalen Regelung auszugehen, wobei es im Ergeb-nis zu keinem Unterschied führt.Für die Zollschuldentstehungstatbestände ist allein das Gemeinschaftsrechtmaßgeblich117.

116 Koch/Scholtz/Hoffmann, AO, § 38 Rz. 5.117 so auch Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 25.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 39Zurechnung

§ 39 bestimmt, welcher Person Wirtschaftsgüter zuzurechnen sind. Das istnach Absatz 1 grundsätzlich der Eigentümer, es sei denn es greift ein Aus-nahmetatbestand des Absatzes 2 ein.Das Gemeinschaftszollrecht kennt zwar keine entsprechende Vorschrift, sodass keine Überlagerung besteht, andererseits dürfte die Vorschrift für denBereich der Zollverwaltung ohne Bedeutung sein.Nach Art. 4 Nr. 9 Zollkodex ist die Zollschuld die persönliche Zahlungs-pflicht von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben. Die Person des Zollschuldners istim Zollkodex an verschiedenen Stellen geregelt.Die bürgerlich-rechtlichen Beziehungen des Zollschuldners zur abgaben-pflichtigen Ware sind für die Entstehung der Zollschuld ohne Bedeutung118.Kommt es demnach für die Entstehung der Zollschuld auf das privatrechtli-che Eigentum an der abgabenpflichtigen Ware nicht an, ist auch das wirt-schaftliche Eigentum im Sinne des § 39 Absatz 2 ohne Bedeutung119.

§ 40Gesetz- oder sittenwidriges Handeln

§ 40 regelt, dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Verhalten,das den Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt, gegen ein gesetzliches Ge-bot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.Der Zollkodex enthält zwar keine eindeutige vergleichbare Regelung.Artikel 212 Satz 1 Zollkodex bestimmt jedoch, dass eine Zollschuld auchdann entsteht, wenn sie Waren betrifft, für die Verbote und Beschränkungenbestehen. Insofern deckt sich die Vorschrift mit § 40 Abgabenordnung.Artikel 212 Satz 2 Zollkodex bestimmt jedoch weiter, dass eine Zollschuldnicht entsteht, wenn Falschgeld, Suchtstoffe oder psychotropische Stoffevorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, je-doch nicht in den Wirtschaftskreislauf eingehen. Insofern tritt für diesenkonkreten Bereich eine Überlagerung der Abgabenordnungsvorschriftendurch gemeinschaftszollrechtliche Vorschriften ein.

118 Tipke/Kruse, AO, § 39 Rz. 7.119 Klein/Brockmeyer AO § 39 Rz. 2.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Jedoch fingiert Satz 3 mit Blick auf nationale Steuerhinterziehungsvor-schriften, dass insofern Artikel 212 Satz 2 nicht gelten soll. Der Verbrecheralso, der Rauschgift einschmuggelt, wäre nach § 370 Abgabenordnung zubestrafen, weil Artikel 212 Satz 3 entgegen dem vorhergehenden Satz dasEntstehen einer Zollschuld unterstellt. Es wird somit die Hinterziehung einerZollschuld konstruiert, die überhaupt nicht entstanden ist.

§ 41Unwirksame Rechtsgeschäfte

§ 41 bestimmt, dass grundsätzlich auch bei unwirksamen Rechtsgeschäfteneine Besteuerung durchzuführen ist.Das Gemeinschaftszollrecht kennt eine derartige Regelung nicht, so dass dieVorschrift der Abgabenordnung weiterhin anzuwenden ist.

§ 42Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten

§ 42 Absatz 1 sieht vor, dass durch rechtliche GestaltungsmöglichkeitenSteuergesetze nicht umgangen werden können.Absatz 2 bestimmt, dass Absatz 1 anwendbar ist, wenn seine Anwendbar-keit gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.Auch hierfür sieht das Gemeinschafsrecht keine gleichgelagerte Regelungvor. Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist die Vorschriftjedoch gegenstandslos, weil die Zollschuldentstehungstatbestände aus-schließlich objektive Tatbestände sind und subjektive Erwägungen bei derZollschuldentstehung außer Betracht bleiben120. Hierbei darf jedoch nichtverkannt werden, dass die Nichtanwendbarkeit für Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben gegen den Wortlaut der Vorschrift verstößt, weil Absatz 2 die An-wendbarkeit gerade nur für die Fälle ausschließt, in denen sie gesetzlichausdrücklich ausgeschlossen ist. Bei strenger Lesart müsste daher das Ge-meinschafsrecht die Anwendbarkeit des § 42 ausschließen.Da das Gemeinschaftsrecht hierzu jedoch nicht berufen ist, wird man § 42Abgabenordnung entgegen seinem Wortlaut unter Zuhilfenahme des Grund-satzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht aus-zulegen haben.

120 A. A. jedoch ohne Begründung Koch/Scholtz/Hoffmann, AO, § 42 Rz. 3.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 43Steuerschuldner, Steuervergütungsgläubiger

§ 43 erläutert, welche Person als Steuerschuldner bzw. Steuervergütungs-gläubiger anzusehen ist und verweist hierzu auf die einzelnen Steuergesetze.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben enthält der Zollkodex derGemeinschaften nähere Bestimmungen.So ist hinsichtlich der Zollschuldentstehung nach Artikel 201 Zollkodexgrundsätzlich der Anmelder Zollschuldner.Im Falle der direkten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für derenRechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.Im Rahmen der Zollschuldentstehung nach Artikel 202 Zollkodex ist Zoll-schuldner

- die Person, die die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet derGemeinschaft verbracht hat,

- die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl siewussten oder hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftwidrighandeln und

- die Personen, die die betreffende Ware erworben oder im Besitz ha-ben, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Wa-re wussten oder hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrigin das Zollgebiet verbracht worden war.

Entsteht die Zollschuld nach Artikel 203 Zollkodex, so ist Zollschuldner- die Person, die die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen

hat,- die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren, obwohl sie

wussten oder hätten wissen müssen, dass sie die Ware der zollamtli-chen Überwachung entzogen und

- die Personen, die die betreffende Ware erworben oder im Besitz ge-habt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts derWare wussten oder hätten wissen müssen, dass diese der zollamtli-chen Überwachung entzogen worden war,

- gegebenenfalls auch die Person, die die Verpflichtungen einzuhaltenhatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer einfuhr-

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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abgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des betref-fenden Zollverfahrens ergeben.

Im Fall der Zollschuldentstehung nach Artikel 204 Zollkodex ist Zoll-schuldner die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einereinfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrungoder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben,oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in diesesZollverfahren zu erfüllen hat.Entsteht die Zollschuld nach Artikel 205 Zollkodex ist Zollschuldner diePerson, welche die Ware verbraucht oder verwendet hat, sowie die Perso-nen, die an diesem Verbrauch oder dieser Verwendung beteiligt waren, ob-wohl sie wussten oder hätten wissen müssen, dass die Ware unter anderenals den nach der geltenden Regelung vorgesehenen Voraussetzungen ver-braucht oder verwendet wurde.Bei der Zollschuldentstehung nach Artikel 209 Zollkodex ist Zollschuldnerder Anmelder, im Falle der indirekten Vertretung auch die Person, für derenRechnung die Anmeldung abgegeben wird.Im Rahmen der Zollschuldentstehung nach Artikel 210 Zollkodex ist Zoll-schuldner

- die Person, die die Ware aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ver-bracht hat,

- die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl siewussten oder hätten wissen müssen, dass eine Zollanmeldung erfor-derlich war, aber nicht abgegeben worden war.

Bei der Zollschuldentstehung nach Artikel 211 Zollkodex ist Zollschuldnerder Anmelder, im Falle der indirekten Vertretung auch die Person, für derenRechnung die Anmeldung abgegeben wird.Entsteht die Zollschuld nach Artikel 216 Zollkodex ist Zollschuldner derAnmelder, im Falle der indirekten Vertretung auch die Person, für derenRechnung die Anmeldung abgegeben wird.Für den Bereich der Abgabenentstehungstatbestände findet somit eine „Er-gänzung“ der nationalen Vorschriften durch Gemeinschaftszollrecht statt,wohlwissend, dass eine höherrangige Norm, wie sie der Zollkodex darstellt,systematisch keine Ergänzung einer nationalen Regelung sein kann. Ande-

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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rerseits lässt sich auch nicht behaupten, dass hier eine echte Überlagerungdes nationalen Rechts durch das Gemeinschaftsrecht vorliegt121.Insofern ist Hoffmann beizutreten, der der Norm einen rein deklaratorischenCharakter zumisst122.

§ 44Gesamtschuldner

§ 44 regelt die Gesamtschuldnerschaft.Absatz 1 Satz 1 enthält den Grundsatz, dass Personen, die nebeneinanderdieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für siehaften oder die zusammen zu einer Steuer veranlagt sind, Gesamtschuldnersind.Satz 2 bestimmt, dass für den Fall, dass nichts anderes bestimmt ist, jederGesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet.Absatz 2 Sätze 1 und 2 bestimmen, dass die Erfüllung durch einen Gesamt-schuldner, wie auch Aufrechnung und Sicherheitsleistung auch für die übri-gen Schuldner wirken.Nach Absatz 2 Satz 3 wirken andere Tatsachen nur für und gegen den Ge-samtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Satz 4 verweist auf die Vor-schriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in denFällen der Zusammenveranlagung.Regelungen über die Gesamtschuld finden sich für den Zollschuldner in Ar-tikel 213 Zollkodex wieder, so dass bezüglich des Zollschuldners eine voll-ständige Überlagerung des Satzes 1 besteht. Die gemeinschaftszollrechtli-chen Vorschriften regeln jedoch weder den Begriff noch die rechtlichen Fol-gen der Gesamtschuldnerschaft. Obwohl Artikel 213 Zollkodex keinen aus-drücklichen Verweis auf geltendes Recht und damit auf das Recht der Mit-gliedstaaten enthält, kann und muss wegen der gemeinschaftszollrechtlichenRegelungslücke weiterhin auf nationales Recht zurückgegriffen werden123.Das kann im Ergebnis unbefriedigend sein, da es bei einem Rückgriff aufeinzelstaatliches Recht zu unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen

121 So aber unter Verkennung des Regelungsgehaltes von Art. 4 Nr. 12 ZK Friedrich,Klaus, a.a.O., (FN 75), 18.

122 Koch/Scholtz/Hoffmann, AO, § 43 Rz. 4.123 Witte, Zollkodex Artikel 213 Rz.. 2; Witte, Peter/Wöhner, Anette, a.a.O. (FN 95),

133; Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75). 25.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Mitgliedstaaten kommen kann. Besonders misslich ist die Situation, wenndie Gesamtschuldner in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind124.Auch nach Henke/Huchatz125 bestehen keine Bedenken, § 44 Absatz 1 Satz2 und Absatz 2 Abgabenordnung zur Lückenfüllung heranzuziehen.Für den Haftungsschuldner im Sinne von § 44 Abgabenordnung tritt keineÜberlagerung ein, weil das Gemeinschaftszollrecht den Begriff des Haften-den nicht kennt.Auf die Überlagerung Zollkodex-Abgabenordnung bei Haftungsschuldensoll im Einzelnen an späterer Stelle eingegangen werden.

§ 45Gesamtrechtsnachfolge

§ 45 bestimmt die Rechtsfolgen im Falle der Gesamtrechtsnachfolge:Forderungen und Schulden gehen grundsätzlich auf den Rechtsnachfolgerüber. Im Falle der Erbfolge gilt dies jedoch nicht für Zwangsgelder. Erbenhaben für die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden nach den Vor-schriften des BGB über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkei-ten einzustehen.Da das Gemeinschaftszollrecht keinerlei entsprechende Vorschriften enthält,gilt die Vorschrift der Abgabenordnung auch weiterhin für Einfuhr- undAusfuhrabgaben.

§ 46Abtretung, Verpfändung, Pfändung

§ 46 enthält Bestimmungen über die Abtretung, Verpfändung und Pfändungvon Ansprüchen auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichenNebenleistungen und auf Steuervergütungen. Die Abgabenordnung lässtderartige Handlungen zu.Da das Gemeinschaftszollrecht eine diesbezügliche Regelung vermissenlässt, richtet sich eine Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Erstat-

124 Witte, Peter / Wöhner, Annette, a.a.O., (FN 95), 133.125 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 269.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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tungsansprüchen von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach § 46 Abgabenord-nung126.Für den Bereich der ebenfalls die Zollverwaltung betreffenden Ausfuhrer-stattungen nach dem Gemeinschaftsrecht hat der BFH entschieden, dasszwar eine derartige Forderung abgetreten werden kann, nicht aber die ge-samte Rechtsstellung aus dem Erstattungsverhältnis; der Abtretungsempfän-ger könne daher z.B. nicht einen ablehnenden Erstattungsbescheid anfech-ten127.

§ 47Erlöschen

§ 47 erklärt, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis insbesonderedurch Zahlung, Aufrechnung, Erlass, Verjährung sowie durch Eintritt derBedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen erlöschen.Der Zollkodex enthält in seinem Artikel 233 eine eigenständige Regelungmit Erlöschens-Tatbeständen. Danach erlischt die Zollschuld durch Ent-richtung der Abgaben (entspricht dem Begriff der Zahlung nach der Abga-benordnung), durch Erlass des Abgabenbetrags (entspricht dem Erlass nachder Abgabenordnung), durch Ungültigerklärung einer Zollanmeldung, durchEinziehung, Vernichtung oder Zerstörung auf Anordnung der Zollstelle bzw.bei Aufgabe der Ware oder aus in ihrer Natur liegenden Gründen, durch Zu-fall oder höhere Gewalt vernichtet oder zerstört wurden oder unwieder-bringlich verloren gegangen sind.Darüber hinaus erlischt eine nach Artikel 216 Zollkodex entstandene Zoll-schuld nach Artikel 234 Zollkodex, wenn die Förmlichkeiten für ungültigerklärt werden, die erfüllt worden sind, um eine Präferenzbehandlung nachArtikel 216 Zollkodex zu erhalten.Artikel 233 Zollkodex sieht jedoch nicht vor, dass eine Zollschuld durchAufrechnung erlischt.Nach Gemeinschaftszollrecht ist zwar eine Aufrechnung als eine Unterformder Zahlung zulässig (vgl. Artikel 223 Zollkodex), ein Erlöschen der Abga-benforderung kommt dadurch jedoch nicht nach den Vorschriften des Zoll-kodexes, sondern nach wie vor nach § 47 Abgabenordnung in Betracht. An-

126 Witte/Huchatz, Zollkodex Artikel 236 Rz. 44; FG Bremen vom 18.2.1992, II 151/86K, EFG 1992, 401.

127 Urteil vom 25.4.1978, VII R 2/75, BFHE 125, 138.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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derenfalls würde sich eine Zahlung nicht auf den Bestand der Forderungauswirken.Insofern tritt keine Überlagerung durch Gemeinschaftszollrechtliche Vor-schriften ein128.In Artikel 233 Zollkodex ist zwar nicht ausdrücklich das Erlöschen derForderung durch Verjährung vorgesehen. Aber aus der Formulierung „unbe-schadet der geltenden Vorschriften über die Verjährung“ ist zu entnehmen,dass es sich bei der Verjährung um einen gesonderten Erlöschenstatbestandhandeln soll oder wie Witte meint, es sich hier um einen Erinnerungspostenhandelt, der nicht an dieser Stelle als Erlöschensgrund geregelt werdensoll129, gleichwohl aber als Erlöschensgrund anzusehen ist.

§ 48Leistung durch Dritte, Haftung Dritter

§ 48 bestimmt zum einen, dass Leistungen auch durch Dritte bewirkt wer-den können (Absatz 1), zum anderen (Absatz 2), dass Dritte sich vertraglichverpflichten können, für Leistungen eines anderen einzustehen (kumulativerSchuldbeitritt).Auch das Gemeinschaftszollrecht kennt die Möglichkeit, dass Abgaben voneinem Dritten an Stelle des Zollschuldners entrichtet werden können (Arti-kel 231 Zollkodex).Insofern tritt eine vollständige Überlagerung der nationalen Vorschrift des§ 48 Absatz 1 Abgabenordnung durch das Gemeinschaftszollrecht ein.Was dem Gemeinschaftszollrecht jedoch fremd ist, ist die Möglichkeit desvertraglichen Schuldbeitritts. Insofern bleibt die Abgabenordnung weiterhinanwendbar.

§ 49Verschollenheit

§ 49 bestimmt, welcher Tag im Falle der Verschollenheit als Todestag anzu-nehmen ist.

128 A. A. Koch/Scholtz/Hoffmann, AO, § 47 Rz. 6; Tipke/Kruse, AO, § 47 Rz. 8; Fried-rich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 25, die offenbar die Regelung des Art. 223 ZK in ihrerTragweite übersehen haben.

129 Witte, Zollkodex Artikel 233, Rz. 2.

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Da diese Vorschrift nur für die unmittelbaren steuerlichen Folgen gilt, diesich aus dem Tod der für tot erklärten Personen ergeben130, ist die Vorschriftfür den Bereich des Zollrechts nicht einschlägig.

§ 50Erlöschen und Unbedingtwerden der Verbrauchsteuer, Übergang der

bedingte Verbrauchsteuerschuld§ 50 regelt das Erlöschen und Unbedingtwerden der Verbrauchsteuer bzw.den Übergang der bedingten Verbrauchsteuerschuld.Wie sich bereits aus der Überschrift dieser Abgabenvorschrift ergibt, beziehtsie sich nur auf national zu vereinnahmende Verbrauchsteuern, nicht jedochauf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Gemeinschaftszollrecht.Hinzuweisen ist darauf, dass diese Vorschrift grundsätzlich nur noch An-wendung findet auf Verbrauchsteuern, die vor dem 1. Januar 1993 entstan-den sind.Sie bleibt nur noch anwendbar bei der Ablieferung von Abfindungsbrannt-wein an die Bundesmonopolverwaltung (§ 172 BO), der Steuerbefreiung fürProben, die zu einer Qualitätsprüfung der zuständigen Behörde vorgestelltoder auf Veranlassung dieser Behörde entnommen werden (vgl. § 132 Ab-satz 2 Nr. 3 BranntweinMonG; § 3 Absatz 1 Nr. 2 SchaumwZwStG; § 15Absatz 1 Nr. 2 KaffeeStG) sowie der steuerfreien Verwendung von Schiffs-und Reisebedarf (vgl. § 27 Absatz 9 ZollVO).

2.3 DRITTER ABSCHNITT

Steuerbegünstigte Zwecke2.3 Dritter Abschnitt Steuerbegünstigte Zwecke

§ 51Allgemeines

§ 52Gemeinnützige Zwecke

§ 53Mildtätige Zwecke

130 Tipke/Kruse, AO, § 49 Rz. 6.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 54Kirchliche Zwecke

§ 55Selbstlosigkeit

§ 56Ausschließlichkeit

§ 57Unmittelbarkeit

§ 58Steuerlich unschädliche Betätigungen

§ 59Voraussetzungen der Steuervergünstigungen

§ 60Anforderungen an die Satzung

§ 61Satzungsmäßige Vermögensbindung

§ 62Ausnahmen von der satzungsmäßigen Vermögensbindung

§ 63Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung

§ 64Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe

§ 65Zweckbetriebe

§ 66Wohlfahrtspflege

§ 67Krankenhäuser

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

64

§ 67aSportliche Veranstaltungen

§ 68Einzelne Zweckbetriebe

§§ 51 bis 68 regeln einzelne steuerbegünstigte Zwecke (§ 52 GemeinnützigeZwecke, § 53 Mildtätige Zwecke, § 54 Kirchliche Zwecke).Die Grundregel des § 51 Abgabenordnung sieht vor, dass für den Fall, dassdas Gesetz eine Steuervergünstigung gewährt, weil eine Körperschaft aus-schließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchlicheZwecke verfolgt, die nachstehenden Vorschriften gelten würden.Der Zollkodex der Gemeinschaften enthält zwar keine korrespondierendeRegelung.Das Gemeinschaftszollrecht kennt jedoch gleichwohl Katalogfälle, in deneneine Abgabenbefreiung zu gewähren ist. Dieser Katalog findet sich wiederin der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates über das gemeinschaftlicheSystem der Zollbefreiungen131 (so genannte Zollbefreiungsverordnung).Unter Titel XVI dieser Verordnung finden sich Zollbefreiungen für Warenfür Organe der Wohlfahrtspflege (Artikel 65 bis 69), für Gegenstände dieeigens für die erzieherische, wissenschaftliche oder kulturelle Förderung derBlinden gestaltet und in Anhang III der Verordnung aufgeführt wurden bzw.in Anhang IV aufgeführte Gegenstände, wenn sie eingeführt werden entwe-der von den Blinden selbst zu ihrem Eigenverbrauch oder von Einrichtungenoder Organisationen zur Erziehung oder Unterstützung von Blinden, die vonden zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zur abgabenfreien Einfuhrdieser Gegenstände ermächtigt worden sind (Artikel 70, 71).Daneben finden sich in der Zollbefreiungsverordnung Zollbefreiungen fürWaren für andere behinderte Personen (Artikel 72, 73), für Katastrophen-Opfer (Artikel 79 bis 85).Die Zollbefreiungsverordnung darf als abschließend bezeichnet werden, sodass zwar nicht durch den Zollkodex der Gemeinschaften, wohl aber durchanderes Gemeinschaftszollrecht eine Überlagerung der nationalen Vorschriftdes § 51 Abgabenordnung eintritt.

131 ABl. EG 1983 Nr. L 105/1, berichtigt im ABl. EG 1983 Nr. L 274/40 und ABl. EG1985 Nr. L 256/47, zuletzt geändert durch VO (EWG) Nr. 355/94, ABl. EG 1994 Nr.L 46/5.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

65

Die §§ 52 bis 68 bleiben jedoch hinsichtlich ihrer Definition für steuerbe-günstigte Organisationen auch weiterhin anwendbar, weil die Zollbefrei-ungsverordnung keine entsprechenden Definitionen enthält.

2.4 VIERTER ABSCHNITT

Haftung2.4 Vierter Abschnitt Haftung

§ 69Haftung der Vertreter

§ 70Haftung des Vertretenen

§ 71Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers

§ 72Haftung bei Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit

§ 73Haftung bei Organschaft

§ 74Haftung des Eigentümers von Gegenständen

§ 75Haftung des Betriebsübernehmens

§ 76Sachhaftung

Die Vorschriften der §§ 69 - 75 Abgabenordnung sind auch für gemein-schaftsrechtlich geschuldete Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar.Das Gemeinschaftszollrecht kennt den Begriff der Haftung nicht.Nach Artikel 232 Absatz 1 Buchstabe a) Zollkodex machen die Zollbehör-den von allen ihnen nach den geltenden Vorschriften zu Gebote stehendenMöglichkeiten einschließlich der Zwangsvollstreckung Gebrauch, um dieEntrichtung eines nicht fristgerechten Abgabenbetrages zu erreichen, so dass

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

66

man in Erwägung ziehen könnte, über diese Vorschrift auch die nationalenVorschriften über die Haftung für anwendbar anzusehen132.Eine derartige Sichtweise verkennt jedoch, dass mit dem Begriff „Abgaben-betrag“ der buchmäßig erfasste und dem Zollschuldner nach Artikel 221Zollkodex mitgeteilte Zollschuldbetrag gemeint ist.Mit dem Haftungsbescheid wird jedoch nicht eine Zollschuld geltend ge-macht, sondern ein Betrag, der lediglich der Höhe nach dem Zollschuldbe-trag entspricht.Da Artikel 232 Zollkodex hier keine Anwendung findet, liegt keine Überla-gerung der nationalen Vorschriften durch Gemeinschaftsrecht vor, so dassdie Vorschriften der Abgabenordnung unmittelbare Anwendung finden.Andererseits könnte man auch argumentieren, dass der Zollkodex den Be-griff des Zollschuldner so weit gefasst hat, weil er ihn abschließend normie-ren wollte.Der Abgabenordnung hier ein Betätigungsfeld zu eröffnen, ginge dannfehl133.Dass eine Haftung auch im Zollbereich möglich ist, hat der BFH in der Ver-gangenheit für den Fall des Inhabers eines Zoll- oder Steuerlagers bejaht. Dader Steuergläubiger im Interesse einer wirtschaftsfreundlichen Handhabungdes Lagerverfahrens in weitem Umfang auf die Sicherung des Steuerauf-kommens durch Nutzung der Sachhaftung nach § 76 Abgabenordnung ver-zichte, sei der Inhaber eines Zolllagers verpflichtet, sicherzustellen, dass dieEinfuhrabgaben, die bei Entnahme aus einem Zoll- oder Steuerlager entste-hen, im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet werden. Um diese Verpflichtung er-füllen zu können, müsse er dafür sorgen, dass am Fälligkeitstag auch Mittelzur Entrichtung der Einfuhrabgaben vorhanden sind134.Für den Bereich des Zahlungsaufschubs hat das FG Bremen entschieden,dass für den Fall, dass der Vertreter seine Verpflichtung, die Aufschubsum-me einzuhalten, vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, er für den ver-kürzten Betrag in voller Höhe haftet135.

132 so Dorsch/Lichtenberg, Zollrecht, Art. 201 Rz. 9; Witte, Peter / Wolffgang, Hans-Michael, a.a.O., (FN 106), Rz. 1178.

133 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 19.134 Urteil vom 20.10.1987, VII R 6/84, BFH/NV 1988, 428.135 Urteil vom 17.3.1992, II 135/86 K, EFG 1992, 496.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

67

Nach Auffassung Witte136 sind die Haftungsvorschriften der Abgabenord-nung immer dann anwendbar, wenn die darin Genannten nicht bereits Zoll-schuldner geworden sind.Nach Auffassung von Alexander137 ist die Anwendung der Abgabenordnungnicht an die Voraussetzungen des Artikels 232 Zollkodex geknüpft, weil derZollkodex keine abschließende Regelung treffen wollte, soweit allgemeinesAbgabenverwaltungsrecht betroffen ist. Es sei nämlich schon nach demWortlaut des Artikels 232 Absatz 1 Buchstabe a Zollkodex nicht erkennbar,dass damit die weitere Sicherung der Steuern ausgeschlossen sein solle.Auch würde eine derartige Auslegung dem Zweck der Vorschrift, den Ein-fuhrabgabenanspruch durchzusetzen, widersprechen. Dass eine derartigeBeschränkung der Durchsetzung des Einfuhrabgabenanspruches nicht ge-wollt sein könne, werde deutlich, wenn die für die Haftung gezogenen Kon-sequenzen auf das Arrestverfahren nach den §§ 324ff. Abgabenordnungübertragen würden. Schlösse Artikel 232 Absatz 1 Buchstabe a Zollkodexbis zum Ablauf der Zahlungsfrist einer mitgeteilten und damit in Deutsch-land einer festgesetzten Zollschuld deren vorzeitige Durchsetzung aus, blie-be eines der wirksamsten Mittel zur sofortigen Durchsetzung ungenutzt.Diese Auffassung wird auch von Halla-Heißen/Zimmermann138 vertreten,die darauf hinweisen, dass aus der Tatsache, dass der Zollkodex keine Tren-nung von Schuld und Haftung vornehme wie es die Abgabenordnung tut,der Schluss zu ziehen sei, dass der Kodex nur abschließend Zollschuld undZollschuldner festlegen und nicht alle Steuerpflichtigen erfassen will. InAnbetracht der geltenden verschiedenen Regelungen in den einzelnen Mit-gliedstaaten könne ein EG-weite Regelung über die Verantwortlichkeit fürZollschulden allenfalls als kleinster gemeinsamer Nenner gewollt sein.Wenn in einem Staat zusätzliche Möglichkeiten für eine Realisierung dernach dem Kodex entstandenen Zollschulden bestehen, müssten diese Vor-schriften weiterhin anwendbar bleiben. Sinn und Zweck einer abschließen-den Regelung durch den Kodex könne nicht gewesen sein, effiziente Rege-lungen betreffend die Durchsetzbarkeit der Forderungen außer Kraft zu set-zen. Die Tatsache, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission, natio-nales Recht nur bei ausdrücklicher Zulassung anwenden zu können139, letzt-

136 Witte, Peter / Wolffgang, Hans-Michael a.a.O., (FN 106), Rz. 1178.137 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 232 Rz. 3.138 Halla-Heißen, Isabell/Zimmermann, Heiko: Die Durchsetzung steuerlicher Ansprü-

che durch Haftungsbescheid bei Vermögenslosigkeit des Schuldners, ZfZ 1994, 2, 9.139 Verordnungsvorschlag der EG-Kommission vom 21.3.1990 zur Festlegung des Zoll-

kodexeses der Gemeinschaften, Abl. EG Nr. 128/1, dort zu Artikel 1 Absatz 1 Unter-absatz 2.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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lich keinen Eingang in den Zollkodex gefunden habe, spreche für eine wei-tere Anwendbarkeit nationalen Rechts, wo das Gemeinschaftsrecht durchdie Begründung der Zollschuld die Grundlagen geschaffen habe und esnunmehr um die gemeinschaftsrechtlich nicht geregelte zusätzliche Durch-setzung im Einzelfall gehe. Einer Verweisung auf nationales Recht bedürfees für diese Fälle nicht.Rüsken140 weist zu Recht darauf hin, dass die Haftungsnormen nur gegendenjenigen geltend gemacht werden können, der nicht ohnehin Abgaben-schuldner ist, denn in diesen Fällen bedürfte es keiner Haftung.Eine Haftung für eine eigene Steuerschuld ist nicht möglich141.Die Haftungsvorschriften der Abgabenordnung greifen zulasten von Vertre-tern auch bei Vertretungsfällen nur dann, wenn keine Abgabenschuldner-schaft desjenigen eintritt, für die die in den §§ 34, 35 Abgabenordnung ge-nannten Dritten handeln. Das wäre etwa bei einer nicht offengelegten indi-rekten Stellvertretung bei einer Zollanmeldung der Fall.Ohne eine Haftungsregelung würden die Vertretenen frei sein; das erschieneunbillig, wenn sie aus der Vertretung unzulässige Vorteile gezogen hättenoder mittelbar erst ermöglich haben142. Der Haftung des Vertretenen liegtnämlich der Gedanke zu Grunde, dass ihm nicht nur die Vorteile der Vertre-tung durch Dritte zugute kommen sollen, sondern dass er auch die Nachteiledes Tuns dieser Personen zu tragen hat143.Auch die deutsche Zollverwaltung hat sich mit verschiedenen Erlassen derHaftungsproblematik angenommen:Zunächst wurde dort mit Erlass vom 3. Mai 1996144 die Auffassung vertre-ten, dass die §§ 69 bis 75 Abgabenordnung unter der Voraussetzung des Ar-tikels 232 Absatz 1 Buchstabe a Zollkodex anwendbar seien.Diese Auffassung wurde mit Erlass vom 26. Juli 1996145 bestätigt und eswurde darauf hingewiesen, dass eine Aussetzung der Vollziehung für mitHaftungsbescheid angeforderten Einfuhrabgaben nur nach § 361 Abgaben-ordnung und nicht nach Artikel 244 Zollkodex in Betracht käme.

140 Klein/Rüsken, AO § 70 Rz. 1.141 BFH vom 19.10.1976, VII R 63/73, BFHE 120, 329.142 BFH vom 2.5.1991, VII R 7/89, BFH/NV 1992, 219.143 Tipke/Kruse, AO, § 70 Rz. 1.144 III A 6 – S 0012 – 1/96, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Nachrichten

3096.145 III A 6 – S 0623 – 6/95, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Nachrichten

4396.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

69

Ebenfalls mit Erlass vom 26. Juli 1996146 wurde festgelegt, dass sich Erlass-und Erstattungsmaßnahmen aus Billigkeitsgründen bei Haftungsschuldennach den nationalen Vorschriften der Abgabenordnung (§ 227 Abgabenord-nung) richten.Diese Auffassung ist zuletzt in einem Erlass des Bundesministeriums derFinanzen vom 17. Juli 2001 an die Oberfinanzdirektion Köln erkennbar ge-worden, mit dem die OFD angewiesen wurde, einen Erlass einer Haftungs-schuld nach § 227 Abgabenordnung vorzunehmen.Mit Erlass vom 21. Juni 1999147 wurde festgelegt, dass Haftungsbescheideüber Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex Entschei-dungen auf dem Gebiet des Zollrechts darstellten und daher für Entschei-dungen über die Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide die Regelun-gen des Artikels 244 Zollkodex anzuwenden seien.Was hatte nun die Zollverwaltung zum Umdenken veranlasst?Ein Grund für den Wechsel in der Auffassung der Zollverwaltung lag darin,dass nunmehr festgestellt wurde, dass Haftungsschuldner nach §§ 69 Abga-benordnung in bestimmten Fällen auch Steuerschuldner nach dem Zollko-dex sein könnten. In diesen Fällen erschien es der Verwaltung rechtsmiss-bräuchlich zu sein, die Aussetzung der Vollziehung der Haftungsbescheidenach den für den Beteiligten ungünstigeren Voraussetzungen des § 361 Ab-gabenordnung/§ 69 FGO und damit anders zu prüfen, als wenn der Betei-ligte als Steuerschuldner nach dem Zollkodex mit einem Steuerbescheid inAnspruch genommen worden wäre. Hinzu kam, dass auch die Finanzge-richtsbarkeit umgedacht hatte. So hatte das Hessische Finanzgericht in sei-nem Beschluss vom 31. März 1995 festgestellt:

„Soweit es bei den durch Haftungsbescheid geltend gemachten Abgabenum Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben im Sinne des Artikels 244 ZK geht, ge-hören auch Haftungsbescheide zum Normbereich des Art. 244 ZK, dennauch der nach innerstaatlichen Bestimmungen als Haftungsschuldner inAnspruch genommene ist Zollschuldner gemäß der (im damals zu ent-scheidenden Fall anzuwendenden) ZollschuldnerVO...“ 148.

Noch deutlicher wurde das Finanzgericht in einer nicht veröffentlichten Ent-scheidung vom 19. Juni 1998, in der es nicht mehr auf die zusätzliche Zoll-

146 III A 6 – S 0192 – 2/96, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Nachrichten4396.

147 III A 6 – S 0012 – 1/99, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Nachrichten3299.

148 7 V 3115/94, ZfZ 1995, 326.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

70

schuldnerschaft des mit Haftungsbescheid in Anspruch Genommenen ab-stellte, sondern die nach nationalem Recht ergangenen Haftungsbescheideüber Einfuhrabgaben den Entscheidungen auf dem Gebiet des Zollrechtsgleichstellte149. Es kam zu der Folgerung, dass

„...auch bei Inhaftungnahme „auf dem Gebiet des Zollrechts“ (Artikel243 Absatz 1 Zollkodex) nicht § 69 Absatz 2 FGO, sondern Art. 244 Satz2 Zollkodex sinngemäß Anwendung findet...“

Mit dem neuesten Erlass vom 20. Juni 2002150 hat das Bundesministeriumder Finanzen seine Erlasse vom 26. Juli 1996 und vom 21. Juni 1999 aufge-hoben. Es hat hierzu ausgeführt, dass nationale Haftungsvorschriften ohneweitere Voraussetzungen auch für gemeinschaftsrechtlich geschuldete Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar seien, weil es sich bei diesen Vor-schriften um geltendes Recht im Sinne des Artikels 4 Nr. 23 Zollkodex han-dele, dem gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstünden.Die Haftungsschulden würden mangels gemeinschaftsrechtlicher Bestim-mungen mit Haftungsbescheid nach § 191 Abgabenordnung festgesetzt.Haftungsbescheide über gemeinschaftsrechtliche Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben seien Entscheidungen im Sinne des Artikels 4 Nr. 5 Zollkodex, mitder Folge, dass für sie die Vorschriften des Zollkodexes und der ZKDVOgelten. Erlass und Erstattung der aufgrund von Haftungsbescheiden ge-schuldeten Beträge aus Billigkeitsgründen richteten sich deshalb nach Arti-kel 239 Zollkodex, die Aussetzung der Vollziehung nach Artikel 244 Zoll-kodex. Die §§ 227 und 361 Abgabenordnung seien insoweit überlagert.Diese neueste Entscheidung des Ministeriums ist zu begrüßen. Sie bringtendlich die gebotene Klarheit in die durch die vergangenen Erlasse entstan-dene Rechtsunsicherheit und entspricht auch der Literaturmeinung151:

Für § 70 – Haftung des Vertretenen – gilt darüber hinaus Folgendes:Die Vorschrift kommt zur Anwendung, wenn der Vertretene nicht ohnehinAbgabenschuldner ist (s.o.), z. B. die OHG, deren Geschäftsführer eine Im-portsendung einschwärzt, der Inhaber eines Herstellungsbetriebs, einesSteuerlagers, eines steuerbegünstigten Verkehrs, der Inhaber eines Zollver-fahrens.

149 7 V 1243/98.150 III B 7 – S 0062 – 2/02, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Nachrichten

40 2002.151 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Vor Art. 235-242 ZK, Rz. 8.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

71

Für § 73 – Haftung bei Organschaft – gilt darüber hinaus Folgendes:§ 73 Abgabenordnung betrifft Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer und Um-satzsteuer152 und findet im Bereich des Zollrechts keine Anwendung.

Für § 74 – Haftung des Eigentümers von Grundstücken – und § 75 –Haftung des Betriebsunternehmens – ist zu beachten, dass die Vorschrif-ten bereits von ihrem Tatbestand für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keineAnwendung finden.

Für den Bereich der Sachhaftung nach § 76 Abgabenordnung gilt die fol-gende Besonderheit:Die Vorschrift gilt insgesamt nur für Zölle und Verbrauchsteuern. Einfuhr-und ausfuhrabgabenpflichtige Waren dienen als Sicherheit für die auf ihnenruhenden Abgaben. Durch Regelungen des Zollkodexes ist jedoch der An-wendungsbereich für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben stark eingeschränktworden. So kann § 76 Abgabenordnung nur dann eingreifen, wenn die Wa-ren nicht ohnehin von den Zollbehörden veräußert worden sind.Diese Möglichkeit besteht nach Artikel 53 Zollkodex, wenn nicht innerhalbbestimmter Fristen die Zollförmlichkeiten erfüllt werden, damit die Wareeine zollrechtliche Bestimmung erhalten kann.Auch Artikel 57 Zollkodex gibt der Zollbehörde die Möglichkeit der Wa-renveräußerung, wenn Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Ge-meinschaft verbracht oder der zollamtlichen Überwachung entzogen wur-den.Letztlich sieht auch Artikel 75 Zollkodex eine Veräußerung der Waren vor,die dem Anmelder nicht überlassen werden konnten oder nicht innerhalbeiner angemessenen Frist nach ihrer Überlassung abgeholt worden sind.Die Veräußerung erfolgt in diesen Fällen nach § 13 ZollVG.Wenn die Zollbehörden keine Veräußerung nach den vorgenannten Bestim-mungen vornehmen können, kann ein auf § 76 Abgabenordnung gestützterHaftungsbescheid erlassen werden.

152 Klein/Rüsken, AO § 73 Rz.1; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 73 AO Rz. 1.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

72

§ 77Duldungspflicht

§ 77 regelt die Duldungspflichten des Steuerschuldners.Nach dessen Absatz 1 hat der derjenige, der gesetzlich verpflichtet ist, eineSteuer aus Mitteln, die seiner Verwaltung unterliegen, zu entrichten die Voll-streckung zu dulden; Absatz 2 bezieht sich ausschließlich auf öffentlicheLasten, die auf Grundbesitz ruht.Absatz 1 findet auch auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben Anwendung, weilim Zollkodex der Gemeinschaften eine entsprechende Regelung nicht vor-handen ist.Absatz 2 ist für die Zollverwaltung nicht einschlägig, weil Einfuhr- undAusfuhrabgaben nicht „öffentliche Lasten auf Grundbesitz“ darstellen.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

73

3 DRITTER TEIL

ALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN3. Dritter Teil Allgemeine Verfahrensvorschriften

3.1 ERSTER ABSCHNITT

Verfahrensgrundsätze3.1 Erster Abschnitt Verfahrensgrundsätze

3.1.1 1. UnterabschnittBeteiligung am Verfahren

3.1.1 1. Unterabschnitt Beteiligung am Verfahren

§ 78Beteiligte

§ 78 definiert den Begriff des Beteiligten im Abgabenrecht. Danach sindBeteiligte

- Antragsteller und Antragsgegner,- diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten

will oder gerichtet hat,- diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-

rechtlichen Vertrag geschlossen hat.

Bezüglich dieser Vorschrift ist auf folgende Besonderheit hinzuweisen:Auch das Gemeinschaftszollrecht kennt den Begriff des Beteiligten So wirdnach Artikel 269 Absatz 1 ZKDVO dem Beteiligten auf Antrag nach den inArtikel 270 genannten Voraussetzungen und Modalitäten zugelassen, dieZollanmeldung zum Zolllagerverfahren durch Vorlage einer vereinfachtenZollanmeldung abzugeben, sofern die Waren gestellt sind. Eine Definition,wie der Begriff des Beteiligten zu deuten ist, enthält die ZKDVO an dieserStelle jedoch nicht. Aus dem Regelungszusammenhang kann jedoch ge-schlossen werden, dass es sich hier um den Zollanmelder handelt.Auch dem gemeinschaftszollrechtlichen Billigkeitsrecht ist der Begriff desBeteiligten nicht fremd. So sieht Artikel 236 Zollkodex vor, dass eine Er-stattung oder ein Erlass nicht gewährt werden, wenn die Zahlung oderbuchmäßige Erfassung eines gesetzlich nicht geschuldeten Betrags auf einbetrügerisches Verhalten des Beteiligten zurückzuführen ist. Dieser Begriffdes „Beteiligten“ ist indes nicht näher erläutert. Er findet sich jedoch auchan anderer Stelle des gemeinschaftlichen Billigkeitsrechts wieder. So siehtArtikel 886 Absatz 2 Buchstabe g ZKDVO vor, dass in der Entscheidung

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

74

der Entscheidungszollbehörde ein Hinweis für den Beteiligten enthalten seinmuss, dass er der Zollstelle der Schlussbehandlung seiner Wahl bei der Ge-stellung der Waren das Original der Entscheidung vorzulegen hat. Auch hierwird der Begriff des Beteiligten nicht näher erläutert.Der Begriff des „Beteiligten“ taucht auch im Artikel 899 1. SpiegelstrichZKDVO auf. Nach dieser Vorschrift erlässt oder erstattet die Entscheidungs-zollbehörde die Einfuhrabgaben, wenn sie feststellt, dass neben weiterenVoraussetzungen keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrläs-sigkeit des Beteiligten vorliegt. Erst im 2. Spiegelstrich des Arti-kel 899 ZKDVO wird definiert, wer als „Beteiligter“ anzusehen ist. Danachgilt als Beteiligter die Person im Sinne von Artikel 878 Absatz 1 ZKDVOsowie gegebenenfalls jede andere Person, die bei der Erledigung der Zoll-förmlichkeiten für die betreffenden Waren tätig geworden ist oder die für dieErledigung dieser Förmlichkeiten erforderlichen Anweisungen gegeben hat.Das ist zunächst der Zollschuldner nach Artikel 4 Nr. 12 Zollkodex oder diePerson, die seine Rechte und Pflichten übernommen hat, oder der Stellver-treter des Zollschuldners oder der Person, die seine Rechte und Pflichtenübernommen hat. Ferner ist das nach der Legaldefinition aber auch jede an-dere Person, die bei der Erledigung der Zollförmlichkeiten für die betreffen-den Waren tätig geworden ist oder die für die Erledigung dieser Förmlich-keiten erforderlichen Anweisungen gegeben hat153.Diese Definition bezieht sich zwar nur auf Artikel 239 Zollkodex – wohlweil Artikel 899 ZKDVO als Durchführungsvorschrift zu Artikel 239 Zoll-kodex ergangen ist – es bestehen jedoch keine Bedenken, diese Definitionauch auf den Beteiligten im Sinne des Artikel 236 Absatz 1 Unterabsatz 3Zollkodex anzuwenden, zumal die Gründe, die in beiden Fällen Erstattungoder Erlass von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ausschließen, nämlich dieetwaigen dolosen Vorgehens- und Verhaltensweisen des Beteiligten sehrähneln154.Nach Auffassung des Verfassers lässt sich somit aus der vorgenannten Normeine allgemeine ungeschriebene Begriffsdefinition des „Beteiligten“ imGemeinschaftszollrecht herleiten. Soweit dieser Begriff nicht näher erläutertist, kann danach auch in anderen Bereichen des gemeinschaftlichen Zoll-rechts davon ausgegangen werden, dass als „Beteiligter“ folgende Personenanzusehen sind:

- der Zollschuldner

153 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Art. 236 Rz. 15.154 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Art. 236 Rz. 15.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

75

- die Person, die seine Rechte und Pflichten übernommen hat- der Stellvertreter des Zollschuldners oder der Person, die seine

Rechte und Pflichten übernommen hat- jede andere Person, die bei der Erledigung der Zollförmlichkeiten

für die betreffenden Waren tätig geworden ist oder die für die Erle-digung dieser Förmlichkeiten erforderlichen Anweisungen gegebenhat.

Damit bleibt festzuhalten, dass für das Gemeinschaftszollrecht die Definiti-on des Beteiligten aus der Abgabenordnung überlagert worden ist durch dieVorschrift des Artikels 899 ZKDVO.Soweit von der Bundesfinanzverwaltung die Auffassung vertreten wird, dassdie Begriffsdefinition des Beteiligten aus der Abgabenordnung weiterhinAnwendung findet, sofern verfahrensrechtliche Vorschriften der Abgaben-ordnung Anwendung finden155, wird dem nicht gefolgt.Es besteht nämlich keine Notwendigkeit, den Begriff des Beteiligten unter-schiedlich zu deuten, je nachdem, ob es sich um nationale verfahrensrechtli-che Vorschriften oder um gemeinschaftszollrechtliches Zollrecht handelt.Eine derartige unterschiedliche Begriffsauslegung dürfte auch mehr zurVerwirrung der Rechtsanwender beitragen als zur Schaffung einer Rechts-klarheit.

§ 79Handlungsfähigkeit

§ 79 regelt, welche Personen fähig sind, Verfahrenshandlungen vorzuneh-men. Das sind

- natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähigsind,

- natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäfts-führung beschränkt sind, soweit sie für den Gegenstand des Verfah-rens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts als geschäftsfähigoder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähiganerkannt sind,

155 Anmerkung zu § 78 AO in Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung S 0101.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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- juristische Personen, Vereinigungen oder Vermögensmassen durchihre gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Beauftragte,

- Behörden durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte.

Das gemeinschaftliche Zollrecht enthält keine derart dezidierte Aufstellung.Nur hinsichtlich der Abgabe einer Zollanmeldung enthält Artikel 64 Zollko-dex eine Regelung, wer dazu befugt ist. Danach kann die Zollanmeldunggrundsätzlich von jeder Person abgegeben werden, die in der Lage ist, eineWare bei der zuständigen Zollstelle zu gestellen oder gestellen zu lassen undalle Unterlagen vorzulegen, deren Vorlagen nach den Bestimmungen vorge-sehen ist, die das für diese Ware beantragte Zollverfahren regeln. Die Vor-schriften des Gemeinschaftszollrechts scheinen nach ihrem Wortlaut somitnur auf die tatsächliche Möglichkeit abzustellen, eine Ware zu gestellen. Dierechtliche Unmöglichkeit, eine Verfahrenshandlung wegen Minderjährigkeitdurchzuführen, bleibt dabei außer Acht.Henke vertritt die Auffassung, dass die Vorschrift nur von ihrem Wortlauther auszulegen ist und hält daher auch Minderjährige für geeignet, eineZollanmeldung abzugeben156.Dieser Auffassung wird hier nicht gefolgt. Nach Ansicht des Verfasserskann das Gemeinschaftszollrecht einem Minderjährigen nicht mehr Rechteverleihen, als das nationale Recht, weil dieses anderenfalls durch den Ge-meinschaftsgesetzgeber ausgehöhlt werden könnte.Da die Formulierung in Artikel 64 Zollkodex jedenfalls nicht ausschließt,dass mit der Formulierung „die in der Lage ist...“ auch die rechtliche Mög-lichkeit zu einer Verfahrenshandlung mitumfasst werden soll, ist es geboten,hinsichtlich der Handlungsfähigkeit von Minderjährigen auch nationalesRecht ergänzend anzuwenden157.Nach Auffassung von Henke/Huchatz158 ist die Frage, wann die Vorausset-zungen des Artikels 64 Absatz 1 Zollkodex vorliegen, eine Zollanmeldungalso wirksam von einem Minderjährigen abgegeben werden kann, im Ein-zelfall als Tatfrage zu entscheiden. Auch für sie tritt der Minderjährigen-schutz in den Hintergrund.Es soll nicht verkannt werden, dass die Anwendung des § 78 Abgabenord-nung insoweit im Einzelfall zu praktischen Problemen führen kann, als die

156 Witte/ Henke Zollkodex Artikel 64 Rz. 3.157 so auch Dorsch/Lichtenberg, Zollrecht, Art. 64 Rz. 3.158 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 265.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

77

Zollanmeldung in den von Henke/Huchatz angesprochenen Fällen, dass einMinderjähriger ohne seine Eltern von einer Urlaubsreise zurückkehrt, ansich von einer volljährigen Person für den Minderjährigen abgegeben wer-den müsste. Dieses Problem ließe sich jedoch lösen, wenn man mit demBFH davon ausgeht, dass eine unwirksame Verfahrenshandlung heilbarist159. Dann könnte der Minderjährige seine Zollanmeldung abgeben unddiese zunächst unwirksame Handlung könnte später durch den Erziehungs-berechtigten geheilt werden.Die Absätze 2 und 3 des § 79 Abgabenordnung betreffen zollfremde Berei-che und sind daher nicht einschlägig.

§ 80Bevollmächtigte und Beistände

§ 80 bestimmt, dass sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten ver-treten lassen kann.Nach Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz berechtigt die Vollmacht indes nichtzum Empfang von Steuererstattungen und Steuervergütungen.Satz 3 regelt, dass der Bevollmächtigte auf Verlangen seine Vollmachtschriftlich nachzuweisen hat.Mit Satz 4 wird schließlich bestimmt, dass ein Widerruf der Vollmacht derBehörde gegenüber erst wirksam wird, wenn dieser ihr zugeht.Das Gemeinschaftszollrecht kennt mit Artikel 5 Zollkodex ein umfangrei-ches Vertretungsrecht.Nach Artikel 5 Absatz 1 kann sich grundsätzlich jedermann gegenüber denZollbehörden bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrens-handlungen vertreten lassen. Diese Regelung überlagert somit die Regelun-gen des § 80 Absatz 1 Sätze 1 und 2 vollständig.Artikel 5 Absatz 5 Zollkodex sieht vor, dass die Zollbehörden von einer Per-son, die erklärt, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, denNachweis für ihre Vertretungsmacht verlangen können. Diese Vorschrift ent-spricht dem § 80 Absatz 1 Satz 3 Abgabenordnung, so dass ebenfalls einevollständige Überlagerung eintritt.

159 BFH vom 18.10.1988, VII R 123/85, BFHE 154, 446.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Allerdings sieht § 80 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz vor, dass die Voll-macht nicht zum Empfang von Steuererstattungen ermächtigt. Insofern istdie Regelung des Artikels 5 Absatz 5 Zollkodex weitergehend.Da es sich jedoch nicht um eine abschließende Regelung in Artikel 5 Zoll-kodex handelt, ist nicht von einer Überlagerung der nationalen Vorschriftauszugehen. Vielmehr sollte sich für die Entgegennahme der Zollbeträge ausder Vollmacht ergeben, dass sie auch zum Geldempfang berechtigt160. DasGemeinschaftszollrecht enthält jedoch keine Bestimmung über den Widerrufeiner Vollmacht. Um hier keine Regelungslücke entstehen zu lassen, ist da-her § 80 Absatz 1 Satz 4 Abgabenordnung weiterhin anzuwenden.Ebenfalls weiterhin anzuwenden sind die Absätze 2 bis 8.§ 80 Absatz 2 bestimmt, dass die Vollmacht weder durch den Tod des Voll-machtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Handlungsfähigkeitoder seiner Gesetzlichen Vertretung aufgehoben wird.Eine entsprechende Regelung ist dem Gemeinschaftszollrecht unbekannt.§ 80 Absatz 3 sieht vor, dass sich die Behörde an den Bevollmächtigtenwenden soll. Sie kann sich indes an den Beteiligten selbst wenden, wenn erzur Mitwirkung verpflichtet ist. Auch für diese Regelung fehlt es an einemgemeinschaftsrechtlichen Äquivalent.Nach § 80 Absatz 4 kann ein Beteiligter zu Verhandlungen und Bespre-chungen mit einem Beistand erscheinen. Diese Regelung, die systematischin einem eigenen Paragrafen besser angesiedelt wäre und die nur durch Zu-fall in der Regelung über Bevollmächtigte gefunden werden kann, ist eben-falls im Gemeinschaftszollrecht nicht geregelt.§ 80 Absatz 5 und 6 regeln die Zurückweisung von Bevollmächtigten undBeiständen. Auch für diese Vorschrift gibt es kein Äquivalent im Gemein-schaftszollrecht.§ 80 Absatz 7 bestimmt, dass Bevollmächtigte und Beistände, deren Befug-nis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sich aus § 3 Nr. 4des Steuerberatergesetzes ergibt, zurückgewiesen werden können, wenn siezur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen fachlich nicht geeignetsind. Darüber hinaus wird bei Vorliegen bestimmter Tatbestände die fachli-che Eignung vermutet.Der bisherige Absatz 7 und jetzige Absatz 8 bezieht sich letztlich auf dieZurückweisung nach Absatz 5 - 7.

160 so auch Witte/Huchatz, Zollkodex, Art. 236 Rz. 45.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Insofern gilt das Vorgenannte entsprechend.

§ 81Bestellung eines Vertreters von Amts wegen

§ 81 regelt die Bestellung von Vertretern von Amts wegen durch das Vor-mundschaftsgericht auf Ersuchen der Finanzbehörde,

- für einen Beteiligten, dessen Person unbekannt ist,- für einen abwesenden Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt ist

oder der an der Besorgung seiner Angelegenheiten verhindert ist,- für einen Beteiligten ohne Aufenthalt im Geltungsbereich der Ab-

gabenordnung, wenn er der Aufforderung der Finanzbehörde, einenVertreter zu bestellen, innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nach-gekommen ist,

- für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oderkörperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in derLage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden,

- bei herrenlosen Sachen, auf die sich das Verfahren bezieht, zur Wah-rung der sich in Bezug auf die Sache ergebenden Rechte undPflichten.

Das Gemeinschaftszollrecht kennt eine diesbezügliche Regelung nicht.Demzufolge ist § 81 Abgabenordnung nach wie vor in vollem Umfang an-wendbar.

3.1.2 2. UnterabschnittAusschließung und Ablehnung von Amtsträgern

und anderen Personen3.1.2 2. Unterabschnitt Ausschließung und Ablehnung von Amtsträgern und anderen Personen

§ 82Ausgeschlossene Personen

§ 82 bestimmt, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Finanzbehördenicht tätig werden darf und nennt hierzu:

- wer selbst Beteiligter ist,- wer Angehöriger eines Beteiligten ist,

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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- wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oderin diesem Verfahren vertritt,

- wer Angehöriger einer Person ist, die für einen Beteiligten in die-sem Verfahren Hilfe in Steuersachen leistet,

- wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihmals Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichar-tigen Organs tätig ist, es sei denn, dessen Anstellungskörperschaftist Beteiligte,

- wer außerhalb einer amtlichen Tätigkeit in der Angelegenheit einGutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist,

- wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmit-telbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann, es sei denn der Vor-oder Nachteil beruht nur darauf, dass jemand einer Berufs- oder Be-völkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch dieAngelegenheit berührt werden.

Eine diesbezügliche Regelung ist dem Gemeinschaftszollrecht fremd. Eskommen daher die Regelungen des § 82 Abgabenordnung voll zur Geltung.

§ 83Besorgnis der Befangenheit

§ 83 bestimmt, wie zu verfahren ist, wenn ein Grund vorliegt, der geeignetist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Amtsträgers zu rechtfertigenoder das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet wird.Das Gemeinschaftszollrecht kennt eine Ablehnung wegen Besorgnis derBefangenheit nicht, so dass insoweit auf die Vorschriften der Abgabenord-nung zurückzugreifen ist.

§ 84Ablehnung von Mitgliedern eines Ausschusses

§ 84 sieht vor, dass jeder Beteiligte ein Mitglied eines in einem Verwal-tungsverfahren tätigen Ausschusses ablehnen kann, das in diesem Verwal-tungsverfahren nicht tätig werden darf (§ 82 Abgabenordnung) oder bei demdie Besorgnis der Befangenheit besteht (§ 83 Abgabenordnung).

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Da das Gemeinschaftszollrecht keine den §§ 82 und 83 Abgabenordnungentsprechenden Regelungen kennt, enthält es folgerichtig auch keine dem§ 84 entsprechende Regelung.Allerdings ist die Vorschrift im Bereich des Zollrechts gegenstandslos, weiles keine nationalen Ausschüsse im Verwaltungsverfahren mehr gibt, ande-rerseits § 84 Abgabenordnung nicht auf den Ausschuss für den Zollkodexanwendbar ist.

3.1.3 3. UnterabschnittBesteuerungsgrundsätze, Beweismittel

3.1.3 3. Unterabschnitt Besteuerungsgrundsätze, Beweismittel

3.1.3.1 I. Allgemeines3.1.3.1 I. Allgemeines

§ 85Besteuerungsgrundsätze

§ 85 stellt die Besteuerungsgrundsätze auf.Danach sind die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzuset-zen und zu erheben. Diese an sich selbstverständlich erscheinende Regelungist im Gemeinschaftszollrecht nicht ausdrücklich niedergelegt worden.Sollten sich tatsächlich Zweifel ergeben, so sind diese durch eine Anwen-dung des § 85 auszuräumen.

§ 86Beginn des Verfahrens

§ 86 enthält die Bestimmung, dass die Finanzbehörde nach pflichtgemäßemErmessen entscheidet, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durch-führt, es sei denn, sie muss auf Grund von Rechtsvorschriften von Amts we-gen oder auf Antrag tätig werden oder sie darf nur auf Antrag tätig werdenund ein Antrag liegt nicht vor.Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine Bestimmung über den Beginn ei-nes Verwaltungsverfahrens, so dass die Abgabenordnung insoweit anzu-wenden ist.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 87Amtssprache

§ 87 bestimmt in Absatz 1 als Amtssprache die deutsche Sprache.Sofern in einer fremden Sprache Anträge gestellt oder Eingaben, Belege,Urkunden oder sonstige Dokumente vorgelegt werden, kann die Finanzbe-hörde eine Übersetzung verlangen (Absatz 2).

Das Gemeinschaftszollrecht enthält eine eigenständige Regelung zur Spra-chenfrage. Nach Artikel 211 ZKDVO ist die Zollanmeldung in einer derAmtssprachen der Gemeinschaft auszufüllen, die von den Zollbehörden desMitgliedstaates, in dem Förmlichkeiten erfüllt werden, zugelassen ist.Für die Bundesrepublik Deutschland legt § 87 Absatz 1 fest, dass es sichhierbei um die deutsche Sprache handelt.Nach Artikel 211 Unterabsatz 2 ZKDVO können die Zollbehörden des Be-stimmungsmitgliedstaates vom Anmelder oder seinem Vertreter eine Über-setzung verlangen.Das Gemeinschaftszollrecht überlagert somit, was das Verlangen auf Vorla-ge einer Übersetzung anbetrifft, das nationale Recht vollständig.Im Gegensatz zum nationalen Recht enthält das Gemeinschaftsrecht keineRegelung, wie zu verfahren ist, wenn durch eine Anzeige, einen Antrag oderdie Abgabe einer Willenserklärung eine Frist in Gang gesetzt werden soll,innerhalb deren die Finanzbehörde tätig werden muss, diese Unterlagen je-doch in einer fremden Sprache eingehen.Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung ist hier auf § 87 Absatz 3Abgabenordnung zurückzugreifen, mit der Folge, dass der Lauf der Fristerst mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Finanzbehörde eine Übersetzungvorliegt.Das Vorgenannte gilt nach § 87 Absatz 4 Abgabenordnung, wenn durch eineAnzeige, einen Antrag oder eine Willenserklärung, die in fremder Spracheeingehen, zu Gunsten des Beteiligten eine Frist gegenüber der Finanzbehör-de gewahrt, ein öffentlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht oder eineLeistung begehrt werden. In diesen Fällen gelten die Anzeige, der Antragoder die Willenserklärung als zum Zeitpunkt des Eingangs bei der Finanz-behörde abgegeben, wenn auf Verlangen der Finanzbehörde innerhalb einervon dieser zu setzenden angemessenen Frist einer Übersetzung vorgelegtwird.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 87aElektronische Kommunikation

§ 87a regelt die Übermittlung elektronischer Dokumente.Absatz 1 sieht unter anderem vor, dass ein elektronisches Dokument zuge-gangen ist, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für denEmpfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat. Übermittelt die Finanz-behörde Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, sind diese Daten miteinem geeigneten Verfahren zu verschlüsseln.Absatz 2 sieht vor, dass die Finanzbehörde dem Absender mitzuteilen hat,wenn ein ihr übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitungnicht geeignet ist, wobei sie die für sie geltenden technischen Rahmenbe-dingungen unverzüglich mitzuteilen hat. Macht ein Empfänger geltend, erkönne das von der Finanzbehörde übermittelte elektronische Dokumentnicht bearbeiten, so hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischenFormat oder als Schriftstück zu übermitteln.Absatz 3 bestimmt vor, dass eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungenoder Mitteilungen an die Finanzbehörde angeordnete Schriftform durch dieelektronische Form ersetzt werden kann, soweit nicht durch Gesetz etwasanderes bestimmt ist.Absatz 4 regelt, dass eine durch Gesetz für Verwaltungsakte oder sonstigeMaßnahmen der Finanzbehörden angeordnete Schriftform durch die elek-tronische Form ersetzt werden kann, soweit nicht durch Gesetz etwas ande-res bestimmt ist. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einerqualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen.Absatz 5 beinhaltet die Behandlung eines elektronischen Dokuments alsBeweismittel.Absatz 6 gibt die Ermächtigung bis zum 31.12.2005 eine qualifizierte elek-tronische Signatur mit Einschränkungen nach Maßgabe einer Rechtsverord-nung zu verwenden.

Das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht enthält keine entsprechende Rege-lung, so dass diese Vorschrift auch in diesem Bereich Anwendung findet.

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§ 88Untersuchungsgrundsatz

§ 88 bestimmt, dass die Finanzbehörden den Sachverhalt von Amts wegenermitteln (Amtsermittlungsgrundsatz).Diese Vorschrift ist nicht mit der gemeinschaftsrechtlichen Regelung desArtikels 13 Zollkodex gleichzusetzen, wonach die Zollbehörden unter denim geltenden Recht vorgesehenen Voraussetzungen alle zollamtlichen Prü-fungen vornehmen können, die sie für erforderlich halten, um die ordnungs-gemäße Anwendung des Zollrechts zu gewährleisten.Während die nationale Regelung eine Ermittlungspflicht enthält161, gibt Ar-tikel 13 Zollkodex den Zollbehörden lediglich eine Befugnis zur Durchfüh-rung von Prüfungen. Darunter fallen neben den besonders im Zollkodex ge-regelten Prüfungsmaßnahmen (z.B. Artikel 46 Absatz 2, 68 Zollkodex) vorallem Zollkontrollen nach § 10 (Zollüberwachung) und § 11 (Überholung)Zollverwaltungsgesetz.Man kann daher das Verhältnis zwischen der nationalen und der gemein-schaftsrechtlichen Regelung wie folgt skizzieren:Die nationale Regelung gibt der Finanzverwaltung auf, den Sachverhaltselbst zu ermitteln und die gemeinschaftsrechtliche Regelung gibt der Fi-nanzverwaltung die Befugnis, dies zu tun.Das Gemeinschaftsrecht erlaubt der Finanzverwaltung somit etwas, wozusie durch den nationalen Gesetzgeber ohnehin verpflichtet worden ist. Dadas Gemeinschaftszollrecht aber nur eine allgemein gehaltene Befugnis ent-hält, ist zur Ausgestaltung dieser Befugnis auf die nationale Regelung zu-rückzugreifen.Für gemeinschaftsrechtlich geschuldete Einfuhr- und Ausfuhrabgaben bleibt§ 88 Abgabenordnung über Artikel 13 Zollkodex weiterhin anwendbar. Al-lerdings ist zu berücksichtigen, dass im Zollbereich gesonderte Regelungenbestehen, die Wirtschaftlichkeitserwägungen enthalten, wie z.B. Artikel 86Zollkodex für die Erteilung einer Bewilligung für ein Zollverfahren mitwirtschaftlicher Bedeutung nach Artikel 85 Zollkodex. Danach darf dieÜberwachung und zollamtliche Prüfung im Rahmen der Zollverfahren nichtmit einem zu dem wirtschaftlichen Bedürfnis außer Verhältnis stehendenVerwaltungsaufwand verbunden sein.

161 Tipke, AO, § 88 Rz. 1.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Insofern tritt eine Teilüberlagerung des § 88 Abgabenordnung bezüglich derDurchbrechung des Untersuchungsgrundsatzes durch Zweckmäßigkeitser-wägungen ein.Sofern eine Entscheidung im gemeinschaftsrechtlichen Zollrecht beantragtwird, gilt hierfür jedoch nicht der Amtsermittlungsgrundsatz des § 88 Abga-benordnung, sondern nach Artikel 6 Absatz 1 Zollkodex der Beibringungs-grundsatz.Das Gemeinschaftsrecht entspricht insoweit dem nationalen Recht, wonachder Antragsteller zur Erlangung einer Vergünstigung alle Angaben und Un-terlagen beizubringen hat162.Allerdings schränkt Artikel 2 ZKDVO den Beibringungsgrundsatz dahinge-hend ein, dass die Zollbehörden verpflichtet sind, von Amts wegen Unterla-gen und Angaben zu liefern, die ihnen zur Verfügung stehen.Bezüglich des Antragsverfahrens wird der nationale Beibringungsgrundsatzsomit durch Gemeinschaftsrecht verdrängt. Für andere als Antragsverfahrenverbleibt es jedoch bei der Amtsermittlungspflicht des § 88 Abgabenord-nung, weil der Zollkodex insoweit keine Regelung enthält163.

§ 88aSammlung von geschützten Daten

§ 88a enthält eine Sonderregelung für die Sammlung und Verwendung vongeschützten Daten für Zwecke künftiger Verfahren im Sinne von§ 30 Absatz 2 Nr. 1 Buchstaben a und b.Das Gemeinschaftszollrecht enthält eine derartige Regelung nicht, so dassdie Abgabenordnung weiterhin zur Anwendung kommt.

§ 89Beratung, Auskunft

§ 89 sieht vor, dass die Finanzbehörde die Abgabe von Erklärungen, dieStellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträ-gen anregen soll, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Un-kenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind.

162 Witte/Alexander, Zollkodex Art. 6 Rz. 22.163 Witte/Alexander, Zollkodex Art. 6 Rz. 28.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Sie erteilt dem Beteiligten gegebenenfalls Auskunft über seine Rechte undPflichten im Verwaltungsverfahren.Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine dementsprechende Vorschrift.Die nationale Regelung wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben jedoch durch Artikel 2 ZKDVO ergänzt, nach dessen Regelung dieZollbehörden von Amts wegen verpflichtet sind, Unterlagen und Angabenzu liefern, die ihnen zur Verfügung stehen, wenn eine Person, die eine Ent-scheidung beantragt, nicht in der Lage ist, alle für die Entscheidung erfor-derlichen Unterlagen vorzulegen.Insofern findet keine Überlagerung statt, sondern eine Ergänzung, so wohlauch Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6, Rz. 47, der davon spricht, dass dienationale Regelung unberührt bleibe. Da das Gemeinschaftsrecht als höher-rangiges Recht aber nicht nationales Recht ergänzen kann, sollte besser da-von gesprochen werden, dass beide Vorschriften nebeneinander Anwendungfinden.Zu § 89 Satz 2 Abgabenordnung ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der„Auskunft“ nicht mit der Auskunftserteilung nach Artikel 11 Absatz 1 Zoll-kodex verwechselt werden darf.

Das Gemeinschaftsrecht sieht insoweit vor, dass jede Person bei den Zoll-stellen Auskünfte über die Anwendung des Zollrechts beantragen kann.Fraglich ist jedoch, wie der Begriff des Zollrechts auszulegen ist.Nach Klein/Brockmeyer geht es bei der gemeinschaftsrechtlichen Regelungum Auskünfte, die das materielle Zollrecht betreffen, während es sich beiden Auskünften nach § 89 Abgabenordnung nur um verfahrensrechtlicheAuskünfte handelt164.Nach der Auffassung von Lux165 fallen unter das Zollrecht nicht die nichtta-rifären Maßnahmen, wie z. B. mengenmäßige Einfuhr- oder Ausfuhrbe-schränkungen, Embargos oder Verbote und Beschränkungen.Lux erklärt diese Differenzierung mit der Entstehungsgeschichte des Artikel11 Zollkodex, der aus Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1715/90166 über-

164 Klein/Brockmeyer, AO § 89 Rz. 4.165 Dorsch/Lux, Zollrecht, Art. 11 Rz. 12.166 Verordnung (EWG) Nr. 1715/90 des Rates vom 20.6.1990 über die von den Zollbe-

hörden der Mitgliedstaaten erteilten Auskünfte über die Einreihung von Waren in dieZollnomenklatur, ABl. EG 1990 Nr. L 160/1.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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nommen worden sei und dessen Tragweite lediglich von Auskünften überdie zolltarifliche Nomenklatur in Bezug auf das Zollrecht insgesamt erwei-tert worden sei. Zollrecht ist nach seiner Auffassung grundsätzlich Abgaben-recht, so dass eine Ausdehnung auf nichttarifäre Vorschriften nur dann inBetracht kommt, wenn aus dem Zollkodex oder einer sonstigen Regelungein Auskunftsanspruch in Bezug auf nichttarifäre Maßnahmen, die weder andie Kombinierte Nomenklatur noch den Ursprung anknüpften.Auch Schwarz167 ist der Auffassung, dass keine Auskünfte zum Zollrechtdiejenigen Auskünfte sind, die nicht Zölle und Abschöpfungen im Sinne vonArtikel 4 Nrn. 10 und 11 Zollkodex betreffen, lässt aber jegliche Begrün-dung für seine Auffassung vermissen.Nach Witte/Wöhner168 zählt zum Zollrecht im Sinne des Artikels 11 Zollko-dex jedoch nicht nur der Zoll als solcher. Da Artikel 1 Zollkodex das Zoll-recht als die auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicher Ebene erlassenenDurchführungsvorschriften beschreibt, gehörten dazu auch die „Zollbefrei-ungsverordnung“169, das deutsche Zollverwaltungsgesetz170, die nationaleZollverordnung171, ja sogar der Verfahrensbereich der Abgabenordnung, so-weit der Zollkodex hierauf verweise.Zur Begründung auf die von ihnen getroffene Unterscheidung in ein Zoll-recht im engeren Sinne und ein Zollrecht im weiteren Sinne führen sie dasUrsprungsrecht der ZKDVO als Zollrecht im engeren Sinne und die Präfe-renzregelungen aus den jeweiligen Abkommen als Zollrecht im weiterenSinne an. Ebenfalls Zollrecht im weiteren Sinne seien die tariflichen Vor-schriften, die im Zollkodex genannten Versandverfahren172, handelspoliti-sche Maßnahmen im Sinne von Artikel 1 Nr. 7 ZKDVO sowie Verbote undBeschränkungen nach Artikel 58 Absatz 2 Zollkodex173. Aufgrund diesesweiten Zollrechtsbegriffes lassen Witte/Wöhner einen Rückgriff auf § 89Satz 2 Abgabenordnung allein bei den besonderen Verbrauchsteuern zu.

167 Schwarz, Zollrecht A Art. 11 Rz. 3.168 Witte, Peter/Wöhner, Annette, a.a.O., (FN 95), 123ff.169 Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates über das gemeinschaftliche System der

Zollbefreiungen vom 28. März 1983, ABl. EG 1983 Nr. L 105/1, berichtigt im ABl.EG 1983 Nr. L 272/40 und 1985 Nr. L 256/47.

170 BGBl. I 2125.171 Zollverordnung vom 23. Dezember 1993, BGBl. I S. 2449, berichtigt im BGBl. 1994

I S. 162.172 wobei nach Auffassung des Verfassers hier gerade von einem Zollrecht im engeren

Sinne zu sprechen wäre, weil die Regelungen hierzu im Zollkodex und der ZKDVOenthalten sind.

173 Witte, Peter/Wöhner, Annette, a.a.O., (FN 95), 124.

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Der Auffassung von Witte/Wöhner ist nicht zu folgen. Wie ihr Beispiel desVersandverfahrensrechts zeigt, scheint die von ihnen getroffene Unterschei-dung zwischen Zollrecht im engeren Sinne und Zollrecht im weiteren Sinnedoch sehr willkürlich zu sein.Es ist daher der von Lux vertretenen Auffassung, die sich sowohl auf histo-rische als auch auf rechtssystematische Gründe stützt, zu folgen.

§ 90Mitwirkungspflichten der Beteiligten

§ 90 regelt die Mitwirkungspflichten der Beteiligten.Diese kommen ihrer Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dasssie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahr-heitsgemäß offen legen und Beweismittel angeben (Absatz 1); bei Sachver-halten, die sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der Abgaben-ordung beziehen, haben die Beteiligten den Sachverhalt aufzuklären und dieBeweismittel zu beschaffen (Absatz 2).Diese nationale Regelung wird nach Alexander vom Gemeinschaftszollrechtvollständig überlagert174.Soweit ein Beteiligter eine Entscheidung beantragt hat, muss er alle Anga-ben und Unterlagen nach Artikel 6 Absatz 1 Zollkodex liefern, die von denBehörden für die Entscheidung benötigt werden. Im Übrigen haben alle Per-sonen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängen im Rahmen des Waren-verkehrs beteiligt sind, nach Artikel 14 Zollkodex den Zollbehörden auf de-ren Verlangen innerhalb der von diesen festgesetzten Fristen alle Unterlagenund Angaben zur Verfügung zu stellen und jede erforderliche Unterstützungzu leisten.Die erforderliche Unterstützung im Sinne von Artikel 14 Zollkodex umfasstinsbesondere Handlungen im Sinne von § 90 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2Abgabenordnung.Insofern liegt keine vollständige Überlagerung vor, weil die nationalen Vor-schriften die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften inhaltlich ausfüllen.

174 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6, Rz. 29.

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§ 91Anhörung Beteiligter

§ 91 sieht vor, dass vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte einesBeteiligten eingreift, diesem Gelegenheit gegeben werden soll, sich zu denfür die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.Obwohl das Gemeinschaftsrecht auch die Gewährung des rechtlichen Ge-hörs kennt, fehlt eine derartige allgemeine Regelung. Die EuropäischeKommission hat jedoch für den Bereich des Absehens von der Nacherhe-bung geschuldeter EG-Einfuhrabgaben sowie für deren Erlass/ErstattungSonderregelungen in der ZKDVO aufgenommen. So sieht Artikel 872 aZKDVO vor, dass in allen Phasen des Verfahrens nach den Artikeln 872 und873 die Kommission dem Beteiligten, wenn sie eine Entscheidung zu seinenLasten treffen will, alle der Entscheidung zu Grunde liegenden Argumentemitteilt und ihm alle Unterlagen übersendet, auf die sie ihre Entscheidungstützen will. Der Beteiligte kann dann innerhalb eines Monats schriftlichStellung nehmen.Eine gleichgelagerte Vorschrift enthält 906 a ZKDVO für das Verfahrennach den Artikeln 906 und 907 ZKDVO.Dieses im Gemeinschaftsrecht verankerte Anhörungsrecht betrifft allerdingsausdrücklich nur das Verhältnis Beteiligter-Kommission und findet keineAnwendung im Verhältnis Beteiligter-Nationale Finanzbehörde. Für diesesVerhältnis gelten die in § 91 Abgabenordnung aufgestellten Grundsätze auchweiterhin. Dies gilt insbesondere für die in § 91 Absätze 2 und 3 Abgaben-ordnung enthaltenen Ausnahmen von der Gewährung des rechtlichen Ge-hörs, wenn

- eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öf-fentlichen Interesse notwendig erscheint,

- durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maß-geblichen Frist in Frage gestellt würde,

- von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die diesen in ei-nem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Un-gunsten abgewichen werden soll.

- die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Ver-waltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe au-tomatischer Einrichtungen erlassen will,

- der Anhörung ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

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§ 92Beweismittel

§ 92 zählt die Beweismittel auf, der sich die Finanzbehörde zur Ermittlungdes Sachverhalts bedienen kann. Dies sind insbesondere

- Auskünfte von den Beteiligten und anderen Personen- Sachverständige- Urkunden und Akten- Augenschein.

Das Gemeinschaftszollrecht kennt eine derartige Aufzählung nicht. Da an-dererseits nach dem Gemeinschaftsrecht die Zollbehörden in der Auswahlder Instrumente zur Sachverhaltsermittlung nicht beschränkt werden, stehenihnen auch die Beweismittel des § 92 Abgabenordnung zur Verfügung. Fürdiese Beweismittel bestehen in den §§ 93ff. Abgabenordnung nähere Rege-lungen, die zum Teil durch das Gemeinschaftszollrecht überlagert werden,wie nachstehend ausgeführt wird.

3.1.3.2 II. Beweis durch Auskünfte und Sachverständige3.1.3.2 II. Beweis durch Auskünfte und Sachverständige

§ 93Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen

§ 93 enthält nähere Bestimmungen über die Auskunftspflicht der Beteiligtenund anderer Personen.Danach haben nach Absatz 1 diese der Finanzbehörde die zur Feststellungeines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Aus-künfte zu erteilen.Absatz 2 bestimmt, welchen Inhalt Auskunftsersuchen der Finanzbehördehaben müssen, das heißt, worüber Auskunft erteilt werden soll sowie dieAngabe, ob die Auskunft der Besteuerung des Auskunftspflichtigen oderanderer Personen dient.Die Absätze 3 und 4 regeln, wie die Auskünfte zu erteilen sind, nämlichwahrheitsgemäß schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich.

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Absatz 5 sieht die Auskunftserteilung an Amtsstelle vor, über die nach Ab-satz 6 auf Antrag des Auskunftspflichtigen eine Niederschrift aufzunehmenist.Diese nationalen Regelungen werden vom Gemeinschaftszollrecht nur teil-weise überlagert. Soweit ein Beteiligter eine Entscheidung beantragt hat,muss er alle Angaben und Unterlagen nach Artikel 6 Absatz 1 Zollkodexliefern, die von den Behörden für die Entscheidung benötigt werden. Im Üb-rigen haben alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängen imRahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, nach Artikel 14 Zollkodex denZollbehörden auf deren Verlangen innerhalb der von diesen festgesetztenFristen alle Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen und jede er-forderliche Unterstützung zu leisten. Die näheren Einzelheiten, wie dieseUnterstützung auszusehen hat, sind den Regelungen der Absätze 2 bis 6 des§ 93 Abgabenordnung zu entnehmen, die damit weiterhin anwendbar blei-ben175.

§ 93aAllgemeine Mitteilungspflichten

§ 93 a gibt der Bundesregierung die Befugnis, durch Rechtsverordnung dieBehörden zu verpflichten, den Finanzbehörden Verwaltungsakte, die dieVersagung oder Einschränkung einer steuerlichen Vergünstigung zur Folgehaben oder dem Betroffenen steuerpflichtige Einnahmen ermöglichen, Sub-ventionen und ähnliche Förderungsmaßnahmen sowie Anhaltspunkte fürSchwarzarbeit, unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung oder unerlaubte Aus-länderbeschäftigung mitzuteilen.Die Verordnung zu § 93 a Abgabenordnung ist am 7. September 1993176 er-gangen und am 1. Januar 1994 in Kraft getreten. Die darin enthaltenen Re-gelungen zu Form und Inhalt der Mitteilungen (§ 8) sowie zum Zeitpunktder Mitteilungen (§ 10) wurden durch Verordnung vom 19. Dezember1994177 geändert. Mit der Änderungsverordnung vom 26. Mai 1999178 ist einneuer § 4a eingefügt worden, der eine Mitteilungspflicht der Zollbehördengegenüber den Landesfinanzbehörden bezüglich der im Rahmen der ge-meinsamen Marktorganisation gewährten Ausfuhrerstattungen vorsieht.

175 so auch Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6, Rz. 29.176 BGBl. 1993 I 1554.177 BGBl. 1994 I 3848.178 BGBl. 1999 I 1077.

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Die Mitteilungsverordnung enthält für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben keine relevante Mitteilungspflichten. Die Vorschrift des § 93aAbgabenordnung ist daher für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben ohne Bedeutung.

§ 94Eidliche Vernehmung

§ 94 sieht die eidliche Vernehmung des Auskunftspflichtigen durch das Fi-nanzgericht vor, wenn die Finanzbehörde diese mit Rücksicht auf die Be-deutung der Auskunft oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßenAuskunft für geboten hält.Zwar enthalten die gemeinschaftsrechtlichen Zollregelungen keine Bestim-mungen über eine eidliche Vernehmung. Diese ist jedoch als eines der zuläs-sigen Mittel der in Artikel 14 Zollkodex genannten „erforderlichen Unter-stützung“ anzusehen, so dass einer Anwendung auch für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben keine Bedenken entgegenstehen.

§ 95Versicherung an Eides Statt

§ 95 sieht die Versicherung an Eides statt vor, wenn andere Mittel zur Erfor-schung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt ha-ben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gilt das zu § 94 Gesagteentsprechend.

§ 96Hinzuziehung von Sachverständigen

§ 96 erlaubt die Hinzuziehung von Sachverständigen und regelt in seinemAbsatz 2 auch die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis derBefangenheit.Das Gemeinschaftsrecht enthält für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben keine Regelungen zur Hinzuziehung von Sachverständigen, so dassdie Vorschriften der Abgabenordnung bedenkensfrei angewendet werdenkönnen.

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3.1.3.3 III. Beweis durch Urkunden und Augenschein3.1.3.3 III. Beweis durch Urkunden und Augenschein

§ 97Vorlage von Urkunden

§ 97 Absatz 1 bestimmt, dass die Finanzbehörden von den Beteiligten undanderen Personen die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspa-pieren und anderen Urkunden verlangen kann.Absatz 2 relativiert diese Vorlagepflicht dahingehend, dass sie erst danneintreten soll, wenn der Vorlagepflichtige eine Auskunft nicht erteilt hat,wenn die Auskunft unzureichend war oder Bedenken gegen ihre Richtigkeitbestehen.Diese Einschränkungen gelten jedoch nicht gegenüber einem Beteiligten,der eine steuerliche Vergünstigung geltend macht oder wenn die Finanzbe-hörde eine Außenprüfung nicht durchführen will oder wegen der erhebli-chen steuerlichen Auswirkungen eine baldige Klärung für geboten hält.§ 97 Absätze 1 und 2 Satz 1 werden durch das Gemeinschaftszollrechtvollständig überlagert. Soweit ein Beteiligter eine Entscheidung beantragthat, muss er alle Angaben und Unterlagen nach Artikel 6 Absatz 1 Zollko-dex liefern, die von den Behörden für die Entscheidung benötigt werden. ImÜbrigen haben alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängenim Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, nach Artikel 14 Zollkodex denZollbehörden auf deren Verlangen innerhalb der von diesen festgesetztenFristen alle Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen und jede er-forderliche Unterstützung zu leisten. In Anbetracht dieser engen Vorlage-pflicht nach dem Gemeinschaftsrecht bleibt für die Einschränkung der Vor-lagepflicht nach § 97 Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung kein Raum mehr, sodass insoweit eine vollständig Überlagerung eingetreten ist.§ 97 Absatz 2 Satz 2 enthält wiederum eine Ausnahme von der Einschrän-kung der Vorlagepflicht. Da aber Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung im Be-reich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben überlagert wird, geht Satz 2, der sichinhaltlich auf Satz 1 bezieht, ins Leere.Auch § 97 Absatz 3 Satz 1 findet weiterhin Anwendung, da das Gemein-schaftszollrecht insofern keine Einschränkung enthält.Zu § 97 Absatz 3 Satz 2 Abgabenordnung ist anzumerken, dass der Verweisauf § 147 Abgabenordnung insofern ins Leere geht, als § 147 Absatz 5 Ab-gabenordnung ebenfalls durch Artikel 14 Zollkodex überlagert ist (sieheunten bei § 147).

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 98Einnahme des Augenscheins

§ 98 sieht vor, dass im Falle eines Augenscheins die Finanzbehörde das Er-gebnis aktenkundig zu machen hat.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gibt Artikel 13 Zollkodexden Zollbehörden die Befugnis, einen Augenschein durchzuführen, denn derin § 98 Abgabenordnung genannte Augenschein ist als eine Form der zoll-amtlichen Prüfung im Sinne des Artikels 13 Zollkodex anzusehen, zu derdie Zollbehörden befugt sind, um die ordnungsgemäße Anwendung desZollrechts zu gewährleisten.Neben die Form des Augenscheins nach der Abgabenordnung tritt jedochnoch ein zollspezifischer Augenschein in Form der Zollbeschau. Nach Arti-kel 247 ZKDVO gibt die Zollstelle Gegenstand und Ergebnis der Beschaumindestens auf dem für sie bestimmten Exemplar der Zollanmeldung oderauf einem Zusatzblatt an.

§ 98 Abgabenordnung ist damit hinsichtlich der Zollbeschau durch Artikel247 ZKDVO vollständig überlagert.

§ 99Betreten von Grundstücken und Räumen

§ 99 gibt den von der Finanzbehörde mit der Einnahme des Augenscheinsbetrauten Amtsträger und den nach §§ 96 und 98 zugezogenen Sachverstän-digen die Befugnis, Grundstücke, Räume, Schiffe, umschlossene Betriebs-vorrichtungen und ähnliche Einrichtungen während der Geschäftszeiten zubetreten.Das Gemeinschaftszollrecht kennt keine entsprechende Regelung, so dassdie Vorschrift der Abgabenordnung grundsätzlich anwendbar ist.Der Gesetzgeber hat jedoch mit § 14 Zollverwaltungsgesetz den Zollbedien-steten das Recht eingeräumt, im grenznahen Raum Grundstücke zu betreten.Das Recht, Gebäude zu betreten, ist den Zollbediensteten mit dieser Vor-schrift nicht eingeräumt worden. Insofern bleibt § 99 Abgabenordnung da-her zumindest teilweise weiterhin anwendbar.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 100Vorlage von Wertsachen

§ 100 sieht vor, dass der Beteiligte und andere Personen der Finanzbehördeauf Verlangen Wertsachen vorzulegen haben, soweit dies erforderlich ist, umim Besteuerungsverfahren Feststellungen über ihre Beschaffenheit und ihrenWert zu treffen.Diese Vorschrift wird vor allem durch Artikel 78 Absatz 2 Satz 3 Zollkodexteilweise überlagert. Nach dieser Regelung können die Zollbehörden aucheine Überprüfung der Waren vornehmen, sofern diese noch vorgeführt wer-den können. Bei diesen Waren kann es sich auch um Wertsachen handeln.Darüber hinaus tritt im Rahmen der Abgabe einer Zollanmeldung eineÜberlagerung nach Artikel 68 Zollkodex ein, wonach die Zollbehörden eineZollbeschau vornehmen können zwecks Überprüfung der von ihnen ange-nommenen Anmeldungen.Eine weitere Überlagerung tritt im Rahmen der Feststellung des Zollwertesvon eingeführten Waren nach Artikel 181a ZKDVO ein.Allerdings ist zu beachten, dass die vorgenannten gemeinschaftsrechtlichenVorschriften nur in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen der Zoll-schuldner eine Zollanmeldung abgegeben hat. Soweit die Wertgegenständeeingeschmuggelt worden sind, es also an einer Zollanmeldung fehlt, ver-bleibt es bei der Anwendung des § 100 Abgabenordnung.

3.1.3.4 IV. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte3.1.3.4 IV. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte

§ 101Auskunfts- und Eidesverweigerungsrecht der Angehörigen

§ 101 bestimmt, dass die Angehörigen eines Beteiligten die Auskunft ver-weigern können, soweit sie nicht selbst als Beteiligte über ihre eigenen steu-erlichen Verhältnisse auskunftspflichtig sind oder die Auskunftspflicht füreinen Beteiligten zu erfüllen haben.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, gilt dieVorschrift der Abgabenordnung fort.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 102Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz

bestimmter Berufsgeheimnisse§ 102 regelt das Auskunftsverweigungsrecht zum Schutz bestimmter Be-rufsgeheimnisse. Für diese Vorschrift gilt das zu § 101 Abgabenordnunggesagte entsprechend.

§ 103Auskunftsverweigerungsrecht bei Gefahr der Verfolgung wegen

einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit§ 103 sieht vor, dass Personen, die nicht Beteiligte und nicht für einen Be-teiligten auskunftspflichtig sind, die Auskunft auf solche Fragen verweigerndürfen, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen der Ge-fahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Ord-nungswidrigkeitengesetz aussetzen würde.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, gilt dieVorschrift der Abgabenordnung fort.

§ 104Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens und der

Vorlage von Urkunden§ 104 bestimmt, dass, soweit die Auskunft verweigert werden darf, auch dieErstattung eines Gutachtens und die Vorlage von Urkunden oder Wertsachenverweigert werden darf. Diese Vorschrift ist eine Folgevorschrift zu den Re-gelungen über die Auskunftsverweigerung.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, gilt dieVorschrift der Abgabenordnung fort.

§ 105Verhältnis der Auskunfts- und Vorlagepflicht zur

Schweigepflicht öffentlicher Stellen§ 105 regelt, dass die Verschwiegenheitspflicht öffentlicher Stellen nichthinsichtlich ihrer Auskunfts- und Vorlagepflicht gegenüber den Finanzbe-hörden gilt.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, gilt dieVorschrift der Abgabenordnung fort.

§ 106Beschränkung der Auskunfts- und Vorlagepflicht bei

Beeinträchtigung des staatlichen Wohls§ 106 sieht vor, dass eine Auskunft oder die Vorlage von Urkunden nichtgefordert werden darf, wenn die zuständige oberste Bundes- oder Landesbe-hörde erklärt, dass die Auskunft oder Vorlage dem Bundes- oder Landes-wohl erhebliche Nachteile bereiten würde.Nach Auffassung von Tipke179 dürfte die Vorschrift im Steuerrecht kaumpraktisch werden. Gleichwohl ist sie auch im Zollbereich grundsätzlich an-wendbar.

3.1.3.5 V. Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der Sachverständigen

3.1.3.5 V. Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der Sachverständigen

§ 107Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der Sachverständigen

§ 107 bestimmt, dass Auskunftspflichtige und Sachverständige, die die Fi-nanzbehörde zu Beweiszwecken herangezogen hat, eine Entschädigung er-halten.Auch zu dieser Regelung bietet das Gemeinschaftszollrecht keine äquiva-lente Bestimmung, so dass § 107 auch im Zollbereich Anwendung findet.

3.1.4 4. UnterabschnittFristen, Termine, Wiedereinsetzung

3.1.4 4. Unterabschnitt Fristen, Termine, Wiedereinsetzung

§ 108Termine

§ 108 enthält eine umfassende Regelung über die Berechnung von Fristenund für die Bestimmung von Terminen. Insbesondere werden der Beginnund das Ende des Laufs einer Frist geregelt.

179 Tipke, AO, § 106..

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Die Bestimmung ist auch im Zollbereich anzuwenden, soweit dort Fristenzur Anwendung kommen, die in der Abgabenordnung geregelt sind.Für Fristen und Termine, die sich aus dem Gemeinschaftszollrecht ergeben,wird § 108 Abgabenordnung überlagert durch die VO (EWG/Euratom) Nr.1182/71 des Rates zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten undTermine vom 3. Juni 1971180 oder durch spezielle Regelungen im Gemein-schaftszollrecht, wie zum Beispiel Artikel 542 ZKDVO, der die Frist, nachwelcher die Veredelungserzeugnisse in das Zollgebiet der Gemeinschaftwiedereingeführt werden müssen, regelt.Zu beachten ist jedoch, dass in den Fällen, in denen die Frist in einer Vor-schrift der Abgabenordnung bestimmt ist, diese auch dann nach der Abga-benordnung zu berechnen ist, wenn es sich zwar um gemeinschaftsrechtlichgeschuldete Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben handelt, die Frist aber über eineVerweisung aus dem Zollrecht zur Anwendung kommt.181, wie z.B. dieRechtsbehelfsfrist, die sich wegen § 355 Abgabenordnung nach § 108 Ab-gabenordnung berechnet, weil gemäß Artikel 245 Zollkodex die Frist demnationalen Recht zu entnehmen ist oder die nach Artikel 221 Absatz 4 Zoll-kodex anzuwendende längere Festsetzungsfrist des § 169 Abgabenordnungbei strafbaren Handlungen.

§ 109Verlängerung von Fristen

§ 109 sieht vor, dass Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen undFristen, die von einer Finanzbehörde gesetzt werden, verlängert werdenkönnen.Diese grundsätzliche Möglichkeit einer Fristverlängerung ist im Gemein-schaftsrecht durch Artikel 17 Zollkodex geregelt worden, der vorsieht, dasseine nach dem Zollrecht gesetzte Frist, ein Datum oder ein Termin verlän-gert bzw. verschoben werden kann, wenn dies in den betreffenden Vor-schriften ausdrücklich vorgesehen ist. Eine derartige Fristverlängerung se-hen beispielsweise Artikel 118 Absatz 2 Zollkodex und Artikel 542 Absatz1 ZKDVO für die Wiederausfuhr von Veredelungserzeugnissen und Artikel149 Absatz 1 Satz 2 Zollkodex und Artikel 588 Absatz 2 ZKDVO für dieWiedereinfuhr von Veredelungserzeugnissen vor.

180 ABl. EG 1971 Nr. L 124/1.181 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 265.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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In den Fällen, in denen das Gemeinschaftszollrecht keine eigenen Fristset-zungen vorsieht, bleibt § 109 Abgabenordnung anwendbar. Das ist zum Bei-spiel der Fall für von der Zollbehörde gesetzte Fristen zur Beibringung einerSicherheitsleistung.Mit dem in Artikel 17 Zollkodex genannten Zollrecht ist nur Gemein-schaftszollrecht zu verstehen. Nicht erfasst sind somit behördliche Fristen,die nicht „nach dem Zollrecht“ gesetzt werden, sondern der Verwal-tungspraxis entsprechen. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Regelung,dass eine Fristverlängerung „in den betreffenden Vorschriften ausdrücklichvorgesehen ist“ bezieht sich daher nicht auf die Fristverlängerung nach§ 109 Abgabenordnung, weil anderenfalls die Regelung des Artikel 17 Zoll-kodex ins Leere ginge.

§ 110Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 110 erlaubt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn jemand ohneVerschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (Absatz 1).Die Absätze 2 bis 4 regeln die Einzelheiten der Antragstellung und der Ent-scheidung über den Antrag durch die Zollbehörde.Das Gemeinschaftszollrecht enthält zwar keine ausdrückliche gleich lauten-de Vorschrift. Es ist für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben je-doch Artikel 17 Zollkodex zu berücksichtigen, in dem geregelt worden ist,dass eine nach dem Zollrecht gesetzte Frist, ein Datum oder ein Terminverlängert bzw. verschoben werden kann, wenn dies in den betreffendenVorschriften ausdrücklich vorgesehen ist. Eine derartige Fristverlängerungsehen beispielsweise Artikel 118 Absatz 2 Zollkodex und Artikel 542 Ab-satz 1 ZKDVO für die Wiederausfuhr von Veredelungserzeugnissen undArtikel 149 Absatz 1 Satz 2 Zollkodex und Artikel 588 Absatz 2 ZKDVOfür die Wiedereinfuhr von Veredelungserzeugnissen vor. Darüber hinaussieht Artikel 222 Absatz 1 Buchstabe a Unterabsatz 3 Zollkodex vor, dassdie Zollbehörden die Frist zur Abgabenentrichtung von Amts wegen verlän-gern, wenn nachgewiesen wird, dass der Zollschuldner die Mitteilung überdie Abgaben zu spät erhalten hat, um die gesetzte Zahlungsfrist einhalten zukönnen. Ferner können die Zollbehörden auf Antrag des Zollschuldners eineFristverlängerung gewähren, wenn sich der zu entrichtende Abgabenbetragaus einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung ergibt. Ebenfalls ist Frist-verlängerung nach Artikel 236 und 239 Zollkodex hinsichtlich der Stellungeines Erlass-/Erstattungsantrages zulässig.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Das Gemeinschaftsrecht enthält hierzu keine Einschränkung dergestalt, dassdiese Fristverlängerung nur vor Fristablauf gewährt werden dürfte. Im Ge-genteil bei den Fristen im Rahmen der Veredelungsverkehr sieht dieZKDVO sogar ausdrücklich vor, dass die Fristverlängerung auch noch nachAblauf der ursprünglich gesetzten Frist verlängert werden kann. Wenn abereine Verlängerung auch noch nach Ablauf der Frist gewährt werden kann, istsie der im nationalen Recht geregelten Wiedereinsetzung in den vorigenStand gleichzusetzen.Es ist damit festzuhalten, dass in den Fällen, in denen das Gemeinschafts-recht eine Fristverlängerung ohne Einschränkung zulässt, die Vorschrift des§ 110 Abgabenordnung überlagert worden ist.Auch nach Auffassung des BFH kommt eine Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand nach § 110 Abgabenordnung nicht in Betracht. Denn diese Vor-schrift ist auch nach Auffassung des BFH neben Artikel 17 Zollkodex nichtanwendbar, weil Artikel 17 Zollkodex die Möglichkeit zur Verlängerungvon zollrechtlich vorgegebenen Fristen abschließend regelt.Es ist zwar richtig, dass mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dieversäumte Frist nicht nachträglich verlängert werde, sondern nur die ver-säumte Rechtshandlung, wenn sie nachgeholt wird, unter bestimmten Um-ständen als rechtzeitig erfolgt fingiert werde.Diese andere rechtliche Konstruktion ändere aber nichts daran, dass sich dieFristverlängerung und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im mate-riellen Ergebnis ähneln und damit auch die Wiedereinsetzung in den vorigenStand von der allgemeinen Regelung des Artikel 17 Zollkodex erfasst wer-de. Die Anwendung der nationalen Regelung des § 110 Abgabenordnung1977 über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme daher nebenden abschließenden Regelungen des Gemeinschaftsrechts über eine mögli-che Fristverlängerung bei Vorliegen besonderer Umstände, z.B. in den Fäl-len des Art. 140 Abs. 3 Zollkodex, Art. 559 Abs. 2, Art. 755, Art. 756 Abs.1 ZKDVO oder den Regelungen des Art. 204 Abs. 1 Zollkodex i.V.m. Art.859 Nrn. 1, 2 ZKDVO, die denen über die Wiedereinsetzung in den vorigenStand nach dem Muster des § 110 Abgabenordnung 1977 weitgehend ver-gleichbar sind, nicht in Betracht182. Anderenfalls könne, nämlich bei An-wendung nationaler Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigenStand, die Gefahr einer unterschiedlichen Behandlung der Wirtschaftsteil-

182 Die Entscheidung des BFH ist noch vor Erlass der VO (EG) Nr. 993/2001 vom 28.Mai 2001, ABl. EG Nr. L 141/1,mit der zahlreiche Vorschriften der ZKDVO geän-dert wurden, ergangen.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

101

nehmer in den verschiedenen Mitgliedstaaten bestehen, die das gemein-schaftsrechtliche Zollrecht gerade verhindern wolle183.Die Auffassung des BFH kann jedoch nur für die Fälle Gültigkeit beanspru-chen, in denen Fristen und Termine in einer Vorschrift des Gemeinschafts-zollrecht bestimmt sind. Werden die Fristen in einer nationalen Regelungbestimmt, müssen sich auch die daran anknüpfenden Regelungen sich nachnationalen Regelungen bestimmen184.

3.1.5 5. UnterabschnittRechts- und Amtshilfe

3.1.5 5. Unterabschnitt Rechts- und Amtshilfe

§ 111Amtshilfepflicht

§ 112Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe

§ 113Auswahl der Behörde

§ 114Durchführung der Amtshilfe

§ 115Kosten der Amtshilfe

§ 116Anzeige von Steuerstraftaten

§ 117Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen

§§ 111 bis 117 regeln die Rechts- und Amtshilfe der Gerichte und Behörden,wobei sich die §§ 111 bis 115 lediglich auf die nationale Amtshilfe beziehenund die internationale Amtshilfe in § 117 geregelt ist.

183 Urteil vom 18.12.2000, VII R 39/00, BFH/NV 2001, 820.184 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 265.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Für den Bereich der Zollverwaltung sind die Vorschriften hinsichtlich dernationalen Rechts- und Amtshilfe nicht durch Gemeinschaftsrecht überlagertworden.Bezüglich der internationalen Rechts- und Amtshilfe im Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben ist auf die Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Ratesüber die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mit-gliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommissionim Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und Agrarrege-lungen vom 13. März 1997185 hinzuweisen. In dieser Verordnung werden dieVoraussetzungen festgelegt, unter denen die in den einzelnen Mitgliedstaa-ten mit der Durchführung der Zoll- und Agrarregelungen betrauten Verwal-tungsbehörden mit den Behörden der anderen Mitgliedstaaten sowie mit derEuropäischen Kommission zusammenarbeiten, um die Einhaltung dieserRegelungen im Rahmen eines Gemeinschaftssystems zu gewährleisten. DieVerordnung hat die Verordnung EWG Nr. 1468/81 über die gegenseitigeAmtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zu-sammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf dieordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und Agrarregelung186 ersetzt.Sie steht neben dem Neapel-Übereinkommen (s. u.) und regelt die Spon-tanauskunft über Vorgänge, die nach Ansicht der Behörde der Zoll- undAgrarregelung zuwiderlaufen und für die Drittbehörde bei der Durchsetzungder Zoll- und Agrarregelung dienlich sind, weiterhin regelt sie die Amtshilfeauf Antrag, der auch von der Kommission ausgehen kann; bei dieser Formder Amtshilfe überlässt sie der ersuchenden Behörde die Beurteilung, obVorgänge der Zoll- und Agrarregelung zuwiderlaufen, und gibt deren Be-diensteten grundsätzlich das Recht, bei den von der ersuchten Behörde ggf.durchzuführenden Ermittlungen anwesend zu sein und alle Unterlagen ein-zusehen. Das Neapel-Übereinkommen – oder wie es offiziell heißt: Über-einkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich,Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützungihrer Zollverwaltungen vom 7. September 1967187 – sieht eine gegenseitigeUnterstützung der Zollverwaltungen der EU-Staaten bei der Durchführungder Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Ein-, Aus- und Durchfuhrvon Waren und die dabei zu erhebenden Abgaben und zu beachtenden Ver-bote und Beschränkungen vor sowie bei der Verfolgung von diesbezüglichenZuwiderhandlungen.

185 ABl. EG 1997 Nr. L 82/1.186 ABl. EG 1981 Nr. L 144/1.187 BGBl. 1969 II S. 66.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

103

Daneben bestehen zahlreiche bilaterale und multilaterale Verträge mit ande-ren Staaten.Weiterhin ist auf das EG-Betreibungsgesetz vom 10. August 1979188 hinzu-weisen, das ebenfalls für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gilt.Zu § 116 Abgabenordnung ist als ergänzende Vorschrift auf § 5 ZollVG hin-zuweisen, der eine Vorführung von Sendungen durch die Deutsche Post AGzur Nachprüfung durch den Zoll vorsieht, auch soweit sie nicht nach denVorschriften des Zollkodexes zu gestellen sind, jedoch nur soweit es umVerstöße gegen Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote geht.Nach § 12 ZollVG sind Postsendungen in diesem Fall bei Verdacht einerStraftat nach zollamtlicher Nachprüfung an die Staatsanwaltschaft weiter-zuleiten.Eine weitere Regelung in diesem Bereich trifft § 12a FVG, der die Über-mittlung von bei der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldver-kehrs von den Zollbehörden erhobenen Daten zum Zwecke der Verfolgungund Verhinderung von Geldwäsche im Sinne des § 261 StGB erlaubt unddem § 116 Abgabenordnung als lex specialis vorgeht189.

3.2 ZWEITER ABSCHNITT

Verwaltungsakte3.2 Zweiter Abschnitt Verwaltungsakte

§ 118Begriff des Verwaltungsaktes

§ 118 definiert den Begriff des Verwaltungsaktes als eine Verfügung, Ent-scheidung oder andere Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung einesEinzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf un-mittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wird diese Vorschriftdurch Artikel 4 Nr. 5 Zollkodex überlagert, der den Begriff einer „Entschei-dung“ definiert als eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des Zoll-rechts zur Regelung eines Einzelfalls mit Rechtswirkung für eine oder meh-rere bestimmte oder bestimmbare Personen.

188 BGBl. 1979 I S. 1429.189 Klein/Rüsken, AO § 116 Rz. 6,7.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Dieser Begriff umfasst auch die verbindliche Auskunft nach Artikel 12Zollkodex.§ 118 Abgabenordnung bleibt somit anwendbar, wo es um hoheitliche Maß-nahmen außerhalb des Zollrechts des Zollkodexes und seiner Durchfüh-rungsvorschriften geht. Das ist etwa für das Vollstreckungsrecht bedeutsam.Obwohl der Zollkodex nicht den Begriff des „Verwaltungsaktes“ verwendet,sondern von Entscheidung spricht und auch im Gegensatz zu § 118 Abga-benordnung nicht voraussetzt, dass eine unmittelbare Rechtswirkung nachaußen eintreten muss, sind nach Auffassung von Tipke190 keine nennens-werten inhaltlichen Differenzen feststellbar. Die Außenwirkung einer Ent-scheidung wird nach seiner Auffassung dadurch umschrieben, dass dieRechtswirkungen bestimmte oder bestimmbare Personen treffen müssen.Das Unmittelbarkeitserfordernis lasse sich bereits aus den übrigen Tatbe-standsmerkmalen des Artikel 4 Nr. 5 Abgabenordnung herleiten:Tipke ist im Ergebnis zuzustimmen, dass hier für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben eine vollständige Überlagerung vorliegt. Jedoch hält esder Verfasser hier nicht für geboten, sämtliche Tatbestandsmerkmale des§ 118 Abgabenordnung in der Vorschrift des Artikel 4 Nr. 5 Zollkodex wie-derfinden zu müssen. Entscheidend ist vielmehr der Sinn und Zweck derjeweiligen Vorschriften und dieser Zweck scheint bei beiden Vorschriftendarin zu liegen, das nach außen in Erscheinung tretende Verwaltungshandelnder Behörden zu definieren und beide Vorschriften kommen ihrem Auftragfür die jeweils zu regelnden Bereiche nach. Daher ist es für den deutschenRechtsanwender sicherlich statthaft, die deutsche Lehre und Rechtsprechungzum Verwaltungsakt bei der Auslegung des Artikels 4 Nr. 5 zu berücksichti-gen191. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die beiden Vorschriften hinsicht-lich der den Verwaltungsakt/die Entscheidung erlassenden Behörde einenunterschiedlichen Regelungsinhalt haben. Während die Abgabenordnungnur für Verwaltungsakte von Finanzbehörden anwendbar ist, geht der Zoll-kodex vom Begriff der Zollbehörde aus. Das ist aber nach der Begriffsdefi-nition des Artikel 4 Nr. 3 Zollkodex jede Behörde (im untechnischen Sinne),die unter anderem für die Anwendung des Zollrechts zuständig ist. Das kanndamit im Einzelfall auch eine Industrie- und Handelskammer sein192.Entgegen der Auffassung von Tipke lässt sich nach Meinung des Verfassersjedoch sehr wohl feststellen, welche Vorschriften der Abgabenordnung im

190 Tipke, AO, Vor § 118 Rz. 6.191 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75 ), 16.192 Tipke, AO, § 118 Rz. 4.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Bereich §§ 119 bis 129 im Geltungsbereich des Zollkodexes noch anwend-bar sind, wie die nachstehenden Ausführungen zeigen werden.

§ 119Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes

§ 119 enthält Bestimmungen über die Bestimmtheit und Form von Verwal-tungsakten. Insbesondere wird geregelt, dass ein Verwaltungsakt schriftlich,elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden kann (Ab-satz 2).Diese Regelung wird durch Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 Zollkodexzwar nicht überlagert in der Form, dass sie nicht mehr angewendet werdenkann. Sie wird jedoch dahingehend durch das Gemeinschaftsrecht „ergänzt“,dass auf einen schriftlichen Antrag die Entscheidung innerhalb der im gel-tenden Recht festgelegten Fristen ergehen und dem Antragsteller schriftlichbekannt gegeben werden muss. Auf einen schriftlichen Antrag darf somitkein mündlicher Verwaltungsakt im Zollrecht ergehen.Die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift läuft nur insoweit ins Leere, als dasdeutsche Recht keine Fristen festlegt, innerhalb derer eine Entscheidung zuergehen hat.

§ 119 Absatz 3 bestimmt, dass aus dem Verwaltungsakt die ihn erlassendeBehörde erkennbar sein muss und dass er die Unterschrift oder Namenswie-dergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten ent-halten muss. Einschränkungen hiervon bestehen für Verwaltungsakte, dieformularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen werden.Ist für einen Verwaltungsakt eine Schriftform angeordnet, so muss bei einemelektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrundeliegendequalifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikatdie erlassende Behörde erkennen lassen.

Da das Gemeinschaftszollrecht keine entsprechende Vorschrift enthält, fin-det Absatz 3 auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben weiterhinAnwendung.Gleiches gilt für Absatz 4, der für den Fall des formularmäßigen oder mit-tels elektronischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsaktes Ausnahmenvon dem Unterschriftserfordernis bzw. der Namenswiedergabe enthält.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 120Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt

§ 120 sieht vor, dass ein Verwaltungsakt mit einer Nebenbestimmung verse-hen werden kann, wenn diese durch Rechtsvorschrift zugelassen worden istoder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Vorschriften des Ver-waltungsaktes erfüllt werden.Grundsätzlich kennt das Gemeinschaftszollrecht eine entsprechende Rege-lung nicht; es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Artikel 8 und 9 Zollkodexden Widerruf bzw. die Rücknahme von begünstigenden Entscheidungenausdrücklich regeln.Henke/Huchatz193 vertreten die Auffassung, dass sich das Institut des Wider-rufsvorbehalts gemäß § 120 Absatz 2 Nr. 3 Abgabenordnung verbiete, weildurch die Überlagerung des § 131 Absatz 2 Nr. 1 Abgabenordnung durchArtikel 9 Absatz 1 Zollkodex für einen Widerrufsvorbehalt auch im Rahmendes § 120 Abgabenordnung kein Raum mehr bleibe.Auch nach Söhn194 sind die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über Ne-benbestimmungen vorrangig.Entgegen den vorgenannten Meinungen und der Auffassung der Bundesfi-nanzverwaltung195 liegt hier jedoch keine Überlagerung vor bzw. ist dieseRegelung auch nicht gegenstandslos. Vielmehr wird in § 120 Abgabenord-nung nur geregelt, dass ein Vorbehalt des Widerrufs in den Verwaltungsaktaufgenommen werden darf, während die Gemeinschaftszollvorschriften re-geln, in welchen Fällen ein Widerruf ausgeübt werden darf. Beide Vor-schriften sind daher nebeneinander anwendbar.

§ 121Begründung des Verwaltungsaktes

§ 121 Absatz 1 bestimmt, dass ein schriftlicher, elektronischer sowie einschriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt schriftlich zu be-gründen ist, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist.

193 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 268.194 Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 120 AO Rz. 9.195 Anmerkung zu § 120 Abgabenordnung Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwal-

tung S 0101.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Absatz 2 enthält die Ausnahmen von der Begründungspflicht, nämlich- wenn die Finanzbehörde einem Antrag entspricht oder einer Erklä-

rung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines andereneingreift.

- wenn demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder dervon ihm betroffen wird, die Auffassung der Finanzbehörde über dieSach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründungfür ihn ohne weiteres erkennbar ist,

- wenn die Finanzbehörde gleichartige Verwaltungsakte in größererZahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungenerlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfallesnicht geboten ist,

- wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,- wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

Der Inhalt der Begründungspflicht ist gemeinschaftsrechtlich nicht geregelt,so dass Absatz 1 auch für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gilt. Zu beachten istjedoch, dass Absatz 1 nur für belastende Entscheidungen gilt, wie sich ausdem Wortlaut des Ausnahmetatbestandes in Absatz 2 Nr. 1 ergibt. Für nicht-belastende Entscheidungen in Zollsachen trifft das Gemeinschaftsrecht kei-ne umfassende Regelung, so dass auch insoweit teilweise § 121 Abgaben-ordnung gilt. Das Gemeinschaftsrecht sieht bezüglich begünstigender Ent-scheidungen nur in Artikel 886 Absatz 2 ZKDVO vor, dass bei stattgeben-den Erstattungsanträgen die Rechtsgrundlage angegeben werden muss sowieetwaige Auflagen. Zu dem vorgenannten Katalog in Absatz 2 enthält dasGemeinschaftszollrecht jedoch besondere Bestimmungen.Der Zollkodex sieht nämlich mit Artikel 6 Absatz 3 eine Umkehrregelungvor und bestimmt, dass schriftliche Entscheidungen, mit denen ein Antragabgelehnt wird oder die für Personen, an die sie gerichtet ist, nachteiligeFolgen haben, zu begründen sind.Angesichts dieser keine Ausnahmen enthaltenen eindeutigen Regelung müs-sen die in § 121 Absatz 2 Nrn. 2 - 5 Abgabenordnung genannten Katalog-fälle zurücktreten und finden keine Anwendung mehr, sofern ein Fall desArtikel 6 Absatz 3 Satz 1 Zollkodex vorliegt. Insofern liegt hier eine teilwei-se Überlagerung vor.Fehlt eine erforderliche Begründung, ist die unzureichend oder fehlerhaft,ergeben sich die Rechtsfolgen mangels gemeinschaftsrechtlicher Regelung

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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nach einzelstaatlichem Recht196. Nach deutschem Abgabenrecht kann dieBegründung bis zum Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfs nach-geholt werden.

§ 122Bekanntgabe des Verwaltungsaktes

§ 122 enthält die für das deutsche Abgabenrecht erhebliche Regelung überdie Bekanntgabe von Verwaltungsakten.Absatz 1 bestimmt, dass ein Verwaltungsakt demjenigen, bekannt zu gebenist, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird.Absatz 2 regelt, wann ein Verwaltungsakt als bekannt gegeben gilt, nämlichbei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zurPost, anderenfalls einen Monat nach Aufgabe zur Post, es sei denn er istnicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen.Absatz 2a regelt die Bekanntgabe eines elektronisch übermittelten Verwal-tungsaktes.Absätze 3 und 4 regeln die öffentliche Bekanntgabe.Absatz 5 bestimmt, dass ein Verwaltungsakt zugestellt wird, wenn dies ge-setzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird und verweisthierzu auf das Verwaltungszustellungsgesetz.Die Absätze 6 und 7 betreffen die Bekanntgabe von Verwaltungsakten, dieWirkung für und gegen andere Beteiligte haben sowie die Verwaltungsakte,die Ehegatten, Ehegatten mit ihren Kindern oder Allein stehende mit ihrenKindern betreffen.Das Gemeinschaftsrecht kennt keine einheitliche Vorschrift über die Be-kanntgabe von Entscheidungen. Vielmehr sind an unterschiedlicher StelleBekanntgaberegelungen enthalten. Die Bekanntgabe von Abgabenbeschei-den richtet sich nach Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex, der vorsieht, dass derAbgabenbetrag dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen ist, so-bald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Für die Bekanntgabe einesAbgabenbescheids ist daher § 122 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung voll-ständig überlagert worden. Keine Überlagerung liegt indes zu Absatz 1Satz 2 vor, wonach die Bekanntgabe auch gegenüber einem Bevollmäch-tigten erfolgen kann wobei der hier benannte Bevollmächtigte mit dem

196 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6, Rz. 76.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

109

Stellvertreter nach dem Zollkodex gleichzusetzen ist. Auch für die Bekannt-gabe einer Rücknahme- bzw. einer Widerrufsentscheidung bestehen im Ge-meinschaftszollrecht Sonderregelungen. Artikel 8 Absatz 2 Zollkodex be-stimmt, dass die Rücknahme der Entscheidung den Personen bekannt gege-ben wird, an die sie gerichtet war, Artikel 9 Absatz 3 Zollkodex sieht vor,dass der Widerruf oder die Änderung der Person bekannt gegeben wird, andie die Entscheidung gerichtet war. Auch insoweit liegt eine vollständigeÜberlagerung vor. Eine Besonderheit gilt im Gemeinschaftsrecht noch fürEntscheidungen, die aufgrund eines Antrags ergehen. Eine derartige Ent-scheidung muss dem Antragsteller nach Artikel 6 Absatz 2 Zollkodex be-kannt gegeben werden. Eine Anwendung des § 122 Absatz 1 Satz 1 Abga-benordnung scheidet daher für diesen besonderen Fall aus197. Davon unbe-rührt bleibt die Bekanntgabe gegenüber einem Drittbetroffenen, die sichauch weiterhin nach nationalem Recht richtet, weil das Gemeinschaftsrechtinsoweit keine Regelungen enthält.Die Absätze 2 bis 7 des § 122 Abgabenordnung sind mangels speziellerNormen im Gemeinschaftszollrecht auch weiterhin anwendbar198.

§ 123Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten

§ 123 bestimmt, dass ein Beteiligter ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf-enthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes derFinanzbehörde auf Verlangen einen Empfangsbevollmächtigten zu benennenhat. Darüber hinaus wird eine Regelung getroffen, wann ein an ihn gerich-tetes Schriftstück als zugegangen gilt, sofern kein Empfangsbevollmächtig-ter bestellt worden ist.

Für diese Regelung gibt es ebenfalls kein gemeinschaftsrechtliches Äquiva-lent, so dass die Vorschrift der Abgabenordnung voll zur Anwendungkommt.

197 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6, Rz. 70; A.A. Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75),22.

198 Witte, Peter/Wöhner, Annette, a.a.O., (FN 95), 141.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

110

§ 124Wirksamkeit des Verwaltungsaktes

§ 124 regelt die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes und bestimmt, dass einVerwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der vonihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er ihm bekanntgegeben wird (Absatz 1).Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerru-fen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weiseerledigt ist (Absatz 2).Absatz 2 wird für den speziellen Bereich der verbindlichen Auskünfte durchArtikel 12 Absätze 4 und 5 Zollkodex überlagert.Nach Artikel 12 Absatz 4 ist eine verbindliche Auskunft (Zolltarifauskunftoder Ursprungsauskunft) vom Zeitpunkt ihrer Erteilung an gerechnet beizolltariflichen Fragen sechs Jahre und bei Ursprungsfragen drei Jahre langgültig. Darüber hinaus kann sie nach Absatz 5 bei Vorliegen der dort ge-nannten Voraussetzungen für ungültig erklärt werden.Für diesen speziellen Bereich sind daher die Vorschriften der Abgabenord-nung nicht mehr anwendbar.Für § 124 Absatz 3 Abgabenordnung, nach dem ein nichtiger Verwaltungs-akt unwirksam ist, gibt es keine Spezialregelung im Gemeinschaftszollrecht,so dass diese Vorschrift anwendbar bleibt.Es ist in diesem Zusammenhang jedoch auch auf Artikel 10 Zollkodex hin-zuweisen. Nach dieser Vorschrift berühren die Vorschriften der Artikel 8und 9 Zollkodex einzelstaatliche Vorschriften nicht, nach denen eine Ent-scheidung aus Gründen unwirksam ist oder wird, die nicht unmittelbar dasZollrecht betreffen. Artikel 10 findet jedoch nur Anwendung auf begünsti-gende Entscheidungen, weil auch Artikel 8 und 9 Zollkodex sich nur aufbegünstigende Entscheidungen beziehen. Die von Friedrich vorgenommeneweite Interpretation, wonach die Vorschrift auch belastende Entscheidungeneinbezieht, ist abzulehnen, zumal es Friedrich an jeglicher Begründung ver-missen lässt199. Im Übrigen definiert der Zollkodex nicht selbst den Begriffder Unwirksamkeit, sondern das einzelstaatliche Recht bestimmt die Un-wirksamkeit200.

199 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 23.200 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 10, Rz. 4.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 125Nichtigkeit des Verwaltungsaktes

§ 125 regelt, wann ein Verwaltungsakt nichtig ist, nämlich dann, wenn er aneinem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständigerWürdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (Ab-satz 1).Darüber hinaus enthält Absatz 2 einen Katalog von Fällen, in denen Nich-tigkeit auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 eintritt.Dieser Katalog wird durch Absatz 3 wieder relativiert, der Beispielsfälleaufzählt, in denen nicht von einer Nichtigkeit auszugehen ist.Absatz 4 betrifft letztlich die Fälle, in denen die Nichtigkeit lediglich einenTeil des Verwaltungsaktes betrifft.Absatz 5 bestimmt, dass die Finanzbehörde die Nichtigkeit von Amts we-gen feststellen kann und dass sie auf Antrag festzustellen ist, wenn der An-tragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.Scherney201 hat sich intensiv mit der Frage auseinander gesetzt, nach wel-chen Rechtsgrundlagen sich die Nichtigkeit einer zollrechtlichen Entschei-dung beurteilt. Ausgehend von der oben unter § 124 Abgabenordnung ge-nannten Regelung des Artikels 10 Zollkodex untersucht er, ob nicht § 125Abgabenordnung in Verbindung mit § 124 Absatz 3 Abgabenordnung man-gels kodifizierter europarechtlicher Regelungen bezüglich der Nichtigkeiteines Verwaltungsaktes anwendbar sein könnte. Seiner Meinung nach wirddurch die Gegenüberstellung der Worte „ist“ und „wird“ in Artikel 10 Zoll-kodex „Artikel 8 und 9 Zollkodex berühren nicht einzelstaatliche Vorschrif-ten, nach denen eine Entscheidung aus Gründen unwirksam ist oder wird,die nicht unmittelbar das Zollrecht betreffen“ auf nationale Nichtigkeitsre-gelungen verwiesen. Denn aus der Formulierung „...eine Entscheidung un-wirksam...wird“ folge, dass die Entscheidung zunächst wirksam gewesensein muss. Als logische Konsequenz dazu müsse dann eine Entscheidung,die unwirksam ist, von vornherein unwirksam und damit nichtig sein.Diese Auslegung werde auch durch die Stellungnahme des Wirtschafts- undSozialausschusses zum Entwurf des Zollkodexes202 gestützt, der vorgeschla-gen hatte, von einer für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Regelung über

201 Scherney, Carsten: Die Änderung einer Entscheidung im Zollrecht, S. 17ff.202 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag für eine Ver-

ordnung (EWG) zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. EG, Nr. C60/91, S. 5ff.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Nichtigkeit, Rücknahme oder Widerruf zollrechtlicher Entscheidungen Ab-stand zu nehmen und es insoweit bei den mitgliedstaatlichen Regelungen zubelassen. Nach Scherney sind gemäß Artikel 10 Zollkodex nationaleRechtsvorschriften speziell auch in Bezug auf die Nichtigkeit von Verwal-tungsakten neben den Vorschriften des Zollkodexes anwendbar, sofern siekeine spezifisch zollrechtlichen Regelungen enthalten und nicht ein allge-meiner europäischer Rechtsgrundsatz, der die Nichtigkeit von Verwaltungs-akten regelt, vorrangig anwendbar ist.Scherney stellt sodann im Folgenden fest, dass es mangels Anerkennungdurch die Europäischen Gerichte keinen allgemeinen, die Nichtigkeit vonVerwaltungsakten regelnden europäischen Rechtsgrundsatz gebe, der natio-nalem Recht vorrangig wäre203. Die Abgabenordnung enthalte in § 125 inVerbindung mit § 124 Absatz 3 Nichtigkeitsregelungen in Bezug auf fehler-hafte Verwaltungsakte, die auch grundsätzlich auf zollrechtliche Entschei-dungen angewendet werden könnten204. Dies gelte auch dann, wenn die Tat-bestandsmerkmale der Artikel 8 und 9 Zollkodex ebenfalls erfüllt seien. Lä-gen die Voraussetzungen der Artikel 8 und 9 Zollkodex vor und billigte mandiesen Vorschriften einen Anwendungsvorrang zu, so berührten sie geradedurch ihren Vorrang nationale Nichtigkeitsregelungen, die trotz Vorliegender Tatbestandsvoraussetzungen nicht zur Anwendung gelangten, sondernverdrängt würden. Seien die Tatbestände der Artikel 8 und 9 Zollkodexnicht erfüllt, könnten sie die nationalen Vorschriften schon mangels Eingrei-fens nicht berühren.Scherney stellt zu Recht in diesem Zusammenhang abschließend fest, dassdie Regelung des Artikels 10 Zollkodex nur dann Sinn mache, wenn mannationalen Nichtigkeitsregelungen trotz Vorliegen der Tatbestandsvorausset-zungen der Artikel 8 und 9 Zollkodex Anwendungsvorrang einräume205.Anderenfalls würde der Hinweis auf einzelstaatliche Vorschriften ins Leeregehen.Da sich § 125 Abgabenordnung auf alle Verwaltungsakte bezieht und damiteine allgemein gültige Regelung darstellt und somit nicht speziell das Zoll-recht betrifft, ist bei Erlass einer zollrechtlichen Entscheidung durch deut-sche Zollbehörden die Rechtswirksamkeit der Entscheidung an § 125 Abga-benordnung zu messen. Bei Vorliegen eines in § 125 genannten Fehlers istdie Entscheidung nicht.

203 Scherney, a.a.O., (FN 201), S. 42.204 Scherney, a.a.O., (FN 201), S. 45.205 Scherney, a.a.O., (FN 201), S. 47.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Auch nach Alexander regeln die nationalen Nichtigkeitsregelungen nichtsspezifisch Zollrechtliches, denn auch bei schwerwiegenden und offenkundi-gen Verstößen einer Entscheidung gegen das Zollrecht beruht ihre Unwirk-samkeit nicht auf dem Zollrecht, sondern auf nationalen Bestimmungen206.Die Unwirksamkeit richte sich daher wie die Nichtigkeit einer Entscheidungnach den nationalen Vorschriften207.Im Falle, dass eine begünstigende Entscheidung unter offenkundiger undschwerer Missachtung des Zollrechts ergangen ist und folglich nach § 125Absatz 1 Abgabenordnung nichtig ist, bestehen nach Alexander folgendeMöglichkeiten:

a) Rücknahme der Entscheidung unter den Voraussetzungen des Arti-kels 8 Zollkodex,

b) Anfechtung der Entscheidung innerhalb der Rechtsbehelfsfristen,c) Feststellung der Nichtigkeit von Amts wegen oder auf Antrag ge-

mäß § 125 Absatz 5 Abgabenordnung

Damit stehen einer Anwendbarkeit des § 125 Abgabenordnung keinerleiBedenken entgegen.

§ 126Heilung von Verfahrens- und Formfehlern

§ 126 regelt die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern, die nicht denVerwaltungsakt nach § 125 Abgabenordnung nichtig machen.Der Unterschied zu den Vorschriften der Artikel 8 und 9 Zollkodex liegtdarin begründet, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sich nachihrem Wortlaut nur auf materiellrechtliche Mängel beziehen, während § 126Abgabenordnung Verfahrens- und Formfehler erfasst.Seiner weiteren Anwendung auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben stehen daher keine Bedenken entgegen.

206 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 10, Rz. 7.207 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 10, Rz. 5.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 127Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

§ 127 bestimmt, dass die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach§ 125 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er un-ter Verletzung von Verfahrens-, Form- oder Zuständigkeitsvorschriften zuStande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hättegetroffen werden können.Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Spezialvorschrift bleibt § 127 Ab-gabenordnung anwendbar.

§ 128Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes

§ 128 sieht die Voraussetzungen vor, unter denen ein fehlerhafter Verwal-tungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden kann.Da das Gemeinschaftsrecht die Möglichkeit der Umdeutung von Entschei-dungen nicht ausdrücklich geregelt hat, bleibt § 128 Abgabenordnung an-wendbar.

§ 129Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsaktes

§ 129 erlaubt es den Finanzbehörden, offenbare Unrichtigkeiten, die beimErlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit zu berichtigen.Das Gemeinschaftszollrecht enthält zwar keine gleich lautende Vorschriftfür die Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, doch gibt es im Zollkodex Vorschrif-ten, die der Anwendung des § 129 Abgabenordnung entgegenstehen. Sodürfen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, die nicht in der richtigen Höhe buch-mäßig erfasst worden sind, nach Artikel 220 Absatz 1 Zollkodex lediglichinnerhalb von 2 Tagen nach dem Tage mit dem Restbetrag buchmäßig er-fasst werden, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und inder Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen und denSchuldner zu bestimmen. Artikel 221 Absatz 3 Zollkodex bestimmt, dassdie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Ablauf von drei Jahren nach ihremEntstehen nicht mehr dem Zollschuldner mitgeteilt werden dürfen, es seidenn die Abgaben konnten wegen einer strafbaren Handlung nicht genauermittelt werden (Absatz 4).

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

115

Für den Bereich der Nacherhebung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist§ 129 Abgabenordnung daher durch die vorgenannten Gemeinschaftsrechts-bestimmungen überlagert208.Auch für den Bereich der Erstattung und des Erlasses von Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben ist § 129 Abgabenordnung durch Gemeinschaftsrecht überla-gert worden. Artikel 236 Absatz 2 Zollkodex sieht nämlich vor, dass Erlassund Erstattung von Einfuhrabgaben aus den dort genannten rechtlichenGründen auf Antrag oder von Amts wegen grundsätzlich nur innerhalb einerFrist von drei Jahren nach Mitteilung der Abgaben an den Zollschuldnerzulässig sind. Handelt es sich um eine Erstattung oder einen Erlass aus Bil-ligkeitsgründen nach Artikel 239 Zollkodex beläuft sich die Frist sogar aufnur zwölf Monate.Da jeder Erstattung bzw. jedem Erlass eine Änderung des Abgabenbeschei-des vorangehen muss, ist die Vorschrift des § 129 auch für diesen Bereichwegen der im Gemeinschaftsrecht enthaltenen Fristen nicht anwendbar.

§ 130Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes

§ 130 regelt die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes.Absatz 1 enthält eine „Generalbefugnis“, dass ein rechtswidriger Verwal-tungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweisemit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommenwerden kann.Absatz 2 enthält dann Einschränkungen der Rücknahmebefugnis für Ver-waltungsakte, die ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begrün-den oder bestätigen (so genannte begünstigende Verwaltungsakte). Danachbesteht eine Rücknahmemöglichkeit nur dann, wenn

- er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,- er durch unlautere Mittel wie arglistige Täuschung, Drohung oder

Bestechung erwirkt worden ist,- ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher

Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,

208 Kühn/Hofmann, AO, § 129 Anm. 1a; Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 220, Rz.11.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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- seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge gro-ber Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

Absatz 3 beschränkt die Rücknahmemöglichkeit auf einen Zeitraum voneinem Jahr seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von Tatsachen durch dieFinanzbehörde, die die Rücknahme rechtfertigen, es sei denn die Rücknah-me soll wegen arglistiger Täuschung, Drohung oder Bestechung des Betei-ligten erfolgen.Absatz 4 regelt letztlich, welche Behörde für die Entscheidung über dieRücknahme zuständig ist.Das Gemeinschaftsrecht enthält an verschiedenen Stellen Regelungen zurRücknahme von Entscheidungen. So sieht Artikel 8 Absatz 1 Zollkodex vor,dass eine begünstigende Entscheidung zurückgenommen wird, wenn sieaufgrund unrichtiger oder unvollständiger Tatsachen ergangen ist und demAntragsteller die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit bekannt war odervernünftigerweise hätte bekannt sein müssen und die Entscheidung aufgrundder richtigen und vollständigen Tatsachen nicht hätte ergehen dürfen.Artikel 8 Absatz 1 Zollkodex entspricht somit der Vorschrift des § 130 Ab-satz 2 Nrn. 2 und 3, so dass die nationalen Vorschriften verdrängt werden209.Artikel 8 Absatz 2 Zollkodex bestimmt, dass die Rücknahme der Entschei-dung den Personen bekanntgegeben wird, an die sie gerichtet war.Artikel 8 Absatz 3 Zollkodex regelt in Abweichung von § 130 Absatz 1 Ab-gabenordnung, dass die Rücknahme ab dem Zeitpunkt gilt, zu dem die zu-rückgenommene Entscheidung ergangen ist.Da Artikel 8 Zollkodex sich aber nur auf antragsgebundene begünstigendeEntscheidungen bezieht, bleibt es in anderen Fällen bei der Anwendung des§ 130 Absatz 1 Abgabenordnung. Durch die komplizierte und fehlerträchti-ge Abgrenzung von begünstigenden und nichtbegünstigenden Entscheidun-gen werden den Mitgliedstaaten zwar Möglichkeiten divergierender Voll-zugpraktiken eröffnet, eine Erweiterung der Anwendbarkeit des Zollkodexesauch auf belastende Entscheidungen muss jedoch dem Gesetzgeber überlas-sen bleiben210. Alexander weist darauf hin, dass im Zollkodex das allgemei-ne Abgaben- und Verwaltungsrecht, zu denen die Artikel 8 und 9 gehören,nur rudimentär kodifiziert worden sei, mithin gerade keine Gesamtregelunggewollt worden sei. Das ergebe sich aus der Entscheidungsgeschichte, nach

209 Kühn/Hofmann, AO, Vor §§ 130, 131, Anm. 3.210 Meesenburg, a.a.O., (FN 80), S. 79/80.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

117

der die im Kommissionsentwurf vom 21. März 1990211 geplante Gesamtre-gelung, die Korrekturentscheidungen jeder Art beschloss, nicht zum gelten-den Recht wurde212.Eine analoge Anwendung der Artikel 8 und 9 Zollkodex auf belastende Ent-scheidungen kommt nach Scherney nicht in Betracht, weil es an einer plan-widrigen ungewollten Regelungslücke fehle213. Gerade der Vergleich derVorschriften des Entwurfs des Zollkodexes, die eine umfassende sich auchauf belastende Entscheidungen erstreckende Regelungen enthielt, mit derendgültigen Fassung der Artikel 8 und 9 Zollkodex, die sich ausdrücklichnur auf begünstigende Entscheidungen beziehe, mache deutlich, dass eineentsprechende Regelung gerade nicht getroffen werden sollte214, um eine zustarke Kompetenzbeschneidung der Mitgliedstaaten zu vermeiden215.Nach Scherney kommt jedoch eine direkte Anwendung der nationalen Vor-schriften nicht zum Tragen. Vielmehr seien die allgemeinen europäischenRechtsgrundsätze einschlägig, wonach rechtswidrige belastende Verwal-tungsakte auf Grund des Prinzips der Gesetzmäßigkeit des Gemeinschafts-handelns grundsätzlich jederzeit rücknehmbar sind und auch rechtmäßigebelastende Verwaltungsakte geändert werden dürften, sofern die zuständigeBehörde nicht zum Erlass der belastenden Entscheidung verpflichtet war.Die nationalen Normen sind seiner Auffassung nach jedoch zur Konkretisie-rung der allgemeinen Grundsätze heranzuziehen216.Ob man nun von einer direkten oder indirekten Anwendung der nationalenVorschriften ausgeht, ist ein lediglich rechtsdogmatischer Streit. Im Ergebnisführen beide Auffassungen zur Anwendung der nationalen Vorschriften der§§ 130, 131 Abgabenordnung217.Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen sind auch nur auf zollrechtlicheEntscheidungen beschränkt. Liegt eine zollbehördliche Entscheidung vor,deren Ermächtigungsgrundlage im nationalen Recht liegt, wie z.B. bei Haf-tungsbescheiden nach §§ 69 und 71 Abgabenordnung, richten sich Rück-

211 ABl. EG 1990, Nr. C 128/1.212 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 8, Rz. 1; so auch Scherney, a.a.O., (FN 201), S.

124 mit Hinweis auf die teleologische Auslegung der Artikel 8 und 9 Zollkodex, wo-nach diese Normen nicht abschließend sein könnten.

213 Scherney, a.a.O., (FN 201), S. 126.214 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 8 Rz. 1.215 Meesenburg, a.a.O. (FN 80), S. 80.216 Scherney, a.a.O., (FN 201), S. 128.217 so auch Klein/Rüsken, AO, § 130 Rz. 16; A. A. Kühn/Hofmann, Vor §§ 130, 131,

Anm. 1 c.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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nahme und Widerruf nach Auffassung von Alexander nach nationalemRecht218.Das Gemeinschaftsrecht enthält im Gegensatz zum nationalen Recht keinezeitliche Begrenzung für die Rücknahme, so dass eine Anwendung des na-tionalen Rechts zu denken wäre. Nach Meesenburg219 dürfen nationale Vor-schriften jedoch nur ergänzend angewandt werden, wenn eine tatsächlicheergänzbare Lücke bestehen würde, das heißt wesentliche, regelungsbedürfti-ge Fragen im Bereich der Rücknahme von Entscheidungen offengebliebenwären. Die Voraussetzungen für einen Vertrauensschutz sind nach seinerMeinung in den Artikeln 8 und 9 Zollkodex aber so weitreichend bestimmt,dass von einer abgeschlossenen Regelung gesprochen werden müsse. EineBefristung der Rücknahme sei dabei nicht notwendigerweise Bestandteileiner umfassenden Regelung, so dass hier keine echte Regelungslücke vor-liege. Die gebotene Rechtssicherheit sei auch ohne Fristenregelung nochhinreichend gewährleistet. Entscheidungen, die auf Grund falscher Tatsa-chenannahmen ergangen seien, seien gemäß Artikel 8 Zollkodex grundsätz-lich ex tunc nicht zurücknehmbar. Dies gewährleiste ausreichend Rechtssi-cherheit. Die Regelungen der §§ 130 Absatz 3 und 131 Absatz 2 Satz 2 Ab-gabenordnung seien daher durch das Gemeinschaftsrecht überlagert220

Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Der Europäische Ge-richtshof hat nämlich entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht nationalenRechtsvorschriften nicht entgegenstehe, die bezüglich der Rückforderungeiner Beihilfe eine Frist vorsehen, solange die Rückforderung nicht prak-tisch unmöglich werde und die Gemeinschaftsinteressen nicht unberück-sichtigt bleiben221.Nach Alexander erfordert Artikel 8 Zollkodex in der Sichtweise des EuGHkeine zeitlich unbegrenzte Rücknahmemöglichkeit, so dass eine entspre-chende nationale Regelung bestehen bleiben könne, sofern die auf Gemein-schaftsrecht gestützte Rücknahme nicht anders behandelt werde als eine aufnationalem Recht beruhende Rücknahme222. Soweit Meesenburg sich aufAlexander in Witte, Zollkodex stützt, ist darauf hinzuweisen, dass Alexanderin der Tat noch in der zweiten Auflage des Kommentars zum Zollkodex einegegenteilige Auffassung vertrat.

218 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor. Art. 8, Rz. 4.219 Meesenburg, a.a.O., (FN 80), 90/91.220 Meesenburg, a.a.O.,(FN 80), S. 134.221 EuGH vom 20.9.1990, Rs C-5/89, EuGHE 1990, I-3437; vom 12.5.1998, Rs C-

366/95, EuGHE 1998, I-2661.222 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 8, Rz. 17.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

119

Die von Meesenburg ebenfalls angesprochene behördliche Praxis wird der-zeit einer Überprüfung unterworfen, als deren Ergebnis sich die ergänzendeAnwendung des § 130 Absatz 3 Abgabenordnung herausstellen könnte.Nach Scherney223 ist § 130 Absatz 3 Abgabenordnung aber nicht als vorran-gige Norm, sondern als Konkretisierung der als Ausprägung des allgemei-nen europäischen Vertrauensschutzgrundsatzes anerkannten Pflicht zur Ein-haltung einer angemessenen Änderungspflicht anwendbar.Die von Alexander und Scherney vertretene Auffassung bietet den Vorzug,dass sie zur Rechtssicherheit für die Beteiligten beiträgt. Nach Ablauf derim nationalen Recht vorgesehenen Frist kann der Beteiligte davon ausgehen,dass eine Rücknahme nicht mehr erfolgt.

Für den Bereich der verbindlichen Auskünfte enthält Artikel 12 Absatz 4Satz 2 Zollkodex eine Sonderregelung, nach der in Abweichung von Artikel8 Zollkodex eine verbindliche Auskunft zurückgenommen wird, wenn sieauf unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Antragstellers beruht. Esgelten daher geringere Voraussetzungen als für die Rücknahme sonstigerEntscheidungen im Zollbereich, weil die subjektive Komponente des Ken-nens oder Kennenmüssens der unrichtigen oder unvollständigen Tatsachenhier außer Betracht bleibt.Es liegt hier daher nur eine teilweise Überlagerung der nationalen Abgaben-ordnungsvorschriften durch das Gemeinschaftszollrecht vor.Aufgrund dieser teilweisen Überlagerung kommt auch Absatz 3 des§ 130 Abgabenordnung nur in den Fällen des Absatzes 2 zur Anwendung,die nicht der Überlagerung anheim fallen.

§ 131Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes

§ 131 Absatz 1 regelt die Fälle des Widerrufs eines rechtmäßigen belasten-den Verwaltungsaktes. Dieser kann, auch nachdem er unanfechtbar gewor-den ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden,außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werdenmüsste oder aus anderen Gründen auf Widerruf unzulässig ist.

223 Scherney, a.a.O., (FN 201). S. 128.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

120

Absatz 2 sieht vor, dass ein begünstigender Verwaltungsakt auch nach Un-anfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufenwerden darf, wenn

- der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwal-tungsakt vorbehalten ist,

- wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und derBegünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetztenFrist erfüllt hat,

- wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tat-sachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, undwenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.

Die Frist des § 130 Absatz 3 Abgabenordnung gilt entsprechend.Absatz 3 sieht vor, dass der widerrufene Verwaltungsakt mit dem Wirk-samwerden des Widerrufs unwirksam wird, wenn die Finanzbehörde keinenspäteren Zeitpunkt bestimmt.Absatz 4 regelt, welche Behörde für die Entscheidung über den Widerrufzuständig ist.Wie zu § 130 Abgabenordnung gibt es auch zu § 131 Abgabenordnung imGemeinschaftsrecht eine Reihe von Vorschriften, die die Vorschriften derAbgabenordnung verdrängen. So werden die Nrn. 1 und 3 des § 131 Absatz2 Satz 1 Abgabenordnung hinsichtlich begünstigender Entscheidungendurch Artikel 9 Absatz 1 Zollkodex verdrängt, der vorsieht, dass eine be-günstigende Entscheidung widerrufen oder geändert wird, wenn in anderenals den in Artikel 8 Zollkodex genannten Fällen eine oder mehrere Voraus-setzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind.Die Regelung des § 131 Absatz 2 Nr. 2 Abgabenordnung wird durch Artikel9 Absatz 2 Zollkodex überlagert, der bestimmt, dass eine begünstigendeEntscheidung widerrufen werden kann, wenn die Person, an die sie gerichtetist, einer ihr durch diese Entscheidung auferlegten Verpflichtung nicht nach-kommt. Aus den zu § 130 genannten Gründen gilt auch die Jahresfrist des§ 131 Absatz 2 Abgabenordnung weiter.Die Regelung über den Zeitpunkt der Wirksamkeit eines Widerrufes in§ 131 Absatz 3 Abgabenordnung wird, soweit es sich um einen begünstigtenVerwaltungsakt handelt, durch Artikel 9 Absatz 4 Zollkodex „ergänzt“.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 131 Absatz 3 Abgabenordnung regelt, dass der widerrufene Verwaltungs-akt grundsätzlich mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam wird.Demgegenüber regelt Artikel 9 Absatz 4 Zollkodex, wann der Widerrufwirksam wird, nämlich mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe.Beide Vorschriften schließen sich damit nicht aus, sondern sind nebeneinan-der anzuwenden. Der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung224, dass inso-fern eine Überlagerung vorliege, kann nicht zugestimmt werden.§ 131 Absatz 4 Abgabenordnung bleibt mangels einer Spezialregelung imGemeinschaftszollrecht auch weiterhin anwendbar.Als Durchführungsvorschrift zu Artikel 9 Zollkodex enthält Artikel 4ZKDVO eine ergänzende Regelung für den Bereich der Sicherheitsleistun-gen und nimmt hierzu auf Artikel 3 ZKDVO Bezug. Nach der letztgenann-ten Vorschrift wird eine Entscheidung im Bereich der Sicherheitsleistungen,die sich begünstigend für eine Person auswirkt, die sich verpflichtet hat, aufdie erste schriftliche Aufforderung der Zollbehörden hin die angefordertenBeträge zu zahlen, widerrufen, wenn der eingegangenen Verpflichtung nichtnachgekommen wird. Dieser Widerruf gilt nach Artikel 4 ZKDVO nicht fürWaren, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs der Bewilli-gung aufgrund der widerrufenen Bewilligung bereits in das Verfahren über-geführt worden sind. Weitere Spezialregelungen für einen Widerruf im Ge-meinschaftsrecht finden sich in den Artikeln 261, 265, 270 ZKDVO.Auch hier ist zu beachten, dass Artikel 9 Zollkodex sich nur auf antragsge-bundene Entscheidungen bezieht, so dass in anderen Fällen § 131 Absatz 1Abgabenordnung anwendbar bleibt.

§ 132Rücknahme, Widerruf, Aufhebung und Änderung

im Rechtsbehelfsverfahren§ 132 bestimmt, dass die Vorschriften über Rücknahme, Widerruf, Aufhe-bung und Änderung von Verwaltungsakten auch im Einspruchsverfahrenund im Finanzverfahren gelten.Das Gemeinschaftszollrecht enthält hierzu keine entsprechende Vorschrift,so dass § 132 Abgabenordnung auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben Anwendung findet.

224 Anmerkung zu § 131 Abgabenordnung Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwal-tung S 0101.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

122

Das ist insofern auch konsequent, weil für das Rechtsbehelfsverfahren dasGemeinschaftsrecht selbst keine Einzelheiten regelt, sondern mit seinemArtikel 245 Zollkodex auf die nationalen Vorschriften verweist.

§ 133Rückgabe von Urkunden und Sachen

§ 133 gibt der Finanzbehörde die Befugnis, alle aufgrund eines widerrufe-nen oder zurückgenommenen oder sonst unwirksamen Verwaltungsakteserteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus demVerwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückzufordern,und sei es auch nur vorübergehend zur Kennzeichnung als ungültig.Das Gemeinschaftszollrecht kennt keine diesbezügliche Regelung, obwohlauch im Zollbereich eine Anwendung denkbar ist, z.B. bei Widerruf einerZahlungsaufschubbewilligung, wobei dem Aufschubnehmer ein so genann-ter Aufschubnehmerausweis übergeben worden war.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

123

4 VIERTER TEIL

DURCHFÜHRUNG DER BESTEUERUNG4. Vierter Teil Durchführung der Besteuerung

4.1 ERSTER ABSCHNITT

Erfassung der Steuerpflichtigen4.1 Erster Abschnitt Erfassung der Steuerpflichtigen

4.1.1 1. UnterabschnittPersonenstands- und Betriebsaufnahme

4.1.1 1. Unterabschnitt Personenstands- und Betriebsaufnahme

§ 134Personenstands- und Betriebsaufnahme

§ 135Mitwirkungspflicht bei der Personenstands- und Betriebsaufnahme

§ 136Änderungsmitteilungen für die Personenstandsaufnahme

§ 134 bis 136 regeln die Personenstands- und Betriebsaufnahme zur Erfas-sung der Steuerpflichtigen.Diese Vorschriften der Abgabenordnung sind für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben gegenstandslos, weil es in diesem Bereich keine sy-stematische Erfassung von Steuerpflichtigen gibt.

4.1.2 2. UnterabschnittAnzeigepflichten

4.1.2 2. Unterabschnitt Anzeigepflichten

§ 137Steuerliche Erfassung von Körperschaften, Vereinigungen

und Vermögensmassen§ 138

Anzeigen über die Erwerbstätigkeit§ 139

Anmeldung von Betrieben in besonderen Fällen§ 137 bis 139 regeln die Anzeigepflichten, die eingehalten werden müssen,um Steuern vom Einkommen und Vermögen ermitteln zu können.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

124

Die Vorschriften sind daher für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben bedeutungslos.

4.2 ZWEITER ABSCHNITT

Mitwirkungspflichten4.2. Zweiter Abschnitt Mitwirkungspflichten

4.2.1 1 UnterabschnittFührung von Büchern und Aufzeichnungen

4.2.1 1. Unterabschnitt Führung von Büchern und Aufzeichnungen

§ 140Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen

§ 141Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtige

§ 142Ergänzende Vorschriften für Land- und Forstwirte

§ 143Aufzeichnung des Wareneingangs

§ 144Aufzeichnung des Warenausgangs

§ 145Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen

§ 146Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen

§ 140 bis 146 enthalten Vorschriften für die Führung von Büchern und Auf-zeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind.§ 140 ist für den Bereich der gemeinschaftsrechtlich geschuldeten Einfuhr-und Ausfuhrabgaben ohne Bedeutung, weil darin nur Bücher und Aufzeich-nungen nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen angesprochen wer-den, es sich beim Zollkodex jedoch um ein Steuergesetz handelt.§ 141 regelt den Personenkreis, der der Buchführungs- und Aufzeichnungs-pflicht unterliegt, nämlich Gewerbliche Unternehmer sowie Land- undForstwirte, soweit sie einen bestimmten in § 141 Absatz 1 AbgabenordnungMindestumsatz haben.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

125

Diese allgemeine Regelung wird für Land- und Forstwirte in § 142 Abga-benordnung durch die Pflicht zur Führung eines Anbauverzeichnisses er-weitert.§ 143 und § 144 Abgabenordnung regeln die Aufzeichnung des Warenein-gangs und Warenausgangs.§ 145 Abgabenordnung stellt das allgemeine Erfordernis auf, dass die Buch-führung so beschaffen sein muss, dass sie einem sachverständigen Dritteninnerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle undüber die Lage des Unternehmens vermitteln kann.§ 146 Abgabenordnung enthält letztlich Ordnungsvorschriften für die Buch-führung und für Aufzeichnungen.Die vorgenannten Vorschriften haben keinen unmittelbaren Bezug zum Be-reich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben. Sie werden aber auch nicht durchgemeinschaftszollrechtliche Bestimmungen verdrängt, sondern gelten fürzollbeteiligte Wirtschaftsunternehmen neben den Vorschriften im Gemein-schaftszollrecht, die Aufzeichnungspflichten enthalten.So sieht Artikel 105 Zollkodex beispielsweise vor, dass über alle in dasZolllagerverfahren übergeführten Waren Bestandsaufzeichnungen zu führensind und Artikel 528ff. ZKDVO regelt hierzu im Einzelnen, welche Anga-ben in diesen Bestandsaufzeichnungen enthalten sein müssen. In den Fällen,in denen der Zollbeteiligte eine Privatperson ist, die ansonsten nicht denBuchführungs- und Aufzeichnungspflichten unterliegt, ergibt sich diePflicht, den Zollbehörden alle vorhandenen Unterlagen zu übergeben ledig-lich aus Artikel 14 Zollkodex, der vorsieht, dass alle Personen, die an Vor-gängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, den Zollbehörden alleUnterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen zu haben.

§ 147Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen

§ 147 stellt Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagenauf.Absatz 1 nennt zunächst die Unterlagen, auf die diese Vorschrift anzuwen-den ist, nämlich

1. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lagebe-richte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erfor-

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

126

derlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterla-gen,

2. die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe3. Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe4. Buchungsbelege5. sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung

sind.

Diese Regelung gilt auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, so-weit der Einführer ein wirtschaftliches Unternehmen ist. Denn in diesemFall muss er die hier genannten Unterlagen auch für Zwecke der Besteue-rung bereithalten.Absatz 2 beinhaltet die Befugnis, die Unterlagen mit Ausnahme der Jahres-abschlüsse und der Eröffnungsbilanz auf Datenträger aufzubewahren.Auch diese Vorschrift findet für den Einführer Anwendung.Nach Henke/Huchatz225 werden § 147 die Absätze 1 und 2 Abgabenordnungjedoch überlagert, weil Artikel 14 und 16 Zollkodex als Ordnungsvor-schriften für die Aufbewahrung von Unterlagen grundsätzlich eine Vollre-gelung darstellten. Sie verkennen jedoch hierbei, dass die gemeinschafts-rechtlichen Regelung wegen des geringeren Regelungsgehaltes einer Lük-kenfüllung durch das nationale Recht bedürfen, damit der Wirtschaftsbetei-ligte weiß, welche Unterlagen genau er aufzubewahren hat. Denn weder Ar-tikel 14 noch Artikel 16 Zollkodex benennen die aufzubewahrenden Unter-lagen im Einzelnen.§ 147 Absatz 3 Satz 1 bestimmt, dass die in § 147 Absatz 1 Nrn. 1 und 4genannten Unterlagen zehn Jahre, die übrigen Unterlagen sechs Jahre auf-zubewahren sind.Hinsichtlich der Aufbewahrungsfristen enthält das Gemeinschaftszollrechtzwar eine gesonderte Regelung; diese stellt jedoch keine Überlagerung dernationalen Vorschriften dar. Artikel 16 Zollkodex bestimmt nämlich, dasssich die Aufbewahrungsfrist nach den geltenden Vorschriften richtet, minde-stens aber drei Kalenderjahre betrifft. Da die geltenden nationalen Vor-schriften jedoch eine längere Aufbewahrungsfrist enthalten, bleiben diesevoll anwendbar.

225 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 266.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

127

§ 147 Absatz 3 Satz 2 Abgabenordnung sieht vor, dass kürzere Fristen nachaußensteuerlichen Gesetzen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt lassen.Zwar nennt Artikel 16 Zollkodex eine Aufbewahrungsfrist von drei Jahren;doch handelt es sich hierbei um eine Mindestfrist, die nur dann gilt, wenn inanderweitigen Rechtsvorschriften kürzere Fristen vorgesehen sind.Artikel 16 Unterabsatz 2 Zollkodex sieht eine Fristverlängerung im Rahmeneiner Nacherhebung von Einfuhrabgaben bis zu dem Zeitpunkt vor, der esermöglicht, die ursprüngliche buchmäßige Erfassung zu berichtigen oder zuüberprüfen.Insofern wird die in der Abgabenordnung vorgesehene Frist verlängert. Daes sich somit nicht um einen Fall einer Fristverkürzung handelt, ist die Auf-fassung der Bundesfinanzverwaltung226, § 147 Absatz 3 Satz 2 werde durchArtikel 16 Unterabsatz 2 Zollkodex überlagert, unzutreffend227.Nach Absatz 4 beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Schluss des Kalen-derjahres , in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar,die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt,der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oderder Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommenworden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.Das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht enthält in seinem Artikel 16 Unterab-satz 1 Satz 2 Zollkodex detaillierte Vorschriften, wann die Aufbewahrungs-frist für welche Waren beginnt. Grundsätzlich beginnt die Frist bei Waren,die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden sollen oder diezur Ausfuhr angemeldet werden, mit dem Ende des Jahres, in dem die An-meldung zum zollrechtlich freien Verkehr oder zur Ausfuhr angenommenworden ist. Bei Waren, die aufgrund ihrer Verwendung zu besonderenZwecken zu einem ermäßigten Abgabensatz oder abgabenfrei in den zoll-rechtlich freien Verkehr übergeführt werden, beginnt die Frist mit dem Endedes Jahres, in dem die zollamtliche Überwachung endet. Handelt es sich umWaren, die in ein anderes Zollverfahrenübergeführt werden, beginnt dieFrist mit dem Ende des Jahres, in dem das betreffende Zollverfahren beendetwird. Im Falle von Waren, die in eine Freizone oder ein Freilager verbrachtwerden, beginnt die Frist mit dem Ende des Jahres, in dem die Waren dasbetreffende Unternehmen verlassen.

226 Anmerkung zu § 147 Absatz 3 Abgabenordnung Vorschriftensammlung Bundesfi-nanzverwaltung S 0101.

227 so auch Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 16, Rz. 4.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben liegt somit eine vollstän-dige Überlagerung des § 147 Absatz 4 Abgabenordnung vor.§ 147 Absatz 5 Abgabenordnung verpflichtet den Beteiligten, Unterlagen,die auf Bildträgern oder anderen Datenträgern vorgelegt werden, auf seineKosten lesbar zu machen.Diese Regelung wird von Artikel 14 Zollkodex für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben überlagert, nach dem die Beteiligten alle Unterlagenund Angaben den Zollbehörden zur Verfügung zu stellen und jede erforder-liche Unterstützung zu gewähren haben.Diese Unterstützungsleistung umfasst insbesondere auch, dass der Beteiligtedie Unterlagen lesbar macht, die Unterlagen ganz oder teilweise ausdrucktoder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beibringt.§ 147 Absatz 6 Abgabenordnung gibt der Finanzbehörde die Befugnis, imRahmen einer Außenprüfung Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmenund das Datenverarbeitungs-System zur Prüfung dieser Unterlagen zu nuten.Darüber hinaus kann sie verlangen, dass die Daten maschinell ausgewertetwerden oder ihr auf einem maschinell auswertbaren Datenträger zur Verfü-gung gestellt werden.Auch diese Regelung wird von der allgemeinen Pflicht zur Unterstützungnach Artikel 14 Zollkodex überlagert.

§ 148Bewilligung von Erleichterungen

§ 148 sieht vor, dass die Finanzbehörden hinsichtlich der Buchführungs-,Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Erleichterungen bewilligenkönnen, wenn anderenfalls die Einhaltung der Pflichten Härten mit sichbringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigtwird.Da diese Vorschrift direkt an die zuvor genannten Buchführungs-, Aufzeich-nungs- und Aufbewahrungspflichten anknüpft, versteht es sich von selbst,dass sie nur dort Anwendung findet, wo das Gemeinschaftsrecht keine ab-schließende Regelung dieser Pflichten enthält.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

129

4.2.2 2. UnterabschnittSteuererklärungen

4.2.2 2. Unterabschnitt Steuererklärungen

§ 149Abgabe der Steuererklärungen

§ 149 bestimmt, wer zur Abgaben einer Steuererklärung verpflichtet ist(Absatz 1) und wann diese Erklärungen abzugeben sind (Absatz 2).Hinsichtlich des § 149 Absatz 1 Satz 1 ist zu beachten, dass die dort ent-haltene Regelung zwar so allgemein gefasst ist, dass hierunter auch die Re-gelungen im Gemeinschaftszollrecht zur Abgabe einer Zollanmeldung(Zölle sind Steuern im Sinne der Abgabenordnung nach § 3 Absatz 1 Abga-benordnung) zu subsumieren sind. Es soll hierbei aber nicht unerwähnt blei-ben, dass für den Fall, dass man eine Überlagerung verneint, zu der rechtlich„unglücklichen“ Gestaltung kommt, dass das im Rang niedrigere nationaleRecht die Anwendung des höherrangigen Gemeinschaftsrechts anordnet.Die Sätze 2 und 3 von Absatz 1 werden jedoch durch Gemeinschaftszoll-recht vollständig überlagert, weil das Zollrecht abschließend regelt, wanneine Zollanmeldung abzugeben ist. Artikel 59 Zollkodex bestimmt alsGrundnorm, dass alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werdensollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden sind.Diese Vorschrift wird ergänzt durch Regelungen über die Abgaben einersummarischen Anmeldung, die abzugeben ist, sobald die Waren gestelltworden sind (Artikel 43 Zollkodex).Satz 4, wonach die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung auchbestehen bleibt, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen ge-schätzt hat, bleibt auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben an-wendbar, weil auch das Gemeinschaftszollrecht eine Schätzung der Besteue-rungsgrundlagen (Zollwert) in Artikel 31 Zollkodex kennt (vgl. die Ausfüh-rungen zu § 162 Abgabenordnung).Absatz 2 Satz 1 ist für den Bereich des Zollrechts gegenstandslos, weilZollanmeldungen warenbezogen und nicht zeitbezogen sind.Ebenfalls keine Bedeutung für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben hat Absatz 2 Satz 2, da diese Regelung nur Gewinne aus Land- undForstwirtschaft betrifft.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 150Form und Inhalt der Steuererklärungen

§ 150 regelt im Einzelnen die Form und den Inhalt der Steuererklärungen.Nach Absatz 1 Satz 1 sind diese Erklärungen nach amtlich vorgeschriebe-nem Vordruck abzugeben; Satz 2 regelt, dass § 87a nur anwendbar ist, so-weit auf Grund eines Gesetzes oder einer nach Absatz 6 erlassenen Rechts-verordnung die Steuererklärung auf maschinell verwertbaren Datenträgernoder durch Datenübertragung übermittelt werden darf.Satz 3 bestimmt, dass der Steuerpflichtige in der Steuererklärung die Steuerselbst zu berechnen hat, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist.Absatz 1 Sätze 1 und 2 sind vollständig durch Artikel 61 und Artikel 62Zollkodex überlagert, der für den Zollbereich die Einzelheiten der Abgabeneiner Zollanmeldung regelt. Danach sind die Zollanmeldungen schriftlich,mündlich oder konkludent oder mit Mitteln der Datenverarbeitung zu er-stellen. Artikel 62 Zollkodex bestimmt im weiteren, dass schriftliche Zol-lanmeldungen auf einem Vordruck abzugeben sind, der dem amtlichen Mu-ster entspricht. Das ist nach Artikel 205 ZKDVO das Einheitspapier.Satz 3 ist für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gegenstandslos,weil in diesem Bereich keine gesetzliche Verpflichtung zur Selbstberech-nung besteht.§ 150 Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung ist für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben vollständig überlagert durch Artikel 199 Absatz 1ZKDVO, wonach die Abgabe einer vom Anmelder oder von seinem Vertre-ter unterzeichneten Zollanmeldung bei einer Zollstelle als Verpflichtunggemäß den Vorschriften über die Richtigkeit der in der Zollanmeldung ent-haltenen Angaben anzusehen ist.Zu § 150 Absatz 2 Satz 2, wonach der Steuerpflichtige die Wahrheitsmä-ßigkeit seiner Angaben im Vordruck schriftlich zu versichern hat, wenn derVordruck dies vorsieht. ist darauf hinzuweisen, dass lediglich der Vordruck„Anmeldung der Angaben über den Zollwert D.V. l1“ (Anhang 28 zurZKDVO) den „Wichtigen Hinweis“ enthält, dass der Zollwertanmelder mitder Unterzeichnung und Vorlage der Anmeldung die Verantwortung für dieRichtigkeit der Angaben übernimmt. Insofern findet eine Überlagerungdurch das Gemeinschaftsrecht statt, während in den sonstigen Fällen derAbgabe einer Zollanmeldung Artikel 199 ZKDVO Anwendung findet.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 150 Absatz 3 geht von der Prämisse aus, dass Steuergesetze anordnen,dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreibenhat.Das Gemeinschaftszollrecht kennt eine derartige Verpflichtung nicht, sodass die Vorschrift für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gegen-standslos ist.§ 150 Absatz 4 Satz 1 normiert die Pflicht des Steuerpflichtigen, alle Un-terlagen beizufügen, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. DieseVorschrift wird konkretisiert durch Artikel 62 Absatz 2 Zollkodex, nach derden Anmeldungen alle Unterlagen beizufügen sind, deren Vorlage zur An-wendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren ange-meldet werden, erforderlich ist. Die Artikel 218ff. ZKDVO geben hierfürDurchführungsvorschriften und stellen im Einzelnen klar, welche Unterla-gen tatsächlich beizufügen sind (z.B. Rechnungen, Zollwertanmeldungen,Präferenzpapiere, Beförderungspapiere, Packlisten).§ 150 Absatz 4 Satz 2, der dritte Personen verpflichtet, hierfür erforderlicheBescheinigungen auszustellen, wird durch Artikel 14 Zollkodex überlagert,wonach alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängen imRahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, den Zollbehörden alle Unterlagenund Angaben zur Verfügung zu stellen haben.§ 150 Absatz 5 Satz 1 Abgabenordnung befugt die Finanzbehörden in ihreVordrucke der Steuererklärung Fragen aufzunehmen, die zum Zwecke derStatistik erforderlich sind.§ 150 Absatz 5 Satz 2 erlaubt die Abfrage von Auskünften zur Durchfüh-rung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und Satz 3 erklärt, dass dieFinanzbehörde bei der Überprüfung dieser Angaben dieselben Befugnissehaben wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhält-nisse. Diese Regelungen des Absatz 5 werden vollständig überlagert durchArtikel 216 in Verbindung mit Anhang 37 ZKDVO, der den Zollbehördenexakt vorgibt, welche Angaben des Zollanmeldungsvordrucks für welchesZollverfahren abzugeben sind.Die Auffassung der Bundesfinanzverwaltung228, dass nur § 150 Absatz 5Satz 1 Abgabenordnung durch Artikel 216 ZKDVO überlagert werde, istdaher unzutreffend.

228 Anmerkung zu § 150 Absatz 4 Abgabenordnung Vorschriftensammlung Bundesfi-nanzverwaltung S 0101.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 150 Absatz 6 regelt die Übermittlung von Steuererklärungen und sonsti-gen Daten auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenfern-übertragung. Hierzu soll das Bundesministerium der Finanzen durchRechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Einzelheitenregeln, wobei es der Zustimmung des Bundesrates allerdings nicht bedarf,soweit Verbrauchsteuern mit Ausnahme der Biersteuer betroffen sind.Diese Vorschrift wird überlagert durch Artikel 61 Buchstabe b Zollkodex,der vorsieht, dass die Zollanmeldung mit Mitteln der Datenvereinbarungabgegeben werden, wenn diese Möglichkeit in nach dem Ausschussverfah-ren erlassenen Vorschriften vorgesehen ist oder von den Zollbehörden be-willigt wird.Artikel 222 bis 224 ZKDVO regeln die näheren Voraussetzungen zur Abga-be der Zollanmeldung unter Einsatz von Datenvereinbarung.Die deutsche Zollverwaltung hat von dieser Ermächtigung durch die Ent-wicklung des ATLAS-Systems Gebrauch gemacht. Dieses AutomatisierteTarifierungs- und Lokale Zollabwicklungs-System soll bei voller Funktions-fähigkeit sowohl einen elektronischen Zolltarif als auch die Möglichkeitbeinhalten, dass Beteiligte ihre Zollanmeldungen durch Datenfernübertra-gung abgeben und im Anschluss daran ihren Abgabenbescheid auch aufelektronischem Wege erhalten.

§ 151Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle

§ 151 sehen als Ausnahme vor, dass eine Steuererklärung mündlich zur Nie-derschrift bei der zuständigen Finanzbehörde erklärt werden kann, wenn dieSchriftform dem Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden kann.Diese Vorschrift ist vollständig überlagert durch die Artikel 61 Zollkodexund 205ff. sowie 253ff. ZKDVO. Insbesondere sehen die Artikel 225 bis229 ZKDVO die Abgabe einer mündlichen Zollanmeldung für eine Vielzahlvon Fällen vor, jedoch jeweils abhängig von der Art der Waren.

§ 152Verspätungszuschlag

§ 152 sieht vor, dass gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabeeiner Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspä-tungszuschlag festgesetzt werden kann.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

133

Die näheren Einzelheiten regeln dann die Absätze 2 bis 5.Das Gemeinschaftszollrecht selbst enthält keine vergleichbare Regelung, diedie Vorschrift der Abgabenordnung überlagern könnte.Gleichwohl findet § 152 Abgabenordnung für gemeinschaftsrechtlich ge-schuldete Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keine Anwendung. Das gemein-schaftsrechtliche Zollrecht regelt abschließend die Abgabenentstehungstat-bestände229. Eine Anwendung wäre auch zollsystemwidrig, weil nach demGemeinschaftszollrecht (Artikel 204 Zollkodex) eine Einfuhrabgaben-schuld entsteht, wenn eine zollschuld-relevante Pflichtverletzung vorliegt,wie zum Beispiel die nicht fristgerechte Abgabe einer Anmeldung230.Der in § 152 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung normierte Tatbestand löstdamit für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keinen Zuschlag,sondern die Abgabenschuld als solche aus. Wenn allerdings bereits durchdie verspätete Abgabe einer Zollanmeldung im vereinfachten Anmeldever-fahren eine Zollschuld entstanden ist, kann durch die verspätete Abgabe derergänzenden Anmeldung keine weitere Zollschuld mehr entstehen. In die-sem Fall wäre die Erhebung des Zuschlags gerechtfertigt.

§ 153Berichtigung von Erklärungen

§ 153 Absatz 1 enthält die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, eine vonihm abgegebene Steuererklärung vor Ablauf der Festsetzungsfrist zu berich-tigen, wenn er erkennt, dass diese unrichtig oder unvollständig ist und dasses dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits ge-kommen ist oder dass eine durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steu-erstemplern zu entrichtende Steuer nicht in der richtigen Höhe entrichtetworden ist.Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine dem Absatz 1 entsprechende Re-gelung, so dass die Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben Anwendung findet.Nach Absatz 2 besteht die Anzeigepflicht ferner, wenn die Voraussetzungenfür eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünsti-gung nachträglich ganz oder teilweise wegfallen.

229 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 231.230 Dorsch/Lichtenberg, Zollrecht, Artikel 204 Rz. 2.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine unmittelbar entsprechende Rege-lung. Artikel 199 ZKDVO sieht jedoch vor, dass die Abgabe einer unter-zeichneten Zollanmeldung als Verpflichtung gemäß den Vorschriften überdie Richtigkeit der in der Zollanmeldung enthaltenen Angaben gilt.Man könnte daher aus dieser Vorschrift herauslesen, dass der Zollanmelderverpflichtet ist, alle erheblichen Angaben in der Zollanmeldung von sich auszu ändern, wenn er feststellt, dass diese nicht mehr der Richtigkeit entspre-chen, unabhängig davon, ob es sich um eine Voraussetzung für eine Zollbe-freiung oder Zollermäßigung handelt. Eine derartige Auslegung ist mit Sinnund Zweck der Vorschrift des Artikel 199 ZKDVO auch vereinbar, weil die-se ins Leere laufen würde, wenn der Zollanmelder nicht zu einer entspre-chenden Änderung verpflichtet wäre231.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung232 liegt jedoch keineumfassende Überlagerung dieser Vorschrift durch Artikel 87 Absatz 2 Zoll-kodex vor, weil Artikel 87 Absatz 2 Zollkodex lediglich den Sonderfall derNichterhebungsverfahren und Verfahren mit wirtschaftlicher Bedeutungnach Artikel 84 Zollkodex betrifft und sich nur auf im Rahmen dieser Ver-fahren erteilte Bewilligungen bezieht.Absatz 3 betrifft den Fall der beabsichtigten zweckwidrigen Verwendung.Der Steuerpflichtige hat diese vorher der Finanzbehörde anzuzeigen.Für Waren, die aufgrund ihrer Verwendung zu besonderen Zwecken zu ei-nem ermäßigten Einfuhrabgabensatz oder abgabenfrei in den zollrechtlichfreien Verkehr übergeführt werden, sieht Artikel 82 Zollkodex vor, dass die-se unter zollamtliche Überwachung bleiben. Hierbei handelt es sich um ei-nen Unterfall des Zollverfahrens „Überführung in den freien Verkehr“.Wird die beabsichtigte besondere Verwendung nicht mehr erreicht, führtdies grundsätzlich zur Entstehung der Zollschuld nach Artikel 204 Absatz 1Zollkodex233.Während § 153 Absatz 3 Abgabenordnung somit lediglich eine Pflicht zurBerichtigung der Steuererklärung beinhaltet, sieht das Gemeinschaftszoll-recht eine unmittelbare Zollschuldentstehung vor.§ 153 Absatz 3 wird somit durch die Gemeinschaftszollvorschrift des Arti-kels 82 Zollkodex verdrängt.

231 im Ergebnis so auch Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 266.232 Anmerkung zu § 153 Absatz 2 Abgabenordnung Vorschriftensammlung Bundesfi-

nanzverwaltung S 0101.233 Dorsch/Lux, Zollrecht, Artikel 82, Rz. 65.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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4.2.3 3. UnterabschnittKontenwahrheit

4.2.3 3. Unterabschnitt Kontenwahrheit

§ 154Kontenwahrheit

§ 154 bestimmt in seinem Absatz 1, dass niemand auf einen falschen odererdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto errichten oder Bu-chungen vornehmen lassen, Wertsachen in Verwahrung geben oder verpfän-den oder sich ein Schließfach geben lassen darf.Für diese Regelung sowie die Folgeregelungen der Absätze 2 und 3 gibt esim Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keinen Anwendungsbereich.

4.3 DRITTER ABSCHNITT

Festsetzungs- und Feststellungsverfahren4.3 Dritter Abschnitt Festsetzungs- und Feststellungsverfahren

4.3.1 1. UnterabschnittSteuerfestsetzung

4.3.1 1. Unterabschnitt Steuerfestsetzung

4.3.1.1 I. Allgemeine Vorschriften4.3.1.1 I. Allgemeine Vorschriften

§ 155Steuerfestsetzung

§ 155 Absatz 1 Satz 1 bestimmt, dass die Steuern, soweit nichts anderesvorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetztwerden.Satz 2 regelt, dass der Steuerbescheid der nach § 122 Absatz 1 Abgaben-ordnung bekannt gegebene Verwaltungsakt ist.Diese beiden Regelungen finden über Artikel 217 Absatz 1 Zollkodex sowieüber 221 Absatz 1 Zollkodex Anwendung.Artikel 217 Absatz 1 bestimmt, dass der Abgabenbetrag bei Vorliegen dererforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücheroder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eingetragen wird.Nach Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex ist der Abgabenbetrag dem Zoll-schuldner in geeigneter Form mitzuteilen ist, sobald der Betrag buchmäßigerfasst worden ist.

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Diese in Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex nicht näher definierte „geeigneteForm“ wird auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben spezifi-ziert als der Steuerbescheid nach § 155 Absatz 1 Abgabenordnung.Nach § 155 Absatz 1 Satz 3 Abgabenordnung gelten die Regelungen derSätze 1 und 2 auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuerund für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.Die von der Bundesfinanzverwaltung in ihrer Anmerkung zu § 155 Absatz1234 zum Ausdruck gekommene Auffassung, dass Satz 3 durch Artikel 217Absatz 1 und Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex hinsichtlich der teilweisenFreistellung überlagert werde, erscheint hier nicht nachvollziehbar. Sicherist es zutreffend, dass nach den gemeinschaftsrechtlichen Zollvorschrifteneine Mitteilung der Abgaben nur für die Abgaben in Frage kommt, die auchbuchmäßig erfasst worden sind. Ist nur ein Teil der Abgaben buchmäßigerfasst worden, so gilt für sie das oben genannte entsprechend, das heißt,diese Abgaben werden nach Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex dem Abgaben-schuldner in geeigneter Form, also durch Steuerbescheid nach § 155 Absatz1 Abgabenordnung, mitgeteilt. Für die nichtbuchmäßig erfassten Abgaben,deren buchmäßige Erfassung der Abgabenschuldner – aus welchen Gründenauch immer – begehrte, gelten die gemeinschaftsrechtlichen Zollvorschrif-ten ohnehin nicht, so dass auch in diesem Fall ein Bescheid nach § 155 Ab-satz 1 Satz 3 ergehen müsste.Der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung kann daher nicht gefolgt wer-den.§ 155 Absatz 2 sieht vor, dass ein Steuerbescheid auch erlassen werdenkann, wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.Da das Gemeinschaftszollrecht eine entsprechende Regelung nicht kennt,wäre diese Vorschrift an sich auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben anwendbar.Nach Auffassung von Tipke235 hätte die Vorschrift abstrakter lauten müssen,dass ein Folgebescheid erlassen werden kann, auch wenn der Grundlagen-bescheid noch nicht erlassen wurde. Unter Zugrundelegung dieser weiterenAuslegung bestehen keine Bedenken, die Vorschrift auch im Zollbereichanzuwenden, weil Folgebescheid beispielsweise auch ein Feststellungsbe-scheid sein kann236, der auch im Zollrecht ergehen kann.

234 Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung S 0101.235 Tipke, AO,. § 155 Rz. 23.236 siehe FN 235.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 155 Absatz 3 regelt den Erlass von Steuerbescheiden im Falle der Ge-samtschuld. Diese Vorschrift findet auch im Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben Anwendung, weil im Gemeinschaftszollrecht in Artikel 213Zollkodex nur geregelt ist, dass mehrere Zollschuldner gesamtschuldnerischden Abgabenbetrag schulden, ohne nähere Einzelheiten zu dieser Gesamt-schuld zu bestimmen.§ 155 Absatz 4 bestimmt, dass die für die Steuerfestsetzung geltenden Vor-schriften auch auf die Festsetzung einer Steuervergütung anzuwenden sind.Da es im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keine Vergütungen gibt,die dem Wesen der Steuervergütung nach der Abgabenordnung entspricht,ist die Vorschrift für diesen Bereich gegenstandslos.Zwar enthält § 169 Absatz 2 eine Regelung über die Festsetzungsfrist vonZollvergütungen.Dieser Begriff ist jedoch insofern obsolet geworden, als der Bereich der ge-meinschaftsrechtlichen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben durch den Zollkodexweitgehend geregelt worden ist und es nunmehr nur den Begriff der Erstat-tung oder des Erlasses der gemeinschaftsrechtlich geschuldeten Einfuhr- undAusfuhrabgaben gibt.Dieser Bereich ist jedoch durch die Vorschriften der Artikel 236ff. Zollko-dex vollständig harmonisiert worden.

§ 156Absehen von der Steuerfestsetzung

§ 156 Absatz 1 Abgabenordnung gibt der Finanzbehörde die Befugnis,durch Rechtsverordnung zu regeln, dass Abgaben unterhalb einer Mindest-höhe (10 Euro) nicht festgesetzt werden.Diese Regelung wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenvollständig durch den Zollkodex überlagert. Hinsichtlich des Mindestbetra-ges für die Festsetzung bestimmt nämlich Artikel 868 ZKDVO, dass Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben von weniger als 10 ECU im Einzelfall nichtnacherhoben werden bzw. die Zollbehörden von der buchmäßigen Erfassungvon Abgabenbeträgen unter 10 ECU absehen können.Hinsichtlich der Einfuhrabgaben im Sinne des § 1 Absatz 1 ZollVG istdurch § 23 Absatz 1 ZollV aufgrund des § 156 Abgabenordnung bestimmtworden, dass diese nicht erhoben und auch nicht buchmäßig erfasst werden,

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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wenn sie im Reise- und Postverkehr weniger als 0,51 Euro sonst weniger als2,56 Euro betragen.Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex sowie Einfuhrum-satzsteuer werden nach § 23 Absatz 2 ZollV in den Fällen, in denen jemandwegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 30a Tabaksteuergesetz verwarntworden ist, nicht erhoben und auch nicht buchmäßig erfasst, wenn sie je-weils weniger als 10,23 Euro betragen.§ 156 Absatz 2 sieht vor, dass die Festsetzung wegen mangelnder Erfolgs-aussichten der Einziehung unterbleiben kann.Da das Gemeinschaftszollrecht keine Ermächtigung für die nationalen Zoll-behörden enthält, bei fehlender Erfolgsaussicht der Einziehung von derbuchmäßigen Erfassung abzuweichen, ist diese ohne Rücksicht auf die spä-teren Möglichkeiten der Einziehung der Abgaben durchzuführen.Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die ebenfalls in § 156 Absatz 2 Abga-benordnung genannte Möglichkeit, auf die Festsetzung zu verzichten, wenndie Kosten der Einziehung außer Verhältnis zu dem Betrag stehen, in derMindestbetragsregelung des Artikel 868 ZKDVO ihren Niederschlag gefun-den hat. Hintergrund dieser Gemeinschaftsregelung ist es gerade, zu verhin-dern, dass die Kosten des Verfahrens der buchmäßigen Erfassung höher aus-fallen als der geschuldete Betrag. Insofern findet hier eine echte Überlage-rung statt.

§ 157Form und Inhalte der Steuerbescheide

§ 157 Absatz 1 legt fest, dass Steuerbescheide schriftlich zu erteilen sind,soweit nichts anderes bestimmt ist (Satz 1).Darüber hinaus muss die Steuer und der Steuerschuldner genau angegebenwerden (Satz 2).Letztlich ist eine Rechtsbehelfsbelehrung dem Bescheid beizufügen(Satz 3).Für begünstigende Entscheidungen sieht Artikel 6 Zollkodex grundsätzlichden mündlichen Erlass und die mündliche Bekanntgabe vor. Lediglich aufschriftliche Anträge ist schriftlich zu antworten.§ 29 a ZollV lässt mündliche Abgabenbescheide auch im Reiseverkehr zu.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex regelt, dass der Abgabenbetrag dem Zoll-schuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig er-fasst worden ist.Diese Mitteilung erfolgt durch den Abgabenbescheid, dessen Inhalt gemein-schaftsrechtlich nicht weiter geregelt worden ist, so dass insoweit § 157 Ab-satz 1 Sätze 1 und 2 bzw. § 29a ZollV weiterhin Anwendung finden.Zu Satz 3 enthält das Gemeinschaftszollrecht in Artikel 6 Absatz 3 Zollko-dex eine eigenständige Regelung, nach der schriftliche Entscheidungen, mitdenen Anträge abgelehnt werden oder die für die Personen, an die sie ge-richtet sind, nachteilige Folgen haben, eine Belehrung über die Möglichkei-ten, einen Rechtsbehelf nach Artikel 243 Zollkodex einzulegen enthaltenmüssen. Artikel 6 Zollkodex spricht jedoch nur allgemein von der Beleh-rung über die Möglichkeiten eines Rechtsbehelfs. Welche Angaben der Ab-gabenbescheid zu dieser Frage genau enthalten muss, lässt sich aus demGemeinschaftszollrecht nicht herleiten, so dass man versucht sein könnte,anzunehmen, dass allein ein Hinweis auf die Möglichkeit eines Rechtsbe-helfs ausreichend ist. Doch wird man diese Textpassage erweiternd auszule-gen haben, dass auch über die Modalitäten der Einlegung belehrt werdenmuss, weil sonst Rechtsunkundige benachteiligt würden.Diese Regelungslücke lässt sich aber ohne weiteres durch Anwendung des§ 157 Absatz 1 Satz 3 schließen, der vorgibt, dass die Art des Rechtsbehelfs,die Frist und die Behörde, bei der er einzulegen ist, bezeichnet werden müs-sen. Es finden somit beide Vorschriften nebeneinander Anwendung.Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich Artikel 6 Zollkodex ledig-lich auf Entscheidungen bezieht, die auf Antrag ergehen. Er kann daherschon von seinem Wortlaut her keine Anwendung auf Bescheide finden, dievon Amts wegen ergehen, wie z.B. die Mitteilung der Abgaben an den Ab-gabenschuldner.§ 157 Absatz 2 Abgabenordnung bestimmt, dass die Feststellung der Be-steuerungsgrundlagen einen mit Rechtsbehelfen nicht selbstständig anfecht-baren Teil des Steuerbescheids darstellen, soweit die Besteuerungsgrundla-gen nicht gesondert festgestellt werden.Da das Gemeinschaftszollrecht keine hiervon abweichende Regelung trifft,sprechen keine Gesichtspunkte gegen eine Anwendung dieser Regelungauch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

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§ 158Beweiskraft der Buchführung

§ 158 regelt die Beweiskraft der Buchführung und bestimmt, dass die Buch-führung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen der Besteuerung zuGrunde zu legen sind, soweit nach den Umständen des Einzelfalles keinAnlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.Mangels einer adäquaten Regelung im Gemeinschaftszollrecht bleibt dieseRegelung auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar.

§ 159Nachweis der Treuhänderschaft

§ 159 regelt den Nachweis der Treuhänderschaft.Diese Vorschrift ist vollständig durch die gemeinschaftszollrechtlichen Vor-schriften der Artikel 5 Absätze 4 und 5 überlagert. Danach muss der Vertre-ter erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muss ferner angeben,ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt, und Vertre-tungsmacht besitzen. Die Zollbehörden können von einer Person, die erklärt,im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, den Nachweis fürihre Vertretungsmacht verlangen.Es liegt hier somit eine vollständige Überlagerung der nationalen Vorschrif-ten durch das Gemeinschaftszollrecht vor237.

§ 160Benennung von Gläubigern und Zahlungsempfängern

§ 160 sieht vor, dass Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Wer-bungskosten und andere Ausgaben steuerlich regelmäßig nicht zu berück-sichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehördenicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger nicht genau zu ermit-teln.Diese Vorschrift ist für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ge-genstandslos.

237 anderer Ansicht Tipke/Seer ohne nähere Begründung, AO, § 159 Rz. 5.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 161Fehlmengen bei Bestandsaufnahmen

§ 161 regelt die Behandlung von Fehlmengen bei Bestandsaufnahmen vonverbrauchsteuerpflichtigen Waren und ist ebenfalls für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben gegenstandslos, weil sie nur das Entstehen derVerbrauchsteuer regelt.

§ 162Schätzung von Besteuerungsgrundlagen

§ 162 erlaubt den Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen,sofern diese nicht berechnet oder ermittelt werden können (Absatz 1) oderwenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklä-rungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung anEides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht verletzt. Gleiches gilt,wenn er Bücher oder Aufzeichnungen nicht vorlegen kann oder diese Un-terlagen der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden (Absatz 2).Das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht enthält keine einheitliche Befugnisfür die Zollbehörden, Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Nur für denSonderbereich der Ermittlung des Zollwertes enthält Artikel 31 Zollkodexeine gesonderte Befugnis zur Schätzung, wobei die Schätzung zwar nichtausdrücklich genannt wird, jedoch als eine der „zweckmäßigen Methoden“der Zollwertermittlung angesehen werden muss.Soweit Artikel 31 Zollkodex somit Anwendung findet, verdrängt er als Spe-zialnorm die Vorschrift des § 162 Abgabenordnung.Es stellt sich aber damit die Frage, ob auch in den Fällen, in denen der Zoll-kodex nicht inzidenter die Schätzung zulässt, geschätzt werden darf.Rüsken238 hat diese Frage für den Bereich des Ausfuhrerstattungsrechts, dassich ebenfalls nach gemeinschaftsrechtlichen Regelungen richtet, zumindestteilweise bejaht. Auch der Vorrang des Gemeinschaftsrechts stehe Schät-zungen nicht entgegen. Solange das Gemeinschaftsrecht zur Schätzungsbe-fugnis schweige, nehme es für sich keinen Vorrang in Anspruch und lassedamit Raum für die Anwendung nationaler Regeln der Beweiswürdigung.Schätzungen sind nach Rüsken zur Sachverhaltsfeststellung bei Vorliegen

238 Rüsken, Reinhart: Die Zulässigkeit von Schätzungen – insbesondere bei Ausfuhrsub-ventionen, RIW 1992, 662, 668.

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eines Schätzungsanlasses allgemein und nicht nur im (deutschen)239 Abga-benrecht zulässig.Überträgt man die von Rüsken gemachten Ausführungen auf das VerhältnisAbgabenordnung – Zollkodex, dann ist in der Tat nicht einzusehen, dass imBereich der gemeinschaftsrechtlich geschuldeten Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben Schätzungen nur im Rahmen der Zollwertermittlung zulässig seinsollen. Einerseits ist nicht zu verkennen, dass der Zollkodex hier eine ab-schließende Regelung treffen wollte, andererseits kann nicht ausgeschlossenwerden, dass es auch bei Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Zoll-rechts einen Anlass zu schätzen gibt, indem rechtsrelevante Tatsachen nurmit unzumutbaren Anstrengungen genau ermittelt werden können.Auch im Bereich der gemeinschaftsrechtlichen Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben ist daher auch ohne Ermächtigung im Zollkodex eine Schätzung solcherBesteuerungsgrundlagen zulässig, die sich ihrer Natur nach nicht oder nurunter Schwierigkeiten genau aufklären oder quantitativ bemessen lassen,welche in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung für die Steuerfestsetzungstünden. Ebenso wie im deutschen Abgabenrecht aber nicht die Steuer selbstzu schätzen ist, sondern der Sachverhalt, aufgrund dessen die Steuer nachMaßgabe des Gesetzes genau zu berechnen und festzusetzen ist240, bedeutetdas für den Bereich der gemeinschaftsrechtlichen Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben, dass nicht der Zollbetrag selbst geschätzt werden darf.

§ 163Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen

§ 163 Satz 1 erlaubt es den Finanzbehörden, Steuern aus Gründen der Bil-ligkeit niedriger festzusetzen und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die dieSteuern erhöhen, unberücksichtigt zu lassen.Satz 2 regelt dabei den Sonderfall der Steuern von Einkommen.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben hat das Gemeinschafts-recht dezidierte Normen, die der Billigkeit dienen sollen, erlassen. So siehtArtikel 220 Absatz 2 Buchstabe b Zollkodex vor, dass Abgaben nicht nach-träglich buchmäßig erfasst werden, wenn der gesetzlich geschuldete Abga-benbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasstworden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden

239 Zusatz des Verfassers.240 Rüsken, Reinhart, a.a.O., (FN 238), 664.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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konnte und dieser gutgläubig gehandelt hat und alle geltenden Vorschriftenüber die Zollanmeldung eingehalten hat.Bereits seit längerer Zeit ist seitens der Wirtschaft immer der Ruf nach Bil-ligkeitsmaßnahmen und einen stärkeren Schutz des guten Glaubens von Im-porteuren gefordert worden, die bei ihren Einfuhren gutgläubig Präferenz-papiere vorlegen, die von Behörden im Ausfuhrstaat ausgestellt wurden undsich später als falsch oder gefälscht herausstellten. Auf Ebene des Rates derEuropäischen Union wurden dazu verschiedene Änderungen des Artikels220 Zollkodex erörtert. Von einigen Mitgliedstaaten wurde verlangt, dassein Schutz des guten Glaubens nur dann in Betracht kommt, wenn der Ein-führer den Nachweis erbringt, dass die Behörden im Ausfuhrstaat in zutref-fender Weise alle Angaben erhalten haben, um die Präferenzpapiere aus-stellen zu können. Seitens der deutschen Zollverwaltung wurde demgegen-über befürwortet, dass grundsätzlich von einem guten Glauben des Einfüh-rers auszugehen ist, sofern nicht die Europäische Kommission Warnhinwei-se über Unregelmäßigkeiten bei der Ausstellung von Präferenzpapieren imAusfuhrstaat im Amtsblatt der EG veröffentliche oder der Einführer keineweiteren Nachweise über den präferenzbegründenden Ursprung der Warenbesorgen konnte. Ein tragfähiger Kompromiss wurde letztlich in der Rege-lung gefunden, dass ein unrichtiges Präferenzpapier grundsätzlich als geeig-net anzusehen ist, einen Irrtum nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b Zoll-kodex hervorzurufen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn die Ausstellung desDokuments auf falschen Angaben des Ausführers beruhte, was von der Zoll-stelle zu beweisen ist. Guten Glauben genießt der Einführer aber selbst indiesem Fall, wenn offensichtlich ist, dass die ausstellenden Behörden wuss-ten oder hätten wissen müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für einePräferenzbehandlung nicht erfüllt. Der Abgabenschuldner kann Gutgläubig-keit auch dann geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er sich wäh-rend der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts mit gebotener Sorgfalt ver-gewissert hat, dass alle Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung er-füllt worden sind. Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit jedoch nichtgeltend machen, wenn die Kommission in einer Mitteilung im Amtsblatt derEG darauf hingewiesen hat, das begründete Zweifel an der ordnungsgemä-ßen Anwendung der Präferenzregelung durch das begünstigte Land beste-hen.Gerade die Ausnahme, dass eine Billigkeitsmaßnahme auch dann möglichsein sollte, wenn die Bescheinigung zwar auf falschen Angaben des Ausfüh-rers beruhte, die Drittlandsbehörde jedoch wusste oder hätte wissen müssen,dass es sich um falsche Angaben handelte, fand zunächst keine Zustimmungauf Seiten der Europäischen Kommission. Der Juristische Dienst der Kom-

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mission nahm daraufhin diesen Vorschlag unter die Lupe und stellte fest,dass die Tatsache, dass der Rat die Beweislast für die Feststellung des Irr-tums, die die Kommission dem Einführer aufbürden wollte, aufgehobenhatte, keinen Grund für rechtliche Bedenken darstellen könnte, weil dieKommission selbst anerkannt habe, dass der Irrtum mit anderen Mittelnfestgestellt werden könne. Auch die Regelung, dass eine Zahlungsbefreiungbei falschen Dokumenten auch dann eintrete, wenn die Drittlandsbehördensich dessen bewusst waren oder vernünftigerweise hätten bewusst sein kön-nen, dass die Waren nicht die erforderlichen Bedingungen erfüllten, sei un-problematisch, weil sich dieser Passus im Zollkodex mehrfach wiederfinde(z.B. in Artikel 201, 202, 203, 205 Zollkodex). Der Juristische Dienst stellteabschließend fest, dass der Vorschlag keinen Anlass zu rechtlichen Beden-ken gebe241.Der zuletzt gefundene Kompromiss hat sowohl auf Seiten der deutschenZollverwaltung als auch in deutschen Wirtschaftskreisen Zustimmung ge-funden, weil er eine interessengerechte Verteilung der Beweislast zwischender Verwaltung einerseits und dem Wirtschaftsbeteiligten andererseits ent-hält. Gerade diese Beweislastverteilung war jedoch im Hinblick auf dieSchwierigkeiten, sowohl das Interesse der Europäischen Gemeinschaften ander Vereinnahmung der Eigenmittel als auch das Interesse der Wirtschafts-beteiligten, nicht für Fehler ihrer Vertragspartner im Drittland einstehen zumüssen, unter einen Hut zu bringen, über viele Jahre Gegenstand von Aus-einandersetzungen zwischen den Mitgliedstaaten und der EuropäischenKommission war242.Der Vorschlag wurde mit Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 vom 16. Novem-ber 2000243 in geltendes Recht umgesetzt.

Wolffgang hat jedoch bereits bemängelt, dass das System von Fiktion undRegel-Ausnahme-Prinzip nicht leicht durchschaubar sei und die Praxis da-mit Schwierigkeiten haben werde244. Aber auch er erkennt an, dass der Ver-trauensschutz für den Importeur gestärkt worden ist. Die von ihm angegebe-ne Befürchtung, dass die Praxis ihre Schwierigkeiten mit der Neuregelunghaben werde, hat sich in den ersten Monaten seit In-Kraft-Treten der Neure-gelung jedenfalls nicht bewahrheitet.

241 Ratsdokument 13569/99vom 30.11.1999.242 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Art. 220 Rz. 63.243 ABl. EG 2000, Nr. L 311/17.244 Wolffgang, Hans-Michael: Endlich Vertrauensschutz?, AW-Prax 2001, 81.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben das Gemeinschaftszollrecht erschöpfende Regelungenfür eine abweichende Festsetzung der Abgaben aus Billigkeitsgründen ent-hält, so dass insoweit eine Überlagerung der nationalen Vorschriften gege-ben ist245.Soweit die Gemeinschaftsvorschriften nicht zu einer Billigkeitsmaßnahmeführen, findet auch das nationale Billigkeitsrecht keine Anwendung. Eineparallele Anwendung von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht wärenur soweit zulässig, als durch eine nationale Billigkeitsmaßnahme keineÄnderung der Tragweite der gemeinschaftlichen Vorschriften über die Be-steuerungsgrundlage, die Voraussetzungen der Veranlagung oder die Höheder gemeinschaftsrechtlichen Abgabe bewirkt wird246. Da aber die Gemein-schaftszollvorschriften dezidiert regeln, in welcher Höhe die Einfuhr- undAusfuhrabgaben buchmäßig zu erfassen sind bzw. wann von ihrer buchmä-ßigen Erfassung abgesehen werden darf, würde die parallele Anwendungdes nationalen Rechts die Tragweite der gemeinschaftsrechtlichen Regelungüber die Höhe der buchmäßig zu erfassenden Abgaben ändern.Eine parallele Anwendung hat daher auszuscheiden.Die von Alexander247 vertretene Auffassung, dass § 164 Absatz 1 Abgaben-ordnung Anwendung finden könne, um die Gutgläubigkeit im Sinne vonArtikel 220 Absatz 2 Buchstabe b Zollkodex zu beseitigen, wird vom Unter-zeichner nicht geteilt. Die gemeinschaftsrechtlichen Zollvorschriften sindumfassend und abschließend, so dass eine vollständige Überlagerung dernationalen Vorschriften der Abgabenordnung gegeben ist.Neben der vorerwähnten Überlagerung tritt nach Auffassung von Rüsken248

auch eine Überlagerung des § 163 Abgabenordnung durch Artikel 235ff.Zollkodex ein, weil diese Vorschrift eine abschließende Regelung der ab-weichenden Festsetzung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben darstellten. Die-ser Auffassung kann aus systematischen Gründen nicht gefolgt werden. DieErstattungs- und Erlassvorschriften des Zollkodexes knüpfen an eine bereitserfolgte Festsetzung der Abgaben an. Für ihre Anwendung bleibt somit nurdann Raum, wenn die Abgaben bereits buchmäßig erfasst und geltend ge-macht worden sind. § 163 Abgabenordnung regelt jedoch die Festsetzungder Abgaben als solche, geht also zeitlich einem Erlass oder einer Erstattung

245 Koch/Scholtz/Baum, AO, § 163 Rz. 5.246 FG Hamburg vom 7.4.1981, IV 99/79 H, EFG 1981, 576.247 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 220 Rz. 12.248 Klein/Rüsken, AO, § 163 Rz. 9.

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voraus. Insofern ist auch die Behauptung von Rüsken unzutreffend, das dieArtikel 235ff. Zollkodex Regelungen über die Festsetzung von Einfuhr- undAusfuhrabgaben enthalten.Auch nach Dolfen249 scheidet eine – auch subsidiäre – Anwendung des deut-schen Abgabenrechts bezüglich Nacherhebung, Erstattung oder Erlass vonAbgaben unter der Geltung des Zollkodexes aus. Nach Artikel 1 Zollkodexstellten der Zollkodex sowie die auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicherEbene hierzu erlassenen Durchführungsvorschriften das Zollrecht dar. Mitder einheitlichen Geltung des gemeinschaftlichen Zollrechts im gesamtenZollgebiet der Gemeinschaft ließen sich nationale Vorschriften nicht verein-baren, die neben oder subsidiär zu dem abschließenden System der Artikel220ff., 235 - 242 Zollkodex eine nachträgliche Korrektur von Einfuhr- undAusfuhrabgaben auf einzelstaatlicher Ebene ermöglichen.

§ 164Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung

§ 164 enthält Regelungen über die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt derNachprüfung.Für Bescheide über gemeinschaftsrechtlich geschuldete Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben findet diese Vorschrift keine Anwendung, weil der Zollkodexmit den Artikeln 220ff. eine abschließende Regelung enthält250 und das ge-meinschaftsrechtliche Zollrecht ohnehin davon ausgeht, dass die Bescheidebis zum Ablauf der Verjährung jederzeit korrigiert werden können251.Einen ausdrücklichen Verweis auf § 164 Abgabenordnung enthält der Zoll-kodex nicht. Zwar überlässt Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex Regelungenhinsichtlich Inhalt und Form von Abgabenbescheiden dem nationalen Recht.Die Vorschrift über die Abgabenfestsetzung unter Vorbehalt – wie auch dieRegelung des § 165 Abgabenordnung über die vorläufige Abgabenfestset-zung – stellen jedoch keine Regelung dar, die Inhalt und Form der Abga-benmitteilung betreffen, sondern sie gehören vielmehr zur Kategorie vonNormen, die die Korrektur von Abgabenbescheiden regeln. Sie ermöglichennämlich die Außerkraftsetzung der Bestandskraft von Abgabenbescheiden

249 Dolfen, Michael: Nacherhebung, Erstattung und Erlass von Abgaben nach dem neu-en Zollkodex, EuZW 193, 754, 756.

250 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 262; Tipke, AO, § 164 Rz.3.

251 Kühn/Hofmann, AO, § 164 Anm. 1.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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durch die Zulassung eines Vorbehalts. Eine Heranziehung der §§ 164 und165 Abgabenordnung über die Öffnung, die Artikel 221 Zollkodex für na-tionales Recht darstellt, ist somit nicht möglich. Es ist auch nicht von einerergänzbaren Lücke auszugehen, die durch die Anwendung der §§ 164, 165Abgabenordnung geschlossen werden könnte. Der Zollkodex enthält näm-lich mit den Nacherhebungsvorschriften der Artikel 220, 221 Zollkodex undden Erstattungs- und Erlassvorschriften der Artikel 235-242 Zollkodex eingeschlossenes System zur Korrektur von Abgabenbescheiden, so dass keinewesentlichen, regelungsbedürftigen Fragen im Bereich der Korrektur vonAbgabenbescheiden offen geblieben sind, die durch die ergänzende Anwen-dung der §§ 164, 165 Abgabenordnung geschlossen werden müssten. Durchdie Nichtanwendung der Vorbehaltsregeln für Abgabenbescheide ist auchkeine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit oder der Gesetzmäßigkeit derBesteuerung zu befürchten. Da derlei Vorbehalte gerade die Bestandskraftvon Bescheiden herauszögern, würde gerade durch die Anwendung dieRechtssicherheit beeinträchtigt252.Zwar ist in der Rechtsprechung teilweise von der Anwendbarkeit des § 164Abgabenordnung ausgegangen worden253. Das Gericht hat hierzu ausge-führt, dass das Gemeinschaftsrecht eine derartige Vorbehaltsfestsetzung vonEingangsabgaben zwar nicht kenne, aber einer Vorbehaltsfestsetzung auchnicht entgegenstehe. Der Vorbehalt der Nachprüfung gehe nicht, wie Tipkemeine, praktisch ins Leere, sondern habe lediglich seine Rechtswirkungeninsoweit verloren, als diese den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ent-gegenstünden. Im Rahmen dieses Gemeinschaftsrechts entfalte § 164 Abga-benordnung Rechtswirkungen, und zwar insbesondere hinsichtlich des Ver-trauensschutzes einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfungund seiner Abänderbarkeit nach Artikel 5 der VO Nr. 1697/79.Die Aufnahme eines Nachprüfungsvorbehalts in einen Zollbescheid schließenicht von vornherein die Anwendung von Artikel 5 der VO Nr. 1697/79 aus,sondern finde bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des Artikel 5 der VOvorliegen, Berücksichtigung insoweit, als die Nichterhebung der nachzufor-dernden Abgaben für den Zollbeteiligten erkennbar in der Regel nicht aufeinen Irrtum der Zollbehörden zurückzuführen sei. Durch den Vorbehalt ge-be die Zollbehörde dem Zollbeteiligten zu verstehen, dass der Zoll lediglichaufgrund der Selbstberechnung festgesetzt worden ist und dass die Feststel-lungen insbesondere an der Ware selbst oder in der Buchführung einer be-

252 Meesenburg, a.a.O., (FN 80), S. 107.253 so das FG München vom 1.8.1990, 3 K 3137/85, EFG 1991, 136 zur VO (EWG) Nr.

1697/79 (Nacherhebungs-Verordnung).

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sonderen Prüfung vorbehalten bleiben sollen. Der Vorbehalt erstrecke sichaber auch auf Angaben in der Selbstberechnung, deren Richtigkeit undSchlüssigkeit ohne weiteres festgestellt und überprüft werden könnte. Diesgelte im vorliegenden Fall für die Angabe des Zollsatzes, dessen Richtigkeitaufgrund der angegebenen Warenbezeichnung des Ursprungslandes und derCodenummer hätte überprüft werden können. Behalte sich die Zollbehördejedoch die Überprüfung der Steuerfestsetzung vor, liege darin kein Irrtum,auf den die Nichterhebung der zutreffenden Eingangsabgaben zurückzufüh-ren wäre.Und auch Alexander254 gibt zu bedenken, dass durch eine vorläufige Abga-benfestsetzung ausgeschlossen werden könne, dass sich der Zollschuldnerauf einen beachtlichen Irrtum nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b Zoll-kodex berufen könne. Finde beispielsweise eine Tarifbeschau statt und sehesich der abfertigende Beamte nicht in der Lage, die Einreihung vorbehaltloszu bestätigen, sondern ziehe eine Probe zur weiteren Untersuchung, sei einVorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abgabenordnung angebracht. Ergäbensich bei der Schlüssigkeitsprüfung einer Zollanmeldung vermehrt Zweifel,bestünden auch gegen eine Abgabenfestsetzung nach § 164 Abgabenord-nung keine Bedenken.Der Auffassung der oben genannten Rechtsprechung sowie der Meinungvon Alexander kann indes nicht gefolgt werden. Es stellt sich die Frage,warum der Zollbeteiligte nicht die ihm nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabeb Zollkodex zustehenden Rechte wahrnehmen soll. Was ist verwerflich dar-an, dass sich der Beteiligte auf einen beachtlichen Irrtum nach Artikel 220Zollkodex beruft255. Auf diese Frage bleibt Alexander allerdings eine Ant-wort schuldig. Die Anwendung der nationalen Vorbehaltsregelung würdesomit den Schutzzweck des Artikels 220 Absatz 2 Buchstabe b Zollkodexunterlaufen, wenn die Verwaltung routinemäßig Abgaben unter Vorbehaltfestsetzen würde256.

§ 165Vorläufige Steuerfestsetzung, Aussetzung der Steuerfestsetzung

§ 165 regelt die vorläufige Steuerfestsetzung sowie die Aussetzung derSteuerfestsetzung.

254 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 220 Rz. 12.255 Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 164 AO Rz. 4.256 so auch Henke, Reginhard /Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 262.

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Danach kann die Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist,ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind.Die Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1. ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über dieBesteuerung, die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken,für die Steuerfestsetzung wirksam werden,

2. das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuerge-setzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zueiner Neuregelung verpflichtet ist oder

3. die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem RechtGegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der EuropäischenGemeinschaften, dem Bundesverfassungsgericht oder einem ober-sten Bundesgericht ist.

Daneben sieht die Vorschrift vor, dass die Finanzbehörde die Festsetzungaufheben oder ändern kann, soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufigfestgesetzt hat.Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzungaufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steu-erfestsetzung ist nachzuholen.Die Vorschrift des § 165 Abgabenordnung ist für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben gegenstandslos, weil die gemeinschaftsrechtlichenVorschriften über die Nacherhebung von gemeinschaftsrechtlich geschulde-ten Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (Artikel 220, 221 Zollkodex) sowie dieVorschriften über die Erstattung und den Erlass von gemeinschaftsrechtlichgeschuldeten Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (Artikel 235ff. Zollkodex) eineumfassende abschließende Regelung darstellen257. Im übrigen gilt das zu§ 164 Abgabenordnung Gesagt entsprechend.Darüber hinaus tritt aber auch eine Überlagerung ein durch Artikel 248ZKDVO sowie durch Artikel 76 Zollkodex in Verbindung mit den Artikeln254, 257 ZKDVO. Die erstgenannte Vorschrift sieht vor, dass in den Fällen,in denen der letztendlich festzusetzende Betrag nicht sofort ermittelt werdenkann, der Anmelder die Möglichkeit hat, die unmittelbare buchmäßige Er-fassung des maximal möglichen Abgabenbetrags zu beantragen. Auch hier-

257 Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 165 AO Rz. 2.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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bei handelt es sich letztlich um eine vorläufige Festsetzung des Abgabenbe-trags, wie sie national in § 165 Abgabenordnung geregelt ist.Die zweitgenannte Vorschriften betreffen die so genannten unvollständigenZollanmeldungen nach Artikel 254 ZKDVO. Wird in einer Zollanmeldungdieser Art ein vorläufiger Hinweis auf den Wert der Ware gegeben, so er-fasst die Zollstelle unverzüglich den nach diesem Hinweis berechneten Ab-gabenbetrag buchmäßig und verlangt gegebenenfalls die Leistung einer Si-cherheit in Höhe der Differenz zwischen diesem Betrag und dem Betrag, derendgültig auf die Waren erhoben werden könnte. Kann sich im übrigen dieNachreichung einer bei der Annahme der Zollanmeldung fehlenden Angabeoder Unterlage auf den Betrag der auf die Waren zu erhebenden Abgaben imSinne einer Abgabenermäßigung auswirken, so erfasst die Zollstelle unver-züglich den nach diesem ermäßigten Abgabensatz berechneten Abgabenbe-trag buchmäßig und verlangt die Sicherheit in Höhe der Differenz zwischendiesem Betrag und dem Betrag, der sich aus der Anwendung des normalenAbgabensatzes auf die Waren ergeben würde (Artikel 257 Absatz 3 und 4).Auch hier handelt es sich somit um Fälle der vorläufigen Festsetzung vonAbgaben.Nach Meinung von Tipke258 sollten auch Bescheide über Zölle und Ver-brauchsteuern vorläufig erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des§ 165 Abgabenordnung vorliegen, und zwar wegen der besonderen Ablauf-hemmung der Festsetzungsfrist durch §171 Absatz 8 Abgabenordnung.Es wird hier allerdings verkannt, dass durch die oben genannten Gemein-schaftszollvorschriften eine vollständige Überlagerung des § 165 Abgaben-ordnung für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben eingetreten istund auch die Vorschrift des § 171 Abgabenordnung für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Ab-gaben infolge einer strafbaren Handlung nicht innerhalb der Dreijahresfristdes Artikels 221 Absatz 3 Zollkodex buchmäßig erfasst werden konnte (sie-he unten). Der vorgenannten Auffassung von Tipke/Kruse kann somit nichtin der pauschalen Weise zugestimmt werden.

258 Tipke, AO, § 165 Rz. 5.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

151

§ 166Drittwirkung der Steuerfestsetzung

§ 166 Abgabenordnung sieht vor, dass eine unanfechtbar festgesetzte Steuergegen sich gelten lassen müssen der Gesamtrechtsnachfolger, sowie jeder,der in der Lage gewesen wäre, den Bescheid als Vertreter, Bevollmächtigteroder kraft eigenen Rechts anzufechten.

Das Gemeinschaftszollrecht kennt keine dementsprechende Vorschrift, sodass auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben diese VorschriftAnwendung findet.

§ 167Steueranmeldung, Verwendung von Steuerzeichen

oder Steuerstemplern§ 167 Abgabenordnung regelt, dass bei einer Steueranmeldung eine Steuer-festsetzung nur dann erforderlich ist, wenn die Festsetzung zu einer abwei-chenden Steuer führt oder wenn zwar eine Steueranmeldung hätte abgege-ben werden müssen, der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmel-dung nicht abgibt (Absatz 1 Satz 1).Gleiches soll gelten, wenn die Steuer durch Steuerzeichen oder Steuer-stemplern zu entrichten ist (Absatz 1 Satz 2).Erkennt der Steuer- oder Haftungsschuldner nach Abschluss einer Außen-prüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich an, steht das Anerkenntniseiner Steueranmeldung gleich (Absatz 1 Satz 3).Eine Steueranmeldung gilt – mit Ausnahme für den Bereich der Zölle undVerbrauchsteuern – als rechtzeitig abgegeben, wenn sie fristgerecht bei derzuständigen Kasse eingegangen ist (Absatz 2).Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sieht Artikel 221 Absatz2 Zollkodex vor, dass in dem Fall, dass der zu entrichtende Abgabenbetragbereits als Hinweis in der Zollanmeldung enthalten ist, die Zollbehördenvorsehen können, dass die Mitteilung der Abgaben nur erfolgt, wenn derangegebene Abgabenbetrag nicht mit dem von ihnen übermittelten Betragübereinstimmt. Diese Regelung entspricht voll inhaltlich den Vorschriftendes § 167 Absatz 1 Sätze 1 und 2 Abgabenordnung, so dass insoweit einevollständige Überlagerung vorliegt.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

152

Auch nach Alexander259 wird § 167 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung durchArtikel 221 Absatz 2 Unterabsatz 2 Zollkodex überlagert, denn diese Normfungiere als Rechtsfolge der Selbstberechnung des Zolls die Überlassung derWaren als Mitteilung der buchmäßigen Erfassung. Diese fungierte Mittei-lung müsse als eine durch den Steuerpflichtigen gefertigte Steueranmeldungangesehen werden, wie sie für andere Sachverhalte in § 167 Abgabenord-nung geregelt sei. Nur bei dieser gemeinschaftskonformen Auslegung geheArtikel 221 Absatz 2 Unterabsatz 2 Zollkodex nicht ins Leere.Nach Auffassung des Verfassers ist eine derartige Fiktion gar nicht erforder-lich, weil die Regelung des Artikels 221 Absatz 2 Zollkodex inhaltlich dem§ 167 Absatz 1 Sätze 1 und 2 inhaltlich voll entspricht.Nach Auffassung von Baum260 ist die Zollanmeldung nach dem Zollkodexschon begrifflich Steueranmeldung im Sinne von § 167. Insofern läge hierkeine Überlagerung vor, sondern die nationalen Vorschriften würden vonihren Tatbestandsvoraussetzungen schon nicht greifen.Wegen der ohnehin nicht zulässigen Anwendung der nationalen Vorschrifteninfolge der Überlagerung ist allerdings die Frage, ob Baum rechtzugeben istoder nicht, rein rechtstheoretischer Natur und muss an dieser Stelle nichtentschieden werden.Da Satz 3 inhaltlich an Sätze 1 und 2 anknüpft, indem er als Folge der An-erkennung einer Zahlungspflicht eine Steueranmeldung im Sinne von Satz 1und 2 fingiert, geht seine Regelung infolge der vorgenannten Überlagerungfür den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ins Leere.Absatz 2 ist schon allein nach seinem Wortlaut auf Zölle und Verbrauch-steuern nicht anwendbar.

§ 168Wirkung einer Steueranmeldung

§ 168 Abgabenordnung behandelt die Wirkung einer Steueranmeldung undsieht vor, dass diese einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprü-fung nach § 164 Abgabenordnung gleichsteht.Da § 164 Abgabenordnung durch gemeinschaftszollrechtliche Vorschriftenvollständig überlagert worden ist, ist auch § 168 Abgabenordnung für denBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht anwendbar. Unzulässig ist

259 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 220, Rz. 13.260 Koch/Scholtz/Baum, AO, § 167 Rz. 2.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

153

es, bei Selbstberechnungen des Zolls durch den Zollanmelder, aus ihnennationalrechtlich eine Steuerfestsetzung unter Nachprüfungsvorbehalt zumachen, weil die nationalen Regelungen voraussetzen, dass der Pflichtigedie Abgabe selbst zu berechnen hat, und zwar aufgrund von gesetzlichenVerpflichtungen. Der Zollkodex kennt jedoch keine vergleichbare Ver-pflichtung. Die Abgabenberechnung in der Zollanmeldung ist lediglich einunverbindlicher Hinweis, wie sich bereits aus dem Wortlaut des Artikel 221Absatz 2 Unterabsatz 1 Zollkodex ergibt, der vorsieht, dass eine als Hinweisgegebene Abgabenberechnung dem Zollschuldner mitgeteilt werden kann,wenn die angemeldeten und amtlich ermittelten Beträge nicht übereinstim-men.Alexander261 geht allerdings irrig von der Anwendbarkeit des § 168 Abga-benordnung aus, wobei er übersieht, dass § 168 Abgabenordnung auf § 165Abgabenordnung Bezug nimmt, von dessen Überlagerung durch Gemein-schaftsrecht er selbst ausgeht262.

4.3.1.2 II. Festsetzungsverjährung4.3.1.2 II. Festsetzungsverjährung

§ 169Festsetzungsfrist

§ 169 behandelt die Festsetzungsfristen.Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung und Änderung sind nach Ab-lauf der in Absatz 2 genannten Festsetzungsfristen nicht mehr zulässig (Ab-satz 1).Diese Fristen betragen

1. für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen ein Jahr,2. für Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuer-

vergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes sindvier Jahre.

Bei Steuerhinterziehung beträgt die Festsetzungsfrist zehn Jahre und beileichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre.

261 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 220, Rz. 13.262 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor. Art. 220, Rz. 12.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

154

Der Zollkodex der Europäischen Gemeinschaften enthält mit seinem Artikel221 Absatz 3 Satz 1 eine eigenständige Festsetzungsfrist für Einfuhr- undAusfuhrabgaben. Diese beträgt 3 Jahre. Nur in den Fällen, in denen die Zoll-schuld aufgrund einer strafbaren Handlung entstanden ist, kann die Mittei-lung unter den Voraussetzungen, die im geltenden Recht festgelegt sind,noch nach Ablauf der Dreijahresfrist erfolgen (Absatz 4). Da zu dem gelten-den Recht auch die Abgabenordnung gehört (vgl. Artikel 4 Nr. 23 Zollko-dex: Geltendes Recht ist auch das einzelstaatliche Recht), findet bei Vorlie-gen einer Straftat die zehnjährige Festsetzungsfrist des § 169 Absatz 2 Ab-gabenordnung Anwendung. Hierbei kommt es allein darauf an, dass dieZollbehörde im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld infolge derstrafbaren Handlung den Betrag der Zollschuld nicht genau feststellenkonnte263. Die zehnjährige Verjährungsfrist gilt unabhängig von dem Zeit-punkt, zu dem die strafbare Handlung aufgedeckt wird. Würde man den Be-griff der „strafbaren Handlung“ gemeinschaftsrechtlich verstehen, könnte erauch deutsches Ordnungswidrigkeitenrecht einschließen264. Der EuropäischeGerichtshof hat jedoch entschieden, dass die Auslegung der Bestimmungnach dem nationalen Recht zu erfolgen hat, so dass Ordnungswidrigkeitennicht den Begriff der strafbaren Handlung im Sinne von Artikel 221 Absatz4 Zollkodex erfüllen265 und leichtfertige Steuerverkürzungen die Festset-zungsfrist nicht verlängern können266. § 378 Absatz 1 Abgabenordnungqualifiziert die leichtfertige Steuerverkürzung nämlich nur als Ordnungswid-rigkeit und nicht als Straftat. Strafbare Handlungen im Sinne des Artikels221 Zollkodex sind nur die, die jeweilige Rechtsordnung des Mitgliedstaatesdem nationalen Strafrecht zuordnet267.Es bleibt jedoch festzuhalten, dass durch die Verweisung in Artikel 221 Ab-satz 4 Zollkodex auf einzelstaatliches Recht nicht nur die Festsetzungsfristvon 10 Jahren zur Anwendung kommt, sondern bezüglich dieser Frist auch

263 BFH vom 20. Juli 1999, VII R 85/98, BFHE 189, 244.264 so das FG Hamburg vom 18.1.1991, IV 170/88 S-H, ZfZ 1991, 297.265 EuGH, Urt. vom 27.11.1991, Rs C-273/90, EuGHE I 1991, 5569, ZfZ 92, 73;vgl.

Dienstvorschrift des Bundesministeriums der Finanzen zu Art. 217, 220 Absatz 2,221 Absatz 3 Zollkodex, Art. 868ff ZKDVO, Vorschriftensammlung Bundesfinanz-verwaltung Z 1111.

266 Tipke/Kruse, AO, Vor § 169 Rz. 11 mit weiteren Nachweisen; Klein/Rüsken, AO,§ 169 Rz. 16.

267 Tipke/Kruse, AO, § 169 Rz. 13 mit weiteren Nachweisen.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

155

alle anderen Vorschriften der Abgabenordnung über die Modalitäten derFrist (z.B. Beginn, Hemmung, Unterbrechung der First)268.

§ 170Beginn der Festsetzungsfrist

§ 170 regelt den Beginn der Festsetzungsfrist. Grundsätzlich beginnt diesemit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (Absatz 1).Der Wortlaut des § 170 Abgabenordnung sieht darüber hinaus vor, dass füreine bedingt entstandene Steuer der Zeitpunkt des Unbedingtwerdens maß-geblich ist.Von der Grundaussage des Absatz 1 enthält Absatz 2 Ausnahmen, die je-doch bereits vom Gesetzeswortlaut nicht für Einfuhr- und Ausfuhrabgabengelten, so dass auf diese Ausnahmen hier nicht eingegangen werden muss.Absatz 3 bezieht sich auf Steuern oder Steuervergütungen, die nur auf An-trag festgesetzt werden und ist für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht ein-schlägig.Absatz 4 betrifft Vermögenssteuer und Grundsteuer und ist auf Einfuhr- undAusfuhrabgaben nicht anzuwenden.Die Absätze 5 und 6 enthalten Sonderregelungen für Erbschaftssteuer(Schenkungssteuer) und Wechselsteuer.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben enthält Artikel 221 Ab-satz 3 Satz 1 Zollkodex eine Sonderregelung, wonach die Verjährungsfristmit dem Entstehen der Zollschuld beginnt.Insofern wird die Vorschrift des § 170 Absatz 1 Abgabenordnung vollstän-dig überlagert.In den Fällen des Artikels 221 Absatz 4 Zollkodex, das heißt bei Vorliegeneiner strafbaren Handlung, verlängert sich die Verjährungsfrist auf zehn Jah-re. Durch die Verweisung in Artikel 221 Absatz 4 Zollkodex auf einzel-staatliches Recht kommt nicht nur die Festsetzungsfrist von 10 Jahren zurAnwendung, sondern bezüglich dieser Frist auch alle anderen Vorschriften

268 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Art. 221 Rz. 12; Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 221 Rz.8.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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der Abgabenordnung über die Modalitäten der Frist (z.B. Beginn, Hem-mung, Unterbrechung der Frist)269.

§ 171Ablaufhemmung

§ 171 Abgabenordnung regelt sehr dezidiert die verschiedenen Arten derAblaufhemmung.Absatz 1 bestimmt, dass die Festsetzungsfrist nicht abläuft, solange dieSteuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monatedes Fristablaufs nicht erfolgen kann.Absatz 2 enthält eine Regelung für den Fall der offenbaren Unrichtigkeitbeim Erlass eines Steuerbescheids.Absatz 3 betrifft den Fall, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalbdes Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oderauf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichti-gung nach § 129 gestellt wird.Absatz 3a regelt die Ablaufhemmung im Falle der Anfechtung eines Steu-erbescheids durch Einspruch oder Klage.Absatz 4 trägt den Fällen Rechnung, in denen eine Außenprüfung durchge-führt wird.Absatz 5 beinhaltet eine Regelung zur Ablaufhemmung in den Fällen, indenen Zollfahndungsämter oder die mit der Steuerfahndung betrautenDienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfristbeim Steuerpflichtigen mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen be-ginnen.Absatz 6 regelt die Ablaufhemmung bei sonstigen Ermittlungshandlungenim Sinne des § 92 Abgabenordnung.Absatz 7 bestimmt die Dauer der Ablaufhemmung in den Fällen des § 169Absatz 2 Satz 2. Nach dieser Vorschrift endet die Festsetzungsfrist nicht,bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeitverjährt ist.

269 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Art. 221 Rz. 12; Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 221 Rz.8.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

157

Absatz 8 regelt die Dauer der Ablaufhemmung für die Fälle, in denen dieFestsetzung einer Steuer nach § 165 Abgabenordnung ausgesetzt oder dieSteuer vorläufig festgesetzt worden ist.Absatz 9 enthält eine Regelung zur Ablaufhemmung, wenn der Steuer-pflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153,371, 378 Absatz 3 Abgabenordnung erstattet hat.Absatz 10 berücksichtigt die Fälle, in denen für die Festsetzung einer Steuerein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Ver-waltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid).Absatz 11 regelt die Ablaufhemmung, wenn eine geschäftsunfähige oder inder Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter ist.Absatz 12 betrifft die Fälle, in denen sich eine Steuer gegen einen Nachlassrichtet.Absatz 13 sieht eine Regelung vor für den Fall, dass vor Ablauf der Festset-zungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren ange-meldet wird.Absatz 14 stellt schließlich den Zusammenhang her zwischen Ablaufhem-mung und Steuererstattungsanspruch nach § 37 Absatz 2 Abgabenordnung.Die vorstehenden Regelungen sind lediglich schlaglichtartig beleuchtetworden, weil sie bis auf den Absatz 7 für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben keine Bedeutung haben. Etwas anderes gilt nur für die Fälle, indenen Artikel 221 Absatz 4 Zollkodex auf das einzelstaatliche Recht ver-weist. Durch diese Verweisung in Artikel 221 Absatz 4 Zollkodex kommtnicht nur die Festsetzungsfrist von 10 Jahren zur Anwendung kommt, son-dern bezüglich dieser Frist auch alle anderen Vorschriften der Abgabenord-nung über die Modalitäten der Frist (z.B. Beginn, Hemmung, Unterbrechungder Frist)270. Für den „Normalfall“ sieht Artikel 221 Absatz 3 Zollkodex ab-schließend vor, dass die Festsetzungsfrist von drei Jahren ab dem Zeitpunktausgesetzt wird, in dem ein Rechtsbehelf nach Artikel 243 Zollkodex ein-gelegt wird und zwar für die Dauer des Rechtsbehelfs.Nach Baum271 wird man bei Versäumung der Festsetzungsfrist durch höhereGewalt entsprechend dem Rechtsgedanken des § 171 Absatz 1 eine Verlän-gerung der Frist annehmen müssen.

270 Dorsch/Gellert, Zollrecht, Art. 221 Rz. 12; Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 221 Rz.6.

271 Koch/Scholtz/Baum, AO, § 169 Rz. 3/1.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

158

Dieser Auffassung kann indes nicht gefolgt werden. Artikel 221 Absatz 3Zollkodex regelt abschließend die Festsetzungsfrist. Eine subsidiäre An-wendung der Abgabenordnung-Vorschriften ist nicht mehr zulässig272.

4.3.1.3 III. Bestandskraft4.3.1.3 III. Bestandskraft

§ 172Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden

§ 172 Abgabenordnung regelt die Aufhebung und Änderung von Steuerbe-scheiden. Danach darf ein Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig oderunter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben odergeändert werden, wenn er Verbrauchsteuern betrifft bzw. wenn er andereSteuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nrn. 10und 11 des Zollkodexes oder Verbrauchsteuern betrifft,

a) soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sachenach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflich-tigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oderden Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Ein-spruch oder einer Klage abhilft,

b) soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wor-den ist,

c) soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohungoder Bestechung, erwirkt worden ist,

d) soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; §§ 130, 131 gelten nicht.

Das Gemeinschaftszollrecht enthält mit den Bestimmungen der Artikel 220sowie Artikel 236ff. Zollkodex Sondervorschriften für die Nacherhebungsowie den Erlass und die Erstattung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, dieals Spezialregelung Anwendung finden273. Artikel 220 Absatz 1 Zollkodexsieht vor, dass ein Abgabenbetrag, der nicht buchmäßig erfasst oder mit ei-nem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasstworden ist, innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag, an dem die Zollbehör-

272 Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 171 AO Rz 12; Dolfen, a.a.O., (FN 249),756.

273 Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 220, Rz. 25; Meesenburg, a.a.O., (FN 80), S.96.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

159

den diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich ge-schuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen,buchmäßig erfasst werden muss. Es handelt es sich hier somit um einen fürEinfuhr- und Ausfuhrabgaben geregelten Spezialfall der Aufhebung undÄnderung von Steuerbescheiden, der die Vorschrift des § 172 Abgabenord-nung verdrängt.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung274 wird § 172 Abga-benordnung jedoch nicht durch den gesamten Artikel 221 Abgabenordnungüberlagert, sondern nur durch Artikel 221 Absätze 3 und 4 Zollkodex. DieVorschrift des Artikels 221 Zollkodex regelt in erster Linie die Mitteilungdes Abgabenbetrages an den Zollschuldner. Die Absätze 3 und 4 enthaltenaber auch Fristen, nach deren Ablauf die Abgaben nicht mehr mitgeteiltwerden dürfen. Diese Fristen gelten auch in den Fällen, in denen zunächstzu niedrige Abgaben buchmäßig erfasst wurden und nun durch Steuerände-rungsbescheid die zutreffenden Abgaben erhoben werden sollen. Da eineMitteilung der Abgaben nach drei bzw. zehn Jahren nicht mehr zulässig ist,macht es nach Fristablauf auch keinen Sinn mehr, entsprechende Ände-rungsbescheide zu erlassen. Die Frist zur Mitteilung der Abgabenbeträgebegrenzt damit faktisch auch die Frist zur Änderung eines Steuerbescheidsfür Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.Eine weitere Überlagerung erfährt § 172 Abgabenordnung im Bereich derErstattung und des Erlasses der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben durch dieVorschriften der Artikel 236ff. Zollkodex, weil jede Erstattung und jederErlass von Abgaben denknotwendig den Erlass eines Steueränderungsbe-scheides voraussetzt. Man könnte zwar versucht sein, anzunehmen, dassauch für diesen Bereich § 172 Abgabenordnung zunächst nur die allgemeineBefugnis gibt, dass ein Steuerbescheid, der Zölle und damit Einfuhr- undAusfuhrabgaben betrifft, geändert werden kann und die Artikel 236 bis 239Zollkodex dann die näheren Voraussetzungen enthalten, unter denen eineÄnderung des Steuerbescheides zulässig ist, nämlich

- wenn der Betrag nicht gesetzlich geschuldet war oder nicht hättebuchmäßig erfasst werden dürfen,

- wenn eine Zollanmeldung für ungültig erklärt wird, nachdem dieAbgaben entrichtet worden sind,

- bei Zurückweisung der Waren wegen Schadhaftigkeit oder weil sienicht den Vertragsbedingungen entsprechen,

274 Anmerkung zu § 172 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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- bei sonstigen Fällen, die nach dem Ausschussverfahren der Europäi-schen Kommission festgelegt werden oder sich aus Umständen er-geben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtlicheFahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind.

Indem die Gemeinschaftszollvorschriften die speziellen Voraussetzungen füreinen Erlass und eine Erstattung regeln, erteilen sie inzidenter auch die Be-fugnis, dass eine Änderung überhaupt vorgenommen werden darf und über-lagern damit die durch § 172 Abgabenordnung gegebene Änderungsbefug-nis. Die Gemeinschafsvorschriften enthalten darüber hinaus auch Regelun-gen, innerhalb welcher Fristen Anträge auf Erlass oder Erstattung zu stellensind.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung275 liegt jedoch keineÜberlagerung des § 172 Abgabenordnung durch Artikel 235ff. Zollkodexvor, sondern lediglich eine Überlagerung durch Artikel 236ff. Zollkodex,weil Artikel 235 Zollkodex lediglich eine Legaldefinition für die BegriffeErlass und Erstattung enthält.Tipke/Kruse lassen es offen, ob eine Überlagerung auch durch Artikel 235Zollkodex eintritt, indem sie lediglich darauf hinweisen, dass die Artikel235 - 242 Zollkodex an die Stelle der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 vom2. Juli 1979276 getreten seien und § 172 Abgabenordnung für den Bereichder Ein- und Ausfuhrbescheide keine Anwendung mehr findet277. Sie weisenjedoch zu Recht darauf hin, dass auch Artikel 8 und 9 Zollkodex Regelun-gen über Rücknahme und Widerruf von begünstigten Entscheidungen ent-hielten, ohne jedoch Stellung zu beziehen, ob mit diesen Vorschriften eineÜberlagerung des § 172 Abgabenordnung eintrete. Hiervon wird man je-doch ausgehen müssen, weil auch jede Rücknahme bzw. jeder Widerruf ei-ner begünstigenden Entscheidung, die eine Abgabenermäßigung oder eineAbgabenbefreiung beinhaltet, einen Steueränderungsbescheid zur Folge hat.

275 Anmerkung zu § 172 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

276 ABl. EG 1979 Nr. L 175/1.277 Tipke/Kruse, AO, § 172 Rz. 11.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

161

§ 173Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen

neuer Tatsachen oder Beweismittel§ 173 Abgabenordnung sieht vor, wann Steuerbescheide aufzuheben oder zuändern sind, nämlich,

1. soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden,die zu einer höheren Steuer führen,

2. soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden,die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigenkein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Be-weismittel erst nachträglich bekannt werden.

Aufgrund der im Gemeinschaftsrecht als abschließend zu bezeichnendenVorschriften über die Nacherhebung und den Erlass bzw. die Erstattung vonEinfuhr- und Ausfuhrabgaben278 gilt das zu § 172 Abgabenordnung Gesagtezur Überlagerung der nationalen Vorschrift durch Gemeinschaftszollrechtsinngemäß. Eine Wiederholung erübrigt sich daher.

§ 174Widerstreitende Steuerfestsetzung

§ 174 Abgabenordnung regelt die Änderungs- oder Aufhebungsmöglichkeitvon Steuerbescheiden auf Antrag in den folgenden Fällen:

- Ein bestimmter Sachverhalt ist in mehreren Steuerbescheiden zuun-gunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt wor-den, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen (Ab-satz 1),

- Ein bestimmter Sachverhalt ist in unvereinbarer Weise mehrfachzugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt wor-den (Absatz 2),

- Ein bestimmter Sachverhalt ist in einem Steuerbescheid erkennbarin der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem ande-ren Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, sofern sich diese An-nahme als unrichtig herausstellt (Absatz 3),

278 so auch Klein/Rüsken, AO, § 173 Rz. 5.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

162

- Wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltsein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfsoder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehör-de zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird (Absatz 4).

Aufgrund der im Gemeinschaftsrecht als abschließend zu bezeichnendenVorschriften über die Nacherhebung und den Erlass bzw. die Erstattung vonEinfuhr- und Ausfuhrabgaben gilt das zu § 172 Abgabenordnung Gesagtezur Überlagerung der nationalen Vorschrift durch Gemeinschaftszollrechtsinngemäß279. Eine Wiederholung erübrigt sich daher.

§ 175Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden in sonstigen Fällen

§ 175 Abgabenordnung regelt die Aufhebung und Änderung von Steuerbe-scheiden in sonstigen Fällen, das heißt,

1. soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswir-kung für diesen Steuerbereich zukommt, erlassen, aufgehoben odergeändert wird,

2. soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergan-genheit hat (rückwirkendes Ereignis).

Aufgrund der im Gemeinschaftsrecht als abschließend zu bezeichnendenVorschriften über die Nacherhebung und den Erlass bzw. die Erstattung vonEinfuhr- und Ausfuhrabgaben gilt das zu § 172 Abgabenordnung Gesagtezur Überlagerung der nationalen Vorschrift durch Gemeinschaftszollrechtsinngemäß. Eine Wiederholung erübrigt sich daher.

§ 175aUmsetzung von Verständigungsvereinbarungen

175a Abgabenordnung betrifft die Aufhebung, die Änderung oder den Er-lass eines Steuerbescheides zur Umsetzung von Verständigungsvereinbarun-

279 A. A. Tipke/Kruse, AO § 174 Rz. 1, die – allerdings ohne Begründung – von eineranalogen Anwendung der Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben ausgehen.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

163

gen oder eines Schiedsspruches nach einem Vertrag im Sinne des § 2 Abga-benordnung. Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist zu be-rücksichtigen, dass völkerrechtliche Verträge im Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben ausschließlich von der Europäischen Gemeinschaft ge-schlossen werden.Die Befugnis der Gemeinschaft zum Abschluss solcher Verträge folgt dar-aus, dass die zollrechtlichen Beziehungen der Gemeinschaft zu Drittstaatenzur Handelspolitik gehören, für die der EuGH aus Artikel 133 EG-Vertrageine ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft herleitet280. Darüber hin-aus gilt aufgrund der im Gemeinschaftsrecht als abschließend zu bezeich-nenden Vorschriften über die Nacherhebung und den Erlass bzw. die Erstat-tung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben das zu § 172 Abgabenordnung Ge-sagte zur Überlagerung der nationalen Vorschrift durch Gemeinschaftszoll-recht sinngemäß. Eine Wiederholung erübrigt sich daher.

§ 176Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung

von Steuerbescheiden§ 176 regelt den Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung vonSteuerbescheiden. Es darf nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berück-sichtigt werden, dass

1. das Bundesverfassungsgericht die Nichtigkeit eines Gesetzes fest-stellt, auf dem die bisherige Steuerfestsetzung beruht,

2. ein oberster Gerichtshof des Bundes eine Norm, auf der die bisheri-ge Steuerfestsetzung beruht, nicht anwendet, weil er sie für verfas-sungswidrig hält,

3. sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundesgeändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Fi-nanzbehörde angewandt worden ist,

4. eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einerobersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Ge-richtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklangstehend bezeichnet worden ist.

280 Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 2 AO Rz. 121; EuGH vom 11.11.1975, Rs1/75, EuGHE 1975, 1355, 1363.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

164

Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben enthält das Gemein-schaftszollrecht Sonderregelungen für den Vertrauensschutz. So findet nachArtikel 217 Absatz 1 Zollkodex dann keine buchmäßige Erfassung der ge-schuldeten Abgaben statt, wenn

a) vorläufiger Antidumping- oder Ausgleichszoll eingeführt wurde,b) wenn der gesetzlich geschuldete Betrag höher ist als der Betrag, der

auf der Grundlage einer verbindlichen Auskunft festgelegt wurde,c) in Fällen, in denen die Zollbehörden aufgrund von nach dem Aus-

schussverfahren erlassenen Vorschriften davon befreit sind, Abga-benbeträge, die unter einem bestimmten Betrag liegen, buchmäßigzu erfassen.

Darüber hinaus findet nach Artikel 220 Absatz 2 unter anderem keinebuchmäßige Erfassung statt, wenn

a) die ursprüngliche Entscheidung, keine Zölle oder einen niedrigerenals den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag buchmäßig zu erfas-sen, aufgrund von allgemeinen Vorschriften, die später durch einegerichtliche Entscheidung für ungültig erklärt worden sind, gefasstworden ist,

b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtumsder Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieserIrrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werdenkonnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vor-schriften über die Zollanmeldungen eingehalten hat.

Wird im Rahmen von Präferenzverfahren zur Erlangung eines niedrigerenZollsatzes eine unrichtige Präferenzbescheinigung vorgelegt, so gilt dieAusstellung dieser unrichtigen Bescheinigung durch die Behörden einesDrittlands als ein Irrtum, der vernünftigerweise nicht erkannt werden konn-te.Die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung stellt jedoch keinen Irrtumdar, wenn die Bescheinigung auf einer unrichtigen Darstellung der Faktenseitens des Ausführers beruht, außer insbesondere dann, wenn offensichtlichist, dass die ausstellenden Behörden wussten oder hätten wissen müssen,dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht er-füllten.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

165

Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit geltend machen, wenn er darle-gen kann, dass er sich während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäftesmit gebotener Sorgfalt vergewissert hat, dass alle Voraussetzungen für einePräferenzbehandlung erfüllt worden sind.Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit jedoch nicht geltend machen,wenn die Kommission in einer Mitteilung im Amtsblatt der EuropäischenGemeinschaften darauf hingewiesen hat, dass begründete Zweifel an derordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelung durch das begünstigteLand bestehen.Das Gemeinschaftsrecht enthält damit eine abschließende Regelung, in wel-chen Fällen Vertrauensschutz zu gewähren ist281.Die Vorschriften des Artikel 220 Absatz 2 Buchstaben a und b überlagerndamit die Vertrauensschutzvorschrift des § 176 Abgabenordnung.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung282 liegt hier jedochauch keine Überlagerung durch den gesamten Artikel 221 Zollkodex vor,weil dieser die Festsetzungsfristen regelt.

§ 177Berichtigung von materiellen Fehlern

§ 177 Abgabenordnung sieht die Berichtigung von materiellen Fehlern vor,wenn ein unter § 177 Abgabenordnung fallender Bescheid aufgehoben odergeändert wird und zwar sowohl zugunsten als auch zu ungunsten des Steu-erpflichtigen.Das Gemeinschaftszollrecht enthält zwar keine dem § 177 Abgabenordnungentsprechende Vorschrift. Doch muss aufgrund der erschöpfenden Regelun-gen des Gemeinschaftszollrechts für den Bereich der Nacherhebung bzw.des Erlasses und der Erstattung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben davonausgegangen werden, dass neben diesen Gemeinschaftsregelungen nationaleVorschriften nicht mehr zur Anwendung kommen.

281 von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 176 AO, Rz. 55.282 Anmerkung zu § 176 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-

waltung S 0101.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

166

4.3.1.4 IV. Kosten4.3.1.4 IV. Kosten

§ 178Kosten bei besonderer Inanspruchnahme der Zollbehörden

§ 178 Abgabenordnung regelt die Erhebung von Gebühren und Auslagen fürdie besondere Inanspruchnahme der Zollbehörden. Eine besondere Inan-spruchnahme liegt nach Absatz 2 insbesondere vor bei

1. Amtshandlungen außerhalb des Amtsplatzes und außerhalb der Öff-nungszeiten, soweit es sich nicht um Maßnahmen der Steueraufsichthandelt,

2. Amtshandlungen, die zu einer Diensterschwernis führen, weil sie an-tragsgemäß zu einer bestimmten Zeit vorgenommen werden sollen,

3. Untersuchungen von Waren, wenna) sie durch einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zoll-

tarifauskunft, Gewährung einer Steuervergütung oder sonsti-gen Vergünstigungen veranlasst sind oder

b) bei Untersuchungen von Amts wegen Angaben oder Einwen-dungen des Verfügungsberechtigten sich als unrichtig oder un-begründet erweisen oder

c) die untersuchten Waren den an sie gestellten Anforderungennicht entsprechen,

4. Überwachungsmaßnahmen in Betrieben und bei Betriebsvorgängen,wenn sie durch Zuwiderhandlungen gegen die zur Sicherung desSteueraufkommens erlassenen Rechtsvorschriften veranlasst sind,

5. Amtlichen Bewachungen und Begleitungen von Beförderungsmit-teln oder Waren,

6. Verwahrung von Zollgut, die von Amts wegen oder auf Antrag vor-genommen wird,

7. Schreibarbeiten (Fertigung von Schriftstücken, Abschriften undAblichtungen), die auf Antrag ausgeführt werden.

Das Gemeinschafszollrecht sieht eine Sonderregelung in Artikel 11 Absatz 2Satz 1 Zollkodex vor, wonach Auskünfte gebührenfrei erteilt werden.Damit steht für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben fest, dassAuskünfte nicht zu den besonderen Inanspruchnahmen oder Leistungen ge-

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

167

hören, für die nach § 178 Abgabenordnung Gebühren und Auslagen verlangtwerden können.Insofern wird § 178 Absatz 1 Abgabenordnung für den Bereich der Aus-kunft vollständig durch Artikel 11 Absatz 2 Satz 1 Zollkodex überlagert.Nach Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 Zollkodex können die Zollbehörden dieihnen entstandenen Auslagen für besondere Maßnahmen wie Analysen oderSachverständigengutachten für die Waren oder für deren Rücksendung anden Antragsteller dem Antragsteller in Rechnung stellen. Für den Bereichder Warenuntersuchungen besteht somit in Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 Zoll-kodex eine Sonderregelung, die die Vorschrift des § 178 Absatz 2 Nr. 3 aAbgabenordnung vollständig überlagert.Für die von Amts wegen durchgeführten Untersuchungen enthält Artikel 69Absatz 3 letzter Halbsatz Zollkodex eine Sonderbestimmung, nach der dieVerwaltung die durch die Analyse oder Prüfung entstehenden Kosten trägt.Eine Kostenüberwälzung auf den Steuerpflichtigen, wie sie § 178 Absatz 2Nr. 3 b und c Abgabenordnung vorsieht, kommt damit nicht in Betracht, sodass diesbezüglich eine vollständige Überlagerung des nationalen Rechtsdurch Gemeinschaftszollrecht vorliegt.Darüber hinaus enthält das Gemeinschaftszollrecht vorrangige Kostenrege-lungen in Artikel 225 Zollkodex und 239 ZKDVO. In der erstgenanntenVorschrift ist geregelt, das bei Einräumung eines Zahlungsaufschubs Ne-benkosten für die Aktenbearbeitung oder erbrachte Dienstleistungen berech-net werden können. Nach Artikel 239 ZKDVO kann die Zollstelle Kostenerheben, wenn die Zollbeschau auf Antrag des Anmelders an einem anderenOrt als den von der Zollstelle bezeichneten vorgenommen wird. Von derErmächtigung in Artikel 225 Zollkodex hat die deutsche Zollverwaltung inder auf § 178 Absatz 3 Abgabenordnung beruhenden Zollkostenverordnungkeinen Gebrauch gemacht283. § 178 Absatz 3 Abgabenordnung erlaubt esnämlich dem Bundesministerium der Finanzen, durch Rechtsverordnung diekostenpflichtigen Amtshandlungen näher festzulegen, die für sie zu erhe-benden Kosten zu bemessen und zu pauschalieren sowie die Voraussetzun-gen zu bestimmen, unter denen von ihrer Erhebung wegen Geringfügigkeit,zur Vermeidung von Härten oder aus ähnlichen Gründen abgesehen werdenkann. Die Zollkostenverordnung sieht jedoch die Erhebung von Kosten vorfür Abfertigungen und sonstige amtliche Maßnahmen, die aus Gründen, dieallein dem Kostenschuldner zuzurechnen sind, außerhalb des Amtsplatzes

283 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 225.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

168

oder der Amtsstelle oder außerhalb der Öffnungszeiten durchgeführt wer-den284.Da das Gemeinschaftsrecht zu der Höhe der zu erhebenden Auslagen keineRegelung enthält, ist § 178 Absatz 3 Abgabenordnung in Verbindung mitder Zollkostenverordnung somit auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben anwendbar285. Gleiches gilt auch für § 178 Absatz 4 Abgaben-ordnung, wonach auf die Festsetzung der Kosten die für Zölle und Ver-brauchsteuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Dassind die Vorschriften der Abgabenordnung, soweit diese nicht ihrerseitsdurch Gemeinschaftszollrecht überlagert worden sind.Hohrmann286 hat zu Recht die Zulässigkeit des Rückgriffs auf nationale Be-stimmungen damit bejaht, dass das Gemeinschaftsrecht nur ihm bedeutsameKostenfragen geregelt habe, nicht aber habe ausschließen wollen, dass Mit-gliedstaaten bei besonderer Inanspruchnahme der Verwaltung im EinzelfallKosten erheben, die nicht im Gemeinschaftsrecht geregelt sind.

4.3.2 2. UnterabschnittGesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen,

Festsetzung von Steuermessbeträgen4.3.2 2. Unterabschnitt Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Festsetzung von Steuermessbeträgen

4.3.2.1 I. Gesonderte Feststellungen4.3.2.1 I. Gesonderte Feststellungen

§ 179Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

§ 180Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

§ 181Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungs-

frist, Erklärungspflicht§ 182

Wirkungen der gesonderten Feststellung

284 § 2der Zollkostenverordnung vom 26. Juni 1970, BGBl. 1970 I S. 848, 1070, 1449.285 so auch Tipke/Kruse, AO, § 178 Rz. 10.286 Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 178 AO Rz. 14.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

169

§ 183Empfangsbevollmächtigte bei der einheitlichen Feststellung

§§ 179 bis 183 Abgabenordnung regeln die gesonderte Feststellung von Be-steuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid.§ 179 Abgabenordnung stellt hierzu die Voraussetzung auf, dass die geson-derte Feststellung in der Abgabenordnung selbst oder sonst in Steuergeset-zen bestimmt sein muss.§ 180 Abgabenordnung zählt unter anderem auf, welche Besteuerungs-grundlagen gesondert festgestellt werden, nämlich Einheitswerte nach Maß-gabe des Bewertungsgesetzes, bestimmteeinkommensteuerpflichtige und körperschaftssteuerpflichtige Einkünfte,bestimmte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb odereiner freiberuflichen Tätigkeit, in bestimmten Fällen der Wert der vermö-genssteuerpflichtigen Wirtschaftsgüter und der Wert der Schulden und son-stigen Abzüge. Durch Rechtsverordnung nach § 180 Absatz 2 können auchin anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen Besteuerungsgrundlagengesondert und für mehrere Personen einheitlich festgestellt werden.

Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist eine gesonderte Fest-stellung der Besteuerungsgrundlagen nicht vorgesehen. Demzufolge sindauch die Regelungen der

- § 181 Abgabenordnung zu den Verfahrensvorschriften für die ge-sonderte Feststellung, die Feststellungsfrist und die Erklärungsfrist,

- § 182 Abgabenordnung zu den Wirkungen der gesonderten Fest-stellung und

- § 183 Abgabenordnung zu den Empfangsbevollmächtigten bei dereinheitlichen Feststellung

nicht für den Bereich der Ein- und Ausfuhr anwendbar.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

170

4.3.2.2 II. Festsetzung von Steuermessbeträgen4.3.2.2 II. Festsetzung von Steuermessbeträgen

§ 184Festsetzung von Steuermessbeträgen

§ 184 Abgabenordnung betrifft die Festsetzung von Steuermessbeträgen undist bereits von seinem Wortlaut her nicht für Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

4.3.3 3. UnterabschnittZerlegung und Zuteilung

4.3.3 3. Unterabschnitt Zerlegung und Zuteilung

§ 185Geltung der allgemeinen Vorschriften

§ 186Beteiligte

§ 187Akteneinsicht

§ 188Zerlegungsbescheid

§ 189Änderung der Zerlegung

§ 190Zuteilungsverfahren

§§ 185 bis 190 Abgabenordnung regeln die Zerlegung und Zuteilung vonSteuermessbeträgen auf die steuerberechtigten Gemeinden und sind im Zoll-recht nicht anwendbar.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

171

4.3.4 4. UnterabschnittHaftung

4.3.4 4. Unterabschnitt Haftung

§ 191Haftungsbescheide, Duldungsbescheide

§ 191 Abgabenordnung regelt, wann und unter welchen Voraussetzungenein Haftungsbescheid gegen einen Haftungsschuldner bzw. ein Duldungsbe-scheid gegen denjenigen, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, eine Vollstrek-kung zu dulden, erlassen werden kann.Das Gemeinschaftszollrecht kennt den Begriff des Haftenden nicht. Soweitaber nach den oben zu §§ 69 bis 76 Abgabenordnung gemachten Ausfüh-rungen zu den Haftungstatbeständen die Haftung nach den Vorschriften derAbgabenordnung in Betracht kommt, bleibt auch § 191 Abgabenordnunganwendbar, auch für den Duldungsbescheid im Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar.

§ 192Vertragliche Haftung

§ 192 Abgabenordnung bestimmt, dass derjenige, der sich auf Grund einesVertrages verpflichtet hat, für die Steuer eines anderen einzustehen, nur nachden Vorschriften des bürgerlichen Rechts in Anspruch genommen werdenkann.Das Gemeinschaftszollrecht kennt keine entsprechende Regelung, so dassdiese Vorschrift auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben weiter-hin anwendbar bleibt.

4.4 VIERTER ABSCHNITT

Außenprüfung4.4 Vierter Abschnitt Außenprüfung

4.4.1 1. UnterabschnittAllgemeine Vorschriften

4.4.1 1. Unterabschnitt Allgemeine Vorschriften

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

172

§ 193Zulässigkeit einer Außenprüfung

§ 193 Abgabenordnung regelt die Zulässigkeit einer Außenprüfung.Diese ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land-und fortwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder die freiberuflich tätig sind.Bei anderen als den vorgenannten Personen ist eine Außenprüfung zulässig,wenn sie die Verpflichtung dieser Personen betrifft, für Rechnung eines an-deren Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen oderwenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung be-dürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfen-den Sachverhalts nicht zweckmäßig ist.Diese Vorschrift wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenüberlagert durch Artikel 78 Absatz 1 Zollkodex, soweit es um die Überprü-fung von Zollanmeldungen geht287. Nach dieser Vorschrift können die Zoll-behörden nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antragdes Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen (Absatz 1).Hinsichtlich des Personenkreises, bei dem Prüfungen vorgenommen werdendürfen, wird § 193 Abgabenordnung überlagert durch Artikel 78 Absatz 2Satz 2 Zollkodex. Danach dürfen Prüfungen beim Anmelder, bei allen ingeschäftlicher Hinsicht mittelbar oder unmittelbar beteiligten Personendurchgeführt werden, die die zu prüfend Unterlagen das zu prüfende Materi-al aus geschäftlichen Gründen in Besitz haben.Damit liegt insoweit eine vollständige Überlagerung der nationalen Vor-schriften durch das Gemeinschaftszollrecht vor.Die Vorschriften der §§ 193ff. Abgabenordnung bleiben aber auch als Prü-fungsgrundlage von Bedeutung, wenn sich Prüfungsaufträge nicht aus-schließlich auf Zollanmeldungen beziehen288, wie z.B. bei der Überprüfung,ob die Vorschriften über die Wiederausfuhr, Vernichtung oder Zerstörungeingehalten worden sind.

§ 194Sachlicher Umfang einer Außenprüfung

§ 194 Abgabenordnung regelt den sachlichen Umfang einer Außenprüfung.

287 Klein/Rüsken, AO, § 193 Rz. 12.288 Klein/Rüsken, AO, § 193 Rz. 12.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

173

Absatz 1 erläutert, dass die Außenprüfung der Ermittlung der steuerlichenVerhältnisse dient.Sie kann eine oder mehrere Steuerarten, einen oder mehrere Besteuerungs-zeiträume umfassen oder sich auf bestimmte Sachverhalte beschränken. DieAußenprüfung bei einer Personengesellschaft umfasst die steuerlichen Ver-hältnisse der Gesellschafter insoweit, als diese Verhältnisse für die zu über-prüfenden einheitlichen Feststellungen von Bedeutung sind. Die steuerli-chen Verhältnisse anderer Personen können insoweit geprüft werden, als derSteuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieserPersonen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen;dies gilt auch dann, wenn etwaige Steuernachforderungen den anderen Per-sonen gegenüber geltend zu machen sind.Die steuerlichen Verhältnisse von Gesellschaftern und Mitgliedern sowievon Mitgliedern an Überwachungsorgane können über die in Absatz 1 gere-gelten Fälle hinaus in der bei der Gesellschaft durchzuführende Außenprü-fung einbezogen werden, wenn dies im Einzelfall zweckmäßig ist (Ab-satz 2).Werden anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse anderer als der in Ab-satz 1 genannten Personen festgestellt, so ist die Auswertung der Feststel-lungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser ande-ren Personen von Bedeutung ist oder die Feststellungen eine unerlaubte Hil-feleistung in Steuersachen betreffen (Absatz 3).Soweit die Überprüfung sich auf Zollanmeldungen erstreckt, wird § 194Abgabenordnung überlagert durch Artikel 78 Absatz 2 Satz 1 Zollkodex.Danach können die Zollbehörden nach der Überlassung der Waren die Ge-schäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den be-treffenden Einfuhr- oder Ausfuhrgeschäften sowie mit späteren Geschäftenmit diesen Waren steht, prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben inder Anmeldung zu überzeugen.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, und speziell für den Be-reich der Prüfung der Zollanmeldungen, liegt somit eine vollständige Über-lagerung vor.

§ 195Zuständigkeit

§ 195 Abgabenordnung bestimmt, dass Außenprüfungen von den für dieBesteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt werden, die jedoch

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

174

andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen können. Die be-auftragte Finanzbehörde kann im Namen der zuständigen Finanzbehörde dieSteuerfestsetzung vornehmen und verbindliche Zusagen (§§ 204 bis 207Abgabenordnung) erteilen.Da das Gemeinschaftsrecht keine Zuständigkeitsregelung enthält, ist § 195Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

§ 196Prüfungsanordnung

§ 196 Abgabenordnung bestimmt, dass die Finanzbehörde den Umfang derAußenprüfung in einer schriftlich zu erteilenden Prüfungsanordnung mitRechtsbehelfsbelehrung vorgibt.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 196Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

§ 197Bekanntgabe der Prüfungsanordnung

§ 197 Abgabenordnung regelt die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung undgibt Auskunft über die Inhalte der Prüfungsanordnung (voraussichtlicherPrüfungsbeginn, Namen der Prüfer). Die Anordnung ist dem Steuerpflichti-gen grundsätzlich angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu ge-ben. Wenn die Prüfung sich auch auf steuerliche Verhältnisse von Gesell-schaftern und Mitgliedern sowie von Mitgliedern der Überwachungsorganeerstrecken soll, dann ist die Prüfungsanordnung insoweit auch diesen Perso-nen bekannt zu geben.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 197Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

175

§ 198Ausweispflicht, Beginn der Außenprüfung

§ 198 Abgabenordnung bestimmt, dass die Prüfer sich auszuweisen habenund dass der Beginn der Außenprüfung unter Angabe von Datum und Uhr-zeit aktenkundig zu machen ist.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 198Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

§ 199Prüfungsgrundsätze

§ 199 Abgabenordnung enthält die Prüfungsgrundsätze.Der Außenprüfer hat die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die fürdie Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind, zugun-sten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen (Absatz 1).Der Steuerpflichtige ist während der Außenprüfung über die festgestelltenSachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu unterrichten,wenn dadurch Zweck und Ablauf der Prüfung nicht beeinträchtigt werden(Absatz 2).Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 199Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

§ 200Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen

§ 200 Absatz 1 Abgabenordnung enthält die Mitwirkungspflichten desSteuerpflichtigen.Ihn treffen im Wesentlichen die folgenden Pflichten:

- Erteilung von Auskünften,- Vorlage der Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere

Urkunden zur Einsicht,- Abgaben von Erläuterungen, die zum Verständnis der Aufzeichnun-

gen erforderlich sind.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

176

Darüber hinaus regelt § 200 Absatz 2 Abgabenordnung unter anderem, dassdie in Absatz 1 genannten Unterlagen in den Geschäftsräumen des Steuer-pflichtigen bzw. in seinen Wohnräumen oder an Amtsstelle vorzulegen sind(Satz 1).Ein zur Durchführung der Außenprüfung geeigneter Raum oder Arbeitplatzsowie die erforderlichen Hilfsmittel sind unentgeltlich zur Verfügung zustellen (Satz 2).Nach Absatz 3 findet die Außenprüfung während der üblichen Geschäfts-oder Arbeitszeit statt. Die Prüfer sind berechtigt, Grundstücke und Betriebs-räume zu betreten und zu besichtigen. Bei der Betriebsbesichtigung soll derBetriebsinhaber oder sein Beauftragter hinzugezogen werden.§ 200 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung sind für den Bereichder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben durch die Regelungen des Artikel 78 Ab-sätze 1 und 2, der bereits oben inhaltlich dargestellt wurde289, in Verbindungmit Artikel 14 Zollkodex, überlagert. Artikel 14 Zollkodex regelt die allge-meine Verpflichtung, dass alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar anVorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, den Zollbehördenalle Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen und jede erforderli-che Unterstützung zu gewähren haben.§ 200 Absatz 2 Satz 2 Abgabenordnung bleibt auch für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar, weil das Gemeinschaftszollrecht kei-ne entsprechende Regelung kennt.Auch § 200 Absatz 3 Abgabenordnung bleibt mangels gemeinschaftsrechtli-cher Normen anwendbar.

§ 201Schlussbesprechung

§ 201 Abgabenordnung bestimmt, dass über das Ergebnis der Außenprüfungeine Schlussbesprechung abzuhalten ist, es sei denn, dass sich nach demErgebnis der Außenprüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagenergibt oder der Steuerpflichtige darauf verzichtet.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 201Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

289 vgl. zu § 193 und zu § 194 Abgabenordnung.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

177

§ 202Inhalt und Bekanntgabe des Prüfungsberichts

§ 202 Abgabenordnung regelt den Inhalt und die Bekanntgabe des Prü-fungsberichts, der über das Ergebnis der Außenprüfung anzufertigen ist undder die für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen in tatsächli-cher und rechtlicher Hinsicht sowie die Änderungen der Besteuerungs-grundlagen darzustellen hat.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 202Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

§ 203Abgekürzte Außenprüfung

§ 203 Abgabenordnung sieht die Möglichkeit einer abgekürzten Außenprü-fung vor bei Steuerpflichtigen, bei denen die Finanzbehörde eine Außenprü-fung in regelmäßigen Zeitabständen nach den Umständen des Falles nichtfür erforderlich hält. Die Prüfung hat sich auf die wesentlichen Besteue-rungsgrundlagen zu beschränken.Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung enthält, ist § 203Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar.

4.4.2 2. UnterabschnittVerbindliche Zusagen auf Grund einer Außenprüfung

4.4.2 2. Unterabschnitt Verbindliche Zusagen auf Grund einer Außenprüfung

§ 204Voraussetzung der verbindlichen Zusage

§ 205Form der verbindlichen Zusage

§ 206Bindungswirkung

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 207Außerkrafttreten, Aufhebung und Änderung der verbindlichen Zusage§§ 204 - 207 Abgabenordnung regeln die verbindliche Zusage auf Grundeiner Außenprüfung, wobei

- § 204 die Voraussetzung allgemein bestimmt,- § 205 die Form der verbindlichen Zusage regelt,- § 206 die Bindungswirkung festlegt und- § 207 Abgabenordnung das Außerkrafttreten, die Aufhebung und

die Änderung der verbindlichen Zusage bestimmt.

Die vorgenannten Vorschriften sind im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben nicht anwendbar.Das Gemeinschaftszollrecht kennt als verbindliche Auskünfte nur die ver-bindliche Zolltarifauskunft und die verbindliche Ursprungsauskunft nachArtikel 12 Zollkodex. Beide Auskünfte binden nach Artikel 12 Absatz 2Zollkodex die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten nur hinsichtlichder zolltariflichen Einreihung bzw. des Ursprungs der Waren, und zwar nurhinsichtlich der Waren, für die die Zollförmlichkeiten nach dem Zeitpunktder Auskunftserteilung erfüllt werden.Im Gegensatz zu den nationalen Regelungen über verbindliche Auskünfteverlieren die verbindlichen Auskünfte nach dem Zollkodex automatisch ihreGültigkeit nach einer bestimmten Zeit, und zwar Zolltarifauskünfte nachsechs Jahren und Ursprungsauskünfte nach drei Jahren. Die Auskunft kannjedoch auch schon vorher mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werden,wenn sie auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Antragstellersberuhte.Wie das nationale Recht kennt auch das Gemeinschaftsrecht bei Rechtsän-derungen und – unter bestimmten Voraussetzungen – bei Änderung derRechtsauslegung die Möglichkeit, dass eine verbindliche Auskunft ungültigwird. Artikel 12 Absatz 5 Zollkodex listet hierzu dezidiert die Tatbestands-voraussetzungen für ein Ungültigwerden auf und erläutert auch den Zeit-punkt, zu dem eine verbindliche Auskunft ungültig wird.Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Artikel 5 bis 14ZKDVO weitere Einzelheiten zur Durchführung des Systems der verbindli-chen Zolltarifauskünfte und Ursprungsauskünfte regeln.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

179

Für den Bereich der Nacherhebung von Einfuhrabgaben ist eine Bindungder Zollbehörde an eine erteilte Auskunft oder Zusage aufgrund der diesbe-züglichen abschließenden Regelungen des Artikels 220 Zollkodex jedochnur unter den in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen anzuerken-nen290.Da das Gemeinschaftsrecht außer den oben genannten verbindlichen Aus-künften keine weiteren Auskünfte dieser Art kennt, liegt eine vollständigeÜberlagerung der nationalen Vorschriften durch Artikel 12 Zollkodex vor,so dass §§ 204 - 207 Abgabenordnung für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben keine Anwendung mehr findet.

4.5 FÜNFTER ABSCHNITT

Steuerfahndung (Zollfahndung)4.5 Fünfter Abschnitt Steuerfahndung (Zollfahndung)

§ 208Steuerfahndung (Zollfahndung)

§ 208 Abgabenordnung regelt die Aufgabe der Steuerfahndung und derZollfahndung.Nach Absatz 1 obliegt ihnen die Erforschung von Steuerstrafsachen undSteuerordnungswidrigkeiten, die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagenbei Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten sowie die Aufdeckungund Ermittlung unbekannter Steuerfälle. Die mit der Steuerfahndung be-trauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und die Zollfahndungsämterhaben auch die Ermittlungsbefugnisse, die den Finanzämtern undHauptzollämtern zustehen.Neben den vorgenannten Aufgaben haben die Fahndungsdienststellen nachAbsatz 2 auch steuerliche Ermittlungen einschließlich der Außenprüfungauf Ersuchen der zuständigen Finanzbehörde durchzuführen. Sie sind desweiteren zuständig für ihnen sonst im Rahmen der Zuständigkeit der Fi-nanzbehörden übertragenen Aufgaben.Absatz 3 regelt, dass die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter(Hauptzollämter) unberührt bleiben.

290 BFH vom 15.6.1993, VII B 14/93, BFHE 172, 248, vom 20.8.1991, VII R 123/89,BFH/NV 1992, 285 zu Art. 5 Absatz 2 der früheren Nacherhebungsverordnung1697/79.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Die Regelung des § 208 Abgabenordnung hat kein Äquivalent im Gemein-schaftsrecht, so dass die Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben Anwendung findet.

4.6 SECHSTER ABSCHNITT

Steueraufsicht in besonderen Fällen4.6 Sechster Abschnitt Steueraufsicht in besonderen Fällen

§ 209Gegenstand der Steueraufsicht

§ 209 Abgabenordnung regelt den Bereich der Steueraufsicht.Wamers291 sieht § 209 Abgabenordnung allerdings als eine Aufgaben- undBefugnisvorschrift über die zollamtliche Überwachung an und die Steuer-aufsicht als eine Form dieser zollamtlichen Überwachung.Für diese Interpretation des Verhältnisses der beiden Begriffe Steueraufsichtund zollamtliche Überwachung spreche, dass der Gesetzgeber den Begriffder Steueraufsicht in Klammern gesetzt habe und er der zollamtlichenÜberwachung durch den Klammerzusatz lediglich für den Fall der zollamt-lichen Überwachung von Steuersachverhalten den Begriff der Steueraufsichtzuweise.Für die hier vorzunehmende Analyse, ob diese Vorschrift durch Regeluntendes Gemeinschaftsrechts verdrängt wird, kommt es auf diese unterschiedli-che Interpretation des Verhältnisses der beiden Begriffe nicht an.Nach seinem Absatz 1 unterliegen der zollamtlichen Überwachung der Wa-renverkehr über die Grenze und in den Freizonen und Freilagern, die Ge-winnung und Herstellung, Lagerung, Beförderung und gewerbliche Verwen-dung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und der Handel mit verbrauchsteu-erpflichtigen Waren.Ferner unterliegen der Steueraufsicht nach Absatz 2 der Versand, die Aus-fuhr, Lagerung, Verwendung, Vernichtung, Veredelung, Umwandlung undsonstige Bearbeitung oder Verarbeitung von Waren in einem Verbrauchsteu-erverfahren, die Herstellung und Ausfuhr von Waren, für die ein Erlass, eineErstattung oder Vergütung von Verbrauchsteuer beansprucht wird.Nach Absatz 3 unterliegen auch andere Sachverhalte der Steueraufsicht,wenn es gesetzlich bestimmt ist.

291 Wamers, Paul: Der Begriff der zollamtlichen Überwachung, ZfZ 1999, 326, 327.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

181

Das Gesetz bezieht sich somit auf Vorgänge, die dem Zollrecht als auch aufVorgänge, die dem Verbrauchsteuerrecht zuzuordnen sind.Dass die Vorschrift auf dem Gebiet des Verbrauchsteuerrecht anzuwendenist, soweit kein Grenzbezug erkennbar ist, liegt auf der Hand.Fraglich kann nur sein, ob und in welcher Weise eine Überlagerung durchVorschriften des Gemeinschaftszollrecht für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben gegeben ist. Für den Warenverkehr über die Grenze regeltArtikel 37 Absatz 1 Zollkodex, dass Waren, die in das Zollgebiet der Ge-meinschaft verbracht werden, vom Zeitpunkt des Verbringens an der zoll-amtlichen Überwachung unterliegen.Nach Absatz 2 endet die zollamtliche Überwachung zwar mit dem Verbrin-gen in eine Freizone oder ein Freilager.Nach Artikel 170 Absatz 2 Zollkodex unterliegen jedoch bestimmte Warengleichwohl den für sie geltenden Zollförmlichkeiten, das heißt einer zoll-amtlichen Überwachung.

Hierbei handelt es sich um- Waren, die sich in einem Zollverfahren befinden, das durch ihr Ver-

bringen in die Freizone oder das Freilager beendet wird,- Waren, für die eine Entscheidung über die Erstattung oder den Er-

lass von Einfuhrabgaben ergangen ist, die ein Verbringen dieser Wa-ren in eine Freizone oder ein Freilager zulässt,

- Waren, auf die die in Artikel 166 Buchstabe b genannten Maßnah-men (Maßnahmen, die grundsätzlich an die Ausfuhr der betreffen-den Ware anknüpfen) anwendbar sind.

Vorschriften über die zollamtliche Überwachung ergeben sich auch aus an-deren Vorschriften:

- Nach Artikel 53 Absatz 2 Zollkodex können die Zollbehörden vor-übergehend verwahrte Waren an einen unter zollamtlicher Überwa-chung stehenden Ort verbringen lassen,

- Nach Artikel 82 Absatz 1 Zollkodex bleiben Waren, die unter Ab-gabenermäßigung oder abgabenfrei in den zollrechtlich freien Ver-kehr übergeführt wurden, unter zollamtlicher Überwachung,

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

182

- Artikel 98 Absatz 2 Zollkodex bestimmt, dass als Zolllager jedervon den Zollbehörden zugelassene und unter zollamtlicher Überwa-chung stehende Ort gilt,

- Nach Artikel 101 Buchstabe a Zollkodex ist der Lagerhalter dafürverantwortlich, dass die Waren im Zolllager nicht der zollamtlichenÜberwachung entzogen werden,

- Erzeugnisse des aktiven Veredelungsverkehrs können nach Artikel122 Buchstabe c Zollkodex den im Verfahren der Umwandlung un-ter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften unterworfenwerden,

- Gemäß Artikel 182 Absatz 5 Zollkodex stehen die bei der Vernich-tung oder Zerstörung von Nichtgemeinschaftswaren anfallendenAbfälle und Reste unter zollamtlicher Überwachung.

Für den Bereich des Warenausgangs aus der Gemeinschaft bestimmt Artikel183 Zollkodex, dass auch diese Waren der zollamtlichen Überwachung un-terliegen.Außerdem wird an verschiedenen Stellen des Zollkodexes von „Überwa-chung durch die Zollbehörden“ (Artikel 168 Absatz 1 Zollkodex) oder„Überzeugen der Einhaltung der Vorschriften“ (Artikel 181 Zollkodex) ge-sprochen, was die Annahme nahe legt, dass hier ebenfalls Maßnahmen derzollamtlichen Überwachung zur Anwendung kommen sollen292.Für den Bereich des Zollrechts sind daher die Bestimmungen des § 209 Ab-satz 1 und 2 Abgabenordnung durch Gemeinschaftszollrecht überlagert undfinden keine Anwendung mehr293.Nach Auffassung von Henke/Huchatz294 gilt das auch für Absatz 3, weil einhorizontaler Verweis des nationalen Gesetzes auf supranationales Recht derNormenhierarchie widerspräche. Lediglich im Verbrauchsteuerbereich ohneGrenzbezug sei eine uneingeschränkte Anwendung möglich295.Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im Zollbereich neben§§ 209ff. Abgabenordnung die Vorschriften des Zollverwaltungsgesetzes

292 Wamers, Paul, a.a.O., (FN 291), 329.293 Klein/Rüsken, AO, § 209 Rz. 5; Kock, Kai-Uwe: Der Gegenstand der Steueraufsicht

nach § 209 AO, DStR 1996, 1676.294 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 267.295 Wamers, Paul, a.a.O., (FN 291), 330; Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O.,

(FN 71), 267.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

183

treten. Sie geben der Zollverwaltung die Aufgabe, den Verkehr mit Warenüber die Grenze des Zollgebiets der Gemeinschaft sowie über die Freizo-nengrenzen zu überwachen, ferner aber auch die Aufgabe der Überwachungdes Verkehrs mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren sowie die Überwachungder Einhaltung gemeinschaftlicher und nationaler Vorschriften über Verboteund Beschränkungen im Warenverkehr.§ 10 ZollVG regelt hierzu bestimmte Kontrollbefugnisse und tritt selbst-ständig neben §§ 209ff. Abgabenordnung296.Nach Auffassung von Kock297 sind § 209 Abgabenordnung und § 1 ZollVGals gemeinsame Rechtsgrundlage der Steueraufsicht anzusehen.Tipke hat zu Recht diese Gemengelage von Rechtsvorschriften als unüber-sichtlich bezeichnet und auf Abgrenzungsprobleme hinweist. Der Zollkodexhabe Vorrang und lediglich Lücken würden durch die §§ 209ff. Abgaben-ordnung geschlossen298.Trotz aller Übereinstimmung der Regelungen des nationalen und des EG-Gesetzgebers zur zollamtlichen Überwachung liegt nach Wamers beidenRegelungsbereichen ein unterschiedliches Gesamtbild zu Grunde. Währendder Zollkodex für die zollamtliche Überwachung konkret an Waren, die indas Zollgebiet verbracht werden, anknüpfen, stelle etwas § 1 ZollVG aufden gesamten Warenverkehr über Grenze des Zollgebiets, des Verbrauch-steuergebiets und des Hoheitsgebiets ab. Letzterem liege die traditionelleVorstellung einer mehr umfassenden gesamtheitlichen und fortdauerndenÜberwachung zu Grunde. Diese Unterschiede in der Interpretation habe je-doch keine störenden Auswirkungen in der Praxis, da das nationale Rechtdem Zollkodex nicht widerspreche und es Artikel 4 Nrn. 13 und 14 Zollko-dex überlasse, die für geeignet gehaltenen Maßnahmen der zollamtlichenÜberwachung vorzusehen299.

§ 210Befugnisse der Finanzbehörden

§ 210 Abgabenordnung regelt im Einzelnen die Befugnisse der Finanzbe-hörde.

296 Klein/Rüsken, AO, § 210 Rz. 8.297 Kock, Kai-Uwe, a.a.O., (FN 293), 1676.298 Tipke, AO Vor § 209 Rz. 5.299 Wamers, Paul, a.a.O., (FN 291), 330.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

184

Absatz 1 betrifft hierbei die Nachschau, das heißt das Recht, Grundstückeund Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeitselbstständig ausüben und denen ein der Steueraufsicht unterliegenderSachverhalt zuzurechnen ist, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zubetreten, um Prüfungen vorzunehmen oder sonst Feststellungen zu treffen,die für die Besteuerung erheblich sind.Nach Absatz 2 unterliegen der Nachschau ferner Grundstücke und Räumevon Personen, denen ein der Steueraufsicht unterliegender Sachverhalt zuzu-rechnen ist, ohne zeitliche Einschränkung, wenn Tatsachen die Annahmerechtfertigen, dass sich dort Schmuggelware oder nicht ordnungsgemäß ver-steuerte verbrauchsteuerpflichtige Waren befinden oder dort sonst gegenVorschriften oder Anordnungen verstoßen wird, deren Einhaltung durch dieSteueraufsicht gesichert werden soll. Bei Gefahr im Verzug ist eine Durch-suchung von Wohn- und Geschäftsräumen auch ohne richterliche Anord-nung zulässig.Absatz 3 regelt darüber hinaus die Kontrollbefugnis bezüglich Schiffen undanderer Fahrzeuge, die Ausweispflicht der Betroffenen, die Vorlagepflichtbezüglich der Frachtpapiere und sonstigen Beförderungspapiere, die Pflichtder Betroffenen zur Mitteilung der Herkunft von verbrauchsteuerpflichtigenWaren, die Duldung der Entnahme von Proben und die Pflicht zur Hilfelei-stung.Absatz 4 regelt den Übergang von der Steueraufsicht zur Außenprüfung.Absatz 5 betrifft den Sonderfall der Nachschau in Dienstgebäuden, Ein-richtungen und Anlagen der Bundeswehr.Eine Überlagerung dieser Vorschrift durch Gemeinschaftszollrecht liegtnicht vor. Artikel 13 Zollkodex gibt den nationalen Zollbehörden lediglichdie Befugnis, unter den im geltenden Recht vorgesehenen Voraussetzungenalle zollamtlichen Prüfungen vorzunehmen, die sie für erforderlich halten,um die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts zu gewährleisten.Unter das geltende Recht fallen auch die Bestimmungen der Abgabenord-nung, so dass die Regelung des Zollkodexes durch die nationale Vorschriftausgefüllt wird.

§ 211Pflichten des Betroffenen

§ 211 Abgabenordnung regelt im Einzelnen die Pflichten des Betroffenen,die darin liegen, auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

185

und andere Urkunden über die der Steueraufsicht unterliegenden Sachver-halte und über den Bezug und den Absatz verbrauchsteuerpflichtiger Warenvorzulegen, Auskünfte zu erteilen und die zur Durchführung der Steuerauf-sicht sonst erforderlichen Hilfsdienste leisten (Absatz 1 Satz 1).Absatz 1 Satz 2 verweist auf § 200 Absatz 2 Satz 2 Abgabenordnung.Nach Absatz 2 geltenden die vorgenannten Pflichten auch dann, wenn beieiner gesetzlich vorgeschriebenen Nachversteuerung verbrauchsteuerpflich-tiger Waren in einem der Steueraufsicht unterliegenden Betrieb oder Unter-nehmen festgestellt werden soll, an welche Empfänger und in welcher Men-ge nachsteuerpflichtige Waren geliefert worden sind.Nach Absatz 3 sind Vorkehrungen, die die Ausübung der Steueraufsichthindern oder erschweren, unzulässig.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wird die Vorschrift des§ 211 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung überlagert durch Artikel 14 Zollko-dex, nach dem zur Anwendung des Zollrechts alle Personen, die unmittelbaroder mittelbar an Vorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind,den Zollbehörden alle Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellenund jede erforderliche Unterstützung zu gewähren haben.Die Verweisung auf § 200 Absatz 2 Satz 2 Abgabenordnung bleibt auch fürden Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar, weil diese Vor-schrift nicht durch Gemeinschaftszollrecht überlagert wird300.§ 211 Absatz 2 Abgabenordnung kommt nach seinem Wortlaut ohnehin nurfür den Bereich der nicht grenzbezogenen Verbrauchsteuer in Betracht.§ 211 Absatz 3 Abgabenordnung ist auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar, weil das Gemeinschaftszollrecht keine entspre-chende Regelung kennt.Der nicht näher begründeten Meinung von Trzaskalik301, dass § 211 insge-samt durch Artikel 14 Zollkodex verdrängt werde, wird nach den vorstehen-den Ausführungen nicht gefolgt.

300 siehe oben zu § 200 Abgabenordnung.301 Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 211 AO Rz. 1.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 212Durchführungsvorschriften

§ 212 Abgabenordnung gibt dem Bundesministerium der Finanzen die Be-fugnis, durch Rechtsverordnung zur näheren Bestimmung der im Rahmender Steueraufsicht zu erfüllenden Pflichten anzuordnen, dass

1. bestimmte Handlungen nur in Räumen vorgenommen werden dür-fen, die der Finanzbehörde angemeldet sind oder deren Benutzungfür diesen Zweck von der Finanzbehörde besonders genehmigt wor-den ist,

2. Räume, Fahrzeuge, Geräte, Gefäße und Leitungen, die der Herstel-lung, Bearbeitung, Verarbeitung, Lagerung, Beförderung oder Mes-sung steuerpflichtiger Waren dienen oder dienen können, auf Kostendes Betriebsinhabers in bestimmter Weise einzurichten, herzurich-ten, zu kennzeichnen oder amtlich zu verschließen sind,

3. der Überwachung unterliegende Waren in bestimmter Weise behan-delt, bezeichnet, gelagert, verpackt, versandt oder verwendet werdenmüssen,

4. der Handel mit steuerpflichtigen Waren besonders überwacht wird,wenn der Händler zugleich Hersteller der Waren ist,

5. über die Betriebsvorgänge und über die steuerpflichtigen Waren so-wie über die zu ihrer Herstellung verwendeten Einsatzstoffe, Ferti-gungsstoffe, Hilfsstoffe und Zwischenerzeugnisse in bestimmterWeise Anschreibungen zu führen und die Bestände festzustellensind,

6. Bücher, Aufzeichnungen und sonstige Unterlagen in bestimmterWeise aufzubewahren sind,

7. Vorgänge und Maßnahmen in Betrieben oder Unternehmen, die fürdie Besteuerung von Bedeutung sind, der Finanzbehörde anzumel-den sind,

8. von steuerpflichtigen Waren, von Waren, für die ein Erlass, eine Er-stattung oder Vergütung von Verbrauchsteuern beansprucht wird,von Stoffen, die zur Herstellung dieser Waren bestimmt sind, sowievon Umschließungen dieser Waren unentgeltlich Proben entnom-men werden dürfen oder unentgeltlich Muster zu hinterlegen sind.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

187

Nach Absatz 2 bedarf die Rechtsverordnung, außer wenn sie die Biersteuerbetrifft, nicht der Zustimmung des BundesratesDie in Absatz 1 genannte Ermächtigung kann jedoch nur für die Bereichegreifen, die nicht ohnehin im Gemeinschaftszollrecht geregelt sind.So wird Absatz 1 Nr. 6 zum Beispiel überlagert durch Artikel 16 Zollkodex,der bestimmt, dass die Beteiligten alle Unterlagen mindestens drei Kalen-derjahre lang aufzubewahren haben.Darüber hinaus regelt Artikel 16 Zollkodex auch, wann die Dreijahresfristbeginnt.Bei einer durch eine vorangegangene Prüfung veranlasste Berichtigung derbuchmäßigen Erfassung sind die Unterlagen nach Artikel 16 2. UnterabsatzZollkodex über die Dreijahresfrist hinaus so lange aufzubewahren, dass diebuchmäßige Erfassung berichtigt und überprüft werden kann.§ 212 Absatz 1 Nr. 7 Abgabenordnung ist für den Bereich der Zollverfahrenmit wirtschaftlicher Bedeutung (Zolllagerverfahren, aktive Veredelung,Umwandlung unter zollamtlicher Überwachung, vorübergehende Verwen-dung und passive Veredelung) überlagert durch Artikel 87 Absatz 2 Zollko-dex.Für die Inanspruchnahme eines Verfahrens mit wirtschaftlicher Bedeutungbedarf es einer Bewilligung (Artikel 85 Zollkodex) und der Bewilligungsin-haber muss den Zollbehörden nach Artikel 87 Zollkodex Mitteilung über dieEreignisse machen, die nach Erteilung der Bewilligung eingetreten sind undsich auf deren Aufrechterhaltung oder Inhalt auswirken können.§ 212 Absatz 1 Nr. 8 wird durch Artikel 69 Absatz 1 Zollkodex verdrängt,der vorsieht, dass die Entnahme von Mustern und Proben vom Anmelderoder unter seiner Verantwortung vorgenommen werden.

§ 213Besondere Aufsichtsmaßnahmen

§ 213 Abgabenordnung regelt, dass Betriebe oder Unternehmen, deren In-haber oder leitende Angehörige wegen Steuerhinterziehung, versuchterSteuerhinterziehung oder wegen der Teilnahme an einer solchen Tat bestraftworden sind, auf ihre Kosten besonderen Aufsichtsmaßnahmen unterworfenwerden, wenn dies zur Gewährleistung einer wirksamen Steueraufsicht er-forderlich ist.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Die Vorschrift nennt insbesondere zusätzliche Anschreibungen und Melde-pflichten, der sichere Verschluss von Räumen, Behältnissen und Gerätensowie ähnliche Maßnahmen.Da das Gemeinschaftszollrecht keine entsprechende Regelung kennt, ist§ 213 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben weiterhin anwendbar.

§ 214Beauftragte

§ 214 Abgabenordnung bestimmt, dass derjenige, der sich zur Erfüllungsteuerlicher Pflichten durch einen Beauftragten vertreten lässt, der Zustim-mung der Finanzbehörde bedarf, es sei denn es handelt sich um die Vertre-tung in Einfuhrabgabensachen im Sinne von Artikel 4 Nr. 10 des Zollkode-xes und § 1 Absatz 1 Satz 3 des Zollverwaltungsgesetzes im Zusammenhangmit dem Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung im Sinne von Artikel 4 Nr.15 des Zollkodexes.Diese Vorschrift ist auch weiterhin für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben anwendbar.

§ 215Sicherstellung im Aufsichtsweg

§ 215 Absatz 1 Abgabenordnung regelt, dass die Finanzbehörde durchWegnahme, Anbringen von Siegeln oder durch Verfügungsverbot sicher-stellen kann:

1. verbrauchsteuerpflichtige Waren, die ein Amtsträger vorfindeta) in Herstellungsbetrieben oder anderen anmeldepflichtigen

Räumen, die der Finanzbehörde nicht angemeldet sind,b) im Handel ohne eine den Steuergesetzen entsprechende Ver-

packung, Bezeichnung, Kennzeichnung oder ohne vor-schriftsmäßige Steuerzeichen,

2. Waren, die im grenznahen Raum oder in Gebieten, die derGrenzaufsicht unterliegen, aufgefunden werden, wenn sie weder of-fenbar Gemeinschaftswaren noch den Umständen nach in den zoll-rechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind.,

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

189

3. die Umschließungen der in den Nummern 1 und 2 genannten Wa-ren,

4. Geräte, die zur Herstellung von verbrauchsteuerpflichtigen Warenbestimmt sind und die sich in einem der Finanzbehörde nicht ange-meldeten Herstellungsbetrieb befinden.

Absatz 2 bestimmt, dass über die Sicherstellung eine Niederschrift aufzu-nehmen ist und die Sicherstellung den betroffenen Personen mitzuteilen ist,soweit sie bekannt sind.Die Nrn. 2 und 3 sind durch Artikel 53 Zollkodex überlagert, der bestimmt,dass bei Nichterfüllung der Zollförmlichkeiten innerhalb der vorgesehenenFrist die Zollbehörde zur Regelung des Falles unverzüglich alle erforderli-chen Maßnahmen einschließlich der Veräußerung der Waren ergreifen kann.Das Gleiche gilt nach Artikel 57 Zollkodex, wenn die Zollbehörden fest-stellen, dass Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaftverbracht oder der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind. DieseVorschriften werden durch § 13 Zollverwaltungsgesetz302 ausgefüllt, der imeinzelnen die Verwertung von Waren regelt.Der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung303, dass § 215 Absatz 1 Nrn. 2bis 4 (alt) durch Gemeinschaftsrecht überlagert werden, kann nicht beige-treten werden, weil bezüglich Nr. 3 keine Überlagerung vorliegt, sondern dieRegelung vollständig gegenstandslos geworden war 304 und mit dem Steuer-änderungsgesetz 2001 daher aufgehoben wurde.Nr. 5 bezieht sich bereits von seinem Wortlaut nur auf den Bereich der Ver-brauchsteuern.Somit ist § 215 Abgabenordnung für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben nicht mehr anwendbar.

§ 216Überführung in das Eigentum des Bundes

§ 216 Abgabenordnung bezieht sich direkt auf § 215 Abgabenordnung undregelt die Überführung sichergestellter Waren in das Eigentum des Bundes.

302 Zollverwaltungsgesetz vom 21. Dezember 1992, BGBl. I S. 2125.303 Anmerkung zu § 215 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-

waltung S 0101.304 so wohl auch Klein/Rüsken, AO, § 215 Rz. 8.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

190

Da § 215 Abgabenordnung für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben keine Anwendung findet, ist auch § 216 Abgabenordnung für diesenBereich gegenstandslos.

§ 217Steuerhilfspersonen

§ 217 Abgabenordnung bestimmt, dass die Finanzbehörde zur Feststellungvon Tatsachen, die zoll- oder verbrauchsteuerrechtlich erheblich sind, Per-sonen, die vom Ergebnis der Feststellung nicht selbst betroffen werden, alsSteuerhilfspersonen bestellen kann.

Das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht kennt nicht den Begriff der Zoll-hilfsperson, so dass einer Anwendung dieser Vorschriften im Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben keine Bedenken entgegenstehen305.Rüsken306 weist darauf hin, dass entsprechend der bisherigen Regelung in§ 75 Zollkodex (gemeint ist Artikel 75 Zollkodex) der BMF nach § 19ZollVG der Eisenbahn des Bundes durch Rechtsverordnung zur Erleichte-rung des Verkehrs Hoheitsaufgaben übertragen kann. Das Gleiche gelte nach§ 19 Absatz 1 Satz 2 ZollVG auch für andere nach § 111 Absatz 1 Abga-benordnung zur Amtshilfe verpflichteten Verwaltungen des Bundes, sofernsie diese Aufgaben durch Bundesbeamte wahrnehmen. Diese Verwaltungenund die zu Zollhilfsorganen bestellten Unternehmen hätten den Zollstellenbei der zollamtlichen Überwachung und bei der Zollbehandlung des Perso-nen- und Güterverkehrs Hilfe zu leisten.Auch Rüsken geht damit zutreffend von der Möglichkeit des Einsatzes vonZollhilfspersonen aus.Nach Auffassung von Henke/Huchatz307 werden durch diese beispielhafteErwähnung allerdings die Konturen des § 217 Abgabenordnung verwischt,weil es sich bei diesen Verwaltungen eben nicht um Steuerhilfspersonenhandele, sondern vielmehr um Zollhilfsorgane.

305 A. A. Kühn/Hofmann, AO, § 217 Rz. 1, die im Hinblick auf Artikel 68 Buchstabe bZollkodex den Tätigkeitsbereich von Steuerhilfspersonen im Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben für äußerst eingeschränkt halten.

306 Klein/Rüsken, AO, § 217 Rz. 3.307 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 267, 268.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

191

Der Auffassung von Henke/Huchatz ist zuzustimmen. Das Wesen der Zoll-hilfsperson liegt darin, dass sie Tatsachen, die zoll- und verbrauchsteuer-rechtlich erheblich sind, festzustellen haben und damit die Grundlage füreine zollamtliche Behandlung schaffen. Ihr werden jedoch gerade keine ho-heitlichen Tätigkeiten auferlegt und sie erhält auch keine obrigkeitliche nochschlicht-hoheitliche Kompetenz gegenüber Dritten308. Nicht zuzustimmen istHenke/Huchatz jedoch in ihrer Aussage, dass eine Überlagerung des Arti-kels 217 Abgabenordnung vorliege, weil die Zollkodexdurchführungsver-ordnung in Artikel 398ff. für den Spezialbereich des zugelassenen Versen-ders bzw. Empfängers im Versandverfahren ebenfalls die Überlagerung vonHoheitsrechten auf die am Versandverfahren beteiligten Personen kenne.Henke/Huchatz unterliegen hier dem gleichen Fehler, den sie dem Vorgän-ger-Kommentator von Rüsken, Orlopp, vorwerfen. Gerade weil die Steuer-hilfsperson keine hoheitlichen Aufgaben erhält, liegt keine den Artikeln398ff. ZKDVO vergleichbare Regelung vor, so dass keine Überlagerungeintritt. Allerdings relativieren Henke/Huchatz ihre zuvor gemachte Aussagewenige Sätze später dadurch, dass sie darauf hinweisen, dass auch aus ge-meinschaftsfreundlicher Sicht keine Bedenken bestünden, die Vorschrift des§ 217 Abgabenordnung weiterhin lückenfüllend anzuwenden.

308 Durić, Hans-Peter: Bestellung und Überwachung von Steuerhilfspersonen, ZfZ 1982,102; Wolff, Hans-J. ./ Bachof, Otto/Stober, Rolf: Verwaltungsrecht Bd. 2, § 67 III 2d.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

192

5 FÜNFTER TEIL

ERHEBUNGSVERFAHREN

5. Fünfter Teil Erhebungsverfahren

5.1 ERSTER ABSCHNITT

Verwirklichung, Fälligkeit und Erlöschen vonAnsprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis

5.1 Erster Abschnitt Verwirklichung, Fälligkeit und Erlöschen von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis

5.1.1 1. UnterabschnittVerwirklichung und Fälligkeit aus dem

Steuerschuldverhältnis5.1.1 1. Unterabschnitt Verwirklichung und Fälligkeit aus dem Steuerschuldverhältnis

§ 218Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis

§ 218 Abgabenordnung regelt die Verwirklichung von Ansprüchen aus demSteuerschuldverhältnis.Grundlage für die Verwirklichung sind nach Absatz 1 die Steuerbescheide,Steuervergütungsbescheide, Haftungsbescheide und Verwaltungsakte, durchdie steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszu-schlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes. DieSteueranmeldungen stehen den Steuerbescheiden gleich.Nach Absatz 2 entscheidet die Finanzbehörde über Streitigkeiten, die dieVerwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, durchVerwaltungsakt. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsan-spruch betrifft.Diese Vorschrift wird nicht durch Gemeinschaftszollrecht überlagert undfindet auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben weiterhin Anwen-dung.

§ 219Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden

§ 219 Abgabenordnung betrifft Zahlungsaufforderungen bei Haftungsbe-scheiden.Zunächst wird auf die an früherer Stelle gemachten Ausführungen zur Haf-tung verwiesen. Der Haftungsschuldner darf nach dieser Vorschrift nur dannin Anspruch genommen werden, wenn eine Vollstreckung in das bewegliche

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

193

Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist,dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Diese Einschränkung sollnach Satz 2 nicht gelten, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haf-tungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat odergesetzlich verpflichtet war, Steuern einzubehalten oder zu Lasten eines an-deren zu entrichten. § 219 Satz 2 ist für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben gegenstandslos und geht für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben ins Leere. Dem Gemeinschaftszollrecht ist der Begriff desHaftenden fremd. Der Begriff des Zollschuldner in Artikel 201ff. Zollkodexist stattdessen so weit gefasst, dass alle Personen, die zur Zahlung einerZollschuld nach Artikel 201ff. Zollkodex verpflichtet sind, selbst schuldenund nicht für einen anderen haften.Nach Rüsken309 gilt das Subsidiaritätsgebot des § 219 Satz 1 Abgabenord-nung jedoch, sofern eine Haftung für Zollschulden z. B. nach Zivilrecht inBetracht kommt, wie im Fall der Haftung des Erwerbers eines Handelsge-schäftes oder des Vermögensübernehmers.

§ 220Fälligkeit

§ 220 Abgabenordnung regelt die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steu-erschuldverhältnis und verweist hierzu auf die Vorschriften der Steuergeset-ze (Absatz 1).Soweit es an einer besonderen Regelung über die Fälligkeit fehlt, bestimmtAbsatz 2, dass der Anspruch mit seiner Entstehung fällig wird, es sei denn,dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfristeingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1aus der Festsetzung von Ansprüchen, so tritt die Fälligkeit nicht vor Be-kanntgabe der Festsetzung ein. Zu den in Absatz 1 der Vorschrift genanntenSteuergesetzen gehört auch der Zollkodex der Europäischen Gemeinschaf-ten. Sein Artikel 222 regelt im einzelnen innerhalb welcher Fristen diebuchmäßig erfassten und dem Zollschuldner mitgeteilten Abgabenbeträgezu entrichten sind. Aufgrund dieser dezidierten Gemeinschaftsvorschrift istAbsatz 2 des § 220 Abgabenordnung gegenstandslos.

309 Klein/Rüsken, AO, § 219 Rz. 9.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Henke/Huchatz310 sehen zu Recht aus rechtsdogmatischen Gründen auchAbsatz 1 als überlagert an, weil eine nationale Vorschrift als Blankettnormnicht die Anwendung höherrangigen Gemeinschaftsrechts anordnen könne.

§ 221Abweichende Fälligkeitsbestimmung

§ 221 Abgabenordnung regelt einen Sonderfall der Fälligkeit für den Be-reich der Verbrauchsteuer und Umsatzsteuer und ist für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben nicht anwendbar.

§ 222Stundung

§ 222 Abgabenordnung enthält Regelungen zur Stundung von Ansprüchenaus dem Steuerschuldverhältnis. Eine Stundung ist möglich, wenn die Ein-ziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeutenwürde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint(Satz 1).Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistunggewährt werden (Satz 2).Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden,soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung desSteuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführenhat (Satz 3).Die Stundung des Haftungsanspruches gegen den Entrichtungspflichtigen istausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, dieeine Steuer enthalten, eingenommen hat (Satz 4).Diese Vorschrift ist grundsätzlich auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar. Zwar enthält der Zollkodex mit Artikel 229ebenfalls eine Vorschrift bezüglich Zahlungserleichterungen. Diese werdenjedoch im Gemeinschaftszollrecht nicht abschließend genannt, so dass einRückgriff auf die nationale Abgabenordnung als zulässig angesehen werdenmuss311.

310 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 271.311 so auch Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 229; Koch/Scholtz/Krabbe, AO, § 222 Rz.

3; Meesenburg, a.a.O., (FN 80), S. 44.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Allerdings wird Satz 2 des § 222 Abgabenordnung durch Artikel 229 Buch-stabe a Zollkodex insoweit überlagert, als dort geregelt wird, dass Zahlungs-erleichterungen grundsätzlich nur gegen Entrichtung einer Sicherheit ge-währt werden, wobei auf diese jedoch verzichtet werden kann, wenn sieaufgrund der Verhältnisse des Beteiligten zu erheblichen wirtschaftlichenoder sozialen Schwierigkeiten führen würde. Für den Bereich der Sicher-heitsanforderung bezüglich der Stundung von Einfuhr- und Ausfuhrabgabenkann § 222 Abgabenordnung daher nicht mehr angewandt werden.

§ 223Zahlungsaufschub

§ 223 Abgabenordnung bestimmt, dass bei Zöllen und Verbrauchsteuern dieZahlung fälliger Beträge auf Antrag des Steuerschuldners gegen Sicher-heitsleistung hinausgeschoben werden kann, soweit die Steuergesetze diesbestimmen.Diese Vorschrift wird durch die Artikel 224 bis 228 Zollkodex ergänzt, dieim Einzelnen regeln, wann ein Zahlungsaufschub gewährt werden kann.Der Auffassung von Tipke/Kruse312, dass die vorgenannten Vorschriften desZollkodexes einen in sich geschlossenen Regelungskreis bilden und dahernationales Recht ausschließen, wird nicht gefolgt. Aus dem Wortlaut des§ 223 Abgabenordnung ist klar ersichtlich, dass die Abgabenordnung selbstkeine abschließenden Tatbestände schaffen wollte313 oder wie Rüsken sagt:„so gesehen gar nichts regelt“314. Der Gesetzgeber hat daher auf die ein-schlägigen Steuergesetze verwiesen. Zu diesen Steuergesetzen gehört auchder Zollkodex der Gemeinschaften.Nach Auffassung des Verfassers stehen daher beide Vorschriften nebenein-ander.

312 Tipke/Kruse, AO, § 223 Rz. 2.313 so auch Tipke/Kruse, AO, § 223 Rz. 2.314 Klein/Rüsken, AO, § 223 Rz. 1.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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5.1.2 2. UnterabschnittZahlung, Aufrechnung, Erlass

5.1.2 2. Unterabschnitt Zahlung, Aufrechnung, Erlass

§ 224Leistungsort, Tag der Zahlung

§ 224 Abgabenordnung regelt den Leistungsort sowie den Tag der Zahlung.Nach Absatz 1 sind Zahlungen an die Finanzbehörden an die zuständigeKasse zu entrichten. Außerhalb des Kassenraums können Zahlungsmittelnur einem Amtsträger übergeben werden, der zur Annahme von Zahlungs-mitteln außerhalb des Kassenraumes besonders ermächtigt worden ist undsich hierüber ausweisen kann.

Diese Vorschrift ist auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar, weil das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht eine entsprechendeRegelung nicht kennt.Nach Absatz 2 gilt eine wirksam geleistete Zahlung als entrichtet:

1. bei Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln am Tag desEingangs,

2. bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Finanzbehördeund bei Einzahlung mit Zahlschein oder Postanweisung an dem Tag,an dem der Beitrag der Finanzbehörde gutgeschrieben wird,

3. bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung am Fälligkeitstag.

Auch diese Regelung findet weiterhin im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben mangels einer entsprechenden Gemeinschaftsvorschrift Anwen-dung.Nach Absatz 3 sind Zahlungen der Finanzbehörde unbar zu leisten. DasBundesfinanzministerium und die Landesfinanzbehörden können Ausnah-men zulassen. Als Tag der Zahlung gilt bei Überweisung oder Zahlungsan-weisung der dritte Tag nach der Hingabe oder Absendung des Auftrages andas Kreditinstitut oder, wenn der Betrag nicht sofort abgebucht werden soll,der dritte Tag nach der Abbuchung.Auch diese Regelung bleibt für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben anwendbar, weil das Gemeinschaftszollrecht keine vergleichbaren Vor-schriften enthält.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

197

Absatz 4 sieht letztlich vor, dass die zuständige Kasse für die Übergabe vonZahlungsmitteln gegen Quittung geschlossen werden kann. Absatz 2 Nr. 1gilt entsprechend, wenn bei der Schließung von Kassen nach Satz 1 am Ortder Kasse eine oder mehrere Zweiganstalten der Deutschen Bundesbankoder, falls solche am Ort der Kasse nicht bestehen, ein oder mehrere Kre-ditinstitute ermächtigt werden, für die Kasse Zahlungsmittel gegen Quittunganzunehmen.Auch diese Vorschrift findet weiterhin Anwendung.Zu dieser Vorschrift ist somit abschließend zu sagen, dass Artikel 223 Zoll-kodex, der die Zahlungsarten regelt durch den Verweis auf die geltendenVorschriften und damit auch auf das nationale Recht, genügend Spielraumfür die Anwendung des § 224 Abgabenordnung lässt.

§ 224aHingabe von Kunstgegenständen an Zahlungs statt

§ 224a Abgabenordnung regelt den Sonderfall der Hingabe von Kunstge-genständen an Zahlung statt für Erbschafts- und Vermögenssteuer und istdaher für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht anwendbar.

§ 225Reihenfolge der Tilgung

§ 225 Abgabenordnung bestimmt, in welcher Reihenfolge Steuerschuldendurch Zahlung zu tilgen sind. Grundsätzlich wird die Schuld getilgt, die derSteuerpflichtige bei der Zahlung bestimmt (Absatz 1).Trifft der Steuerpflichtige keine Bestimmung werden zunächst die Geldbu-ßen, dann nacheinander die Zwangsgelder, die Steuerabzugsbeträge, die üb-rigen Steuern, die Kosten, die Verspätungszuschläge, die Zinsen und dieSäumniszuschläge getilgt. Innerhalb dieser Reihenfolge sind die einzelnenSchulden nach ihrer Fälligkeit zu ordnen; bei gleichzeitig fällig gewordenenBeträgen und bei den Säumniszuschlägen bestimmt die Finanzbehörde dieReihenfolge der (Absatz 2).Wird die Zahlung im Verwaltungswege erzwungen und reicht der verfügba-re Betrag nicht zur Tilgung aller Schulden aus, derentwegen die Vollstrek-kung oder die Verwertung der Sicherheiten erfolgt ist, so bestimmt die Fi-nanzbehörde die Reihenfolge der Tilgung (Absatz 3).

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

198

Da das Gemeinschaftszollrecht keine entsprechende Regelung für die Til-gungsreihenfolge enthält, ist § 225 Abgabenordnung auch für den Bereichder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar.

§ 226Aufrechnung

§ 226 Abgabenordnung regelt die Aufrechnung mit Ansprüchen aus demSteuerschuldverhältnis sowie die Aufrechnung gegen diese Ansprüche undverweist auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (Absatz 1).Mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis kann nicht aufgerechnetwerden, wenn sie durch Verjährung oder Ablauf einer Ausschlussfrist erlo-schen sind (Absatz 2).Die Steuerpflichtigen können gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldver-hältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprü-chen aufrechnen (Absatz 3).Für die Aufrechnung gilt als Gläubiger oder Schuldner eines Anspruchesaus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft, die die Steuer ver-waltet.Nach Artikel 223 Satz 2 Zollkodex ist Aufrechnung möglich, wenn die gel-tenden Vorschriften dies vorsehen. Da zu den geltenden Vorschriften auchdie nationale Abgabenordnung gehört, ist § 226 Abgabenordnung auch fürden Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar315. Es kann jedochnur mit Ansprüchen und gegen Ansprüche aufgerechnet werden, die Erstat-tungen oder Abgaben im Sinne des Zollkodexes sind316.

§ 227Erlass

§ 227 Abgabenordnung regelt den Erlass und die Erstattung von Ansprü-chen aus dem Steuerschuldverhältnis aus Billigkeitsgründen.Diese Vorschrift wird für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben vom gemeinschafts-rechtlichen Zollrecht überlagert durch Artikel 239 Zollkodex.

315 Rozek in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 226 AO Rz. 9; Witte/Alexander, Zollkodex,Art. 223.

316 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 25; Koch/Scholtz/Helsper, AO § 226 Rz. 8.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

199

Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes dürfen nach Gemein-schaftsrecht geschuldete Abgaben nicht nach einer im innerstaatlichen Rechteines Mitgliedstaates vorgesehenen Billigkeitsvorschrift erlassen (oder er-stattet) werden, soweit hierdurch die Wirkung der gemeinschaftsrechtlichenVorschriften bezüglich der Besteuerungsgrundlage, der Voraussetzungen derVeranlagung und der Höhe der betroffenen Abgabe beeinträchtigt würde317.Nach Baumann318 kommt es bei der Frage, ob neben dem Gemeinschafts-recht auch nationales Billigkeitsrecht Anwendung findet, darauf an, ob eineGemeinschaftskompetenz besteht, die auch tatsächlich ausgenutzt wordenist. Dies ist ihrer Auffassung nach, der zu folgen ist, hier der Fall, so dassausschließlich Gemeinschaftsrecht gelte.Auch in der nationalen Finanzrechtsprechung ist unbestritten, dass für denBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben die Vorschriften des nationalenBilligkeitsrechts keine Anwendung finden. So hat beispielsweise das Fi-nanzgericht des Landes Brandenburg entschieden, dass der Erlass gemein-schaftsrechtlich geschuldeter Einfuhrabgaben aus Billigkeitsgründen außer-halb der in Art. 236 bis 239 Zollkodex geregelten Fälle ist nicht möglich seiund die §§ 163, 227 Abgabenordnung nicht ergänzend anwendbar seien319.Dieses Urteil ist in seinen wesentlichen Aussagen vom BFH bestätigt wor-den320, der für nationale Verbrauchsteuern hierzu ausführte, dass das kraftausdrücklicher Verweisung geltende Gemeinschaftsrecht als spezifische Re-gelung die nach nationalem Recht in § 227 Abs. 1 der Abgabenordnung(Abgabenordnung 1977) enthaltene Billigkeitsregelung ausschließe.Wenn das nationale Billigkeitsrecht bereits für den Bereich der nationalenVerbrauchsteuern, die als Einfuhrabgaben geschuldet werden, keine Anwen-dung findet, so hat dies erst recht für die gemeinschaftsrechtlich geschulde-ten Einfuhrabgaben zu gelten.Auch nach Dolfen321 scheidet eine – auch subsidiäre – Anwendung des deut-schen Abgabenrechts bezüglich Erstattung oder Erlass von Abgaben unterder Geltung des Zollkodexes aus. Nach Artikel 1 Zollkodex stellten derZollkodex sowie die auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicher Ebenehierzu erlassenen Durchführungsvorschriften das Zollrecht dar. Mit der ein-heitlichen Geltung des gemeinschaftlichen Zollrechts im gesamten Zollge-

317 EuGH vom 28.6.1977, Rs 118/76, EuGHE 1977, 1177.318 Baumann, Ursula: Vorschlag für einen Zollkodex der Gemeinschaften; Stand der

Erörterungen in den Institutionen der Gemeinschaft, ZfZ 1991, 212, 215.319 FG Brandenburg vom 2.8.1995, 4 K 359/95 Z, EFG 1995, 1067.320 BFH vom 21.5.1999, VII R 106/95, BFHE 189, 218.321 Dolfen, Michael, a.a.O., (FN 249), 756; A. A. Tipke/Kruse AO, § 227 Rz. 5a.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

200

biet der Gemeinschaft ließen sich nationale Vorschriften nicht vereinbaren,die neben oder subsidiär zu dem abschließenden System der Artikel 235 bis242 Zollkodex eine nachträgliche Korrektur von Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben auf einzelstaatlicher Ebene ermöglichen.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung322 findet jedoch keineÜberlagerung durch Artikel 235, 236, 237 und 238 Zollkodex statt. Artikel235 Zollkodex enthält lediglich eine Legaldefinition für die Begriffe Erlassund Erstattung. Artikel 237 Zollkodex enthält eine Erstattungsmöglichkeitaus Rechtsgründen für die Fälle, in denen eine Zollanmeldung für ungültigerklärt worden ist, nachdem die Abgaben entrichtet worden sind.Artikel 238 Zollkodex sieht eine Erlass- und Erstattungsmöglichkeit vor,wenn nachgewiesen wird, dass der buchmäßig erfasste Betrag Waren be-trifft, die vom Einführer wegen Schadhaftigkeit zurückgewiesen wurdenoder weil sie nicht den Vertragsbedingungen entsprachen. Das gleiche giltfür Waren, die vor der Überlassung beschädigt worden sind. Lediglich Arti-kel 239 Zollkodex enthält eine Erlass- und Erstattungsmöglichkeit aus Bil-ligkeitsgründen. Es müssen Umstände vorliegen, die nicht auf betrügerischeAbsicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführensind.Für Säumniszinsen enthält Artikel 232 Absatz 2 Buchstabe a Zollkodex eineBilligkeitsregelung eigener Art, denn nach dieser Vorschrift können Säum-niszinsen erlassen werden, wenn diese aufgrund der Verhältnisse der Betei-ligten zu erheblichen wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten führenwürden. Eine wortgleiche Regelung enthält Artikel 229 Satz 3 Zollkodex fürKreditzinsen.

5.1.3 3. UnterabschnittZahlungsverjährung

5.1.3 3. Unterabschnitt Zahlungsverjährung

§ 228Gegenstand der Verjährung, Verjährungsfrist

§ 228 Abgabenordnung regelt den Gegenstand der Zahlungsverjährung so-wie die Verjährungsfrist. Gegenstand der Verjährung sind Ansprüche ausdem Steuerschuldverhältnis. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre.

322 Anmerkung zu § 227 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

201

Da das Gemeinschaftszollrecht keine Regelungen zur Zahlungsverjährungenthält, ist § 228 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar, weil nicht angenommen werden kann, dass dieDurchsetzung buchmäßig erfasster Abgaben zeitlich unbegrenzt zulässigsein soll.Die von Wockenfoth323 vertretene gegenteilige Auffassung wird nicht geteilt.Aufgrund der Rechtssicherheit – auf diesen Grundsatz wird später noch inanderem Zusammenhang eingegangen werden – muss für den Abgaben-pflichtigen feststehen, ab welchem Zeitpunkt die Zollverwaltung ihre An-sprüche nicht mehr geltend machen darf.

§ 229Beginn der Verjährung

§ 229 Abgabenordnung regelt den Beginn der Verjährungsfrist und be-stimmt, dass diese mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Ansprucherstmals fällig wird, beginnt. Sie beginn jedoch nicht vor Ablauf des Kalen-derjahres, in dem die Festsetzung eines Anspruches aus dem Steuerschuld-verhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirk-sam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt, wobei eine Steueran-meldung einer Steuerfestsetzung gleichsteht (Absatz 1).Ist ein Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung ergangen, so beginntdie Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Haftungsbescheidwirksam geworden ist (Absatz 2).Da das Gemeinschaftszollrecht keine Regelungen zur Zahlungsverjährungenthält, ist § 229 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar.

§ 230Hemmung der Verjährung

§ 230 Abgabenordnung sieht vor, dass die Verjährung gehemmt ist, solangeder Anspruch wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate derVerjährungsfrist nicht verfolgt werden kann.

323 Schwarz/Wockenfoth: Zollrecht, Art. 220 ZK Rz. 5.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

202

Da das Gemeinschaftszollrecht keine Regelungen zur Zahlungsverjährungenthält, ist § 230 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar.

§ 231Unterbrechung der Verjährung

§ 231 Abgabenordnung behandelt Fälle der Verjährungsunterbrechung.Er zählt in seinem Absatz 1 auf, welche Umstände zur Unterbrechung füh-ren, nämlich schriftliche Geltendmachung des Anspruches, Zahlungsauf-schub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Sicherheitsleistung, Voll-streckungsaufschub, Vollstreckungsmaßnahmen, Anmeldung im Insolvenz-verfahren, Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichenSchuldenbereinigungsplan, Einbeziehung in ein Verfahren, das die Rest-schuldbefreiung für den Schuldner zum Ziel hat, Ermittlungen der Finanz-behörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichti-gen.Absatz 2 bestimmt sodann wie lange die Unterbrechung für die vorgenann-ten Umstände andauert.Absatz 3 bestimmt, dass mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unter-brechung geendet hat, eine neue Verjährungsfrist beginnt.Absatz 4 regelt, dass die Verjährung nur in Höhe des Betrages unterbrochenwird, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.Da das Gemeinschaftszollrecht keine Regelungen zur Zahlungsverjährungenthält, ist § 231 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar.

§ 232Wirkung der Verjährung

§ 232 Abgabenordnung bestimmt, dass durch die Verjährung der Anspruchaus dem Steuerschuldverhältnis und die von ihm abhängenden Zinsen erlö-schen.Da das Gemeinschaftszollrecht keine Regelungen zur Zahlungsverjährungenthält, ist § 232 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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5.2. ZWEITER ABSCHNITT

Verzinsung, Säumniszuschläge5.2. Zweiter Abschnitt Verzinsung, Säumniszuschläge

5.2.1 1. UnterabschnittVerzinsung

5.2.1 1. Unterabschnitt Verzinsung

§ 233Grundsatz

§ 233 Abgabenordnung bestimmt, dass Ansprüche aus dem Steuerschuld-verhältnis nur verzinst werden, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist.Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen und die entsprechenden Erstat-tungsansprüche werden nicht verzinst.Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine entsprechende Regelung, so dassdiese Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben an-wendbar bleibt. Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben bedeutetdiese Regelung, dass eine Verzinsung nur dann in Betracht kommt, wenn sieim Zollkodex der Europäischen Gemeinschaften gesondert geregelt ist.Entgegen der Auffassung von Tipke/Kruse324 lässt sich nicht pauschal be-haupten, dass der Zollanspruch nicht verzinst wird. Vielmehr sieht Artikel229 Buchstabe b Zollkodex ausdrücklich vor, dass die Gewährung vonZahlungserleichterungen die Erhebung von Kreditzinsen mit sich bringt, essei denn deren Erhebung würde zu wirtschaftlichen oder sozialen Schwie-rigkeiten beim Zollschuldner führen. Im Übrigen widerlegen sich Tip-ke/Kruse selbst, indem einerseits behauptet wird, Artikel 241 Zollkodex se-he keine Verzinsung vor, im gleichen Absatz jedoch auf die Verzinsung nachArtikel 241 Absatz 1 Satz 2 Zollkodex verwiesen wird, wonach Zinsen zuzahlen sind, wenn eine Entscheidung, mit der einem Erstattungsantrag statt-gegeben wird, nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrem Ergehen voll-zogen wird.Auch Henke/Huchatz325 haben diesen Zinsentstehungstatbestand offenbarübersehen, wenn sie behaupten, Artikel 241 Zollkodex selbst sehe eine Ver-zinsung der Erstattung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht vor.Darüber hinaus sieht der Zollkodex für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben weitere Zinstatbestände vor. Nach seinem Artikel 232 Absatz 1

324 Tipke/Kruse, AO, Vor § 233 Rz. 9.325 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 232.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Buchstabe b werden zusätzlich zu dem Abgabenbetrag Säumniszinsen erho-ben, wenn der Abgabenbetrag nicht fristgerecht entrichtet wird, es sei denn,die Säumniszinsen würden aufgrund der Verhältnisse des Beteiligten zu er-heblichen wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten führen, oder derBetrag übersteigt einen nach dem Ausschussverfahren festgesetzten Betragnicht oder die Entrichtung des Abgabenbetrags erfolgt innerhalb von fünfTagen nach Ablauf der dafür festgesetzten Frist.Des Weiteren können auch bei der Aussetzung der Vollziehung von Abga-benbescheiden nach Artikel 244 Zollkodex Zinsen erhoben werden. DieAussetzung der Vollziehung eines Abgabenbescheids tritt als Folge derEinlegung eines Rechbehelfs ein, wenn die Zollbehörden begründete Zwei-fel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenndem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Nach Artikel245 Zollkodex werden die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens vonden Mitgliedstaaten geregelt. Zur Erhebung von Aussetzungszinsen wird aufdie Ausführungen zu § 237 Abgabenordnung verwiesen326.Somit lässt sich für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben feststel-len, dass die Vorschrift der Abgabenordnung lediglich eine Rahmenregelungdarstellt, die durch die Vorschriften des Zollkodexes ausgefüllt wird.

§ 233aVerzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen

§ 233a Abgabenordnung regelt die Verzinsung von Steuernachforderungenund Steuerstattungen im Bereich der Einkommens-, Körperschafts-, Vermö-gens-, Umsatz- oder Gewerbesteuer und ist daher für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben nicht einschlägig.

§ 234Stundungszinsen

§ 234 Abgabenordnung sieht vor, dass für die Dauer einer gewährten Stun-dung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis Zinsen erhoben wer-den. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geän-dert oder nach § 129 Abgabenordnung berichtigt, so bleiben die bis dahinentstandenen Zinsen unberührt (Absatz 1).

326 siehe unten zu § 237 Abgabenordnung.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhe-bung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre (Absatz 2).Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sindanzurechnen (Absatz 3).Die Stundung des Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbetrages ist ein Unterfall derin Artikel 229 Zollkodex erwähnten Zahlungserleichterung. Die Einräu-mung dieser Zahlungserleichterung hat nach Artikel 229 Buchstabe b Zoll-kodex die Erhebung von Kreditzinsen zur Folge, es sei denn deren Erhebungwürde zu erheblichen wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten desBeteiligten führen. Die in Artikel 229 Zollkodex geregelten Kreditzinsenentsprechen den Stundungszinsen der Abgabenordnung. Sowohl § 234 Ab-satz 1 als auch sein Absatz 2, der eine Billigkeitsregelung enthält, die demArtikel 229 Satz 3 Zollkodex entspricht, werden daher von dem Gemein-schaftszollrecht überlagert.Der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung327, wonach lediglich § 234 Ab-satz 2 Abgabenordnung überlagert ist, kann daher nicht gefolgt werden.§ 234 Absatz 3 Abgabenordnung nimmt Bezug auf § 233a Abgabenordnungund ist daher für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht ein-schlägig.Keine Überlagerung tritt in den Fällen ein, in denen Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden, weil das Ge-meinschaftszollrecht den Begriff des Haftenden nicht kennt und daher fürHaftungsbescheide der Artikel 229 Zollkodex keine Anwendung findet.Vielmehr richtet sich in diesen Fällen die Erhebung von Stundungszinsennach den nationalen Vorschriften.

§ 235Verzinsung von hinterzogenen Steuern

§ 235 Abgabenordnung regelt die Verzinsung von hinterzogenen Steuern.Der erlangte Zinsvorteil soll beim Nutznießer der Steuerhinterziehung abge-schöpft werden328.

327 Anmerkung zu § 234 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

328 Tipke/Kruse, AO, § 235 Rz. 1;BFH vom 27.8.1991, VIII R 84/89,BStBl. II 1992, 9.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Da das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht keine entsprechenden Regelungenenthält, findet § 235 Absätze 1 bis 3 Abgabenordnung auch für den Bereichder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben Anwendung.Absatz 4 nimmt wiederum auf § 233a Abgabenordnung Bezug und ist daherfür den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht einschlägig.Die von Henke/Huchatz329 vertretene Auffassung, dass die Nebenleistungenim Zollkodex abschließend geregelt sind und daher § 235 Abgabenordnungim Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keine Anwendung findet, wirdnicht geteilt. Die Erhebung von Hinterziehungszinsen sollte gemeinschafts-rechtlich nicht geregelt werden. Allerdings war ihre Erhebung in den demZollkodex vorhergehenden Bestimmungen über die buchmäßige Erfassungindirekt zulässig. Dies beruhte auf dem Verbot, andere als in Artikel 19 derVerordnung über die buchmäßige Erfassung genannte Zinsen zu erheben. ImZollkodex ist dieses Verbot nicht aufgenommen worden, so dass auch dieentsprechenden Vorschriften nicht übernommen wurden330. Ein weiteres Ar-gument für die Anwendung des § 235 Abgabenordnung auch für den Be-reich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wird von Henke/Huchatz selbst er-wähnt, indem sie darauf hinweisen, dass die Hinterziehungszinsen eher zumSteuerstrafrecht als zum Steuerschuldrecht zu rechnen seien und der Zollko-dex-Gesetzgeber für das Steuerstrafrecht keine Kompetenz hatte oder aus-üben wollte. Allerdings folgen sie ihrem eigenen Hinweis nicht und weisen– im Ergebnis zu Recht – darauf hin, dass Hinterziehungszinsen keine straf-rechtliche Sanktion bilden, sondern, wie oben dargestellt, beim Nutznießerden Steuervorteil abschöpfen wollen.Nicht gefolgt werden kann jedoch ihrer Auffassung, dass aufgrund der Tat-sache, dass derartige Nebenleistungen wie Hinterziehungszinsen in anderenMitgliedstaaten nicht erhoben werden, diese als Abgaben gleicher Wirkungdiskriminierenden Charakter haben. Sie berufen sich hierbei auf die Auffas-sung von Beschel/Vaulont331 in der Kommentierung zum EWG-Vertrag.Hierzu ist jedoch klarzustellen, dass aus den Ausführungen von Be-schel/Vaulont sich überhaupt kein Verbot für die Erhebung von Hinterzie-hungszinsen herleiten lässt. Beschel/Vaulont weisen zwar darauf hin, dassder EG-Vertrag auch für Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle ein aus-drückliches Verbot statuiere. Im nächsten Absatz der Kommentierung „Zum

329 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 232.330 BMF: Anwendung der AO-Zinsregelungen nach Inkrafttreten des Zollkodexes, ZfZ

1994, 153.331 Beschel, Manfred/Vaulont, Nikolaus in Groeben/Thiesing/Ehlermann: Kommentar

zum EWG-Vertrag, Artikel 12, Rz. 6 .

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

207

Begriff der Abgabe“ erläutern sie die Abgabe als „jede den freien Waren-verkehr beeinträchtigende finanzielle Belastung“332.Es wird wohl auch von Henke/Huchatz nicht bestritten werden können, dassHinterziehungszinsen den freien Warenverkehr nicht beeinträchtigen.Noch deutlicher wird die Unhaltbarkeit der These von Henke/Huchatz, wennman die Ausführungen von Beschel/Vaulont in Kapitel 3 zu Artikel 12„Grenzüberschreitung als Erhebungsgrund“ liest: Danach muss die Abga-benerhebung ihren spezifischen Grund darin haben, dass die belasteten Wa-ren die Grenze überschreiten333. Dieses Tatbestandsmerkmal sei immer dannerfüllt, wenn eine hoheitliche Belastung lediglich die ein- (bzw. aus-)geführte Ware treffe334. Es dürfte jedem einleuchten, dass Hinterziehungs-zinsen mit der Grenzüberschreitung allenfalls mittelbar zu tun haben, jeden-falls aber nicht die Waren damit belastet sind.Auch Alexander steht der Anwendung des nationalen Rechts positiv gegen-über. Seiner Meinung nach gehe es zu weit, aus der Tatsache, dass das Ge-meinschaftsrecht keine Regelungen über Zusagen und steuerliche Nebenlei-stungen enthalte, den Schluss zu ziehen, Derartiges sei vom Zollkodex nichtgewollt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zollkodex diese Zin-sen und steuerlichen Nebenleistungen habe untersagen wollen335. Alexanderführt als Nachweis seiner Auffassung die lückenhafte Regelung des Artikels241 Zollkodex an, der zwar Zinsen auf Erstattungsbeiträge vorsehe, nichtjedoch bei erfolgreichen Klagen gegen Abgabenbescheide für bereits ent-richtete Einfuhrabgaben. Diese Regelungslücke zeige, dass dieser Bereichim Zollkodex nicht abschließend geregelt sei.Einer Anwendung des § 235 Absatz 1 bis 3 stehen daher keine rechtlichenBedenken entgegen336.

§ 236Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge

§ 236 Abgabenordnung enthält Bestimmungen über Prozesszinsen auf Er-stattungsbeträge. Nach dieser Vorschrift ist der zu erstattende oder zu ver-

332 Beschel, Manfred/Vaulont, Nikolaus, a.a.O., (FN 331), Art. 12, Rz 7.333 Beschel, Manfred/Vaulont, Nikolaus, a.a.O., (FN 331), Art. 12, Rz. 8; EuGH vom

1.7.1969, Rs 2 und 3/69, Sammlung der Rechtsprechung 1969, 211, 228.334 Beschel, Manfred/Vaulont, Nikolaus, a.a.O., (FN 331), Art. 12, Rz. 8 und Rz. 11.335 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 232, Rz. 9.336 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 20.

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gütende Betrag grundsätzlich vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zumAuszahlungstag zu verzinsen, wenn durch eine rechtskräftige gerichtlicheEntscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzteSteuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt wird (Absatz 1).Diese Vorschrift ist auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar, weil Artikel 241 2. Anstrich Zollkodex vorsieht, dass Zinsen aufErstattungsbeträge zu entrichten sind, wenn dies aufgrund der einzelstaatli-chen Bestimmungen vorgesehen ist. § 236 Absatz 1 Abgabenordnung fülltdamit die Regelung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung aus.Das Gleiche gilt für die Regelung des § 236 Absatz 2 Abgabenordnung,wonach auch dann eine Verzinsung erfolgt, wenn sich der Rechtsstreit durchAufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes oder durchErlass des beantragten Verwaltungsaktes erledigt hat oder eine rechtkräftigegerichtliche Entscheidung oder ein unanfechtbarer Verwaltungsakt, durchden sich der Rechtsstreit erledigt hat,

a) zur Herabsetzung der in einem Folgebescheid festgesetzten Steuerbzw.

b) zur Herabsetzung der Gewerbesteuer nach Änderung des Gewerbe-steuermessbetrages führt.

Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Buchstabe b für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben nicht einschlägig ist.Anwendung findet auch Absatz 3, wonach ein zu erstattender oder zu ver-gütender Betrag nicht verzinst wird, soweit dem Beteiligten die Kosten desRechtsbehelfs nach § 137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung auferlegt wor-den sind.Keine Anwendung findet indes Absatz 4, der wiederum auf § 233a Abga-benordnung verweist und damit für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben nicht einschlägig ist.Nach dem wiederum anwendbaren Absatz 5 ist ein Zinsbescheid nicht auf-zuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss desRechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 Abgaben-ordnung berichtigt wird.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Da somit § 236 Abgabenordnung nicht zur Gänze anwendbar ist, kann derAuffassung der Bundesfinanzverwaltung337 und Rüsken338 nicht zugestimmtwerden, dass der § 236 Abgabenordnung über Artikel 241 zweiter Anstrichausnahmslos anwendbar ist.

§ 237Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung

§ 237 Abgabenordnung regelt die Erhebung von Zinsen bei Aussetzung derVollziehung. Die Aussetzungszinsen sind das laufzeitabhängige Entgelt fürdie durch die Aussetzung gewährte Kapitalnutzung339. Sie gleichen denZinsvorteil aus, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er den Abga-benbetrag nicht schon bei Fälligkeit, sondern erst nach Beendigung der Aus-setzung der Vollziehung zahlt340.Auch das Gemeinschaftszollrecht enthält Regelungen zur Aussetzung derVollziehung. Nach Artikel 244 Satz 2 Zollkodex setzen die Zollbehörden dieVollziehung der Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründeteZweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oderwenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Artikel244 Zollkodex sieht zwar keine Regelung über die Erhebung von Ausset-zungszinsen vor. Nach Artikel 245 Zollkodex werden jedoch die Einzelhei-ten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mitgliedstaaten geregelt.Für die Erhebung von Aussetzungszinsen im Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben sind daher wegen der nicht abschließenden Regelung des Arti-kel 244 Zollkodex die nationalen Vorschriften des § 237 Abgabenordnunganwendbar.§ 237 Absatz 3 Abgabenordnung ist für diesen Bereich jedoch nicht ein-schlägig, weil die darin enthaltene Regelung sich auf die Aussetzung derVollziehung eines Gewerbesteuermessbescheides oder Gewerbesteuerbe-scheides bezieht.

337 Anmerkung zu § 236 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

338 Klein/Rüsken, AO, § 236 Rz. 3 mit Hinweis auf Henke, Reginhard / Huchatz, Wolf-gang, a.a.O., (FN 71), 226.

339 BFH vom 20.5.1987, II R 44/84, BStBl. II 1988, 229; vom 25.7.1995, IX R 38/93,BStBl. II 1995, 835.

340 BFH vom 21.2.1991, V R 105/84, BStBl. II 1991, 498; FG München vom 31.1.1997,8 K 2120/96, EFG 1997, 855.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Rüsken341 lässt diese Frage offen, weist aber darauf hin, dass Artikel 244Zollkodex nur die Regelung des Rechtsbehelfsverfahrens dem nationalenRecht überlässt.Auch nach Auffassung von Kühn/Hofmann342 kommen Aussetzungszinsenbei Aussetzung der Vollziehung von Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbeschei-den nicht in Betracht. Die Vorschriften des Zollkodexes über die Aussetzungder Vollziehung in Artikel 244 Absatz 2 Zollkodex träfen keine Regelungüber die Verzinsung, obwohl der Zollkodex sehr wohl Zinsvorschriften ken-ne. Artikel 245 Zollkodex überlasse nur die Einzelheiten des Rechtsbehelfs-verfahrens den Mitgliedstaaten. Die Regelung von Verzinsungsfragen ge-hörten jedoch dem materiellen und nicht dem Verfahrensrecht an.Die zuvor dargestellten Auffassungen verkennen jedoch, dass es sich bei derAussetzung der Vollziehung und der Zinserhebung im Rahmen der Ausset-zung der Vollziehung um untrennbare Anhängsel zum Rechtsbehelfsverfah-ren handelt.Darüber hinaus legen Kühn/Hofmann den Begriff des Verfahrens zu eng aus.Gemeint ist mit diesem Begriff alles, was mit dem Rechtsbehelf zu tun hatund nicht im Zollkodex geregelt ist.Auch Henke/Huchatz343 gehen von einer Anwendbarkeit der Vorschrift aus.Sie weisen völlig zu Recht darauf hin, dass die Zinsen bei Aussetzung derVollziehung als eine „Einzelheit des Rechtsbehelfsverfahren“ verstandenwerden muss. Inhaltlich gehöre die Verzinsung von im Rechtsbehelfsverfah-ren ausgesetzten Beträgen zum Rechtsbehelfsverfahren selbst. Demnachbestünden keine Bedenken, bei einer Aussetzung der Vollziehung nach Arti-kel 244 Zollkodex Aussetzungszinsen nach § 237 Abgabenordnung zu erhe-ben.

§ 238Höhe und Berechnung der Zinsen

§ 238 Abgabenordnung regelt die Höhe und die Berechnung der Zinsen.Nach Absatz 1 betragen diese für jeden Monat einhalb vom Hundert.Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monatezu zahlen; angefangene Monate bleiben danach außer Ansatz.

341 Klein/Rüsken, AO, § 237 Rz. 3.342 Kühn/Hofmann, AO, § 237 Anm. 1.343 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 232.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

211

Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, andem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.Absatz 2 enthält eine Abrundungsregelung.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist zu berücksichtigen,dass Artikel 229 Buchstabe b Zollkodex für die Kreditzin-sen/Stundungszinsen und Artikel 241 Satz 3 Zollkodex für die Prozesszin-sen Regelungen über die Höhe der Zinsen enthalten. Verwiesen wird in bei-den Vorschriften auf den nationalen Geld- und Kapitalmarkt.Artikel 232 Absatz 1 Buchstabe b enthält hinsichtlich der zu erhebendenSäumniszinsen keine Regelung zur Zinshöhe, erlaubt es aber den Zollbehör-den, Mindestbeträge für die Säumniszinsen festzulegen. Da eine regelmäßi-ge Anpassung des Zinssatzes an die sich ändernden Marktzinsen aus ver-waltungsökonomischen Gründen nicht möglich ist, hat der Gesetzgeber an-stelle des jeweils aktuellen Marktzinssatzes einen Durchschnittszinssatznormiert. Das langjährige Mittel der auf dem deutschen Geld- und Kapital-markt berechneten Zinssätze beträgt 6% für ein Jahr. Dieser Durchschnitts-zinssatz hat Eingang in die Zinshöhenregelung der Abgabenordnung gefun-den und entspricht dem dort normierten Zinssatz von einhalb von Hundertfür jeden Monat.Entgegen der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung344 liegt hier hinsicht-lich der Höhe der Stundungszinsen und der Prozesszinsen jedoch keineÜberlagerung der nationalen Regelungen durch Gemeinschaftsrecht vor. Dabeide Vorschriften keine genauen Zinshöhen festlegen, sondern nur auf dennationalen Geld- und Kapitalmarkt verweisen, handelt es sich vielmehr umRahmenvorschriften, die durch die nationalen Regelungen erst ausgefülltwerden.Nach Auffassung des Verfassers ist daher § 238 Absatz 1 Abgabenordnunghinsichtlich der Zinshöhe auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben vollständig anwendbar.Soweit Henke/Huchatz345 die Vorschrift des § 238 Absatz 1 Satz 1 Abga-benordnung nicht mehr für anwendbar halten, weil die Vorschriften desZollkodexes über die Verzinsung jeweils Vorschriften über die Zinshöheenthielten, wird von ihnen übersehen, dass der Zollkodex eben gerade keinepräzisen Angaben zur Zinshöhe macht. Henke/Huchatz ist jedoch insoweit

344 Anmerkung zu § 238 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

345 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 232.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Recht zu geben, dass die Abrundungsregelung des Artikels 238 Absatz 2Abgabenordnung für den Bereich der gemeinschaftsrechtlich geschuldetenAbgaben keine Anwendung findet, weil der Zollkodex weder eine entspre-chende Regelung noch einen Verweis auf das nationale Recht enthält unddaher davon auszugehen ist, dass der ungekürzte Abgabenbetrag zu verzin-sen ist.

§ 239Festsetzung der Zinsen

§ 239 Abgabenordnung regelt die Festsetzung der Zinsen und verweist inseinem Absatz 1 auf die geltenden Vorschriften für die Steuern, mit derMaßgabe, dass die Festsetzungsfrist lediglich ein Jahr beträgt. Die Vorschriftverweist zwar allgemein auf die für Steuern geltenden Vorschriften, meintaber nur die Vorschriften über die Festsetzung der Steuern346. Zinsen sindsomit nach § 155 Abgabenordnung, soweit nichts anderes vorgeschriebenist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festzusetzen. § 155 Satz 2Abgabenordnung regelt, dass der Steuerbescheid der nach § 122 Absatz 1Abgabenordnung bekannt gegebene Verwaltungsakt ist.Diese beiden Regelungen finden auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben Anwendung, weil Artikel 217 Absatz 1 Zollkodex bestimmt,dass der Abgabenbetrag bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von denZollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige stattdessen ver-wendete Unterlagen eingetragen wird.Nach Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex ist der Abgabenbetrag dem Zoll-schuldner in geeigneter Form mitzuteilen ist, sobald der Betrag buchmäßigerfasst worden ist. Diese in Artikel 221 Absatz 1 Zollkodex nicht näher de-finierte „geeignete Form“ wird auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben spezifiziert als der Steuerbescheid nach § 155 Absatz 1 Abga-benordnung.Hinsichtlich der Festsetzungsfrist verweist § 239 Absatz 1 Abgabenordnungnicht auf die Vorschriften zur Steuerfestsetzung, sondern enthält eine Spezi-alregelung.Da das Gemeinschaftsrecht keine eigene Festsetzungsfrist für Zinsen kennt,ist diese Regelung auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenanwendbar, wobei Absatz 1 Nr. 1 nicht den Zollbereich berührt.

346 Tipke/Kruse, AO, § 239 Rz. 1.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

213

Ebenfalls anwendbar ist § 239 Absatz 2 Abgabenordnung, der vorgibt, dassZinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzuset-zen sind und nur dann festgesetzt werden, wenn sie mindestens 10 Euro be-tragen.

5.2.2. 2. UnterabschnittSäumniszuschläge

5.2.2. 2. Unterabschnitt Säumniszuschläge

§ 240Säumniszuschläge

§ 240 Abgabenordnung regelt die Erhebung von Säumniszuschlägen.Nach Absatz 1 Satz 1 ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis einSäumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 Euro nachunten abgerundeten Steuerbetrages zu entrichten, wenn eine Steuer nicht biszum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird.Dieser Zinsentstehungstatbestand wird durch Artikel 232 Absatz 1 Zollko-dex überlagert, der vorsieht, dass zusätzlich zu dem Abgabenbetrag Säum-niszinsen erhoben werden, wenn der Abgabenbetrag nicht fristgerecht ent-richtet worden ist.Die in § 240 Absatz 1 Satz 1 geregelte Dauer des Zeitraumes für die Zinsbe-rechung („für jeden angefangenen Monat“) bleibt auch für Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar, weil Artikel 232 Absatz 3 Zollkodex den Zoll-behörden gestattet, die Mindestzeiträume für die Zinsberechnung festzuset-zen. Die ebenfalls in Satz 1 geregelte Säumniszuschlagshöhe ist ebenfallsanwendbar, weil Artikel 232 Absatz 1 Buchstabe b Sätze 2 und 3 Zollkodexbestimmen, dass der Säumniszinssatz höher als der Kreditzinssatz, jedochnicht niedriger sein darf. Diese Anforderung erfüllt § 240 Absatz 1 Satz 1Abgabenordnung, da der Kreditzinssatz nach § 238 Absatz 1 Abgabenord-nung nur einhalb vom Hundert beträgt.Gleiches gilt nach § 240 Absatz 1 Satz 2 für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben,die durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden.Nach § 240 Absatz 1 Satz 3 Abgabenordnung tritt eine Säumnis nicht ein,bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist.Im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben kommt eine Fälligkeit derAbgaben ohne buchmäßige Erfassung und Mitteilung der Abgaben an denZollschuldner nicht in Betracht. Satz 3 ist daher durch Artikel 232 Absatz 1

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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in Verbindung mit den Vorschriften über die buchmäßige Erfassung nachArtikel 221ff. Zollkodex überlagert.Nach § 240 Absatz 1 Satz 4 Abgabenordnung bleiben in den Fällen, in de-nen die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändertoder nach § 129 Abgabenordnung berichtigt wird, die bis dahin verwirktenSäumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheidzurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 Abgabenordnung berichtigtwird. Da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Regelung kennt,bleibt diese Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben anwendbar.Ebenfalls anwendbar bleibt Satz 5, wonach Säumniszuschläge bis zur Fäl-ligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind, wenn der Anspruchdurch Aufrechnung erlischt.Nach Henke/Huchatz347 besteht keine Möglichkeit, die Abrundungsregelndes Absatzes 1 anzuwenden, weil Artikel 232 Zollkodex als Bemessungs-grundlage den Abgabenbetrag nennt. Die Regelung des Zollkodexes sei hin-reichend bestimmt, so dass es einer „Lückenfüllung“ durch die Abgaben-ordnung nicht bedürfe, weil eine Lücke gar nicht bestehe. Nach Artikel 232Absatz 3 Buchstabe a Zollkodex könne die nationale Zollverwaltung ledig-lich einen Mindestbetrag für den Säumniszins festlegen, nicht aber die Ab-rundung bei jedem Abgabenbetrag.§ 240 Absatz 2 Abgabenordnung bezieht sich ausschließlich auf Säumnis-zuschläge für steuerliche Nebenleistungen und ist daher für Einfuhr- undAusfuhrabgaben nicht einschlägig.Nach § 240 Absatz 3 Abgabenordung wird ein Säumniszuschlag bei einerSäumnis bis zu fünf Tagen nicht erhoben (Satz 1). Die gilt nicht bei Zahlungnach § 224 Absatz 2 Nr. 1 Abgabenordnung (Satz 2).Die Regelung in Satz 1 wird vollständig durch Artikel 232 Absatz 2 Buch-stabe c Zollkodex überlagert, der vorsieht, dass die Zollbehörden auf dieSäumniszinsen verzichten können, wenn die Entrichtung des Abgabenbetra-ges innerhalb von fünf Tagen nach Ablauf der dafür festgesetzten Frist er-folgt. Satz 2 bleibt im Rahmen des durch Artikel 232 Absatz 2 Buchstabe cZollkodex eingeräumten Ermessens anwendbar.

347 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 233.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Insofern kann der Auffassung der Bundesfinanzverwaltung348 und Hen-ke/Huchatz349 nicht zugestimmt werden, dass Absatz 3 (vollständig) an-wendbar bleibt.Nach Absatz 4 entstehen Säumniszuschläge in den Fällen der Gesamtschuldgegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein hö-herer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn dieSäumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.Rüsken350 lässt insgesamt offen, inwieweit neben Artikel 232 Zollkodexauch § 240 Abgabenordnung ergänzend (etwa hinsichtlich der Abrundungs-regeln, der Schonfrist des Absatzes 3 oder des Absatzes 4) anwendbar istund verweist insbesondere auf die eingehende Stellungnahme von Hen-ke/Huchatz351.Henke/Huchatz vertreten hierzu die Auffassung, dass § 240 Absatz 4 Abga-benordnung keine Anwendung mehr finden kann, weil der Zollkodex sichzur Verzinsung zu spät gezahlter Gesamtschulden nicht äußere und auchnicht mehr regeln wollte.Gerade aus dieser Argumentation lässt sich jedoch die Anwendung des§ 240 Absatz 4 Abgabenordnung rechtfertigen. Gerade weil der Zollkodexnicht mehr regeln wollte, sollten die entstehenden Regelungslücken durchdas nationale Recht geschlossen werden.Der Auffassung von Henke/Huchatz, dass bei jedem Gesamtschuldner einSäumniszins entsteht und auch zu erheben ist, ist entgegenzuhalten, dass dieGesamtschuldner damit im Hinblick auf die Säumniszinsen schlechter ge-stellt werden als hinsichtlich der Abgabenforderung. Der Abgabenbetragdarf nicht von weiteren Gesamtschuldner in voller Höhe entgegengenom-men werden, wenn ein Gesamtschuldner bereits gezahlt hat, weil dann derBetrag um ein Vielfaches vermehrt gezahlt würde. Es ist nicht einzusehen,dass diese Beschränkung nicht auch für Säumniszinsen gelten soll, dieseinsgesamt also nur in einer Höhe entrichtet werden dürfen, die nicht höherist, als wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.Da Artikel 232 Zollkodex somit keine Regelung über die Erhebung vonSäumniszuschlägen im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses enthält,

348 Anmerkung zu § 240 Absatz 3 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfi-nanzverwaltung S 0101.

349 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 263.350 Klein/Rüsken, AO, § 240 Rz. 9.351 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 232ff., 263ff.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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bleibt diese Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben anwendbar.§ 240 Abgabenordnung ist somit zum Teil anwendbar, zum Teil überlagert.Der gegenteiligen Auffassung von Friedrich352, der sich insgesamt gegen dieAnwendung des § 240 Abgabenordung im Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben ausgesprochen hat, wird nicht gefolgt.

5.3. DRITTER ABSCHNITT

Sicherheitsleistung5.3. Dritter Abschnitt Sicherheitsleistung

§ 241Art der Sicherheitsleistung

§ 241 Abgabenordnung regelt in seinem Absatz 1 in welcher Art Sicher-heitsleistungen zu erbringen sind.Absatz 2 enthält eine Bestimmung, was als Wertpapier im Sinne des Absat-zes 1 Nr. 2 anzusehen ist.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben enthält Artikel 857ZKDVO einen abschließenden Katalog der Formen der Sicherheitsleistung.Insofern findet § 241 Absätze 1 und 2 für diesen Bereich keine Anwendungmehr.Nach § 241 Absatz 3 Abgabenordnung gilt ein unter Steuerverschluss be-findliches Lager steuerpflichtiger Waren als ausreichende Sicherheit für diedarauf lastende Steuer.Das Gemeinschaftszollrecht hat hierzu in Artikel 51 Absatz 2 Zollkodex inVerbindung mit Artikel 185 Absatz 2 Buchstabe a ZKDVO eine eigenstän-dige Regelung getroffen. Artikel 51 Absatz 2 Zollkodex bestimmt zunächstnur, dass die Zollbehörden verlangen können, dass die Person, die vorüber-gehend verwahrte Waren im Besitz hat, eine Sicherheit leistet, um die Er-füllung der gegebenenfalls nach Artikel 203 oder 204 Zollkodex für dieseWaren entstehende Zollschuld zu gewährleisten. Nach Artikel 185 Absatz 2Buchstabe a ZKDVO können die Zollbehörden verlangen, dass das Verwah-rungslager unter Zollmitverschluss gehalten wird.

352 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 20.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

217

Eine weitere gemeinschaftsrechtliche Regelung sieht in Artikel 104 Zollko-dex vor, dass die Zollbehörden unbeschadet des Artikels 88 Zollkodex vomZolllagerhalter im Zusammenhang mit den Verantwortlichkeiten im Sinnedes Artikels 101 eine Sicherheit verlangen können.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben findet § 241 Abgaben-ordnung daher keine Anwendung.Der Auffassung von Höllig353, wonach die Vorschriften der §§ 241 Abga-benordnung unwirksam sind, kann jedoch nicht zugestimmt werden. Hölligverkennt mit dieser Aussage den wesentlichen Kern des Vorrang-Verhältnisses des Gemeinschaftsrechts. Entgegenstehendes oder gleichlau-tendes nationales Recht ist nicht unwirksam oder nichtig, sondern unan-wendbar354.

§ 242Wirkung der Hinterlegung von Zahlungsmitteln

§ 242 Abgabenordnung regelt die Wirkung der Hinterlegung von Zah-lungsmitteln.Diese gehen in das Eigentum der Körperschaft über, der die Finanzbehördeangehört, bei der sie hinterlegt worden sind (Satz 1).Diese Regelung ist auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabensinngemäß anwendbar. Die Anwendung kann nur sinngemäß sein, weil sichdiese Vorschrift auf § 241 Absatz 1 Nr. 1 Abgabenordnung bezieht, der je-doch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben durch das Gemein-schaftszollrecht überlagert ist.Nach Satz 2 ist die Forderung auf Rückzahlung nicht zu verzinsen.Diese Regelung wird durch Artikel 858 ZKDVO vollständig überlagert,wonach eine Barsicherheit von den Zollbehörden nicht verzinst wird.Satz 3 bestimmt, dass mit der Hinterlegung die Körperschaft, deren Forde-rung durch die Hinterlegung gesichert werden soll, ein Pfandrecht an derForderung auf Rückerstattung der hinterlegten Zahlungsmittel erwirbt.

353 Koch/Scholtz/Höllig, AO, Vor § 241 Rz. 2.354 BVerfG vom 9.6.1971, 2 BvR 225,69, BVerfGE 31, 145; EuGH vom 19.6.1990, Rs

C-213/89,EuGHE I 1990, 2433; Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN71), 226, 228.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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Da das Gemeinschaftszollrecht keine entsprechende Regelung kennt, findetdiese Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und AusfuhrabgabenAnwendung.

§ 243Verpfändung von Wertpapieren

§ 243 Abgabenordnung regelt die Verpfändung von Wertpapieren. Danachist eine Sicherheitsleistung durch Verpfändung von Wertpapieren nur zuläs-sig, wenn der Verwahrer die Gewähr für die Umlauffähigkeit übernimmt.Die Übernahme dieser Gewähr umfasst die Haftung dafür,

1. dass das Rückforderungsrecht des Hinterlegers durch gerichtlicheSperre und Beschlagnahme nicht beschränkt ist,

2. dass die anvertrauten Wertpapiere in den Sammellisten aufgerufenerWertpapiere nicht als gestohlen oder als verloren gemeldet und we-der mit Zahlungssperre belegt noch zur Kraftloserklärung aufgeho-ben oder für kraftlos erklärt worden sind,

3. dass die Wertpapiere auf den Inhaber lauten, oder, falls sie auf denNamen ausgestellt sind, mit Blankoindossament versehen und auchsonst nicht gesperrt sind, und dass die Zinsscheine und die Erneue-rungsscheine bei den Stücken sind.

Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine gleichlautende Regelung. Zwarregelt Artikel 857 ZKDVO die Formen der Sicherheitsleistung und zähltunter Absatz 1 Buchstabe b auch die Verpfändung von Wertpapieren auf.Nach Absatz 2 werden die Fälle und Voraussetzungen, in denen die Sicher-heitsleistung in Anspruch genommen werden kann, von den Zollbehördenfestgelegt. Demzufolge findet auch § 243 Abgabenordnung für den Bereichder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben weiterhin Anwendung.Der Auffassung von Brockmeyer355, dass die §§ 241ff. Abgabenordnung fürdie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, insbesondere Zölle, nicht mehr gelten,kann daher nicht zugestimmt werden, zumal es Brockmeyer auch an jedwe-der Begründung vermissen lässt.

355 Klein/Brockmeyer, AO, Vor § 241 Rz. 5.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 244Taugliche Steuerbürgen

§ 244 Abgabenordnung enthält eine Regelung darüber, wer als tauglicherSteuerbürge in Betracht kommt. Das sind grundsätzlich Personen, die einder Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzen undihren allgemeinen oder einen vereinbarten Gerichtsstand im Geltungsbereichdieses Gesetzes haben.Das Gemeinschaftszollrecht enthält ebenfalls Vorschriften über die Bürg-schaft. Nach Artikel 195 Unterabsatz 3 Zollkodex können die Zollbehördendie Zulassung des vorgeschlagenen Bürgen ablehnen, wenn dieser ihrerMeinung nach die fristgerechte Erfüllung der Zollschuld nicht sicher ge-währleistet. Die vorgenannte Regelung enthält jedoch darüber hinaus keineweiteren Einzelheiten, wann davon auszugehen, dass die Erfüllung der Zoll-schuld nicht gewährleistet ist.Es spricht daher viel dafür, zur näheren Ausfüllung dieser Vorschrift auf dienationale Regelung des § 244 Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung zurückzu-greifen und anzunehmen, dass die Erfüllung der Zollschuld als nicht ge-währleistet anzusehen ist, wenn der Bürge kein der Höhe der zu leistendenSicherheit angemessenes Vermögen besitzt oder wenn er seinen Gerichts-stand nicht im Geltungsbereich der Abgabenordnung hat, wobei die letztge-nannte Voraussetzung auch wiederum in Artikel 195 Unterabsatz 2 Zollko-dex als eine der wesentlichen Eigenschaften des Bürgen genannt wird.Nach § 244 Absatz 1 Satz 2 Abgabenordnung müssen Bürgschaften denVerzicht auf die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB enthalten.Da das Gemeinschaftszollrecht keine entsprechende Regelung enthält, istdiese Vorschrift auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben an-wendbar.§ 244 Absatz 1 Satz 3 Abgabenordnung bestimmt für Schuldversprechenund Bürgschaftserklärungen die Schriftform. Die elektronische Form istausgeschlossen.Hinsichtlich der Bürgschaften ist diese Normierung durch Artikel 195 Un-terabsatz 1 Zollkodex überlagert, der ebenfalls bestimmt, dass sich der Bür-ge schriftlich verpflichten muss, gesamtschuldnerisch mit dem Schuldnerden gesicherten Betrag der Zollschuld bei Fälligkeit zu entrichten.§ 244 Absatz 1 Satz 4 Abgabenordnung verbietet die wechselseitige Si-cherheitsleistung und Verflechtung von Sicherungsgeber und Sicherungs-nehmer und findet mangels einer gesonderten Regelung im Gemeinschafts-

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zollrecht auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben Anwen-dung.Nach § 244 Absatz 1 Satz 5 Abgabenordnung entscheidet das Bundesmini-sterium der Finanzen über die Annahme von Bürgschaftserklärungen nachdem A.T.A-Übereinkommen vom 6. Dezember 1961356 und dem TIR-Übereinkommen vom 14. November 1975357 in ihren jeweils gültigen Fas-sungen.Über die Annahme von Bürgschaftserklärungen über Einzelsicherheiten inForm von Sicherheitstiteln nach der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 derKommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Ver-ordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodexes derGemeinschaft und dem Übereinkommen vom 20. Mai 1987 über ein ge-meinsames Versandverfahren358 in ihren jeweils gültigen Fassungen ent-scheidet die Oberfinanzdirektion Nürnberg.Das A.T.A.-Verfahren gilt in erster Linie der vorübergehenden abgabenfrei-en Verwendung von Waren im internationalen Handel. Als Spitzenverbandbürgt der DIHT für die gegebenenfalls zu erhebenden Einfuhrabgaben. ImTIR-Verfahren ist der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik e.V.die zugelassene Stelle, die gegenüber dem ausländischen Vertragspartner dieGarantie übernommen hat, für alle Verpflichtungen aus dem Verfahren inDeutschland einzutreten.Da diese Regelungen für den Zollbereich erlassen worden sind, findet § 244Absatz 1 Satz 5 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben weiterhin Anwendung.Nach § 244 Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung kann die OberfinanzdirektionKreditinstitute und geschäftsmäßig für andere Sicherheit leistende Versiche-rungsunternehmen allgemein als Steuerbürge zulassen, wenn sie im Gel-tungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugt sind.Diese Vorschrift wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabendurch Artikel 195 Unterabsatz 2 Zollkodex überlagert, der für die Zulassungals Bürgen lediglich voraussetzt, dass der Bürge in der Gemeinschaft ansäs-sig ist. Diese weitergehende Vorschrift hat Vorrang vor der einengenden Re-

356 BGBl. II 1965 S. 948.357 BGBl. II 1979 S. 445.358 ABl. EG 1987 Nr. L 226/2.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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gelung der nationalen Abgabenordnung aufgrund des Vorrangs des Gemein-schaftsrechts vor dem einzelstaatlichen Recht359.Des weiteren enthält § 244 Absatz 2 Regelungen, welche Oberfinanzdirek-tion für die Zulassung zuständig ist, dass ein Höchstbetrag festzusetzen istund dass die gesamten Verbindlichkeiten aus Schuldversprechen, Bürg-schaften und Wechselverpflichtungen, die der Steuerbürge gegenüber derFinanzbehörde übernommen hat, nicht über die Bürgschaftssumme hinaus-gehen dürfen. Auch diese Regelungen finden mangels einer gesondertenVorschrift im Gemeinschaftszollrecht weiterhin Anwendung für den Bereichder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.Damit ist im Absatz 2 lediglich die Bestimmung der Befugnis zum Ge-schäftsbetrieb im Geltungsbereich der Abgabenordnung durch Gemein-schaftsrecht überlagert.

§ 245Sicherheitsleistung durch andere Werte

§ 245 Abgabenordnung sieht vor, dass die Finanzbehörde auch andere alsdie in § 241 Abgabenordnung genannte Sicherheiten annehmen kann.Diese Vorschrift wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenüberlagert durch Artikel 857 Absatz 1 ZKDVO, der einen abschließendenKatalog der zuzulassenden Sicherheiten enthält.

§ 246Annahmewerte

§ 246 Abgabenordnung bestimmt, dass die Finanzbehörde nach ihrem Er-messen bestimmt, zu welchen Werten Gegenstände als Sicherheit anzuneh-men sind. Der Annahmewert darf jedoch den bei einer Verwertung zu er-wartenden Erlös abzüglich der Kosten der Verwertung nicht übersteigen. Erdarf bei den in § 241 Absatz 1 Nrn. 2 und 4 aufgeführten Gegenständen undbei beweglichen Sachen, die nach § 245 als Sicherheit angenommen wer-den, nicht unter den in § 234 Absatz 3, 236 und § 237 Satz 1 BGB genann-ten Werten liegen.

359 BVerfG vom 9.6.1971, 2 BvR 225,69, BVerfGE 31, 145; EuGH vom 19.6.1990, RsC-213/89,EuGHE I 1990, 2433.

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Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben enthält Artikel 857ZKDVO einen abschließenden Katalog von zulässigen Sicherheiten. Überdie Wertbestimmung enthält das Gemeinschaftsrecht jedoch keine Regelung,so dass insoweit § 246 Absatz 1 Sätze 1 und 2 Anwendung finden. Satz 3bezieht sich jedoch auf die durch das Gemeinschaftsrecht überlagerten Vor-schriften des § 241 Absatz 1 Nrn. 2 und 4 sowie des § 245 Abgabenordnungund kann daher auch für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben kei-ne Anwendung finden.Die Auffassung der Bundesfinanzverwaltung360, dass § 246 Abgabenord-nung hinsichtlich der in Artikel 859 ZKDVO aufgezählten Sicherungsartenanwendbar sei, ist daher zumindest ungenau und sollte demnächst dahinge-hend klargestellt werden, dass lediglich Satz 1 und Satz 2 anwendbar sind.

§ 247Austausch von Sicherheiten

§ 247 Abgabenordnung sieht den Austausch der Sicherheiten vor. Sicher-heiten oder ein Teil davon können durch eine andere geeignete Sicherheitersetzt werden. § 247 Abgabenordnung nimmt ausdrücklich Bezug auf diein den §§ 241 bis 245 genannten Sicherheiten.Da die Sicherheitsformen sich im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenausschließlich nach dem Gemeinschaftszollrecht richten, könnte man ver-sucht sein anzunehmen, dass auch § 247 Abgabenordnung für diesen Be-reich keine Anwendung findet. Andererseits enthält das Gemeinschaftszoll-recht keine gleichlautende Regelung. Würde man dem Sicherungsgeberauch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben die Möglichkeit nehmen,hingegebene Sicherheiten gegen andere auszutauschen, würde man ihn imVerhältnis zu einem Sicherungsgeber, der ausschließlich für national ge-schuldete Abgaben Sicherheiten entrichtet stark benachteiligen. Diese Artder Benachteiligung lässt sich jedoch nach Auffassung des Verfassers alleinaus der Tatsache, dass es sich hier um gemeinschaftsrechtlich geschuldeteAbgaben handelt, nicht rechtfertigen. Nach Auffassung des Verfassers solltedaher § 247 Abgabenordnung auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben Anwendung finden, wobei die Vorschrift so zu lesen wäre, dassderjenige, der eine in Artikel 857 Absatz 1 ZKDVO genannte Sicherheit

360 Anmerkung zu § 246 Abgabenordnung, Vorschriftensammlung Bundesfinanzver-waltung S 0101.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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geleistet hat, die Sicherheit oder einen Teil davon durch eine andere in Arti-kel 857 ZKDVO genannte Sicherheit ersetzen kann.

§ 248Nachschusspflicht

§ 248 Abgabenordnung sieht vor, dass eine Sicherheit, die unzureichend ist,zu ergänzen oder eine anderweitige Sicherheit zu leisten ist.Diese Regelung wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenüberlagert durch Artikel 198 Zollkodex, der bestimmt, dass in den Fällen, indenen die Zollbehörden feststellen, dass eine geleistete Sicherheit die frist-gerechte Erfüllung der Zollschuld nicht oder nicht mehr sicher oder voll-ständig gewährleisten, die Zollbehörden von dem Sicherungsgeber nachdessen Wahl die Leistung einer zusätzlichen Sicherheit oder die Ersetzungder ursprünglichen Sicherheit durch eine neue verlangen.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

224

6 SECHSTER TEIL

VOLLSTRECKUNG6. Sechster Teil Vollstreckung

Der sechste Teil regelt das Vollstreckungsverfahren nach der Abgabenord-nung. Dieser Bereich ist im gemeinschaftsrechtlichen Zollrecht nicht gere-gelt, so dass es auch zu keinen Überlagerungen kommen kann. Eine nähereUntersuchung erübrigt sich daher im Rahmen dieser Arbeit.

7 SIEBENTER TEIL

AUßERGERICHTLICHES RECHTSBEHELFSVERFAHREN7. Siebenter Teil Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren

Die Vorschriften der §§ 347 bis 367 Abgabenordnung regeln das außerge-richtliche Rechtsbehelfsverfahren.Der Rechtsschutz im Gemeinschaftsrecht nimmt eine Sonderstellung ein:Einerseits sind die Grundzüge eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen Ent-scheidungen der Zollbehörden im Zollkodex selbst für alle Mitgliedstaatenniedergelegt (Art. 243 ff.), andererseits sichert der Gerichtshof der Gemein-schaft nach Art. 164 unmittelbar die Wahrung des Rechts bei der Auslegungund Anwendung des EWG-Vertrags.

a) Der Rechtsschutz im ZollkodexFür das in den einzelnen Mitgliedstaaten geltende Rechtsbehelfsverfahrengeht der Zollkodex wegen des engen Zusammenhangs des Finanzrechtswegsmit den – in der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten stehen-den – sonstigen Bereichen der Justizverfassung nicht in Einzelheiten, son-dern beschränkt sich im wesentlichen darauf, für Rechtsbehelfe ein zweistu-figes Verfahren vorzusehen: Nach einer ersten Überprüfung der Entschei-dung durch eine der Zollstelle vorgesetzte Verwaltungsinstanz muss einzweiter Rechtsbehelf an eine unabhängige Instanz möglich sein, bei der essich um ein Gericht oder "eine gleichwertige spezielle Stelle" handeln muss.Die Einzelheiten werden nach Artikel 245 Zollkodex von den Mitgliedstaa-ten erlassen; für Deutschland bleiben daher grundsätzlich die VorschriftenAbgabenordnung anwendbar. Im Unterschied zu einem Großteil der materi-ellen Vorschriften des Zollkodexes betreffen die Vorschriften des Titels VIII,der den Rechtsbehelf betrifft, nur einige wesentliche Aspekte zum Schutzder betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, ohne das Rechtsbehelfsverfahren im

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Einzelnen zu regeln. Die erlassene Gemeinschaftsregelung unterscheidetsich erheblich von dem von der Kommission dem Rat am 21. März 1990vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung desZollkodexes der Gemeinschaften361, der detaillierte Vorschriften über denRechtsbehelf enthielt und in Artikel 249 die Einlegung eines Rechtsbehelfsbei Gerichten ausdrücklich unter die grundsätzliche Voraussetzung der vor-herigen Einlegung eines Rechtsbehelfs bei den Zollbehörden stellte.Die Gründe, die den Gemeinschaftsgesetzgeber bewogen haben könnten,sich auf die Regelung bestimmter allgemeiner Aspekte des Rechtsbehelfs zubeschränken, finden sich unter anderem in Punkt 2.50 der Stellungnahmedes Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 18. Dezember 1990 zu demVorschlag des Zollkodexes. Darin heißt es:

„Die Besonderheit der Harmonisierung der Rechtsbehelfe liegt allerdingsnicht nur in den teilweisen großen Unterschieden der nationalen Verfah-ren, sondern auch darin, dass diese vielfach einheitlich für das gesamtenationale Verwaltungs- und Steuerrecht gelten und mit der Harmonisie-rung der Rechtsbehelfe nur für das Zollrecht bislang einheitliche natio-nale Rechtsbehelfssysteme gesplittet werden.“362

b) Der Rechtsschutz nach dem EG-Vertrag durch VorabentscheidungÜber die Auslegung des Vertrags und über die Gültigkeit und Auslegung derHandlungen der Gemeinschaftsorgane entscheidet der Europäische Ge-richtshof (EuGH) im Wege der Vorabentscheidung unmittelbar (Artikel 234EG-Vertrag). Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaatesgestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass einesUrteils für entscheidungserheblich (Artikel 234 Satz 2 EG-Vertrag), so kannes diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen. Wird eine der-artige Frage bei einem letztinstanzlichen / einzelstaatlichen Gericht gestellt,so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet. Eine in-nerstaatliche Rechtsnorm, welche die Gerichte an die rechtliche Beurteilungeines übergeordneten Gerichts bindet, nimmt diesen Gerichten nicht schonaus diesem Grund das in Art. 234 vorgesehene Recht zur Anrufung desEuGH363. Das Zusammenwirken der nationalen Gerichte mit dem EuGH solldie einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftszollrechtes

361 ABl. EG 1990, Nr. C 128/1.362 EuGH vom 11.1.2001, Rs C-1/99, HFR 2001, 382.363 EuGH vom 16.1.1974, Rs 166/73, ZfZ 74, 107, und vom 12.2.1974, Rs 146/73, ZfZ

74, 108.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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sichern. Sinn und Zweck des Verfahrens ist es nicht, eine automatische Vor-lagepflicht oder einen Vorlageschematismus herbeizuführen.Jede Anwendung einer Vorschrift setzt ihre Auslegung voraus. Schon dieVerwaltungsbehörde muss auslegen. Die Vorlagepflicht der Gerichte bestehtdaher nicht bei jeder sich stellenden oder von den Beteiligten gestellten Fra-ge der Auslegung oder Gültigkeit einer Gemeinschaftsvorschrift. Der Be-griff „Frage“ im Sinne des Artikel 234 ist als „Zweifel“ zu verstehen, undzwar als ernstlicher Zweifel. Ein letztinstanzliches Gericht (z.B. der BFH)kann allerdings Zweifel nur dann verneinen, wenn die richtige Anwendungdes Gemeinschaftszollrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünf-tigen Zweifel keinerlei Raum bleibt, wobei das Gericht davon überzeugtsein muss, dass die gleiche Gewissheit für den EuGH und die Gerichte ande-rer Mitgliedstaaten besteht364.Sieht der BFH von einer Vorlage ab und wird deswegen Verfassungsbe-schwerde eingelegt, so würde sie nur gerechtfertigt sein, wenn die Vorlagewillkürlich, d. h. ohne sachliche Gründe unterblieben wäre365.Der EuGH ist an die Auffassung des vorlegenden Gerichts gebunden, dassdie Frage für den anhängigen Rechtsstreit erheblich ist366, kann jedoch beiungenauen Fragen diese unter Berücksichtigung des Streitgegenstands inter-pretieren367.Das vorlegende Gericht und alle anderen Instanzen im Ausgangsrechtsstreitsind an die Vorabentscheidung gebunden368, was jedoch nicht ausschließt,dass der EuGH mit der gleichen Sache nochmals befasst wird, falls nachAuffassung des vorlegenden Gerichts die Vorabentscheidung nicht hinrei-chend Klarheit geschaffen hat369. Auch kann das Gericht in einem anderenRechtsstreit die Frage noch einmal stellen, was allerdings nur sinnvoll ist,wenn die Vorabentscheidung Auslegungszweifel nicht völlig beseitigt hat.Erklärt der EuGH eine Gemeinschaftsnorm für ungültig, so kann er analogArtikel 234 Absatz 2 EG-Vertrag die Wirkung der Ungültigkeit (z. B. "exnunc" oder "ex tunc) bestimmen. An die Feststellung der Ungültigkeit istnicht nur das vorlegende, sondern auch jedes andere nationale Gericht ge-bunden, was jedoch nicht ausschließt, dass der EuGH z. B. bei Unklarheiten

364 EuGH vom 6.10.1982, Rs 283/81, EuGHE 1982, 3415; ZfZ 1983, 110.365 BVerfG vom 13.10.1970, 2 BvR 618/68, BVerfGE 29, 198, 213.366 EuGH vom 5.2.1963, Rs 26/62, EuGHE 9,1.367 EuGH vom 29.11.1978, Rs 83/78, EuGHE 1978, 2347, 2368.368 EuGH vom 24.6.1969, Rs 29/68, EuGHE 1969, 165,178.369 EuGH vom 24.6.1969, Rs 29/68, EuGHE 1969, 165, 169.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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über Umfang oder Folgen der Unwirksamkeit erneut mit der Frage befasstwird370.Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, das um die Aussetzung der Vollzie-hung eines Abgabenbescheides geführt wird, kommt eine Vorlage an denEuGH nicht in Betracht, weil in diesem summarischen Verfahren nur dieErfolgsaussichten zu beurteilen sind, über die für die Entscheidung in derHauptsache erheblichen Fragen aber noch nicht zu entscheiden ist371.

c) Der Rechtsschutz nach dem EG-Vertrag bei Anrufung durch dieKommission oder auf Klage eines Mitgliedstaats

Nach Artikel 226 EG-Vertrag kann die Kommission den Gerichtshof anru-fen, wenn ein Staat trotz Aufforderung und Fristsetzung nach Auffassungder Kommission gegen eine Verpflichtung aus dem Vertrag verstößt.Nach Artikel 230 ist der Gerichtshof für Klagen zuständig, die ein Mitglied-staat, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung we-sentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages oder einer bei seinerDurchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmiss-brauch erhebt. Jede natürliche oder juristische Person kann unter den glei-chen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowiegegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Ver-ordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergan-gen sind, sie unmittelbar und individuell treffen; maßgebend ist dabei nichtdie Bezeichnung, sondern die Rechtsnatur des Rechtsakts.Klagen sind daher nicht zulässig gegen Verordnungen, die gemäß Artikel249 Abs. 2 EG-Vertrag allgemeine Geltung haben372. Ist eine Verordnungrechtswidrig, so kommt ferner eine Haftung der Gemeinschaft nach Artikel288 Absatz 2 EG-Vertrag in Betracht, über die gemäß Artikel 235 EG-Vertrag der EuGH entscheidet.

370 EuGH vom 13.5.1981, Rs 66/80, EuGHE 1981, 1191, 1223.371 BGH vom 21.4.1994, 2 R 31/92, BGHZ 125, 382; so auch EuGH vom 24.5.1977, Rs

107/76, EuGHE 1977, 957, ZfZ 77, 302.372 EuGH vom 30.9.1982, Rs 242/81, EuGHE 1982, 3213.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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d) Der Rechtsschutz im nationalen Recht der AbgabenordnungDas gemeinschaftsrechtliche Zollrecht enthält keine eigenständigen Rege-lungen zu den Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahren, sondern verweist inseinem Artikel 245 Zollkodex auf die Mitgliedstaaten.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben bedeutet dies, dass dieVorschriften der Abgabenordnung anwendbar sind, soweit nicht das Ge-meinschaftszollrecht in seinen Artikeln 243 und 244 Zollkodex grundsätzli-che Regelungen zum Rechtsbehelfsverfahren getroffen hat. Es ist daher er-forderlich, anders als im Bereich der Vollstreckung, die einzelnen Vor-schriften der Abgabenordnung auf ihre Überlagerung durch das Gemein-schaftszollrecht zu untersuchen.

7.1 ERSTER ABSCHNITT

Zulässigkeit7.1 Erster Abschnitt Zulässigkeit

§ 347Statthaftigkeit des Einspruchs

§ 347 Abgabenordnung regelt die Statthaftigkeit des Einspruchs.Nach Absatz 1 ist als Rechtsbehelf der Einspruch statthaft gegen Verwal-tungsakte,

1. in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung fin-det,

2. in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen alsden in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Ver-waltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbe-hörden nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu vollstrecken sind,

3. in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, aufdie dieses Gesetz nach § 164a des Steuerberatungsgesetzes Anwen-dung findet,

4. in anderen durch die Finanzbehörden verwalteten Angelegenheiten,soweit die Vorschriften über die außergerichtlichen Rechtsbehelfedurch Gesetz für anwendbar erklärt worden sind oder erklärt wer-den.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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Hinsichtlich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben regelt Artikel 243 Absatz 1Unterabsatz 1 Zollkodex, dass jede Person einen Rechtsbehelf gegen Ent-scheidungen der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts einlegen kann.Nach Auffassung der Bundesfinanzverwaltung373 überlagert diese Regelungdie Vorschrift des § 347 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung.Dieser auch von Henke/Huchatz374 vertretenen Auffassung kann jedochnicht gefolgt werden. Eine Überlagerung könnte nur dann eintreten, wenn essich bei der gemeinschaftsrechtlichen Regelung um eine speziellere Rege-lung gegenüber der nationalen Vorschrift handelte. Tatsächlich spricht dasGemeinschaftsrecht jedoch nur davon, dass ein Rechtsbehelf eingelegt wer-den kann. Erst die nationale Regelung stellt klar, dass es sich hierbei umeinen Einspruch handelt. Die nationale Vorschrift der Abgabenordnung stelltdaher im Verhältnis zu Artikel 243 Zollkodex die spezielle Regelung dar, sodass von einer Überlagerung durch das Gemeinschaftsrecht nicht gespro-chen werden kann.So ist wohl auch Tipke zu verstehen, der darauf hinweist, dass nach Artikel245 Zollkodex die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mit-gliedstaaten der EU geregelt werden und folglich würden die §§ 347ff. Ab-gabenordnung auch für das Zollrecht gelten375.Auch nach der zutreffenden Auffassung von Brockmeyer376 bleiben die Vor-schriften der Abgabenordnung über das außergerichtliche Rechtsbehelfsver-fahren unberührt, weil der Zollkodex in diesem Bereich nur rudimentäreRegelungen enthält.377

Die Nummern 2 - 4 sind für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabennicht einschlägig.Von einer teilweisen Überlagerung durch das Gemeinschaftsrecht ist jedochbei § 347 Absatz 1 Satz 2 Abgabenordnung auszugehen. Danach ist derEinspruch auch statthaft, wenn geltend gemacht wird, dass in den in Satz 1bezeichneten Angelegenheiten über einen vom Einspruchsführer gestelltenAntrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes ohne Mitteilung eines zureichen-

373 Anmerkung zu § 347 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung, VorschriftensammlungBundesfinanzverwaltung S 0101.

374 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 273.375 Tipke, AO, § 347 AO Rz. 6.376 Klein/Brockmeyer, AO, § 347 Rz. 8.377 so auch Witte/Alexander, Zollkodex, Vor Art. 243 Rz. 7; Koch/Scholtz/Szymczak,

AO, Vor § 247 Rz. 8.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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den Grundes binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden wordenist.Nach Artikel 243 Absatz 1 Unterabsatz 2 Zollkodex kann der Rechtsbehelfauch von demjenigen eingelegt werden, der bei den Zollbehörden eine Ent-scheidung auf dem Gebiet des Zollrechts beantragt hat, aber innerhalb derFrist nach Artikel 6 Absatz 2 keine Entscheidung erhalten hat.Hinsichtlich des Tatbestandes liegt damit eine Überlagerung des nationalenRechts durch das Gemeinschaftszollrecht vor. Alexander empfiehlt in die-sem Zusammenhang, dass die Zollbehörden die von ihnen für erforderlichgehaltene weitere Frist mitteilen378.Bezüglich der Rechtsfolge, welcher Rechtsbehelf statthaft ist, liegt indeskeine Überlagerung vor, sondern die gemeinschaftsrechtliche Vorschriftwird durch die nationale Regelung ausgefüllt, die eben genau vorgibt, wel-cher Rechtsbehelf statthaft ist.§ 347 Absatz 2 Abgabenordnung enthält eine Definition des Begriffes derAbgabenangelegenheiten. Das sind alle mit der Verwaltung der Abgabeneinschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung derabgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhän-genden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanz-behörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Waren-verkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angele-genheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist diese Begriffsdefiniti-on nicht einschlägig, weil Artikel 243 Zollkodex auf Entscheidungen imZollrecht abstellt und der Zollkodex in seinem Artikel 1 das Zollrecht defi-niert als den Kodex und die auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicherEbene dazu erlassenen Durchführungsvorschriften. Die Abgabenordnunggehört jedoch als Vor-Zollkodex-Recht nicht zu den Durchführungsvor-schriften zum Zollkodex.Nach § 347 Absatz 3 Abgabenordnung finden die Vorschriften über die au-ßergerichtlichen Rechtsbehelfe keine Anwendung auf das Straf- und Buß-geldverfahren.Diese Regelung wird vollständig überlagert durch Artikel 246 Zollkodex,der ebenfalls die Anwendung der Regelungen über das Rechtsbehelfsverfah-ren für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren ausschließt.

378 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 6, Rz. 57.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 348Ausschluss des Einspruchs

§ 348 Abgabenordnung zählt die Fälle auf, in denen der Einspruch nichtstatthaft ist, nämlich

1. gegen Einspruchsentscheidungen (§ 367),2. bei Nichtentscheidung übe einen Einspruch,3. gegen Verwaltungsakte der obersten Finanzbehörde des Bundes und

der Länder, außer, wenn ein Gesetz das Einspruchsverfahren vor-schreibt,

4. gegen Entscheidungen des Zulassungsausschusses und des Prü-fungsausschusses der Oberfinanzdirektionen in Angelegenheiten desSteuerberatungsgesetzes.

Nr. 1 wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben überlagertdurch Artikel 243 Absatz 2 Buchstabe a Zollkodex. Danach kann derRechtsbehelf eingelegt werden auf einer ersten Stufe bei der von den Mit-gliedstaaten dafür bestimmten Zollbehörde. Aus dieser Regelung ergibt sich,dass gegen Einspruchsentscheidungen kein Rechtsbehelf statthaft ist, weildieser auf der zweiten Stufe des Verwaltungsaufbaues eingelegt werdenmüsste, die dann über den Einspruch gegen die Einspruchsentscheidung zubefinden hätte. Die zweite Stufe ist jedoch nach den Vorstellungen des Zoll-kodexes ein Gericht oder eine gleichwertige spezielle Stelle.Der Ausschluss nach Nr. 2 ist auch für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben anwendbar, weil das Gemeinschaftsrecht insoweit keine ein-schränkende Regelung enthält.Der Ausschluss nach Nr. 3 wird für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben nicht praktisch, weil Abgabenverwaltungsakte hier nicht durch dieobersten Finanzbehörden des Bundes erlassen werden.Die Nrn. 4 und 5 sind für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbereits von ihrem Wortlaut her nicht einschlägig.

§ 349(Aufgehoben)

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

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§ 350Beschwer

§ 350 Abgabenordnung regelt, dass befugt ist, einen Einspruch einzulegen,wer geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder dessen Unterlassungbeschwert zu sein.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wird diese Regelungdurch Artikel 243 Absatz 1 Unterabsatz 1 Zollkodex überlagert, der be-stimmt, dass derjenige einen Rechtsbehelf einlegen kann, der von einer Ent-scheidung der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts unmittelbar undpersönlich betroffen ist379. Hierbei handelt es sich nur um eine terminologi-sche und keine inhaltliche Abweichung380.

§ 351Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte

§ 351 Abgabenordnung bestimmt in seinem Absatz 1, dass Verwaltungsak-te, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffenwerden können, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vor-schriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwasanderes ergibt.Das Gemeinschaftszollrecht enthält keine entsprechende Regelung. Überden Verweis auf das nationale Recht in Artikel 245 Zollkodex findet dieseVorschrift jedoch auch für den Bereich der Einfuhr- und AusfuhrabgabenAnwendung.Nach § 351 Absatz 2 Abgabenordnung können Entscheidungen in einemGrundlagenbescheid (§ 171 Absatz 10) nur durch Anfechtung dieses Be-scheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen wer-den.Auch diese Vorschrift findet für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben über Artikel 245 Zollkodex Anwendung, wobei noch einmal darauf hin-zuweisen ist, dass die Regelung des § 171 Absatz 10 Abgabenordnungselbst durch Gemeinschaftsrecht überlagert wird.

379 Koch/Scholtz/Szymczak, AO § 350 Rz. 45; Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 243Rz. 11.

380 Tipke, AO, § 350 AO Rz. 2.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 352Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

§ 352 Abgabenordnung regelt die Einschränkung der Befugnis, Einspruchgegen einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung vonBesteuerungsgrundlagen als Organ für das Feststellungssubjekt und in eige-ner Person einzulegen.Da gesondert und einheitlich nur

- Einheitswerte,- Werte von vermögenssteuerpflichtigen Wirtschaftsgütern,- einkommen- und körperschaftliche Einkünfte,- verrechenbare Verluste,- Einkünfte aus der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft,- der Wert von Anteilen an ausländischen nichtnotierten Kapitalge-

sellschaftenfestgestellt werden381, ist die Vorschrift für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben nicht einschlägig.

§ 353Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers

§ 353 Abgabenordnung regelt den Einspruch des Rechtsnachfolgers gegeneinen Feststellungsbescheid über einen Einheitswert, einen Grundsteuer-messbescheid oder einen Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid über einenGrundsteuermessbetrag und ist daher ebenfalls für den Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben nicht einschlägig.

§ 354Einspruchsverzicht

§ 354 Absatz 1 Abgabenordnung sieht vor, dass auf Einlegung eines Ein-spruches nach Erlass des Verwaltungsaktes verzichtet werden kann. Durchden Verzicht wird der Einspruch unzulässig.

381 Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 352 AO Rz. 49.

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Diese Vorschrift ist über Artikel 245 Zollkodex auch für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar.Absatz 1a behandelt den Einspruchsverzicht für die Fälle, in denen Besteue-rungsgrundlagen für ein Verständigungs- oder ein Schiedsverfahren nacheinem Vertrag im Sinne des § 2 Abgabenordnung von Bedeutung sein kön-nen.Diese Regelung ist nicht einschlägig für den Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben, weil in diesem Bereich keine Verständigungs- oder Schieds-verfahren durchgeführt werden dürfen.Absatz 2 regelt, bei welcher Behörde der Verzicht zu erklären und welcheForm dabei einzuhalten ist.Auch diese Regelung findet über Artikel 245 Zollkodex für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben Anwendung.

7.2 ZWEITER ABSCHNITT

Verfahrensvorschriften7.2. Zweiter Abschnitt Verfahrensvorschriften

§ 355Einspruchsfrist

§ 355 Absatz 1 Abgabenordnung regelt, dass der Einspruch nach § 347 Ab-satz 1 Satz1 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsak-tes bzw. innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung einzu-legen ist.Der Einspruch nach § 347 Absatz 1 Satz 2 Abgabenordnung ist unbefristet.Zwar sind die vorgenannten Vorschriften durch das Gemeinschaftszollrechtüberlagert382, doch enthalten die Gemeinschaftsvorschriften keine Regelun-gen über die Einspruchsfrist, so dass über Artikel 245 Zollkodex wiederumdas nationale Recht zur Anwendung kommt383.

382 siehe hierzu zu § 347 Abgabenordnung.383 Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 355 AO Rz. 15.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

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§ 356Einspruchsbelehrung

§ 356 Abgabenordnung bestimmt, dass die Einspruchsfrist nur beginnt,wenn der Verwaltungsakt eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hat (Ab-satz 1).Sofern diese unterblieben ist, verlängert sich die Einspruchsfrist grundsätz-lich auf ein Jahr (Absatz 2).Auch diese Regelung ist über Artikel 245 Zollkodex für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar.

§ 357Einlegung des Einspruchs

§ 357 Abgabenordnung stellt in seinem Absatz 1 die Schriftform für denEinspruch auf bzw. erlaubt die Erklärung zur Niederschrift. Eine Einlegungdurch Telegramm ist zulässig.Absatz 2 bezeichnet die Behörde, bei der der Einspruch einzulegen ist,nämlich bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder beider ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes gestellt worden ist.Absatz 3 verlangt, dass der angefochtene Verwaltungsakt bezeichnet wird.Daneben soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochtenund seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zurBegründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.Auch diese Regelung ist über Artikel 245 Zollkodex für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar, wobei der Hinweis in Absatz 2auf die einen Steuermessbetrag festsetzende Behörde für den Bereich derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben ins Leere geht.

§ 358Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen

§ 358 Abgabenordnung sieht vor, dass die Einspruchsbehörde zunächst dieZulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen hat.Diese Vorschrift findet ebenfalls über Artikel 245 Zollkodex Anwendung imBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

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§ 359Beteiligte

§ 359 Abgabenordnung benennt die Beteiligten im Einspruchsverfahren.Das sind derjenige, der den Einspruch eingelegt hat und derjenige, der zumVerfahren hinzugezogen worden ist.Auch diese Vorschrift wird über Artikel 245 Zollkodex im Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben angewendet.

§ 360Hinzuziehung zum Verfahren

§ 360 Abgabenordnung regelt die Hinzuziehung Dritter zum Verfahren, de-ren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidungberührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen haften.Der gesamte Paragraf findet auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben durch den Verweis auf einzelstaatliche Vorschriften in Artikel 245Zollkodex Anwendung.

§ 361Aussetzung der Vollziehung

§ 361 Abgabenordnung bestimmt in seinem Absatz 1, dass durch die Einle-gung des Einspruches die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktesvorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt werde, insbesondere die Erhe-bung einer Abgabe nicht aufgehalten werde.Nach § 361 Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung kann die den Verwaltungsakterlassende Behörde die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen.Nach Satz 2 soll die Aussetzung auf Antrag erfolgen, wenn ernstliche Zwei-fel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehenoder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillig, nicht durchüberwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.Satz 3 stellt klar, dass bei schon vollzogenem Verwaltungsakt an die Stelleder Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung tritt.Satz 4 bezieht sich auf eine Minderung der festgesetzten Steuer um anzu-rechnende Steuerabzugsbeträge, Körperschaftssteuer und um festgesetzteVorauszahlungen.

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Satz 5 sieht die vor, dass die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung ab-hängig gemacht werden kann.§ 361 Absatz 3 Abgabenordnung regelt das Verhältnis zwischen Grundla-genbescheid und Folgebescheid im Rahmen der Aussetzung der Vollzie-hung.Absatz 4 betrifft Einsprüche gegen die Untersagung des Gewerbebetriebsoder der Berufsausübung.Absatz 5 regelt, dass gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehungnur das Finanzgericht angerufen werden kann.Für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wird Absatz 1 durch Ar-tikel 244 Unterabsatz 1 Zollkodex überlagert, der vorsieht, dass durch dieEinlegung des Rechtsbehelfs die Vollziehung der angefochtenen Entschei-dung nicht ausgesetzt wird.Die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 findet für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben keine Anwendung, da Artikel 244 Zollkodex eine als ab-schließend zu bezeichnende Regelung über die Aussetzung der Vollziehungenthält und eine Befugnis der Zollbehörde zur Aussetzung der Vollziehung,die nicht an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist, dort nicht enthaltenist.Die Regelung des Absatzes 2 Sätze 1 und 2 wird für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben überlagert durch Artikel 244 Unterabsatz 2, derebenfalls begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ent-scheidung oder einen unersetzbaren Schaden des Beteiligten voraussetzt.Diese Voraussetzung ist enger als die der erheblichen Härte im Sinne des§ 361 Absatz 2 Satz 2 Abgabenordnung. Eine Güterabwägung, wie es dasnationale Recht vorsieht, findet im Gemeinschaftszollrecht damit nicht statt.Hinsichtlich des Absatzes 2 Satz 3 ist zu beachten, dass es sich hier nichtum eine neue materielle Regelung zur Aussetzung der Vollziehung handelt,sondern um eine Rechtsfolge, die an einen vollzogenen Verwaltungsakt an-knüpft.Daher ist diese Vorschrift über Artikel 245 Zollkodex auch für den Bereichder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar. Alexander weist zu Rechtdarauf hin, dass es sich bei der Aufhebung der Vollziehung um eine verfah-rensbedingte Variante der Aussetzung der Vollziehung handele, die als Teildes Verfahrensrechtes nach Artikel 245 Zollkodex allein nach nationalemRecht geregelt werde.

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Der in Deutschland nach Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 GG zu gewährende ef-fektive Rechtsschutz gebiete es, die sich aus der Aussetzung der Vollziehungzu ziehenden Konsequenzen, nämlich jede Verwirklichung des Inhalts derangefochtenen Entscheidung zu unterbinden, auch bei beglichener Steuer-schuld eintreten zu lassen384.Dem gemeinschaftlichen fiskalischen Interesse werde durch die Entrichtungder Sicherheitsleistung nach Artikel 244 Absatz 3 Zollkodex hinreichendRechnung getragen.Alexander weiset in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Hes-sischen Finanzgerichts hin, das im Hinblick auf die oben erwähnten Fis-kalinteressen der Gemeinschaft anderer Auffassung gewesen ist385.Ihm ist beizupflichten, dass das FG übersehen hat, dass die Vorschriftenüber die Rechtsbehelfe im Zollkodex nur Mindeststandards darstellen, diedie Anwendung der nationalen Vorschriften nicht ausschließen.Absatz 2 Satz 4 ist für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nichteinschlägig.Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 5 ist für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben durch Artikel 244 Unterabsatz 3 Zollkodex überlagert, derdie Aussetzung grundsätzlich von der Leistung einer Sicherheit abhängigmacht, auf die jedoch verzichtet werden muss, wenn sie aufgrund der Lagedes Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Artführen könnte. Der Zollkodex enthält insoweit eine abschließende Rege-lung386.Absatz 3 ist für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel245 Zollkodex anwendbar, soweit in diesem Bereich Grundlagen- und Fol-gebescheide erlassen werden.Die Regelung des Absatzes 4 ist für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben nicht einschlägig.Auch die Vorschrift des Absatzes 5 findet im Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben Anwendung über Artikel 245 Zollkodex.Da somit keine vollständige Überlagerung des § 361 Abgabenordnung durchden Zollkodex vorliegt, ist die Auffassung von Brockmeyer und von Bir-

384 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 244, Rz. 11.385 Hessisches Finanzgericht vom 14.11.1994, 7 V 3416/93, EFG 1995, 576.386 Witte/Alexander, Zollkodex, Art. 244, Rz. 8.

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

239

kenfeld387, dass Artikel 244 Zollkodex als eigenständige Regelung die Vor-schrift des § 361 Abgabenordnung verdrängt unzutreffend.In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, dass trotz des Wortlautes inArtikel 244 Zollkodex diese Vorschrift auch dann zur Anwendung kommt,wenn ein Finanzgericht die Vollziehung aussetzen will. Anderenfalls würdenunsachgemäße Differenzierungen eintreten388.

§ 362Rücknahme des Einspruchs

§ 362 Abgabenordnung regelt die Art und Weise und die Rechtsfolgen derRücknahme eines Einspruches und findet, mit Ausnahme von Absatz 1a, derVerständigungs- und Schiedsverfahren betrifft, auch im Bereich der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben über Artikel 245 Zollkodex Anwendung.

§ 363Aussetzung und Ruhen des Verfahrens

§ 363 Abgabenordnung bestimmt, unter welchen Bedingungen die Finanz-behörde das Verfahren aussetzen (Absatz 1) oder ruhen (Absatz 2) lassenkann und welches Rechtsmittel bei einer Ablehnung des Antrags auf Aus-setzung oder Ruhen des Verfahrens bzw. bei Widerruf einer Aussetzung odereines Ruhens statthaft ist (Absatz 3).Auch diese Regelung findet im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgabenüber Artikel 245 Zollkodex Anwendung.

§ 364Mitteilung der Besteuerungsunterlagen

§ 364 Abgabenordnung enthält die Verpflichtung, dem Beteiligten die Be-steuerungsunterlagen auf Antrag oder von Amts wegen mitzuteilen.Artikel 245 Zollkodex vermittelt auch die Anwendung dieser Vorschrift imBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

387 Klein/Brockmeyer, AO, § 361 Rz. 2; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 361AO Rz. 207.

388 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), 26.

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

240

§ 364aErörterung des Sach- und Rechtsstands

§ 364a Abgabenordnung regelt die Erörterung des Sach- und Rechtsstandesmit dem Einspruchsführer vor Erlass der Einspruchsentscheidung.Durch Artikel 245 Zollkodex findet auch diese Regelung Anwendung imBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

§ 364bFristsetzung

§ 364b Abgabenordung bestimmt in Absatz 1, dass die Finanzbehörde demEinspruchsführer eine Frist setzen kann

1. zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oderNichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt,

2. zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte,3. zur Bezeichnung von Beweismitteln oder zur Vorlage von Urkun-

den, soweit er dazu verpflichtet ist.

Nach Absatz 2 sind Erklärungen und Beweismittel, die nach Fristablaufvorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.Nach Absatz 3 ist der Einspruchsführer mit der Fristsetzung über dieRechtsfolgen der Fristversäumnis zu belehren.Durch Artikel 245 Zollkodex findet auch diese Regelung Anwendung imBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben. Alexander weist zu Recht daraufhin, dass diese Ausschlussfristregelung nicht durch Gemeinschaftsrecht,insbesondere nicht durch Art. 6 Absatz 1 überlagert werde, denn sie betreffenicht die durch Art. 6 Absatz 1 geregelte Verpflichtung zur Vorlage insge-samt, sondern nur die Art und Weise der Vorlage.

§ 365Anwendung von Verfahrensvorschriften

§ 365 Abgabenordnung erklärt im Wesentlichen für das Verfahren über denEinspruch die Vorschriften für sinngemäß anwendbar, die für den Erlass derangefochtenen oder des begehrten Verwaltungsaktes gelten (Absatz 1).

II. Analyse der einzelnen Vorschriften der Abgabenordnung

241

Darüber hinaus ist den Beteiligten und ihren Bevollmächtigten im EinzelfallGelegenheit zu geben, an der Beweisaufnahme teilzunehmen (Absatz 2).Absatz 3 bestimmt, dass in den Fällen, in denen der angefochtene Verwal-tungsakt geändert oder ersetzt wird, der neue Verwaltungsakt Gegenstanddes Einspruchsverfahrens wird.Auch diese Regelung findet im Bereich der Einfuhr- und AusfuhrabgabenAnwendung über Artikel 245 Zollkodex.

§ 366Form und Inhalt der Einspruchsentscheidung

§ 366 Abgabenordnung bestimmt, dass Einspruchsentscheidungen schrift-lich zu erteilen, zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu ver-sehen sind. Sie sind dem Beteiligten bekannt zu geben.Nach Artikel 245 Zollkodex findet auch diese Regelung Anwendung für denBereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

§ 367Entscheidung über den Einspruch

§ 367 Abgabenordnung regelt in Absatz 1 schließlich, welche Behörde überden Einspruch zu entscheiden hat, nämlich die Behörde, die den Verwal-tungsakt erlassen hat. Diese Behörde hat nach Absatz 2 die Sache in vollemUmfang erneut zu prüfen. § 367 erlaubt auch die Verböserung. Einer Ein-spruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Ein-spruch nicht abhilft.Nach Absatz 3 entscheidet die Finanzbehörde auch dann über den Ein-spruch, wenn der Verwaltungsakt von einer Behörde aufgrund gesetzlicherVorschriften für die zuständige Finanzbehörde erlassen wurde. Dem Ein-spruch kann auch die andere Behörde abhelfen.Auch diese Vorschrift findet für den Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben über Artikel 245 Zollkodex Anwendung.

§ 368(Aufgehoben)

D. Anwendb. der einzelnen Vorschriften d. AO auch nach In-Kraft-Treten d. Zollkodexes

242

8 ACHTER TEIL

STRAF- UND BUßGELDVORSCHRIFTEN;STRAF- UND BUßGELDVERFAHREN

8. Achter Teil Straf- und Bußgeldvorschriften; Straf- und Bußgeldverfahren

Der Bereich der Straf- und Bußgeldvorschriften sowie der Vorschriften überdas Straf- und Bußgeldverfahren ist im Gemeinschaftsrecht nicht geregelt.Da es somit zu keinen Überlagerungen kommen kann, erübrigt es sich, imRahmen dieser Untersuchung auf die nationalen Vorschriften im Einzelneneinzugehen.

9 NEUNTER TEIL

SCHLUSSVORSCHRIFTEN9. Neunter Teil Schlussvorschriften

§ 413Einschränkung von Grundrechten

§ 414Berlin-Klausel

(Gegenstandslos)§ 415

In-Kraft-TretenDer neunte Teil der Abgabenordnung enthält lediglich Schlussbestimmun-gen über die Einschränkung der Grundrechte (§ 413) sowie über das In-Kraft-Treten des Gesetzes (§ 415).

III. FazitIII. Fazit

Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, dass weite Teile der Abgaben-ordnung durch das Gemeinschaftszollrecht überlagert sind. Diese Überlage-rung betrifft zum Teil vollständige Paragrafen der Abgabenordnung; zumTeil ergeben sich aber auch Überlagerungen nur in Teilen der einzelnen Vor-schriften. Diese Überlagerungen erschweren dem Rechtsanwender den Um-gang mit dem Zollrecht, da er stets sowohl das gemeinschaftsrechtlicheZollrecht in Zollkodex, ZKDVO und Zollbefreiungsverordnung als auchnationales Recht zu Rate ziehen muss. Es stellt sich daher die Frage, ob es

III.Fazit

243

nicht ratsam ist, sämtliche Vorschriften, die für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben in Betracht kommen in einem Gesetzeswert zusammenzu-führen.

245

E.

Alternative Möglichkeiten der GesetzesgestaltungE. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

I. EinleitungI. Einleitung

Ausgehend von der oben genannten Problemstellung, dass der Rechtsan-wender sowohl das gemeinschaftsrechtliche Zollrecht in Zollkodex,ZKDVO und Zollbefreiungsverordnung als auch das nationale Recht derAbgabenordnung zu raten ziehen muss, soll nun untersucht werden, ob einebessere Handhabung der Vorschriften erreicht werden kann, wenn Vor-schriften der Abgabenordnung und des ZollVerwG, die für den Zollbereichanwendbar sind, ggf. sogar mit gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ineinem neuen Gesetz zusammengefasst werden. Dieses Gesetzeswerk könntein Anlehnung an die Abgabenordnung 1977 als Zoll-Abgabenordnung be-zeichnet werden.

II. Vergleiche mit anderen Mitgliedstaaten der EUII. Vergleiche mit anderen Mitgliedstaaten der EU

Um einen Einblick zu erhalten, wie sich die Rechtslage in anderen Mitglied-staaten der Europäischen Union darstellt, wurden die Zollverwaltungen ei-niger ausgesuchter Mitgliedstaaten angeschrieben und um Beantwortung derfolgenden Fragen gebeten:

1. Ist in Ihrem Rechtssystem eine Zusammenführung der Zollvor-schriften mit den Vorschriften des allgemeinen Abgabenrechts ge-geben?

2. Falls dies nicht der Fall sein sollte, ist eine Zusammenführung derVorschriften geplant und wenn ja, welche Gründe sprechen nach Ih-rer Ansicht dafür.

3. Falls in Ihrem Rechtssystem die Zollvorschriften und die für dieZollverwaltung maßgeblichen Vorschriften des allgemeinen Abga-benrechts in einem Gesetz zusammengefasst sind, welche Erfah-rungen haben Sie damit gemacht?

4. Könnte nicht ein allgemeines Erfordernis nach Rechtssicherheit undRechtsklarheit nach Ihrer Auffassung es sogar verlangen, dass die

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

246

entsprechenden Vorschriften in einem Gesetz zusammengefasstsind?

Die Zollverwaltungen haben darauf hin wie folgt geantwortet:

1. BelgienIn Belgien gibt es ein Allgemeines Gesetz für Zölle und Steuern, das Be-stimmungen enthält für die Wareneinfuhr, -ausfuhr und -durchfuhr, die mitZöllen und/oder Steuern belegt sind. Diese Vorschriften finden nur Anwen-dung, soweit es hierzu keine gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen gibt.Ein Gesetz, das in gleicher Weise für direkte als auch für indirekte Steuerngilt und keinen Unterschied enthält zwischen Abgaben, die dem nationalenHaushalt zufließen und denen, die für die Gemeinschaft vereinnahmt wer-den, besteht nicht. In den 90er-Jahren haben zwar entsprechende Pläne be-standen, ein einheitliches Gesetzeswerk für alle Abgabenarten einschließlichdes Zolls zu schaffen, es hat sich aber als nicht durchführbar erwiesen, alleVerfahren – von der Abgabenfestsetzung, über die Abgabe der Zollanmel-dung, der Prüfung der Zollanmeldungen bis zur Erhebung selbst – zu verei-nigen. Ein großer Unterschied zwischen den direkten und den indirektenSteuern bestand in dem Zeitpunkt der Abgabenvereinnahmung. DirekteSteuern werden einmal im Jahr bezahlt, indirekte, wie auch Zölle, sind beijeder Einfuhr in die Gemeinschaft zu entrichten. Eine Prüfung der Bücherhinsichtlich der direkten Steuern findet alle drei Jahre statt, während imZollbereich die Prüfungen ständig durchgeführt werden. Das Ergebnis wardaher, dass ein einziges Steuergesetz mehrere verschiedene Abschnitte ha-ben müsste, die sich mit den einzelnen Arten der Besteuerung befassen. Dieswäre jedoch keine echte Zusammenführung gewesen. Daher gibt es in Bel-gien nur ein Gesetzeswerk, das Zölle und die bei der Einfuhr, Ausfuhr undDurchfuhr zu erhebenden Steuern in sich vereinigt. Diese Zusammenfüh-rung der Vorschriften hat sich als nützlich erwiesen, weil sie ähnlich sindund die gleiche Ware betreffen können.

2. DänemarkIn Dänemark wird die Erhebung von Zöllen nach einem anderen Gesetzvorgenommen als die Erhebung von Abgaben und Steuern. Zum 1. Januar

II. Vergleiche mit anderen Mitgliedstaaten der EU

247

ist ein neues Abgabengesetz in Kraft getreten389. Bei den vorbereitendenArbeiten hat man sich ebenfalls überlegt, ob in dieses Gesetzeswerk auchVorschriften über die Erhebung von Zöllen aufgenommen werden sollen.Die dänische Zollverwaltung hat jedoch dann davon Abstand genommen,weil das dänische nationale Gesetz keine Regelungen enthalten sollte, diedurch den Gemeinschaftsgesetzgeber erlassen worden sind und auf derenWortlaut das dänische Parlament keinen Einfluss hat. Zudem wurde be-fürchtet, dass bei einer Änderung des Gemeinschaftsrechts, die sieben Tagenach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften inKraft tritt, die entsprechende Änderung des nationalen Gesetzes nicht sozeitnah erfolgen könne, so dass das nationale Gesetz letztlich nicht mehrgeltendes Gemeinschaftsrecht enthalten würde.

3. SpanienDie spanische Zollverwaltung hat mitgeteilt, dass es im spanischen Rechts-system ein Allgemeines Abgabengesetz (Ley General Tributaria) gibt, dasauf alle Abgaben Anwendung findet und durch spezifische Gesetze zu deneinzelnen Abgaben ergänzt wird. Die Zollabgaben werden neben den ge-meinschaftsrechtlichen Vorschriften hinsichtlich ihrer Verwaltung ebenfallsim Ley General Tributaria geregelt. Für die Abgabenaufsicht gibt es eine füralle Komponenten des Abgabensystems geltende Abgabenaufsichtsverord-nung (Reglamento General de la Inspeción de los Tributos). Die spanischeZollverwaltung sieht den Hauptvorteil von einheitlichen Regelungen darin,dass es nur ein Abgabensystem mit einer gemeinsamen Regelung in Bezugauf Verwaltung, Aufsicht, Erhebung und Rechtsmittel gibt. Da die Aufgabender Zollabteilung auch die Verbrauchsteuern und die Mehrwertsteuern beider Einfuhr umfassen, erleichtere die Tatsache, dass in den wesentlichenBereichen ein abgabenrechtlicher Rahmen besteht, die Arbeit der Verwal-tung sowie die Erfüllung der Pflichten seitens der Abgabenpflichtigen. Diespanische Zollverwaltung hat erklärt, dass ihre Erfahrungen mit der einheit-lichen Regelung sehr gut seien. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass geradein Spanien der Grundsatz der Rechtssicherheit sogar verfassungsrechtlich inArtikel 9 Absatz 3 der Verfassung des Königreichs Spanien verankert ist390.

389 Gesetz Nr. 169 vom 15.3.2000 hinsichtlich der Erhebung von Steuern und Abgaben.390 Schwarz, Kyrill-Alexander, Vertrauensschutz im Spannungsfeld von europäischem

Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht, Verw 2001, 397, 402.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

248

4. FrankreichDie französische Zollverwaltung teilte mit, dass die Vorschriften über dienationalen Abgaben und diejenigen hinsichtlich der Zölle nicht zusammen-gefasst worden sind. In den Regelungen, in denen es um nationale Abgabengehe sei jedoch der Hinweis enthalten, dass für den Fall, dass es sich umAbgaben im Zusammenhang mit einer Einfuhr handele, die Regelungen vonden Zollvorschriften überlagert werden. Eine Zusammenführung der ver-schiedenen Regelungen sei nicht beabsichtigt. Es erscheine nicht notwendig,in einem Gesetzeswerk alles zu regeln, was den Zoll anbetrifft. Die Zoller-hebung sei bereits im Zollkodex geregelt und die Steuererhebung in den Re-gelungen über Steuerverfahren (Livre des procédures fiscales). Zwar siehtauch die französische Zollverwaltung den Grundsatz der Rechtssicherheitund Rechtsklarheit als beachtenswert an. Doch ist nach ihrer Einschätzungeine Zusammenfassung verschiedener Vorschriften nicht das einzige Mittelzur Schaffung von Rechtsklarheit. Die französischen Vorschriften würdendiesem Erfordernis genügen.

5. IrlandDie irische Zollverwaltung hat mitgeteilt, dass im irischen Rechtssystem dieVorschriften für Zölle und nationale Steuern in getrennten Gesetzeswerkenenthalten sind. So ist die Tabaksteuer im „Excise Duty on Tobacco ProductsAct“ von 1977 geregelt, die Mineralölsteuer im „Finance Act 1999“. DieZollvorschriften sind in einer Reihe von Gesetzen enthalten, die zum Teilzurückgehen bis ins Jahr 1876. Es gibt jedoch auch dort insoweit Über-schneidungen, als die Einfuhrumsatzsteuer wie eine Zollschuld behandeltwird und nach dem VAT Act 1972 mit wenigen Ausnahmen auch die Vor-schriften für Zölle Anwendung finden. Es gibt jedoch in Irland keinen Vor-schlag, ein einheitliches Gesetzeswerk zu schaffen. Für den Bereich derZölle wird zum großen Teil nur das Gemeinschaftsrecht angewendet und nurfür den Bereich des Abgabenstrafrechts gibt es nationale Vorschriften. Dieirische Verwaltung sieht daher auch keine Notwendigkeit für ein einheitli-ches Gesetz, sofern in allen Bereichen klare, prägnante und transparente Re-gelungen bestehen. Diese Haltung entspricht dem in Artikel 15 Absatz 4 derVerfassung der Republik Irland verankerten Grundsatz der Rechtssicher-heit391.

391 Schwarz, Kyrill-Alexander, a.a.O., (FN 390).

II. Vergleiche mit anderen Mitgliedstaaten der EU

249

6. ItalienDie italienische Zollverwaltung hat auf die an sie übersandte Anfrage mit-geteilt, dass es in Italien neben den Gemeinschaftsvorschriften verschiedeneGesetze gebe für die Erhebung von den verschiedenen Steuerarten wie Ver-brauchsteuern, Einkommenssteuern und Mehrwertsteuern gebe. Es sei auchnicht geplant, diese einzelnen Gesetzeswerke zu einem einheitlichen Gesetzzusammenzufassen. Lediglich für die Erhebung von Zinsen sei eine einheit-liche Regelung beabsichtigt. Die Erfahrung habe gezeigt, dass auch bei denZollbeamten keine Rechtsunsicherheit durch das Nebeneinander verschie-dener Regelungen aufgetreten sei.

7. LuxemburgDie Zollverwaltung von Luxemburg hat auf die oben genannte Anfrage mit-geteilt, dass in Luxemburg die nationalen Rechtsvorschriften (Instruction surla Comptabilité de l’Etat, Instruction luxembourgeoise sur la Comptabiltitéde l’Administration des Douanes et Accises sowie die Instruction belge surla Comptabilité – tomes 1 à 3) und die gemeinschaftsrechtlichen Rechtsvor-schriften nicht in einem gemeinsamen Gesetz zusammengeführt wordensind und dies auch nicht beabsichtigt sei. Gleichwohl sei man der Auffas-sung, dass das jetzige System Klarheit und Sicherheit durchaus gewährlei-sten könne.

8. ÖsterreichIn Österreich gibt es für die Erhebung des Zolls das Zollrechtsdurchfüh-rungsgesetz, für das allgemeine Abgabenrecht die Bundesabgabenordnung,die nur in den Bereichen Anwendung findet, in denen das Zollrechtsdurch-führungsgesetz keine Sonderregelungen enthält. Auch die österreichischeVerwaltung erkennt die größere Übersichtlichkeit an, die eine Zusammen-führung aller nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften mit sichbringen würde. Andererseits bestehen Bedenken gegen ein derartiges Vor-haben wegen des großen Umfangs, den ein solches Gesetz haben müsse.Auch spreche gegen eine Zusammenführung der Umstand, dass die Zollbe-hörden nicht nur den Zoll, sondern zum Beispiel auch die Verbrauchsteuernim nationalen Bereich erheben würden und die spezifisch auf den Zollkodexder Gemeinschaften abgestellten Regelungen des Zollrechtsdurchführungs-gesetzes für diesen Bereich zu unflexibel seien. Auf die Frage angespro-chen, ob nicht das Erfordernis der Rechtssicherheit ein einheitliches Geset-zeswerk erfordere, hat die österreichische Zollverwaltung mitgeteilt, dassangesichts der Vielzahl der Vorschriften im Gemeinschaftsrecht , die zusätz-

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

250

lich zu den nationalen Vorschriften zu beachten seien, die Rechtssicherheitund Rechtsklarheit ohnehin nur in eingeschränktem Maße gewährleistetwerden könne.

9. PortugalDie portugiesische Zollverwaltung hat mitgeteilt, dass es im portugiesi-schem Rechtssystem eigene Zollvorschriften gibt, die insoweit anwendbarsind, als sie den Gemeinschaftsbestimmungen nicht widersprechen. Bei die-sen nationalen Zollvorschriften handelt es sich zum einen um Bestimmun-gen über die Organisation der Zollverwaltung, aber auch um Regelungenhinsichtlich der Warenabfertigung. Derzeit ist eine Arbeitsgruppe damit be-auftragt worden, alle nationalen Zollvorschriften sowie die entsprechendenGemeinschaftsbestimmungen in einem Gesetzeswerk zusammenzuführen.Neben den eigentlichen Zollvorschriften gibt es noch weitere Bestimmun-gen, die den Bereich der Verbrauchsteuern betreffen. Eine Zusammenfüh-rung des allgemeinen Steuerrechts mit den Vorschriften des Zollrechts istnicht beabsichtigt und wird auch nicht für erforderlich gehalten.

10. SchwedenDie schwedische Zollverwaltung hat in ihrer Antwort mitgeteilt, dass auchdas schwedische Rechtssystem kein einheitliches Gesetzeswerk für Zölleund andere Abgaben enthält. Dies sei auch in absehbarer Zukunft nicht ge-plant. Allerdings wird auch dort unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicher-heit und Rechtsklarheit ein derartiges Vorhaben als wünschenswert angese-hen, sofern dieses Gesetzeswerk leicht zu handhaben ist und nicht seiner-seits wieder zu Unklarheiten führt.Dieser Wunsch ist umso nach vollziehbarer, als auch in der schwedischenVerfassung in Kapitel II, § 10 der Gedanke der Rechtssicherheit zum Aus-druck kommt392.

11. Vereinigtes KönigreichDas Vereinigte Königreich hat in seiner Antwort zunächst darauf hingewie-sen, dass es bereits im Jahr 1979 ein Gesetz mit dem Titel „Customs andExcise Management Act 1979“ (CEMA 1979) erlassen habe, das eine Viel-zahl von Regelungen hinsichtlich der Steuern und der Zölle enthält. Wie derName bereits sagt, enthält das Gesetz Regelungen hinsichtlich der Verwal-

392 Schwarz, Kyrill-Alexander, a.a.O., (FN 390).

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

251

tung der Abgaben, der Beschlagnahme von Gegenständen sowie Strafvor-schriften. Daneben gibt es noch Regelungen in den einzelnen Verbrauch-steuergesetzen (z.B. Hydrocarbon Oil Duties Act 1979, the Tobacco Pro-ducts Duty Act 1979, the Alcoholic Liquo Duties Act 1979). Es ist jedochzu berücksichtigen, dass CEMA 1979 in Kraft getreten ist, somit dem Zoll-kodex und vielen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die später in denZollkodex aufgenommen worden sind, vorangegangen ist. Um sicherzustel-len, dass das Gesetz mit dem Gemeinschaftsrecht konform ist, sind nationaleÄnderungen ergangen, um zu vermeiden, dass die dem Gemeinschaftsrechtentgegenstehenden Regelungen weiterhin angewandt werden. Nach Auffas-sung der Zollverwaltung des Vereinigten Königreiches ist ein einheitlichesGesetz für Zölle und Steuern jedoch nicht zur Wahrung der Rechtssicherheitund Rechtsklarheit erforderlich. Rechtsklarheit sei bereits dadurch erreicht,dass in den speziellen Verbrauchsteuergesetzen ein Hinweise enthalten ist,dass das CEMA 1979 und die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen anzu-wenden sind. Derzeit liegen keine Planungen vor, das CEMA 1979 umfas-send zu revidieren. Wenn dies eines Tages geschehe, werde man selbstver-ständlich auch prüfen, ob Zoll- und Steuervorschriften in einem Gesetz ent-halten sein sollen oder in getrennten Gesetzen.

III. Das Postulat nach Rechtssicherheit und Rechtsklar-heit als Motiv für ein Zoll- und Abgaben-Gesetz

III. Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

1. EinleitungDie Untersuchungen in den oben genannten Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union haben gezeigt, dass für die dortigen Zollbeamten die Anwen-dung abgabenrechtlicher Vorschriften in den meisten Fällen ebenfalls nichtvereinfacht worden ist, indem man alle anzuwendenden Vorschriften in einGesetzeswerk aufgenommen hat und auch nur ausnahmsweise die Notwen-digkeit dazu gesehen wird.Gleichwohl stellt sich die Frage, ob nicht das Postulat der Rechtssicherheitund Rechtsklarheit als nationales und europarechtliches Gebot ein einheitli-ches Zoll- und Abgabenrecht geradezu verlangt.Bereits Henke/Huchatz393 haben sich in ihrer Auseinandersetzung mit demneuen Abgabenverwaltungsrecht für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben mit derFrage auseinandergesetzt, ob nicht die Grundsätze von Rechtssicherheit und

393 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71), 273.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

252

Rechtsklarheit es erfordern, ein eigenständiges Gesetz mit allen Vorschrif-ten, die für die Einfuhr- und Ausfuhrabgaben maßgeblich sein könnten, zuschaffen. Nach ihren Vorstellungen sollte sich das Gesetz jedoch auf die na-tionalen Vorschriften der Abgabenordnung beschränken, die auch weiterhinfür Zölle gelten.

Sicher sind die von Henke/Huchatz genannten Vorteile- Dokumentation des zutreffenden Rechtszustandes- geringer Umfang und größere Prägnanz als die Abgabenordnung

nicht von der Hand zu weisen. Aber würde allein ein derartiges Gesetz dieMaxime der Rechtssicherheit erfüllen? Wäre es nicht sogar zwingend, indieses Gesetzesvorhaben auch die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriftenaufzunehmen, um dem Rechtssuchenden das Heraussuchen der verschiede-nen Vorschriften aus mehreren Gesetzeswerken zu ersparen?Die Frage, ob ein einheitliches Gesetzeswerk geschaffen werden soll, wurdeebenfalls auf dem Münsteraner Symposium 1994 zum Thema „Rechtsfragendes europäischen Steuer-, Außenwirtschafts- und Zollrechts“ im Rahmender Diskussion angesprochen. Insbesondere Witte hatte einen entsprechen-den Appell an den Gesetzgeber gerichtet. Demgegenüber äußerte sich derVizepräsident des BFH, Beermann, sehr kritisch gegenüber einem derartigenVorhaben und beklagte die allgemeine, insbesondere in der Gemeinschaftanzutreffende Neigung, zu immer neuen positiven Regelungen. Ein Über-maß an positiven Regelungen könne zu einer Zersplitterung des Rechts füh-ren. Zur Zersplitterung führe auch Wittes Vorschlag, ein besonderes Abga-benordnungs-Recht für die Zollverwaltung zu schaffen. Mit dieser Rechts-zersplitterung habe man im Verfahrensrecht bei den Entlastungsgesetzen zurFGO sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Ein besonderes Abgabenord-nungs-Recht für die Zollverwaltung löse diese aus dem einheitlichen Systemfür die gesamte Finanzverfassung, wie es in der Abgabenordnung geschaf-fen worden sei. Erst habe sich aus dem Zollrecht die Abgabenordnung ent-wickelt, und jetzt beginne beim Zoll eine Zersplitterung des Rechts.Beermann sah nicht den Gesetzgeber, sondern die Rechtsprechung und dieZollverwaltung in der Pflicht. So solle die Verwaltung entstehende Rege-lungslücken durch Dienstanweisungen schließen.Witte entgegnete hierauf, dass die Gefahr einer Rechtszersplitterung nur da-durch entstanden sei, dass der Kodex eigene Regelungen schaffe, etwa imBereich der Rücknahme, des Widerrufs und der Nichtigkeit, die sich grund-sätzlich von deutschen Begriffen unterschieden. Die Gefahr der Rechtszer-

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

253

splitterung sei Konsequenz des Umstandes, dass die EG ganz neue Überle-gungen anstelle394.Beermanns Befürchtungen können aus heutiger Sicht nicht nachvollzogenwerden. Eine Rechtszersplitterung könnte durch den Erlass einer Zoll-Abgabenordnung gar nicht eintreten, weil hier nicht das anzuwendendeRecht „zersplittert“ wird, sondern das ohnehin zersplitterte Abgabenrechtvereinheitlicht würde. Im Übrigen ist die Abgabenordnung nicht aus demZoll entstanden, wie die obigen Ausführungen zur Historie von Reichsabga-benordnung und Abgabenordnung 1977 gezeigt haben. Es soll nicht bestrit-ten werden, dass mit einem neuen Gesetz das Bemühen um Eindämmungder Gesetzesflut unterlaufen würde. Gleichwohl könnte das Erfordernis nachRechtssicherheit dieses Bemühen ganz in den Hintergrund drängen.Es soll daher zunächst untersucht werden, was sich hinter dem Grundsatzder Rechtssicherheit tatsächlich verbirgt und wie die Forderung danach er-füllt werden kann.

Das Problem der Rechtssicherheit ist in der jüngeren und älteren Vergan-genheit von vielen namhaften Autoren beschrieben worden. Die nachfol-gende Untersuchung soll den Meinungsstand wiedergeben. Zwar sind einigeAusführungen gemacht worden, als an die Bildung eines gemeinsamenMarktes und an eine Zollrechtsgesetzgebung, die für mehrere Staaten ingleicher Weise gilt, noch niemand gedacht hat. Die Ausführungen lassensich aber ohne Probleme auf die heutige Zeit übertragen. Sie sollen daher inihren wesentlichen Kernaussagen chronologisch geordnet wiedergegebenwerden. Bei der Analyse eines rechtsphilosophischen Themas, wie es dieFrage nach Rechtssicherheit ist, sind auch Gedanken angebracht, die sichmit der historischen Entwicklung des Grundsatzes der Rechtssicherheit be-fassen.

2. Die Bedeutung des Grundsatzes der RechtssicherheitDer Ruf nach Rechtssicherheit gehörte zu den Grundforderungen der Auf-klärung und bildete einen bis zum Jahr 1918 im wesentlichen unbestrittenenBestandteil der Konzeption des liberalen Staates395.

394 Birk, Dieter / Ehlers, Dirk, a.a.O., (FN 95), 157 – 159.395 Wiedemann, Herbert: Rechtssicherheit – Ein absoluter Wert? Gedanken zum Be-

stimmtheitserfordernis zivilrechtlicher Tatbestände, Festschrift für Karl Larenz zum70. Geburtstag, München 1973, S. 199, 201.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

254

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren sich die Rechtsphilosopheneinig, dass der Begriff der Rechtssicherheit je nach dem Gedankenzusam-menhang und je nach den einzelnen Gebieten des Rechtslebens, auf die erzur Anwendung gebracht wird, eine ganz verschiedene Rolle spielt. Auchdie Zeitverhältnisse waren entscheidend für die Wertung des Gutes „Rechts-sicherheit“396.Das Vorhandensein einer festen tatsächlich durchgeführten Ordnung desZusammenlebens wurde als Grundlage jeglicher Rechtssicherheit angese-hen397.Wenig später wurde der Gedanke der Rechtssicherheit neben der Gerechtig-keit als allgemein gültiges Element der Rechtsidee hingestellt398.Welche Bedeutung der Grundsatz der Rechtssicherheit im Verlaufe der ver-schiedenen Zeitepochen gehabt, veranschaulicht Herschel399 unter Hinweisauf Esser400, der die Formulierung von der Kursschwankung des Wortes„Rechtssicherheit“ geprägt habe. Danach sei dem Revolutionär die Rechts-sicherheit der lächerliche Wechselbalg eines spießbürgerlichen Bedürfnissesnach Ruhe und Ordnung. Dem Liberalen bedeute sie einen Kulturwert: „DieZuverlässigkeit des Rechts ist das Fundament unserer Kultur...“401.Radbruch402 hat einmal den englischen Rechtsdenker Jeremy Bentham zi-tiert, der von 1748 bis 1832 gelebt hat und wahre Lobeshymnen auf dieRechtssicherheit gesungen habe: Sie gewähre die Möglichkeit der Voraus-sicht in die Zukunft und damit die Disposition über die Zukunft, sie sei dieGrundlage allen Planens, allen Arbeitens und Sparens, sie bewirke, dass dasLeben nicht nur eine Folge von Augenblicken sei, sondern Kontinuität habe,dass das Einzelleben ein Glied werde in der Kette der Generationen, sei dasentscheidende Kennzeichen der Zivilisation, sie unterscheide den Kultur-menschen vom Wilden, den Frieden vom Krieg, den Menschen vom Tier.Burkhardt wiederum hat sie verspottet und auf große Kulturerscheinungengerade in solchen Zeiten hingewiesen, denen die bürgerliche Sekurität fehl-te403.

396 Rümelin, Max: Die Rechtssicherheit, 1926, S. 2.397 Rümelin, Max, a.a.O., (FN 396), 3.398 Radbruch, Rechtsphilosophie, Stuttgart 1970, S. 30.399 Herschel, Wilhelm: Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, JZ 1967, 727, 731.400 Esser, Josef: Grundsatz und Norm, Tübingen 1956, S. 376.401 Germann, Oscar Adolf: Grundlagen der Rechtswissenschaft, Bern 1950, S. 20.402 Radbruch, Gustav, a.a.O., (FN 398), S. 31.403 Radbruch, Gustav: Vorschule der Rechtsphilosophie, 3. Aufl.1965, S. 31.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

255

Auch Emge betonte die Zeitbedingtheit der Würdigung der Rechtssicherheit.In Sicherheit und Gerechtigkeit drückten sich tiefe Bedürfnisse des Men-schen aus. In Zeiten revolutionärer Umbrüche wolle er vor allem Sicherheit,in ruhigen Gerechtigkeit, und sei es selbst durch den Umbruch404.Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass eine Würdigung des Grundsat-zes der Rechtssicherheit immer von den Wertungen der Zeit abhängt405.

3. Was verbirgt sich hinter dem Begriff der Rechts(un)sicherheitin der Literatur?

a) Die Rechtsphilosophen des frühen 20. JahrhundertsDie Rechtsphilosophen des frühen 20. Jahrhunderts sahen als erste Voraus-setzung jeder Rechtssicherheit die Bestimmtheit und Erkennbarkeit der gel-tenden Rechtssätze an406. Gerade im Finanzrecht sei zu beklagten, dass diezum Teil ungenügend durchdachten Gesetze, die vielfach so gefasst waren,dass nicht einmal die zu ihrer Anwendung verpflichteten Behörden, ge-schweige denn die Steuerzahler daraus klug würden, zu einem hohen Maßan Unsicherheit geführt407. Diese Rechtsunsicherheit könne nur dadurch ein-gedämmt werden, dass die Gesetze so gefasst werden, dass sie leicht ver-ständlich seien408 und den Rechtsunterworfenen die Möglichkeit gebotenwerde, den staatlichen Willen, der sich in der Norm ausdrücke, zu erkennenund so Gewissheit darüber zu erlangen, wo das von das von Rechtsordnungnormierte Gebiet beginne und wo es ende409.Bezogen auf die heutige Zeit könnte gerade diese Frage für das Verhältnisder Vorschriften der Abgabenordnung zu den Vorschriften des Zollkodexesschwierig zu beantworten sein, wie die oben aufgezeigte Analyse zeigt.Nach dem Brassloff’schen Verständnis des Begriffes müsste man daher hiervon einer vorherrschenden Rechtsunsicherheit sprechen, die nur durchSchaffung eines einheitlichen Gesetzeswerkes aus der Welt geschaffen wer-den kann.

404 Emge, Carl August: Philosophie der Rechtswissenschaft (Erfahrung und DenkenBand 6), Berlin 1961, S. 116.

405 vgl. Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 732.406 Rümelin, Max, a.a.O., (FN 396), 9.407 Rümelin, Max, a.a.O., (FN 396), 37.408 Rümelin, Max, a.a.O., (FN 396), 59.409 Brassloff, Stephan: Die Rechtssicherheit, 1928, S. 34.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

256

b) Die Bedeutung der Rechtssicherheit ab der Mitte des 20. Jahrhun-derts

In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Rechtsicherheit überhaupt erstals Rechtfertigung für die Aufstellung von positiven Normen angesehen410.Recht ohne Rechtssicherheit war danach nicht denkbar; ohne Rechtssicher-heit sei auch die beste Norm wertlos411. Um nicht die künftige Geltung derNormen in Frage zu stellen, müsse daher in der Gesetzgebung auch dieRechtssicherheit Rücksicht genommen werden, zum Beispiel im Hinblickauf das Bedürfnis nach praktikablen Begriffen und Kriterien.Sehr intensiv hat sich ebenfalls Mitte des letzten Jahrhunderts Scholz412 mitder Thematik der Rechtssicherheit befasst. Er hat die Rechtssicherheit damitbeschrieben, dass sie ein gesteigertes Recht verlange, dass seine Sicherungs-funktion so erfülle, wie dem Ideal des Durchschnittsbürgers entspreche413.Rechtssicherheit bedeute einen Rechtszustand, welcher die Lebensgütermöglichst vollständig und wirkungsvoll schütze und diesen Schutz unpar-teiisch und gerecht verwirkliche, daher auch mit den entsprechendenRechtsschutzeinrichtungen versehen sei und das Vertrauen der Rechtssu-chenden in gerechte Handhabung des Rechts genieße, oder: Rechtszustandist das gewährleistete Vertrauen in das Bestehen des Rechts und in seine un-parteiische und gerechte Handhabung414 und außerdem in zweckmäßige undklare Gesetzgebung415.Nach Auffassung von Scholz, der gerade die Nationalsozialistische Zeithinter sich gelassen hatte, was seine Wertlegung auf die Unparteilichkeit desRechts und auf entsprechende Rechtsschutzeinrichtungen begründet, gehöredie Rechtssicherheit als ein Prinzip der Gerechtigkeit zu den obersten Ziel-setzungen und Bestandteilen des Rechtsstaates, denn der Rechtsstaat seinStaat der Rechtssicherheit416. Für die Gesetzgebung hat er als bedeutsam fürdie Rechtssicherheit angesehen die Zweckmäßigkeit der gesetzlichen Rege-lung sowie die Erkennbarkeit des Rechts sowie die Klarheit, Bestimmtheitund Berechenbarkeit des Rechts417. Gerade ein gesundes Wirtschaftslebenverlange nach einer gewissen Berechenbarkeit des Rechts. Diese Berechen-

410 Germann, Oscar Adolf, a.a.O., (FN 401), 230.411 Germann, Oscar Adolf, a.a.O., (FN 401), 229.412 Scholz, Franz: Die Rechtssicherheit.413 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 3.414 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 3, 4.415 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 6.416 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 5.417 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 7, 8, 51, 27, 53.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

257

barkeit sei so sehr ein Erfordernis der Rechtssicherheit, das der Nationalso-zialismus bezüglich der Berechenbarkeit des Rechts nur an eigennützigeMenschen dachte, die ihren Profit aus dem Recht berechnen wollten, unddeshalb die Rechtssicherheit als liberalistisch und eigensüchtig bekämpf-te418.Nicht mit Rechtssicherheit zu vereinbaren sei die Rechtszersplitterung,durch die gleichgelagerte Sachverhalte in verschiedenen Gesetzen geregeltwurden, wie zum Beispiel zur Zeit der Veröffentlichung von Scholz Sach-verhalte in deutschen Gesetzen einerseits und in Vorschriften, die die Alli-ierten Besatzungsmächte erlassen hatten andererseits419.Auch heute lässt sich im Sinne von Scholz von einer Rechtszersplitterungreden, die ihre Ursache in ähnlichen Bestimmungen im nationalen Rechteinerseits und im Gemeinschaftsrecht andererseits hat.Wenig später als Scholz hat Henkel420 als Rechtssicherheit die an das positi-ve Recht zu stellende Anforderung bezeichnet, innerhalb seines Bereichesund mit seinen Mitteln Ordnungsgewissheit zu durch Positivierung desRechts schaffen. Innerhalb des gesetzten positiven Rechts fordere derRechtssicherheitsgedanke, dass der Rechtsinhalt klar und eindeutig ist. DerRechtsunterworfene wolle wissen, welche Rechte und Pflichten für ihn be-stünden421.Eine Rechtssicherheit in dem gekennzeichneten Sinne fördere am meistendie freiwillige Befolgung der Rechtsnormen. Mittel zur Erzielung derRechtssicherheit ist nach Henkel die Klarheit, Einfachheit und Übersicht-lichkeit der Regelungen. Wenn das Normensystem durch eine Vielzahl vonVorschriften oder verwickelten Bestimmungen belastet sei, so das sich inihm kein Mensch mehr auskenne, führe das zur Rechtsunsicherheit.Übertragen auf das heutige Verhältnis zwischen den Normen der Abgaben-ordnung und denen des Zollkodexes der Gemeinschaft, lässt sich zwar dieBefürchtung von Henkel, dass sich kein Mensch mehr auskenne, nicht be-stätigen. Doch kann andererseits auch nicht bestritten werden, dass dasNormensystem, soweit das Abgabenrecht betroffen ist, als verwickelt anzu-sehen ist. Die Frage, welche Vorschrift denn nun im Einzelfall anzuwendenist – nationale Bestimmung oder Gemeinschaftsrecht – hat in der Vergan-

418 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 29.419 Scholz, Franz, a.a.O., (FN 412), 32.420 Henkel, Heinrich: Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 334.421 Henkel, Heinrich, a.a.O., (FN 420), 335.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

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genheit immer wieder zu Unsicherheit geführt – und damit eben zur Rechts-unsicherheit, wie sie auch Henkel vor Augen hatte.Würde man ihn heute fragen, würde er sich sicher für die Beseitigung dieserRechtsunsicherheit durch Schaffung von klaren Normen im Rahmen eineseinheitlichen Gesetzeswerkes aussprechen.Herschel422 hat als eine Art der Rechtsunsicherheit die fehlende Klarheit desRechts benannt. Je mehr sie fehle, um so weniger könne von Rechtssicher-heit die Rede sein423. Einer der Gründe für die so entstehende Rechtsunsi-cherheit könne die Vielzahl der Gesetze sein.

„Die Schwemme der Gesetze, die uns aus mancherlei Gründen, be-drückt, ist nicht bloß ein böses Indiz für einen ungesunden sozialen Or-ganismus, sondern auch eine Ursache der Rechtsunsicherheit“424.

Überstiege der Rechtsstoff ein gewisses Maß, so könnten die Normadressa-ten ihn nicht mehr in seiner Gänze in den Blick bekommen; sie sähen nurnoch Teile und würden den Sinn für die Zusammenhänge verlieren, so dassjedes neue Gesetz zu Lasten der Rechtssicherheit gehe425. Darüber hinaushat Herschel zu bedenken gegeben, dass auch die Frage, welchen Teilen desGemeinschaftsrechtes unmittelbare Geltung innerhalb der Mitgliedstaatenzukomme sowie die Konflikte zwischen den allgemein gehaltenen Normender EWG und den konkreten nationalen Bestimmungen ein Faktor für die zubeklagende Rechtsunsicherheit sei426.Zwar hat Herschel seine Ausführungen zu einem Zeitpunkt gemacht, alsnoch niemand an den Zollkodex der Gemeinschaft gedacht hat. Gleichwohlist der Grundgedanke auch heute noch zutreffend, dass das Nebeneinandervon Gemeinschaftsrecht und nationalen Bestimmungen als Faktor derRechtunsicherheit anzusehen ist.Rechtssicherheit ist daher zu erlangen, wenn die Rechtsnormen möglichstklar gefasst und einfach verständlich sind, die Gesetze also praktikabelsind427. Wenn diese Rechtssicherheit nicht erreicht wird, verliert der Staatnach Auffassung von Herschel einen Teil seiner Autorität. Ein Recht, dasweder die Erfordernisse materieller Gerechtigkeit noch die Praktikabilitätverwirkliche, sei geradezu autoritätsfeindlich; es zerrütte die Anhänglichkeit

422 Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 727.423 Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 728.424 Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 729.425 Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 729.426 Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 731.427 Henkel, Heinrich, a.a.O., (FN 420), 333.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

259

und die Hinneigung des Bürgers zum Staat und sei dem Ausland gegenübereine schlechte Visitenkarte428.Herschel schlägt nun als Lösungsansatz vor,

- dass der Gesetzgeber die Gesetzessprache und den Gesetzesinhaltexakt und klar fassen sollen,

- dass sich die Rechtsprechung bei der richterlichen rechtsschöpfen-den Gestaltung ein gebührendes Maß kluger Zurückhaltung aufer-legt und zwar sowohl hinsichtlich des „ob“ wie auch des „wie“,

- dass die Verfasser von Kommentaren wegweisende Gedanken ent-wickeln, statt nur die Rechtsprechung wiederzugeben.

Was Herschel allerdings vermissen lässt, ist ein Appell an den Gesetzgeber,die Vorschriftenflut einzudämmen. Insofern mag fraglich sein, ob sich dieForderung nach einer Zoll-Abgabenordnung auch auf die Ausführungen vonHerschel stützen lässt.Andererseits hat er selbst die „Schwemme der Gesetze“ als Grund derRechtsunsicherheit bezeichnet, so dass sich die Forderung nach einem ein-heitlichen Gesetzeswerk auch unter den Rechtssicherheitsbegriff subsumie-ren lässt, wie er ihn versteht.Nun mag dieser Forderung entgegengehalten werden, dass mit einer Zoll-und Abgaben-Ordnung ein weiteres Gesetz verabschiedet würde, so dass dieGesetzesschwemme nicht eingedämmt, sondern sogar noch vergrößert wür-de. Eine derart mathematische Betrachtungsweise ist jedoch fehl am Platz.Durch die einheitliche Zoll-Abgabenordnung würde zwar der Normenbe-stand um ein Gesetz erweitert, der Normenanwendungsbestand jedoch tat-sächlich um mindestens ein Gesetz verringert, weil die Rechtsanwender nunnicht mehr mehrere Gesetze – Zollkodex der Gemeinschaft, nationale Ab-gabenordnung und Zollverwaltungsgesetz – anzuwenden hätten, sondern nurnoch die Zoll-Abgabenordnung und gegebenenfalls noch den Zollkodex,wenn sich herausstellen sollte, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschrif-ten nicht Bestandteil des nationalen Gesetzes sein dürfen..Diese Verringerung des Normenanwendungsbestands würde bereits zu mehrRechtssicherheit beitragen.

428 Herschel, Wilhelm, a.a.O., (FN 399), 733.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

260

c) Der Begriff der Rechtssicherheit gegen Ende des 20. Jahrhundertsunter Berücksichtigung des Verhältnisses nationales Recht – Ge-meinschaftsrecht

Auch Tomuschat429, der sich dem Thema der Normenpublizität und Nor-menklarheit in der Europäischen Gemeinschaft gewidmet hat, hat beklagt,dass es auch der Gemeinschaft nicht an Ungewissheit und Zweifeln über denStand des Rechts fehle. Der Grund sei die Überfülle des Rechtsmaterials, indem die Betroffenen die Übersicht zu verlieren drohten. Am Beispiel desGebietes des freien Personenverkehrs bemängelt Tomuschat, dass dieGrundregeln über das Aufenthaltsrecht nicht in einem einzigen Rechtsaktzusammengefasst sind, sondern sich verstreut in drei Richtlinien wiederfin-den430. Tomuschat weist darauf hin, dass der Zugang zum Recht für die Ge-meinschaft eine Frage von fundamentaler Bedeutung sei. Sie sei bewusst alseine Rechtsgemeinschaft gegründet worden. Stehe es mit ihrer Rechtsord-nung nicht zum besten, müsse auch sie selbst Schaden nehmen431. Mängelder Rechtsordnung führen nach Tomuschat zu einem Legitimitätsverlust,den sich die Gemeinschaft nicht leisten könne. Mehr als jede staatliche Or-ganisation müsse sie sich bemühen, das von ihr erlassene Recht dem Bürgernäher zu bringen432. Je enger der Einzelbürger in das Regelwerk einbezogenwerde, umso höhere Anforderungen seien an die Verständlichkeit zu stellen.Tomuschat beklagt, dass die Gemeinschaftsinstanzen bisher die Rechtsset-zung als eine im Wesentlichen technische Aufgabe betrachtet hätten. SeinerMeinung nach könnte eine stärkere Hinwendung zur Systematik undRechtsklarheit der Gemeinschaft neue Kräfte zuwachsen lassen433.Die Aussagen von Tomuschat lassen folgende Schlussfolgerungen zu:Die Rechtszersplitterung und damit der erschwerte Zugang zum Gemein-schaftsrecht stellen einen Mangel in der Rechtsordnung der Gemeinschaftdar, den diese sich nicht leisten darf. Dieser Mangel kann dadurch abgestelltwerden, dass die Gemeinschaft als Normgeber sich um mehr Rechtssyste-matik und Rechtsklarheit bemüht. Tomuschat muss somit dahingehend ver-standen werden, dass die Gemeinschaft aufgefordert wird, die Rechtszer-splitterung zu beseitigen, was für das von ihm angezogene Beispiel bedeu-tet, dass die Grundregeln über das Aufenthaltsrecht in einer Regelung an-

429 Tomuschat, Christian: Normenpublizität und Normenklarheit in der EuropäischenGemeinschaft, S. 461ff.

430 Tomuschat, Christian, a.a.O., (FN 429), 464.431 Tomuschat, Chtistian, a.a.O., (FN 429), 478.432 Tomuschat, Christian, a.a.O., (FN 429), 479.433 Tomuschat, Christian, a.a.O., (FN 429), 480.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

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statt in drei Regelungen hätten aufgenommen werden müssen. Die Gemein-schaftsrechtsordnung soll keine Zersplitterung des Rechts enthalten. ZurGemeinschaftsrechtsordnung im Zollbereich gehören sowohl das gemein-schaftsrechtliche Zollrecht wie auch die nationalen Vorschriften. Der Maxi-me von Tomuschat folgend, muss das anwendbare Zollrecht von Rechtssy-stematik und Rechtsklarheit beherrscht sein. Diese Rechtssystematik undRechtsklarheit lässt sich jedoch nur durch ein einheitliches Gesetzeswerkerreichen. Was Tomuschat für den Bereich des freien Personenverkehrs ge-fordert hat, nämlich die Zusammenfassung aller Grundregeln in einem Re-gelungswerk, würde im Zollbereich durch eine einheitliche Zoll-Abgabenordnung erreicht werden.Auch in der neueren Staatsrechtsliteratur findet sich die Aussage, dassRechtssicherheit ein rechtstaatlicher Handlungsmaßstab sei434.Mit Rechtssicherheit sei jedoch nicht ein Schutz vor allen Wechselfällen desLebens gemeint, sondern die Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Diese setzedie Vorhersehbarkeit staatlicher Entscheidungen zur Sicherung von Freiheitvoraus. Freiheit erfordere Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Denn Freiheitmeine vor allem die Möglichkeit, das eigene Leben nach eigenen Entwürfenzu gestalten. Gerade von der Gesetzgebung verlange der Gedanke derRechtssicherheit hinreichend präzise Tatbestände. Die Einzelanforderungen,die diese Maßstäblichkeit konkretisierten, seien zum Teil in speziellen Ver-fassungsnormen (Artikel 80 Absatz 1 Satz 2, 101 Absatz 1 Satz 2, 103 Ab-satz 2 Grundgesetz), aus Elementen der Wesentlichkeitslehre435 und ausdem, was im Rahmen des Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz zur Zulässigkeitadministrativer Beurteilungs- und Ermessensermächtigungen gelte.

Dass das Thema der Rechtssicherheit unerschöpflicht ist, hat auch der 11.Steuerberatertag 1988 gezeigt, der das Thema „Rechtssicherheit im Steuer-recht“ zum Gegenstand der Tagung hatte. Zwar bezog sich das Thema aufden Bereich des Steuerrechts, doch lässt sich unter das Postulat „Rechtssi-cherheit im Steuerrecht“ ohne Bedenken auch das Zollrecht fassen, da auchZölle Steuern im Sinne der Abgabenordnung sind. Wie schon in früherenZeiten von Herschel436 beklagt, wurde auch auf dem Steuerberatertag von

434 Schmidt-Aßmann, Eberhard in: Isensee/Kirchhoff, Handbuch des Staatsrecht, Band I,1987, § 24 Rz. 81ff.

435 Nach der Rechtsprechung des BVerfG bedürfen alle wesentlichen staatlichen Maß-nahmen einer Gesetzesgrundlage, vgl. z.B. BVerfG vom 8.8.1978, 2 BvL 8/77,BVerfGE 49, 89, 126ff.

436 siehe FN 399.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

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Herzog als ein Grund für die These von der Rechtsunsicherheit die unüber-schaubare Masse steuerrechtliche Bestimmungen genannt, die sich unteranderem in förmlichen Steuergesetzen, Rechtsverordnungen, Verwaltungs-vorschriften und Erlassen wiederfinden437. Obwohl Herzog nur die nationa-len Steuervorschriften im Auge hatte, lässt sich doch seine These noch da-durch untermauern, dass man berücksichtigt, dass es zusätzlich zu den na-tionalen Regelungen eben auch noch gemeinschaftsrechtliche Vorschriftengibt, die im Abgabenbereich Anwendung finden. Herzog weist darauf hin,dass durch die große Masse steuerrechtlicher Bestimmungen die Übersicht-lichkeit des anzuwendenden Rechts sowohl für den Steuerpflichtigen alsauch für den Gesetzgeber leide.Er geht sogar so weit, zu sagen, dass auf’s Ganze gesehen sogar der Rechts-staat unter dem Zustand unseres Steuerrechts leide. Wenn der Bürger nichtmehr wisse, was von ihm erwartet würde und worauf er sich einstellen soll-te, dann könne er gar nicht anders als in die Trickkiste der Verschleierung zugreifen438. Als „Therapie“ hat Herzog vorgeschlagen, neue Gesetze zu erlas-sen, die diesen Fehler vermieden.Ein derartiges Gesetz könnte die Zoll-Abgabenordnung sein. Aber auch hiergilt das oben gesagte zur Erhöhung des Normenbestandes, die jedoch eineVerringerung des Normenanwendungsbestandes hat.An anderer Stelle hat Herzog erläutert, was für ihn ein Mehr an Rechtssi-cherheit bedeutet, nämlich ein Weniger an Rechtsvorschriften, jedenfallsinsoweit als die von ihm beklagte Rechtsunsicherheit von der Zahl der Nor-men komme439. Dem Mangel an Rechtssicherheit könne man somit nurdurch eine radikale Verringerung des Normenbestandes abhelfen440.Die Schaffung eines neuen einheitlichen Gesetzeswerkes würde zwar nichtden Normenbestand im Sinne von Herzog verringern, doch auch hier giltdas oben gesagte, dass allein durch die Verringerung des Normenanwen-dungsbestandes ein Mehr an Rechtssicherheit zu erwarten ist.Auch nach Auffassung von Gattermann441 geht es bei der Forderung ummehr Rechtssicherheit im Steuerrecht letztlich um das Verhältnis des Bür-gers zum Staat. Er fordert daher unter anderem die Schaffung handhabbarer

437 Herzog, Roman: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht, Stbg 1989, 3.438 Herzog, Roman, a.a.O., (FN 437), 3.439 Herzog, Roman: Staat und Recht im Wandel; Einreden zur Verfassung und ihrer

Wirklichkeit, „Normenflut“: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht, S. 173, 179.440 Herzog, Roman, a.a.O., (FN 439), 183.441 Gattermann, Hans H.: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht, Stbg 1989, 56.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

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Steuergesetze, was nach Meinung des Verfassers im Verhältnis der Abga-benordnungs-Vorschriften zu den gemeinschaftsrechtlichen Zollvorschriftenin der Tat dazu führen könnte, ein einheitliches Gesetzeswerk zu schaffen.Die weitere Untersuchung wird zeigen, ob diesem Erfordernis Rechnunggetragen werden kann.Wie auch Herzog442 sieht auch Klein443 als einen von drei Problemkreisen imRahmen der Forderung nach mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht dieÜberschaubarkeit des Steuerrechts als solches an. Davon sei man weiter ent-fernt denn je. Wenn fast 50 verschiedene Steuerarten, die sich zum Teil ge-genseitig bedingten, auf der Grundlage von über 90 Gesetzeswerken undmehr als 100 Rechtsverordnungen444 erhoben würden, sei es nicht nur demDurchschnittsbürger unmöglich, sich über seine Rechte und Pflichten zuinformieren, sondern sogar der durchschnittlich qualifizierte Steuerspezialistwerde häufig die Rechtslage nicht mehr überblicken.Auch Klein fordert – wenn auch ausdrücklich nur für die Erhebung nationa-ler Steuern ausgesprochen – eine drastische Rechtsvereinfachung.Folgte man dieser Forderung, müsste der Gesetzgeber in der Tat eine ein-heitliche Zoll-Abgabenordnung vorlegen.Für Feit445 ist die Rechtssicherheit eine tragende Säule in der Ordnung einesdemokratischen Rechtsstaates. Sie sei neben der Gerechtigkeit wesentlicherBestandteil unseres grundgesetzlich verbürgten Rechtsstaatsprinzips. Nachseiner Auffassung wird das geltende Steuerrecht unter dem vorgenanntenGesichtspunkt dem Gebot der Rechtssicherheit jedoch nicht gerecht. Dieszeige sich bereits aus der Flut von Steuergesetzen, Verordnungen, Richtlini-en und Urteilen, die zu einem Steuerdschungel geführt habe. Es fehle anjeglicher, insbesondere für die demokratische Willensbildung wichtigenTransparenz des Steuerrechts. Eine derartige geforderte Transparenz imVerhältnis der nationalen Abgabenordnung-Vorschriften zu den gemein-schaftsrechtlichen Zollvorschriften ließe sich durch ein einheitliches Geset-zeswerk schaffen.

442 siehe FN 437.443 Klein, Franz: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht, Stbg 1989, 93.444 Der Aufsatz von Klein gibt den Status von 1989 wieder und bezieht sich auf natio-

nale Steuern.445 Feit, Armin: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht, Stbg 1989, 131.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

264

Auch Borgmann446 hat im Anschluss an den Steuerberatertag beklagt, dasses dem deutschen Steuerrecht an Planbarkeit fehle. Diese Planbarkeit setzevoraus, dass die steuerlichen Regelungen für den Steuerpflichtigen durch-schaubar sind.Zwar entspreche es der juristischen Denkart, Recht zu schaffen, doch diesesPrinzip habe zu einer Vielzahl steuerlicher Regelungen und deren hochgra-diger Differenzierung geführt. Hierdurch sei das Recht in erheblichem Um-fang nicht mehr durchschaubar und dieser Umstand lasse auf ein mangeln-des Demokratieverständnis derjenigen schließen, die die Gesetze festlegten.Das Recht müsse vom Volk verstanden werden.Bezogen auf das die Vielzahl der anzuwendenden Gesetze im Zollbereichmüsste man danach feststellen: „Das einfache Volk versteht das Zollrechtnicht mehr“. Um demokratischen Anforderungen gerecht zu werden, müssteder Gesetzgeber daher ein einfach handhabbares Gesetzeswerk schaffen.Ein mehr wirtschaftsbezogener Ansatz ist von Münch447 vertreten worden.Auch nach seiner Auffassung ist die Normenflut eine Ursache für die wei-chende Rechtsklarheit und Rechtszugänglichkeit. Die Gründe liegen seinerMeinung nach in der Internationalisierung des Rechts, in der Vielzahl vonNormebenen vom europäischen Recht über das Bundesrecht und Landes-recht bis hin zu kommunalem Recht448. Am schlimmsten aber mache sichdie mangelnde Stetigkeit der Gesetze bemerkbar. Finanzpolitische Notwen-digkeiten diktierten Neuregelungen, die in Abkehr von dem zuvor geltendenRecht wirtschaftliche Dispositionen mit einem Federstrich entwerteten. DerWirtschaftsstandort Deutschland benötige jedoch als Grundvoraussetzungeiner gedeihlichen Wirtschaftsentwicklung eine kontinuierliche Rechtsent-wicklung449.Nach Auffassung von Münch ist daher die weichende Rechtssicherheit eineGefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Um diesen wettbewerbsfä-hig zu halten, müssten daher alle Maßnahmen getroffen werden, die derRechtssicherheit dienen – und das wäre in diesem Fall der Erlass eines ein-heitlichen Gesetzeswerkes.

446 Borgmann, Olaf: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht und der Verlust des Prinzipsder Gewaltenteilung im Steuerrecht, Stbg 1989, 392.

447 Münch, Christof: Rechtssicherheit als Standortfaktor, NJW 1996, 3320.448 Münch, Christof, a.a.O., (FN 447), 3321.449 Münch, Christof, a.a.O., (FN 447), 3321.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

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Einen sehr plastischen Vergleich hat Basedow450 bei der Untersuchung desRechtsgrundsatzes der Rechtssicherheit gezogen, indem er darauf hingewie-sen hat, dass das Prinzip der Rechtssicherheit unter den allgemeinen Rechts-grundsätzen, die sich in der Geschichte vieler Rechtsordnungen als eine ArtSchmieröl im Räderwerk des positiven Rechts bewährt hätten und in derGegenwart ein immer größeres Gewicht in der Anwendung des Gemein-schaftsrechts erlangten, von zentraler Bedeutung sei. Seiner Meinung nachist die Gewährung von Rechtssicherheit eine Leistung der Rechtsordnunginsgesamt und die Staatsgewalt könne dazu beitragen durch möglichst klareund präzise Gesetze451. Auch nach Basedow wirft das Nebeneinander vonnationalem und Gemeinschaftsrecht vielfältige Fragen der Einheitlichkeitund Widerspruchsfreiheit des Rechts auf, die das Postulat der Rechtssicher-heit berühren452. Er weist jedoch in diesem Zusammenhang darauf lediglichdarauf hin, dass in den Fällen, in denen die Anwendung des nationalen unddes europäischen Wettbewerbsrechts auf ein und dasselbe Verhalten zu di-vergierenden Ergebnissen führt, der Gerichtshof solche Widersprüche mitdem Rangverhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Rechtlöse453. Erstaunlicherweise zieht er nicht den Schluss, dass durch Rechtsver-einfachung das Problem minimiert werden könnte, so dass sich die Forde-rung nach einem einheitlichen Gesetzeswerk jedenfalls nicht unmittelbar aufseine Ausführungen stützen lässt. Er hat jedoch selbst auf die Einheitlichkeitdes Rechts gedrängt, die durch das Nebeneinander von nationalem und Ge-meinschaftsrecht gefährdet erscheint.Der Steuerberatertag hat jedoch nicht nur Stimmen zur Folge gehabt, die dieWurzel allen Übels in der Normenflut gesehen haben. So ist nach Auffas-sung von Felix454 nicht die Fülle der Normen für die Rechtsunsicherheit imSteuerrecht ursächlich, sondern vielmehr die Qualität der Normen. Eine Flutvon Normen, die in sich schlüssig, verständig, einsichtig und auch exaktformuliert seien, sei ausreichend berechenbar und beständig. Es komme da-her darauf an, qualitativ einwandfreies Recht zu erzeugen.Folgte man diese Auffassung, käme man schnell zu der Erkenntnis, dass eseiner einheitlichen Zoll-Abgabenordnung nicht bedarf. Denn jedes für sichbetrachtete Gesetzeswerk – der Zollkodex der Gemeinschaften einerseits,

450 Basedow, Jürgen: Rechtssicherheit im europäischen Wirtschaftsrecht – Ein allgemei-ner Rechtsgrundsatz im Lichte der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung, ZEuP1996, 570, 571.

451 Basedow, Jürgen, a.a.O., (FN 450), 574.452 Basedow, Jürgen, a.a.O., (FN 450), 581 für den Bereich des Wettbewerbsrechts.453 Basedow, Jürgen, a.a.O., (FN 450), 582.454 Felix, Günther: Mehr Rechtssicherheit im Steuerrecht, Stbg 1989. 197.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

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die Abgabenordnung und auch das Zollverwaltungsgesetz andererseits –erfüllen sicher die Anforderungen, ein qualitativ gutes „Gesetz“ zu sein. DieSchwierigkeiten entstehen jedoch durch die für Teilbereiche bestehendeÜberlagerung nationaler Vorschriften durch das Gemeinschaftszollrechtbzw. durch das Nebeneinander von Vorschriften aus mehreren Gesetzeswer-ken.Eine ähnliche Auffassung ist von Kissel455 vertreten worden. Er hat zwarbestätigt, dass Gesetze die Basis der Rechtssicherheit seien. Dazu gehöreetwa, dass der Gesetzgeber sich nicht verschweige, aber auch dass er sichmit der Regelungsdichte zurückhalte456.Kissel beklagt allerdings das Schweigen des Gesetzgebers in vielen Berei-chen und hält daher den Ruf nach dem Gesetzgeber nach möglichst vielenund detaillierten Gesetzen für eine mit der Rechtssicherheit zu begründendeForderung457. Seinen Ausführungen folgend, käme man zu dem Schluss,dass es eines einheitlichen Gesetzeswerk nicht bedarf, weil mit der Abga-benordnung, dem Zollverwaltungsgesetz und dem Zollkodex verschiedenedetaillierte Gesetze vorliegen. Er verkennt jedoch die Schwierigkeiten, diesich gerade aus dem Nebeneinander dieser Vorschriften ergeben.Erst kürzlich hat sich Schilling mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen desGemeinschaftsrechts auseinandergesetzt458. Soweit die Mitgliedstaaten im„Bereich des Gemeinschaftsrechts“ handeln, sollen diese Rechtsgrundsätzeden Bürger in gleicher Weise schützen, wie es die Grundrechte im rein na-tionalen Bereich ermöglichen. Im Bereich des Gemeinschaftsrechts werdennach Schilling die Mitgliedstaaten dann tätig, wenn Verwaltungsvollzug undRechtssetzung der Mitgliedstaaten in einem gemeinschaftsrechtlich um-schriebenen Raum erfolgen459.Zu diesem gemeinschaftsrechtlich umschriebenen Raum gehört auch dasZollrecht, weil die staatlichen Behörden hier Gemeinschaftsrecht zu vollzie-hen haben460. Die Mitgliedstaaten sind daher in diesem Bereich an die all-

455 Kissel, Otto Rudolf: Gedanken zur Rechtssicherheit in: Gesetz und Richterspruch inder Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland, Akademie der Wissen-schaften und der Literatur, Abhandlungen der Geistes- und SozialwissenschaftlichenKlasse, Jahrgang 1990, 15.

456 Kissel, Otto Rudolf, a.a.O., (FN 455), 17.457 Kissel, Otto Rudolf, a.a.O., (FN 455), 18.458 Schilling, Theodor: Bestand und allgemeine Lehren der bürgerschützenden allgemei-

nen Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts, EuGRZ 2000, 3.459 Schilling, a.a.O., (FN 458), 8.460 Schilling, a.a.O., (FN 458), 9.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

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gemeinen Rechtsgrundsätze gebunden, die zur Schließung derjenigen primä-ren Lücken des Gemeinschaftsrechts dienen sollen, die sich daraus ergeben,dass auch in gewachsenen Rechtsordnungen häufig ungeschriebene materi-elle Grundsätze , die die gesamte Rechtsordnung prägen, im Gemeinschafts-recht zunächst fehlten461.Zu diesen Grundsätzen gehört auch der Grundsatz der Rechtssicherheit. ImVerhältnis des nationalen Rechts zum Gemeinschaftsrecht könnte der Mit-gliedstaat diesem Grundsatz Rechnung tragen, in dem er die gemeinschafts-rechtlichen Vorschriften im Wortlaut in das nationale Recht übernimmt.Nach Auffassung von Schilling ist kein Fall ersichtlich, in dem bei einersolchen Wortlautübernahme etwas wegen mangelnder Anpassung an dieinnerstaatliche Terminologie oder mangelnder Einpassung in das innerstaat-liche Recht der Grundsatz der Rechtssicherheit gerügt oder festgestellt wor-den sei462. Eine derartige Übernahme stelle auch für den Europäischen Ge-richtshof den Idealfall dar463.Wenn man dieser Auffassung folgte, könnte der deutsche Gesetzgeber, umdem Grundsatz nach Rechtssicherheit Rechnung zu tragen, gar nicht anders,als die gemeinschaftsrechtlichen Zollvorschriften, soweit sie Abweichungenvon den nationalen Regelungen des Abgabenrechts enthalten, in ein natio-nales Gesetz aufzunehmen. Es wird an späterer Steller noch zu untersuchensein, ob dieser Forderung aus rechtlichen Gründen tatsächlich nachgekom-men werden kann.Entgegen dem deutschen Recht hätte ein Bürger im französischen Rechtssy-stem sogar ein Klagerecht auf Einhaltung der objektiven allgemeinenRechtsgrundsätze, auch ohne dass im Einzelfall die Verletzung subjektiveröffentlicher Rechte geltende gemacht wird. Damit wird im französischenRechtssystem die objektive Legalität garantiert464. Ein derartiges Klagerechtgegen die Gemeinschaft sieht nach Auffassung von Schilling auch das Ge-meinschaftsrecht vor: Nach dem EGV könne der Bürger eine Handlung un-ter anderem „wegen ...Verletzung dieses Vertrages oder einer bei seinerDurchführung anzuwendenden Rechtsnorm“ anfechten. Hierzu gehörtenauch die allgemeinen Rechtsgrundsätze465. Schilling verweist auf die Ent-scheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofes, wonach die Verpflich-tung der öffentlichen Gewalt zur Beachtung der allgemeinen Rechtsgrund-

461 Schilling, a.a.O., (FN 458), 17.462 Schilling, a.a.O., (FN 458), 20.463 EuGH vom 9.9.1999, Rs C-217/97, EuGHE 1991, I-5087.464 Schilling, a.a.O., (FN 458), 24.465 Schilling, a.a.O., (FN 458), 28.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

268

sätze gerichtlich durchsetzbar sei und auch Schadensersatz wegen Verlet-zung dieser Pflicht gewährt werde466.Nach Auffassung von Schilling, der hier zu folgen ist, wäre es überraschend,wenn der Europäische Gerichtshof den gemeinschaftsrechtlichen Schutz desBürgers unterschiedlich nach Maßgabe dessen konstruieren würde, ob ergegen die Gemeinschaft oder gegen den Mitgliedstaat gewährt wird. Be-trachte man demgemäß die sogenannten subjektiven Rechte der Marktbürgergenauer, so stelle man fest, dass der Unterschied zu einem Klagerecht, wiees gegenüber der Gemeinschaft bestehe, rein terminologischer Art sei. Dasergebe sich namentlich daraus, dass zu ihrer Entstehung nicht mehr erfor-derlich sei, als die objektiv-rechtliche Direktwirkung der jeweiligen gemein-schaftsrechtlichen Bestimmung. Da dem Europäischen Gerichtshof nachdem Gemeinschaftsvertrag nur die Kompetenz zur Auslegung des Gemein-schaftsrechts zustehe, habe er Rechte des Bürgers gegen die Mitgliedstaatennur in Form sogenannter subjektiver Rechte entwickeln können. Dass diesesogenannten subjektiven Rechte Entwicklungen des Europäischen Gerichts-hofes auf der Basis des Gemeinschaftsrechts seien, bedeute zugleich, dasssie in die nationalen Rechtsinstitute nicht eingefügt werden müssten oderallenfalls unverändert in der Form eingefügt werden könnten, die sie imGemeinschaftsrecht erhalten hätten.Für das deutsche Recht hieße das, dass es solche gemeinschaftsrechtlichbegründeten Rechte, wenn es sie denn nicht einfüge, nicht weniger günstigbehandeln dürfe, als entsprechende deutsche subjektive Rechte. Der Klägermüsse daher nicht geltend machen, in seinen Rechten verletzt zu sein, denndurch das Gemeinschaftsrecht sei gesetzlich etwas anderes bestimmt467.Steht dem Kläger aber ein Klageanspruch auf Einhaltung des Grundsatzesder Rechtssicherheit zu, dann besteht für die öffentliche Verwaltung alsNormgeber die gesetzliche Pflicht, diesen Grundsatz zu beachten – und dieskann nur durch die Schaffung eines einheitlichen Gesetzeswerkes erfolgen.Andererseits hat Wolffgang468 nicht mit Unrecht darauf hingewiesen, dassbei Aufnahme der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in das nationaleGesetz eine unmittelbar geltende Rechtsnorm des Gemeinschaftsrechtsdurch einen mitgliedstaatlichen Rechtsakt verdeckt würde. Er hat für denBereich des Exportkontrollrechts bemerkt, dass die Integration der Güter desAnhangs I des Beschlusses über die Gemeinsame Außen- und Sicherheits-

466 EuGH vom 19.11.1991, Rs C-6 und 9/90, EuGHE 1991, I-5357, Rnr. 31.467 Schilling, a.a.O., (FN 458), 29.468 Wolffgang, Hans-Michael: Europäisches Exportkontrollrecht, DvBl 1996, 277, 280.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

269

politik469, also eine Regelung des Gemeinschaftsrechts, in die Ausfuhrliste,Bestandteil der nationalen Außenwirtschaftsverordnung470, nicht gemein-schaftsrechtskonform sei, da die Normadressaten den Gemeinschaftscha-rakter der Rechtsnorm nicht eindeutig erkennen könnten. Rechtsverbindlichsei nur das im Amtsblatt der EG veröffentlichte Gemeinschaftsrecht.Wolffgang bezieht sich hierbei im Wesentlichen auf mehrere Entscheidun-gen des Europäischen Gerichtshofes, die im nächsten Abschnitt zu erwäh-nen sind.Auch von Bogdandy471 hat zu bedenken gegeben, dass die Überführung ge-meinschaftsrechtlicher Normen in nationales Verordnungsrecht zwar denVorteil größerer Transparenz bilde, da die Vielzahl gemeinschaftlicherRechtsakte in der Außenwirtschaftsverordnung sowie der Einfuhr- und Aus-fuhrliste zusammengefasst werde, dieses Verfahren jedoch gegen Gemein-schaftsrecht verstoße, insbesondere gegen Artikel 189, Unterabsatz 2 EG-Vertrag. Der EG-Vertrag verbiete die Nationalisierung von Verordnungs-recht, da es die unmittelbare Geltung und die gemeinschaftliche Herkunftdes Rechts verdunkele.

Auch nach Vollbrecht472 widerspricht die Nationalisierung der gemein-schaftsrechtlichen Lenkungsmaßnahmen der gemeinschaftsrechtlichenKompetenzordnung und dem Wesen des unmittelbar anwendbaren Gemein-schaftsrechts. Die gemeinschaftsrechtliche Kompetenzordnung gehe davonaus, dass die Mitgliedstaaten insoweit nicht mehr zur Regelung einer Mate-rie befugt seien, wie diese auf Gemeinschaftsebene bereits geregelt wordensei. Insofern sei auch die Auffassung von Zuleeg473 zurückzuweisen, wonachkeine Bedenken bestünden, wenn die Mitgliedstaaten den Text einer ge-meinschaftsrechtlichen Bestimmung zur besseren Beachtung bei den Orga-nen des Staates oder den Bürgern wiederholten.

469 Beschluss des Rates vom 19.12.1994, 94/942/GASP, ABl. EG 1995, Nr. L 387/8.470 Verordnung vom 18.12.1986 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.11.1993,

BGBl. I, S. 1936;zuletzt geändert durch die 57. Verordnung zur Änderung der Au-ßenwirtschaftsverordnung vom 7.4.2002, BAnz. Nr. 65 vom 6.4.2002, S. 7189.

471 von Bogdandy, Armin in Grabitz, Eberhard/von Bogdandy, Armin/Nettesheim, Mar-tin: Europäisches Außenwirtschaftsrecht, S. 354.

472 Vollbrecht, Andre: Warenverkehrslenkung nach dem Außenwirtschaftsgesetz imRahmen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 285.

473 Zuleeg, Manfred: Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichenBereich, S. 227 ff.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

270

Die wiederholende Rechtssetzung kann nach Vollbrecht auf keinen Fall mitdem Argument gerechtfertigt werden, dass sie für eine bessere Beachtungdes Gemeinschaftsrechts sorge. Denn diese „bessere Beachtung“ könne nuraus einer Anwendung des wiederholenden nationalen Rechts resultieren.Das widerspreche aber der unmittelbaren Anwendbarkeit von Gemein-schaftsverordnungen und solle durch das Wiederholungsverbot gerade ver-mieden werden.Im Hinblick auf die vorgenannte unmittelbare Anwendbarkeit des Gemein-schaftsrechts ist den vorgenannten Autoren, die eine Wiederholung des Ge-meinschaftsrechts im nationalen Recht für unzulässig halten, zu folgen. Vorallem wird aber der Forderung nach Rechtssicherheit nicht Rechnung getra-gen, wenn aus einer nationalen Regelung nicht der Gemeinschaftscharakterhervorgeht. Diese Frage ist jedoch dann bedeutsam, wenn es um die Über-prüfung einer Rechtsnorm geht. Gemeinschaftsrechtliche Normen dürfennicht von der nationalen Gerichtsbarkeit für unwirksam erklärt werden.Wenn diese Norm jedoch in einer nationalen Rechtsvorschrift „versteckt“ist, ist für den Rechtsanwender nicht erkennbar, dass nicht die nationale Ge-richtsbarkeit zuständig ist.

4. Das Postulat der Rechtssicherheit in der RechtsprechungIn der Rechtsprechung der Nachkriegszeit ist in vielen Entscheidungen aufden Grundsatz der Rechtssicherheit Bezug genommen worden474. Diese Ent-scheidungen, die auf allen Gebiete des Rechts ergangen sind, enthalten je-doch nur in wenigen Fällen Erläuterungen, was unter dem Grundsatz derRechtssicherheit zu verstehen ist. Es sollen daher nur die Entscheidungenhier Erwähnung finden, die für die vorliegende Analyse von Bedeutungsind.

a) Die Gemeinschaftsrechtliche RechtsprechungBereits 1962 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass es sich beidem Grundsatz der Rechtssicherheit um eine bei der Vertragsanwendung zubeachtende Rechtsnorm handele475.

474 Eine Abfrage in der Juris-Datenbank nach Entscheidungen der Jahre 1990 bis 2001zum Stichwort „Rechtssicherheit“ ergibt 721 Entscheidungen des EuGH, 412 Ent-scheidungen des BFH, 407 Entscheidungen des BGH und 159 Entscheidungen desBVerfG.

475 EuGH vom 6.4.1962, Rs 13/61, Deutsche Ausgabe 1962, 99.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

271

Wenig später wurde der Grundsatz der Rechtssicherheit als ein Prinzip ange-sehen, das zugleich den Abgabenpflichtigen wie auch die Behörde schütze476

und somit als ein bürgerschützenden allgemeinen Rechtsgrundsatz im Sinnevon Schilling477.In seinen Entscheidungen vom 9.7.1981 und 22.2.1989 hat der EuropäischeGerichtshof festgestellt, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit verlange,dass eine Regelung, die dem Abgabepflichtigen Lasten auferlegt, klar unddeutlich sein müsse, damit dieser seine Rechte und Pflichten unzweideutigerkennen und infolgedessen seine Vorkehrungen treffen könne. Ein Indiz fürdie fehlende Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einer Norm könne die Un-sicherheit bei deren Auslegung sein.478.Wesentlich deutlicher wurde der EuGH in seiner Entscheidung vom12.11.1981: Danach muss nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit und desVertrauensschutzes die Gemeinschaftsgesetzgebung klar und für den Betrof-fenen vorhersehbar sein479.Nach Auffassung des Verfassers dürfte dieses Erfordernis, das der EuGHaufgestellt hat, auf die nationale Gesetzgebung übertragbar sein.In ähnlicher Weise hat daher auch der Europäische Gerichtshof in seinerEntscheidung vom 21.6.1988 entschieden, dass die Grundsätze der Rechts-sicherheit und des Rechtsschutzes auf den vom Gemeinschaftsrecht erfass-ten Gebieten eine eindeutige Formulierung der Rechtsnormen der Mitglied-staaten erfordern, die den betroffenen Personen die klare und genaue Kennt-nis ihrer Rechte und Pflichten ermöglicht. In diesem Rechtsstreit ging esebenfalls um das parallele Bestehen von unterschiedlichen Rechtsvorschrif-ten nationaler und völkerrechtlicher Art, die zu Unklarheiten in der Rechts-anwendung hinsichtlich der Erhebung von Mehrwertsteuern führten. DasGericht hat der italienischen Republik bescheinigt, dass ihre unterschiedli-chen Regelungen den Anforderungen nach Rechtssicherheit nicht genügtenund entschied, das die italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflich-tung aus Artikel 95 EWG-Vertrag verstoßen habe480.

476 EuGH vom 26.5.1976, Rs 45/76, EuGHE 1976, 2043 Rnr. 18; vom 16.12.1976, RS33/76, EuGHE 1976, 1989, Rnr. 5 und so auch später der Schlussantrag des Gene-ralanwalts Léger in der Rs C.78/98, EuGHE 2000, I-3201, Rnr. 47.

477 Schilling, a.a.O., (FN 458).478 EuGH vom 9.7.1981, Rs 169/80, EuGHE 1981, 1931, 1942 Rnr. 17; EuGH vom

22.2.1989, Rs 92/87 und 93/87, EuGHE 1989, 405.479 EuGH vom 12.11.1981, Rs 212 bis 217/80, EuGHE 1981, 2735, 2751, Rnr. 10.480 EuGH vom 21.6.1988, Rs 257/86, EuGHE 1988, I-3249.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

272

Etwas konkreter ist der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidungvom 9.2.1994 geworden. Danach erfordern die Grundsätze der Rechtssi-cherheit und des Rechtsschutzes in den vom Gemeinschaftsrecht geregeltenBereichen eine eindeutige Formulierung der nationalen Rechtsvorschriften,die den betroffenen Personen die klare und genaue Kenntnis ihrer Rechteund Pflichten ermöglicht481.In einer weiteren Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof später ent-schieden, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit gebiete, dass Rechtsvor-schriften klar und bestimmt sein müssen und die Voraussehbarkeit der unterdas Gemeinschaftsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen ge-währleisten solle482. In seinen Schlussanträgen zur Rechtssache C-63/93 hatGeneralanwalt Cosmas darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Rechts-sicherheit die Klarheit und Genauigkeit der Rechtsnormen gebiete483.Die Erkenntnis, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Anwendungdes Gemeinschaftsrechts Berücksichtigung zu finden hat, hat sich auch inspäteren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes manifestiert. Sohat der EuGH in seiner Entscheidung vom 3.12.1998 festgestellt, dass dieGrundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit Teil der Ge-meinschaftsrechtsordnung sind und von den Mitgliedstaaten beachtet wer-den müssen484 und auch in seiner Entscheidung vom 19.9.2000 ist der Euro-päische Gerichtshof davon ausgegangen, dass es sich bei dem Grundsatz derRechtssicherheit um einen der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnendenallgemeinen Grundsatz handele485.In einer neueren Entscheidung vom 10.5.2001 hat auch das Gericht ersterInstanz der Europäischen Gemeinschaften neben vielen weiteren Argumen-ten seine Entscheidung, eine ablehnende Billigkeitsentscheidung der Euro-päischen Kommission für nichtig zu erklären, auf den Grundsatz der Rechts-sicherheit gestützt. Streitgegenstand war die Einfuhr von türkischen Fern-sehgeräten, die abgabenfrei eingeführt worden waren. Tatsächlich hätte eineAbgabenbefreiung nicht gewährt werden dürfen, weil die Türkei entgegenihren Pflichten aus dem Assoziierungsabkommen EWG-Türkei und des ent-sprechenden Zusatzprotokolls für die fraglichen Fernsehgeräte eine erfor-

481 EuGH vom 9.2.1994, Rs C-119/92, EuGHE 1994, I-393, Rnr. 17.482 EuGH vom 15.2.1996, Rs C-63/93, EuGHE 1996, I-569, Rnr. 20; so auch später

EuGH vom 18.5.2000, Rs C-107/97, EuGHE 2000, I-3367 Rnr. 66.483 Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas in der Rs C-63/93, EuGHE 1996, I-569,

Rnr. 25.484 EuGH vom 3-12-1998, Rs C-381/97, EuGHE 1998, I-8153, Rnr. 27.485 EuGH vom 19.9.2000, Rs C-177/99, EuGHE 2000, I-7013, Rnr. 66, 67.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

273

derliche Ausgleichsabgabe nicht erhoben hatte. Das Gericht hat einePflichtverletzung der Kommission unter anderem darin gesehen, dass diesenicht sichergestellt hatte, dass sämtliche Regelungen den Wirtschaftsteil-nehmern der Gemeinschaft zuverlässig bekannt wurden, damit sie ihnen ge-genüber in Kraft treten konnten486. Zwar hat das Gericht nicht ausdrücklichden Grundsatz der Rechtssicherheit erwähnt, allein die Tatsache, dass sie dieKommission dafür verantwortlich gemacht hat, dass diese die erforderlichenRegelungen nicht bekanntgegeben hat, zeigt jedoch, dass das Gericht sichvon diesem Grundsatz hat leiten lassen.Die vorstehenden Ausführungen zeigen zum einen, dass auch bei Anwen-dung des gemeinschaftsrechtlichen Zollrechts der Grundsatz der Rechtssi-cherheit zu berücksichtigen ist. Sie zeigen zum anderen aber auch, dass nachdem zu beachtenden Grundsatz der Rechtssicherheit es unumgänglich ist,eine klare, unmissverständliche Gesetzeslage zu schaffen, aus der ohne gro-ße Schwierigkeiten das anzuwendende Recht abgelesen werden kann.Wenn auch aus den vorgenannten Entscheidungen geschlossen werdenkönnte, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit ein einheitliches Gesetzes-werk erfordert, so dürfen doch gerade die Entscheidungen des EuropäischenGerichtshofes nicht unberücksichtigt bleiben, die sich speziell mit der Auf-nahme von Gemeinschaftsrecht in nationales Recht befasst haben.So hatte sich bereits im Jahr 1972 der EuGH mit der Aufnahme gemein-schaftsrechtlicher Vorschriften in eine nationale Rechtsform zu befassen487.Die italienische Republik hatte in ihrer Verordnung vom 22.3.1972 festge-legt, dass die Bestimmungen der Gemeinschaftlichen Verordnungen Nr.1975/69488 vom 6.10.1969 zur Einführung einer Prämienregelung für dieSchlachtung von Kühen und die Nichtvermarktung von Milch und Milcher-zeugnissen sowie Nr. 2195/69 vom 4.11.1969489 zur Durchführung der vor-genannten Verordnung durch die nationale Verordnung als übernommen an-zusehen seien. Die nationale Verordnung beschränkt sich im Grund darauf,die Vorschriften der Gemeinschaftsverordnungen wiederzugeben. DerEuGH entschied, dass die italienische Regierung durch dieses Vorgehen Un-sicherheit sowohl über die Rechtsnatur der anwendbaren Vorschriften alsauch über den Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens hervorgerufen habe. NachArtikel 189 und 191 des damals geltenden EWG-Vertrages würden die Ge-

486 EuG vom 10.5.2001, Rs T-186/97 u.a., ZfZ 2001, 229 mit Anmerkung des Verfas-sers.

487 EuGH vom 7.2.1973, Rs 39/72, EuGHE 1973, 101.488 ABl. 1975, Nr. L 252/1.489 ABl. 1969, Nr. L 278/6.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

274

meinschaftsverordnungen nämlich als solche unmittelbar in jedem Mitglied-staat gelten. Daher seien Vollzugsmodalitäten, die zur Folge haben könnten,dass der unmittelbaren Geltung der Gemeinschaftsverordnung Hindernisseim Weg stehen, wodurch deren gleichzeitige und einheitliche Anwendung inder gesamten Gemeinschaft aufs Spiel gesetzt werde, mit dem Vertrag nichtvereinbar.Wenig später hat der EuGH diese Auffassung in einer weiteren Entschei-dung bestätigt490.In einem Vorabentscheidungsersuchen des Tribunals Triest über die Ausle-gung der VO (EWG) Nr. 19/62 vom 4.4.1962491 und der VO (EWG) Nr.120/67 vom 13.6.1967492 über die Gemeinsame Marktorganisation für Ge-treide sowie über mehrere Fragen zur unmittelbaren Geltung von Vorschrif-ten des Gemeinschaftsrechts in der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten wur-de der Gerichtshof u.a. um Entscheidung ersucht, ob eine Aufnahme dervorgenannten Verordnungsvorschriften in die Rechtsordnung der Mitglied-staaten durch innerstaatliche Rechtsvorschriften, die den Inhalt der gemein-schaftsrechtlichen Vorschriften wiedergeben, erfolgen könne und ob diesbewirke, dass dies bewirke, dass die betreffende Rechtsmaterie fortan deminnerstaatlichen Recht unterliege.Der Gerichtshof wies auch hier auf die sich aus Artikel 189 des EWG-Vertrages ergebende allgemeine und unmittelbare Geltung von Gemein-schaftsverordnungen in jedem Mitgliedstaat hin und entschied, dass dieMitgliedstaaten aufgrund der ihnen aus dem Vertrag obliegenden Verpflich-tungen, die sie mit dessen Ratifizierung eingegangen seien, nicht die unmit-telbare Geltung vereiteln dürften, die Verordnungen und sonstige Vorschrif-ten des Gemeinschaftsrechts äußerten. Infolgedessen seien Praktiken unzu-lässig, durch welche die Normadressaten über den Gemeinschaftscharaktereiner Rechtsnorm im Unklaren gelassen würden.Die Zuständigkeit des Gerichtshofes zur Überprüfung dieser gemeinschafts-rechtlichen Normen bleibe ungeschmälert, unbeschadet aller Versuche,Normen des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht in innerstaatlichesRecht zu transformieren.Der EuGH ist dieser Entscheidungspraxis auch später treu geblieben.

490 EuGH vom 10.10.1973, Rs 34/73, EuGHE 1973, 981.491 ABl. 1962, Nr. 30, 933.492 ABl. 1967, Nr. 117, 2269.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

275

In einem Rechtsstreit493 über die Erhebung von Währungsausgleichsbeträ-gen anlässlich der Einfuhr von gefrorenem Fleisch aus dritten Ländern nachItalien wurde festgestellt, dass das italienische Degreto Legge Nr. 661 vom15.11.1972 im Wesentlichen die Gemeinschaftsvorschriften der VO (EWG)Nr. 974/71 vom 12.5.1971 über bestimmte konjunkturpolitische Maßnah-men, die in der Landwirtschaft im Anschluss an die vorübergreifende Er-weiterung der Bandbreiten der Währungen einiger Mitgliedstaaten zu treffensind494 und der VO (EWG) Nr. 1013/71 vom 17.5.1971 zur Festlegung derDurchführungsbestimmungen für die VO (EWG) Nr. 974/71495 übernommenhatte.Das Tribunale Genua wollte daher im Rahmen eines Vorabentscheidungser-suchen wissen, ob die Mitgliedstaaten berechtigt sind, mit GesetzeskraftVorschriften zu erlassen, die besondere Voraussetzungen für die Anwend-barkeit der Währungsausgleichsbeträge festlegten.Wiederum unter Hinweis auf die verbindliche und unmittelbare Geltung derGemeinschaftsverordnungen in jedem Mitgliedstaat, die irgendwelche Maß-nahmen zur Umwandlung in nationales Recht nicht erfordere, entschied derGerichtshof, dass die Mitgliedstaaten keine Handlungen vornehmen dürften,durch die die gemeinschaftliche Natur einer Rechtsvorschrift und die sichdaraus ergebenden Wirkungen den einzelnen verbergen würden.Den vorgenannten Urteilen folgende scheidet eine Aufnahme der gemein-schaftsrechtlichen Zollvorschriften in die nationale Zoll-Abgabenordnungaus.

b) Nationale höchstrichterliche RechtsprechungAuch für das nationale Recht gilt, dass in vielen Entscheidungen zwar aufden Grundsatz der Rechtssicherheit Bezug genommen wird, aber im Einzel-nen nicht erläutert wird, was sich hinter diesem Grundsatz verbirgt.Soweit erkennbar hat das BVerfG sich im Jahr 1953 erstmalig mit dem In-halt des Grundsatzes der Rechtssicherheit befasst. Es stellte in seiner Ent-scheidung vom 1.7.1953 fest, dass das Rechtsstaatsprinzip als wesentlichenBestandteil die Gewährung der Rechtssicherheit enthalte und Rechtsfriede

493 EuGH vom 31.1.1978, Rs 94/77, EuGHE 1978, 99.494 ABl. 1971, Nr. L 106/1.495 ABl. 1971, Nr. L 110/8.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

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sowie Rechtssicherheit von zentraler Bedeutung für die Rechtsstaatlichkeitseien496.Die bestehende Rechtsunsicherheit dürfte damit mit den Grundsätzen einesRechtsstaates nicht vereinbar sein.Um dem Prinzip des Rechtsstaates, oder wie es das BVerfG später einmalals „Konstitutionsprinzip“ bezeichnete497, Rechnung zu tragen, müsste somitnach den vorgenannten Entscheidungen des BVerfG die Schaffung eineseinheitlichen Gesetzeswerkes oberste Priorität haben. Diese Forderung fin-det ihre Unterstützung vor allem auch in einer Entscheidung der jüngerenVergangenheit. In seiner Entscheidung vom 20.5.1992 hat das BVerfG ent-schieden, dass der Anspruch auf eine leidliche Rechtssicherheit für die Zu-kunft möglichst klare und eindeutige Regelungen voraussetze498.Die nationale Spruchpraxis müsste somit zur Notwendigkeit eines einheitli-chen Gesetzeswerkes führen, wenn nicht die oben genannte einschlägigeRechtsprechung des EuGH dem entgegen stehen würde.

5. Das Postulat der Rechtssicherheit in der Gesetzgebung derGemeinschaft

Auch der Gemeinschaftsgesetzgeber ist in der Vergangenheit bemüht gewe-sen, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen.Als ein Beispiel mag die Gesetzgebung im gemeinschaftsrechtlichen Billig-keitsrecht in der Vor-Kodex-Zeit dienen:

Sowohl Zollbedienstete als auch Zollbeteiligte hatten sich hier mit folgen-den Rechtsvorschriften zu befassen:

- VO (EWG) Nr. 1430/79 vom 2.7.1979 als Grundverordnung fürErlass und Erstattung von Eingangs- und Ausfuhrabgaben499,

- VO (EWG) Nr. 1574/80 vom 20.6.1980 zur Durchführung von Ar-tikel 16 und 17 der VO Nr. 1430/79500,

496 BVerfG vom 1.7.1953, 1 BvL 23/51, BVerfGE 2, 380, 403; vom 24.7.1957, 1 BvL23/52, BVerfGE 7, 89, 92.

497 BVerfG vom 20.4.1982, 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, 268.498 BVerfG vom 20.5.1992, 1 BvL 3/51, BVerfGE 1, 283, 294, 295.499 ABl. EG Nr. L 175/1.500 ABl. EG Nr. L 161/3.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

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- VO (EWG) Nr. 1575/80 vom 20.6.1980 zur Durchführung von Ar-tikel 13 der VO Nr. 1430/79501,

- VO (EWG) Nr. 3069/86 zur Einführung der Artikel 4a, 6a, 11a derVO Nr. 1430/79502 und letztlich die

- VO (EWG) Nr. 3799/86 vom 12.12.1986 zur Durchführung der Ar-tikel 4a, 6a, 11a und 13 der VO Nr. 1430/79503.

Diese letztgenannte Verordnung ist ausschließlich aus Gründen der Rechts-sicherheit und Rechtsklarheit erlassen worden, denn in ihren Erwägungs-gründen heißt es:

„In dem Bemühen um Klarheit erscheint es wünschenswert, sämtlichenun mehr geltenden Vorschriften zur Durchführung des Artikels 4a, desArtikels 6a, des Artikels 11a und des Artikels 13 der Verordnung (EWG)Nr. 1430/79 in einer neuen Verordnung zusammenzuführen, und dement-sprechend die VO (EWG) Nr. 1575/80 aufzuheben.“

Die Europäische Kommission hat damit bereits vor fast 20 Jahren einen bei-spielhaften Schritt zur Verbesserung der Rechtssicherheit vollzogen. DiesemBeispiel folgend erscheint es unvermeidbar, Vorschriften zusammenzufas-sen, die sich unter Anwendung der EuGH-Rechtsprechung und der obenskizzierten Literatur in einem Gesetzeswerk zusammenfassen lassen.

6. Das Postulat der Rechtssicherheit in der Rechtsanwendungder Gemeinschaft

Auch bei der Rechtsanwendung hat sich die Europäische Kommission vondem Postulat der Rechtsicherheit leiten lassen. Im Laufe der letzten Jahrehaben der Kommission mehrere Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen vorge-legen, die von der Kommission letztlich positiv entschieden worden sind,weil eine negative Entscheidung nicht mit dem Grundsatz der Rechtssicher-heit vertretbar gewesen wären.Es handelte sich hierbei um folgende Sachverhaltsgestaltungen:Einem Unternehmen wurde für das Konfektionieren von Bekleidung unbe-fristet die passive Veredelung in der Tschechischen Republik bewilligt.

501 ABl. EG Nr. L 161/13.502 ABl. EG Nr. L 286/1.503 ABl. EG Nr. L 352/19.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

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Am 1.3.1992 trat das Abkommen EWG-CSFR in Kraft, nach dessen Proto-koll Nr. 1 Zollfreiheit gewährt wurde.Zu einem späteren Zeitpunkt stellt sich heraus, dass eine der Bedingungenfür die Gewährung der Zollfreiheit nicht erfüllt war, woraufhin die Entrich-tung der Abgaben gefordert wurde. Eine Zollfreiheit hätte nur dann gewährtwerden dürfen, wenn eine vorherige Bewilligung des passiven Veredelungs-verkehrs mit Textilwaren beantragt und erteilt worden wäre.Die Kommission stellte fest, dass aus dem Wortlaut des Protokolls Nr. 1zum Abkommen EWG-CSFR nicht eindeutig hervorging, ob eine vorherigeBewilligung erforderlich war oder nicht. Der Wortlaut wurde von den Mit-gliedstaaten unterschiedlich ausgelegt.Spätere Abkommen mit anderen Ländern wurden klarer gefasst.Die Kommission hat entschieden, dass eine Nacherhebung der angeforder-ten Abgaben zu unterbleiben habe504.Auch wenn die Kommission den Begriff „Rechtssicherheit“ nicht ausdrück-lich erwähnt hat, so ist doch eindeutig, dass sie ihre Entscheidung hieraufgestützt hat. Weil das Abkommen EWG-CSFR nicht eindeutig auszulegenwar, fehlte es an der gebotenen Rechtssicherheit für die Zollbeteiligten, sodass sie für Rechtsanwendungsfehler nicht in Anspruch genommen werdensollten.Eine ähnliche Entscheidung betraf folgenden Sachverhalt:Ein Viehhändler führte 1992 und 1993 reinrassige Zuchtrinder aus Öster-reich ein. Bei der Einfuhr dieser Tiere wurden aufgrund der bei der Zollab-fertigung vorgelegten und für reinrassige Zuchtrinder vorgeschriebenenZuchtbescheinigungen und Tiergesundheitszeugnisse keine Abgaben erho-ben.Später wurde festgestellt, dass diese Tiere nicht in ein Zuchtbuch eingetra-gen worden waren. Bei Fehlen einer solchen Eintragung hätten sie unter ei-ner anderen Zolltarifposition angemeldet werden müssen, so dass Einfuhr-abgaben entstanden wären.Die Kommission stellte fest, dass aus den damaligen Rechtsvorschriften derGemeinschaft nicht klar hervorging, dass als Zuchtrinder angemeldete Tiere

504 Entscheidung der Europäischen Kommission REC 5/95 vom 17.11.1995; so auch dieEntscheidungen REC 5/96 vom 18.12.1996 in Bezug auf ein Abkommen mit Polenund REC 6/97 vom 26.3.1998 bezüglich eines Abkommens mit Ungarn, alle nichtamtlich veröffentlicht.

III.Postulat nach Rechtssicherheit u. Rechtsklarheit als Motiv f.e. Zoll- u. Abgaben-Gesetz

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aus Österreich in ein Zuchtbuch einzutragen waren, um in den Genuss derAbgabenbefreiung zu kommen. Der Wortlaut der entsprechenden Verord-nung habe überdies zu Schwierigkeiten bei der Anwendung der Richtlinieüber reinrassige Zuchtrinder geführt. Aufgrund der Rechtsunklarheit wurdesogar eine klarstellende Verordnung erlassen.Auch hier hat es die Kommission für geboten angesehen, von der Nacherhe-bung der Einfuhrabgaben abzusehen505. Der Grund kann auch hier nur daringesehen werden, dass sie den Grundsatz der Rechtssicherheit als verletztangesehen hat.

7. FazitNach den vorstehenden Ausführungen kann Rechtssicherheit nur dadurcherreicht werden, dass die im Zollbereich anzuwendenden Vorschriften weit-gehend in einem Gesetzeswerk zusammengefasst werden. Diese Zusammen-fassung wirkt der bestehenden Rechtszersplitterung entgegen. Auf die Ge-fährdung der Rechtssicherheit, die durch eine Rechtszersplitterung eintretenkann, hat bereits 1956 der damalige Bundesminister der Justiz, Fritz Neu-mayer, bei der Beratung eines Antrags der Fraktion der FDP betreffend eineeinheitliche Prozessordnung hingewiesen506. Bereits damals sollte es vor-dringliche Aufgabe der Bundesregierung sein, die Rechtssicherheit durchVorlage bundesrechtlicher Regelungen wiederherzustellen. Die Rechtszer-splitterung könne ohne Gefährdung der Rechtssicherheit nicht mehr langeanhalten. Ohne die Aufgabe der Rechtszersplitterung sei es sicher, dass dasNebeneinander von verschiedenen Gesetzen die Gefahr in sich schließe,dass gleichliegende Fragen, die übereinstimmend behandelt werden sollten,unterschiedlich geordnet würden. Eine weitere Vereinheitlichung erforderejedoch eine sehr sorgfältige Prüfung, welche Grenzen einer übereinstim-menden Regelung gesetzt sind und erfordere umfangreiche Vorarbeiten.Es ist erstaunlich, dass die von Neumayer vor mehr als 45 Jahren gemachtenÄußerungen sich problemlos in die heutige Zeit zum Nebeneinander vonGemeinschaftsrecht und nationalem Recht transferieren lassen. Zu der da-maligen Zeit besteht jedoch insofern ein Unterschied, als die von Neumayererwähnten umfangreichen Vorarbeiten bereits von vielen namhaften Autoren– und nicht zuletzt durch diese Analyse – erledigt wurden.

505 Entscheidung der Europäischen Kommission REC 1/97 vom 1.12.1997; so auch dieEntscheidung REC 9/99 vom 18.4.2000, alle nicht amtlich veröffentlicht.

506 Gefährdung der Rechtssicherheit durch Rechtszersplitterung, Bulletin Nr. 189 vom6.10.1956, S. 1801.

E. Alternative Möglichkeiten der Gesetzesgestaltung

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Neumayers Appell an die Bundesregierung, die Rechtssicherheit durchSchaffung bundesrechtlicher Regelungen, wiederherzustellen, wird vomVerfasser umgedeutet in einen Appell an die heutige Bundesregierung zurVorlage einer Zoll-Abgabenordnung.Die vorstehende Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass die nationale Zoll-Abgabenordnung zwar durchaus mehrere bisher bestehende nationale Ge-setze in einem Werk zusammenfassen darf, nicht jedoch die gemeinschafts-rechtlichen Zollvorschriften beinhalten darf, weil anderenfalls der Gemein-schaftscharakter der gemeinschaftlichen Zollvorschriften nicht erkennbarwäre, sodass insofern doch wieder Rechtsunsicherheit eintreten würde.Der Rechtsanwender wird daher auch weiterhin sowohl nationales Gesetzals auch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften bei der Anwendung des Zoll-rechts für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben zu berücksichtigen haben.Möge sich die Bundesregierung durch den im nächsten Kapitel enthaltenenGesetzesentwurf leiten lassen.

281

F.

Entwurf einer Zoll-AbgabenordnungF. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

I. VorbemerkungI. Vorbemerkung

Der Entwurf der Zoll-Abgabenordnung orientiert sich am Text der Abga-benordnung 1977. Die dort enthaltenen Vorschriften, die sich auf andereSteuern sowie die Verbrauchsteuern beziehen, sind jedoch nicht mit in denGesetzesentwurf übernommen worden, um eine reine Zoll-Abgabenordnungzu schaffen.Ebenfalls wurde der Abschnitt der Abgabenordnung über die steuerbegün-stigten Zwecke nicht aufgenommen, weil sich Befreiungen von gemein-schaftsrechtlichen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach der VO (EWG) Nr.918/83 (so genannte Zollbefreiungsverordnung) richten und diese als ab-schließend anzusehen ist.Der Gesetzestext der Abgabenordnung 1977 ist in seiner Diktion dahinge-hend geändert worden, dass er den Belangen der Zollbediensteten wie auchder Zollbeteiligten Rechnung trägt. So sind zum Beispiel die Bezeichnungen„Finanzbehörde“ durch „Zollbehörde“ ersetzt worden.Der Gesetzestext enthält die nationalen Regelungen, die nicht vom gemein-schaftsrechtlichen Zollrecht überlagert sind bzw. die ergänzend zum Ge-meinschaftsrecht Anwendung finden.Bei den Vorschriften, die eine Ergänzung zum Gemeinschaftsrecht darstel-len, wird diese Ergänzung dadurch verdeutlicht, dass in der Überschrift aufdie entsprechende Gemeinschaftsnorm hingewiesen wird.Soweit in diesem Gesetzesentwurf von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ge-sprochen wird, sind damit regelmäßig die gemeinschaftsrechtlich geschul-deten Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gemeint.Mit dem nachfolgenden Gesetz können sowohl Zollbedienstete als auchZollbeteiligte auf einen Blick die Rechtslage hinsichtlich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben erkennen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

282

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

ERSTER TEILEINLEITENDE VORSCHRIFTEN

ERSTER ABSCHNITT

Anwendungsbereich §

Anwendungsbereich .............................................................................................................1

ZWEITER ABSCHNITT

Steuerliche Begriffsbestimmungen

Steuerliche Nebenleistungen ................................................................................................2Gesetz (Zu Art. 4 Nr. 23 ZK) ...............................................................................................3Ermessen...............................................................................................................................4Behörden, Zollbehörden (Zu Art. 4 Nr. 3 ZK) .....................................................................5Amtsträger ............................................................................................................................6Wohnsitz (Zu Art. 4 Nr. 2 ZK).............................................................................................7Gewöhnlicher Aufenthalt .....................................................................................................8Geschäftsleitung ...................................................................................................................9Sitz (Zu Art. 4 Nr. 2 ZK) ....................................................................................................10Betriebstätte ........................................................................................................................11Ständiger Vertreter .............................................................................................................12Angehörige (Zu Art. 143 Abs. 1 Buchstabe H ZKDVO) ...................................................13

DRITTER ABSCHNITT

Zuständigkeit der Zollbehörden

Sachliche Zuständigkeit......................................................................................................14Örtliche Zuständigkeit ........................................................................................................15Ersatzzuständigkeit.............................................................................................................16Mehrfache örtliche Zuständigkeit.......................................................................................17Zuständigkeitsvereinbarung................................................................................................18Zuständigkeitsstreit.............................................................................................................19Gefahr im Verzug ...............................................................................................................20

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

283

VIERTER ABSCHNITT

Steuergeheimnis

Steuergeheimnis (Zu Art. 15 ZK).......................................................................................21Schutz von Bankkunden .....................................................................................................22

FÜNFTER ABSCHNITT

Haftungsbeschränkung für Amtsträger

Haftungsbeschränkung für Amtsträger...............................................................................23

ZWEITER TEILSTEUERSCHULDRECHT

ERSTER ABSCHNITT

Steuerpflichtiger

Steuerpflichtiger .................................................................................................................24Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter ....................................25Pflichten des Verfügungsberechtigten................................................................................26Erlöschen der Vertretungsmacht ........................................................................................27

ZWEITER ABSCHNITT

Steuerschuldverhältnis

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (Zu Art. 236 ZK)...........................................28Unwirksame Rechtsgeschäfte.............................................................................................29Gesamtschuldner (Zu Art. 213 ZK)....................................................................................30Gesamtrechtsnachfolge.......................................................................................................31Abtretung, Verpfändung, Pfändung....................................................................................32Erlöschen (Zu Art. 233 ZK) ...............................................................................................33Leistung durch Dritte, Haftung Dritter (Zu Art. 231 ZK) ..................................................34

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

284

DRITTER ABSCHNITT

Haftung

Haftung der Vertreter..........................................................................................................35Haftung des Vertretenen.....................................................................................................36Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers .....................................................37Sachhaftung ........................................................................................................................38Duldungspflicht ..................................................................................................................39

DRITTER TEILALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

ERSTER ABSCHNITT

Verfahrensgrundsätze

1. UNTERABSCHNITT

Beteiligung am Verfahren

Handlungsfähigkeit.............................................................................................................40Bevollmächtigte und Beistände (Zu Art. 5 ZK) .................................................................41Bestellung eines Vertreters von Amts wegen.....................................................................42

2. UNTERABSCHNITT

Ausschließung und Ablehnung von Amtsträgern und anderen Personen

Ausgeschlossene Personen .................................................................................................43Besorgnis der Befangenheit................................................................................................44

3. UNTERABSCHNITT

Besteuerungsgrundsätze, Beweismittel

I. Allgemeines

Besteuerungsgrundsätze .....................................................................................................45Beginn des Verfahrens........................................................................................................46Amtssprache (Zu Art. 211 ZKDVO)..................................................................................47Elektronische Kommunikation ......................................................................................... 47a

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

285

Untersuchungsgrundsatz (Zu Art. 13, 86 ZK) ....................................................................48Sammlung von geschützten Daten .....................................................................................49Beratung, Auskunft.............................................................................................................50Mitwirkungspflichten der Beteiligten (Zu Art. 14 ZK) ......................................................51Anhörung Beteiligter ..........................................................................................................52Beweismittel .......................................................................................................................53

II. Beweis durch Auskünfte und Sachverständigengutachten

Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen (Zu Art. 6, 14 ZK) ......................54Eidliche Vernehmung (Zu Art. 14 ZK) ..............................................................................55Versicherung an Eides statt (Zu Art. 14 ZK)......................................................................56Hinzuziehung von Sachverständigen..................................................................................57

III. Beweis durch Urkunden und Augenschein

Vorlage von Unterlagen (Zu Art. 6, 14 ZK).......................................................................58Betreten von Grundstücken und Räumen ...........................................................................59Vorlage von Wertsachen ....................................................................................................60

IV. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte

Auskunfts- und Eidesverweigerungsrecht der Angehörigen ..............................................61Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse ......................62Auskunftsverweigerungsrecht bei Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat odereiner Ordnungswidrigkeit ...................................................................................................63Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens und der Vorlage von Unterlagen .............64Verhältnis der Auskunfts- und Vorlagepflicht zur Schweigepflicht öffentlicher Stellen...65Beschränkung der Auskunfts- und Vorlagepflicht bei Beeinträchtigung des staatlichenWohls..................................................................................................................................66

V. Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der Sachverständigen

Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der Sachverständigen .................................67

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

286

4. UNTERABSCHNITT

Fristen, Termine, Wiedereinsetzung

Fristen und Termine............................................................................................................68Verlängerung von Fristen ...................................................................................................69Wiedereinsetzung in den vorigen Stand .............................................................................70

5. UNTERABSCHNITT

Rechts- und Amtshilfe

Amtshilfepflicht..................................................................................................................71Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe ....................................................................72Auswahl der Behörde .........................................................................................................73Durchführung der Amtshilfe ..............................................................................................74Kosten der Amtshilfe..........................................................................................................75Anzeige von Steuerstraftaten..............................................................................................76

ZWEITER ABSCHNITT

Verwaltungsakte

Begriff des Verwaltungsaktes (Zu Art. 4 Nr. 5 ZK)...........................................................77Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes (Zu Art. 6 ZK) .........................................78Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt ........................................................................79Begründung des Verwaltungsaktes ....................................................................................80Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (Zu Art. 6 Abs. 2, 8 Abs. 2, 9 Abs. 3, 221 Abs. 1ZK) .....................................................................................................................................81Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten .....................................................................82Wirksamkeit des Verwaltungsaktes....................................................................................83Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (Zu Art. 8, 9 ZK)..........................................................84Heilung von Verfahrens- und Formfehlern ........................................................................85Folgen von Verfahrens- und Formfehlern ..........................................................................86Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes ..............................................................87Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (Zu Art. 8, 12 ZK)...........................88Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes (Zu Art. 9 ZK) .......................................89Rücknahme, Widerruf, Aufhebung und Änderung im Einspruchsverfahren .....................90Rückgabe von Urkunden und Sachen.................................................................................91

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

287

VIERTER TEILDURCHFÜHRUNG DER BESTEUERUNG

ERSTER ABSCHNITT

Mitwirkungspflichten

1. UNTERABSCHNITT

Führung von Büchern und Aufzeichnungen

Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen ...........................................92Bewilligung von Erleichterungen.......................................................................................93

2. UNTERABSCHNITT

Steuererklärungen

Abgabe der Steuererklärungen (Zu Art. 59 ZK).................................................................94Berichtigung von Erklärungen............................................................................................95

ZWEITER ABSCHNITT

Festsetzungs- und Feststellungsverfahren

1. UNTERABSCHNITT

Steuerfestsetzung

I. Allgemeine Vorschriften

Steuerfestsetzung (Zu Art. 213, 217, 221 ZK) ...................................................................96Absehen von Steuerfestsetzung (Zu Art. 868 ZKDVO).....................................................97Form und Inhalt der Steuerbescheide (Zu Art. 6, 221 ZK).................................................98Beweiskraft der Buchführung.............................................................................................99Schätzung von Besteuerungsgrundlagen ..........................................................................100Drittwirkung der Steuerfestsetzung ..................................................................................101

II. Festsetzungsverjährung

Festsetzungsfrist (Zu Art. 221 ZK)...................................................................................102Beginn der Festsetzungsfrist (Zu Art. 221 Abs. 4ZK)......................................................103Ablaufhemmung (Zu Art. 221 Abs. 4 ZK) .......................................................................104

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

288

III. Kosten

Kosten bei besonderer Inanspruchnahme der Zollbehörden.............................................105

2. UNTERABSCHNITT

Haftung

Haftungsbescheide, Duldungsbescheide...........................................................................106Vertragliche Haftung ........................................................................................................107

DRITTER ABSCHNITT

Außenprüfung

1. UNTERABSCHNITT

Allgemeine Vorschriften

Zulässigkeit einer Außenprüfung (Zu Art. 78) .................................................................108Sachlicher Umfang einer Außenprüfung (Zu Art. 78)......................................................109Zuständigkeit ....................................................................................................................110Prüfungsanordnung...........................................................................................................111Bekanntgabe der Prüfungsanordnung...............................................................................112Ausweispflicht, Beginn der Außenprüfung ......................................................................113Prüfungsgrundsätze ..........................................................................................................114Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen (Zu Art. 78 ZK)..........................................115Schlussbesprechung..........................................................................................................116Inhalt und Bekanntgabe des Prüfungsberichts..................................................................117Abgekürzte Außenprüfung ...............................................................................................118

VIERTER ABSCHNITT

Zollfahndung

Zollfahndung ....................................................................................................................119

FÜNFTER ABSCHNITT

Steueraufsicht in besonderen Fällen

Überwachung von Freizonen............................................................................................120Verkehrswege ...................................................................................................................121

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

289

Zeitliche Beschränkung der Ein- und Ausfuhr .................................................................122Gestellung ........................................................................................................................123Sondervorschriften für Postsendungen.............................................................................124Verbindliche Zolltarifauskünfte .......................................................................................125Nichtannahme der Zollanmeldung ...................................................................................126Nämlichkeitssicherung .....................................................................................................127Zollbehandlung auf dem Betriebsgelände bestimmter Unternehmen...............................128Befugnisse der Zollbehörde (Zu Art. 13 ZK) ...................................................................129Zollamtliche Überwachung ..............................................................................................130Überholung .......................................................................................................................131Weiterleitungsbefugnis.....................................................................................................132Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs .............................................133Befugnisse der Zollfahndungsämter bei der Verfolgung der internationalen organi-sierten Geldwäsche ...........................................................................................................134Grenznaher Raum.............................................................................................................135Grundstücke und Bauten in Grenznähe, an Freizonengrenzen und auf Flugplätzen........136Enteignung........................................................................................................................137Pflichten des Betroffenen (Zu Art. 14 ZK).......................................................................138Durchführungsvorschriften (Zu Art. 16 ZK) ....................................................................139Besondere Aufsichtsmaßnahmen......................................................................................140Beauftragte .......................................................................................................................141Steuerhilfspersonen ..........................................................................................................142

FÜNFTER TEILERHEBUNGSVERFAHREN

ERSTER ABSCHNITT

Verwirklichung, Fälligkeit und Erlöschen von Ansprüchen aus dem Steuer-schuldverhältnis

1. UNTERABSCHNITT

Verwirklichung und Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis

Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ..................................143Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden ...............................................................144

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

290

Stundung (Zu Art. 229 ZK) ..............................................................................................145Zahlungsaufschub.............................................................................................................146

2. UNTERABSCHNITT

Zahlung, Aufrechnung, Erlass

Leistungsort, Tag der Zahlung (Zu Art. 223 ZK).............................................................147Reihenfolge der Tilgung...................................................................................................148Aufrechnung (Zu Art. 223 ZK) ........................................................................................149

3. UNTERABSCHNITT

Zahlungsverjährung

Gegenstand der Verjährung, Verjährungsfrist ..................................................................150Beginn der Verjährung .....................................................................................................151Hemmung der Verjährung................................................................................................152Unterbrechung der Verjährung.........................................................................................153Wirkung der Verjährung...................................................................................................154

ZWEITER ABSCHNITT

Verzinsung, Säumniszuschläge

1. UNTERABSCHNITT

Verzinsung

Grundsatz..........................................................................................................................155Verzinsung von hinterzogenen Steuern ............................................................................156Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge (Zu Art. 241 ZK) ..................................................157Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung (Zu Art. 244, 245 ZK) ......................................158Höhe und Berechnung der Zinsen (Zu Art. 229, 232, 241 ZK)........................................159Festsetzung der Zinsen .....................................................................................................160

2. UNTERABSCHNITT

Säumniszuschläge

Säumniszuschläge (Zu Art. 232 ZK)................................................................................161Wirkung der Hinterlegung von Zahlungsmitteln (Zu Art. 857, 858 ZKDVO) ................162

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

291

Verpfändung von Wertpapieren (Zu Art. 857 ZKDVO) ..................................................163Taugliche Steuerbürgen (Zu Art. 195 ZK) .......................................................................164Annahmewerte (Zu Art. 857 ZKDVO) ............................................................................165Austausch von Sicherheiten (Zu Art. 857 ZKDVO) ........................................................166

SECHSTER TEILVOLLSTRECKUNGERSTER ABSCHNITT

Allgemeine Vorschriften

Vollstreckungsbehörden ...................................................................................................167Vollstreckungsersuchen....................................................................................................168Vollstreckbare Verwaltungsakte.......................................................................................169Vollstreckungsgläubiger...................................................................................................170Vollstreckungsschuldner ..................................................................................................171Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung ........................................................172Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts..................................173Einwendungen gegen die Vollstreckung ..........................................................................174Einstellung und Beschränkung der Vollstreckung............................................................175Einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung ....................................176

ZWEITER ABSCHNITT

Vollstreckung wegen Geldforderungen

1. UNTERABSCHNITT

Allgemeine Vorschriften

Mahnung...........................................................................................................................177Angabe des Schuldgrundes...............................................................................................178Rechte Dritter ...................................................................................................................179Vollstreckung gegen Ehegatten ........................................................................................180Vollstreckung gegen Nießbraucher ..................................................................................181Vollstreckung gegen Erben ..............................................................................................182Sonstige Fälle beschränkter Haftung................................................................................183

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

292

Vollstreckungsverfahren gegen nichtrechtsfähige Personenvereinigungen .....................184

2. UNTERABSCHNITT

Vollstreckung in das bewegliche Vermögen

I. Allgemeines

Pfändung...........................................................................................................................185Wirkung der Pfändung......................................................................................................186Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen ...................................................................187Eidesstattliche Versicherung ............................................................................................188

II. Vollstreckung in Sachen

Vollziehungsbeamte .........................................................................................................189Vollstreckung in Sachen...................................................................................................190Befugnisse des Vollziehungsbeamten ..............................................................................191Zuziehung von Zeugen .....................................................................................................192Zeit der Vollstreckung......................................................................................................193Aufforderungen und Mitteilungen des Vollziehungsbeamten..........................................194Niederschrift .....................................................................................................................195Abwendung der Pfändung ................................................................................................196Pfand- und Vorzugsrechte Dritter.....................................................................................197Ungetrennte Früchte .........................................................................................................198Unpfändbarkeit von Sachen..............................................................................................199Verwertung .......................................................................................................................200Aussetzung der Verwertung .............................................................................................201Versteigerung....................................................................................................................202Zuschlag ...........................................................................................................................203Mindestgebot ....................................................................................................................204Einstellung der Versteigerung ..........................................................................................205Wertpapiere ......................................................................................................................206Namenspapiere .................................................................................................................207Versteigerung ungetrennter Früchte .................................................................................208Besondere Verwertung .....................................................................................................209Vollstreckung in Ersatzteile von Luftfahrzeugen .............................................................210

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

293

Anschlusspfändung...........................................................................................................211Verwertung bei mehrfacher Pfändung..............................................................................212

III. Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte

Pfändung einer Geldforderung ........................................................................................213Pfändung einer durch Hypothek gesicherten Forderung ..................................................214Pfändung einer durch Schiffshypothek oder Registerpfandrecht an einem Luftfahr-zeug gesicherten Forderung..............................................................................................215Pfändung einer Forderung aus indossablen Papieren .......................................................216Pfändung fortlaufender Bezüge ........................................................................................217Einziehungsverfügung......................................................................................................218Wirkung der Einziehungsverfügung.................................................................................219Erklärungspflicht des Drittschuldners ..............................................................................220Andere Art der Verwertung..............................................................................................221Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen ....................................................222Unpfändbarkeit von Forderungen.....................................................................................223Mehrfache Pfändung einer Forderung..............................................................................224Vollstreckung in andere Vermögensrechte.......................................................................225

3. UNTERABSCHNITT

Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen

Verfahren..........................................................................................................................226Vollstreckung gegen den Rechtsnachfolger .....................................................................227

4. UNTERABSCHNITT

Arrest

Dinglicher Arrest ..............................................................................................................228Aufhebung des dinglichen Arrestes..................................................................................229Persönlicher Sicherheitsarrest...........................................................................................230

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

294

5. UNTERABSCHNITT

Verwertung von Sicherheiten

Verwertung von Sicherheiten ...........................................................................................231

DRITTER ABSCHNITT

Vollstreckung wegen anderer Leistungen als Geldforderungen

1. UNTERABSCHNITT

Vollstreckung wegen Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen

Zwangsmittel ....................................................................................................................232Zwangsgeld.......................................................................................................................233Ersatzvornahme ................................................................................................................234Androhung der Zwangsmittel ...........................................................................................235Festsetzung der Zwangsmittel ..........................................................................................236Ersatzzwangshaft ..............................................................................................................237Beendigung des Zwangsverfahrens ..................................................................................238

2. UNTERABSCHNITT

Erzwingung von Sicherheiten

Erzwingung von Sicherheiten...........................................................................................239

VIERTER ABSCHNITT

Kosten

Kosten der Vollstreckung .................................................................................................240Gebührenarten ..................................................................................................................241Pfändungsgebühr ..............................................................................................................242Wegnahmegebühr.............................................................................................................243Verwertungsgebühr ..........................................................................................................244Mehrheit von Schuldnern .................................................................................................245Auslagen ...........................................................................................................................246Reisekosten und Aufwandsentschädigungen....................................................................247Unrichtige Sachbehandlung, Festsetzungsfrist .................................................................248

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

295

SIEBTER TEILAUßERGERICHTLICHES RECHTSBEHELFSVERFAHREN

ERSTER ABSCHNITT

Zulässigkeit

Statthaftigkeit des Einspruchs (Zu Art. 243, 245 ZK)......................................................249Ausschluss des Einspruchs (Zu Art. 2434, 245 ZK) .......................................................250Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte (Zu Art. 245 ZK)........................................251Einspruchsverzicht (Zu Art. 245 ZK)...............................................................................252

ZWEITER ABSCHNITT

Verfahrensvorschriften

Einspruchsfrist (Zu Art. 245 ZK) .....................................................................................253Rechtsbehelfsbelehrung (Zu Art. 245 ZK) .......................................................................254Einlegung des Einspruchs (Zu Art. 245 ZK) ....................................................................255Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen (Zu Art. 245 ZK)..........................................256Beteiligte (Zu Art. 245 ZK)..............................................................................................257Hinzuziehung zum Verfahren (Zu Art. 245 ZK) ..............................................................258Aussetzung der Vollziehung (Zu Art. 244, 245 ZK) ........................................................259Rücknahme des Einspruchs (Zu Art. 245 ZK) .................................................................260Aussetzung und Ruhen des Verfahrens (Zu Art. 245 ZK) ...............................................261Mitteilung der Besteuerungsunterlagen (Zu Art. 245 ZK) ...............................................262Erörterung des Sach- und Rechtsstands (Zu Art. 245 ZK) ...............................................263Fristsetzung (Zu Art. 245 ZK)..........................................................................................264Anwendung von Verfahrensvorschriften (Zu Art. 245 ZK) .............................................265Form und Inhalt der Einspruchsentscheidung (Zu Art. 245 ZK)......................................266Entscheidung über den Einspruch (Zu Art. 245 ZK)........................................................267

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

296

ACHTER TEILSTRAF- UND BUßGELDVORSCHRIFTEN; STRAF- UND BUß-

GELDVERFAHRENERSTER ABSCHNITT

Strafvorschriften

Steuerstraftaten .................................................................................................................268Steuerhinterziehung..........................................................................................................269Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung...............................................270Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung .............................................................................271Bannbruch.........................................................................................................................272Gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel .....................................273Steuerhehlerei ...................................................................................................................274Nebenfolgen .....................................................................................................................275Unterbrechung der Verfolgungsverjährung......................................................................276

ZWEITER ABSCHNITT

Bußgeldvorschriften

Steuerordnungswidrigkeiten.............................................................................................277Leichtfertige Steuerverkürzung ........................................................................................278Steuergefährdung..............................................................................................................279Verbrauchsteuergefährdung..............................................................................................280Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ................................................................281Bußgeldvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche ...................................................282Unzulässiger Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen .......................283Verfolgungsverjährung; Nichtverfolgung von Steuerordnungswidrigkeiten ...................284

DRITTER ABSCHNITT

Strafverfahren

1. UNTERABSCHNITT

Allgemeine Vorschriften

Geltung von Verfahrensvorschriften ................................................................................285Zuständigkeit der Zollbehörde bei Steuerstraftaten..........................................................286

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

297

Sachlich zuständige Behörde............................................................................................287Örtlich zuständige Zollbehörde ........................................................................................288Zusammenhängende Strafsachen .....................................................................................289Mehrfache Zuständigkeit ..................................................................................................290Zuständiges Gericht..........................................................................................................291Verteidigung .....................................................................................................................292Verhältnis des Strafverfahrens zum Besteuerungsverfahren ............................................293Übergang des Eigentums ..................................................................................................294Akteneinsicht der Zollbehörde .........................................................................................295Aussetzung des Verfahrens ..............................................................................................296

2. UNTERABSCHNITT

Ermittlungsverfahren

I. Allgemeines

Einleitung des Strafverfahrens..........................................................................................297Einstellung wegen Geringfügigkeit ..................................................................................298Nichtverfolgung von Steuerstraftaten...............................................................................299

II. Verfahren der Zollbehörde bei Steuerstraftaten

Rechte und Pflichten der Zollbehörde ..............................................................................300Antrag auf Erlass eines Strafbefehls.................................................................................301Antrag auf Anordnung von Nebenfolgen im selbstständigen Verfahren .........................302

III. Stellung der Zollbehörde im Verfahren der Staatsanwaltschaft

Allgemeine Rechte und Pflichten der Zollbehörde ..........................................................303Beteiligung der Zollbehörde.............................................................................................304

IV. Steuer- und Zollfahndung

Steuer- und Zollfahndung ................................................................................................305

V. Entschädigung der Zeugen und der Sachverständigen

Entschädigung der Zeugen und der Sachverständigen .....................................................306

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

298

3. UNTERABSCHNITT

Gerichtliches Verfahren

Mitwirkung der Zollbehörde im Strafbefehlsverfahren und im selbstständigen Ver-fahren................................................................................................................................307Beteiligung der Zollbehörde in sonstigen Fällen..............................................................308

4. UNTERABSCHNITT

Kosten des Verfahrens

Kosten des Verfahrens......................................................................................................309

VIERTER ABSCHNITT

Bußgeldverfahren

Zuständige Verwaltungsbehörde ......................................................................................310Ergänzende Vorschriften für das Bußgeldverfahren .......................................................311Bußgeldverfahren gegen Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirt-schaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer .........................................................................312Zustellung, Vollstreckung, Kosten ...................................................................................313

NEUNTER TEILSCHLUSSVORSCHRIFTEN

Einschränkung von Grundrechten ....................................................................................314Rechtsverordnungsermächtigung für Verfahrensregelungen ...........................................315Rechtsverordnungsermächtigung für die Anordnung außertariflicher Zollfreiheit ..........316Rechtsverordnungsermächtigung für die Anordnung außertariflicher Zollfreiheit zurFörderung der Luft- und Schifffahrt .................................................................................317In-Kraft-Treten .................................................................................................................318

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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TEXT BEGRÜNDUNG

ERSTER TEIL

EINLEITENDE VORSCHRIFTEN

Erster Teil Einleitende Vorschriften

ERSTER ABSCHNITT

Anwendungsbereich§ 1

Anwendungsbereich(1) Dieses Gesetz gilt für Einfuhr-

und Ausfuhrabgaben, die durch dasRecht der Europäischen Gemeinschaf-ten geregelt sind, soweit sie durch Bun-desfinanzbehörden verwaltet werden.Es gilt nur vorbehaltlich des Rechts derEuropäischen Gemeinschaft.

Der Text entspricht weitgehenddem § 1 Absatz 1 AO. Lediglichder Hinweis auf die Landesfinanz-behörden fehlt, weil es sich beiEinfuhr- und Ausfuhrabgaben umAbgaben handelt, die vom Bundverwaltet werden.

(2) Auf steuerliche Nebenleistungensind die Vorschriften dieses Gesetzesvorbehaltlich des Rechts der Europäi-schen Gemeinschaft sinngemäß an-wendbar. Der Dritte bis Sechste Ab-schnitt des Vierten Teils gilt jedoch nur,soweit dies besonders bestimmt wird.

Der Text entspricht dem § 1 Ab-satz 3 AO.

(3) Hinsichtlich verbrauchsteuer-rechtlicher Regelungen, die nicht in denEinzelsteuergesetzen enthalten sind, giltdie Abgabenordnung 1977.

Mit Absatz 3 soll verdeutlichtwerden, dass soweit verbrauch-steuerrechtliche Ergänzungsrege-lungen notwendig sind, weiterhindie AO 1977 Anwendung findet,soweit nicht die Einzelsteuergeset-ze vorgehen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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ZWEITER ABSCHNITT

Steuerliche Begriffsbestimmungen§ 2

Steuerliche NebenleistungenSteuerliche Nebenleistungen sind dieZinsen, die Säumniszuschläge,Zwangsgelder und Kosten nach die-sem Gesetz sowie Zinsen im Sinnedes Zollkodexes.

Um eine Regelungslücke zu schlie-ßen, sollen die Ausgleichszinsen nachArtikel 214 ZK unter den Begriff dersteuerlichen Nebenleistungen gefasstwerden.

Das Aufkommen der Zinsen aufEinfuhr- und Ausfuhrabgaben imSinne des Artikels 4 Nrn. 10 und 11des Zollkodexes und der übrigensteuerlichen Nebenleistungen fließenden verwaltenden Körperschaften zu.

Die Regelung entspricht § 3 Absatz 5AO. Die Zinsen für Einfuhr- undAusfuhrabgaben fallen nicht der EG,sondern dem nationalen Haushalt zu,da es sich hierbei nicht um eigeneEinnahmen der EU handelt507.

§ 3Gesetz

Zu Art. 4 Nr. 23 ZKDiese Regelung entspricht § 4 AO.

Gesetz ist jede Rechtsnorm des Ge-meinschaftsrechts und des nationalenRechts.

§ 4Ermessen

Ist die Zollbehörde ermächtigt, nachihrem Ermessen zu handeln, hat sieihr Ermessen entsprechend demZweck der Ermächtigung auszuübenund die gesetzlichen Grenzen desErmessens einzuhalten.

Der Text entspricht § 5 AO, wobeider Begriff der Finanzbehörde durchden Begriff der Zollbehörde ersetztworden ist, weil sich das Gesetz anZollverwaltung und Zollbeteiligterichtet.

507 Beschluss 94/728 EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaft,ABl. EG 1994, Nr. L 293/9.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

301

§ 5Behörden, Zollbehörden

Zu Art. 4 Nr. 3 ZK(1) Behörde ist jede Stelle, die

Aufgaben der öffentlichen Verwal-tung wahrnimmt.

Der Text entspricht § 6 Absatz 1 AO.

(2) Zollbehörden im Sinne diesesGesetzes sind

1. das Bundesministerium der Fi-nanzen,

2. die Bundesmonopolverwaltungfür Branntwein und das Bun-desamt für Finanzen als Bun-desoberbehörden,

3. die Oberfinanzdirektionen unddas Zollkriminalamt als Mittel-behörden,

4. die Hauptzollämter einschließ-lich ihrer Dienststellen und dieZollfahndungsämter.

5. Sonstige Behörden, die unteranderem für die Anwendungdes Zollrechts zuständig sind.

§ 5 Absatz 2 entspricht im wesentli-chen § 6 Absatz 2 AO, ist jedoch imHinblick auf die Belange der Zoll-verwaltung geändert worden, indemdie Landesbehörden nicht aufge-nommen worden sind. Die Aufzäh-lung dient der Umsetzung der Rege-lung in § 17 Absatz 2 ZollVG. Nr. 5berücksichtigt, dass der Begriff derZollbehörde im Gemeinschaftsrechtweiter gefasst ist als im nationalenRecht. So gehören im Gemeinschafts-recht auch die Kammern zu den Zoll-behörden, die Ursprungszeugnisseausstellen. Die Vorschrift ist daherergänzend zu Art. 4 Nr. 3 ZK anzu-wenden.

§ 6Amtsträger Diese Regelung entspricht § 7 AO.

Amtsträger ist, wer nach deutschemRecht

1. Beamter oder Richter (§ 11Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetz-buchs) ist,

2. in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnissteht oder

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

302

3. sonst dazu bestellt ist, bei einerBehörde oder bei einer sonsti-gen Stelle oder in deren Auf-trag Aufgaben der öffentlichenVerwaltung wahrzunehmen.

§ 7Wohnsitz

Zu Art. 4 Nr. 2 ZKEine in der Gemeinschaft ansässigePerson ist:

- im Fall einer natürlichen Personeine Person, die in der Gemein-schaft ihren normalen Wohnsitzhat;

- im Fall einer juristischen Per-son oder Personenvereinigungeine Person, die in der Gemein-schaft ihren satzungsmäßigenSitz, ihre Hauptverwaltung odereine dauernde Niederlassunghat

Einen Wohnsitz hat jemand dort,wo er eine Wohnung unter Umstän-den innehat, die darauf schließen las-sen, dass er die Wohnung beibehaltenund benutzen wird.

Die Regelung erläutert, was untereinem Wohnsitz zu verstehen ist. Siestellt eine Ergänzung zu Art. 4 Nr. 2ZK dar, der zwar bestimmt, dass einein der Gemeinschaft ansässige Per-son im Fall einer natürlichen Personeine Person ist, die in der Gemein-schaft ihren normalen Wohnsitz hat,jedoch nicht erklärt, was unter demBegriff des normalen Wohnsitzes zuverstehen ist.

§ 8Gewöhnlicher Aufenthalt Diese Regelung entspricht § 9 AO.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hatjemand dort, wo er sich unter Um-ständen aufhält, die erkennen lassen,dass er an diesem Ort oder in diesemGebiet nicht nur vorübergehend ver-weilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

303

im Geltungsbereich dieses Gesetzesist stets und von Beginn an ein zeit-lich zusammenhängender Aufenthaltvon mehr als sechs Monaten Daueranzusehen; kurzfristige Unterbre-chungen bleiben unberücksichtigt.Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufent-halt ausschließlich zu Besuchs-, Er-holungs-, Kur- oder ähnlichen pri-vaten Zwecken genommen wird undnicht länger als ein Jahr dauert.

§ 9Geschäftsleitung Diese Regelung entspricht § 10 AO.

Geschäftsleitung ist der Mittelpunktder geschäftlichen Oberleitung.

§ 10Sitz

Zu Art. 4 Nr. 2 ZKDen Sitz hat eine Körperschaft, Per-sonenvereinigung oder Vermögens-masse an dem Ort, der durch Gesetz,Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stif-tungsgeschäft oder dergleichen be-stimmt ist.

Der Text entspricht § 11 AO und er-gänzt die Vorschrift des Artikel 4 Nr.2 ZK, der regelt, wer im Falle einerjuristischen Person oder Personen-vereinigung als „in der Gemeinschaftansässige Person“ anzusehen ist. Dasist nach der vorgenannten Vorschriftdiejenige Person, die in der Gemein-schaft ihren satzungsmäßigen Sitz,ihre Hauptverwaltung oder eine dau-ernde Niederlassung hat. Der Zollko-dex enthält jedoch keine Begriffsbe-stimmung, was unter dem BegriffSitz zu verstehen ist.

§ 11Betriebstätte Diese Regelung entspricht § 12 AO.

Betriebstätte ist jede feste Geschäft-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

304

seinrichtung oder Anlage, die derTätigkeit eines Unternehmens dient.Als Betriebstätten sind insbesondereanzusehen:

1. die Stätte der Geschäftsleitung,2. Zweigniederlassungen,3. Geschäftsstellen,4. Fabrikations- oder Werkstätten,5. Warenlager,6. Ein- oder Verkaufsstellen,7. Bergwerke, Steinbrüche oder

andere stehende, örtlich fort-schreitende oder schwimmendeStätten der Gewinnung von Bo-denschätzen,

8. Bauausführungen oder Monta-gen, auch örtlich fortschreiten-de oder schwimmende, wenna) die einzelne Bauausführung

oder Montage oderb) eine von mehreren zeitlich

nebeneinander bestehendenBauausführungen oderMontagen oder

c) mehrere ohne Unterbrechungaufeinander folgende Bau-ausführungen oder Montagen

länger als sechs Monate dauern.

§ 12Ständiger Vertreter Diese Regelung entspricht § 13 AO.

Ständiger Vertreter ist eine Person,die nachhaltig die Geschäfte einesUnternehmens besorgt und dabei

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

305

dessen Sachweisungen unterliegt.Ständiger Vertreter ist insbesondereeine Person, die für ein Unternehmennachhaltig

1. Verträge abschließt oder ver-mittelt oder Aufträge einholtoder

2. einen Bestand von Gütern oderWaren unterhält und davonAuslieferungen vornimmt.

§ 13Angehörige

Zu Art. 143 Abs. 1 Buchst. HZKDVO

(1) Angehörige sind:1. der Verlobte,2. der Ehegatte3. Verwandte und Verschwägerte

gerader Linie,4. Geschwister,5. Kinder der Geschwister,6. Ehegatten der Geschwister und

Geschwister der Ehegatten,7. Geschwister der Eltern,8. Personen, die durch ein auf län-

gere Dauer angelegtes Pflege-verhältnis mit häuslicher Ge-meinschaft wie Eltern und Kindmiteinander verbunden sind(Pflegeeltern und Pflegekinder).

Der Text entspricht § 15 AO. Für denBereich des Zollwertrechts enthältArtikel 143 Absatz 1 Buchstabe hZKDVO den Begriff der Familienzu-gehörigkeit. Dieser Begriff der Fa-milie deckt sich aber mit dem Begriffder Angehörigen, so dass es einerzusätzlichen Erläuterung für Einfuhr-und Ausfuhrabgaben nicht bedarf.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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(2) Angehörige sind die in Absatz 1aufgeführten Personen auch dann,wenn

1. in den Fällen der Nummern 2, 3und 6 die die Beziehung be-gründende Ehe nicht mehr be-steht;

2. in den Fällen der Nummern 3bis 7 die Verwandtschaft oderSchwägerschaft durch Annah-me als Kind erloschen ist;

3. im Falle der Nummer 8 diehäusliche Gemeinschaft nichtmehr besteht, sofern die Perso-nen weiterhin wie Eltern undKind miteinander verbundensind

DRITTER ABSCHNITT

Zuständigkeit der Zollbehörden§ 14

Sachliche Zuständigkeit(1) Die sachliche Zuständigkeit der

Zollbehörden richtet sich, soweitnichts anderes bestimmt ist, nachdem Gesetz über die Finanzverwal-tung. Insbesondere obliegt den Zoll-behörden die Überwachung des Wa-renverkehrs über die Grenze desZollgebiets der Europäischen Ge-meinschaften (Zollgebiet der Ge-meinschaft) sowie über die Freizo-nengrenze. Die zollamtliche Überwa-chung sichert insbesondere die Erhe-bung der Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben sowie die Einhaltung des Zoll-rechts. Einfuhr- und Ausfuhrabgaben

Diese Regelung entspricht § 16 AO,§ 1 ZollVerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

307

sind die im Zollkodex der Gemein-schaften geregelten Abgaben sowiedie Einfuhrumsatzsteuer und die an-deren für eingeführte Waren zu erhe-bende Verbrauchsteuern.

(2) Der Verkehr mit verbrauchsteu-erpflichtigen Waren über die Grenzedes deutschen Verbrauchsteuererhe-bungsgebietes wird zollamtlichüberwacht.

(3) Die zollamtliche Überwachungsichert darüber hinaus die Einhaltungder gemeinschaftlichen oder natio-nalen Vorschriften, die das Verbrin-gen von Waren in den, durch den undaus dem Geltungsbereich dieses Ge-setzes verbieten oder beschränken(Verbote und Beschränkungen).

(4) Zur Verhinderung und Verfol-gung der Geldwäsche nach § 261Strafgesetzbuch wird die Einfuhr,Ausfuhr und Durchfuhr in das, ausdem und durch das Zollgebiet derGemeinschaft sowie das sonstigeVerbringen von Bargeld oder gleich-gestellten Zahlungsmitteln in den,aus dem und durch den Geltungsbe-reich dieses Gesetzes zollamtlichüberwacht. Dem Bargeld gleichge-stellte Zahlungsmittel sind Wertpa-piere im Sinne des § 1 Abs.1 des De-potgesetzes und § 808 des Bürgerli-chen Gesetzbuches, Schecks, Wech-sel, Edelmetalle und Edelsteine.

(5) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann im Einvernehmen mitdem Bundesministerium des InnernBeamte des Bundesgrenzschutzesdamit betrauen, Aufgaben der Zoll-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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verwaltung nach Absatz 4 bei Erfül-lung von Aufgaben des Bundes-grenzschutzes wahrzunehmen.

(6) Die Zollfahndungsämter habenunabhängig von ihrer sonstigen Zu-ständigkeit die Aufgaben, die inter-national organisierte Geldwäschesowie damit in Zusammenhang ste-hende Straftaten, soweit diese in Ver-bindung mit dem Wirtschaftsverkehrmit Wirtschaftsgebieten außerhalbdes Geltungsbereichs dieses Gesetzesstehen, zu erforschen und zu verfol-gen.

(7) Die Zollverwaltung erfüllt imübrigen die Aufgaben, die ihr durchandere Rechtsvorschriften zugewie-sen sind.

§ 15Örtliche Zuständigkeit Diese Regelung entspricht § 23 AO.

(1) Für die Erhebung der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben ist dasHauptzollamt örtlich zuständig, indessen Bezirk der Tatbestand ver-wirklicht wird, an den das Gesetz dieSteuer knüpft.

(2) Örtlich zuständig ist ferner dasHauptzollamt, von dessen Bezirk ausder Steuerpflichtige sein Unterneh-men betreibt.

Wird das Unternehmen von einemnicht zum Geltungsbereich des Ge-setzes gehörenden Ort aus betrieben,so ist das Hauptzollamt zuständig, indessen Bezirk der Unternehmer seineUmsätze im Geltungsbereich des Ge-setzes ganz oder überwiegend be-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

309

wirkt.(3) Werden Einfuhr- und Ausfuhr-

abgaben im Zusammenhang mit ei-ner Steuerstraftat oder einer Steuer-ordnungswidrigkeit geschuldet, so istauch das Hauptzollamt örtlich zu-ständig, das für die Strafsache oderdie Bußgeldsache zuständig ist.

§ 16Ersatzzuständigkeit

Ergibt sich die örtliche Zuständigkeitnicht aus anderen Vorschriften, so istdie Zollbehörde zuständig, in derenBezirk der Anlass für die Amts-handlung hervortritt.

Diese Regelung entspricht § 24 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 17Mehrfache örtliche Zuständigkeit

Sind mehrere Zollbehörden zustän-dig, so entscheidet die Zollbehörde,die zuerst mit der Sache befasst wor-den ist, es sei denn, die zuständigenZollbehörden einigen sich auf eineandere zuständige Zollbehörde oderdie gemeinsame fachlich zuständigeAufsichtsbehörde bestimmt, dasseine andere örtlich zuständige Zoll-behörde zu entscheiden hat. Fehlteine gemeinsame Aufsichtsbehörde,so treffen die fachlich zuständigenAufsichtsbehörden die Entscheidunggemeinsam.

Diese Regelung entspricht § 25 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

310

§ 18Zuständigkeitsvereinbarung

Im Einvernehmen mit der Zollbehör-de, die nach den Vorschriften derSteuergesetze örtlich zuständig ist,kann eine andere Zolllbehörde dieBearbeitung übernehmen, wenn derBetroffene zustimmt.

Diese Regelung entspricht § 27 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist. An Stelle des inder AO verwendeten Begriffs „Be-steuerung“ wurde der allgemeinereBegriff der Bearbeitung gewählt.

§ 19Zuständigkeitsstreit

(1) Die gemeinsame fachlich zu-ständige Aufsichtsbehörde entschei-det über die örtliche Zuständigkeit,wenn sich mehrere Zollbehörden fürzuständig oder für unzuständig haltenoder wenn die Zuständigkeit aus an-deren Gründen zweifelhaft ist.

(2) 5 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzesüber die Finanzverwaltung bleibtunberührt.

Diese Regelung entspricht § 28 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 20Gefahr im Verzug

Bei Gefahr im Verzug ist für unauf-schiebbare Maßnahmen jede Zollbe-hörde örtlich zuständig, in deren Be-zirk der Anlass für die Amtshandlunghervortritt. Die sonst örtlich zustän-dige Behörde ist unverzüglich zuunterrichten.

Diese Regelung entspricht § 29 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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VIERTER ABSCHNITT

Steuergeheimnis§ 21

SteuergeheimnisZu Art. 15 ZK

(1) Alle Angaben, die ihrer Naturnach vertraulich sind oder vertraulichmitgeteilt werden, fallen unter dieGeheimhaltungspflicht und dürfenvon den Zollbehörden und ihrenAmtsträgern nicht ohne ausdrückli-che Zustimmung der Person oderBehörde, die die Angaben gemachthat, unbefugt offenbart und verwertetwerden.

Diese Regelung entspricht Artikel 15Zollkodex, der für Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben Mindestanforderungenfür das Steuergeheimnis enthält. Er-gänzend ist hierzu die nationale Re-gelung des § 30 AO anzuwenden508 .

(2) Ein Amtsträger verletzt dasSteuergeheimnis insbesondere dann,wenn er

Der Text entspricht § 30 Absatz 2AO.

1. Verhältnisse eines anderen, dieihma) in einem Verwaltungsverfah-

ren, einem Rechnungsprü-fungsverfahren oder einemgerichtlichen Verfahren inSteuersachen,

b) in einem Strafverfahren we-gen einer Steuerstraftat odereinem Bußgeldverfahrenwegen einer Steuerord-nungswidrigkeit,

c) aus anderem Anlass durchMitteilung einer Zollbehördeoder durch die gesetzlichvorgeschriebene Vorlage ei-

508 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), Hohrmann, Friedrich A., a.a.O., (FN 32), Wolff-gang, Hans-Michael, a.a.O. (FN 106).

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

312

nes Steuerbescheids oder ei-ner Bescheinigung über diebei der Besteuerung getrof-fenen Feststellungen

bekannt geworden sind, oder2. ein fremdes Betriebs- oder Ge-

schäftsgeheimnis, das ihm ineinem der in Nummer 1 ge-nannten Verfahren bekannt ge-worden ist, unbefugt offenbartoder verwertet oder

Neben das Weitergabeverbot des Ar-tikels 15 Zollkodex tritt auch dasVerwertungsverbot des Absatz 2509.

3. Nach Nummer 1 oder Nummer2 geschützte Daten im automa-tisierten Verfahren. Unbefugtabruft, wenn sie für eines der inNummer 1 genannten Verfah-ren in einer Datei gespeichertsind.

(3) Den Amtsträgern stehen gleich1. die für den öffentlichen Dienst

besonders Verpflichteten (§ 11Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetz-buchs),

Der Text entspricht § 30 Absatz 3AO.

2. die in § 193 Abs. 2 des Ge-richtsverfassungsgesetzes ge-nannten Personen,

3. amtlich zugezogene Sachver-ständige,

4. die Träger von Ämtern der Kir-chen und anderen Religions-gemeinschaften, die Körper-schaften des öffentlichenRechts sind.

(4) Die Offenbarung der nach Ab-satz 2 erlangten Kenntnisse ist zuläs-

Der Text entspricht § 30 Absatz 4AO.

509 Friedrich, Klaus, a.a.O., (FN 75), Wamers, Paul, a.a.O., (FN 102).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

313

sig, soweit1. Sie der Durchführung eines

Verfahrens im Sinne des Absat-zes 2 Nr. 1 Buchstaben a und bdient,

2. Sie durch Gesetz ausdrücklichzugelassen ist,

3. Der Betroffene zustimmt,4. Sie der Durchführung eines

Strafverfahrens wegen einer Tatdient, die keine Steuerstraftatist, und die Kenntnissea) In einem Verfahren wegen

einer Steuerstraftat oderSteuerordnungswidrigkeiterlangt worden sind; dies giltjedoch nicht für solche Tat-sachen, die der Steuerpflich-tige in Unkenntnis der Ein-leitung des Strafverfahrensoder des Bußgeldverfahrensoffenbart hat oder die bereitsvor Einleitung des Strafver-fahrens oder des Bußgeld-verfahrens im Besteuerungs-verfahren bekannt gewordensind, oder

b) ohne Bestehen einer steuer-lichen Verpflichtung oderunter Verzicht auf ein Aus-kunftsverweigerungsrechterlangt worden sind,

5. für sie ein zwingendes öffentli-ches Interesse besteht; einzwingendes öffentliches Inter-esse ist namentlich gegeben,wenn

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

314

(a) Verbrechen und vorsätzli-che schwere Vergehen ge-gen Leib und Leben odergegen den Staat und seineEinrichtungen verfolgtwerden oder verfolgt wer-den sollen,

(b) Wirtschaftsstraftaten ver-folgt werden oder verfolgtwerden sollen, die nach ih-rer Begehungsweise oderwegen des Umfangs desdurch sie verursachtenSchadens geeignet sind, diewirtschaftliche Ordnungerheblich zu stören oderdas Vertrauen der Allge-meinheit auf die Redlich-keit des geschäftlichenVerkehrs oder auf die ord-nungsgemäße Arbeit derBehörden und der öffentli-chen Einrichtungen erheb-lich zu erschüttern, oder

(c) Die Offenbarung erforder-lich ist zur Richtigstellungin der Öffentlichkeit ver-breiteter unwahrer Tatsa-chen, die geeignet sind, dasVertrauen in die Verwal-tung erheblich zu erschüt-tern; die Entscheidung trifftdie zuständige obersteZollbehörde im Einver-nehmen mit dem Bundes-ministerium der Finanzen;vor der Richtigstellung sollder Steuerpflichtige gehörtwerden.

(5) Vorsätzlich falsche Angaben Der Text entspricht § 30 Absatz 5

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

315

des Betroffenen dürfen den Strafver-folgungsbehörden gegenüber offen-bart werden.

AO.

(6) Der automatisierte Abruf vonDaten, die für eines der in Absatz 2Nr. 1 genannten Verfahren in einerDatei gespeichert sind, ist nur zuläs-sig, soweit er der Durchführung ei-nes Verfahrens im Sinne des Absat-zes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b oderder zulässigen Weitergabe von Datendient. Zur Wahrung des Steuerge-heimnisses kann das Bundesministe-rium der Finanzen durch Rechtsver-ordnung mit Zustimmung des Bun-desrates bestimmen, welche techni-schen und organisatorischen Maß-nahmen gegen den unbefugten Abrufvon Daten zu treffen sind. Insbeson-dere kann es nähere Regelungen tref-fen über die Art der Daten, derenAbruf zulässig ist, sowie über denKreis der Amtsträger, die zum Abrufsolcher Daten berechtigt sind. DieRechtsverordnungen bedürfen nichtder Zustimmung des Bundesrates,sowie sie Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben und Verbrauchsteuern, mit Aus-nahme der Biersteuer, betreffen.

Der Text entspricht § 30 Absatz 6AO.

§ 22Schutz von Bankkunden

(1) Bei der Ermittlung des Sach-verhalts haben die Zollbehörden aufdas Vertrauensverhältnis zwischenden Kreditinstituten und deren Kun-den besonders Rücksicht zu nehmen.

Diese Regelung entspricht § 30 a AO,wobei der Begriff der Finanzbehör-den durch den Begriff der Zollbehör-den ersetzt worden ist und Besonder-heiten, die die Steuererklärung betref-fen, nicht aufgenommen worden sind.

(2) Die Zollbehörden dürfen von

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

316

den Kreditinstituten zum Zwecke derallgemeinen Überwachung die ein-malige oder periodische Mitteilungvon Konten bestimmter Art oder be-stimmter Höhe nicht verlangen.

(3) Die Guthabenkonten oder De-pots, bei deren Errichtung eine Legi-timationsprüfung vorgenommenworden ist, dürfen anlässlich der Au-ßenprüfung bei einem Kreditinstitutnicht zwecks Nachprüfung der ord-nungsmäßigen Versteuerung festge-stellt oder abgeschrieben werden.Die Ausschreibung von Kontroll-mitteilungen soll insoweit unterblei-ben.

(4) Für Auskunftsersuchen an Kre-ditinstitute gilt § 66. Ist die Persondes Steuerpflichtigen bekannt undgegen ihn kein Verfahren wegen ei-ner Steuerstraftat oder einer Steuer-ordnungswidrigkeit eingeleitet, sollauch im Verfahren nach § 160 Abs. 1Satz 1 ein Kreditinstitut erst umAuskunft und Vorlage von Urkundengebeten werden, wenn ein Aus-kunftsersuchen an den Steuerpflich-tigen nicht zum Ziele führt oder kei-nen Erfolg verspricht.

FÜNFTER ABSCHNITT

Haftungsbeschränkung fürAmtsträger

§ 23Haftungsbeschränkung für

AmtsträgerDiese Regelung entspricht § 32 AO.

Wird infolge der Amts- oder Dienst-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

317

pflichtverletzung eines Amtsträgers1. eine Steuer oder eine steuerli-

che Nebenleistung nicht, zuniedrig oder zu spät festgesetzt,erhoben oder beigetrieben oder

2. eine Steuererstattung oderSteuervergütung zu Unrechtgewährt oder

3. eine Besteuerungsgrundlageoder eine Steuerbeteiligungnicht, zu niedrig oder zu spätfestgesetzt,

so kann er nur in Anspruch ge-nommen werden, wenn die Amts-oder Dienstpflichtverletzung mit ei-ner Strafe bedroht ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

318

ZWEITER TEIL

STEUERSCHULDRECHT

Zweiter Teil Steuerschuldrecht

ERSTER ABSCHNITT

Steuerpflichtiger§ 24

Steuerpflichtiger(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine

Steuer schuldet, für eine Steuer haf-tet, eine Steuer für Rechnung einesDritten einzubehalten und abzufüh-ren hat, wer eine Steuererklärungabzugeben, Sicherheit zu leisten,Bücher und Aufzeichnungen zu füh-ren oder andere ihm durch die Steu-ergesetze auferlegte Verpflichtungenzu erfüllen hat.

Diese Regelung entspricht § 33 AO.Zwar enthält Artikel 4 Nr. 1 Zollko-dex eine Regelung, wer im Zollrechtals steuerrechtsfähig anzusehen ist.Diese Regelung verweist aber letzt-lich wiederum auf das geltende Rechtder Mitgliedstaaten.

(2) Steuerpflichtiger ist nicht, werin einer fremden Steuersache Aus-kunft zu erteilen, Urkunden vorzule-gen, ein Sachverständigengutachtenzu erstatten oder das Betreten vonGrundstücken, Geschäfts- und Be-triebsräumen zu gestatten hat.

§ 25Pflichten der gesetzlichen Vertre-ter und der Vermögensverwalter

Diese Regelung entspricht § 34 AO.

(1) Die gesetzlichen Vertreter na-türlicher und juristischer Personenund die Geschäftsführer von nicht-rechtsfähigen Personenvereinigun-gen und Vermögensmassen habenderen steuerliche Pflichten zu erfül-len. Sie haben insbesondere dafür zusorgen, dass die Steuern aus denMitteln entrichtet werden, die sie

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

319

verwalten.(2) Soweit nichtrechtsfähige Per-

sonenvereinigungen ohne Geschäfts-führer sind, haben die Mitgliederoder Gesellschafter die Pflichten imSinne des Absatzes 1 zu erfüllen. DieZollbehörde kann sich an jedes Mit-glied oder jeden Gesellschafter hal-ten. Für nichtrechtsfähige Vermö-gensmassen gelten die Sätze 1 und 2mit der Maßgabe, dass diejenigen,denen das Vermögen zusteht, diesteuerlichen Pflichten zu erfüllenhaben.

.

(3) Steht eine Vermögensmasseanderen Personen als den Eigentü-mern des Vermögens oder deren ge-setzlichen Vertretern zu, so haben dieVermögensverwalter die in Absatz 1bezeichneten Pflichten, soweit ihreVerwaltung reicht.

§ 26Pflichten des Verfügungsberechtig-

tenDiese Regelung entspricht § 35 AO.

Wer als Verfügungsberechtigter imeigenen oder fremden Namen auf-tritt, hat die Pflichten eines gesetzli-chen Vertreters (§ 28 Abs. 1), soweiter sie rechtlich und tatsächlich er-füllen kann.

§ 27Erlöschen der Vertretungsmacht Diese Regelung entspricht § 36 AO.

Das Erlöschen der Vertretungsmachtoder der Verfügungsmacht lässt dienach den §§ 28 und 29 entstandenen

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

320

Pflichten unberührt, soweit diese denZeitraum betreffen, in dem die Ver-tretungsmacht oder Verfügungsmachtbestanden hat und soweit der Ver-pflichtete sie erfüllen kann.

ZWEITER ABSCHNITT

Steuerschuldverhältnis§ 28

Ansprüche aus dem Steuerschuld-verhältnis

Zu Art. 236 ZK(1) Ansprüche aus dem Steuer-

schuldverhältnis sind der Anspruchauf Entrichtung des Zollbetrages, derHaftungsanspruch, der Anspruch aufeine steuerliche Nebenleistung, so-wie der Erstattungsanspruch nachAbsatz 2.

§ 28 Absatz 1 und 2 entsprechen § 37AO.

(2) Ist eine steuerliche Nebenlei-stung ohne rechtlichen Grund gezahltoder zurückgezahlt worden, so hatderjenige, auf dessen Rechnung dieZahlung bewirkt worden ist, an denLeistungsempfänger einen Anspruchauf Erstattung des gezahlten oderzurückgezahlten Betrags. Dies giltauch dann, wenn der rechtlicheGrund für die Zahlung oder Rück-zahlung später wegfällt. Im Fall derAbtretung, Verpfändung oder Pfän-dung richtet sich der Anspruch auchgegen den Abtretenden, Verpfänderoder Pfändungsschuldner.

§ 28 Absatz 2 regelt lediglich die Er-stattung von steuerlichen Nebenlei-stungen bei Zahlung ohne rechtlichenGrund.. Hinsichtlich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben, die durch Haf-tungsbescheid geltend gemacht wer-den, liegt eine vollständige Überlage-rung durch Art. 236 ZK vor.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

321

§ 29Unwirksame Rechtsgeschäfte Diese Regelung entspricht § 41 AO.

(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirk-sam oder wird es unwirksam, so istdies für die Besteuerung unerheblich,soweit und solange die Beteiligtendas wirtschaftliche Ergebnis diesesRechtsgeschäfts gleichwohl eintretenund bestehen lassen. Dies gilt nicht,soweit sich aus den Steuergesetzenetwas anderes ergibt.

(2) Scheingeschäfte und Schein-handlungen sind für die Besteuerungunerheblich. Wird durch ein Schein-geschäft ein anderes Rechtsgeschäftverdeckt, so ist das verdeckteRechtsgeschäft für die Besteuerungmaßgebend.

§ 30GesamtschuldnerZu Art. 213 ZK

(1) Soweit nichts anderes bestimmtist, schuldet jeder Gesamtschuldnerdie gesamte Leistung.

(2) Die Erfüllung durch einen Ge-samtschuldner wirkt auch für dieübrigen Schuldner. Das gleiche giltfür die Aufrechnung und für einegeleistete Sicherheit. Andere Tatsa-chen wirken nur für und gegen denGesamtschuldner, in dessen Personsie eintreten. Die Vorschriften der§§ 268 bis 280 über die Beschrän-kung der Vollstreckung in den Fällen

§ 30 Absatz 2 entspricht § 44 Absatz2 AOFür Einfuhr- und Ausfuhrabgabenenthält Artikel 213 Zollkodex einevorrangige Vorschrift. Das Gemein-schaftsrecht regelt jedoch weder denBegriff noch die Folgen der Gesamt-schuldnerschaft, so dass insoweitauch die nationalen Vorschriften, wiesie in der AO enthalten sind, zur An-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

322

der Zusammenveranlagung bleibenunberührt.

wendung kommen510

§ 31Gesamtrechtsnachfolge Diese Regelung entspricht § 45 AO.

(1) Bei Gesamtrechtsnachfolge ge-hen die Forderungen und Schuldenaus dem Steuerschuldverhältnis aufden Rechtsnachfolger über. Dies giltjedoch bei der Erbfolge nicht fürZwangsgelder.

(2) Erben haben für die aus demNachlass zu entrichtenden Schuldennach den Vorschriften des bürgerli-chen Rechts über die Haftung desErben für Nachlassverbindlichkeiteneinzustehen. Vorschriften, durch dieeine steuerrechtliche Haftung derErben begründet wird, bleiben unbe-rührt.

§ 32Abtretung, Verpfändung, Pfän-

dung(1) Ansprüche auf Erstattung von

Steuern, Haftungsbeträgen, steuerli-chen Nebenleistungen und auf Steu-ervergütungen können abgetreten,verpfändet und gepfändet werden

Diese Regelung entspricht § 46 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die Abtretung wird jedoch erstwirksam, wenn sie der Gläubiger inder nach Absatz 3 vorgeschriebenenForm der zuständigen Zollbehördenach Entstehung des Anspruchs an-zeigt.

510 Henke, Reginhard / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 71).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

323

(3) Die Abtretung ist der zuständi-gen Zollbehörde unter Angabe desAbtretenden, des Abtretungsempfän-gers sowie der Art und Höhe des ab-getretenen Anspruchs und des Ab-tretungsgrundes auf einem amtlichvorgeschriebenen Vordruck anzuzei-gen. Die Anzeige ist vom Abtreten-den und vom Abtretungsempfängerzu unterschreiben.

(4) Der geschäftsmäßige Erwerbvon Erstattungs- oder Vergütungsan-sprüchen zum Zwecke der Einzie-hung oder sonstigen Verwertung aufeigene Rechnung ist nicht zulässig.Dies gilt nicht für die Fälle der Si-cherungsabtretung. Zum geschäfts-mäßigen Erwerb und zur geschäfts-mäßigen Einziehung der zur Siche-rung abgetretenen Ansprüche sindnur Unternehmen befugt, denen dasBetreiben von Bankgeschäften er-laubt ist.

(5) Wird der Zollbehörde die Ab-tretung angezeigt, so müssen Abtre-tender und Abtretungsempfänger derZollbehörde gegenüber die ange-zeigte Abtretung gegen sich geltenlassen, auch wenn sie nicht erfolgtoder nicht wirksam oder wegen Ver-stoßes gegen Absatz 4 nichtig ist.

(6) Ein Pfändungs- und Überwei-sungsbeschluss oder eine Pfändungs-und Einziehungsverfügung dürfennicht erlassen werden, bevor der An-spruch entstanden ist. Ein entgegendiesem Verbot erwirkter Pfändungs-und Überweisungsbeschluss odererwirkte Pfändungs- und Einzie-hungsverfügung sind nichtig. Die

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

324

Vorschriften der Absätze 2 bis 5 sindauf die Verpfändung sinngemäß an-zuwenden.

(7) Bei Pfändung eines Erstattungs-oder Vergütungsanspruchs gilt dieZollbehörde, die über den Anspruchentschieden oder zu entscheiden hat,als Drittschuldner im Sinne der§§ 829, 845 der Zivilprozessord-nung.

§ 33Erlöschen

Zu Art. 233 ZKEinfuhr- und Ausfuhrabgaben erlö-schen auch durch Aufrechnung.

Das Gemeinschaftsrecht enthält inseinem Artikel 233 Zollkodex vor-rangige Vorschriften über das Erlö-schen der Zollschuld. Das Gemein-schaftsrecht sieht zwar nicht vor, dasseine Zollschuld durch Aufrechnungerlischt. Die Aufrechnung ist jedochals eine Unterform der Zahlung inArtikel 223 Zollkodex zugelassen. Dadas Gemeinschaftsrecht das Erlö-schen der Forderung durch Aufrech-nung nicht kennt, ist insoweit einenationale Regelung erforderlich. An-derenfalls würde sich eine Zahlungdurch Aufrechnung nicht auf den Be-stand der Forderung auswirken.

§ 34Leistung durch Dritte, Haftung

DritterZu Art. 231 ZK

Dritte können sich vertraglich ver-pflichten, für Leistungen des Steuer-schuldners einzustehen.

Für Einfuhr- und Ausfuhrabgabenenthält Artikel 231 Zollkodex einevorrangige RegelungDa das Gemeinschaftsrecht keineVorschrift über den vertraglichenSchuldbeitritt kennt, ist eine nationaleRegelung erforderlich.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

325

DRITTER ABSCHNITT

Haftung§ 35

Haftung der VertreterDie in den §§ 25 und 26 bezeichne-ten Personen haften, soweit Ansprü-che aus dem Steuerschuldverhältnis(§ 28) infolge vorsätzlicher oder

Diese Regelung entspricht § 69 AOund findet wie auch die nachfolgen-den Haftungsvorschriften auch aufEinfuhr- und Ausfuhrabgaben An-wendung511.

grob fahrlässiger Verletzung der ih-nen auferlegten Pflichten nicht odernicht rechtzeitig festgesetzt oder er-füllt oder soweit infolgedessen Steu-ervergütungen oder Steuererstattun-gen ohne rechtlichen Grund gezahltwerden. Die Haftung umfasst auchdie infolge der Pflichtverletzung zuzahlenden Säumniszuschläge.

§ 36Haftung des Vertretenen

(1) Wenn die in den §§ 25 und 26bezeichneten Personen bei Ausübungihrer Obliegenheiten eine Steuerhin-terziehung oder eine leichtfertigeSteuerverkürzung begehen oder aneiner Steuerhinterziehung teilnehmenund hierdurch Steuerschuldner oderHaftende werden, so haften die Ver-tretenen, soweit sie nicht Steuer-schuldner sind, für die durch die Tatverkürzten Steuern und die zu Un-recht gewährten Steuervorteile.

Diese Regelung entspricht § 70 AO.Für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben istjedoch eine zusätzliche Regelung inAbsatz 3 erforderlichFür Einfuhr- und Ausfuhrabgabenwird klargestellt, dass ein Vertreternur dann als Haftender in Anspruchgenommen werden kann, wenn ernicht ohnehin Schuldner ist.

511 Witte, Peter / Wolffgang, Hans-Michael, a.a.O., (FN 106); Witte/Alexander, Zollko-dex, Art. 232 Rz. 3; Halla-Heißen, Isabell / Zimmermann, Heiko, a.a.O., (FN 138).

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

326

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwendenbei Taten gesetzlicher Vertreter na-türlicher Personen, wenn diese ausder Tat des Vertreters keinen Vermö-gensvorteil erlangt haben. Das glei-che gilt, wenn die Vertretenen denje-nigen, der die Steuerhinterziehungoder die leichtfertige Steuerverkür-zung begangen hat, sorgfältig aus-gewählt und beaufsichtigt haben.

(3) Für Einfuhr- und Ausfuhrabga-ben kommt eine Haftung nach Ab-satz 1 nur dann in Betracht, wenn derVertretene nicht ohnehin Zollschuld-ner ist.

§ 37Haftung des Steuerhinterziehers

und des SteuerhehlersDiese Regelung entspricht § 72 AO.

Wer eine Steuerhinterziehung odereine Steuerhehlerei begeht oder aneiner solchen Tat teilnimmt, haftetfür die verkürzten Steuern und die zuUnrecht gewährten Steuervorteilesowie für die Zinsen.

§ 38Sachhaftung

(1) Einfuhr- und ausfuhrabgaben-pflichtige Waren dienen ohne Rück-sicht auf die Rechte Dritter als Si-cherheit für die darauf ruhendenSteuern, sofern die Waren nicht vonden Zollbehörden veräußert werden(Sachhaftung).

§ 38 Absatz 1 bis 5 entspricht § 76AO.

(2) Die Sachhaftung entsteht bei

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

327

einfuhr- und ausfuhrabgaben- Waren,wenn nichts anderes vorgeschriebenist, mit ihrem Verbringen in denGeltungsbereich dieses Gesetzes.

(3) Solange die Steuer nicht ent-richtet ist, kann die Zollbehörde dieWaren mit Beschlag belegen. AlsBeschlagnahme genügt das Verbot anden, der die Waren im Gewahrsamhat, über sie zu verfügen.

(4) Die Sachhaftung erlischt mitder Steuerschuld. Sie erlischt fernermit der Aufhebung der Beschlag-nahme oder dadurch, dass die Warenmit Zustimmung der Zollbehörde ineinen steuerlich nicht beschränktenVerkehr übergehen.

(5) Von der Geltendmachung derSachhaftung wird abgesehen, wenndie Waren dem Verfügungsberech-tigten abhanden gekommen sind oderdie einfuhr- und ausfuhrabgaben-pflichtigen Waren eine zollrechtlicheBestimmung erhalten.

§ 39Duldungspflicht

Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist,eine Steuer aus Mitteln, die seinerVerwaltung unterliegen, zu entrich-ten, ist insoweit verpflichtet, dieVollstreckung in dieses Vermögen zudulden.

Diese Regelung entspricht § 77 Ab-satz 1 AO.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

328

DRITTER TEIL

ALLGEMEINE VERFAHRENS-VORSCHRIFTEN

Dritter Teil Allgemeine Verfahrensvorschriften

ERSTER ABSCHNITT

Verfahrensgrundsätze1. Unterabschnitt

Beteiligung am Verfahren§ 40

HandlungsfähigkeitFähig zur Vornahme von Verfahrens-handlungen sind:

1. Natürliche Personen, die nachbürgerlichem Recht geschäfts-fähig sind,

Diese Regelung entspricht § 79 AO.Sie findet auch auf Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben ergänzende Anwendung,soweit es um die HandlungsfähigkeitMinderjähriger geht512.

2. Natürliche Personen, die nachbürgerlichem Recht in der Ge-schäftsfähigkeit beschränktsind, soweit sie für den Gegen-stand des Verfahrens durchVorschriften des bürgerlichenRechts als geschäftsfähig oderdurch Vorschriften des öffentli-chen Rechts als handlungsfähiganerkannt sind,

3. Juristische Personen, Vereini-gungen oder Vermögensmassendurch ihre gesetzlichen Vertre-ter oder durch besonders Be-auftragte,

4. Behörden durch ihre Leiter, de-ren Vertreter oder Beauftragte.

512 Dorsch/Lichtenberg, a.a.O., (FN 157).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

329

§ 41Bevollmächtigte und Beistände

Zu Art. 5 ZK(1) Die einem Bevollmächtigten

oder Beistand erteilte Vollmacht er-mächtigt nicht zum Empfang vonSteuererstattungen und Steuerver-gütungen.

Ein Widerruf der Vollmacht wirdder Behörde gegenüber erst wirksam,wenn er ihr zugeht.

§ 41 Absatz 1 bis 8 entspricht § 80AO. § 41 wird weitgehend von Arti-kel 5 Zollkodex überlagert. Da dasGemeinschaftsrecht jedoch keine Be-stimmungen über die Geldempfangs-vollmacht enthält, ist eine ergänzendenationale Regelung erforderlich.

(2) Die Vollmacht wird wederdurch den Tod des Vollmachtgebersnoch durch eine Veränderung in sei-ner Handlungsfähigkeit oder seinergesetzlichen Vertretung aufgehoben;der Bevollmächtigte hat jedoch,wenn er für den Rechtsnachfolger imVerwaltungsverfahren auftritt, dessenVollmacht auf Verlangen schriftlichbeizubringen.

(3) Ist für das Verfahren ein Be-vollmächtigter bestellt, so soll sichdie Behörde an ihn wenden. Sie kannsich an den Beteiligten selbst wen-den, soweit er zur Mitwirkung ver-pflichtet ist. Wendet sich die Zollbe-hörde an den Beteiligten, so soll derBevollmächtigte verständigt werden.

(4) Ein Beteiligter kann zu Ver-handlungen und Besprechungen miteinem Beistand erscheinen. Das vondem Beistand Vorgetragene gilt alsvon dem Beteiligten vorgebracht,soweit dieser nicht unverzüglich wi-derspricht.

(5) Bevollmächtigte und Beiständesind zurückzuweisen, wenn sie ge-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

330

schäftsmäßig Hilfe in Steuersachenleisten, ohne dazu befugt zu sein;dies gilt nicht für Notare und Patent-anwälte.

(6) Bevollmächtigte und Beiständekönnen vom Vortrag zurückgewiesenwerden, wenn sie hierzu ungeeignetsind; vom mündlichen Vortrag kön-nen sie zurückgewiesen werden,wenn sie zum sachgemäßen Vortragnicht fähig sind. Dies gilt nicht fürdie in § 3 Nr. 1 und in § 4 Nrn. 1 und2 des Steuerberatungsgesetzes be-zeichneten natürlichen Personen.

(7) Bevollmächtige und Beistände,deren Befugnis zur geschäftsmäßigenHilfeleistung in Steuersachen sichaus § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsge-setzes ergibt, können zurückgewie-sen werden, wenn sie zur geschäfts-mäßigen Hilfeleistung in Steuersa-chen fachlich nicht geeignet sind.Die Zollbehörde kann von den inSatz 1 genannten Bevollmächtigtenund Beiständen den Nachweis derfachlichen Eignung verlangen. Einefachlichen Eignung wird vermutet,wenn die Bevollmächtigten oderBeistände

1. natürliche Personen sind, die imAusland einen den in § 3 Nr. 1des Steuerberatungsgesetzesgenannten Berufen in der Aus-bildung und den Befugnissenvergleichbaren Beruf ausübenund die Voraussetzungen für dieBerufsausübung den Anforde-rungen des Steuerberatungsge-setzes im Wesentlichen ent-sprechen;

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

331

2. Vereinigungen sind, deren Vor-standsmitglieder, Geschäftsfüh-rer, persönlich haftende Gesell-schafter, Mitglieder oder son-stige Anteilseigner mehrheitlichPersonen sind, die im Auslandeinen den in § 3 Nr. 1 des Steu-erberatungsgesetzes genanntenBerufen in der Ausbildung undden Befugnissen vergleichbarenBeruf ausüben und bei denendie Voraussetzungen für die Be-rufsausübung den Anforderun-gen des Steuerberatungsgeset-zes im Wesentlichen entspre-chen.

(8) Die Zurückweisung nach denAbsätzen 5 bis 7 ist auch dem Betei-ligten, dessen Bevollmächtigter oderBeistand zurückgewiesen wird, mit-zuteilen. Verfahrenshandlungen deszurückgewiesenen Bevollmächtigtenoder Beistands, die dieser nach derZurückweisung vornimmt, sind un-wirksam.

§ 42Bestellung eines Vertreters von

Amts wegen(1) Ist ein Vertreter nicht vorhan-

den, so hat das Vormundschaftsge-richt auf Ersuchen der Zollbehördeeinen geeigneten Vertreter zu bestel-len

Diese Regelung entspricht § 81 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist

1. für einen Beteiligten, dessenPerson unbekannt ist,

2. für einen abwesenden Betei-ligten, dessen Aufenthalt unbe-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

332

kannt ist oder der an der Besor-gung seiner Angelegenheitenverhindert ist,

3. für einen Beteiligten ohne Auf-enthalt im Geltungsbereich die-ses Gesetzes, wenn er der Auf-forderung der Zollbehörde, ei-nen Vertreter zu bestellen, in-nerhalb der ihm gesetzten Fristnicht nachgekommen ist,

4. für einen Beteiligten, der infol-ge einer psychischen Krankheitoder körperlichen, geistigenoder seelischen Behinderungnicht in der Lage ist, in demVerwaltungsverfahren selbsttätig zu werden,

5. bei herrenlosen Sachen, auf diesich das Verfahren bezieht, zurWahrung der sich in bezug aufdie Sache ergebenden Rechteund Pflichten.

(2) Für die Bestellung des Vertre-ters ist in den Fällen des Absatzes 1Nr. 4 das Vormundschaftsgericht zu-ständig, in dessen Bezirk der Betei-ligte seinen gewöhnlichen Aufenthalt(§ 65 Abs. 1 des Gesetzes über dieAngelegenheiten der freiwilligenGerichtsbarkeit) hat; im übrigen istdas Vormundschaftsgericht zustän-dig, in dessen Bezirk die ersuchendeZollbehörde ihren Sitz hat.

(3) Der Vertreter hat gegen denRechtsträger der Zollbehörde, die umseine Bestellung ersucht hat, An-spruch auf eine angemessene Ver-gütung und auf die Erstattung seinerbaren Auslagen. Die Zollbehörde

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

333

kann von dem Vertretenen Ersatzihrer Aufwendungen verlangen. Siebestimmt die Vergütung und stelltdie Auslagen und Aufwendungenfest.

(4) Im Übrigen gelten für die Be-stellung und für das Amt des Vertre-ters in den Fällen des Absatzes 1 Nr.4 die Vorschriften über die Betreu-ung, in den übrigen Fällen die Vor-schriften über die Pflegschaft ent-sprechend.

2. UnterabschnittAusschließung und Ablehnung vonAmtsträgern und anderen Perso-

nen

.

§ 43Ausgeschlossene Personen

(1) In einem Verwaltungsverfahrendarf für eine Zollbehörde nicht tätigwerden,

1. wer selbst Beteiligter ist,

Diese Regelung entspricht § 82 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist

2. wer Angehöriger (§ 15) einesBeteiligten ist,

3. wer einen Beteiligten kraft Ge-setzes oder Vollmacht allge-mein oder in diesem Verfahrenvertritt,

4. wer Angehöriger (§ 15) einerPerson ist, die für einen Betei-ligten in diesem Verfahren Hil-fe in Steuersachen leistet,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

334

5. wer bei einem Beteiligten ge-gen Entgelt beschäftigt ist oderbei ihm als Mitglied des Vor-stands, des Aufsichtsrats odereines gleichartigen Organs tätigist; dies gilt nicht für den, des-sen AnstellungskörperschaftBeteiligte ist,

6. wer außerhalb seiner amtlichenEigenschaft in der Angelegen-heit ein Gutachten abgegebenhat oder sonst tätig gewordenist.

Dem Beteiligten steht gleich, werdurch die Tätigkeit oder durch dieEntscheidung einen unmittelbarenVorteil oder Nachteil erlangen kann.Dies gilt nicht, wenn der Vor- oderNachteil nur darauf beruht, dass je-mand einer Berufs- oder Bevölke-rungsgruppe angehört, deren ge-meinsame Interessen durch die An-gelegenheit berührt werden.

(2) Wer nach Absatz 1 ausge-schlossen ist, darf bei Gefahr imVerzug unaufschiebbare Maßnahmentreffen.

§ 44Besorgnis der Befangenheit Diese Regelung entspricht § 83 AO.

Liegt ein Grund vor, der geeignet ist,Misstrauen gegen die Unparteilich-keit des Amtsträgers zu rechtfertigenoder wird von einem Beteiligten dasVorliegen eines solchen Grundesbehauptet, so hat der Amtsträger denLeiter der Behörde oder den von ihmBeauftragten zu unterrichten und

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

335

sich auf dessen Anordnung der Mit-wirkung zu enthalten. Betrifft dieBesorgnis der Befangenheit denLeiter der Behörde, so trifft dieseAnordnung die Aufsichtsbehörde,sofern sich der Behördenleiter nichtselbst einer Mitwirkung enthält.

3. UnterabschnittBesteuerungsgrundsätze, Beweis-

mittelI. Allgemeines

§ 45Besteuerungsgrundsätze

Die Zollbehörden haben die Steuernnach Maßgabe der Gesetze gleich-mäßig festzusetzen und zu erheben.Insbesondere haben sie sicherzustel-len, dass Steuern nicht verkürzt, zuUnrecht erhoben oder Steuererstat-tungen und Steuervergütungen nichtzu Unrecht gewährt oder versagtwerden.

Diese Regelung entspricht § 85 AO,wobei der Begriff Finanzbehördendurch den Begriff Zollbehörden er-setzt worden ist

§ 46Beginn des Verfahrens

Die Zollbehörde entscheidet nachpflichtgemäßem Ermessen, ob undwann sie ein Verwaltungsverfahrendurchführt. Dies gilt nicht, wenn dieZollbehörde auf Grund von Rechts-vorschriften

1. von Amts wegen oder auf An-trag tätig werden muss,

2. nur auf Antrag tätig werdendarf und ein Antrag nicht vor-

Diese Regelung entspricht § 86 AO,wobei der Begriff Finanzbehördedurch den Begriff Zollbehörde ersetztworden ist

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

336

liegt.

§ 47Amtssprache

Zu Art. 211 ZKDVO(1) Die Amtssprache ist deutsch.

Zollanmeldungen sind daher grund-sätzlich in deutscher Sprache abzu-geben.

§ 47 Absatz 1 Satz 1 entspricht § 87Absatz 1 AO. Das Gemeinschafts-recht enthält eine eigenständige Re-gelung zur Sprachenfrage. Nach Arti-kel 211 ZKDVO ist die Zollanmel-dung in einer der Amtssprachen derGemeinschaft auszufüllen, die vonden Zollbehörden des Mitgliedstaa-tes, in dem Förmlichkeiten erfülltwerden, zugelassen ist. Für Deutsch-land legt § 47 fest, dass es sich hier-bei um die deutsche Sprache handelt.

(2) Soll durch eine Anzeige, einenAntrag oder die Abgabe einer Wil-lenserklärung eine Frist in Lauf ge-setzt werden, innerhalb deren dieZollbehörde in einer bestimmtenWeise tätig werden muss, und gehendiese in einer fremden Sprache ein,so beginnt der Lauf der Frist erst mitdem Zeitpunkt, in dem der Zollbe-hörde eine Übersetzung vorliegt.

§ 47 Absatz 2 entspricht § 87 Absatz3 AO, wobei der Begriff Finanzbe-hörde durch den Begriff Zollbehördeersetzt worden ist.

(3) Soll durch eine Anzeige, einenAntrag oder eine Willenserklärung,die in fremder Sprache eingehen,zugunsten eines Beteiligten eineFrist gegenüber der Zollbehörde ge-wahrt, ein öffentlich-rechtlicher An-spruch geltend gemacht oder eineLeistung begehrt werden, so geltendie Anzeige, der Antrag oder dieWillenserklärung als zum Zeitpunktdes Eingangs bei der Zollbehörde

§ 47 Absatz 3 entspricht § 87 Absatz4 AO, wobei der Begriff Finanzbe-hörde durch den Begriff Zollbehördeersetzt worden ist.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

337

abgegeben, wenn auf Verlangen derZollbehörde innerhalb einer von die-ser zu setzenden angemessenen Fristeine Übersetzung vorgelegt wird.Andernfalls ist der Zeitpunkt desEingangs der Übersetzung maßge-bend, soweit sich nicht aus zwi-schenstaatlichen Vereinbarungenetwas anderes ergibt. Auf dieseRechtsfolge ist bei der Fristsetzunghinzuweisen.

§ 47 aElektronische Kommunikation Die Vorschrift entspricht § 87a AO.

(1) Die Übermittlung elektroni-scher Dokumente ist zulässig, soweitder Empfänger hierfür einen Zugangeröffnet. Ein elektronisches Doku-ment ist zugegangen, sobald die fürden Empfang bestimmte Einrichtunges in für den Empfänger bearbeitba-rer Weise aufgezeichnet hat. Über-mittelt die Zollbehörde Daten, diedem Steuergeheimnis unterliegen,sind diese Daten mit einem geeigne-ten Verfahren zu verschlüsseln.

(2) Ist ein der Zollbehörde über-mitteltes elektronisches Dokumentfür sie zur Bearbeitung nicht geeig-net, hat sie dies dem Absender unterAngabe der für sie geltenden techni-schen Rahmenbedingungen unver-züglich mitzuteilen. Macht ein Emp-fänger geltend, er könne das von ei-ner Zollbehörde übermittelte elek-tronische Dokument nicht bearbei-ten, hat sie es ihm erneut in einemgeeigneten elektronischen Format

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

338

oder als Schriftstück zu übermitteln.(3) Eine durch das Gesetz für An-

träge, Erklärungen oder Mitteilungenan die Zollbehörden angeordneteSchriftform kann, soweit nicht durchGesetz etwas anderes bestimmt ist,durch die elektronische Form ersetztwerden. In diesem Fall ist das elek-tronische Dokument mit einer quali-fizierten elektronischen Signaturnach dem Signaturgesetz zu verse-hen. Die Signierung mit einemPseudonym ist nicht zulässig.

(4) Eine durch Gesetz für Verwal-tungsakte oder sonstige Maßnahmender Zollbehörde angeordnete Schrift-form kann, soweit nicht durch Gesetzetwas anderes bestimmt ist, durch dieelektronische Form ersetzt werden.In diesem Fall ist das elektronischeDokument mit einer qualifiziertenelektronischen Signatur nach demSignaturgesetz zu versehen. Für vonder Zollbehörde aufzunehmendeNiederschriften gilt Satz 1 nur, wenndies durch Gesetz ausdrücklich zu-gelassen ist.

(5) Ist ein elektronisches Doku-ment Gegenstand eines Beweises,wird der Beweis durch Vorlegungoder Übermittlung der Datei ange-treten; befindet diese sich nicht imBesitz des Zollpflichtigen oder derZollbehörde, gilt § 58 entsprechend.Der Anschein der Echtheit eines miteiner qualifizierten elektronischenSignatur nach dem Signaturgesetzübermittelten Dokuments, der sichaufgrund der Prüfung nach dem Si-gnaturgesetz ergibt, kann nur durch

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

339

Tatsachen erschüttert werden, dieernstliche Zweifel daran begründen,dass das Dokument mit dem Willendes Signaturschlüssel-Inhabersübermittelt worden ist.

(6) Bis zum 31. Dezember 2005kann abweichende von Absatz 3 Satz2 die qualifizierte elektronische Si-gnatur mit Einschränkungen nachMaßgabe einer noch zu erlassendenRechtsverordnung eingesetzt wer-den. In der Rechtsverordnung kannauch bestimmt werden, dass bis zum31. Dezember 2005 bei elektronischübermittelten Verwaltungsakten ab-weichend von Absatz 4 Satz 2 diequalifizierte elektronische Signaturmit in der Rechtsverordnung zu re-gelnden Einschränkungen eingesetztwerden darf.

§ 48Untersuchungsgrundsatz

Zu Art. 13, 86 ZK(1) Die Zollbehörde ermittelt den

Sachverhalt von Amts wegen. Siebestimmt Art und Umfang der Er-mittlungen; an das Vorbringen undan die Beweisanträge der Beteiligtenist sie nicht gebunden. Der Umfangdieser Pflichten richtet sich nach denUmständen des Einzelfalls.

§ 48Absatz 1 Satz 1 und 2 entspricht§ 88 Absatz 1 AO, wobei der BegriffFinanzbehörde durch den BegriffZollbehörde ersetzt worden ist.

(2) Die Zollbehörde hat alle fürden Einzelfall bedeutsamen, auch diefür die Beteiligten günstigen Um-stände zu berücksichtigen.

§ 48 Absatz 2 entspricht § 88 Absatz2 AO, wobei der Begriff Finanzbe-hörde durch den Begriff Zollbehördeersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

340

§ 49Sammlung von geschützten Daten

Soweit es zur Sicherstellung einergleichmäßigen Festsetzung und Er-hebung der Steuern erforderlich ist,dürfen die Zollbehörden nach § 23geschützte Daten auch für Zweckekünftiger Verfahren im Sinne des§ 23 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b,insbesondere zur Gewinnung vonVergleichswerten, in Dateien oderAkten sammeln und verwenden. Ei-ne Verwendung ist nur für Verfahrenim Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 1Buchstabe a und b zulässig.

§ 49 entspricht § 88a AO, wobei derBegriff Finanzbehörden durch denBegriff Zollbehörden ersetzt wordenist.

§ 50Beratung, Auskunft

Die Zollbehörde soll die Abgabe vonErklärungen, die Stellung von An-trägen oder die Berichtigung vonErklärungen oder Anträgen anregen,wenn diese offensichtlich nur verse-hentlich oder aus Unkenntnis unter-blieben oder unrichtig abgegebenoder gestellt worden sind. Sie erteilt,soweit erforderlich, Auskunft überdie den Beteiligten im Verwaltungs-verfahren zustehenden Rechte unddie ihnen obliegenden Pflichten.

§ 50 Satz 1 und 2 entspricht § 89 AO,wobei der Begriff Finanzbehördedurch den Begriff Zollbehörde ersetztworden ist. Unter Auskunft in Satz 2ist sowohl die Auskunft über dasmaterielle Zollrecht gemeint, wieauch verfahrensrechtliche Auskünfte.Die Auskünfte nach § 89 AO umfas-sen nur verfahrensrechtliche Aus-künfte513.

513 Klein/Brockmeyer, a.a.O., (FN 164) .

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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§ 51Mitwirkungspflichten der Beteilig-

tenZu Art. 14 ZK

(1) Die Beteiligten kommen derMitwirkungspflicht insbesonderedadurch nach, dass sie die für dieBesteuerung erheblichen sowie diefür die beantragte Entscheidung not-wendigen Tatsachen, Angaben undUnterlagen vollständig und wahr-heitsgemäß offen legen und die ih-nen bekannten Beweismittel ange-ben. Der Umfang dieser Pflichtenrichtet sich nach den Umständen desEinzelfalls.

§ 51 Absatz 1 Satz 1 entspricht § 90Absatz 1 AO.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermittelnund steuerrechtlich zu beurteilen, dersich auf Vorgänge außerhalb desGeltungsbereichs dieses Gesetzesbezieht, so haben die Beteiligten die-sen Sachverhalt aufzuklären und dieerforderlichen Beweismittel zu be-schaffen. Sie haben dabei alle für siebestehenden rechtlichen und tatsäch-lichen Möglichkeiten auszuschöpfen.Ein Beteiligter kann sich nicht daraufberufen, dass er Sachverhalte nichtaufklären oder Beweismittel nichtbeschaffen kann, wenn er sich nachLage des Falles bei der Gestaltungseiner Verhältnisse die Möglichkeitdazu hätte beschaffen oder einräu-men lassen können.

§ 51 Absatz 2 entspricht § 90 Absatz2 AO, wobei der Begriff Finanzbe-hörde durch den Begriff Zollbehördeersetzt worden ist. Durch die natio-nale Regelung werden die gemein-schaftsrechtlichen Bestimmungeninhaltlich ausgefüllt, indem der Be-griff der „erforderlichen Unterstüt-zung“ präzisiert wird.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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§ 52Anhörung Beteiligter Diese Regelung entspricht § 91 AO.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt er-lassen wird, der in Rechte eines Be-teiligten eingreift, soll diesem Gele-genheit gegeben werden, sich zu denfür die Entscheidung erheblichenTatsachen zu äußern. Dies gilt insbe-sondere, wenn von dem in der Steu-ererklärung erklärten Sachverhaltzuungunsten des Steuerpflichtigenwesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abge-sehen werden, wenn sie nach denUmständen des Einzelfalls nicht ge-boten ist, insbesondere wenn

1. eine sofortige Entscheidungwegen Gefahr im Verzug oderim öffentlichen Interesse not-wendig erscheint,

2. durch die Anhörung die Ein-haltung einer für die Entschei-dung maßgeblichen Frist inFrage gestellt würde,

3. von den tatsächlichen Angabeneines Beteiligten, die dieser ineinem Antrag oder einer Erklä-rung gemacht hat, nicht zu sei-nen Ungunsten abgewichenwerden soll,

4. die Zollbehörde eine Allge-meinverfügung oder gleicharti-ge Verwaltungsakte in größererZahl oder Verwaltungsakte mitHilfe automatischer Einrich-tungen erlassen will,

5. Maßnahmen in der Vollstrek-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

343

kung getroffen werden sollen.(3) Eine Anhörung unterbleibt,

wenn ihr ein zwingendes öffentlichesInteresse entgegensteht.

§ 53Beweismittel Diese Regelung entspricht § 92 AO.

Die Zollbehörde bedient sich derBeweismittel, die sie nach pflicht-gemäßem Ermessen zur Ermittlungdes Sachverhalts für erforderlichhält. Sie kann insbesondere

1. Auskünfte jeder Art von denBeteiligten und anderen Perso-nen einholen,

2. Sachverständige zuziehen,3. Urkunden und Akten beiziehen,4. den Augenschein einnehmen.

II. Beweis durch Auskünfte undSachverständigengutachten

§ 54Auskunftspflicht der Beteiligten

und anderer PersonenZu Art. 6, 14 ZK

(1) In dem Auskunftsersuchen istanzugeben, worüber Auskünfte er-teilt werden sollen und ob die Aus-kunft für die Besteuerung des Aus-kunftspflichtigen oder für die Be-steuerung anderer Personen angefor-dert wird. Auskunftsersuchen habenauf Verlangen des Auskunftspflichti-gen schriftlich zu ergehen.

§ 54 Absatz 1 entspricht § 93 Absatz2 AO.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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(2) Die Auskünfte sind wahrheits-gemäß nach bestem Wissen und Ge-wissen zu erteilen. Auskunftspflich-tige, die nicht aus dem GedächtnisAuskunft geben können, haben Bü-cher, Aufzeichnungen, Geschäftspa-piere und andere Urkunden, die ih-nen zur Verfügung stehen, einzuse-hen und, soweit nötig, Aufzeichnun-gen daraus zu entnehmen.

§ 54Absatz 2 entspricht § 93 Absatz 3AO.

(3) Der Auskunftspflichtige kanndie Auskünfte schriftlich, elektro-nisch, mündlich oder fernmündlicherteilen. Die Zollbehörde kann ver-langen, dass der Auskunftspflichtigeschriftlich Auskunft erteilt, wenndies sachdienlich ist.

§ 54Absatz 3 entspricht § 93 Absatz 4AO, wobei der Begriff der Finanzbe-hörde durch den Begriff der Zollbe-hörde ersetzt worden ist.

(4) Die Zollbehörde kann anord-nen, dass der Auskunftspflichtigeeine mündliche Auskunft an Amts-stelle erteilt. Hierzu ist sie insbeson-dere dann befugt, wenn trotz Auffor-derung eine schriftliche Auskunftnicht erteilt worden ist oder eineschriftliche Auskunft nicht zu einerKlärung des Sachverhalts geführthat. Absatz 3 Satz 1 gilt entspre-chend.

§ 54 Absatz 4 entspricht § 93 Absatz5 AO, wobei der Begriff der Finanz-behörde durch den Begriff der Zoll-behörde ersetzt worden ist.

(5) Auf Antrag des Auskunfts-pflichtigen ist über die mündlicheAuskunft an Amtsstelle eine Nieder-schrift aufzunehmen. Die Nieder-schrift soll den Namen der anwesen-den Personen, den Ort, den Tag undden wesentlichen Inhalt der Auskunftenthalten. Sie soll von dem Amtsträ-ger, dem die mündliche Auskunfterteilt wird, und dem Auskunfts-pflichtigen unterschrieben werden.Den Beteiligten ist eine Abschrift der

§ 54 Absatz 5 entspricht § 93 Absatz6 AO.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

345

Niederschrift zu überlassen.

§ 55Eidliche Vernehmung

Zu Art. 14 ZK(1) Hält die Zollbehörde mit Rück-

sicht auf die Bedeutung der Auskunftoder zur Herbeiführung einer wahr-heitsgemäßen Auskunft die Beeidi-gung einer anderen Person als einesBeteiligten für geboten, so kann siedas für den Wohnsitz oder den Auf-enthaltsort der zu beeidigenden Per-son zuständige Finanzgericht um dieeidliche Vernehmung ersuchen. Be-findet sich der Wohnsitz oder derAufenthaltsort der zu beeidigendenPerson nicht am Sitz eines Finanzge-richts oder eines besonders errichte-ten Senats, so kann auch das zustän-dige Amtsgericht um die eidlicheVernehmung ersucht werden.

Diese Regelung entspricht § 94 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist. Die eidliche Ver-nehmung ist als eines der zulässigenMittel der in Artikel 14 Zollkodexgenannten „erforderlichen Unterstüt-zung“ anzusehen.

(2) In dem Ersuchen hat die Zoll-behörde den Gegenstand der Ver-nehmung sowie die Namen und An-schriften der Beteiligten anzugeben.Das Gericht hat die Beteiligten unddie ersuchende Zollbehörde von denTerminen zu benachrichtigen. DieBeteiligten und die ersuchende Zoll-behörde sind berechtigt, während derVernehmung Fragen zu stellen.

(3) Das Gericht entscheidet überdie Rechtmäßigkeit der Verweige-rung des Zeugnisses oder der Eides-leistung.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

346

§ 56Versicherung an Eides Statt

Zu Art. 14 ZK(1) Die Zollbehörde kann den Be-

teiligten auffordern, dass er dieRichtigkeit von Tatsachen, die erbehauptet, an Eides Statt versichert.Eine Versicherung an Eides Statt sollnur gefordert werden, wenn andereMittel zur Erforschung der Wahrheitnicht vorhanden sind, zu keinem Er-gebnis geführt haben oder einen un-verhältnismäßigen Aufwand erfor-dern. Von eidesunfähigen Personenim Sinne des § 393 der Zivilprozess-ordnung darf eine eidesstattlicheVersicherung nicht verlangt werden.

Diese Regelung entspricht § 95 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist. Die Vernehmungan Eides Statt ist als eines der zuläs-sigen Mittel der in Artikel 14 Zollko-dex genannten „erforderlichen Unter-stützung“ anzusehen.

(2) Die Versicherung an Eides Stattwird von der Zollbehörde zur Nie-derschrift aufgenommen. Zur Auf-nahme sind der Behördenleiter, seinständiger Vertreter sowie Angehörigedes öffentlichen Dienstes befugt,welche die Befähigung zum Richter-amt haben oder die Voraussetzungendes § 110 Satz 1 des DeutschenRichtergesetzes erfüllen. AndereAngehörige des öffentlichen Dien-stes kann der Behördenleiter odersein ständiger Vertreter hierzu allge-mein oder im Einzelfall schriftlichermächtigen.

(3) Die Angaben, deren Richtigkeitversichert werden soll, sind schrift-lich festzustellen und dem Beteilig-ten mindestens eine Woche vor Auf-nahme der Versicherung mitzuteilen.Die Versicherung besteht darin, dassder Beteiligte unter Wiederholung

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

347

der behaupteten Tatsachen erklärt:"Ich versichere an Eides Statt, dassich nach bestem Wissen die reineWahrheit gesagt und nichts ver-schwiegen habe". Bevollmächtigteund Beistände des Beteiligten sindberechtigt, an der Aufnahme der Ver-sicherung an Eides Statt teilzuneh-men.

(4) Vor der Aufnahme der Versi-cherung an Eides Statt ist der Betei-ligte über die Bedeutung der eides-stattlichen Versicherung und diestrafrechtlichen Folgen einer unrich-tigen oder unvollständigen eides-stattlichen Versicherung zu belehren.Die Belehrung ist in der Nieder-schrift zu vermerken.

(5) Die Niederschrift hat ferner dieNamen der anwesenden Personensowie den Ort und den Tag der Nie-derschrift zu enthalten. Die Nieder-schrift ist dem Beteiligten, der dieeidesstattliche Versicherung abgibt,zur Genehmigung vorzulesen oderauf Verlangen zur Durchsicht vorzu-legen. Die erteilte Genehmigung istzu vermerken und von dem Betei-ligten zu unterschreiben. Die Nieder-schrift ist sodann von dem Amtsträ-ger, der die Versicherung an EidesStatt aufgenommen hat, sowie vondem Schriftführer zu unterschreiben.

(6) Die Versicherung an Eides Stattkann nicht erzwungen werden.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

348

§ 57Hinzuziehung von Sachverstän-

digen(1) Die Zollbehörde bestimmt, ob

ein Sachverständiger zuzuziehen ist.Soweit nicht Gefahr im Verzug vor-liegt, hat sie die Person, die sie zumSachverständigen ernennen will, denBeteiligten vorher bekannt zu geben.

Diese Regelung entspricht § 96 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die Beteiligten können einenSachverständigen wegen Besorgnisder Befangenheit ablehnen, wenn einGrund vorliegt, der geeignet ist,Zweifel an seiner Unparteilichkeit zurechtfertigen oder wenn von seinerTätigkeit die Verletzung eines Ge-schäfts- oder Betriebsgeheimnissesoder Schaden für die geschäftlicheTätigkeit eines Beteiligten zu be-fürchten ist. Die Ablehnung ist derZollbehörde gegenüber unverzüglichnach Bekanntgabe der Person desSachverständigen, jedoch spätestensinnerhalb von zwei Wochen unterGlaubhaftmachung der Ablehnungs-gründe geltend zu machen. Nachdiesem Zeitpunkt ist die Ablehnungnur zulässig, wenn glaubhaft ge-macht wird, dass der Ablehnungs-grund vorher nicht geltend gemachtwerden konnte. Über die Ablehnungentscheidet die Zollbehörde, die denSachverständigen ernannt hat oderernennen will. Das Ablehnungsge-such hat keine aufschiebende Wir-kung.

(3) Der zum Sachverständigen Er-nannte hat der Ernennung Folge zuleisten, wenn er zur Erstattung von

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

349

Gutachten der erforderlichen Artöffentlich bestellt ist oder wenn erdie Wissenschaft, die Kunst oder dasGewerbe, deren Kenntnis Vorausset-zung der Begutachtung ist, öffentlichzum Erwerb ausübt oder wenn er zurAusübung derselben öffentlich be-stellt oder ermächtigt ist. Zur Erstat-tung des Gutachtens ist auch derjeni-ge verpflichtet, der sich hierzu derZollbehörde gegenüber bereit erklärthat.

(4) Der Sachverständige kann dieErstattung des Gutachtens unter An-gabe der Gründe wegen Besorgnisder Befangenheit ablehnen.

(5) Angehörige des öffentlichenDienstes sind als Sachverständigenur dann zuzuziehen, wenn sie dienach dem Dienstrecht erforderlicheGenehmigung erhalten.

(6) Die Sachverständigen sind aufdie Vorschriften über die Wahrungdes Steuergeheimnisses hinzuweisen.

(7) Das Gutachten ist regelmäßigschriftlich zu erstatten. Die mündli-che Erstattung des Gutachtens kannzugelassen werden. Die Beeidigungdes Gutachtens darf nur gefordertwerden, wenn die Zollbehörde diesmit Rücksicht auf die Bedeutung desGutachtens für geboten hält. Ist derSachverständige für die Erstattungvon Gutachten der betreffenden Artim allgemeinen beeidigt, so genügtdie Berufung auf den geleisteten Eid;sie kann auch in einem schriftlichenGutachten erklärt werden. Anderen-falls gilt für die Beeidigung § 66

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

350

sinngemäß.

III. Beweis durch Urkunden undAugenschein

§ 58Vorlage von Unterlagen

Zu Art. 6, 14 ZKDie Zollbehörde kann die Vorlagevon Unterlagen an Amtsstelle ver-langen oder sie bei dem Vorlage-pflichtigen einsehen, wenn diesereinverstanden ist oder die Urkundenfür eine Vorlage an Amtsstelle unge-eignet sind.

§ 58 entspricht § 97 Absatz 3 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist. Da das Gemein-schaftsrecht nicht den Vorlageort re-gelt, ist eine nationale Regelung er-forderlich.

§ 59Betreten von Grundstücken und

Räumen(1) Die von der Zollbehörde mit

der Einnahme des Augenscheins be-

Diese Regelung entspricht § 99 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

trauten Amtsträger und die nach den§§ 68 und 70 zugezogenen Sachver-ständigen sind berechtigt, Grund-stücke, Räume, Schiffe, umschlosse-ne Betriebsvorrichtungen und ähnli-che Einrichtungen während der übli-chen Geschäfts- und Arbeitszeit zubetreten, soweit dies erforderlich ist,um im Besteuerungsinteresse Fest-stellungen zu treffen. Die betroffenenPersonen sollen angemessene Zeitvorher benachrichtigt werden. Wohn-räume dürfen gegen den Willen desInhabers nur zur Verhütung dringen-der Gefahren für die öffentliche Si-cherheit und Ordnung betreten wer-den.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

351

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dür-fen nicht zu dem Zweck angeordnetwerden, nach unbekannten Gegen-ständen zu forschen.

§ 60Vorlage von Wertsachen

(1) Der Beteiligte und andere Per-sonen haben der Zollbehörde aufVerlangen Wertsachen (Geld, Wert-papiere, Kostbarkeiten) vorzulegen,soweit dies erforderlich ist, um imBesteuerungsinteresse Feststellungenüber ihre Beschaffenheit und ihrenWert zu treffen. § 70 Abs. 6 ist an-zuwenden.

§ 60 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 100 Abgabenordnung, wobei derBegriff der Finanzbehörde durch denBegriff der Zollbehörde ersetzt wor-den ist.

(2) Die Vorlage von Wertsachendarf nicht angeordnet werden, umnach unbekannten Gegenständen zuforschen.

(3) Absätze 1 und 2 finden nurAnwendung in den Fällen, in denenvom Zollschuldner eine Zollanmel-dung nicht abgegeben wurde(Schmuggel).

Absatz 3 schränkt den Anwendungs-bereich auf Schmuggelfälle ein, weilbei Abgabe einer Zollanmeldung dieVorlage von Wertsachen nach Artikel68, 78 Absatz 2 Satz 3, Artikel 181aZKDVO verlangt werden kann.

IV. Auskunfts- und Vorlageverwei-gerungsrechte

§ 61Auskunfts- und Eidesverweige-rungsrecht der Angehörigen

Diese Regelung entspricht § 101 AO.

(1) Die Angehörigen eines Betei-ligten können die Auskunft verwei-gern, soweit sie nicht selbst als Be-teiligte über ihre eigenen steuerli-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

352

chen Verhältnisse auskunftspflichtigsind oder die Auskunftspflicht füreinen Beteiligten zu erfüllen haben.Die Angehörigen sind über das Aus-kunftsverweigerungsrecht zu beleh-ren. Die Belehrung ist aktenkundigzu machen.

(2) Die in Absatz 1 genannten Per-sonen haben ferner das Recht, dieBeeidigung ihrer Auskunft zu ver-weigern. Absatz 1 Sätze 2 und 3gelten entsprechend.

§ 62Auskunftsverweigerungsrecht zumSchutz bestimmter Berufsgeheim-

nisse

Diese Regelung entspricht § 102 AO.

(1) Die Auskunft können fernerverweigern:

1. Geistliche über das, was ihnenin ihrer Eigenschaft als Seel-sorger anvertraut worden oderbekannt geworden ist,

2. Mitglieder des Bundestages,eines Landtages oder einerzweiten Kammer über Perso-nen, die ihnen in ihrer Eigen-schaft als Mitglieder dieser Or-gane oder denen sie in dieserEigenschaft Tatsachen anver-traut haben, sowie über dieseTatsachen selbst,

3.a) Verteidiger,b) Rechtsanwälte, Patentan-

wälte, Notare, Steuerberater,Wirtschaftsprüfer, Steuerbe-vollmächtigte, vereidigte

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

353

Buchprüfer,c) Ärzte, Zahnärzte, Psycholo-

gische Psychotherapeuten,Kinder- und Jugendlichen-psychotherapeuten, Apothe-ker und Hebammen,

Über das, was ihnen in dieser Ei-genschaft anvertraut worden oderbekannt geworden ist,4. Personen, die bei der Vorbe-

reitung, Herstellung oder Ver-breitung von periodischenDruckwerken oder Rundfunk-sendungen berufsmäßig mit-wirken oder mitgewirkt haben,über die Person des Verfassers,Einsenders oder Gewährs-manns von Beiträgen und Un-terlagen sowie über die ihnenim Hinblick auf ihre Tätigkeitgemachten Mitteilungen, so-weit es sich um Beiträge, Un-terlagen und Mitteilungen fürden redaktionellen Teil handelt;

(2) Den im Absatz 1 Nrn. 1 bis 3genannten Personen stehen ihre Ge-hilfen und die Personen gleich, diezur Vorbereitung auf den Beruf ander berufsmäßigen Tätigkeit teil-nehmen. Über die Ausübung desRechts dieser Hilfspersonen, dieAuskunft zu verweigern, entscheidendie im Absatz 1 Nrn. 1 bis 3 ge-nannten Personen, es sei denn, dassdiese Entscheidung in absehbarerZeit nicht herbeigeführt werdenkann.

Die in Absatz 1 Nr. 3 genanntenPersonen dürfen die Auskunft nicht

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

354

verweigern, wenn sie von der Ver-pflichtung zur Verschwiegenheit ent-bunden sind. Die Entbindung vonder Verpflichtung zur Verschwiegen-heit gilt auch für die Hilfspersonen.

(3) Die gesetzlichen Anzeige-pflichten der Notare bleiben unbe-rührt. Soweit die Anzeigepflichtenbestehen, sind die Notare auch zurVorlage von Urkunden und zur Er-teilung weiterer Auskünfte ver-pflichtet.

§ 63Auskunftsverweigerungsrecht beiGefahr der Verfolgung wegen ei-

ner Straftat oder einer Ordnungs-widrigkeit

Diese Regelung entspricht § 103 AO.

Personen, die nicht Beteiligte undnicht für einen Beteiligten aus-kunftspflichtig sind, können dieAuskunft auf solche Fragen verwei-gern, deren Beantwortung sie selbstoder einen ihrer Angehörigen derGefahr strafgerichtlicher Verfolgungoder eines Verfahrens nach dem Ge-setz über Ordnungswidrigkeiten aus-setzen würde. Über das Recht, dieAuskunft zu verweigern, sind sie zubelehren. Die Belehrung ist akten-kundig zu machen.

§ 64Verweigerung der Erstattung eines

Gutachtens und der Vorlage vonUnterlagen

Diese Regelung entspricht § 104 AO.

(1) Soweit die Auskunft verweigert

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

355

werden darf, kann auch die Erstat-tung eines Gutachtens und die Vorla-ge von Unterlagen oder Wertsachenverweigert werden. § 62 Abs. 3 Satz2 bleibt unberührt.

(2) Nicht verweigert werden kanndie Vorlage von Unterlagen undWertsachen, die für den Beteiligtenaufbewahrt werden, soweit der Be-teiligte bei eigenem Gewahrsam zurVorlage verpflichtet wäre. Für denBeteiligten aufbewahrt werden auchdie für ihn geführten Geschäftsbü-cher und sonstigen Aufzeichnungen.

§ 65Verhältnis der Auskunfts- und

Vorlagepflicht zur Schweigepflichtöffentlicher Stellen

(1) Die Verpflichtung der Behör-den oder sonstiger öffentlicher Stel-len einschließlich der DeutschenBundesbank, der Staatsbanken undder Schuldenverwaltungen sowie derOrgane und Bediensteten dieserStellen zur Verschwiegenheit giltnicht für ihre Auskunfts- und Vorla-gepflicht gegenüber den Zollbehör-den.

Diese Regelung entspricht § 105 AO,wobei der Begriff der Finanzbehör-den durch den Begriff der Zollbehör-den ersetzt worden ist.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit dieBehörden und die mit postdienstli-chen Verrichtungen betrauten Perso-nen gesetzlich verpflichtet sind, dasBrief-, Post- und Fernmeldegeheim-nis zu wahren.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

356

§ 66Beschränkung der Auskunfts- und

Vorlagepflicht bei Beeinträchti-gung des staatlichen Wohls

Diese Regelung entspricht § 106 AO.Sie dürfte aber im Steuerrecht kaumpraktisch werden514.

Eine Auskunft oder die Vorlage vonUrkunden darf nicht gefordert wer-den, wenn die zuständige obersteBundes- oder Landesbehörde erklärt,dass die Auskunft oder Vorlage demWohl des Bundes oder eines Landeserhebliche Nachteile bereiten würde.

V. Entschädigung der Auskunfts-pflichtigen und der Sachverständi-

gen§ 67

Entschädigung der Auskunfts-pflichtigen und der Sachverständi-

genAuskunftspflichtige und Sachver-ständige, die die Zollbehörde zu Be-weiszwecken herangezogen hat,werden auf Antrag in entsprechenderAnwendung des Gesetzes über dieEntschädigung von Zeugen undSachverständigen entschädigt. Diesgilt nicht für die Beteiligten und fürdie Personen, die für die Beteiligtendie Auskunftspflicht zu erfüllen ha-ben.

Diese Regelung entspricht § 107 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

514 Tipke, a.a.O. , (FN 179).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

357

4. UnterabschnittFristen, Termine, Wiedereinset-

zung§ 68

Fristen und Termine(1) Für die Berechnung von Fristen

und für die Bestimmung von Termi-nen, die national geregelt sind aufderen Anwendung das gemein-schaftsrechtliche Zollrecht verweist,gelten die §§ 187 bis 193 des Bür-gerlichen Gesetzbuchs entsprechend,soweit nicht durch die Absätze 2 bis5 etwas anderes bestimmt ist.

§ 68 Absatz 1 entspricht § 108 Absatz1 AO.

(2) Der Lauf einer Frist, die voneiner Behörde gesetzt wird, beginntmit dem Tag, der auf die Bekanntga-be der Frist folgt, außer wenn demBetroffenen etwas anderes mitgeteiltwird.

Für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben wird die Frist jedochnach den Absätzen 2 bis 5 berechnet,wenn die Frist über eine Verweisungaus dem Zollrecht zur Anwendungkommt515.

(3) Fällt das Ende einer Frist aufeinen Sonntag, einen gesetzlichenFeiertag oder einen Sonnabend, soendet die Frist mit dem Ablauf desnächstfolgenden Werktags.

§ 68 Absatz 3 entspricht § 108 Absatz3 AO.

(4) Der von einer Behörde gesetzteTermin ist auch dann einzuhalten,wenn er auf einen Sonntag, gesetzli-chen Feiertag oder Sonnabend fällt.

§ 68 Absatz 4 entspricht § 108 Absatz5 AO.

(5) Ist eine Frist nach Stunden be-stimmt, so werden Sonntage, gesetz-liche Feiertage oder Sonnabendemitgerechnet.

§ 68 Absatz 5 entspricht § 108 Absatz6 AO.

515 Henke, Reginhard/Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 181).

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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§ 69Verlängerung von Fristen

(1) Fristen zur Einreichung vonSteuererklärungen und Fristen, dievon einer Zollbehörde gesetzt sind,können verlängert werden. Sind sol-che Fristen bereits abgelaufen, sokönnen sie rückwirkend verlängertwerden, insbesondere wenn es un-billig wäre, die durch den Fristablaufeingetretenen Rechtsfolgen bestehenzu lassen.

§ 69 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 109 AO, wobei der Begriff der Fi-nanzbehörde durch den Begriff derZollbehörde ersetzt worden ist..

(2) Die Zollbehörde kann die Ver-längerung der Frist von einer Sicher-heitsleistung abhängig machen odermit einer Nebenbestimmung verbin-den.

(3) Absätze 1 und 2 finden nurAnwendung, wenn das gemein-schaftsrechtliche Zollrecht keine ei-genen Fristsetzungen vorsieht.

Absatz 3 weist darauf hin, dass inallen Fällen, in denen das gemein-schaftsrechtliche Zollrecht Fristset-zungen enthält, eine Fristverlänge-rung nicht nach § 69 erfolgt. Viel-mehr ist in diesen Fällen Artikel 17Zollkodex anwendbar.

§ 70Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand(1) War jemand ohne Verschulden

verhindert, eine gesetzliche Frist ein-zuhalten, so ist ihm auf Antrag Wie-dereinsetzung in den vorigen Standzu gewähren. Dies gilt auch für nachdem Gemeinschaftsrecht bestehendeFristen. Das Verschulden eines Ver-treters ist dem Vertretenen zuzurech-nen.

§ 70 Absatz 1 entspricht § 110 Absatz1 AO, weist jedoch besonders dar-aufhin, dass eine Wiedereinsetzung inden vorigen Stand auch bei Fristennach dem Gemeinschaftsrecht mög-lich ist, weil das Gemeinschaftsrechteine Fristverlängerung auch nochnach Fristablauf zulässt, was einerWiedereinsetzung gleichkommt.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

359

(2) Der Antrag ist innerhalb einesMonats nach Wegfall des Hindernis-ses zu stellen. Die Tatsachen zur Be-gründung des Antrags sind bei derAntragstellung oder im Verfahrenüber den Antrag glaubhaft zu ma-chen. Innerhalb der Antragsfrist istdie versäumte Handlung nachzuho-len. Ist dies geschehen, so kann Wie-dereinsetzung auch ohne Antrag ge-währt werden.

§ 70Absatz 2 entspricht § 110 Absatz2 AO.

(3) Nach einem Jahr seit dem Endeder versäumten Frist kann die Wie-dereinsetzung nicht mehr beantragtoder die versäumte Handlung nichtmehr nachgeholt werden, außerwenn dies vor Ablauf der Jahresfristinfolge höherer Gewalt unmöglichwar.

§ 70 Absatz 3 entspricht § 110 Absatz3 AO.

(4) Über den Antrag auf Wieder-einsetzung entscheidet die Zollbe-hörde, die über die versäumteHandlung zu befinden hat.

§ 70 Absatz 4 entspricht § 110 Absatz4 AO.

(5) Absätze 1 bis 4 finden nur An-wendung, soweit das gemeinschafts-rechtliche Zollrecht keine Fristver-längerung ohne rechtliche Ein-schränkung enthält.

§ 70 Absatz 5 stellt klar, dass in denFällen, in denen das gemeinschafts-rechtliche Zollrecht eine Fristverlän-gerung ohne rechtliche Einschrän-kung enthält, Artikel 17 Zollkodexvorrangig Anwendung findet.

5. UnterabschnittRechts- und Amtshilfe

§ 71Amtshilfepflicht

(1) Alle Gerichte und Behördenhaben die zur Durchführung der Be-steuerung erforderliche Amtshilfe zu

§ 71 Absatz 1 entspricht § 111 Absatz1 AO.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

360

leisten. § 74 bleibt unberührt.(2) Amtshilfe liegt nicht vor, wenn § 71 Absatz 2 entspricht § 111 Absatz

2 AO.1. Behörden einander innerhalb

eines bestehenden Weisungs-verhältnisses Hilfe leisten,

2. die Hilfeleistung in Handlun-gen besteht, die der ersuchtenBehörde als eigene Aufgabeobliegen.

(3) Schuldenverwaltungen, Kre-ditinstitute sowie Betriebe gewerbli-cher Art der Körperschaften des öf-fentlichen Rechts fallen nicht unterdiese Vorschrift.

§ 71 Absatz 3 entspricht § 111 Absatz3 AO.

(4) Auf dem Gebiet der Einfuhr-und Ausfuhrabgaben gelten für dieinternationale Rechts- und Amtshilfe

a) die VO (EG) Nr. 515/97 desRates über die gegenseitigeAmtshilfe zwischen Verwal-tungsbehörden der Mitglied-staaten und die Zusammenar-beit dieser Behörden mit derKommission im Hinblick aufdie ordnungsgemäße Anwen-dung der Zoll- und Agrarrege-lungen vom 13. März 1997(ABl. EG 1997 Nr. L 82/1)

b) das Übereinkommen zwischenBelgien, der BundesrepublikDeutschland, Frankreich, Itali-en, Luxemburg und den Nie-derlanden über gegenseitigeUnterstützung der Zollverwal-tungen vom 7. September 1967(BGBl. 1969 II S. 66)

c) das EG-Beitreibungsgesetz

§ 71 Absatz 4 Unterabsatz 1 enthältRegelungen hinsichtlich der interna-tionalen Amtshilfe der Zollverwal-tung.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

361

vom 10. August 1979 (BGBl.1979 I S. 142)

d) bilaterale und multilateraleStaatsverträge

Im Übrigen erstreckt sich dieAmtshilfepflicht auch auf diejenigendem öffentlichen Verkehr oder demöffentlichen Warenumschlag dienen-den Unternehmen, die das Bundes-ministerium der Finanzen als Zoll-hilfsorgane besonders bestellt hat,und auf die Bediensteten dieser Un-ternehmen.

§ 71 Absatz 4Unterabsatz 2 entspricht§ 111 Absatz 4 AO und bezieht sichauf die nationale Amtshilfe der Zoll-verwaltung.

(5) Die §§ 65 und 66 sind entspre-chend anzuwenden.

§ 71 Absatz 5 entspricht § 111 Absatz5 AO.

§ 72Voraussetzungen und Grenzen der

Amtshilfe(1) Eine Zollbehörde kann um na-

tionale Amtshilfe insbesondere dannersuchen, wenn sie

Diese Regelung entspricht § 112 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist. Die Absätze 6 bis8 entsprechen § 19 Absätze 1 bis 3ZollVerwG.

1. aus rechtlichen Gründen dieAmtshandlung nicht selbst vor-nehmen kann,

2. aus tatsächlichen Gründen, be-sonders weil die zur Vornahmeder Amtshandlung erforderli-chen Dienstkräfte oder Ein-richtungen fehlen, die Amts-handlung nicht selbst vorneh-men kann,

3. zur Durchführung ihrer Aufga-ben auf die Kenntnis von Tat-sachen angewiesen ist, die ihrunbekannt sind und die sie

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

362

selbst nicht ermitteln kann,4. zur Durchführung ihrer Aufga-

ben Urkunden oder sonstigeBeweismittel benötigt, die sichim Besitz der ersuchten Behör-de befinden,

5. die Amtshandlung nur mit we-sentlich größerem Aufwandvornehmen könnte als die er-suchte Behörde.

(2) Die ersuchte Behörde darf Hil-fe nicht leisten, wenn sie hierzu ausrechtlichen Gründen nicht in der La-ge ist.

(3) Die ersuchte Behörde brauchtHilfe nicht zu leisten, wenn

1. eine andere Behörde die Hilfewesentlich einfacher oder mitwesentlich geringerem Auf-wand leisten kann,

2. sie die Hilfe nur mit unverhält-nismäßig großem Aufwand lei-sten könnte,

3. sie unter Berücksichtigung derAufgaben der ersuchendenZollbehörde durch den Umfangder Hilfeleistung die Erfüllungihrer eigenen Aufgaben ernst-lich gefährden würde.

(4) Die ersuchte Behörde darf dieHilfe nicht deshalb verweigern, weilsie das Ersuchen aus anderen als denin Absatz 3 genannten Gründen oderweil sie die mit der Amtshilfe zuverwirklichende Maßnahme für un-zweckmäßig hält.

(5) Hält die ersuchte Behörde sich

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

363

zur Hilfe nicht für verpflichtet, soteilt sie der ersuchenden Zollbehördeihre Auffassung mit. Besteht dieseauf der Amtshilfe, so entscheidetüber die Verpflichtung zur Amtshilfedie gemeinsame fachlich zuständigeAufsichtsbehörde oder, sofern einesolche nicht besteht, die für die er-suchte Behörde fachlich zuständigeAufsichtsbehörde.

(6) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann den Eisenbahnen desBundes durch Rechtsverordnung zurErleichterung des Verkehrs Hoheits-aufgaben übertragen. Ausgenommenist dabei der Erlass von Abgabenbe-scheiden. Dies gilt auch für zurAmtshilfe verpflichtete Verwaltun-gen des Bundes, sofern sie dieseAufgabe durch Bundesbeamte wahr-nehmen.

(7) Die in Absatz 6 genanntenVerwaltungen und Unternehmen unddie zu Zollhilfsorganen bestelltenUnternehmen haben den Zollstellenbei der zollamtlichen Überwachungund bei der Zollbehandlung des Per-sonen- und Güterverkehrs, dem ihreEinrichtungen dienen, Hilfe zu lei-sten, insbesondere

1. die mit der zollamtlichenÜberwachung ihres Verkehrsbetrauten Zollbediensteten imDienst unentgeltlich zu beför-dern und ihnen den Zutritt zuihren Anlagen unentgeltlich zugestatten.

2. den in Betracht kommendenZollstellen die Fahr- und Flug-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

364

pläne einschließlich deren Än-derung für den Verkehr über dieGrenze rechtzeitig und kosten-los mitzuteilen.

(8) Die in Absatz 7 genanntenVerwaltungen und Unternehmen ha-ben Bedienstete, die wegen einerSteuerstraftat oder einer Steuerord-nungswidrigkeit rechtskräftig verur-teilt sind, auf Verlangen desHauptzollamts von jeder Verrichtungauszuschließen, auf die sich zollamt-liche Überwachung erstreckt.

§ 73Auswahl der Behörde

Kommen für die nationale Amtshilfemehrere Behörden in Betracht, sosoll nach Möglichkeit eine Behördeder untersten Verwaltungsstufe desVerwaltungszweigs ersucht werden,dem die ersuchende Zollbehörde an-gehört.

Diese Regelung entspricht § 113 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 74Durchführung der Amtshilfe

(1) Die Zulässigkeit der Maßnah-me, die durch die nationale Amtshil-fe verwirklicht werden soll, richtetsich nach dem für die ersuchendeZollbehörde, die Durchführung derAmtshilfe nach dem für die ersuchteBehörde geltenden Recht.

Diese Regelung entspricht § 114 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die ersuchende Zollbehördeträgt gegenüber der ersuchten Be-hörde die Verantwortung für dieRechtmäßigkeit der zu treffenden

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

365

Maßnahme. Die ersuchte Behörde istfür die Durchführung der Amtshilfeverantwortlich.

§ 75Kosten der Amtshilfe

(1) Die ersuchende Zollbehörde hatder ersuchten Behörde für die natio-nale Amtshilfe keine Verwaltungs-gebühr zu entrichten. Auslagen hatsie der ersuchten Behörde auf An-forderung zu erstatten, wenn sie imEinzelfall 25 Euro übersteigen. Lei-sten Behörden desselben Rechtsträ-gers einander Amtshilfe, so werdendie Auslagen nicht erstattet.

Diese Regelung entspricht § 115 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Nimmt die ersuchte Behördezur Durchführung der Amtshilfe einekostenpflichtige Amtshandlung vor,so stehen ihr die von einem Drittenhierfür geschuldeten Kosten (Ver-waltungsgebühren, Benutzungsge-bühren und Auslagen) zu.

§ 76Anzeige von Steuerstraftaten

(1) Gerichte und die Behörden vonBund, Ländern und kommunalenTrägern der öffentlichen Verwaltunghaben Tatsachen, die sie dienstlicherfahren und die den Verdacht einerSteuerstraftat begründen, der Zollbe-hörde mitzuteilen.

§ 76 Absatz 1 Satz 1 entspricht § 116Absatz 1 AO, wobei der Begriff derFinanzbehörde durch den Begriff derZollbehörde ersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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Dies gilt auch für die Übermittlungvon bei der Überwachung des grenz-überschreitenden Bargeldverkehrsvon den Zollbehörden erhobenenDaten zum Zwecke der Verfolgungund Verhinderung von Geldwäscheim Sinne des § 261 StGB.

Mit Satz 2 wird einer besonderen Artder Anzeige von SteuerstraftatenRechnung getragen, die in § 12a FVGenthalten ist und der allgemeinen Re-gelung vorgeht516.

(2) § 65 Abs. 2 gilt entsprechend. § 76 Absatz 2 entspricht § 116 Absatz2 AO.

ZWEITER ABSCHNITT

Verwaltungsakte§ 77

Begriff des VerwaltungsaktesZu Art. 4 Nr. 5 ZK

Verwaltungsakt ist jede Verfügung,Entscheidung oder andere hoheitli-che Maßnahme, die eine Zollbehördezur Regelung eines Einzelfalls aufdem Gebiet des öffentlichen Rechtstrifft und die auf unmittelbareRechtswirkung nach außen gerichtetist. Allgemeinverfügung ist ein Ver-waltungsakt, der sich an einen nachallgemeinen Merkmalen bestimmtenoder bestimmbaren Personenkreisrichtet oder die öffentlich-rechtlicheEigenschaft einer Sache oder ihreBenutzung durch die Allgemeinheitbetrifft.

Diese Regelung entspricht § 118 AO.Die Vorschrift findet nur Anwendungfür Fälle, in denen es um hoheitlicheMaßnahmen außerhalb des Zollrechtsdes Zollkodexes und der ZKDVOgeht, z. B. im Bereich des Vollstrek-kungsrechtes.

516 Klein/Rüsken, a.a.O., (FN 189).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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§ 78Bestimmtheit und Form des Ver-

waltungsaktesZu Art. 6 ZK

(1) Ein Verwaltungsakt muss in-haltlich hinreichend bestimmt sein.

§ 78 Absatz 1 entspricht § 119 Absatz1 AO.

(2) Ein Verwaltungsakt kann, so-weit im gemeinschaftsrechtlichenZollrecht nicht anderweitig geregelt,schriftlich, elektronisch, mündlichoder in anderer Weise erlassen wer-den. Ein mündlicher Verwaltungsaktist schriftlich zu bestätigen, wennhieran ein berechtigtes Interesse be-steht und der Betroffene dies unver-züglich verlangt.

§ 78Absatz 2 Satz 1und 2 entspricht§ 119 Absatz 2 AO, macht jedoch aufdas Schriftformerfordernis in Artikel6 Absatz 2 Unterabsatz 2 Zollkodexaufmerksam.

(3) Ein schriftlich oder elektro-nisch erlassener Verwaltungsaktmuss die erlassende Behörde erken-nen lassen. Ferner muss er die Unter-schrift oder die Namenswiedergabedes Behördenleiters, seines Vertretersoder seines Beauftragten enthalten;dies gilt nicht für einen Verwaltungs-akt, der formularmäßig oder mit Hil-fe automatischer Einrichtungen er-lassen wird. Ist für einen Verwal-tungsakt durch Gesetz eine Schrift-form angeordnet, so muss bei einemelektronischen Verwaltungsakt auchdas der Signatur zugrunde liegendequalifizierte Zertifikat oder ein zuge-höriges qualifiziertes Attributzertifi-kat die erlassende Behörde erkennenlassen..

§ 78 Absatz 3 entspricht § 119 Absatz3 AO.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

368

§ 79Nebenbestimmungen zum Verwal-

tungsakt(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein

Anspruch besteht, darf mit einer Ne-benbestimmung nur versehen wer-den, wenn sie durch Rechtsvorschriftzugelassen ist oder wenn sie sicher-stellen soll, dass die gesetzlichenVoraussetzungen des Verwaltungs-aktes erfüllt werden.

§ 79 Absätze 1 bis 3 entsprechen§ 120 Absätze 1 bis 3 AO.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1darf ein Verwaltungsakt nachpflichtgemäßem Ermessen erlassenwerden mit

1. Einer Bestimmung, nach dereine Vergünstigung oder Bela-stung zu einem bestimmtenZeitpunkt beginnt, endet oderfür einen bestimmten Zeitraumgilt (Befristung),

2. einer Bestimmung, nach der derEintritt oder der Wegfall einerVergünstigung oder einer Bela-stung von dem ungewissenEintritt eines zukünftigen Er-eignisses abhängt (Bedingung),

3. einem Vorbehalt des Widerrufsoder verbunden werden mit4. einer Bestimmung, durch die

dem Begünstigten ein Tun,Dulden oder Unterlassen vor-geschrieben wird (Auflage),

5. einem Vorbehalt der nachträgli-chen Aufnahme, Änderungoder Ergänzung einer Auflage.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

369

(3) Eine Nebenbestimmung darfdem Zweck des Verwaltungsaktesnicht zuwiderlaufen.

§ 80Begründung des Verwaltungsaktes(1) Ein schriftlicher, elektronischer

sowie ein schriftlich oder elektro-nisch bestätigter Verwaltungsakt istmit einer Begründung zu versehen,soweit dies zu seinem Verständniserforderlich ist.

§ 80 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 121 Absätze 1 und 2 AO, wobei derBegriff der Finanzbehörde ersetztwurde durch den Begriff der Zollbe-hörde.

(2) Einer Begründung bedarf esnicht, soweit die Zollbehörde einemAntrag entspricht oder einer Erklä-rung folgt und der Verwaltungsaktnicht in Rechte eines anderen ein-greift.

Für belastende Entscheidungen siehtArtikel 6 Absatz 3 Satz 1 Zollkodexeine Begründungspflicht vor.

§ 81Bekanntgabe des Verwaltungsak-

tesZu Art. 6 Abs. 2, 8 Abs. 2, 9 Abs. 3,

221 Abs. 1 ZK(1) Der Verwaltungsakt kann auch

gegenüber einem Bevollmächtigtenbekannt gegeben werden.

§ 81 Absätze 1 bis 8 entsprechen§ 122 Absätze 1 bis 7 AO.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungs-akt, der durch die Post übermitteltwird, gilt als bekannt gegeben

1. bei einer Übermittlung imGeltungsbereich dieses Geset-zes Inland am dritten Tage nachder Aufgabe zur Post,

2. bei einer Übermittlung imAusland einen Monat nach der

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

370

Aufgabe zur Post,Außer wenn er nicht oder zu einem

späteren Zeitpunkt zugegangen ist;im Zweifel hat die Behörde den Zu-gang des Verwaltungsakts und denZeitpunkt des Zugangs nachzuwei-sen.

(3) Ein elektronisch übermittelterVerwaltungsakt gilt am dritten Tagenach der Absendung als bekannt ge-geben, außer wenn er nicht oder zueinem späteren Zeitpunkt zugegan-gen ist; im Zweifel hat die Behördeden Zugang des Verwaltungsaktesund den Zeitpunkt des Zugangsnachzuweisen.

(4) Ein Verwaltungsakt darf öf-fentlich bekannt gegeben werden,wenn dies durch Rechtsvorschriftzugelassen ist. Eine Allgemeinverfü-gung darf auch dann öffentlich be-kannt gegeben werden, wenn eineBekanntgabe an die Beteiligten un-tunlich ist.

(5) Die öffentliche Bekanntgabeeines Verwaltungsaktes wird dadurchbewirkt, dass sein verfügender Teilortsüblich bekannt gemacht wird. Inder ortsüblichen Bekanntmachung istanzugeben, wo der Verwaltungsaktund seine Begründung eingesehenwerden können. Der Verwaltungsaktgilt zwei Wochen nach dem Tag derortsüblichen Bekanntmachung alsbekannt gegeben. In einer Allge-meinverfügung kann ein hiervon ab-weichender Tag, jedoch frühestensder auf die Bekanntmachung folgen-de Tag bestimmt werden.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

371

(6) Ein Verwaltungsakt wird zuge-stellt, wenn dies gesetzlich vorge-schrieben ist oder behördlich ange-ordnet wird. Die Zustellung richtetsich nach den Vorschriften des Ver-waltungszustellungsgesetzes.

(7) Die Bekanntgabe eines Ver-waltungsaktes an einen Beteiligtenzugleich mit Wirkung für und gegenandere Beteiligte ist zulässig, soweitdie Beteiligten einverstanden sind;diese Beteiligten können nachträg-lich eine Abschrift des Verwaltungs-aktes verlangen.

(8) Betreffen VerwaltungsakteEhegatten oder Ehegatten mit ihrenKindern oder Alleinstehende mitihren Kindern, so reicht es für dieBekanntgabe an alle Beteiligten aus,wenn ihnen eine Ausfertigung unterihrer gemeinsamen Anschrift über-mittelt wird. Die Verwaltungsaktesind den Beteiligten einzeln bekanntzu geben, soweit sie dies beantragthaben oder soweit der Zollbehördebekannt ist, dass zwischen ihnenernstliche Meinungsverschiedenhei-ten bestehen.

§ 82Bestellung eines Empfangsbevoll-

mächtigtenDiese Regelung entspricht § 123 AO.

Ein Beteiligter ohne Wohnsitz odergewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oderGeschäftsleitung im Inland hat derZollbehörde auf Verlangen innerhalbeiner angemessenen Frist einen Emp-fangsbevollmächtigten im Geltungs-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

372

bereich dieses Gesetzes zu benennen.Unterlässt er dies, so gilt ein an ihngerichtetes Schriftstück einen Monatnach der Aufgabe zur Post und einelektronisch übermitteltes Dokumentam dritten Tage nach der Absendungals zugegangen. Dies gilt nicht, wennfeststeht, dass das Schriftstück oderdas elektronische Dokument denEmpfänger nicht oder zu einem spä-teren Zeitpunkt erreicht hat. Auf dieRechtsfolgen der Unterlassung istder Beteiligte hinzuweisen.

§ 83Wirksamkeit des Verwaltungsak-

tes(1) Ein Verwaltungsakt wird ge-

genüber demjenigen, für den er be-stimmt ist oder der von ihm betroffenwird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird.Der Verwaltungsakt wird mit demInhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird.

§ 83 Absatz 1 entspricht § 124 Absatz1 AO.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibtwirksam, solange und soweit er nichtzurückgenommen, widerrufen, an-derweitig aufgehoben oder durchZeitablauf oder auf andere Weiseerledigt ist. Dies gilt nicht für ver-bindliche Auskünfte nach dem ge-meinschaftsrechtlichen Zollrecht.

§ 83 Absatz 2 Satz entspricht § 124Absatz 2 AO.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsaktist unwirksam.

§ 83 Absatz 3 entspricht § 124 Absatz3 AO.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

373

§ 84Nichtigkeit des Verwaltungsaktes

Zu Art. 8, 9 ZKNach Artikel 10 Zollkodex berührendie Vorschriften der Artikel 8 und 9Zollkodex einzelstaatliche Vorschrif-ten nicht, nach denen eine Entschei-dung aus Gründen unwirksam wird,die nicht unmittelbar das Zollrechtbetreffen. Daraus geht im Umkehr-schluss hervor, dass alle einzelstaatli-chen Vorschriften über das Unwirk-samwerden einer Entscheidung, dieunmittelbar das Zollrecht betreffen,von den Regelungen des Zollkodexesüberlagert werden

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig,1. der schriftlich erlassen oder

elektronisch erlassen wordenist, die erlassende Zollbehördeaber nicht erkennen lässt,

2. den aus tatsächlichen Gründenniemand befolgen kann,

3. der die Begehung einer rechts-widrigen Tat verlangt, die einenStraf- oder Bußgeldtatbestandverwirklicht,

der gegen die guten Sitten verstößt.

§ 84 Absatz 1 entspricht § 125 Absatz2 AO. Hierbei handelt es sich umGründe, die nicht unmittelbar demZollrecht entspringen, sondern ver-fahrensrechtlicher Natur sind, so dasskeine Überlagerung durch gemein-schaftsrechtliche Vorschriften vorliegt

(2) Ein Verwaltungsakt ist nichtschon deshalb nichtig, weil

§ 84 Absatz 2 entspricht § 125 Absatz3 AO.

1. Vorschriften über die örtlicheZuständigkeit nicht eingehaltenworden sind,

2. eine nach § 43 Abs. 1 Satz 1Nrn. 2 bis 6 und Satz 2 ausge-schlossene Person mitgewirkthat,

3. ein durch Rechtsvorschrift zurMitwirkung berufener Aus-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

374

schuss den für den Erlass desVerwaltungsaktes vorgeschrie-benen Beschluss nicht gefassthat oder nicht beschlussfähigwar,

4. die nach einer Rechtsvorschrifterforderliche Mitwirkung eineranderen Behörde unterbliebenist.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur ei-nen Teil des Verwaltungsaktes, so ister im ganzen nichtig, wenn der nich-tige Teil so wesentlich ist, dass dieZollbehörde den Verwaltungsakt oh-ne den nichtigen Teil nicht erlassenhätte.

§ 84 Absatz 3 entspricht § 125 Absatz4 AO.

(4) Die Zollbehörde kann dieNichtigkeit jederzeit von Amts we-gen feststellen; auf Antrag ist siefestzustellen, wenn der Antragstellerhieran ein berechtigtes Interesse hat.

§ 84 Absatz 4 entspricht § 125 Absatz4 AO, wobei der Begriff der Finanz-behörde durch den Begriff der Zoll-behörde ersetzt worden ist.

§ 85Heilung von Verfahrens- und

Formfehlern(1) Eine Verletzung von Verfah-

rens- oder Formvorschriften, dienicht den Verwaltungsakt nach § 96nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1. der für den Verwaltungsakt er-forderliche Antrag nachträglichgestellt wird,

2. die erforderliche Begründungnachträglich gegeben wird,

3. die erforderliche Anhörung ei-nes Beteiligten nachgeholt

§ 85 Absatz 1 entspricht § 126 Absatz1 AO. Während die gemeinschafts-rechtlichen Vorschriften der Artikel 8und 9 Zollkodex sich nur auf materi-ellrechtliche Mängel beziehen, erfasstdiese Vorschrift nur Verfahrens- undFormfehler, so dass keine Überlage-rung vorliegt.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

375

wird,4. der Beschluss eines Ausschus-

ses, dessen Mitwirkung für denErlass des Verwaltungsaktes er-forderlich ist, nachträglich ge-fasst wird,

5. die erforderliche Mitwirkungeiner anderen Behörde nachge-holt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1Nrn. 2 bis 5 können bis zum Ab-schluss der Tatsacheninstanz einesfinanzgerichtlichen Verfahrens nach-geholt werden.

§ 85 Absatz 2 entspricht § 126 Absatz2 AO.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt dieerforderliche Begründung oder istdie erforderliche Anhörung einesBeteiligten vor Erlass des Verwal-tungsaktes unterblieben und ist da-durch die rechtzeitige Anfechtungdes Verwaltungsaktes versäumt wor-den, so gilt die Versäumung der Ein-spruchsfrist als nicht verschuldet.Das für die Wiedereinsetzungsfristnach § 70 Abs. 2 maßgebende Ereig-nis tritt im Zeitpunkt der Nachholungder unterlassenen Verfahrenshand-lung ein.

§ 85 Absatz 3 entspricht § 126 Absatz3 AO.

§ 86Folgen von Verfahrens- und Form-

fehlernDiese Regelung entspricht § 127 AO.

Die Aufhebung eines Verwaltungs-aktes, der nicht nach § 96 nichtig ist,kann nicht allein deshalb bean-sprucht werden, weil er unter Verlet-zung von Vorschriften über das Ver-fahren, die Form oder die örtliche

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

376

Zuständigkeit zustande gekommenist, wenn keine andere Entscheidungin der Sache hätte getroffen werdenkönnen.

§ 87Umdeutung eines fehlerhaften

Verwaltungsaktes(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt

kann in einen anderen Verwaltungs-akt umgedeutet werden, wenn er aufdas gleiche Ziel gerichtet ist, von dererlassenden Zollbehörde in der ge-schehenen Verfahrensweise undForm rechtmäßig hätte erlassen wer-den können und wenn die Vorausset-zungen für dessen Erlass erfüllt sind.

Diese Regelung entspricht § 128 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn derVerwaltungsakt, in den der fehler-hafte Verwaltungsakt umzudeutenwäre, der erkennbaren Absicht dererlassenden Zollbehörde widersprä-che oder seine Rechtsfolgen für denBetroffenen ungünstiger wären alsdie des fehlerhaften Verwaltungsak-tes. Eine Umdeutung ist ferner un-zulässig, wenn der fehlerhafte Ver-waltungsakt nicht zurückgenommenwerden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur alsgesetzlich gebundene Entscheidungergehen kann, kann nicht in eine Er-messensentscheidung umgedeutetwerden.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

377

§ 88Rücknahme eines rechtswidrigen

VerwaltungsaktesZu Art. 8, 12 ZK

(1) Ein rechtswidriger belastenderVerwaltungsakt kann, auch nachdemer unanfechtbar geworden ist, ganzoder teilweise mit Wirkung für dieZukunft oder für die Vergangenheitzurückgenommen werden.

§ 88 Absatz 1 entspricht § 130 Absatz1 AO.

(2) Ein Verwaltungsakt, der einRecht oder einen rechtlich erhebli-chen Vorteil begründet oder bestätigthat (begünstigender Verwaltungsakt)im Bereich der Einfuhr- oder Aus-fuhrabgabenbescheid , darf auchdann zurückgenommen werden,wenn

§ 88 Absatz 2 entspricht § 130 Absatz2 AO. Für Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben enthält Artikel 8 Zollkodexeine Sonderregelung; bezüglich ver-bindlicher Auskünfte gilt Artikel 12Absatz 4 Satz 2 Zollkodex.

1. er von einer sachlich unzustän-digen Behörde erlassen wordenist,

2. seine Rechtswidrigkeit demBegünstigten bekannt oder in-folge grober Fahrlässigkeitnicht bekannt war.

(3) Betrifft der Verwaltungsakt in-des weder Einfuhr- noch Ausfuhrab-gaben, so darf er auch dann zurück-genommen werden wenn

1. er durch unlautere Mittel, wiearglistige Täuschung, Drohungoder Bestechung erwirkt wor-den ist,

2. ihn der Begünstigte durch An-gaben erwirkt hat, die in we-sentlicher Beziehung unrichtigoder unvollständig waren.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

378

(4) Erhält die Zollbehörde von Tat-sachen Kenntnis, welche die Rück-nahme eines rechtswidrigen begün-stigenden Verwaltungsaktes recht-fertigen, so ist die Rücknahme nurinnerhalb eines Jahres seit dem Zeit-punkt der Kenntnisnahme zulässig.Dies gilt nicht, wenn der Verwal-tungsakt durch unlautere Mittel, wiearglistige Täuschung, Drohung oderBestechung erwirkt worden ist.

§ 88 Absatz 4 entspricht § 130 Absatz3 AO, wobei der Begriff der Finanz-behörde durch den Begriff der Zoll-behörde ersetzt worden ist.

(5) Über die Rücknahme entschei-det nach Unanfechtbarkeit des Ver-waltungsaktes die nach den Vor-schriften über die örtliche Zustän-digkeit zuständige Zollbehörde; diesgilt auch dann, wenn der zurückzu-nehmende Verwaltungsakt von eineranderen Zollbehörde erlassen wor-den ist.

§ 88 Absatz 5 entspricht § 130 Absatz4 AO, wobei der Begriff der Finanz-behörde durch den Begriff der Zoll-behörde ersetzt worden ist.

§ 89Widerruf eines rechtmäßigen Ver-

waltungsaktesZu Art. 9 ZK

(1) Ein rechtmäßiger nicht begün-stigender Verwaltungsakt kann, auchnachdem er unanfechtbar gewordenist, ganz oder teilweise mit Wirkungfür die Zukunft widerrufen werden,außer wenn ein Verwaltungsakt glei-chen Inhalts erneut erlassen werdenmüsste oder aus anderen Gründenein Widerruf unzulässig ist.

§ 89 Absatz 1 entspricht § 131 Absatz1 AO.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigen-der Verwaltungsakt, der nicht Ein-fuhr- oder Ausfuhrabgabenbescheidist, darf, auch nachdem er unan-

§ 89 Absatz 2 entspricht § 131 Absatz2 AO, wobei der Begriff der Finanz-behörde durch den Begriff der Zoll-behörde ersetzt worden ist. Für Be-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

379

fechtbar geworden ist, ganz oderteilweise mit Wirkung für die Zu-kunft nur widerrufen werden,

1. wenn der Widerruf durchRechtsvorschrift zugelassenoder im Verwaltungsakt vorbe-halten ist,

2. wenn mit dem Verwaltungsakteine Auflage verbunden ist undder Begünstigte diese nichtoder nicht innerhalb einer ihmgesetzten Frist erfüllt hat,

3. wenn die Zollbehörde aufGrund nachträglich eingetrete-ner Tatsachen berechtigt wäre,den Verwaltungsakt nicht zuerlassen, und wenn ohne denWiderruf das öffentliche Inter-esse gefährdet würde.

scheide über Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben gilt Artikel 9 Zollkodex..

(3) Der widerrufene belastendeVerwaltungsakt wird mit dem Wirk-samwerden des Widerrufs unwirk-sam, wenn die Zollbehörde keinenspäteren Zeitpunkt bestimmt.

§ 89 Absatz 3 entspricht § 131 Absatz3, wobei der Begriff der Finanzbe-hörde durch den Begriff der Zollbe-hörde ersetzt worden ist. Für begün-stigende Entscheidung gilt Artikel 9Absatz 4 Zollkodex. Der Zeitpunktder Wirksamkeit des Widerrufs selbstrichtet sich ebenfalls nach Artikel 9Absatz 4 Zollkodex.

(4) Über den Widerruf entscheidetnach Unanfechtbarkeit des Verwal-tungsaktes die nach den Vorschriftenüber die örtliche Zuständigkeit zu-ständige Zollbehörde; dies gilt auchdann, wenn der zu widerrufendeVerwaltungsakt von einer anderenZollbehörde erlassen worden ist.

§ 89 Absatz 4 entspricht § 131 Absatz4, wobei der Begriff der Finanzbe-hörde durch den Begriff der Zollbe-hörde ersetzt worden ist

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

380

§ 90Rücknahme, Widerruf, Aufhebungund Änderung im Einspruchsver-

fahren

Diese Regelung entspricht § 132 AO.

Die Vorschriften über Rücknahme,Widerruf, Aufhebung und Änderungvon Verwaltungsakten gelten auchwährend eines Einspruchsverfahrensund während eines finanzgerichtli-chen Verfahrens. Die vorstehendenVorschriften stehen der Rücknahmeund dem Widerruf eines von einemDritten angefochtenen begünstigen-den Verwaltungsaktes während desEinspruchsverfahrens oder des fi-nanzgerichtlichen Verfahrens nichtentgegen, soweit dadurch dem Ein-spruch oder der Klage abgeholfenwird.

§ 91Rückgabe von Urkunden und Sa-

chenIst ein Verwaltungsakt unanfechtbarwiderrufen oder zurückgenommen

Diese Regelung entspricht § 133 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

oder ist seine Wirksamkeit aus einemanderen Grund nicht oder nicht mehrgegeben, so kann die Zollbehörde dieauf Grund dieses Verwaltungsakteserteilten Urkunden oder Sachen, diezum Nachweis der Rechte aus demVerwaltungsakt oder zu deren Aus-übung bestimmt sind, zurückfordern.Der Inhaber und, sofern er nicht derBesitzer ist, auch der Besitzer dieserUrkunden oder Sachen sind zu ihrerHerausgabe verpflichtet. Der Inhaberoder der Besitzer kann jedoch ver-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

381

langen, dass ihm die Urkunden oderSachen wieder ausgehändigt werden,nachdem sie von der Zollbehörde alsungültig gekennzeichnet sind; diesgilt nicht bei Sachen, bei denen einesolche Kennzeichnung nicht odernicht mit der erforderlichen Offen-sichtlichkeit oder Dauerhaftigkeitmöglich ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

382

VIERTER TEIL

DURCHFÜHRUNG DER BE-STEUERUNG

Vierter Teil Durchführung der Besteuerung

ERSTER ABSCHNITT

Mitwirkungspflichten1. Unterabschnitt

Führung von Büchern und Auf-zeichnungen

§ 92Ordnungsvorschriften für die

Aufbewahrung von UnterlagenZu Art. 14, 16 ZK

(1) Die folgenden Unterlagen sindgeordnet aufzubewahren:

§ 92 Absatz 1 entspricht § 147 Absatz1 AO.

1. Bücher und Aufzeichnungen,Inventare, Jahresabschlüsse,Lageberichte, die Eröffnungs-bilanz sowie die zu ihrem Ver-ständnis erforderlichen Ar-beitsanweisungen und sonsti-gen Organisationsunterlagen,

2. die empfangenen Handels- oderGeschäftsbriefe,

3. Wiedergaben der abgesandtenHandels- oder Geschäftsbriefe,

4. Buchungsbelege,5. sonstige Unterlagen, soweit sie

für die Besteuerung von Be-deutung sind.

(2) Mit Ausnahme der Jahresab-schlüsse und der Eröffnungsbilanzkönnen die in Absatz 1 aufgeführtenUnterlagen auch als Wiedergabe aufeinem Bildträger oder auf anderen

§ 92 Absatz 2 entspricht § 147 Absatz2 AO.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

383

Datenträgern aufbewahrt werden,wenn dies den Grundsätzen ord-nungsmäßiger Buchführung ent-spricht und sichergestellt ist, dass dieWiedergabe oder die Daten

1. mit den empfangenen Handels-oder Geschäftsbriefen und denBuchungsbelegen bildlich undmit den anderen Unterlagen in-haltlich übereinstimmen, wennsie lesbar gemacht werden,

2. während der Dauer der Aufbe-wahrungsfrist jederzeit verfüg-bar sind, unverzüglich lesbargemacht und maschinell aus-gewertet werden können.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4aufgeführten Unterlagen sind zehnJahre, die sonstigen in Absatz 1 auf-geführten Unterlagen sechs Jahreaufzubewahren, sofern nicht in ande-ren Steuergesetzen kürzere Aufbe-wahrungsfristen zugelassen sind.Kürzere Aufbewahrungsfristen nachaußersteuerlichen Gesetzen lassendie in Satz 1 bestimmte Frist unbe-rührt. Die Aufbewahrungsfrist läuftjedoch nicht ab, soweit und solangedie Unterlagen für Steuern von Be-deutung sind, für welche die Festset-zungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

§ 92 Absatz 3 entspricht § 147 Absatz3 AO. Der Beginn der Aufbewah-rungspflicht richtet sich nach Artikel16 Unterabsatz 1 Satz 2 Zollkodex.Die Pflicht des Beteiligten, aufBildträgern oder Datenträgern ge-speicherte Unterlagen lesbar zu ma-chen, ergibt sich aus Artikel 14 Zoll-kodex; ebenso das Recht der Zollbe-hörde, Einsicht in gespeicherte Datenzu nehmen und das DV-System zunutzen.

§ 93Bewilligung von ErleichterungenDie Zollbehörden können im Rah-men der vorgenannten Bestimmun-gen für einzelne Fälle oder für be-

Diese Regelung entspricht § 148 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

384

stimmte Gruppen von Fällen Er-leichterungen bewilligen, wenn dieEinhaltung der durch die Steuerge-setze begründeten Buchführungs-,Aufzeichnungs- und Aufbewah-rungspflichten Härten mit sich bringtund die Besteuerung durch die Er-leichterung nicht beeinträchtigt wird.Erleichterungen nach Satz 1 könnenrückwirkend bewilligt werden. DieBewilligung kann widerrufen wer-den.

2. UnterabschnittSteuererklärungen

§ 94Abgabe der Steuererklärungen

Zu Art. 59 ZKDie Verpflichtung zur Abgabe einerZollanmeldung bleibt auch dann be-stehen, wenn die Zollbehörde dieBesteuerungsgrundlagen geschätzthat (§ 100).

Diese Regelung ist ein Teil des § 149AO, wobei der Begriff der Finanzbe-hörde durch den Begriff der Zollbe-hörde und der Begriff der Steuerer-klärung durch den Begriff der Zol-lanmeldung ersetzt worden istFür die Abgabe einer Zollanmeldungbesteht mit Artikel 59 Zollkodex eineSonderregelung, die das nationaleRecht verdrängt

§ 95Berichtigung von Erklärungen § 95 entspricht § 153 Absatz 1 AO.

Erkennt ein Steuerpflichtiger nach-träglich vor Ablauf der Festsetzungs-frist, dass eine von ihm oder für ihnabgegebene Erklärung unrichtig oderunvollständig ist und dass es dadurchzu einer Verkürzung von Steuernkommen kann oder bereits gekom-men ist, so ist er verpflichtet, dies

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

385

unverzüglich anzuzeigen und dieerforderliche Richtigstellung vorzu-nehmen. Die Verpflichtung trifftauch den Gesamtrechtsnachfolgereines Steuerpflichtigen und die nachden §§ 28 und 29 für den Gesam-trechtsnachfolger oder den Steuer-pflichtigen handelnden Personen.

Zweiter AbschnittFestsetzungs- und Feststellungs-

verfahren1. UnterabschnittSteuerfestsetzung

.

I. Allgemeine Vorschriften§ 96

SteuerfestsetzungZu Art. 213, 217, 221 ZK

(1) Die Steuern werden, soweitnichts anderes vorgeschrieben ist,von der Zollbehörde durch Steuerbe-scheid festgesetzt. Steuerbescheid istder nach § 93 Abs. 1 bekannt gege-bene Verwaltungsakt. Dies gilt auchfür die volle oder teilweise Freistel-lung von einer Steuer und für dieAblehnung eines Antrags auf Steuer-festsetzung.

§ 96 Absätze 1 bis 4 entsprechen§ 155 AO.

(2) Ein Folgebescheid kann erteiltwerden, auch wenn ein Grundlagen-bescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuer-pflichtige eine Steuer als Gesamt-schuldner, so können gegen sie zu-sammengefasste Steuerbescheideergehen. Mit zusammengefassten

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

386

Steuerbescheiden können Verwal-tungsakte über steuerliche Nebenlei-stungen oder sonstige Ansprüche,auf die dieses Gesetz anzuwendenist, gegen einen oder mehrere derSteuerpflichtigen verbunden werden.Das gilt auch dann, wenn festge-setzte Steuern, steuerliche Nebenlei-stungen oder sonstige Ansprüchenach dem zwischen den Steuer-pflichtigen bestehenden Rechtsver-hältnis nicht von allen Beteiligten zutragen sind.

(4) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann durch Rechtsverord-nung für Waren, die weder zumHandel noch zur gewerblichen Ver-wendung bestimmt sind, zur Abgel-tung der Einfuhrabgaben pauscha-lierte Abgabensätze festsetzen, dieangewendet werden, wenn der Zol-lanmelder nicht Verzollung nach demZolltarif und Versteuerung nach denin Betracht kommenden Steuergeset-zen beantragt.

(5) Absatz 4 gilt nicht für Einfuhr-abgaben, deren Aufkommen denLändern zusteht.

§ 96 Absätze 4 und 5 entsprechen§ 27 ZollVerwG.

§ 97Absehen von Steuerfestsetzung

Zu Artikel 868 ZKDVO

.

(1) Einfuhr- und Ausfuhrabgabenim Reiseverkehr von weniger als0,51 Euro werden nicht erhoben, inden übrigen Fällen werden sie nichterhoben, wenn sie weniger als 2,56Euro betragen. Sie werden auch dann

Für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben hat § 23 Absätze 1und 2 ZollV eigene Wertgrenzen auf-gestellt

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

387

in den Fällen, in denen jemand we-gen einer Ordnungswidrigkeit nach§ 30 a Tabaksteuergesetz verwarntworden ist, nicht erhoben und auchnicht buchmäßig erfasst, wenn siejeweils weniger als 10,23 Euro be-tragen.

(2) Die Festsetzung von Steuernund steuerlichen Nebenleistungenmit Ausnahme der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben kann unterbleiben,wenn feststeht, dass die Einziehungkeinen Erfolg haben wird, oder wenndie Kosten der Einziehung ein-schließlich der Festsetzung außerVerhältnis zu dem Betrag stehen.

§ 97 Absatz 2 entspricht § 156 Absatz2 AO, wobei darauf hingewiesenwird, dass die Regelung keine An-wendung auf Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben findet.

§ 98Form und Inhalt der Steuerbe-

scheideZu Art. 6, 221 ZK

(1) Steuerbescheide sind schriftlichzu erteilen, soweit nichts anderesbestimmt ist. Schriftliche Steuerbe-scheide müssen die festgesetzteSteuer nach Art und Betrag bezeich-nen und angeben, wer die Steuerschuldet. Ihnen ist außerdem eineBelehrung darüber beizufügen, wel-cher Rechtsbehelf zulässig ist undbinnen welcher Frist und bei welcherBehörde er einzulegen ist.

§ 98 Absatz 1 entspricht § 157 Absatz1 AO. Die Formulierung „soweitnichts anderes bestimmt ist“ führt zurAnwendung des Artikel 6 Zollkodexund des § 29a ZollV hinsichtlich derErteilung mündlicher Abgabenbe-scheide.

(2) Die Feststellung der Besteue-rungsgrundlagen bildet einen mitRechtsbehelfen nicht selbstständiganfechtbaren Teil des Steuerbe-scheids, soweit die Besteuerungs-grundlagen nicht gesondert festge-

§ 98 Absatz 2 entspricht § 157 Absatz2 AO.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

388

stellt werden.

§ 99Beweiskraft der Buchführung Diese Regelung entspricht § 158 AO.

Die Buchführung und die Aufzeich-nungen des Steuerpflichtigen sindder Besteuerung zugrunde zu legen,soweit nach den Umständen des Ein-zelfalls kein Anlass ist, ihre sachli-che Richtigkeit zu beanstanden.

§ 100Schätzung von Besteuerungs-

grundlagen(1) Soweit die Zollbehörde die Be-

steuerungsgrundlagen nicht ermittelnoder berechnen kann, hat sie sie zuschätzen. Dabei sind alle Umständezu berücksichtigen, die für dieSchätzung von Bedeutung sind.

Diese Regelung entspricht § 162 AOund gilt auch für den Bereich der Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben517.

(2) Zu schätzen ist insbesonderedann, wenn der Steuerpflichtige überseine Angaben keine ausreichendenAufklärungen zu geben vermag oderweitere Auskunft oder eine Versiche-rung an Eides Statt verweigert oderseine Mitwirkungspflicht nach § 51Abs. 2 verletzt. Das gleiche gilt,wenn der Steuerpflichtige Bücheroder Aufzeichnungen, die er nachden Steuergesetzen zu führen hat,nicht vorlegen kann oder wenn dieBuchführung oder die Aufzeichnun-gen der Besteuerung nicht nach § 99zugrunde gelegt werden.

517 Rüsken, Reinhart, a.a.O., (FN 238).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

389

(3) In den Fällen des § 96 Abs. 2können die in einem Grundlagenbe-scheid festzustellenden Besteue-rungsgrundlagen geschätzt werden.

§ 101Drittwirkung der Steuerfestset-

zungDiese Regelung entspricht § 166 AO.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigengegenüber unanfechtbar festgesetzt,so hat dies neben einem Gesam-trechtsnachfolger auch gegen sichgelten zu lassen, wer in der Lagegewesen wäre, den gegen den Steu-erpflichtigen erlassenen Bescheid alsdessen Vertreter, Bevollmächtigteroder kraft eigenen Rechts anzufech-ten.

II. Festsetzungsverjährung§ 102

FestsetzungsfristZu Art. 221ZK

(1) Eine Steuerfestsetzung sowieihre Aufhebung oder Änderung sindnicht mehr zulässig, wenn die Fest-setzungsfrist abgelaufen ist. Die Fristist gewahrt, wenn vor Ablauf derFestsetzungsfrist

§ 102 Absatz 1 entspricht § 169 Ab-satz 1 AO, wobei der Begriff der Fi-nanzbehörde durch den Begriff derZollbehörde ersetzt worden ist.

1. der Steuerbescheid den Bereichder für die Steuerfestsetzungzuständigen Zollbehörde ver-lassen hat oder

2. bei öffentlicher Zustellung derSteuerbescheid oder eine Be-nachrichtigung nach § 15 Abs.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

390

2 des Verwaltungszustellungs-gesetzes ausgehängt wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgtzehn Jahre soweit eine Steuer hinter-zogen, und fünf Jahre, soweit sieleichtfertig verkürzt worden ist. Diesgilt auch dann, wenn die Steuerhin-terziehung oder leichtfertige Steuer-verkürzung nicht durch den Steuer-schuldner oder eine Person begangenworden ist, deren er sich zur Erfül-lung seiner steuerlichen Pflichtenbedient, es sei denn, der Steuer-schuldner weist nach, dass er durchdie Tat keinen Vermögensvorteil er-langt hat und dass sie auch nicht dar-auf beruht, dass er die im Verkehrerforderlichen Vorkehrungen zurVerhinderung von Steuerverkürzun-gen unterlassen hat.

§ 102 Absatz 2 entspricht § 169 Ab-satz 2 AO. Für Einfuhr- und Ausfuhr-abgaben enthält das Gemeinschafts-recht in Artikel 221 Absatz 3 Satz 1Zollkodex eine eigenständige Festset-zungsfrist von drei Jahren. Lediglichim Fall des Vorliegens einer strafba-ren Handlung verweist das Gemein-schaftsrecht auf das nationale Recht,so dass hier insofern eine nationaleRegelung geboten ist.

§ 103Beginn der Festsetzungsfrist

Zu Art. 221 Abs. 4 ZKDie Festsetzungsfrist nach § 102 Ab-satz 2 beginnt mit Ablauf des Kalen-derjahrs, in dem die Steuer entstan-den ist.

§ 103 entspricht § 170 Absatz 1 AO,jedoch mit der Einschränkung, dasssich diese Vorschrift nur auf diezehnjährige Verjährungsfrist bezieht.Im übrigen gilt Artikel 221 Absatz 3Satz 1 Zollkodex, wonach die Verjäh-rungsfrist mit dem Entstehen derZollschuld beginnt.

§ 104Ablaufhemmung

Zu Art. 221 Abs. 4 ZK(1) Die Festsetzungsfrist nach

§ 102 Absatz 2 läuft nicht ab, solan-ge die Steuerfestsetzung wegen hö-

§ 104 entspricht § 171 AO, jedochmit der Einschränkung, dass sich dieAblaufhemmung lediglich auf die

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

391

herer Gewalt innerhalb der letztensechs Monate des Fristlaufs nichterfolgen kann.

zehnjährige Verjährungsfrist bezieht.Für den Regelfall der dreijährigenVerjährungsfrist sieht Artikel 221Absatz 3 Zollkodex abschließend vor,dass die Frist ab dem Zeitpunkt aus-gesetzt wird, in dem ein Rechtsbehelfnach Artikel 243 Zollkodex einge-setzt wird.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbe-scheids eine offenbare Unrichtigkeitunterlaufen, so endet die Festset-zungsfrist insoweit nicht vor Ablaufeines Jahres nach Bekanntgabe die-ses Steuerbescheids.

(3) Wird ein Steuerbescheid miteinem Einspruch oder einer Klageangefochten, so läuft die Festset-zungsfrist nicht ab, bevor über denRechtsbehelf unanfechtbar entschie-den ist; dies gilt auch, wenn derRechtsbehelf erst nach Ablauf derFestsetzungsfrist eingelegt wird. DerAblauf der Festsetzungsfrist ist hin-sichtlich des gesamten Steueran-spruchs gehemmt; dies gilt nicht,soweit der Rechtsbehelf unzulässigist. In den Fällen des § 100 Abs. 1Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1,§ 101 der Finanzgerichtsordnung istüber den Rechtsbehelf erst dann un-anfechtbar entschieden, wenn ein aufGrund der genannten Vorschriftenerlassener Steuerbescheid unanfecht-bar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festset-zungsfrist nach Art. 102 Absatz 2mit einer Außenprüfung begonnenoder wird deren Beginn auf Antragdes Steuerpflichtigen hinausgescho-ben, so läuft die Festsetzungsfrist für

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

392

die Steuern, auf die sich die Außen-prüfung erstreckt oder im Falle derHinausschiebung der Außenprüfungerstrecken sollte, nicht ab, bevor dieauf Grund der Außenprüfung zu er-lassenden Steuerbescheide unan-fechtbar geworden sind oder nachBekanntgabe der Mitteilung dreiMonate verstrichen sind. Dies giltnicht, wenn eine Außenprüfung un-mittelbar nach ihrem Beginn für dieDauer von mehr als sechs Monatenaus Gründen unterbrochen wird, diedie Zollbehörde zu vertreten hat.

Die Festsetzungsfrist endet späte-stens, wenn seit Ablauf des Kalen-derjahres, in dem die Schlussbespre-chung stattgefunden hat, oder, wennsie unterblieben ist, seit Ablauf desKalenderjahres, in dem die letztenErmittlungen im Rahmen der Au-ßenprüfung stattgefunden haben, diein § 102 Abs. 2 genannten Fristenverstrichen sind; eine Ablaufhem-mung nach anderen Vorschriftenbleibt unberührt.

(5) Beginnen die Zollfahndungs-ämter vor Ablauf der Festsetzungs-frist nach § 102 Abs. 2 beim Steuer-pflichtigen mit Ermittlungen der Be-steuerungsgrundlagen, so läuft dieFestsetzungsfrist insoweit nicht ab,bevor die auf Grund der Ermittlun-gen zu erlassenden Steuerbescheideunanfechtbar geworden sind; Absatz4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das gleichegilt, wenn dem Steuerpflichtigen vorAblauf der Festsetzungsfrist dieEinleitung des Steuerstrafverfahrensoder des Bußgeldverfahrens wegen

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

393

einer Steuerordnungswidrigkeit be-kannt gegeben worden ist; § 102Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eineAußenprüfung im Geltungsbereichdieses Gesetzes nicht durchführbar,wird der Ablauf der Festsetzungsfristnach § 102 Absatz 2 auch durch son-stige Ermittlungshandlungen im Sin-ne des § 53 gehemmt, bis die aufGrund dieser Ermittlungen erlasse-nen Steuerbescheide unanfechtbargeworden sind. Die Ablaufhemmungtritt jedoch nur dann ein, wenn derSteuerpflichtige vor Ablauf der Fest-setzungsfrist auf den Beginn der Er-mittlungen nach Satz 1 hingewiesenworden ist; § 102 Abs. 1 Satz 2 giltsinngemäß.

(7) In den Fällen des § 102 Abs. 2endet die Festsetzungsfrist nicht, be-vor die Verfolgung der Steuerstraftatoder der Steuerordnungswidrigkeitverjährt ist.

(8) Erstattet der Steuerpflichtigevor Ablauf der Festsetzungsfrist nachArt. 102 Abs. 2 eine Anzeige nachden §§ 95, 285 und 292 Abs. 3, soendet die Festsetzungsfrist nicht vorAblauf eines Jahres nach Eingangder Anzeige.

(9) Soweit für die Festsetzung ei-ner Steuer ein Feststellungsbescheidoder ein anderer Verwaltungsakt bin-dend ist (Grundlagenbescheid), endetdie Festsetzungsfrist nach § 102 Ab-satz 2 nicht vor Ablauf von zwei Jah-ren nach Bekanntgabe des Grundla-genbescheides. Ist der Ablauf der

§ 104 Absatz 9 entspricht § 171 Ab-satz 10 AO, wobei der Steuermessbe-scheid nicht in den Gesetzesentwurfaufgenommen wird, weil er für dieZollverwaltung ohne Bedeutung ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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Festsetzungsfrist hinsichtlich desTeils der Steuer, für den der Grund-lagenbescheid nicht bindend ist, nachAbsatz 5 gehemmt, endet die Fest-setzungsfrist für den Teil der Steuer,für den der Grundlagenbescheid bin-dend ist, nicht vor Ablauf der nachAbsatz 5 gehemmten Frist.

(10) Ist eine geschäftsunfähigeoder in der Geschäftsfähigkeit be-schränkte Person ohne gesetzlichenVertreter, so endet die Festsetzungs-frist nach § 102 Absatz 2 nicht vorAblauf von sechs Monaten nach demZeitpunkt, in dem die Person unbe-schränkt geschäftsfähig wird oderder Mangel der Vertretung aufhört.Dies gilt auch, soweit für eine Personein Betreuer bestellt und ein Einwil-ligungsvorbehalt nach § 1903 desBürgerlichen Gesetzbuchs angeord-net ist, der Betreuer jedoch verstor-ben oder auf andere Weise wegge-fallen oder aus rechtlichen Gründenan der Vertretung des Betreuten ver-hindert ist.

(11)Richtet sich die Steuer gegeneinen Nachlass, so endet die Festset-zungsfrist nach § 102 Absatz 2 nichtvor dem Ablauf von sechs Monatennach dem Zeitpunkt, in dem die Erb-schaft von dem Erben angenommenoder das Insolvenzverfahren überden Nachlass eröffnet wird oder vondem an die Steuer gegen einen Ver-treter festgesetzt werden kann.

(12) Wird vor Ablauf der Festset-zungsfrist nach § 102 Absatz 2 einenoch nicht festgesetzte Steuer imInsolvenzverfahren angemeldet, so

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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läuft die Festsetzungsfrist insoweitnicht vor Ablauf von drei Monatennach Beendigung des Insolvenzver-fahrens ab.

(13) Die Festsetzungsfrist für ei-nen Steueranspruch endet nicht, so-weit ein damit zusammenhängenderErstattungsanspruch nach § 28 Abs.2 noch nicht verjährt ist.

III. Kosten§ 105

Kosten bei besonderer Inan-spruchnahme der Zollbehörden(1) Die Behörden der Bundeszoll-

verwaltung sowie die Behörden, de-nen die Wahrnehmung von Aufgabender Bundeszollverwaltung übertra-gen worden ist, können für eine be-sondere Inanspruchnahme oder Lei-stung (kostenpflichtige Amtshand-lung) Gebühren erheben und die Er-stattung von Auslagen verlangen.

§ 105 Absätze 1 bis 4 entsprechen imwesentlichen § 178 Absätze 1 bis 4AO.Im Bereich der Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben enthält das gemein-schaftliche Zollrecht mit den Artikeln11 und 225 Zollkodex sowie Artikel239 ZDVO Sondervorschriften überdie Kostenerhebung bei Warenunter-suchungen, für die Aktenbearbeitungoder erbrachte Dienstleistungen beider Einräumung des Zahlungsauf-schubs und bei Zollbeschauen außer-halb des Amtsplatzes an einem ande-ren Ort als den von der Zollstelle be-zeichneten Ort..

(2) Eine besondere Inanspruch-nahme oder Leistung im Sinne desAbsatzes 1 liegt insbesondere vor bei

1. Amtshandlungen außerhalb desAmtsplatzes und außerhalb derÖffnungszeiten, soweit es sichnicht um Maßnahmen der Steu-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

396

eraufsicht handelt,2. Amtshandlungen, die zu einer

Diensterschwernis führen, weilsie antragsgemäß zu einer be-stimmten Zeit vorgenommenwerden sollen,

3. Überwachungsmaßnahmen inBetrieben und bei Betriebsvor-gängen, wenn sie durch Zuwi-derhandlungen gegen die zurSicherung des Steueraufkom-mens erlassenen Rechtsvor-schriften veranlasst sind,

4. amtlichen Bewachungen undBegleitungen von Beförde-rungsmitteln oder Waren,

5. Verwahrung von Drittlandswa-re, die von Amts wegen oderauf Antrag vorgenommen wird,

6. Schreibarbeiten (Fertigung vonSchriftstücken, Abschriften undAblichtungen), die auf Antragausgeführt werden.

(3) Das Bundesministerium der Fi-nanzen wird ermächtigt, durchRechtsverordnung, die der Zustim-mung des Bundesrates nicht bedarf,die kostenpflichtigen Amtshandlun-gen näher festzulegen, die für sie zuerhebenden Kosten nach dem auf sieentfallenden durchschnittlichen Ver-waltungsaufwand zu bemessen undzu pauschalieren sowie die Voraus-setzungen zu bestimmen, unter de-nen von ihrer Erhebung wegen Ge-ringfügigkeit, zur Vermeidung von

Da das Gemeinschaftsrecht zu derHöhe der Kosten keine Regelung ge-troffen hat, ist Absatz 3 in Verbin-dung mit der Zollkostenverordnungauch für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben anwendbar518.

518 Tipke/Kruse, a.a.O., (FN 285); Hohrmann, a.a.O., (FN 286).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

397

Härten oder aus ähnlichen Gründenganz oder teilweise abgesehen wer-den kann.

(4) Auf die Festsetzung der Kostensind die für Einfuhr- und Ausfuhrab-gaben geltenden Vorschriften ent-sprechend anzuwenden. Die §§ 18bis 22 des Verwaltungskostengeset-zes gelten für diese Kosten nicht.

2. UnterabschnittHaftung

§ 106Haftungsbescheide, Duldungsbe-

scheide(1) Wer kraft Gesetzes für eine

Steuer haftet (Haftungsschuldner),kann durch Haftungsbescheid, werkraft Gesetzes verpflichtet ist, dieVollstreckung zu dulden, kann durchDuldungsbescheid in Anspruch ge-nommen werden. Die Anfechtungwegen Ansprüchen aus dem Steuer-schuldverhältnis außerhalb des In-solvenzverfahrens erfolgt durch Dul-dungsbescheid, soweit sie nicht imWege der Einrede nach § 9 des An-fechtungsgesetzes geltend zu machenist; bei der Berechnung von Fristennach den §§ 3, 4 und 6 des Anfech-tungsgesetzes steht der Erlass einesDuldungsbescheids der gerichtlichenGeltendmachung der Anfechtungnach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsge-setzes gleich. Die Bescheide sindschriftlich zu erteilen.

Diese Regelung entspricht § 191 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Bevor gegen einen Rechtsan-walt, Patentanwalt, Notar, Steuerbe-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

398

rater, Steuerbevollmächtigten, Wirt-schaftsprüfer oder vereidigten Buch-prüfer wegen einer Handlung imSinne des § 44, die er in Ausübungseines Berufs vorgenommen hat, einHaftungsbescheid erlassen wird, gibtdie Zollbehörde der zuständigen Be-rufskammer Gelegenheit, die Ge-sichtspunkte vorzubringen, die vonihrem Standpunkt für die Entschei-dung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Fest-setzungsfrist sind auf den Erlass vonHaftungsbescheiden entsprechendanzuwenden. Die Festsetzungsfristbeträgt vier Jahre, in den Fällen des§ 36 bei Steuerhinterziehung zehnJahre, bei leichtfertiger Steuerver-kürzung fünf Jahre, in den Fällen des§ 37 zehn Jahre. Die Festsetzungs-frist beginnt mit Ablauf des Kalen-derjahrs, in dem der Tatbestand ver-wirklicht worden ist, an den das Ge-setz die Haftungsfolge knüpft. Ist dieSteuer, für die gehaftet wird, nochnicht festgesetzt worden, so endet dieFestsetzungsfrist für den Haftungs-bescheid nicht vor Ablauf der für dieSteuerfestsetzung geltenden Festset-zungsfrist; andernfalls gilt § 104Abs. 9 sinngemäß.

(4) Ergibt sich die Haftung nichtaus den Steuergesetzen, so kann einHaftungsbescheid ergehen, solangedie Haftungsansprüche nach dem fürsie maßgebenden Recht noch nichtverjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kannnicht mehr ergehen,

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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1. soweit die Steuer gegen denSteuerschuldner nicht festge-setzt worden ist und wegenAblaufs der Festsetzungsfristauch nicht mehr festgesetztwerden kann,

2. soweit die gegen den Steuer-schuldner festgesetzte Steuerverjährt ist oder die Steuer er-lassen worden ist.

Dies gilt nicht, wenn die Haftungdarauf beruht, dass der Haftungs-schuldner Steuerhinterziehung oderSteuerhehlerei begangen hat.

§ 107Vertragliche Haftung Diese Regelung entspricht § 192 AO.

Wer sich auf Grund eines Vertragsverpflichtet hat, für die Steuer einesanderen einzustehen, kann nur nachden Vorschriften des bürgerlichenRechts in Anspruch genommen wer-den.

DRITTER ABSCHNITT

Außenprüfung1. Unterabschnitt

Allgemeine Vorschriften§ 108

Zulässigkeit einer AußenprüfungZu Art. 78 ZK

(1) Eine Außenprüfung, die sichnicht ausschließlich auf Zollanmel-dungen bezieht, ist zulässig bei Steu-erpflichtigen, die einen gewerblichen

§ 108 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 193 Absätze 1 und 2 AO. Für dieÜberprüfung von Zollanmeldungenim Wege der Außenprüfung enthält

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

400

oder land- und forstwirtschaftlichenBetrieb unterhalten oder die freibe-ruflich tätig sind.

(2) Bei anderen als den in Absatz 1bezeichneten Steuerpflichtigen isteine Außenprüfung zulässig,

1. soweit sie die Verpflichtungdieser Steuerpflichtigen betrifft,für Rechnung eines anderenSteuern zu entrichten oderSteuern einzubehalten und ab-zuführen oder

Artikel 78 Zollkodex Sonderregelun-gen, die vorrangig sind519, soweit sichdie Prüfung ausschließlich auf Zol-lanmeldungen bezieht.

2. wenn die für die Besteuerungerheblichen Verhältnisse derAufklärung bedürfen und einePrüfung an Amtsstelle nach Artund Umfang des zu prüfendenSachverhalts nicht zweckmäßigist.

§ 109Sachlicher Umfang einer Außen-

prüfungZu Art. 78 ZK

(1) Die Außenprüfung, die sichnicht ausschließlich auf Zollanmel-dungen bezieht, dient der Ermittlungder steuerlichen Verhältnisse desSteuerpflichtigen. Sie kann eine odermehrere Steuerarten, einen odermehrere Besteuerungszeiträume um-fassen oder sich auf bestimmteSachverhalte beschränken. Die Au-ßenprüfung bei einer Personengesell-schaft umfasst die steuerlichen Ver-

§ 109 Absätze 1 bis 3 entsprechen§ 194 Absätze 1 bis 3 AO. Für dieÜberprüfung von Zollanmeldungenim Wege der Außenprüfung enthältArtikel 78 Zollkodex Sonderregelun-gen, die vorrangig sind soweit sichdie Prüfung ausschließlich auf Zol-lanmeldungen bezieht

519 Klein/Rüsken, a.a.O., (287).

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

401

hältnisse der Gesellschafter insoweit,als diese Verhältnisse für die zuüberprüfenden einheitlichen Fest-stellungen von Bedeutung sind. Diesteuerlichen Verhältnisse andererPersonen können insoweit geprüftwerden, als der Steuerpflichtige ver-pflichtet war oder verpflichtet ist, fürRechnung dieser Personen Steuernzu entrichten oder Steuern einzube-halten und abzuführen; dies gilt auchdann, wenn etwaige Steuernachfor-derungen den anderen Personen ge-genüber geltend zu machen sind.

(2) Die steuerlichen Verhältnissevon Gesellschaftern und Mitgliedernsowie von Mitgliedern der Überwa-chungsorgane können über die inAbsatz 1 geregelten Fälle hinaus indie bei einer Gesellschaft durchzu-führende Außenprüfung einbezogenwerden, wenn dies im Einzelfallzweckmäßig ist.

(3) Werden anlässlich einer Au-ßenprüfung Verhältnisse anderer alsder in Absatz 1 genannten Personenfestgestellt, so ist die Auswertungder Feststellungen insoweit zulässig,als ihre Kenntnis für die Besteuerungdieser anderen Personen von Be-deutung ist oder die Feststellungeneine unerlaubte Hilfeleistung inSteuersachen betreffen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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§ 110Zuständigkeit

Außenprüfungen werden von den fürdie Besteuerung zuständigen Zollbe-hörden durchgeführt. Sie könnenandere Zollbehörden mit der Außen-prüfung beauftragen. Die beauftragteZollbehörde kann im Namen der zu-ständigen Zollbehörde die Steuer-festsetzung vornehmen.

Diese Regelung entspricht § 195 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 111Prüfungsanordnung

Die Zollbehörde bestimmt den Um-fang der Außenprüfung in einerschriftlich zu erteilenden Prüfungs-anordnung mit Rechtsbehelfsbeleh-rung..

Diese Regelung entspricht § 196 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 112Bekanntgabe der Prüfungsanord-

nungDiese Regelung entspricht § 197 AO.

(1) Die Prüfungsanordnung sowieder voraussichtliche Prüfungsbeginnund die Namen der Prüfer sind demSteuerpflichtigen, bei dem die Au-ßenprüfung durchgeführt werdensoll, angemessene Zeit vor Beginnder Prüfung bekannt zugeben, wennder Prüfungszweck dadurch nicht ge-fährdet wird. Der Steuerpflichtigekann auf die Einhaltung der Fristverzichten. Soll die Prüfung nach§ 109 Abs. 2 auf die steuerlichenVerhältnisse von Gesellschaftern undMitgliedern sowie von Mitgliedernder Überwachungsorgane erstrecktwerden, so ist die Prüfungsanord-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

403

nung insoweit auch diesen Personenbekannt zu geben.

(2) Auf Antrag der Steuerpflichti-gen soll der Beginn der Außenprü-fung auf einen anderen Zeitpunktverlegt werden, wenn dafür wichtigeGründe glaubhaft gemacht werden.

§ 113Ausweispflicht, Beginn der Au-

ßenprüfungDiese Regelung entspricht § 198 AO.

Die Prüfer haben sich bei Erscheinenunverzüglich auszuweisen. Der Be-ginn der Außenprüfung ist unter An-gabe von Datum und Uhrzeit akten-kundig zu machen.

§ 114Prüfungsgrundsätze Diese Regelung entspricht § 199 AO.

(1) Der Außenprüfer hat die tat-sächlichen und rechtlichen Verhält-nisse, die für die Steuerpflicht undfür die Bemessung der Steuer maß-gebend sind (Besteuerungsgrundla-gen), zugunsten wie zuungunsten desSteuerpflichtigen zu prüfen.

(2) Der Steuerpflichtige ist wäh-rend der Außenprüfung über diefestgestellten Sachverhalte und diemöglichen steuerlichen Auswirkun-gen zu unterrichten, wenn dadurchZweck und Ablauf der Prüfung nichtbeeinträchtigt werden.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

404

§ 115Mitwirkungspflichten des Steuer-

pflichtigenZu Art. 78 ZK

(1) Der Steuerpflichtige hat einenzur Durchführung der Außenprüfunggeeigneten Raum oder Arbeitsplatzsowie die erforderlichen Hilfsmittelunentgeltlich zur Verfügung zu stel-len

Für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben ergeben sich dieRechte und Pflichten aus Artikel 78in Verbindung mit Artikel 14 Zollko-dex.

(2) Die Außenprüfung findet wäh-rend der üblichen Geschäfts- oderArbeitszeit statt. Die Prüfer sind be-rechtigt, Grundstücke und Betriebs-räume zu betreten und zu besichti-gen. Bei der Betriebsbesichtigungsoll der Betriebsinhaber oder seinBeauftragter hinzugezogen werden.

§ 116Schlussbesprechung Diese Regelung entspricht § 201 AO.

(1) Über das Ergebnis der Außen-prüfung ist eine Besprechung abzu-halten (Schlussbesprechung), es seidenn, dass sich nach dem Ergebnisder Außenprüfung keine Änderungder Besteuerungsgrundlagen ergibtoder dass der Steuerpflichtige auf dieBesprechung verzichtet. Bei derSchlussbesprechung sind insbeson-dere strittige Sachverhalte sowie dierechtliche Beurteilung der Prüfungs-feststellungen und ihre steuerlichenAuswirkungen zu erörtern.

(2) Besteht die Möglichkeit, dassauf Grund der Prüfungsfeststellun-gen ein Straf- oder Bußgeldverfahren

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

405

durchgeführt werden muss, soll derSteuerpflichtige darauf hingewiesenwerden, dass die straf- oder buß-geldrechtliche Würdigung einembesonderen Verfahren vorbehaltenbleibt.

§ 117Inhalt und Bekanntgabe des Prü-

fungsberichts(1) Über das Ergebnis der Außen-

prüfung ergeht ein schriftlicher Be-richt (Prüfungsbericht). Im Prü-fungsbericht sind die für die Be-steuerung erheblichen Prüfungsfest-stellungen in tatsächlicher und recht-licher Hinsicht sowie die Änderun-gen der Besteuerungsgrundlagendarzustellen. Führt die Außenprü-fung zu keiner Änderung der Be-steuerungsgrundlagen, so genügt es,wenn dies dem Steuerpflichtigenschriftlich mitgeteilt wird.

Diese Regelung entspricht § 202 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die Zollbehörde hat dem Steu-erpflichtigen auf Antrag den Prü-fungsbericht vor seiner Auswertungzu übersenden und ihm Gelegenheitzu geben, in angemessener Zeit dazuStellung zu nehmen.

§ 118Abgekürzte Außenprüfung Diese Regelung entspricht § 203 AO.

(1) Bei Steuerpflichtigen, bei denendie Zollbehörde eine Außenprüfungin regelmäßigen Zeitabständen nachden Umständen des Falles nicht fürerforderlich hält, kann sie eine abge-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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kürzte Außenprüfung durchführen.Die Prüfung hat sich auf die wesent-lichen Besteuerungsgrundlagen zubeschränken.

(2) Der Steuerpflichtige ist vor Ab-schluss der Prüfung darauf hinzuwei-sen, inwieweit von den Steuererklä-rungen oder den Steuerfestsetzungenabgewichen werden soll. Die steuer-lich erheblichen Prüfungsfeststellun-gen sind dem Steuerpflichtigen spä-testens mit den Steuerbescheidenschriftlich mitzuteilen. § 116 Abs. 1und § 117 Abs. 2 gelten nicht.

VIERTER ABSCHNITT

Zollfahndung§ 119

Zollfahndung(1) Aufgabe der Zollfahndung ist

1. die Erforschung von Steuer-straftaten und Steuerordnungs-widrigkeiten,

Diese Regelung entspricht § 208 AO,ist jedoch bereinigt worden um dieRegelungen, die die Landesfinanz-verwaltung betreffen.

2. die Ermittlung der Besteue-rungsgrundlagen in den inNummer 1 bezeichneten Fällen,

3. die Aufdeckung und Ermittlungunbekannter Steuerfälle.

Die Zollfahndungsämter haben au-ßer den Befugnissen nach § 305 Satz2 erster Halbsatz auch die Ermitt-lungsbefugnisse, die den Hauptzoll-ämtern zustehen. In den Fällen derNummern 2 und 3 gelten die Ein-schränkungen des § 58 Abs. 3 nicht;§ 115 Abs. 3 Sätze 1 und 2 gilt sinn-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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gemäß, § 293 Abs. 1 bleibt unbe-rührt.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sinddie Zollfahndungsämter zuständig

1. für steuerliche Ermittlungeneinschließlich der Außenprü-fung auf Ersuchen der zustän-digen Zollbehörde,

2. für die ihnen sonst im Rahmender Zuständigkeit der Zollbe-hörden übertragenen Aufgaben.

(3) Die Aufgaben und Befugnisseder Hauptzollämter bleiben unbe-rührt.

FÜNFTER ABSCHNITT

Steueraufsicht in besonderen Fäl-len

§ 120Überwachung von Freizonen

(1) Freizonen (Artikel 166 desZollkodexes) sind diejenigen Ein-richtungen, die beim In-Kraft-Tretendieses Gesetzes bestehen. Die Er-richtung neuer Freizonen bedarf ei-nes Bundesgesetzes. Das Bundesmi-nisterium der Finanzen kann zur An-passung an wirtschaftliche Erforder-nisse oder zur Vereinfachung derzollamtlichen Überwachung durchRechtsverordnung den Verlauf einerFreizonengrenze ändern, soweit derwesentliche Bestand der Freizonenicht berührt wird.

§ 120 Absatz 1 entspricht § 20 Zoll-VerwG.

(2) Personen dürfen in Freizonennur mit besonderer Erlaubnis des

§ 120 Absatz 2 entspricht § 21 Zoll-VerwG.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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Hauptzollamts wohnen. Die Erlaub-nis wird erteilt, wenn Zollbelangenicht entgegenstehen.

(3) Bauten dürfen in Freizonen nurmit Zustimmung des Hauptzollamtserrichtet, wesentlich in ihrer Bauartgeändert oder anders verwendet wer-den. Die Zustimmung kann versagtwerden, wenn die Sicherheit derZollbelange gefährdet würde. SindBauarbeiten ohne Zustimmung desHauptzollamtes ausgeführt worden,so kann das Hauptzollamt verlangen,dass der frühere Zustand wiederher-gestellt wird. Die Beschränkungengelten nicht für Bauten des Bundes,der Länder und der Gemeinden; dieBaupläne müssen jedoch demHauptzollamt spätestens einen Mo-nat vor Baubeginn zugeleitet werden.

§ 120 Absatz 3 entspricht § 22 Zoll-VerwG.

(4) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann zur Sicherung der Frei-zonengrenzen, insbesondere zurAusgestaltung notwendiger Umfrie-dungen, das Nähere durch Rechts-verordnung bestimmen.

§ 120 Absatz 4 entspricht § 23 Zoll-VerwG.

(5) Auf der Insel Helgoland kannnach Artikel 38 Abs. 3 ZK eine Zoll-stelle errichtet werden, die nach denim Zollgebiet der Gemeinschaft gel-tenden Vorschriften Amtshandlungenvornimmt. Auf Helgoland kann dasBefördern, Lagern, Veredeln undVerwenden von Nichtgemein-schaftswaren sowie der Handel damitin einzelnen Fällen beschränkt wer-den, wenn es die zollamtliche Über-wachung erfordert. Unter den glei-chen Voraussetzungen können dortBetriebe, die gewerbsmäßig Nicht-

§ 120 Absatz 5 entspricht § 24 Zoll-VerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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gemeinschaftswaren oder unversteu-erte Gemeinschaftswaren befördern,lagern, veredeln, verwenden oderdamit handeln, unter zollamtlicheÜberwachung gestellt und die Be-triebsinhaber zur Buchführung ver-pflichtet werden.

(6) Der Handel mit Nichtgemein-schaftswaren oder unversteuertenWaren, die zur Verwendung alsSchiffs- und Reisebedarf bestimmtsind, darf nur mit schriftlicher Er-laubnis des Hauptzollamts betriebenwerden. Die Erlaubnis kann zur Si-cherung der Zollbelange mit Aufla-gen verbunden werden. Das Bun-desministerium der Finanzen kannzur Sicherung der Zollbelange durchRechtsverordnung die Abgabe undden Bezug unverzollter oder unver-steuerter Waren als Schiffs- und Rei-sebedarf einschränken oder für be-stimmte Fälle untersagen.

§ 120 Absatz 6 entspricht § 25 Zoll-VerwG.

(7) Soweit der Zollkodex oder son-stige gemeinschaftsrechtliche Vor-schriften eine Befugnis zur Einräu-mung von Erleichterungen oder ver-einfachten Verfahren im Rahmen desgemeinschaftlichen Versandverfah-rens vorsehen, kann das Bundesmi-nisterium der Finanzen das Näheredurch Rechtsverordnung regeln. DasBundesministerium der Finanzenwird ermächtigt, durch Rechtsver-ordnung Vereinbarungen nach Arti-kel 97 Abs. 2 Buchstabe a des Zoll-kodexes im Geltungsbereich diesesGesetzes in Kraft zu setzen und er-gänzende Verfahrensvorschriften zurDurchführung dieser Vereinbarungen

§ 120 Absatz 7 entspricht § 26 Zoll-VerwG.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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zu erlassen.

§ 121Verkehrswege

(1) Waren dürfen im Geltungsbe-reich dieses Gesetzes nur auf Zoll-straßen (Absatz 4) in das oder ausdem Zollgebiet der Gemeinschaftsowie in die oder aus den Freizonenverbracht werden. Dies gilt nicht fürden öffentlichen Schienenverkehrund den Luftverkehr.

(2) Einfliegende Luftfahrzeugedürfen nur auf einem Zollflugplatzlanden, ausfliegende nur von einemsolchen abfliegen.

(3) Einfahrende Wasserfahrzeugedürfen nur an Zolllandungsplätzenanlegen, ausfahrende nur von sol-chen ablegen. Wasserfahrzeuge dür-fen ohne zollamtliche Genehmigungauf der Zollstraße nicht mit anderenFahrzeugen oder mit dem Land inVerbindung treten.

(4) Zollstraßen sind Landstraßen,Wasserstraßen, Rohrleitungen undsonstige Beförderungswege, auf de-nen Waren in das oder aus dem Zoll-gebiet der Gemeinschaft sowie in dieoder aus den Freizonen zu verbrin-gen sind. Zollstraßen sowie die Zoll-flugplätze und Zolllandungsplätzewerden öffentlich bekannt gegeben.

(5) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann durch Rechtsverord-nung, soweit Verbote und Beschrän-kungen nicht entgegenstehen, zurErleichterung des Verkehrs Ausnah-

§ 121 Absätze 1 bis 6 entsprechen § 2Absätze 1 bis 6 ZollVerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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men von den Absätzen 1, 2 und 3zulassen und dabei bestimmen, dassin Einzelfällen Ausnahmen auch imVerwaltungswege zugelassen werdenkönnen.

(6) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann durch Rechtsverord-nung unter den Voraussetzungen desArtikels 38 Abs. 4 des ZollkodexesAusnahmen von der in Artikel 38Abs. 1 Buchstabe a des Zollkodexesgenannten Verpflichtung, in dasZollgebiet der Gemeinschaft ver-brachte Waren zu der von den Zoll-behörden bezeichneten Zollstelleoder einem anderen von diesen Be-hörden bezeichneten oder zugelasse-nen Ort zu befördern, vorsehen.

§ 122Zeitliche Beschränkung der Ein-

und Ausfuhr(1) Waren, die auf Zollstraßen zu

befördern sind, dürfen nur währendder Öffnungszeiten der zuständigenZollstellen in das oder aus dem Zoll-gebiet der Gemeinschaft sowie in dieoder aus den Freizonen verbrachtwerden.

(2) Von der Beschränkung des Ab-satzes 1 befreit sind der Seeverkehr,der Postverkehr, der Reiseverkehr,der fahrplanmäßige Personenschiffs-verkehr auf Binnengewässern undder öffentliche fahrplanmäßigeKraftfahrzeugverkehr. Außerdemkann die zuständige Oberfinanzdi-rektion weitere Ausnahmen und Er-

§ 122 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 3 Absätze 1 und 2 ZollVerwG.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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leichterungen zulassen, soweit es dieUmstände erfordern und die Mög-lichkeit der zollamtlichen Überwa-chung dadurch nicht beeinträchtigtwird.

§ 123Gestellung

(1) Die Gestellung ist innerhalb derdafür bekannt gegebenen Öffnungs-zeiten am Amtsplatz der zuständigenZollstelle oder an dem von ihr zuge-lassenen Ort zu bewirken.

(2) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann zur Erleichterung desVerkehrs durch Rechtsverordnung inden im Zollkodex und in sonstigengemeinschaftsrechtlichen Vorschrif-ten genannten Fällen Ausnahmenvon der Pflicht zur Gestellung oderErleichterungen bei der Gestellungvorsehen. Es kann dabei bestimmen,dass in einzelnen Fällen Ausnahmenauch im Verwaltungsweg zugelassenwerden können, soweit Verbote undBeschränkungen nicht entgegenste-hen.

§ 123 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 4 Absätze 1 und 2 ZollVerwG.

§ 124Sondervorschriften für Postsen-

dungen(1) Soweit Postsendungen nicht be-

reits nach Maßgabe des Zollkodexesund sonstiger gemeinschaftsrechtli-cher Vorschriften zu gestellten sind,legt die Deutsche Post AG Sendun-gen der zuständigen Zollstelle zur

§ 124 Absätze 1 bis 3 entsprechen § 4Absätze 1 bis 3 ZollVerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

413

Nachprüfung vor, bei denen zurei-chende tatsächliche Anhaltspunktedafür bestehen, dass Waren unterVerstoß gegen ein Einfuhr-, Durch-fuhr- oder Ausfuhrverbot in den oderaus dem Geltungsbereich dieses Ge-setzes verbracht werden. Das Brief-und Postgeheimnis nach Artikel 10des Grundgesetzes wird für die Ge-stellung sowie für die Vorlegungsonstiger Sendungen eingeschränkt.

(2) Die Deutsche Post AG ist be-fugt, für von ihr beförderte Waren,die nach Maßgabe des Zollkodexeszu gestellen sind, Zollanmeldungenin Vertretung des Empfängers abzu-geben.

(3) § 46 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzesüber Ordnungswidrigkeiten wirddurch diese Vorschrift nicht berührt.

§ 125Verbindliche Zolltarifauskünfte(1) Das Bundesministerium der Fi-

nanzen regelt durch Rechtsverord-nung die Zuständigkeit der Dienst-stellen der Zollverwaltung für dieErteilung von verbindlichen Zolltari-fauskünften und von verbindlichenUrsprungsauskünften nach Artikel12 des Zollkodexes.

§ 125 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 6 Absätze 8 und 9 ZollVerwG. DieAbsätze 1 bis 7 des § 6 ZollVerwGbedürfen keiner Umsetzung mehr,weil es weder eine deutsche Tarifho-heit noch eine deutsche Kontingents-hoheit mehr gibt.

(2) Die Industrie- und Handels-kammern erteilen zum Zwecke derAusstellung von Ursprungsnachwei-sen verbindliche Auskünfte nachArtikel 12 des Zollkodexes über dieFeststellung des nichtpräferentiellenUrsprungs für Waren, die in der Eu-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

414

ropäischen Gemeinschaft vollständiggewonnen oder hergestellt oder be-oder verarbeitet werden. Dies giltnicht für Waren, für die gemeinsameMarktorganisationen bestehen, nachdenen die Gewährung von Leistun-gen von der Bestimmung des Ur-sprungs abhängt.

§ 126Nichtannahme der Zollanmeldung(1) Unbeschadet des Zollkodexes

und der sonstigen gemeinschafts-rechtlichen Vorschriften lehnt dieZollstelle die Annahme der Zollan-meldung ab, wenn

§ 126 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 7 Absätze 1 und 2 ZollVerwG.

1. die Zollstelle sachlich nicht zu-ständig ist,

2. die Voraussetzungen für die be-antragte Zollbehandlung nichtvorliegen oder

3. Verbote und Beschränkungenentgegenstehen.

(2) Die Zollstelle kann die An-nahme der Zollanmeldung ablehnen,wenn

1. sie örtlich nicht zuständig ist,2. die Regelungen über den

Amtsplatz oder die Öffnungs-zeiten nicht beachtet wordensind.

§ 127Nämlichkeitssicherung

Soweit die Sicherung der Nämlich- § 127 entspricht § 8 ZollVerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

415

keit (Artikel 72 des Zollkodexes)erforderlich ist, hat der BeteiligteRäume, Beförderungsmittel und Be-hältnisse, die zollamtlich verschlos-sen werden sollen, auf seine Kostenzollsicher herzurichten. Er hat auchauf seine Kosten an Packstücken undWaren die Vorrichtungen zum Anle-gen der Nämlichkeitsmittel anzu-bringen und Muster, Abbildungenoder Beschreibungen von Waren un-entgeltlich zur Verfügung zu stellen,wenn sie als Nämlichkeitsmittel er-forderlich sind.

§ 128Zollbehandlung auf dem Betriebs-gelände bestimmter Unternehmen(1) Wird die Zollbehandlung des

Personen- oder Güterverkehrs aufdem Betriebsgelände oder auf einemBeförderungsmittel eines Unterneh-mens durchgeführt, das dem öffentli-chen Verkehr oder dem öffentlichenWarenumschlag dient, so gelten fürdie Beziehung zwischen der Zoll-verwaltung und dem Unternehmendie Absätze 2 bis 5.

§ 128 Absätze 1 bis 6 entsprechen § 9Absätze 1 bis 5 ZollVerwG.

(2) Das Unternehmen stellt die er-forderlichen Einrichtungen, insbe-sondere Rampen, Lagerräume und –plätze, Brücken, Diensträume, Wie-ge- und Untersuchungsvorrichtun-gen, Parkplätze für die Dienstkraft-fahrzeuge und Kraftfahrzeuge derZollbediensteten zur Verfügung undhält sie in gutem Zustand. Die Zoll-verwaltung vergütet dem Unterneh-men auf Antrag seine Selbstkosten,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

416

soweit es diese Einrichtungen nichtohnehin benötigt. Soweit ein Auf-wand über das Maß hinausgeht, dasfür zolleigene Einrichtungen üblichist, wird er nicht vergütet. Liegt dermarktübliche Preis unter den Selbst-kosten, wird dieser vergütet.

(3) Die Zollverwaltung kann vondem Unternehmen weitere Leistun-gen verlangen, die mit der Zollbe-handlung der von ihm befördertenoder umgeschlagenen Waren zu-sammenhängen und die ihm nachden Umständen zugemutet werdenkönnen. Das Unternehmen kann da-für Vergütung seiner Selbstkostenverlangen. Absatz 2 Satz 4 gilt ent-sprechend.

(4) Für die von der Zollverwaltungzu zahlende Vergütung kann einePauschale vereinbart werden. In al-len anderen Fällen hat die Abrech-nung der nach den vorstehenden Ab-sätzen verlangten Vergütung innachprüfbarer Weise zu erfolgen. ZurÜberprüfung hat das Unternehmender Zollverwaltung auf Verlangen dieerforderlichen Unterlagen zur Verfü-gung zu stellen.

(5) Das Unternehmen hat1. den Zollbediensteten zur Wahr-

nehmung ihrer Aufgaben denZutritt zu den in Absatz 2 ge-nannten Einrichtungen und Be-förderungsmitteln unentgeltlichzu gestatten,

2. sie zur Wahrnehmung ihrerAufgaben unentgeltlich zu be-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

417

fördern,3. den für die Wahrnehmung der

Aufgaben zuständigen Zoll-dienststellen Fahr- und Flug-pläne sowie die tatsächlichenVerkehrsbewegungen rechtzei-tig und unentgeltlich mitzutei-len.

(6) Verkehrsverwaltungen desBundes gelten als Unternehmen imSinne der vorstehenden Absätze.

§ 129Befugnisse der Zollbehörde

Zu Art. 13 ZK(1) Die von der Zollbehörde mit

der Steueraufsicht betrauten Amts-träger sind berechtigt, Grundstückeund Räume von Personen, die einegewerbliche oder berufliche Tätig-keit selbstständig ausüben und denenein der Steueraufsicht unterliegenderSachverhalt zuzurechnen ist, wäh-rend der Geschäfts- und Arbeitszei-ten zu betreten, um Prüfungen vor-zunehmen oder sonst Feststellungenzu treffen, die für die Besteuerungerheblich sein können (Nachschau).

§ 129 Absätze 1 bis 5 entsprechen§ 210 Absätze 1 bis 5 Abgabenord-nung, wobei der Begriff der Finanz-behörde durch den Begriff der Zoll-behörde ersetzt worden ist.

(2) Der Nachschau unterliegen fer-ner Grundstücke und Räume vonPersonen, denen ein der Steuerauf-sicht unterliegender Sachverhalt zu-zurechnen ist ohne zeitliche Ein-schränkung, wenn Tatsachen die An-nahme rechtfertigen, dass sich dortSchmuggelwaren oder nicht ord-nungsgemäß versteuerte verbrauch-steuerpflichtige Waren befinden oder

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

418

dort sonst gegen Vorschriften oderAnordnungen verstoßen wird, derenEinhaltung durch die Steueraufsichtgesichert werden soll. Bei Gefahr imVerzug ist eine Durchsuchung vonWohn- und Geschäftsräumen auchohne richterliche Anordnung zuläs-sig.

(3) Die von der Zollbehörde mitder Steueraufsicht betrauten Amts-träger sind ferner berechtigt, imRahmen von zeitlich und örtlich be-grenzten Kontrollen, Schiffe undandere Fahrzeuge, die nach ihrer äu-ßeren Erscheinung gewerblichenZwecken dienen, anzuhalten. DieBetroffenen haben sich auszuweisenund Auskunft über die mitgeführtenWaren zu geben; sie haben insbeson-dere Frachtbriefe und sonstige Be-förderungspapiere, auch nicht steu-erlicher Art, vorzulegen. Ergebensich dadurch oder aufgrund sonstigerTatsachen Anhaltspunkte, dass ver-brauchsteuerpflichtige Waren mitge-führt werden, können die Amtsträgerdie mitgeführten Waren überprüfenund alle Feststellungen treffen, diefür eine Besteuerung dieser Warenerheblich sein können. Die Betroffe-nen haben die Herkunft der ver-brauchsteuerpflichtigen Waren anzu-geben, die Entnahme von unentgelt-lichen Proben zu dulden und die er-forderliche Hilfe zu leisten.

(4) Wenn Feststellungen bei Aus-übung der Steueraufsicht hierzu An-lass geben, kann ohne vorherige Prü-fungsanordnung (§ 111) zu einerAußenprüfung nach § 108 überge-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

419

gangen werden. Auf den Übergangzur Außenprüfung wird schriftlichhingewiesen.

(5) Wird eine Nachschau in einemDienstgebäude oder einer nicht all-gemein zugänglichen Einrichtungoder Anlage der Bundeswehr erfor-derlich, so wird die vorgesetzteDienststelle der Bundeswehr um ihreDurchführung ersucht. Die Zollbe-hörde ist zur Mitwirkung berechtigt.Ein Ersuchen ist nicht erforderlich,wenn die Nachschau in Räumen vor-zunehmen ist, die ausschließlich vonanderen Personen als Soldaten be-wohnt werden.

§ 130Zollamtliche Überwachung

(1) Unbeschadet der vorstehendenVorschriften können die Bedienste-ten der Zollverwaltung zur Durch-führung der ihnen obliegenden Auf-gaben im grenznahen Raum Perso-nen und Beförderungsmittel anhal-ten. Die zum Anhalten aufgefordertePerson hat auf Verlangen der Zollbe-diensteten stehenzubleiben und sichauszuweisen. Führer von Beförde-rungsmitteln haben auf Verlangen zuhalten und die Beförderungspapierevorzulegen. Sie haben den Zollbe-diensteten auf Verlangen auch zuermöglichen, an Bord und von Bordzu gelangen. Gepäck, Beförde-rungsmittel und ihre Ladung könnenzur Feststellung der Einhaltung derZollvorschriften an Ort und Stelleoder einem anderen geeigneten Ort

§ 130 Absätze 1 bis 5 entsprechen§ 10 Absätze 1 bis 5 ZollVerwG.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

420

geprüft werden. Die von der PrüfungBetroffenen haben auf Verlangen dieHerkunft der Waren anzugeben, dieEntnahme von unentgeltlichen Pro-ben zu dulden und die nach den Um-ständen erforderliche Hilfe zu lei-sten.

(2) Für örtlich und zeitlich be-grenzte Kontrollen außerhalb desgrenznahen Raums gilt Absatz 1,wenn Grund zu der Annahme be-steht, dass Waren, die der zollamtli-chen Überwachung nach dem ge-meinschaftlichen Zollrecht oder die-sem Gesetz unterliegen, von Perso-nen oder in Beförderungsmittelnmitgeführt werden.

(3) Personen können bei Vorliegenzureichender tatsächlicher Anhalts-punkte dafür, dass sie vorschriftswid-rig Waren mitführen, die der zoll-amtlichen Überwachung nach demgemeinschaftlichen Zollrecht oderdiesem Gesetz unterliegen, angehal-ten und an einem hierfür geeignetenOrt körperlich durchsucht werden.Kann die körperliche Durchsuchungdas Schamgefühl verletzen, so wirdsie einer oder einem Zollbedienstetengleichen Geschlechts übertragen.Bestehen zureichende tatsächlicheAnhaltspunkte dafür, dass die ange-haltenen Personen Waffen in oderunter ihrer Kleidung verborgen ha-ben, können sie an Ort und Stelledurchsucht werden.

(4) Die Zollbediensteten dürfennach § 124 Absatz 1 vorgelegte Sen-dungen öffnen und prüfen.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

421

(5) Das Grundrecht auf Freiheit derPerson, das Brief- und Postgeheim-nis sowie das Grundrecht auf Un-verletzlichkeit der Wohnung (Artikel2 Abs. 2, Artikel 10 und Artikel 13Abs. 1 des Grundgesetzes) werdennach Maßgabe der Absätze 1 bis 4eingeschränkt.

§ 131Überholung

(1) Im Rahmen der Erfassung desWarenverkehrs kann durch Überho-lung am Ort der Gestellung geprüftwerden, ob Nichtgemeinschaftswa-ren eingeführt worden sind oder obder Gestellungspflicht vollständiggenügt worden ist. Stehen dafür er-forderliche Einrichtungen am Amts-platz oder einem anderen für die Ge-stellung zugelassenen Ort nicht zurVerfügung, so kann für die Überho-lung der nächste geeignete Ort be-stimmt werden.

§ 131 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 11 Absätze 1 und 2 ZollVerwG

(2) Der Gestellungspflichtige hatdie Überholung zu ermöglichen. Erhat dabei selbst oder durch andereauf seine Kosten und Gefahr die er-forderliche Hilfe nach zollamtlicherAnweisung zu leisten. Er hat aufVerlangen schwer feststellbare, zurAufnahme von Waren geeigneteStellen anzugeben sowie Beschrei-bungen des Beförderungsmittels,Verzeichnisse der Ausrüstungsge-genstände und Ersatzteile und andereUnterlagen über das Beförderungs-mittel vorzulegen. Diese Pflichtentreffen für das Beförderungsmittel

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

422

seinen Führer.

§ 132Weiterleitungsbefugnis § 132 entspricht § 12 ZollVerwG.

Ergeben sich bei der zollamtlichenÜberwachung zureichende tatsächli-che Anhaltspunkte dafür, dass Warenunter Verstoß gegen ein Einfuhr-,Durchfuhr- oder Ausfuhrverbot inden oder aus dem Geltungsbereichdieses Gesetzes verbracht werden,und werden diese Anhaltspunktedurch Nachprüfung nicht entkräftet,so werden die Waren und die dazu-gehörigen Verwaltungsvorgängevorbehaltlich anderweitiger gesetzli-cher Regelungen der Staatsanwalt-schaft oder, wenn nur die Ahndungals Ordnungswidrigkeit in Betrachtkommt, der für die Verfolgung undAhndung zuständigen Verwaltungs-behörde vorgelegt. Für Postsendun-gen gilt dies nur, wenn zureichendetatsächliche Anhaltspunkte für eineStraftat vorliegen. Das Brief- undPostgeheimnis nach Artikel 10 desGrundgesetzes wird nach Maßgabeder Sätze 1 und 2 eingeschränkt.

§ 133Überwachung des grenzüber-schreitenden Bargeldverkehrs

(1) Auf Verlangen der Zollbedien-steten haben Personen Bargeld odergleichgestellte Zahlungsmittel imWert von 15000 Euro oder mehr, diesie in die, aus den oder durch die in§ 16 Abs. 4 Satz 1 ZollVerwG be-

§ 133 Absätze 1 bis 4 entsprechen§ 12a Absätze 1 bis 4 ZollVerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

423

zeichneten Gebiete verbringen oderbefördern, nach Art, Zahl und Wertanzuzeigen sowie die Herkunft, denwirtschaftlich Berechtigten und denVerwendungszweck darzulegen. In-stitute im Sinne des § 1 Abs. 4 desGeldwäschegesetzes und ihre Be-auftragten sind von den Verpflich-tungen nach Satz 1 ausgenommen.Zur Ermittlung des Sachverhalts ha-ben die Zollbediensteten die Befug-nisse nach § 130. Im Bereich derGrenzen zu anderen Mitgliedstaatender Europäischen Union findet § 130Abs. 1 entsprechende Anwendung.

(2) Die Zollbediensteten können,wenn Grund zu der Annahme be-steht, dass Bargeld oder gleichge-stellte Zahlungsmittel zum Zweckeder Geldwäsche verbracht werden,das Bargeld oder die gleichgestelltenZahlungsmittel bis zum Ablauf desdritten Werktages nach dem Auffin-den sicherstellen und in zollamtlicheVerwahrung nehmen, um die Her-kunft oder den Verwendungszweckaufzudecken. Fällt der dritte Werktagauf einen Samstag, so endet die Fristmit Ablauf des nächsten Werktages.Diese Frist kann durch Entscheidungeines Richters einmalig bis zum ei-nem Monat verlängert werden. ZurBekanntmachung der Entscheidunggenügt eine formlose Mitteilung.Zuständig ist der Richter bei demAmtsgericht, in dessen Bezirk dieSicherstellung erfolgt ist. Die zu-ständigen Strafverfolgungsbehördensind von der Sicherstellung unver-züglich zu unterrichten.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

424

(3) Die zuständigen Zollbehördendürfen, soweit dies zur Erfüllung derihnen übertragenen Aufgaben erfor-derlich ist, personenbezogene Datenerheben, verarbeiten und nutzen. DieZollbehörden können diese Daten andie zuständigen Strafverfolgungsbe-hörden und die Verwaltungsbehördeübermitteln, soweit dies zur Erfül-lung ihrer Aufgaben oder der desEmpfängers erforderlich ist. DieÜbermittlung personenbezogenerDaten an andere Finanzbehörden istzulässig, soweit ihre Kenntnis zurDurchführung eines Verwaltungsver-fahrens in Steuersachen oder einesStrafverfahrens wegen einer Steuer-straftat oder eines Bußgeldverfahrenswegen einer Steuerordnungswidrig-keit oder eines Bußgeldverfahrenswegen einer Steuerordnungswidrig-keit von Bedeutung sein kann.

(4) Für Streitigkeiten wegen Maß-nahmen nach Absatz 1 und 2 Satz 1und Absatz 3 ist der Finanzrechts-weg gegeben.

§ 134Befugnisse der Zollfahndungsäm-ter bei der Verfolgung der interna-tionalen organisierten Geldwäsche

§ 134 entspricht § 12 b ZollVerwG.

Die Zollfahndungsämter und ihreBeamten haben bei der Erfüllungihrer Aufgaben dieselben Rechte undPflichten wie die Behörden und Be-amten des Polizeidienstes nach denVorschriften der Strafprozessord-nung; ihr Beamten sind Hilfsbeamte

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

425

der Staatsanwaltschaft.

§ 135Grenznaher Raum

(1) Der grenznahe Raum erstrecktsich am deutschen Teil der Zollgren-ze der Gemeinschaft bis zu einer Tie-fe von 30 Kilometern, von der see-wärtigen Begrenzung des Zollgebie-tes der Gemeinschaft an bis zu einerTiefe von 50 Kilometern. Das Bun-desministerium der Finanzen wirdermächtigt, zur Sicherung der Zoll-belange durch Rechtsverordnung dengrenznahen Raum auszudehnen, so-weit die zollamtliche Überwachungdies erfordert.

§ 135 Absätze 1 bis 4 entsprechen§ 14 Absätze 1 bis 4 ZollVerwG

(2) Zollbedienstete dürfen imgrenznahen Raum Grundstücke mitAusnahme von Gebäuden betretenund befahren. Das Hauptzollamtkann verlangen, dass Grundstücksei-gentümer und –besitzer einen Grenz-pfad freilassen, an EinfriedungenDurchlässe oder Übergänge einrich-ten oder Wassergräben überbrücken.Das Hauptzollamt kann darüber hin-aus auf eigene Kosten Grenzpfade,Durchlässe, Übergänge oder Brückenerrichten oder verbessern.

(3) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann für den grenznahenRaum durch Rechtsverordnung zurSicherung der Zollbelange

1. das Feilbieten und Ankaufenvon Waren im Reisegewerbeverbieten oder beschränken

2. anordnen, dass Weidevieh ge-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

426

kennzeichnet und über seinenBestand Buch geführt wird.

Das Bundesministerium der Finan-zen kann die Ermächtigung durchRechtsverordnung auf die Oberfi-nanzdirektionen übertragen.

(4) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann zur Sicherung der Zoll-belange durch RechtsverordnungBinnengewässer, die von außerhalbdes Zollgebiets der Gemeinschaft herzu Wasser zugänglich sind, ihre In-seln und ihr Ufergelände, Zollflug-plätze, verkehrsrechtlich zugelasseneFlugplätze sowie den um die Freizo-nen gelegenen Bereich in einer fürdie wirksame Überwachung erfor-derlichen Ausdehnung der Grenzauf-sicht unterwerfen. Für ein solchesGebiet gelten die Absätze 2 und 3sowie § 130 Abs. 1 und § 136 Abs.5.

§ 136Grundstücke und Bauten in

Grenznähe, an Freizonengrenzenund auf Flugplätzen

§ 136 Absätze 1 bis 6 entsprechen§ 15 Absätze 1 bis 6 ZollVerwG

(1) Bauten dürfen nur innerhalb ei-ner Entfernung von 100 Metern, inOrten mit geschlossener Bauweisevon 50 Metern, vom deutschen Teilder Zollgrenze der Gemeinschaft nurmit Zustimmung des Hauptzollamteserrichtet oder geändert werden. DieEntfernung bestimmt sich bei Bin-nengewässern vom Ufer, an der Kü-ste von der Strandlinie an. Der Zu-stand von Grundstücken darf inner-

.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

427

halb dieses Geländestreifens nur mitZustimmung des Hauptzollamtesverändert werden, wenn die Verände-rung über die übliche Bewirtschaf-tung hinausgeht, Die Zustimmungkann versagt werden, wenn die Si-cherheit der Zollbelange gefährdetwürde. Sind Bauarbeiten oder Ver-änderungen ohne Zustimmung desHauptzollamtes ausgeführt worden,so kann das Hauptzollamt verlangen,dass der frühere Zustand wiederher-gestellt wird. Bei dicht an der Zoll-grenze der Gemeinschaft liegendenGebäuden und schwimmenden An-lagen kann das Hauptzollamt jeder-zeit Fenstergitter, Türverschlüsseoder andere besondere Sicherheits-vorrichtungen anordnen.

(2) Das Hauptzollamt kann in ein-zelnen Fällen die Benutzung vonGrundstücken durch Personen, dienicht dort wohnen, in dem in Absatz1 bezeichneten Geländestreifen be-schränken, wenn dies für die zoll-amtliche Überwachung erforderlichist. Die Zollverwaltung kann aufGrundstücken in diesem Gelän-destreifen auf eigene Kosten Sper-ren, Hindernisse, Schutzhütten, Zu-gangswege und ähnliche Anlagenerrichten, die unerlaubten Warenver-kehr über die Zollgrenze erschwerenoder eine bessere Überwachung er-möglichen.

(3) Einrichtungen auf Zollflugplät-zen (§ 121 Abs. 2) und verkehrs-rechtlich zugelassenen Flugplätzensind, soweit sie die Sicherheit derZollbelange gefährden, auf Anord-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

428

nung des Hauptzollamtes zu entfer-nen oder mit geeigneten Sicherungs-vorrichtungen zu versehen.

(4) Bezüglich des um Freizonengelegenen Bereichs gelten die Absät-ze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass dieEntfernung von der Freizonenbe-grenzung drei Meter beträgt.

(5) Entschädigungen werden in denFällen der Absätze 1 bis 4 nicht ge-währt. Erleidet jemand durch eineMaßnahme auf Grund des § 135Abs. 2 Satz 1 und 2 einen Schaden,so ist ihm ein angemessener Aus-gleich zu gewähren. Für Anordnun-gen des Hauptzollamtes nach § 135Abs. 2 und den Absätzen 1 bis 3gelten die Vorschriften über die Voll-streckung wegen Handlungen, Dul-dungen oder Unterlassungen sinn-gemäß.

(6) Die Absätze 1 und 2 geltennicht für Wehranlagen und Übungs-plätzen der Bundeswehr oder derTruppen verbündeter Staaten und fürAnlagen der Eisenbahnen des Bun-des.

§ 137Enteignung

(1) Für die Errichtung von Zoll-bauten im grenznahen Raum ist dieEnteignung zulässig.

§ 137 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 16 Absätze 1 und 2 ZollVerwG

(2) Für Enteignungen nach Absatz1 gelten § 2 und der Zweite undDritte Teil sowie die §§67, 68, 71, 73und 74 des Landbeschaffungsgeset-zes in der im Bundesgesetzblatt Teil

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

429

III, Gliederungsnummer 54-3, veröf-fentlichten bereinigten Fassung sinn-gemäß.

§ 138Pflichten des Betroffenen

Zu Art. 14 ZK(1) Wer von einer Maßnahme der

Steueraufsicht betroffen wird, hatden Amtsträgern auf Verlangen einenzur Durchführung der Maßnahme derSteueraufsicht geeigneten Raum oderArbeitsplatz sowie die erforderlichenHilfsmittel unentgeltlich zur Verfü-gung zu stellen.

(2) Die Pflichten nach Absatz 1gelten auch dann, wenn bei einergesetzlich vorgeschriebenen Nach-versteuerung verbrauchsteuerpflich-tiger Waren in einem der Steuerauf-sicht unterliegenden Betrieb oderUnternehmen festgestellt werdensoll, an welche Empfänger und inwelcher Menge nachsteuerpflichtigeWaren geliefert worden sind.

(3) Vorkehrungen, die die Aus-übung der Steueraufsicht hindernoder erschweren, sind unzulässig.

Für den Bereich der Einfuhr- undAusfuhrabgaben hat das Gemein-schafsrecht in Artikel 14 Zollkodexeine eignständige Regelung geschaf-fen. Die Vorschrift ist ein Beispiel fürdie erforderliche Unterstützung nachArtikel 14 Zollkodex.

§ 139Durchführungsvorschriften

Zu Art. 16 ZK(1) Das Bundesministerium der Fi-

nanzen kann durch Rechtsverord-nung zur näheren Bestimmung derim Rahmen der Steueraufsicht zu

§ 139 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 212 Absätze 1 und 2 AO.Für Einfuhr- und Ausfuhrabgabenkann die Ermächtigung nur die Berei-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

430

erfüllenden Pflichten anordnen, dass1. bestimmte Handlungen nur in

Räumen vorgenommen werdendürfen, die der Zollbehörde an-gemeldet sind oder deren Be-nutzung für diesen Zweck vonder Zollbehörde besonders ge-nehmigt ist,

2. Räume, Fahrzeuge, Geräte, Ge-fäße und Leitungen, die derHerstellung, Bearbeitung, Ver-arbeitung, Lagerung, Beförde-rung oder Messung steuer-pflichtiger Waren dienen oderdienen können, auf Kosten desBetriebsinhabers in bestimmterWeise einzurichten, herzurich-ten, zu kennzeichnen oder amt-lich zu verschließen sind,

che umfassen, die nicht ohnehin imGemeinschaftszollrecht geregelt sindund für die es Sondervorschriftengibt.

3. der Überwachung unterliegen-de Waren in bestimmter Weisebehandelt, bezeichnet, gelagert,verpackt, versandt oder ver-wendet werden müssen,

4. der Handel mit steuerpflichti-gen Waren besonders über-wacht wird, wenn der Händlerzugleich Hersteller der Warenist,

5. über die Betriebsvorgänge undüber die steuerpflichtigen Wa-ren sowie über die zu ihrerHerstellung verwendeten Ein-satzstoffe, Fertigungsstoffe,Hilfsstoffe und Zwischener-zeugnisse in bestimmter WeiseAnschreibungen zu führen unddie Bestände festzustellen sind,

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

431

6. Bücher, Aufzeichnungen undsonstige Unterlagen in be-stimmter Weise aufzubewahrensind, sofern die Unterlagennicht für zollamtliche Prüfun-gen erforderlich sind,

Für Unterlagen, die für eine zollamt-liche Prüfung erforderlich sind, regeltArtikel 16 Zollkodex die Aufbewah-rung. Diese Unterlagen sind drei Jah-re lang aufzubewahren.

7. Vorgänge und Maßnahmen inBetrieben oder Unternehmen,die für die Besteuerung vonBedeutung sind, der Zollbehör-de anzumelden sind, sofern sichnicht aus anderen Bestimmun-gen eine Unterrichtungspflichtdes Beteiligten ergibt

Für den Bereich der Zollverfahrenmit wirtschaftlicher Bedeutung be-stimmt Artikel 87 Zollkodex, dass derBewilligungsinhaber den Zollbehör-den Mitteilung über die Ereignissemachen muss, die nach Erteilung derBewilligung eingetreten sind und sichauf deren Aufrechterhaltung oder In-halt auswirken können.

8. von steuerpflichtigen Waren,von Waren, für die ein Erlass,eine Erstattung oder Vergütungvon Verbrauchsteuern bean-sprucht wird, von Stoffen, diezur Herstellung dieser Warenbestimmt sind, sowie von Um-schließungen dieser Waren un-entgeltlich Proben entnommenwerden dürfen oder unentgelt-lich Muster zu hinterlegen sind.

(2) Die Rechtsverordnung bedarfnicht der Zustimmung des Bundes-rates.

§ 140Besondere Aufsichtsmaßnahmen Diese Regelung entspricht § 213 AO.Betriebe oder Unternehmen, derenInhaber oder deren leitende Angehö-rige wegen Steuerhinterziehung, ver-suchter Steuerhinterziehung oderwegen der Teilnahme an einer sol-chen Tat rechtskräftig bestraft wor-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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den sind, dürfen auf ihre Kosten be-sonderen Aufsichtsmaßnahmen un-terworfen werden, wenn dies zurGewährleistung einer wirksamenSteueraufsicht erforderlich ist.

Insbesondere dürfen zusätzlicheAnschreibungen und Meldepflichten,der sichere Verschluss von Räumen,Behältnissen und Geräten sowieähnliche Maßnahmen vorgeschriebenwerden.

§ 141Beauftragte Diese Regelung entspricht § 214 AO.

Wer sich zur Erfüllung steuerlicherPflichten, die ihm auf Grund einesder Steueraufsicht unterliegendenSachverhalts obliegen, durch einenmit der Wahrnehmung dieser Pflich-ten beauftragten Angehörigen seinesBetriebs oder Unternehmens vertre-ten lässt, bedarf der Zustimmung derZollbehörde. Dies gilt nicht für dieVertretung in Einfuhrabgabensachenim Sinne von Artikel 4 Nr. 10 desZollkodexes und § 1 Absatz 1 Satz 3des Zollverwaltungsgesetzes im Zu-sammenhang mit dem Erhalt einerzollrechtlichen Bestimmung im Sin-ne von Artikel 4 Nr. 15 des Zollko-dexes.

§ 142Steuerhilfspersonen

Zur Feststellung von Tatsachen, diezoll- oder verbrauchsteuerrechtlicherheblich sind, kann die Zollbehörde

Diese Regelung entspricht § 217 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehörde

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

433

Personen, die vom Ergebnis derFeststellung nicht selbst betroffenwerden, als Steuerhilfspersonen be-stellen.

ersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

434

FÜNFTER TEIL

ERHEBUNGSVERFAHREN

Fünfter Teil Erhebungsverfahren

ERSTER ABSCHNITT

Verwirklichung, Fälligkeit undErlöschen von Ansprüchen aus

dem Steuerschuldverhältnis1. Unterabschnitt

Verwirklichung und Fälligkeit vonAnsprüchen aus dem Steuer-

schuldverhältnis§ 143

Verwirklichung von Ansprüchenaus dem Steuerschuldverhältnis(1) Grundlage für die Verwirkli-

chung von Ansprüchen aus demSteuerschuldverhältnis (§ 28) sinddie Steuerbescheide, die Steuerver-gütungsbescheide, die Haftungsbe-scheide und die Verwaltungsakte,durch die steuerliche Nebenleistun-gen festgesetzt werden; bei denSäumniszuschlägen genügt die Ver-wirklichung des gesetzlichen Tatbe-stands (§ 161).

§ 143 entspricht § 218 AO, wobei derBegriff der Finanzbehörde durch denBegriff der Zollbehörde ersetzt wor-den ist.

(2) Über Streitigkeiten, die dieVerwirklichung der Ansprüche imSinne des Absatzes 1 betreffen, ent-scheidet die Zollbehörde durch Ver-waltungsakt. Dies gilt auch, wenndie Streitigkeit einen Erstattungsan-spruch (§ 28 Abs. 2) betrifft.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

435

§ 144Zahlungsaufforderung bei Haf-

tungsbescheidenWenn nichts anderes bestimmt ist,darf ein Haftungsschuldner auf Zah-lung nur in Anspruch genommenwerden, soweit die Vollstreckung indas bewegliche Vermögen des Steu-erschuldners ohne Erfolg gebliebenoder anzunehmen ist, dass die Voll-streckung aussichtslos sein würde.Diese Einschränkung gilt nicht,wenn die Haftung darauf beruht, dassder Haftungsschuldner Steuerhinter-ziehung oder Steuerhehlerei began-gen hat.

§ 144 entspricht § 219 AO, ist aller-dings um die Bezugnahmen auf dielohnsteuerrechtlichen Einbehaltungs-und Abführungspflichten bereinigtworden.

§ 145Stundung

Zu Art. 229 ZKDie Zollbehörden können Ansprücheaus dem Steuerschuldverhältnis ganzoder teilweise stunden, wenn dieEinziehung bei Fälligkeit eine er-hebliche Härte für den Schuldnerbedeuten würde und der Anspruchdurch die Stundung nicht gefährdeterscheint.

§ 145 entspricht § 222 AO, ist aller-dings um die lohnsteuerrechtlichenEinbehaltungs- und Abführungs-pflichten bereinigt worden.

§ 146Zahlungsaufschub

Bei Einfuhr- und Ausfuhrabgabensowie Verbrauchsteuern kann dieZahlung fälliger Beträge auf Antrag

§ 146 entspricht § 223 AO. Für Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben bestehenmit den Artikeln 224 bis 228 Zollko-dex eigenständig Vorschriften.

des Steuerschuldners gegen Sicher-heitsleistung hinausgeschoben wer-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

436

den, soweit die Steuergesetze diesbestimmen.

2. UnterabschnittZahlung, Aufrechnung, Erlass

§ 147Leistungsort, Tag der Zahlung

Zu Art. 223 ZK(1) Zahlungen an Zollbehörden

sind an die zuständige Kasse zu ent-richten. Außerhalb des Kassenraumskönnen Zahlungsmittel nur einemAmtsträger übergeben werden, derzur Annahme von Zahlungsmittelnaußerhalb des Kassenraums beson-ders ermächtigt worden ist und sichhierüber ausweisen kann.

Diese Regelung entspricht §224 AO,wobei der Begriff der Finanzbehör-den durch den Begriff der Zollbehör-den ersetzt worden ist.

(2) Eine wirksam geleistete Zah-lung gilt als entrichtet:

1. bei Übergabe oder Übersen-dung von Zahlungsmitteln amTag des Eingangs,

2. bei Überweisung oder Einzah-lung auf ein Konto der Zollbe-hörde und bei Einzahlung mitZahlschein oder Postanweisungan dem Tag, an dem der Betragder Zollbehörde gutgeschriebenwird,

3. bei Vorliegen einer Einzugser-mächtigung am Fälligkeitstag.

(3) Zahlungen der Zollbehördensind unbar zu leisten. Das Bundes-ministerium der Finanzen und die fürdie Finanzverwaltung zuständigenobersten Landesbehörden können für

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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ihre Geschäftsbereiche Ausnahmenzulassen. Als Tag der Zahlung giltbei Überweisung oder Zahlungsan-weisung der dritte Tag nach der Hin-gabe oder Absendung des Auftragesan das Kreditinstitut oder, wenn derBetrag nicht sofort abgebucht wer-den soll, der dritte Tag nach der Ab-buchung.

(4) Die zuständige Kasse kann fürdie Übergabe von Zahlungsmittelngegen Quittung geschlossen werden.Absatz 2 Nr. 1 gilt entsprechend,wenn bei der Schließung von Kassennach Satz 1 am Ort der Kasse eineoder mehrere Zweiganstalten derDeutschen Bundesbank oder, fallssolche am Ort der Kasse nicht beste-hen, ein oder mehrere Kreditinstituteermächtigt werden, für die KasseZahlungsmittel gegen Quittung an-zunehmen.

§ 148Reihenfolge der Tilgung

(1) Schuldet ein Steuerpflichtigermehrere Beträge und reicht bei frei-williger Zahlung der gezahlte Betragnicht zur Tilgung sämtlicher Schul-den aus, so wird die Schuld getilgt,die der Steuerpflichtige bei der Zah-lung bestimmt.

Diese Regelung entspricht § 225 AO,wobei der Begriff der Finanzbehör-den durch den Begriff der Zollbehör-den ersetzt worden ist.

(2) Trifft der Steuerpflichtige keineBestimmung, so werden mit einerfreiwilligen Zahlung, die nicht sämt-liche Schulden deckt, zunächst dieGeldbußen, sodann nacheinander dieZwangsgelder, die Steuerabzugsbe-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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träge, die übrigen Steuern, die Ko-sten, die Verspätungszuschläge, dieZinsen und die Säumniszuschlägegetilgt. Innerhalb dieser Reihenfolgesind die einzelnen Schulden nachihrer Fälligkeit zu ordnen; beigleichzeitig fällig gewordenen Be-trägen und bei den Säumniszuschlä-gen bestimmt die Zollbehörde dieReihenfolge der Tilgung.

(3) Wird die Zahlung im Verwal-tungsweg erzwungen (§ 167) undreicht der verfügbare Betrag nichtzur Tilgung aller Schulden aus, de-rentwegen die Vollstreckung oder dieVerwertung der Sicherheiten erfolgtist, so bestimmt die Zollbehörde dieReihenfolge der Tilgung.

§ 149Aufrechnung

Zu Art. 223 ZKDiese Regelung entspricht § 226 AO.

(1) Für die Aufrechnung mit An-sprüchen aus dem Steuerschuldver-hältnis sowie für die Aufrechnunggegen diese Ansprüche gelten sinn-gemäß die Vorschriften des bürgerli-chen Rechts, soweit nichts anderesbestimmt ist.

(2) Mit Ansprüchen aus dem Steu-erschuldverhältnis kann nicht aufge-rechnet werden, wenn sie durchVerjährung oder Ablauf einer Aus-schlussfrist erloschen sind.

(3) Die Steuerpflichtigen könnengegen Ansprüche aus dem Steuer-schuldverhältnis nur mit unbestritte-nen oder rechtskräftig festgestellten

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Gegenansprüchen aufrechnen.(4) Für die Aufrechnung gilt als

Gläubiger oder Schuldner eines An-spruchs aus dem Steuerschuldver-hältnis auch die Körperschaft, die dieSteuer verwaltet.

3. UnterabschnittZahlungsverjährung

§ 150Gegenstand der Verjährung, Ver-

jährungsfristDiese Regelung entspricht § 228 AO

Ansprüche aus dem Steuerschuld-verhältnis unterliegen einer besonde-ren Zahlungsverjährung. Die Verjäh-rungsfrist beträgt fünf Jahre.

§ 151Beginn der Verjährung Diese Regelung entspricht § 229 AO.

(1) Die Verjährung beginnt mitAblauf des Kalenderjahrs, in dem derAnspruch erstmals fällig gewordenist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ab-lauf des Kalenderjahres, in dem dieFestsetzung eines Anspruch aus demSteuerschuldverhältnis oder ihreAufhebung wirksam geworden ist,aus der sich der Anspruch ergibt;eine Steueranmeldung steht einerSteuerfestsetzung gleich.

(2) Ist ein Haftungsbescheid ohneZahlungsaufforderung ergangen, sobeginnt die Verjährung mit Ablaufdes Kalenderjahrs, in dem der Haf-tungsbescheid wirksam geworden

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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ist.

§ 152Hemmung der Verjährung Diese Regelung entspricht § 230 AO.

Die Verjährung ist gehemmt, solangeder Anspruch wegen höherer Gewaltinnerhalb der letzten sechs Monateder Verjährungsfrist nicht verfolgtwerden kann.

§ 153Unterbrechung der Verjährung(1) Die Verjährung wird unterbro-

chen durch schriftliche Geltendma-chung des Anspruches, durch Zah-lungsaufschub, durch Stundung,durch Aussetzung der Vollziehung,durch Sicherheitsleistung, durchVollstreckungsaufschub, durch eineVollstreckungsmaßnahme, durchAnmeldung im Insolvenzverfahren,durch Aufnahme in einen Insolvenz-plan oder einen gerichtlichen Schul-denbereinigungsplan, durch Einbe-ziehung in ein Verfahren, das dieRestschuldbefreiung für den Schuld-ner zum Ziel hat, und durch Ermitt-lungen der Zollbehörde nach demWohnsitz oder dem Aufenthaltsortdes Zahlungspflichtigen. § 102 Abs.1 Satz 2 gilt sinngemäß.

Diese Regelung entspricht § 231 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die Unterbrechung der Verjäh-rung durch Zahlungsaufschub, durchStundung, durch Aussetzung derVollziehung, durch Sicherheitslei-stung, durch Vollstreckungsaufschub,durch eine Vollstreckungsmaßnah-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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me, die zu einem Pfändungspfand-recht, einer Zwangshypothek odereinem sonstigen Vorzugsrecht aufBefriedigung führt, durch Anmel-dung im Insolvenzverfahren, durchAufnahme in einen Insolvenzplanoder einen gerichtlichen Schuldenbe-reinigungsplan oder durch Einbezie-hung in ein Verfahren, das die Rest-schuldbefreiung für den Schuldnerzum Ziel hat, dauert fort, bis derZahlungsaufschub, die Stundung, dieAussetzung der Vollziehung oder derVollstreckungsaufschub abgelaufen,die Sicherheit, das Pfändungspfand-recht, die Zwangshypothek oder einsonstiges Vorzugsrecht auf Befriedi-gung erloschen, das Insolvenzverfah-ren beendet ist, der Insolvenzplanoder der gerichtliche Schuldenberei-nigungsplan erfüllt oder hinfälligwird, die Restschuldbefreiung wirk-sam wird oder das Verfahren, das dieRestschuldbefreiung zum Ziel hat,vorzeitig beendet wird. Wird gegendie Zollbehörde ein Anspruch gel-tend gemacht, so endet die hierdurcheingetretene Unterbrechung derVerjährung nicht, bevor über denAnspruch rechtskräftig entschiedenworden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs,in dem die Unterbrechung geendethat, beginnt eine neue Verjährungs-frist.

(4) Die Verjährung wird nur in Hö-he des Betrags unterbrochen, auf densich die Unterbrechungshandlungbezieht.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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§ 154Wirkung der Verjährung Diese Regelung entspricht § 232 AO.

Durch die Verjährung erlöschen derAnspruch aus dem Steuerschuldver-hältnis und die von ihm abhängendenZinsen.

ZWEITER ABSCHNITT

Verzinsung, Säumniszuschläge1. Unterabschnitt

Verzinsung§ 155

Grundsatz Diese Regelung entspricht § 233 AO.Ansprüche aus dem Steuerschuld-verhältnis (§ 28) werden nur ver-zinst, soweit dies gesetzlich vorge-schrieben ist. Ansprüche auf steuer-liche Nebenleistungen (§ 2) und dieentsprechenden Erstattungsansprü-che werden nicht verzinst.

§ 156Verzinsung von hinterzogenen

SteuernDiese Regelung entspricht § 235 AO.

(1) Hinterzogene Steuern sind zuverzinsen. Zinsschuldner ist derjeni-ge, zu dessen Vorteil die Steuernhinterzogen worden sind. Wird dieSteuerhinterziehung dadurch began-gen, dass ein anderer als der Steuer-schuldner seine Verpflichtung, ein-behaltene Steuern an die Zollbehördeabzuführen oder Steuern zu Lasteneines anderen zu entrichten, nicht er-füllt, so ist dieser Zinsschuldner.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

443

(2) Der Zinslauf beginnt mit demEintritt der Verkürzung oder der Er-langung des Steuervorteils, es seidenn, dass die hinterzogenen Beträgeohne die Steuerhinterziehung erstspäter fällig geworden wären. In die-sem Fall ist der spätere Zeitpunktmaßgebend.

(3) Der Zinslauf endet mit derZahlung der hinterzogenen Steuern.Für eine Zeit, für die ein Säumniszu-schlag verwirkt, die Zahlung gestun-det oder die Vollziehung ausgesetztist, werden Zinsen nach dieser Vor-schrift nicht erhoben. Wird der Steu-erbescheid nach Ende des Zinslaufsaufgehoben oder geändert, so bleibendie bis dahin entstandenen Zinsenunberührt.

§ 157Prozesszinsen auf Erstattungsbe-

trägeZu Art. 241 ZK

Diese Regelung entspricht § 236 AO.

(1) Wird durch eine rechtskräftigegerichtliche Entscheidung oder aufGrund einer solchen Entscheidungeine festgesetzte Steuer herabgesetztoder eine Steuervergütung gewährt,so ist der zu erstattende oder zu ver-gütende Betrag vorbehaltlich desAbsatzes 3 vom Tag der Rechtshän-gigkeit an bis zum Auszahlungstagzu verzinsen. Ist der zu erstattendeBetrag erst nach Eintritt der Rechts-hängigkeit entrichtet worden, so be-ginnt die Verzinsung mit dem Tagder Zahlung.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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(2) Absatz 1 ist entsprechend an-zuwenden, wenn

1. sich der Rechtsstreit durchAufhebung oder Änderung desangefochtenen Verwaltungsak-tes oder durch Erlass des bean-tragten Verwaltungsaktes erle-digt oder

2. eine rechtskräftige gerichtlicheEntscheidung oder ein unan-fechtbarer Verwaltungsakt,durch den sich der Rechtsstreiterledigt hat, zur Herabsetzungder in einem Folgebescheidfestgesetzten Steuer, führt.

(3) Ein zu erstattender oder zu ver-gütender Betrag wird nicht verzinst,soweit dem Beteiligten die Kostendes Rechtsbehelfs nach § 137 Satz 1der Finanzgerichtsordnung auferlegtworden sind.

(4) Ein Zinsbescheid ist nicht auf-zuheben oder zu ändern, wenn derSteuerbescheid nach Abschluss desRechtsbehelfsverfahrens aufgehobenoder geändert wird.

§ 158Zinsen bei Aussetzung der Vollzie-

hungZu Art. 244, 245 ZK

(1) Soweit ein Einspruch oder eineAnfechtungsklage gegen einen Steu-erbescheid, eine Steueranmeldungoder einen Verwaltungsakt, der

Diese Regelung entspricht § 237 AO.Obwohl das Gemeinschaftszollrechtdie Aussetzung der Vollziehungkennt, ist ihm doch die Erhebung vonAussetzungszinsen unbekannt. DieseZinsen sind jedoch als ein Teil desRechtsbehelfsverfahrens anzusehen,dessen Einzelheiten von den Mit-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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einen Steuervergütungsbescheid auf-hebt oder ändert, oder gegen eineEinspruchsentscheidung über einendieser Verwaltungsakte endgültigkeinen Erfolg gehabt hat, ist der ge-schuldete Betrag, hinsichtlich dessendie Vollziehung des angefochtenenVerwaltungsakts ausgesetzt wurde,zu verzinsen. Satz 1 gilt entspre-chend, wenn nach Einlegung einesförmlichen außergerichtlichen odergerichtlichen Rechtsbehelfs gegeneinen Grundlagenbescheid (§ 104Abs. 9) oder eine Rechtsbehelfsent-scheidung über einen Grundlagenbe-scheid die Vollziehung eines Folge-bescheides ausgesetzt wurde.

staaten geregelt werden, so dass dieVorschrift auch auf Aussetzungszin-sen für Einfuhr- und AusfuhrabgabenAnwendung findet520.

(2) Zinsen werden erhoben vomTag des Eingangs des außergerichtli-chen Rechtsbehelfs bei der Behörde,deren Verwaltungsakt angefochtenwird, oder vom Tag der Rechtshän-gigkeit beim Gericht an bis zum Tag,an dem die Aussetzung der Vollzie-hung endet. Ist die Vollziehung erstnach dem Eingang des außergericht-lichen Rechtsbehelfs oder erst nachder Rechtshängigkeit ausgesetztworden, so beginnt die Verzinsungmit dem Tag, an dem die Wirkungder Aussetzung der Vollziehung be-ginnt.

(3) Ein Zinsbescheid ist nicht auf-zuheben oder zu ändern, wenn derSteuerbescheid nach Abschluss desEinspruchsverfahrens aufgehoben,geändert oder nach § 100 berichtigt

520 Henke, Reginhard, / Huchatz, Wolfgang, a.a.O., (FN 343).

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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wird.

§ 159Höhe und Berechnung der Zinsen

Zu Art. 229, 232, 241 ZK(1) Die Zinsen betragen für je-den Monat einhalb vom Hundert. Siesind von dem Tag an, an dem derZinslauf beginnt, nur für volle Mo-nate zu zahlen; angefangene Monatebleiben außer Ansatz. Erlischt der zuverzinsende Anspruch durch Auf-rechnung, gilt der Tag, an dem dieSchuld des Aufrechnenden fälligwird, als Tag der Zahlung.(2) Für die Berechnung der Zin-sen wird der zu verzinsende Betragjeder Steuerart mit Ausnahme derEinfuhr- und Ausfuhrabgaben aufvolle fünfzig Euro nach unten abge-rundet.

Diese Regelung entspricht § 238 Ab-sätze 1 und 2 AO, jedoch mit demHinweis, dass eine Abrundung fürEinfuhr- und Ausfuhrabgaben nichtzur Anwendung kommt, weil nachdem gemeinschaftsrechtlichen Zoll-recht der ungekürzte Abgabenbetragzu verzinsen ist.

§ 160Festsetzung der Zinsen Diese Regelung entspricht § 239 AO.

(1) Auf die Zinsen sind die für dieSteuern geltenden Vorschriften ent-sprechend anzuwenden, jedoch be-trägt die Festsetzungsfrist ein Jahr.Die Festsetzungsfrist beginnt:

1. bei Stundungszinsen mit Ab-lauf des Kalenderjahrs, in demdie Stundung geendet hat,

2. bei Zinsen auf hinterzogenenSteuern mit Ablauf des Kalen-derjahrs, in dem die Festset-zung der hinterzogenen Steuern

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

447

unanfechtbar geworden ist, je-doch nicht vor Ablauf des Ka-lenderjahrs, in dem ein einge-leitetes Strafverfahren rechts-kräftig abgeschlossen wordenist,

3. bei Prozesszinsen auf Erstat-tungsbeträge mit Ablauf desKalenderjahrs, in dem die Steu-er erstattet oder die Steuerver-gütung ausgezahlt worden ist,

4. bei Aussetzungszinsen mitAblauf des Kalenderjahrs, indem ein Einspruch oder eineAnfechtungsklage endgültig er-folglos geblieben ist.

(2) Zinsen sind auf volle Euro zumVorteil des Steuerpflichtigen gerun-det festzusetzen. Sie werden nurdann festgesetzt, wenn sie minde-stens 10 Euro betragen.

2. UnterabschnittSäumniszuschläge

§ 161Säumniszuschläge

Zu Art. 232 ZK(1) Wird eine Steuer nicht bis zum

Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet,so ist für jeden angefangenen Monatder Säumnis ein Säumniszuschlagvon eins vom Hundert des rückstän-digen auf fünfzig Euro nach untenabgerundeten Steuerbetrags zu ent-richten. Das gleiche gilt für zurück-zuzahlende Steuervergütungen undHaftungsschulden, soweit sich die

§ 161 Absätze 1 bis 4 entsprechen§ 240 Absätze 1 bis 4 AO.Für nicht rechtzeitig gezahlte Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben enthält dasGemeinschaftszollrecht in Artikel232 Zollkodex Sonderregelungenhinsichtlich der Erhebung von Säum-niszinsen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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Haftung auf Steuern und zurückzu-zahlende Steuervergütungen er-streckt. Wird die Festsetzung einerSteuer oder Steuervergütung aufge-hoben oder geändert, so bleiben diebis dahin verwirkten Säumniszu-schläge unberührt; das gleiche gilt,wenn ein Haftungsbescheid zurück-genommen oder widerrufen wird.Erlischt der Anspruch durch Auf-rechnung, bleiben Säumniszuschlägeunberührt, die bis zur Fälligkeit derSchuld des Aufrechnenden entstan-den sind.

(2) Säumniszuschläge entstehennicht bei steuerlichen Nebenleistun-gen.

(3) Ein Säumniszuschlag kannauch dann erhoben werden, wenn derAbgabenbetrag bei einer Säumnis biszu fünf Tagen übergeben oder über-sandt wird.

(4) In den Fällen der Gesamtschuldentstehen Säumniszuschläge gegen-über jedem säumigen Gesamtschuld-ner. Insgesamt ist jedoch kein höhe-rer Säumniszuschlag zu entrichtenals verwirkt worden wäre, wenn dieSäumnis nur bei einem Gesamt-schuldner eingetreten wäre.

§ 162Wirkung der Hinterlegung von

ZahlungsmittelnZu Art. 857, 858 ZKDVO

Diese Regelung entspricht § 242 AO.

Zahlungsmittel, die bei der zuständi-gen Zollbehörde hinterlegt werden,gehen in das Eigentum des Bundes

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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über. Die Forderung auf Rückzah-lung ist nicht zu verzinsen. Mit derHinterlegung erwirbt die Körper-schaft, deren Forderung durch dieHinterlegung gesichert werden soll,ein Pfandrecht an der Forderung aufRückerstattung der hinterlegtenZahlungsmittel.

§ 163Verpfändung von Wertpapieren

Zu Art. 857 ZKDVODiese Regelung entspricht § 243 AO.

Die Sicherheitsleistung durch Ver-pfändung von Wertpapieren ist nurzulässig, wenn der Verwahrer dieGewähr für die Umlauffähigkeitübernimmt. Die Übernahme dieserGewähr umfasst die Haftung dafür,

1. dass das Rückforderungsrechtdes Hinterlegers durch gericht-liche Sperre und Beschlagnah-me nicht beschränkt ist,

2. dass die anvertrauten Wertpa-piere in den Sammellisten auf-gerufener Wertpapiere nicht alsgestohlen oder als verloren ge-meldet und weder mit Zah-lungssperre belegt noch zurKraftloserklärung aufgebotenoder für kraftlos erklärt wordensind,

3. dass die Wertpapiere auf denInhaber lauten, oder, falls sieauf den Namen ausgestellt sind,mit Blankoindossament verse-hen und auch sonst nicht ge-sperrt sind, und dass die Zins-scheine und die Erneuerungs-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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scheine bei den Stücken sind.

§ 164Taugliche Steuerbürgen

Zu Art. 195 ZK(1) Schuldversprechen und Bürg-

schaften nach dem Bürgerlichen Ge-setzbuch sowie Wechselverpflich-tungen aus Artikel 28 oder 78 desWechselgesetzes sind als Sicherheitnur geeignet, wenn sie von Personenabgegeben oder eingegangen wordensind, die

§ 164 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 244 Absätze 1 und 2 AO.

1. ein der Höhe der zu leistendenSicherheit angemessenes Ver-mögen besitzen und

2. ihren allgemeinen oder einenvereinbarten Gerichtsstand imGeltungsbereich dieses Geset-zes haben.

Bürgschaften müssen den Verzichtauf die Einrede der Vorausklage nach§ 771 des Bürgerlichen Gesetzbuchsenthalten. Sicherungsgeber und Si-cherungsnehmer dürfen nicht wech-selseitig füreinander Sicherheit lei-sten und auch nicht wirtschaftlichmiteinander verflochten sein. Überdie Annahme von Bürgschaftserklä-rungen in den Verfahren nach demA.T.A.-Übereinkommen vom 6. De-zember 1961 (BGBl. 1965 II S. 948)und dem TIR-Übereinkommen vom14. November 1975 (BGBl. 1979 IIS. 445) in ihren jeweils gültigen Fas-sungen entscheidet das Bundesmini-sterium der Finanzen.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Über die Annahme von Bürg-schaftserklärungen über Einzelsi-cherheiten in Form von Sicherheit-stiteln nach der Verordnung (EWG)Nr. 2454/93 der Kommission vom 2.Juli 1993 mit Durchführungsvor-schriften zu der Verordnung (EWG)Nr. 2913/92 des Rates zur Festle-gung des Zollkodexes der Gemein-schaften (ABl. EG Nr. L 253 S. 1)und dem Übereinkommen vom 20.Mai 1987 über ein gemeinsamesVersandverfahren (ABl. EG Nr. L226 S.) in ihren jeweils gültigen Fas-sungen entscheidet die Oberfinanzdi-rektion Nürnberg..

(2) Für die Zulassung als Steuer-bürge ist die Oberfinanzdirektionzuständig, in deren Bezirk sich derSitz des Unternehmens befindet. Beiausländischen Unternehmen, die eineNiederlassung im Geltungsbereichdieses Gesetzes haben, bestimmt sichdie Zuständigkeit nach dem Ort derNiederlassung, bei mehreren Nie-derlassungen nach dem Ort der wirt-schaftlich bedeutendsten; bestehtkeine Niederlassung, ist die Oberfi-nanzdirektion zuständig, in derenBezirk erstmalig eine Bürgschaftübernommen werden soll. Bei derZulassung ist ein Höchstbetrag fest-zusetzen (Bürgschaftssumme). Diegesamten Verbindlichkeiten ausSchuldversprechen, Bürgschaftenund Wechselverpflichtungen, die derSteuerbürge gegenüber der Finanz-verwaltung übernommen hat, dürfennicht über die Bürgschaftssummehinausgehen.

Hinsichtlich der Anforderungen aneinen Bürgen besteht die gemein-schaftsrechtliche vorrangige Rege-lung, dass der Bürge lediglich in derGemeinschaft ansässig sein muss.

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§ 165Annahmewerte

Zu Art. 857 ZKDVODie Zollbehörde bestimmt nach ih-rem Ermessen, zu welchen WertenGegenstände als Sicherheit anzu-nehmen sind. Der Annahmewert darfjedoch den bei einer Verwertung zuerwartenden Erlös abzüglich der Ko-sten der Verwertung nicht überstei-gen

§ 165 entspricht § 246 AO. Für dasgemeinschaftliche Zollrecht wird aufden abschließenden Sicherheitenka-talog in Artikel 857 ZKDVO hinge-wiesen.

§ 166Austausch von Sicherheiten

Zu Art. 857 ZKDVO(1) Wer nach den vorangegangenen

Vorschriften Sicherheit geleistet hat,ist berechtigt, die Sicherheit odereinen Teil davon durch eine anderegeeignete Sicherheit zu ersetzen.

§ 166 Absatz 1 entspricht § 247 AO.

(2) Für die nach den Vorschriftendes Gemeinschaftsrechts zu leisten-den Sicherheiten findet Absatz 1 ent-sprechende Anwendung.

Um den Sicherungsgeber, der für Ein-fuhr- und Ausfuhrabgaben Sicherheitleisten muss nicht schlechter zu stel-len, als den Sicherungsgeber, der nurfür national geschuldete AbgabenSicherheit leisten muss, muss § 166auch für Sicherheiten hinsichtlichEinfuhr- und Ausfuhrabgaben ent-sprechend gelten.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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SECHSTER TEIL

VOLLSTRECKUNG

Sechster Teil Vollstreckung

ERSTER ABSCHNITT

Allgemeine Vorschriften§ 167

Vollstreckungsbehörden(1) Die Zollbehörden können Ver-

waltungsakte, mit denen eine Geld-leistung, eine sonstige Handlung,eine Duldung oder Unterlassung ge-fordert wird, im Verwaltungswegvollstrecken. Dies gilt auch für Steu-eranmeldungen. Vollstreckungsbe-hörden sind die Hauptzollämter.

Diese Regelung entspricht § 249 AO,wobei der Begriff der Finanzbehör-den durch den Begriff der Zollbehör-den ersetzt worden ist.

(2) Zur Vorbereitung der Vollstrek-kung können die Zollbehörden dieVermögens- und Einkommensver-hältnisse des Vollstreckungsschuld-ners ermitteln. Die Zollbehörde darfihr bekannte, nach § 21 geschützteDaten, die sie bei der Vollstreckungwegen Steuern und steuerlicher Ne-benleistungen verwenden darf, auchbei der Vollstreckung wegen andererGeldleistungen als Steuern und steu-erlicher Nebenleistungen verwenden.

§ 168Vollstreckungsersuchen Diese Regelung entspricht § 250 AO.

(1) Soweit eine Vollstreckungsbe-hörde auf Ersuchen einer anderenVollstreckungsbehörde Vollstrek-kungsmaßnahmen ausführt, tritt siean die Stelle der anderen Vollstrek-kungsbehörde. Für die Vollstreck-barkeit des Anspruchs bleibt die er-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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suchende Vollstreckungsbehördeverantwortlich.

(2) Hält sich die ersuchte Voll-streckungsbehörde für unzuständigoder hält sie die Handlung, um diesie ersucht worden ist, für unzuläs-sig, so teilt sie ihre Bedenken derersuchenden Vollstreckungsbehördemit. Besteht diese auf der Ausfüh-rung des Ersuchens und lehnt dieersuchte Vollstreckungsbehörde dieAusführung ab, so entscheidet dieAufsichtsbehörde der ersuchten Voll-streckungsbehörde.

§ 169Vollstreckbare Verwaltungsakte(1) Verwaltungsakte können voll-

streckt werden, soweit nicht ihreVollziehung ausgesetzt oder dieVollziehung durch Einlegung einesRechtsbehelfs gehemmt ist (§ 259;§ 69 der Finanzgerichtsordnung).

Diese Regelung entspricht § 251 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Unberührt bleiben die Vor-schriften der Insolvenzordnung so-wie § 79 Abs. 2 des Bundesverfas-sungsgerichtsgesetzes. Die Zollbe-hörde ist berechtigt, in den Fällendes § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308Abs. 1 der Insolvenzordnung gegenden Schuldner im Verwaltungswegezu vollstrecken.

(3) Macht die Zollbehörde im In-solvenzverfahren einen Anspruchaus dem Steuerschuldverhältnis alsInsolvenzforderung geltend, so stelltsie erforderlichenfalls die Insolvenz-forderung durch schriftlichen Ver-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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waltungsakt fest.

§ 170Vollstreckungsgläubiger Diese Regelung entspricht § 252 AO.

Im Vollstreckungsverfahren gilt dieKörperschaft als Gläubigerin der zuvollstreckenden Ansprüche, der dieVollstreckungsbehörde angehört.

§ 171Vollstreckungsschuldner Diese Regelung entspricht § 253 AO.

Vollstreckungsschuldner ist derjeni-ge, gegen den sich ein Vollstrek-kungsverfahren richtet.

§ 172Voraussetzungen für den Beginn

der VollstreckungDiese Regelung entspricht § 254 AO.

(1) Soweit nichts anderes bestimmtist, darf die Vollstreckung erst begin-nen, wenn die Leistung fällig ist undder Vollstreckungsschuldner zur Lei-stung oder Duldung oder Unterlas-sung aufgefordert worden ist (Lei-stungsgebot) und seit der Aufforde-rung mindestens eine Woche verstri-chen ist. Das Leistungsgebot kannmit dem zu vollstreckenden Verwal-tungsakt verbunden werden. Ein Lei-stungsgebot ist auch dann erforder-lich, wenn der Verwaltungsakt gegenden Vollstreckungsschuldner wirkt,ohne ihm bekannt gegeben zu sein.Soweit der Vollstreckungsschuldnereine von ihm auf Grund einer Steuer-anmeldung geschuldete Leistung

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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nicht erbracht hat, bedarf es einesLeistungsgebots nicht.

(2) Eines Leistungsgebots wegender Säumniszuschläge und Zinsenbedarf es nicht, wenn sie zusammenmit der Steuer beigetrieben werden.Dies gilt sinngemäß für die Voll-streckungskosten, wenn sie zusam-men mit dem Hauptanspruch beige-trieben werden.

§ 173Vollstreckung gegen juristische

Personen des öffentlichen RechtsDiese Regelung entspricht § 255 AO.

(1) Gegen den Bund oder ein Landist die Vollstreckung nicht zulässig.Im übrigen ist die Vollstreckung ge-gen juristische Personen des öffentli-chen Rechts, die der Staatsaufsichtunterliegen, nur mit Zustimmung derbetreffenden Aufsichtsbehörde zu-lässig. Die Aufsichtsbehörde be-stimmt den Zeitpunkt der Vollstrek-kung und die Vermögensgegenstän-de, in die vollstreckt werden kann.

(2) Gegenüber öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten geltendie Beschränkungen des Absatzes 1nicht.

§ 174Einwendungen gegen die Voll-

streckungDiese Regelung entspricht § 256 AO.

Einwendungen gegen den zu voll-streckenden Verwaltungsakt sindaußerhalb des Vollstreckungsverfah-rens mit den hierfür zugelassenen

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Rechtsbehelfen zu verfolgen.

§ 175Einstellung und Beschränkung der

VollstreckungDiese Regelung entspricht § 257 AO.

(1) Die Vollstreckung ist einzu-stellen oder zu beschränken, sobald

1. die Vollstreckbarkeitsvoraus-setzungen des § 167 Abs. 1weggefallen sind,

2. der Verwaltungsakt, aus demvollstreckt wird, aufgehobenwird,

3. der Anspruch auf die Leistungerloschen ist,

4. die Leistung gestundet wordenist.

(2) In den Fällen des Absatzes 1Nrn. 2 und 3 sind bereits getroffeneVollstreckungsmaßnahmen aufzuhe-ben. Ist der Verwaltungsakt durcheine gerichtliche Entscheidung auf-gehoben worden, so gilt dies nur,soweit die Entscheidung unanfecht-bar geworden ist und nicht auf Grundder Entscheidung ein neuer Verwal-tungsakt zu erlassen ist. Im übrigenbleiben die Vollstreckungsmaßnah-men bestehen, soweit nicht ihre Auf-hebung ausdrücklich angeordnetworden ist.

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§ 176Einstweilige Einstellung oder Be-

schränkung der VollstreckungDiese Regelung entspricht § 258 AO.

Soweit im Einzelfall die Vollstrek-kung unbillig ist, kann die Vollstrek-kungsbehörde sie einstweilen ein-stellen oder beschränken oder eineVollstreckungsmaßnahme aufheben.

ZWEITER ABSCHNITT

Vollstreckung wegen Geldforde-rungen

1. UnterabschnittAllgemeine Vorschriften

§ 177Mahnung Diese Regelung entspricht § 259 AO.

Der Vollstreckungsschuldner soll inder Regel vor Beginn der Vollstrek-kung mit einer Zahlungsfrist voneiner Woche gemahnt werden. AlsMahnung gilt auch ein Postnach-nahmeauftrag. Einer Mahnung be-darf es nicht, wenn der Vollstrek-kungsschuldner vor Eintritt der Fäl-ligkeit an die Zahlung erinnert wird.An die Zahlung kann auch durchöffentliche Bekanntmachung allge-mein erinnert werden.

§ 178Angabe des Schuldgrundes Diese Regelung entspricht § 260 AO.

Im Vollstreckungsauftrag oder in derPfändungsverfügung ist für die bei-zutreibenden Geldbeträge der

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Schuldgrund anzugeben.

§ 179Rechte Dritter Diese Regelung entspricht § 262 AO.

(1) Behauptet ein Dritter, dass ihmam Gegenstand der Vollstreckung eindie Veräußerung hinderndes Rechtzustehe oder werden Einwendungennach den §§ 772 bis 774 der Zivil-prozessordnung erhoben, so ist derWiderspruch gegen die Vollstrek-kung erforderlichenfalls durch Klagevor den ordentlichen Gerichten gel-tend zu machen. Als Dritter giltauch, wer zur Duldung der Vollstrek-kung in ein Vermögen, das von ihmverwaltet wird, verpflichtet ist, wenner geltend macht, dass ihm gehören-de Gegenstände von der Vollstrek-kung betroffen seien. Welche Rechtedie Veräußerung hindern, bestimmtsich nach bürgerlichem Recht.

(2) Für die Einstellung der Voll-streckung und die Aufhebung vonVollstreckungsmaßnahmen gelten die§§ 769 und 770 der Zivilprozessord-nung.

(3) Die Klage ist ausschließlich beidem Gericht zu erheben, in dessenBezirk die Vollstreckung erfolgt.Wird die Klage gegen die Körper-schaft, der die Vollstreckungsbehör-de angehört, und gegen den Voll-streckungsschuldner gerichtet, sosind sie Streitgenossen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

460

§ 180Vollstreckung gegen Ehegatten Diese Regelung entspricht § 263 AO.

Für die Vollstreckung gegen Ehe-gatten sind die Vorschriften der§§ 739, 740, 741, 743, 744a und 745der Zivilprozessordnung entspre-chend anzuwenden.

§ 181Vollstreckung gegen Nießbraucher Diese Regelung entspricht § 264 AO.Für die Vollstreckung in Gegenstän-de, die dem Nießbrauch an einemVermögen unterliegen, ist die Vor-schrift des § 737 der Zivilprozess-ordnung entsprechend anzuwenden.

§ 182Vollstreckung gegen Erben Diese Regelung entspricht § 265 AO.

Für die Vollstreckung gegen Erbensind die Vorschriften der §§ 1958,1960 Abs. 3, § 1961 des Bürgerli-chen Gesetzbuchs sowie der §§ 747,748, 778, 779, 781 bis 784 der Zivil-prozessordnung entsprechend anzu-wenden.

§ 183Sonstige Fälle beschränkter Haf-

tungDiese Regelung entspricht § 266 AO.

Die Vorschriften der §§ 781 bis 784der Zivilprozessordnung sind auf dienach § 1489 des Bürgerlichen Ge-setzbuchs eintretende beschränkteHaftung, die Vorschrift des § 781 derZivilprozessordnung ist auf die nach

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

461

den §§ 1480, 1504 und 2187 desBürgerlichen Gesetzbuchs eintreten-de beschränkte Haftung entspre-chend anzuwenden.

§ 184Vollstreckungsverfahren gegen

nichtrechtsfähige Personenvereini-gungen

Diese Regelung entspricht § 267 AO.

Bei nichtrechtsfähigen Personenver-einigungen, die als solche steuer-pflichtig sind, genügt für die Voll-streckung in deren Vermögen einvollstreckbarer Verwaltungsakt ge-gen die Personenvereinigung. Diesgilt entsprechend für Zweckvermö-gen und sonstige einer juristischenPerson ähnliche steuerpflichtige Ge-bilde.

2. UnterabschnittVollstreckung in das bewegliche

VermögenI. Allgemeines

§ 185Pfändung Diese Regelung entspricht § 281 AO.

(1) Die Vollstreckung in das be-wegliche Vermögen erfolgt durchPfändung.

(2) Die Pfändung darf nicht weiterausgedehnt werden, als es zur Dek-kung der beizutreibenden Geldbeträ-ge und der Kosten der Vollstreckungerforderlich ist.

(3) Die Pfändung unterbleibt, wenndie Verwertung der pfändbaren Ge-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

462

genstände einen Überschuss über dieKosten der Vollstreckung nicht er-warten lässt.

§ 186Wirkung der Pfändung Diese Regelung entspricht § 282 AO.

(1) Durch die Pfändung erwirbt dieKörperschaft, der die Vollstrek-kungsbehörde angehört, ein Pfand-recht an dem gepfändeten Gegen-stand.

(2) Das Pfandrecht gewährt ihr imVerhältnis zu anderen Gläubigerndieselben Rechte wie ein Pfandrechtim Sinne des Bürgerlichen Gesetz-buchs; es geht Pfand- und Vorzugs-rechten vor, die im Insolvenzverfah-ren diesem Pfandrecht nicht gleich-gestellt sind.

(3) Das durch eine frühere Pfän-dung begründete Pfandrecht gehtdemjenigen vor, das durch eine spä-tere Pfändung begründet wird.

§ 187Ausschluss von Gewährleistungs-

ansprüchenDiese Regelung entspricht § 283 AO.

Wird ein Gegenstand auf Grund derPfändung veräußert, so steht demErwerber wegen eines Mangels imRecht oder wegen eines Mangels derveräußerten Sache ein Anspruch aufGewährleistung nicht zu.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

463

§ 188Eidesstattliche Versicherung Diese Regelung entspricht § 284 AO.

(1) Der Vollstreckungsschuldnerhat der Vollstreckungsbehörde aufVerlangen ein Verzeichnis seinesVermögens vorzulegen und für seineForderungen den Grund und die Be-weismittel zu bezeichnen, wenn

1. die Vollstreckung in das be-wegliche Vermögen nicht zueiner vollständigen Befriedi-gung geführt hat,

2. anzunehmen ist, dass durch dieVollstreckung in das bewegli-che Vermögen eine vollständigeBefriedigung nicht zu erlangensein wird,

3. der Vollstreckungsschuldner dieDurchsuchung verweigert hatoder

4. der Vollziehungsbeamte denVollstreckungsschuldner wie-derholt in seinen Wohn- undGeschäftsräumen nicht ange-troffen hat, nachdem er einmaldie Vollstreckung mindestenszwei Wochen vorher angekün-digt hatte; dies gilt nicht, wennder Vollstreckungsschuldnerseine Abwesenheit genügendentschuldigt und den Grundglaubhaft macht.

(2) Aus dem Vermögensverzeich-nis müssen auch ersichtlich sein

1. die in den letzten zwei Jahrenvor dem ersten zur Abgabe dereidesstattlichen Versicherunganberaumten Termin vorge-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

464

nommenen entgeltlichen Ver-äußerungen des Schuldners aneine nahestehende Person(§ 138 der Insolvenzordnung);

2. die in den letzten vier Jahrenvor dem ersten zur Abgabe dereidesstattlichen Versicherunganberaumten Termin von demSchuldner vorgenommenen un-entgeltlichen Leistungen, so-fern sie sich nicht auf ge-bräuchliche Gelegenheitsge-schenke geringen Werts richte-ten Sachen, die nach § 811 Abs.1 Nrn. 1, 2 der Zivilprozess-ordnung der Pfändung offen-sichtlich nicht unterworfensind, brauchen in dem Vermö-gensverzeichnis nicht angege-ben zu werden, es sei denn,dass eine Austauschpfändungin Betracht kommt.

(3) Der Vollstreckungsschuldnerhat zu Protokoll an Eides Statt zuversichern, dass er die von ihm ver-langten Angaben nach bestem Wis-sen und Gewissen richtig und voll-ständig gemacht habe. Die Vollstrek-kungsbehörde kann von der Abnah-me der eidesstattlichen Versicherungabsehen.

(4) Ein Vollstreckungsschuldner,der die in dieser Vorschrift oder diein § 807 der Zivilprozessordnungbezeichnete eidesstattliche Versiche-rung abgegeben hat, ist, wenn dieAbgabe der eidesstattlichen Versi-cherung in dem Schuldnerverzeich-nis (§ 915 der Zivilprozessordnung)noch nicht gelöscht ist, in den ersten

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

465

drei Jahren nach ihrer Abgabe zurnochmaligen eidesstattlichen Versi-cherung nur verpflichtet, wenn anzu-nehmen ist, dass er später Vermögenerworben hat oder dass ein bisherbestehendes Arbeitsverhältnis mitihm aufgelöst worden ist. Der in Ab-satz 1 genannten Voraussetzungenbedarf es nicht. Die Vollstreckungs-behörde hat von Amts wegen festzu-stellen, ob im Schuldnerverzeichniseine Eintragung darüber besteht, dassder Vollstreckungsschuldner inner-halb der letzten drei Jahre eine eides-stattliche Versicherung abgegebenhat.

(5) Für die Abnahme der eides-stattlichen Versicherung ist die Voll-streckungsbehörde zuständig, in de-ren Bezirk sich der Wohnsitz oderAufenthaltsort des Vollstreckungs-schuldners befindet. Liegen dieseVoraussetzungen bei der Vollstrek-kungsbehörde, die die Vollstreckungbetreibt, nicht vor, so kann sie dieeidesstattliche Versicherung abneh-men, wenn der Vollstreckungs-schuldner zu ihrer Abgabe bereit ist.

(6) Die Ladung zu dem Termin zurAbgabe der eidesstattlichen Versi-cherung ist dem Vollstreckungs-schuldner selbst zuzustellen. Wirdgegen die Anordnung der Abgabeder eidesstattlichen Versicherung einRechtsbehelf eingelegt und begrün-det, ist der Vollstreckungsschuldnererst nach Unanfechtbarkeit der Ent-scheidung über den Rechtsbehelf zurAbgabe der eidesstattlichen Versi-cherung verpflichtet. Dies gilt nicht,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

466

wenn und soweit die Einwendungenbereits in einem früheren Verfahrenunanfechtbar zurückgewiesen wor-den sind.

(7) Nach der Abgabe der eides-stattlichen Versicherung hat die Voll-streckungsbehörde dem nach § 899Abs. 1 der Zivilprozessordnung zu-ständigen Amtsgericht Namen, Vor-namen, Geburtstag und Anschrift desVollstreckungsschuldners sowie denTag der Abgabe der eidesstattlichenVersicherung zur Aufnahme in dasSchuldnerverzeichnis mitzuteilenund eine beglaubigte Abschrift desVermögensverzeichnisses zu über-senden. Die §§ 915a bis 915h derZivilprozessordnung sind anzuwen-den.

(8) Ist der Vollstreckungsschuldnerohne ausreichende Entschuldigung indem zur Abgabe der eidesstattlichenVersicherung anberaumten Terminvor der in Absatz 5 Satz 1 bezeich-neten Vollstreckungsbehörde nichterschienen oder verweigert er ohneGrund die Vorlage des Vermögens-verzeichnisses oder die Abgabe dereidesstattlichen Versicherung, sokann die Vollstreckungsbehörde, diedie Vollstreckung betreibt, das nach§ 899 Abs. 1 der Zivilprozessord-nung zuständige Amtsgericht umAnordnung der Haft zur Erzwingungder eidesstattlichen Versicherungersuchen. Die §§ 901, 902, 904 bis906, 909 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2,§§ 910 und 913 bis 915h der Zivil-prozessordnung sind sinngemäß an-zuwenden. Die Verhaftung des Voll-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

467

streckungsschuldners erfolgt durcheinen Gerichtsvollzieher. § 230 giltsinngemäß. Nach der Verhaftung desVollstreckungsschuldners kann dieeidesstattliche Versicherung von demnach § 902 der Zivilprozessordnungzuständigen Gerichtsvollzieher ab-genommen werden, wenn sich derSitz der in Absatz 5 bezeichnetenVollstreckungsbehörde nicht im Be-zirk des für den Gerichtsvollzieherzuständigen Amtsgerichts befindetoder wenn die Abnahme der eides-stattlichen Versicherung durch dieVollstreckungsbehörde nicht möglichist. Absatz 3 Satz 2 gilt entspre-chend.

(9) Der Beschluss des Amtsge-richts, der das Ersuchen der Voll-streckungsbehörde um Anordnungder Haft ablehnt, unterliegt der Be-schwerde nach den §§ 567 bis 577der Zivilprozessordnung.

II. Vollstreckung in Sachen§ 189

Vollziehungsbeamte Diese Regelung entspricht § 285 AO.(1) Die Vollstreckungsbehörde

führt die Vollstreckung in bewegli-che Sachen durch Vollziehungsbe-amte aus.

(2) Dem Vollstreckungsschuldnerund Dritten gegenüber wird der Voll-ziehungsbeamte zur Vollstreckungdurch schriftlichen Auftrag der Voll-streckungsbehörde ermächtigt; derAuftrag ist vorzuzeigen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

468

§ 190Vollstreckung in Sachen Diese Regelung entspricht § 286 AO.

(1) Sachen, die im Gewahrsam desVollstreckungsschuldners sind, pfän-det der Vollziehungsbeamte dadurch,dass er sie in Besitz nimmt.

(2) Andere Sachen als Geld, Kost-barkeiten und Wertpapiere sind imGewahrsam des Vollstreckungs-schuldners zu lassen, wenn die Be-friedigung hierdurch nicht gefährdetwird. Bleiben die Sachen im Ge-wahrsam des Vollstreckungsschuld-ners, so ist die Pfändung nur wirk-sam, wenn sie durch Anlegung vonSiegeln oder in sonstiger Weise er-sichtlich gemacht ist.

(3) Der Vollziehungsbeamte hatdem Vollstreckungsschuldner diePfändung mitzuteilen.

(4) Diese Vorschriften gelten auchfür die Pfändung von Sachen imGewahrsam eines Dritten, der zuihrer Herausgabe bereit ist.

§ 191Befugnisse des Vollziehungsbeam-

tenDiese Regelung entspricht § 287 AO.

(1) Der Vollziehungsbeamte ist be-fugt, die Wohn- und Geschäftsräumesowie die Behältnisse des Vollstrek-kungsschuldners zu durchsuchen,soweit dies der Zweck der Vollstrek-kung erfordert.

(2) Er ist befugt, verschlossene Tü-ren und Behältnisse öffnen zu lassen.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

469

(3) Wenn er Widerstand findet,kann er Gewalt anwenden und hierzuum Unterstützung durch Polizeibe-amte nachsuchen.

(4) Die Wohn- und Geschäftsräu-me des Vollstreckungsschuldnersdürfen ohne dessen Einwilligung nurauf Grund einer richterlichen Anord-nung durchsucht werden. Dies giltnicht, wenn die Einholung der An-ordnung den Erfolg der Durchsu-chung gefährden würde. Für dierichterliche Anordnung einer Durch-suchung ist das Amtsgericht zustän-dig, in dessen Bezirk die Durchsu-chung vorgenommen werden soll.

(5) Willigt der Vollstreckungs-schuldner in die Durchsuchung ein,oder ist eine Anordnung gegen ihnnach Absatz 4 Satz 1 ergangen odernach Absatz 4 Satz 2 entbehrlich, sohaben Personen, die Mitgewahrsaman den Wohn- oder Geschäftsräumendes Vollstreckungsschuldners haben,die Durchsuchung zu dulden. Unbil-lige Härten gegenüber Mitgewahr-saminhabern sind zu vermeiden.

(6) Die Anordnung nach Absatz 4ist bei der Vollstreckung vorzuzei-gen.

§ 192Zuziehung von Zeugen Diese Regelung entspricht § 288 AO.

Wird bei einer Vollstreckungshand-lung Widerstand geleistet oder ist beieiner Vollstreckungshandlung in denWohn- oder Geschäftsräumen desVollstreckungsschuldners weder der

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

470

Vollstreckungsschuldner noch einePerson, die zu seiner Familie gehörtoder bei ihm beschäftigt ist, gegen-wärtig, so hat der Vollziehungsbe-amte zwei Erwachsene oder einenGemeinde- oder Polizeibeamten alsZeugen zuzuziehen.

§ 193Zeit der Vollstreckung Diese Regelung entspricht § 289 AO.

(1) Zur Nachtzeit (§ 758a Abs. 4Satz 2 der Zivilprozessordnung) so-wie an Sonntagen und staatlich aner-kannten allgemeinen Feiertagen darfeine Vollstreckungshandlung nur mitschriftlicher Erlaubnis der Vollstrek-kungsbehörde vorgenommen wer-den.

(2) Die Erlaubnis ist bei der Voll-streckungshandlung vorzuzeigen.

§ 194Aufforderungen und Mitteilungen

des VollziehungsbeamtenDiese Regelung entspricht § 290 AO.

Die Aufforderungen und die sonsti-gen Mitteilungen, die zu den Voll-streckungshandlungen gehören, sindvom Vollziehungsbeamten mündlichzu erlassen und vollständig in dieNiederschrift aufzunehmen; könnensie mündlich nicht erlassen werden,so hat die Vollstreckungsbehördedemjenigen, an den die Aufforde-rung oder Mitteilung zu richten ist,eine Abschrift der Niederschrift zusenden.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

471

§ 195Niederschrift Diese Regelung entspricht § 291 AO.

(1) Der Vollziehungsbeamte hatüber jede Vollstreckungshandlungeine Niederschrift aufzunehmen.

(2) Die Niederschrift muss enthal-ten:

1. Ort und Zeit der Aufnahme,2. den Gegenstand der Vollstrek-

kungshandlung unter kurzerErwähnung der Vorgänge,

3. die Namen der Personen, mitdenen verhandelt worden ist,

4. die Unterschriften der Personenund die Bemerkung, dass nachVorlesung oder Vorlegung zurDurchsicht und nach Genehmi-gung unterzeichnet sei,

5. die Unterschrift des Vollzie-hungsbeamten.

(3) Hat einem der Erfordernisseunter Absatz 2 Nr. 4 nicht genügtwerden können, so ist der Grund an-zugeben.

§ 196Abwendung der Pfändung Diese Regelung entspricht § 292 AO.

(1) Der Vollstreckungsschuldnerkann die Pfändung nur abwenden,wenn er den geschuldeten Betrag anden Vollziehungsbeamten zahlt odernachweist, dass ihm eine Zahlungs-frist bewilligt worden ist oder dassdie Schuld erloschen ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

472

wenn der Vollstreckungsschuldnereine Entscheidung vorlegt, aus dersich die Unzulässigkeit der vorzu-nehmenden Pfändung ergibt oderwenn er eine Post- oder Bankquit-tung vorlegt, aus der sich ergibt, dasser den geschuldeten Betrag einge-zahlt hat.

§ 197Pfand- und Vorzugsrechte Dritter Diese Regelung entspricht § 293 AO.(1) Der Pfändung einer Sache kann

ein Dritter, der sich nicht im Besitzder Sache befindet, auf Grund einesPfand- oder Vorzugsrechts nicht wi-dersprechen. Er kann jedoch vor-zugsweise Befriedigung aus demErlös verlangen ohne Rücksicht dar-auf, ob seine Forderung fällig istoder nicht.

(2) Für eine Klage auf vorzugswei-se Befriedigung ist ausschließlichzuständig das ordentliche Gericht, indessen Bezirk gepfändet worden ist.Wird die Klage gegen die Körper-schaft, der die Vollstreckungsbehör-de angehört, und gegen den Voll-streckungsschuldner gerichtet, sosind sie Streitgenossen.

§ 198Ungetrennte Früchte Diese Regelung entspricht § 294 AO.

(1) Früchte, die vom Boden nochnicht getrennt sind, können gepfän-det werden, solange sie nicht durchVollstreckung in das unbeweglicheVermögen in Beschlag genommen

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

473

worden sind. Sie dürfen nicht früherals einen Monat vor der gewöhnli-chen Zeit der Reife gepfändet wer-den.

(2) Ein Gläubiger, der ein Rechtauf Befriedigung aus dem Grund-stück hat, kann der Pfändung nach§ 179 widersprechen, wenn nicht füreinen Anspruch gepfändet ist, der beider Vollstreckung in das Grundstückvorgeht.

§ 199Unpfändbarkeit von Sachen Diese Regelung entspricht § 295 AO.

Die §§ 811 bis 812 und 813 Abs. 1bis 3 der Zivilprozessordnung sowiedie Beschränkungen und Verbote, dienach anderen gesetzlichen Vor-schriften für die Pfändung von Sa-chen bestehen, gelten entsprechend.An die Stelle des Vollstreckungsge-richts tritt die Vollstreckungsbehör-de.

§ 200Verwertung

(1) Die gepfändeten Sachen sindauf schriftliche Anordnung der Voll-streckungsbehörde öffentlich zu ver-steigern, und zwar in der Regeldurch den Vollziehungsbeamten;§ 196 gilt entsprechend.

§ 200 Absätze 1 und 2 entsprechen§ 296 AO

(2) Bei Pfändung von Geld gilt dieWegnahme als Zahlung des Voll-streckungsschuldners.

(3) Soweit im Zollkodex und in § 200 Absätze 3 bis 5 entsprechen

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

474

sonstigen gemeinschaftsrechtlichenVorschriften geregelt ist, dass Warendurch die Zollbehörden veräußertwerden können, können sie durchWegnahme oder Verfügungsverbotzollamtlich sichergestellt werden.Die Verbote und Beschränkungensind zu beachten. Die Beteiligtensollen vor der Veräußerung gehörtwerden. Die Anordnung sowie Zeitund Ort der Veräußerung sind ihnen,soweit möglich, mitzuteilen. Dieveräußerten Waren werden dem Er-werber ausgehändigt, nachdem sieeine zollrechtliche Bestimmung er-halten haben.

§ 13 Absätze 1 bis 3 ZollVerwG.

(4) Im Rahmen des Artikels 56 desZollkodexes können vorübergehendverwahrte Waren durch die Zollbe-hörden veräußert werden, wenn ih-nen Verderb oder eine wesentlicheMinderung ihres Wertes droht oderihre Aufbewahrung, Pflege oder Er-haltung unverhältnismäßig viel ko-stet oder unverhältnismäßig schwie-rig ist. Absatz 1 ist anzuwenden.

(5) Waren, die nach den Absätzen3 oder 4 nicht veräußert werden kön-nen, können vernichtet werden.

§ 201Aussetzung der Verwertung Diese Regelung entspricht § 297 AO.

Die Vollstreckungsbehörde kann dieVerwertung gepfändeter Sachen un-ter Anordnung von Zahlungsfristenzeitweilig aussetzen, wenn die als-baldige Verwertung unbillig wäre.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

475

§ 202Versteigerung Diese Regelung entspricht § 298 AO.

(1) Die gepfändeten Sachen dürfennicht vor Ablauf einer Woche seitdem Tag der Pfändung versteigertwerden, sofern sich nicht der Voll-streckungsschuldner mit einer frühe-ren Versteigerung einverstanden er-klärt oder diese erforderlich ist, umdie Gefahr einer beträchtlichenWertverringerung abzuwenden oderunverhältnismäßige Kosten längererAufbewahrung zu vermeiden.

(2) Zeit und Ort der Versteigerungsind öffentlich bekannt zu machen;dabei sind die Sachen, die versteigertwerden sollen, im allgemeinen zubezeichnen. Auf Ersuchen der Voll-streckungsbehörde hat ein Gemein-debediensteter oder ein Polizeibe-amter der Versteigerung beizuwoh-nen.

(3) Bei der Versteigerung gilt§ 1239 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 desBürgerlichen Gesetzbuchs entspre-chend.

§ 203Zuschlag Diese Regelung entspricht § 299 AO.

(1) Dem Zuschlag an den Meist-bietenden soll ein dreimaliger Aufrufvorausgehen; die Vorschriften des§ 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchssind anzuwenden.

(2) Die Aushändigung einer zuge-schlagenen Sache darf nur gegenbare Zahlung geschehen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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(3) Hat der Meistbietende nicht zuder in den Versteigerungsbedingun-gen bestimmten Zeit oder in Erman-gelung einer solchen Bestimmungnicht vor dem Schluss des Versteige-rungstermins die Aushändigung ge-gen Zahlung des Kaufgeldes ver-langt, so wird die Sache anderweitigversteigert. Der Meistbietende wirdzu einem weiteren Gebot nicht zu-gelassen; er haftet für den Ausfall,auf den Mehrerlös hat er keinen An-spruch.

(4) Wird der Zuschlag dem Gläu-biger erteilt, so ist dieser von derVerpflichtung zur baren Zahlung soweit befreit, als der Erlös nach Ab-zug der Kosten der Vollstreckung zuseiner Befriedigung zu verwendenist. Soweit der Gläubiger von derVerpflichtung zur baren Zahlung be-freit ist, gilt der Betrag als von demSchuldner an den Gläubiger gezahlt.

§ 204Mindestgebot Diese Regelung entspricht § 300 AO.

(1) Der Zuschlag darf nur auf einGebot erteilt werden, das mindestensdie Hälfte des gewöhnlichen Ver-kaufswerts der Sache erreicht (Min-destgebot). Der gewöhnliche Ver-kaufswert und das Mindestgebotsollen bei dem Ausbieten bekanntgegeben werden.

(2) Wird der Zuschlag nicht erteilt,weil ein das Mindestgebot erreichen-des Gebot nicht abgegeben wordenist, so bleibt das Pfandrecht beste-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

477

hen. Die Vollstreckungsbehörde kannjederzeit einen neuen Versteige-rungstermin bestimmen oder eineanderweitige Verwertung der ge-pfändeten Sachen nach § 209 anord-nen. Wird die anderweitige Verwer-tung angeordnet, so gilt Absatz 1entsprechend.

(3) Gold- und Silbersachen dürfenauch nicht unter ihrem Gold- oderSilberwert zugeschlagen werden.Wird ein den Zuschlag gestattendesGebot nicht abgegeben, so könnendie Sachen auf Anordnung der Voll-streckungsbehörde aus freier Handverkauft werden. Der Verkaufspreisdarf den Gold- oder Silberwert unddie Hälfte des gewöhnlichen Ver-kaufswerts nicht unterschreiten.

§ 205Einstellung der Versteigerung Diese Regelung entspricht § 301 AO.

(1) Die Versteigerung wird einge-stellt, sobald der Erlös zur Deckungder beizutreibenden Beträge ein-schließlich der Kosten der Vollstrek-kung ausreicht.

(2) Die Empfangnahme des Erlösesdurch den versteigernden Beamtengilt als Zahlung des Vollstreckungs-schuldners, es sei denn, dass der Er-lös hinterlegt wird.

§ 206Wertpapiere Diese Regelung entspricht § 302 AO.

Gepfändete Wertpapiere, die einenBörsen- oder Marktpreis haben, sind

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aus freier Hand zum Tageskurs zuverkaufen; andere Wertpapiere sindnach den allgemeinen Vorschriftenzu versteigern.

§ 207Namenspapiere Diese Regelung entspricht § 303 AO.

Lautet ein gepfändetes Wertpapierauf einen Namen, so ist die Voll-streckungsbehörde berechtigt, dieUmschreibung auf den Namen desKäufers oder, wenn es sich um einauf einen Namen umgeschriebenesInhaberpapier handelt, die Rückver-wandlung in ein Inhaberpapier zuerwirken und die hierzu erforderli-chen Erklärungen anstelle des Voll-streckungsschuldners abzugeben.

§ 208Versteigerung ungetrennter Früch-

teDiese Regelung entspricht § 304 AO.

Gepfändete Früchte, die vom Bodennoch nicht getrennt sind, dürfen erstnach der Reife versteigert werden.Der Vollziehungsbeamte hat sie ab-ernten zu lassen, wenn er sie nichtvor der Trennung versteigert.

§ 209Besondere Verwertung Diese Regelung entspricht § 305 AO.

Auf Antrag des Vollstreckungs-schuldners oder aus besonderenZweckmäßigkeitsgründen kann dieVollstreckungsbehörde anordnen,dass eine gepfändete Sache in ande-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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rer Weise oder an einem anderen Ort,als in den vorstehenden Paragraphenbestimmt ist, zu verwerten oderdurch eine andere Person als denVollziehungsbeamten zu versteigernsei.

§ 210Vollstreckung in Ersatzteile von

LuftfahrzeugenDiese Regelung entspricht § 306 AO.

(1) Für die Vollstreckung in Er-satzteile, auf die sich ein Register-pfandrecht an einem Luftfahrzeugnach § 71 des Gesetzes über Rechtean Luftfahrzeugen erstreckt, gilt§ 100 des Gesetzes über Rechte anLuftfahrzeugen; an die Stelle desGerichtsvollziehers tritt der Vollzie-hungsbeamte.

.

(2) Absatz 1 gilt für die Vollstrek-kung in Ersatzteile, auf die sich dasRecht an einem ausländischen Luft-fahrzeug erstreckt, mit der Maßgabe,dass die Vorschriften des § 106 Abs.1 Nr. 2 und Abs. 4 des Gesetzes überRechte an Luftfahrzeugen zu berück-sichtigen sind.

§ 211Anschlusspfändung Diese Regelung entspricht § 307 AO.

(1) Zur Pfändung bereits gepfän-deter Sachen genügt die in die Nie-derschrift aufzunehmende Erklärungdes Vollziehungsbeamten, dass er dieSache für die zu bezeichnende For-derung pfändet. Dem Vollstrek-kungsschuldner ist die weitere Pfän-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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dung mitzuteilen.(2) Ist die erste Pfändung für eine

andere Vollstreckungsbehörde oderdurch einen Gerichtsvollzieher er-folgt, so ist dieser Vollstreckungsbe-hörde oder dem Gerichtsvollziehereine Abschrift der Niederschrift zuübersenden. Die gleiche Pflicht hatein Gerichtsvollzieher, der eine Sa-che pfändet, die bereits im Auftrageiner Vollstreckungsbehörde gepfän-det ist.

§ 212Verwertung bei mehrfacher Pfän-

dungDiese Regelung entspricht § 308 AO.

(1) Wird dieselbe Sache mehrfachdurch Vollziehungsbeamte oderdurch Vollziehungsbeamte und Ge-richtsvollzieher gepfändet, so be-gründet ausschließlich die erstePfändung die Zuständigkeit zur Ver-steigerung.

(2) Betreibt ein Gläubiger die Ver-steigerung, so wird für alle beteilig-ten Gläubiger versteigert.

(3) Der Erlös wird nach der Rei-henfolge der Pfändungen oder nachabweichender Vereinbarung der be-teiligten Gläubiger verteilt.

(4) Reicht der Erlös zur Deckungder Forderungen nicht aus und ver-langt ein Gläubiger, für den diezweite oder eine spätere Pfändungerfolgt ist, ohne Zustimmung derübrigen beteiligten Gläubiger eineandere Verteilung als nach der Rei-henfolge der Pfändungen, so ist die

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

481

Sachlage unter Hinterlegung des Er-löses dem Amtsgericht, in dessenBezirk gepfändet ist, anzuzeigen.Der Anzeige sind die Schriftstücke,die sich auf das Verfahren beziehen,beizufügen. Für das Verteilungsver-fahren gelten die §§ 873 bis 882 derZivilprozessordnung.

(5) Wird für verschiedene Gläubi-ger gleichzeitig gepfändet, so findendie Vorschriften der Absätze 2 bis 4mit der Maßgabe Anwendung, dassder Erlös nach dem Verhältnis derForderungen verteilt wird.

III. Vollstreckung in Forderungenund andere Vermögensrechte

§ 213Pfändung einer Geldforderung Diese Regelung entspricht § 309 AO.

(1) Soll eine Geldforderung ge-pfändet werden, so hat die Vollstrek-kungsbehörde dem Drittschuldnerschriftlich zu verbieten, an den Voll-streckungsschuldner zu zahlen, unddem Vollstreckungsschuldnerschriftlich zu gebieten, sich jederVerfügung über die Forderung, ins-besondere ihrer Einziehung, zu ent-halten (Pfändungsverfügung). Dieelektronische Form ist ausgeschlos-sen.

(2) Die Pfändung ist bewirkt, wenndie Pfändungsverfügung dem Dritt-schuldner zugestellt ist. Die an denDrittschuldner zuzustellende Pfän-dungsverfügung soll den beizutrei-benden Geldbetrag nur in einerSumme, ohne Angabe der Steuerar-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

482

ten und der Zeiträume, für die er ge-schuldet wird, bezeichnen. Die Zu-stellung ist dem Vollstreckungs-schuldner mitzuteilen.

§ 214Pfändung einer durch Hypothek

gesicherten ForderungDiese Regelung entspricht § 310 AO.

(1) Zur Pfändung einer Forderung,für die eine Hypothek besteht, istaußer der Pfändungsverfügung dieAushändigung des Hypothekenbriefsan die Vollstreckungsbehörde erfor-derlich. Die Übergabe gilt als erfolgt,wenn der Vollziehungsbeamte denBrief wegnimmt. Ist die Erteilungdes Hypothekenbriefs ausgeschlos-sen, so muss die Pfändung in dasGrundbuch eingetragen werden; dieEintragung erfolgt auf Grund derPfändungsverfügung auf Ersuchender Vollstreckungsbehörde.

(2) Wird die Pfändungsverfügungvor der Übergabe des Hypotheken-briefs oder der Eintragung der Pfän-dung dem Drittschuldner zugestellt,so gilt die Pfändung diesem gegen-über mit der Zustellung als bewirkt.

(3) Diese Vorschriften gelten nicht,soweit Ansprüche auf die in § 1159des Bürgerlichen Gesetzbuchs be-zeichneten Leistungen gepfändetwerden. Das gleiche gilt bei einerSicherungshypothek im Fall des§ 1187 des Bürgerlichen Gesetz-buchs von der Pfändung derHauptforderung.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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§ 215Pfändung einer durch Schiffshypo-

thek oder Registerpfandrecht aneinem Luftfahrzeug gesicherten

Forderung

Diese Regelung entspricht § 311 AO.

(1) Die Pfändung einer Forderung,für die eine Schiffshypothek besteht,bedarf der Eintragung in das Schiffs-register oder das Schiffsbauregister.

(2) Die Pfändung einer Forderung,für die ein Registerpfandrecht aneinem Luftfahrzeug besteht, bedarfder Eintragung in das Register fürPfandrechte an Luftfahrzeugen.

(3) Die Pfändung nach den Absät-zen 1 und 2 wird auf Grund derPfändungsverfügung auf Ersuchender Vollstreckungsbehörde eingetra-gen. § 214 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nichtanzuwenden, soweit es sich um diePfändung der Ansprüche auf die in§ 53 des Gesetzes über Rechte aneingetragenen Schiffen und Schiffs-bauwerken und auf die in § 53 desGesetzes über Rechte an Luftfahr-zeugen bezeichneten Leistungenhandelt. Das gleiche gilt, wenn beieiner Schiffshypothek für eine For-derung aus einer Schuldverschrei-bung auf den Inhaber, aus einemWechsel oder aus einem anderendurch Indossament übertragbarenPapier die Hauptforderung gepfändetist.

(5) Für die Pfändung von Forde-rungen, für die ein Recht an einemausländischen Luftfahrzeug besteht,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

484

gilt § 106 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5des Gesetzes über Rechte an Luft-fahrzeugen.

§ 216Pfändung einer Forderung aus

indossablen PapierenDiese Regelung entspricht § 312 AO.

Forderungen aus Wechseln und an-deren Papieren, die durch Indossa-ment übertragen werden können,werden dadurch gepfändet, dass derVollziehungsbeamte die Papiere inBesitz nimmt.

§ 217Pfändung fortlaufender Bezüge Diese Regelung entspricht § 313 AO.(1) Das Pfandrecht, das durch die

Pfändung einer Gehaltsforderungoder einer ähnlichen in fortlaufendenBezügen bestehenden Forderung er-worben wird, erstreckt sich auch aufdie Beträge, die später fällig werden.

(2) Die Pfändung eines Dienstein-kommens trifft auch das Einkom-men, das der Vollstreckungsschuld-ner bei Versetzung in ein anderesAmt, Übertragung eines neuen Amtsoder einer Gehaltserhöhung zu be-ziehen hat. Dies gilt nicht bei Wech-sel des Dienstherrn.

(3) Endet das Arbeits- oderDienstverhältnis und begründenVollstreckungsschuldner und Dritt-schuldner innerhalb von neun Mo-naten ein solches neu, so erstrecktsich die Pfändung auf die Forderungaus dem neuen Arbeits- oder Dienst-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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verhältnis.

§ 218Einziehungsverfügung Diese Regelung entspricht § 314 AO.

(1) Die Vollstreckungsbehördeordnet die Einziehung der gepfände-ten Forderung an. § 213 Abs. 2 giltentsprechend.

(2) Die Einziehungsverfügungkann mit der Pfändungsverfügungverbunden werden.

(3) Wird die Einziehung eines beieinem Geldinstitut gepfändeten Gut-habens eines Vollstreckungsschuld-ners, der eine natürliche Person ist,angeordnet, so gilt § 835 Abs. 3 Satz2 der Zivilprozessordnung entspre-chend.

§ 219Wirkung der Einziehungsverfü-

gungDiese Regelung entspricht § 315 AO.

(1) Die Einziehungsverfügung er-setzt die förmlichen Erklärungen desVollstreckungsschuldners, von denennach bürgerlichem Recht die Be-rechtigung zur Einziehung abhängt.Sie genügt auch bei einer Forderung,für die eine Hypothek, Schiffshypo-thek oder ein Registerpfandrecht aneinem Luftfahrzeug besteht. Zugun-sten des Drittschuldners gilt eine zuUnrecht ergangene Einziehungsver-fügung dem Vollstreckungsschuldnergegenüber solange als rechtmäßig,bis sie aufgehoben ist und der Dritt-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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schuldner hiervon erfährt.(2) Der Vollstreckungsschuldner ist

verpflichtet, die zur Geltendmachungder Forderung nötige Auskunft zuerteilen und die über die Forderungvorhandenen Urkunden herauszuge-ben. Erteilt der Vollstreckungs-schuldner die Auskunft nicht, ist erauf Verlangen der Vollstreckungsbe-hörde verpflichtet, sie zu Protokollzu geben und seine Angaben an Ei-des statt zu versichern. Die Voll-streckungsbehörde kann die eides-stattliche Versicherung der Lage derSache entsprechend ändern. § 188Abs. 5, 6, 8 und 9 gilt sinngemäß.Die Vollstreckungsbehörde kann dieUrkunden durch den Vollziehungs-beamten wegnehmen lassen oder ihreHerausgabe nach den §§ 232bis 238erzwingen.

(3) Werden die Urkunden nichtvorgefunden, so hat der Vollstrek-kungsschuldner auf Verlangen derVollstreckungsbehörde zu Protokollan Eides Statt zu versichern, dass erdie Urkunden nicht besitze, auchnicht wisse, wo sie sich befinden.Absatz 2 Satz 3 und 4 gilt entspre-chend.

(4) Hat ein Dritter die Urkunde, sokann die Vollstreckungsbehörde auchden Anspruch des Vollstreckungs-schuldners auf Herausgabe geltendmachen.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

487

§ 220Erklärungspflicht des Dritt-

schuldnersDiese Regelung entspricht § 316 AO.

(1) Auf Verlangen der Vollstrek-kungsbehörde hat ihr der Dritt-schuldner binnen zwei Wochen, vonder Zustellung der Pfändungsverfü-gung an gerechnet, zu erklären:

1. ob und inwieweit er die Forde-rung als begründet anerkenneund bereit sei, zu zahlen,

2. ob und welche Ansprüche an-dere Personen an die Forderungerheben,

3. ob und wegen welcher Ansprü-che die Forderung bereits fürandere Gläubiger gepfändet sei.

Die Erklärung des Drittschuldnerszu Nummer 1 gilt nicht als Schuld-anerkenntnis.

(2) Die Aufforderung zur Abgabedieser Erklärung kann in die Pfän-dungsverfügung aufgenommen wer-den. Der Drittschuldner haftet derVollstreckungsbehörde für den Scha-den, der aus der Nichterfüllung sei-ner Verpflichtung entsteht. Er kannzur Abgabe der Erklärung durch einZwangsgeld angehalten werden;§ 237 ist nicht anzuwenden.

(3) Die §§ 841 bis 843 der Zivil-prozessordnung sind anzuwenden.

§ 221Andere Art der Verwertung Diese Regelung entspricht § 317 AO.

Ist die gepfändete Forderung bedingt

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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oder betagt oder ihre Einziehungschwierig, so kann die Vollstrek-kungsbehörde anordnen, dass sie inanderer Weise zu verwerten ist;§ 219 Abs. 1 gilt entsprechend. DerVollstreckungsschuldner ist vorherzu hören, sofern nicht eine Bekannt-gabe außerhalb des Geltungsbereichsdes Gesetzes oder eine öffentlicheBekanntmachung erforderlich ist.

§ 222Ansprüche auf Herausgabe oder

Leistung von SachenDiese Regelung entspricht § 318 AO.

(1) Für die Vollstreckung in An-sprüche auf Herausgabe oder Lei-stung von Sachen gelten außer den§§ 213 bis 221 die nachstehendenVorschriften.

(2) Bei der Pfändung eines An-spruchs, der eine bewegliche Sachebetrifft, ordnet die Vollstreckungsbe-hörde an, dass die Sache an denVollziehungsbeamten herauszugebensei. Die Sache wird wie eine gepfän-dete Sache verwertet.

(3) Bei Pfändung eines Anspruchs,der eine unbewegliche Sache betrifft,ordnet die Vollstreckungsbehörde an,dass die Sache an einen Treuhänderherauszugeben sei, den das Amtsge-richt der belegenen Sache auf Antragder Vollstreckungsbehörde bestellt.Ist der Anspruch auf Übertragungdes Eigentums gerichtet, so ist demTreuhänder als Vertreter des Voll-streckungsschuldners aufzulassen.Mit dem Übergang des Eigentums

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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auf den Vollstreckungsschuldner er-langt die Körperschaft, der die Voll-streckungsbehörde angehört, eineSicherungshypothek für die Forde-rung. Der Treuhänder hat die Eintra-gung der Sicherungshypothek zubewilligen. Die Vollstreckung in dieherausgegebene Sache wird nach denVorschriften über die Vollstreckungin unbewegliche Sachen bewirkt.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend,wenn der Anspruch ein im Schiffsre-gister eingetragenes Schiff, einSchiffsbauwerk oder Schwimmdock,das im Schiffsbauregister eingetra-gen ist oder in dieses Register einge-tragen werden kann oder ein Luft-fahrzeug betrifft, das in der Luftfahr-zeugrolle eingetragen ist oder nachLöschung in der Luftfahrzeugrollenoch in dem Register für Pfandrechtean Luftfahrzeugen eingetragen ist.

(5) Dem Treuhänder ist auf Antrageine Entschädigung zu gewähren.Die Entschädigung darf die Vergü-tung nicht übersteigen, die durch dieVerordnung über die Geschäftsfüh-rung und die Vergütung des Zwangs-verwalters vom 16. Februar 1970(BGBl. I S. 185) festgesetzt wordenist.

§ 223Unpfändbarkeit von Forderungen Diese Regelung entspricht § 319 AO.Beschränkungen und Verbote, dienach §§ 850 bis 852 der Zivilpro-zessordnung und anderen gesetzli-chen Bestimmungen für die Pfän-

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dung von Forderungen und Ansprü-chen bestehen, gelten sinngemäß.

§ 224Mehrfache Pfändung einer Forde-

rungDiese Regelung entspricht § 320 AO.

(1) Ist eine Forderung durch meh-rere Vollstreckungsbehörden oderdurch eine Vollstreckungsbehördeund ein Gericht gepfändet, so sinddie §§ 853 bis 856 der Zivilprozess-ordnung und § 99 Abs. 1 Satz 1 desGesetzes über Rechte an Luftfahr-zeugen entsprechend anzuwenden.

(2) Fehlt es an einem Amtsgericht,das nach den §§ 853 und 854 derZivilprozessordnung zuständig wäre,so ist bei dem Amtsgericht zu hin-terlegen, in dessen Bezirk die Voll-streckungsbehörde ihren Sitz hat,deren Pfändungsverfügung demDrittschuldner zuerst zugestellt wor-den ist.

§ 225Vollstreckung in andere Vermö-

gensrechteDiese Regelung entspricht § 321 AO.

(1) Für die Vollstreckung in andereVermögensrechte, die nicht Gegen-stand der Vollstreckung in das unbe-wegliche Vermögen sind, gelten dievorstehenden Vorschriften entspre-chend.

(2) Ist kein Drittschuldner vorhan-den, so ist die Pfändung bewirkt,wenn dem Vollstreckungsschuldnerdas Gebot, sich jeder Verfügung über

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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das Recht zu enthalten, zugestellt ist.(3) Ein unveräußerliches Recht ist,

wenn nichts anderes bestimmt ist,insoweit pfändbar, als die Ausübungeinem anderen überlassen werdenkann.

(4) Die Vollstreckungsbehördekann bei der Vollstreckung in unver-äußerliche Rechte, deren Ausübungeinem anderen überlassen werdenkann, besondere Anordnungen erlas-sen, insbesondere bei der Vollstrek-kung in Nutzungsrechte eine Ver-waltung anordnen; in diesem Fallwird die Pfändung durch Übergabeder zu benutzenden Sache an denVerwalter bewirkt, sofern sie nichtdurch Zustellung der Pfändungsver-fügung schon vorher bewirkt ist.

(5) Ist die Veräußerung des Rechtszulässig, so kann die Vollstreckungs-behörde die Veräußerung anordnen.

(6) Für die Vollstreckung in eineReallast, eine Grundschuld oder eineRentenschuld gelten die Vorschriftenüber die Vollstreckung in eine Forde-rung, für die eine Hypothek besteht.

(7) Die §§ 858 bis 863 der Zivil-prozessordnung gelten sinngemäß.

3. UnterabschnittVollstreckung in das unbewegliche

Vermögen§ 226

Verfahren Diese Regelung entspricht § 322 AO.(1) Der Vollstreckung in das unbe-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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wegliche Vermögen unterliegen au-ßer den Grundstücken die Berechti-gungen, für welche die sich aufGrundstücke beziehenden Vor-schriften gelten, die im Schiffsregi-ster eingetragenen Schiffe, dieSchiffsbauwerke und Schwimm-docks, die im Schiffsbauregister ein-getragen sind oder in dieses Registereingetragen werden können, sowiedie Luftfahrzeuge, die in der Luft-fahrzeugrolle eingetragen sind odernach Löschung in der Luftfahr-zeugrolle noch in dem Register fürPfandrechte an Luftfahrzeugen ein-getragen sind. Auf die Vollstreckungsind die für die gerichtliche Zwangs-vollstreckung geltenden Vorschrif-ten, namentlich die §§ 864 bis 871der Zivilprozessordnung und dasGesetz über die Zwangsversteige-rung und die Zwangsverwaltung an-zuwenden. Bei Stundung und Aus-setzung der Vollziehung geht eine imWege der Vollstreckung eingetrageneSicherungshypothek jedoch nur dannnach § 868 der Zivilprozessordnungauf den Eigentümer über und erlischteine Schiffshypothek oder ein Regi-sterpfandrecht an einem Luftfahr-zeug jedoch nur dann nach § 870aAbs. 3 der Zivilprozessordnung so-wie § 99 Abs. 1 des Gesetzes überRechte an Luftfahrzeugen, wenn zu-gleich die Aufhebung der Vollstrek-kungsmaßnahme angeordnet wird.

(2) Für die Vollstreckung in aus-ländische Schiffe gilt § 171 des Ge-setzes über die Zwangsversteigerungund die Zwangsverwaltung, für die

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Vollstreckung in ausländische Luft-fahrzeuge § 106 Abs. 1, 2 des Geset-zes über Rechte an Luftfahrzeugensowie die §§ 171h bis 171n des Ge-setzes über die Zwangsversteigerungund die Zwangsverwaltung.

(3) Die für die Vollstreckung in dasunbewegliche Vermögen erforderli-chen Anträge des Gläubigers stelltdie Vollstreckungsbehörde. Sie hathierbei zu bestätigen, dass die ge-setzlichen Voraussetzungen für dieVollstreckung vorliegen. Diese Fra-gen unterliegen nicht der Beurteilungdes Vollstreckungsgerichts oder desGrundbuchamts. Anträge auf Eintra-gung einer Sicherungshypothek, ei-ner Schiffshypothek oder eines Regi-sterpfandrechts an einem Luftfahr-zeug sind Ersuchen im Sinne des§ 38 der Grundbuchordnung und des§ 45 der Schiffsregisterordnung.

(4) Zwangsversteigerung undZwangsverwaltung soll die Voll-streckungsbehörde nur beantragen,wenn festgestellt ist, dass der Geld-betrag durch Vollstreckung in dasbewegliche Vermögen nicht beige-trieben werden kann.

(5) Soweit der zu vollstreckendeAnspruch gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3des Gesetzes über die Zwangsver-steigerung und die Zwangsverwal-tung den Rechten am Grundstück imRang vorgeht, kann eine Sicherungs-hypothek unter der aufschiebendenBedingung in das Grundbuch einge-tragen werden, dass das Vorrechtwegfällt.

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§ 227Vollstreckung gegen den Rechts-

nachfolgerDiese Regelung entspricht § 323 AO.

Ist nach § 226 eine Sicherungshy-pothek, eine Schiffshypothek oderein Registerpfandrecht an einemLuftfahrzeug eingetragen worden, sobedarf es zur Zwangsversteigerungaus diesem Recht nur dann einesDuldungsbescheids, wenn nach derEintragung dieses Rechts ein Eigen-tumswechsel eingetreten ist. Satz 1gilt sinngemäß für die Zwangsver-waltung aus einer nach § 226 einge-tragenen Sicherungshypothek.

4. UnterabschnittArrest§ 228

Dinglicher Arrest Diese Regelung entspricht § 324 AO.(1) Zur Sicherung der Vollstrek-

kung von Geldforderungen nach den§§ 167 bis 227 kann die für die Steu-erfestsetzung zuständige Zollbehördeden Arrest in das bewegliche oderunbewegliche Vermögen anordnen,wenn zu befürchten ist, dass sonstdie Beitreibung vereitelt oder we-sentlich erschwert wird. Sie kann denArrest auch dann anordnen, wenn dieForderung noch nicht zahlenmäßigfeststeht oder wenn sie bedingt oderbetagt ist. In der Arrestanordnung istein Geldbetrag zu bestimmen, beidessen Hinterlegung die Vollziehungdes Arrestes gehemmt und der voll-zogene Arrest aufzuheben ist.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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(2) Die Arrestanordnung ist zuzu-stellen. Sie muss begründet und vondem anordnenden Bediensteten un-terschrieben sein. Die elektronischeForm ist ausgeschlossen.

(3) Die Vollziehung der Arre-stanordnung ist unzulässig, wenn seitdem Tag, an dem die Anordnungunterzeichnet worden ist, ein Monatverstrichen ist. Die Vollziehung istauch schon vor der Zustellung an denArrestschuldner zulässig, sie ist je-doch ohne Wirkung, wenn die Zu-stellung nicht innerhalb einer Wochenach der Vollziehung und innerhalbeines Monats seit der Unterzeich-nung erfolgt. Bei Zustellung imAusland und öffentlicher Zustellunggilt § 102 Abs. 1 Satz 2 entspre-chend. Auf die Vollziehung des Ar-restes finden die §§ 930 bis 932 derZivilprozessordnung sowie § 99 Abs.2 und § 106 Abs. 1, 3 und 5 des Ge-setzes über Rechte an Luftfahrzeu-gen entsprechende Anwendung; andie Stelle des Arrestgerichts und desVollstreckungsgerichts tritt die Voll-streckungsbehörde, an die Stelle desGerichtsvollziehers der Vollzie-hungsbeamte. Soweit auf die Vor-schriften über die Pfändung verwie-sen wird, sind die entsprechendenVorschriften dieses Gesetzes anzu-wenden.

§ 229Aufhebung des dinglichen Arrestes Diese Regelung entspricht § 325 AO.Die Arrestanordnung ist aufzuheben,wenn nach ihrem Erlass Umstände

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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bekannt werden, die die Arre-stanordnung nicht mehr gerechtfer-tigt erscheinen lassen.

§ 230Persönlicher Sicherheitsarrest

(1) Auf Antrag der für die Steuer-festsetzung zuständigen Zollbehördekann das Amtsgericht einen persön-lichen Sicherheitsarrest anordnen,wenn er erforderlich ist, um die ge-fährdete Vollstreckung in das Ver-mögen des Pflichtigen zu sichern.Zuständig ist das Amtsgericht, indessen Bezirk die Zollbehörde ihrenSitz hat oder sich der Pflichtige be-findet.

Diese Regelung entspricht § 326 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) In dem Antrag hat die für dieSteuerfestsetzung zuständige Zollbe-hörde den Anspruch nach Art undHöhe sowie die Tatsachen anzuge-ben, die den Arrestgrund ergeben.

(3) Für die Anordnung, Vollzie-hung und Aufhebung des persönli-chen Sicherheitsarrestes gelten § 128Abs. 4 und die §§ 922 bis 925, 927,929, 933, 934 Abs. 1, 3 und 4 derZivilprozessordnung sinngemäß.§ 911 der Zivilprozessordnung istnicht anzuwenden.

(4) Für Zustellungen gelten dieVorschriften der Zivilprozessord-nung.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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5. UnterabschnittVerwertung von Sicherheiten

§ 231Verwertung von Sicherheiten Diese Regelung entspricht § 327 AO.

Werden Geldforderungen, die imVerwaltungsverfahren vollstreckbarsind (§ 169), bei Fälligkeit nicht er-füllt, kann sich die Vollstreckungs-behörde aus den Sicherheiten befrie-digen, die sie zur Sicherung dieserAnsprüche erlangt hat. Die Sicher-heiten werden nach den Vorschriftendieses Abschnitts verwertet. DieVerwertung darf erst erfolgen, wenndem Vollstreckungsschuldner dieVerwertungsabsicht bekannt gegebenund seit der Bekanntgabe mindestenseine Woche verstrichen ist.

DRITTER ABSCHNITT

Vollstreckung wegen anderer Lei-stungen als Geldforderungen

1. UnterabschnittVollstreckung wegen Handlungen,Duldungen oder Unterlassungen

§ 232Zwangsmittel Diese Regelung entspricht § 328 AO.

(1) Ein Verwaltungsakt, der aufVornahme einer Handlung oder aufDuldung oder Unterlassung gerichtetist, kann mit Zwangsmitteln(Zwangsgeld, Ersatzvornahme, un-mittelbarer Zwang) durchgesetztwerden. Für die Erzwingung vonSicherheiten gilt § 239. Vollstrek-kungsbehörde ist die Behörde, die

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

498

den Verwaltungsakt erlassen hat.(2) Es ist dasjenige Zwangsmittel

zu bestimmen, durch das der Pflich-tige und die Allgemeinheit am we-nigsten beeinträchtigt werden. DasZwangsmittel muss in einem ange-messenen Verhältnis zu seinemZweck stehen.

§ 233Zwangsgeld Diese Regelung entspricht § 329 AO.

Das einzelne Zwangsgeld darf fünf-undzwanzigtausend Euro nicht über-steigen.

§ 234Ersatzvornahme Diese Regelung entspricht § 330 AO.

Wird die Verpflichtung, eine Hand-lung vorzunehmen, deren Vornahmedurch einen anderen möglich ist(vertretbare Handlung), nicht erfüllt,so kann die Vollstreckungsbehördeeinen anderen mit der Vornahme derHandlung auf Kosten des Pflichtigenbeauftragen.

§ 235Androhung der Zwangsmittel Diese Regelung entspricht § 332 AO.

(1) Die Zwangsmittel müssenschriftlich angedroht werden. Wennzu besorgen ist, dass dadurch derVollzug des durchzusetzenden Ver-waltungsaktes vereitelt wird, genügtes, die Zwangsmittel mündlich oderauf andere nach der Lage geboteneWeise anzudrohen. Zur Erfüllung der

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

499

Verpflichtung ist eine angemesseneFrist zu bestimmen.

(2) Die Androhung kann mit demVerwaltungsakt verbunden werden,durch den die Handlung, Duldungoder Unterlassung aufgegeben wird.Sie muss sich auf ein bestimmtesZwangsmittel beziehen und für jedeeinzelne Verpflichtung getrennt er-gehen. Zwangsgeld ist in bestimmterHöhe anzudrohen.

(3) Eine neue Androhung wegenderselben Verpflichtung ist erst dannzulässig, wenn das zunächst ange-drohte Zwangsmittel erfolglos ist.Wird vom Pflichtigen ein Duldenoder Unterlassen gefordert, so kanndas Zwangsmittel für jeden Fall derZuwiderhandlung angedroht werden.

(4) Soll die Handlung durch Er-satzvornahme ausgeführt werden, soist in der Androhung der Kostenbe-trag vorläufig zu veranschlagen.

§ 236Festsetzung der Zwangsmittel Diese Regelung entspricht § 333 AO.

Wird die Verpflichtung innerhalb derFrist, die in der Androhung bestimmtist, nicht erfüllt oder handelt derPflichtige der Verpflichtung zuwider,so setzt die Zollbehörde dasZwangsmittel fest.

§ 237Ersatzzwangshaft Diese Regelung entspricht § 334 AO.

(1) Ist ein gegen eine natürliche

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Person festgesetztes Zwangsgelduneinbringlich, so kann das Amtsge-richt auf Antrag der Zollbehördenach Anhörung des Pflichtigen Er-satzzwangshaft anordnen, wenn beiAndrohung des Zwangsgelds hieraufhingewiesen worden ist. Ordnet dasAmtsgericht Ersatzzwangshaft an, sohat es einen Haftbefehl auszuferti-gen, in dem die antragstellende Be-hörde, der Pflichtige und der Grundder Verhaftung zu bezeichnen sind.

(2) Das Amtsgericht entscheidetnach pflichtgemäßem Ermessendurch Beschluss. Örtlich zuständigist das Amtsgericht, in dessen Bezirkder Pflichtige seinen Wohnsitz oderin Ermangelung eines Wohnsitzesseinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.Der Beschluss des Amtsgerichts un-terliegt der Beschwerde nach den§§ 567 bis 577 der Zivilprozessord-nung.

(3) Die Ersatzzwangshaft beträgtmindestens einen Tag, höchstenszwei Wochen. Die Vollziehung derErsatzzwangshaft richtet sich nachden §§ 904 bis 906, 909 und 910 derZivilprozessordnung und den §§ 171bis 175 des Strafvollzugsgesetzes.

(4) Ist der Anspruch auf dasZwangsgeld verjährt, so darf die Haftnicht mehr vollstreckt werden.

§ 238Beendigung des Zwangsverfahrens Diese Regelung entspricht § 335 AO.Wird die Verpflichtung nach Festset-zung des Zwangsmittels erfüllt, so ist

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der Vollzug einzustellen.

2. UnterabschnitErzwingung von Sicherheiten

§ 239Erzwingung von Sicherheiten Diese Regelung entspricht § 336 AO.

(1) Wird die Verpflichtung zur Lei-stung von Sicherheiten nicht erfüllt,so kann die Zollbehörde geeigneteSicherheiten pfänden.

(2) Der Erzwingung der Sicherheitmuss eine schriftliche Androhungvorausgehen. Die §§ 213 bis 261sind entsprechend anzuwenden.

VIERTER ABSCHNITT

Kosten§ 240

Kosten der Vollstreckung Diese Regelung entspricht § 337 AO.(1) Die Kosten der Vollstreckung

(Gebühren und Auslagen) fallen demVollstreckungsschuldner zur Last.

(2) Für das Mahnverfahren werdenkeine Kosten erhoben. Jedoch hat derVollstreckungsschuldner die Kostenzu tragen, die durch einen Postnach-nahmeauftrag entstehen.

§ 241Gebührenarten Diese Regelung entspricht § 338 AO.

Im Vollstreckungsverfahren werdenPfändungsgebühren (§ 242), Weg-nahmegebühren (§ 243) und Ver-

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wertungsgebühren (§ 244) erhoben.

§ 242Pfändungsgebühr Diese Regelung entspricht § 339 AO.

(1) Die Pfändungsgebühr wird er-hoben:

1. für die Pfändung von bewegli-chen Sachen, von Früchten, dievom Boden noch nicht getrenntsind, und von Forderungen ausWechseln oder anderen Papie-ren, die durch Indossamentübertragen werden können,

2. für die Pfändung von Forde-rungen, die nicht unter Num-mer 1 fallen, und von anderenVermögensrechten.

(2) Die Gebühr entsteht:1. sobald der Vollziehungsbeamte

Schritte zur Ausführung desVollstreckungsauftrags unter-nommen hat,

2. mit der Zustellung der Verfü-gung, durch die eine Forderungoder ein anderes Vermögens-recht gepfändet werden soll.

(3) Die Gebühr bemisst sich nachder Summe der zu vollstreckendenBeträge. Die durch die Pfändungentstehenden Kosten sind nicht mit-zurechnen. Bei der Vollziehung einesArrestes bemisst sich die Pfändungs-gebühr nach der Hinterlegungssum-me (§ 228 Abs. 1 Satz 3).

(4) Die Höhe der Gebühr richtetsich nach der diesem Gesetz als An-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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lage beigefügten Gebührentabelle. Eswird die volle Gebühr erhoben.

(5) Die halbe Gebühr wird erho-ben, wenn

1. ein Pfändungsversuch erfolglosgeblieben ist, weil pfändbareGegenstände nicht vorgefundenwurden,

2. die Pfändung in den Fällen des§ 185 Abs. 3 dieses Gesetzessowie der §§ 812 und 851bAbs. 1 der Zivilprozessordnungunterbleibt.

(6) Die volle Gebühr wird erhoben,wenn

1. durch Zahlung an den Vollzie-hungsbeamten die Pfändungabgewendet wird oder

2. auf andere Weise Zahlung ge-leistet wird, nachdem sich derVollziehungsbeamte an Ort undStelle begeben hat.

Wird die Pfändung auf andere Wei-se abgewendet, wird keine Gebührerhoben.

(7) Werden wegen desselben An-spruchs mehrere Forderungen, dienicht unter Absatz 1 Nr. 1 fallen,oder andere Vermögensrechte ge-pfändet, so wird die Gebühr nureinmal erhoben.

§ 243Wegnahmegebühr Diese Regelung entspricht § 340 AO.

(1) Die Wegnahmegebühr wird fürdie Wegnahme beweglicher Sachen

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einschließlich Urkunden in den Fäl-len der §§ 214, 219 Abs. 2 Satz 5,§§ 222, 225 und 239 erhoben. Diesgilt auch dann, wenn der Vollstrek-kungsschuldner an den zur Vollstrek-kung erschienenen Vollziehungsbe-amten freiwillig leistet.

(2) § 242 Abs. 2 Nr. 1 ist entspre-chend anzuwenden.

(3) Die Höhe der Wegnahmege-bühr beträgt 20 Euro.

(4) Sind die in Absatz 1 bezeich-neten Sachen nicht aufzufinden, sowird für den Wegnahmeversuch nurdie halbe Gebühr erhoben.

§ 244Verwertungsgebühr Diese Regelung entspricht § 341 AO.

(1) Die Verwertungsgebühr wirdfür die Versteigerung und andereVerwertung von Gegenständen erho-ben.

(2) Die Gebühr entsteht, sobald derVollziehungsbeamte oder ein andererBeauftragter Schritte zur Ausführungdes Verwertungsauftrags unternom-men hat.

(3) Die Gebühr bemisst sich nachdem Erlös. Übersteigt der Erlös dieSumme der zu vollstreckenden Be-träge, so ist diese maßgebend. DieHöhe der Gebühr beträgt das Zwei-einhalbfache der Gebühr für Pfän-dungen nach § 242 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Wird die Verwertung abgewen-det, so ist § 242 Abs. 6 Satz 1 mitder Maßgabe anzuwenden, dass ein

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Viertel der vollen Gebühr, höchstensdreißig Euro, erhoben wird; im Üb-rigen wird keine Gebühr erhoben.Die Gebühr bemisst sich nach demBetrag, der bei einer Verwertung derGegenstände voraussichtlich als Er-lös zu erzielen wäre (Schätzwert).Absatz 3 Satz 2 gilt sinngemäß.

§ 245Mehrheit von Schuldnern Diese Regelung entspricht § 342 AO.

(1) Wird gegen mehrere Schuldnervollstreckt, so sind die Gebühren,auch wenn der Vollziehungsbeamtebei derselben Gelegenheit mehrereVollstreckungshandlungen vor-nimmt, von jedem Vollstreckungs-schuldner zu erheben.

(2) Wird gegen Gesamtschuldnerwegen der Gesamtschuld bei dersel-ben Gelegenheit vollstreckt, so wer-den Pfändungs-, Wegnahme- undVerwertungsgebühren nur einmalerhoben. Die in Satz 1 bezeichnetenPersonen schulden die Gebühren alsGesamtschuldner.

§ 246Auslagen Diese Regelung entspricht § 343 AO.

(1) Als Auslagen werden erhoben:1. Schreibauslagen für nicht von

Amts wegen zu erteilende oderper Telefax übermittelte Ab-schriften. Die Schreibauslagenbetragen für jede Seite unab-hängig von der Art der Her-

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stellung 0,50 Euro,2. Entgelte für Post- und Tele-

kommunikationsdienstleistun-gen, ausgenommen die Entgeltefür Telefondienstleistungen imOrts- und Nahbereich,

3. Kosten für Zustellungen durchdie Post mit Postzustellungsur-kunde und für Nachnahmen;wird durch die Behörde zuge-stellt (§ 5 des Verwaltungszu-stellungsgesetzes), so werdendie für Zustellungen durch diePost mit Zustellungsurkundeentstehenden Kosten erhoben,

4. Kosten, die durch öffentlicheBekanntmachung entstehen,

5. Entschädigungen der zum Öff-nen von Türen oder Behältnis-sen sowie zur Durchsuchungvon Vollstreckungsschuldnernzugezogenen Personen,

6. Kosten der Beförderung, Ver-wahrung und Beaufsichtigunggepfändeter Sachen, Kosten derAberntung gepfändeter Früchteund Kosten der Verwahrung,Fütterung und Pflege gepfän-deter Tiere,

7. Beträge, die als Entschädigungan Zeugen, Auskunftspersonenund Sachverständige (§ 67)sowie an Treuhänder (§ 222Abs. 5) zu zahlen sind,

8. andere Beträge, die auf Grundvon Vollstreckungsmaßnahmenan Dritte zu zahlen sind, insbe-sondere Beträge, die bei der Er-

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satzvornahme oder beim un-mittelbaren Zwang an Beauf-tragte und an Hilfspersonen ge-zahlt werden und sonstigedurch Ausführung des unmit-telbaren Zwanges oder Anwen-dung der Ersatzzwangshaft ent-standene Kosten.

(2) Werden Sachen, die bei mehre-ren Vollstreckungsschuldnern ge-pfändet worden sind, in einem ein-heitlichen Verfahren abgeholt undverwertet, so werden die Auslagen,die in diesem Verfahren entstehen,auf die beteiligten Vollstreckungs-schuldner verteilt. Dabei sind diebesonderen Umstände des einzelnenFalles, vor allem Wert, Umfang undGewicht der Gegenstände, zu be-rücksichtigen.

§ 247Reisekosten und Aufwandsent-

schädigungenDiese Regelung entspricht § 345 AO.

Im Vollstreckungsverfahren sind dieReisekosten des Vollziehungsbeam-ten und Auslagen, die durch Auf-wandsentschädigungen abgegoltenwerden, von dem Vollstreckungs-schuldner nicht zu erstatten.

§ 248Unrichtige Sachbehandlung, Fest-

setzungsfristDiese Regelung entspricht § 346 AO.

(1) Kosten, die bei richtiger Be-handlung der Sache nicht entstandenwären, sind nicht zu erheben.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

508

(2) Die Frist für den Ansatz derKosten und für die Aufhebung undÄnderung des Kostenansatzes be-trägt ein Jahr. Sie beginnt mit Ablaufdes Kalenderjahrs, in dem die Kostenentstanden sind. Einem vor Ablaufder Frist gestellten Antrag auf Auf-hebung oder Änderung kann auchnach Ablauf der Frist entsprochenwerden.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

509

SIEBTER TEIL

AUßERGERICHTLICHESRECHTSBEHELFSVERFAHREN

Siebter Teil Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren

ERSTER ABSCHNITT

Zulässigkeit§ 249

Statthaftigkeit des EinspruchsZu Art. 243, 245 ZK

(1) Gegen Entscheidungen auf demGebiet des Zollrechts ist als Rechts-behelf der Einspruch statthaft. Diesgilt auch für Entscheidungen imRahmen des gemeinschaftlichenZollrechts.

Der Einspruch ist außerdem statt-haft, wenn geltend gemacht wird,dass in den in Satz 1 bezeichnetenAngelegenheiten über einen vomEinspruchsführer gestellten Antragauf Erlass eines Verwaltungsaktesohne Mitteilung eines zureichendenGrundes binnen angemessener Fristsachlich nicht entschieden wordenist.

(2) Das gemeinschaftliche Zoll-recht ist der Zollkodex und die aufgemeinschaftlicher und einzelstaatli-cher Ebene dazu erlassenen Durch-führungsvorschriften.

Diese Regelung entspricht § 347 AO,wobei darauf hingewiesen wird, dassdie Vorschrift auch für Entscheidun-gen im Rahmen des gemeinschaftli-chen Zollrechts gilt521.

521 Tipke, a.a.O., (FN 375); Klein/Brockmeyer, a.a.O., (FN 376).

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

510

§ 250Ausschluss des Einspruchs

Zu Art. 243, 245 ZKDer Einspruch ist nicht statthaft beiNichtentscheidung über einen Ein-spruch.

Diese Regelung entspricht § 348 AO,wobei Berücksichtigung gefundenhat, dass Verwaltungsakte im Zoll-recht nicht von der obersten Finanz-behörde erlassen werden.

§ 251Bindungswirkung anderer Verwal-

tungsakteZu Art. 245 ZK

Diese Regelung entspricht § 351 AO.

(1) Verwaltungsakte, die unan-fechtbare Verwaltungsakte ändern,können nur insoweit angegriffenwerden, als die Änderung reicht, essei denn, dass sich aus den Vor-schriften über die Aufhebung undÄnderung von Verwaltungsaktenetwas anderes ergibt.

(2) Entscheidungen in einemGrundlagenbescheid (§ 104 Abs. 9)können nur durch Anfechtung diesesBescheids, nicht auch durch An-fechtung des Folgebescheids, ange-griffen werden.

§ 252Einspruchsverzicht

Zu Art. 245 ZK(1) Auf Einlegung eines Ein-

spruchs kann nach Erlass des Ver-waltungsaktes verzichtet werden.Der Verzicht kann auch bei Abgabeeiner Steueranmeldung für den Fallausgesprochen werden, dass die

Diese Regelung entspricht § 354 AO,wobei die Regelungen über einenEinspruchsverzicht im Rahmen vonBesteuerungsgrundlagen für ein Ver-ständigungsverfahren nicht berück-sichtigt werden. Der Begriff der Fi-nanzbehörde ist durch den Begriff derZollbehörde ersetzt worden.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

511

Steuer nicht abweichend von derSteueranmeldung festgesetzt wird.Durch den Verzicht wird der Ein-spruch unzulässig.

(2) Der Verzicht ist gegenüber derzuständigen Zollbehörde schriftlichoder zur Niederschrift zu erklären; erdarf keine weiteren Erklärungen ent-halten. Wird nachträglich die Un-wirksamkeit des Verzichts geltendgemacht, so gilt § 70 Abs. 3 sinnge-mäß.

ZWEITER ABSCHNITT

Verfahrensvorschriften§ 253

EinspruchsfristZu Art. 245 ZK

Diese Regelung entspricht § 355 AO.

(1) Der Einspruch nach § 249 Abs.1 Satz 1 ist innerhalb eines Monatsnach Bekanntgabe des Verwaltungs-aktes einzulegen. Ein Einspruch ge-gen eine Steueranmeldung ist inner-halb eines Monats nach Eingang derSteueranmeldung bei der Zollbehör-de einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 249 Abs.1 Satz 2 ist unbefristet.

§ 254Rechtsbehelfsbelehrung

Zu Art. 245 ZK(1) Ergeht ein Verwaltungsakt

schriftlich oder elektronisch, so

Diese Regelung entspricht § 356 AOwobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

512

beginnt die Frist für die Einlegungdes Einspruchs nur, wenn der Betei-ligte über den Einspruch und dieZollbehörde, bei der er einzulegenist, deren Sitz und die einzuhaltendeFrist in der für den Verwaltungsaktverwendeten Form belehrt wordenist.

(2) Ist die Belehrung unterbliebenoder unrichtig erteilt, so ist die Ein-legung des Einspruchs nur binnen ei-nes Jahres seit Bekanntgabe desVerwaltungsaktes zulässig, es seidenn, dass die Einlegung vor Ablaufder Jahresfrist infolge höherer Ge-walt unmöglich war oder schriftlichoder elektronisch darüber belehrtwurde, dass ein Einspruch nicht ge-geben sei. § 70 Abs. 2 gilt für denFall höherer Gewalt sinngemäß.

§ 255Einlegung der Einspruchs

Zu Art. 245 ZK(1) Der Einspruch ist schriftlich

einzureichen oder zur Niederschriftzu erklären. Es genügt, wenn ausdem Schriftstück hervorgeht, werden Einspruch eingelegt hat. Einle-gung durch Telegramm ist zulässig.Unrichtige Bezeichnung des Ein-spruchs schadet nicht.

Diese Regelung entspricht § 357 AO,wobei der Hinweis auf die einenSteuermessbetrag erlassende Behördenicht mit aufgenommen wird.

(2) Der Einspruch ist bei der Be-hörde anzubringen, deren Verwal-tungsakt angefochten wird oder beider ein Antrag auf Erlass eines Ver-waltungsaktes gestellt worden ist.Ein Einspruch, der sich gegen die

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

513

Feststellung von Besteuerungs-grundlagen richtet, kann auch bei derzur Erteilung des Steuerbescheideszuständigen Behörde angebrachtwerden. Ein Einspruch, der sich ge-gen einen Verwaltungsakt richtet,den eine Behörde auf Grund gesetz-licher Vorschrift für die zuständigeZollbehörde erlassen hat, kann auchbei der zuständigen Zollbehörde an-gebracht werden. Die schriftlicheAnbringung bei einer anderen Be-hörde ist unschädlich, wenn der Ein-spruch vor Ablauf der Einspruchs-frist einer der Behörden übermitteltwird, bei der er nach den Sätzen 1bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll derVerwaltungsakt bezeichnet werden,gegen den der Einspruch gerichtetist. Es soll angegeben werden, in-wieweit der Verwaltungsakt ange-fochten und seine Aufhebung bean-tragt wird. Ferner sollen die Tatsa-chen, die zur Begründung dienen,und die Beweismittel angeführt wer-den.

§ 256Prüfung der Zulässigkeitsvoraus-

setzungenZu Art. 245 ZK

Diese Regelung entspricht § 358 AO.

Die zur Entscheidung über den Ein-spruch berufene Zollbehörde hat zuprüfen, ob der Einspruch zulässig,insbesondere in der vorgeschriebe-nen Form und Frist eingelegt ist.Mangelt es an einem dieser Erfor-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

514

dernisse, so ist der Einspruch als un-zulässig zu verwerfen.

§ 257Beteiligte

Zu Art. 245 ZKDiese Regelung entspricht § 359 AO.

Beteiligte am Verfahren sind:1. wer den Einspruch eingelegt

hat (Einspruchsführer),2. wer zum Verfahren hinzugezo-

gen worden ist.

§ 258Hinzuziehung zum Verfahren

Zu Art. 245 ZK(1) Die zur Entscheidung über den

Einspruch berufene Zollbehörde

Diese Regelung entspricht § 360 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

kann von Amts wegen oder auf An-trag andere hinzuziehen, derenrechtliche Interessen nach den Steu-ergesetzen durch die Entscheidungberührt werden, insbesondere solche,die nach den Steuergesetzen nebendem Steuerpflichtigen haften. Vor derHinzuziehung ist derjenige zu hören,der den Einspruch eingelegt hat.

(2) Wird eine Abgabe für einen an-deren Abgabenberechtigten verwal-tet, so kann dieser nicht deshalb hin-zugezogen werden, weil seine Inter-essen als Abgabenberechtigter durchdie Entscheidung berührt werden.

(3) Wer zum Verfahren hinzugezo-gen worden ist, kann dieselben

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

515

Rechte geltend machen, wie derjeni-ge, der den Einspruch eingelegt hat.

§ 259Aussetzung der Vollziehung

Zu Art. 244, 245 ZK(1) Ist der Verwaltungsakt schon

vollzogen, tritt an die Stelle der Aus-setzung der Vollziehung die Aufhe-bung der Vollziehung.

§ 259 enthält die nationalen Regelun-gen, die in der gemeinschaftsrechtli-chen Vorschrift des Artikels 244Zollkodex unberücksichtigt gebliebensind.

(2) Soweit die Vollziehung einesGrundlagenbescheids ausgesetztwird, ist auch die Vollziehung einesFolgebescheids auszusetzen. DerErlass eines Folgebescheids bleibtzulässig. Über eine Sicherheitslei-stung ist bei der Aussetzung einesFolgebescheids zu entscheiden, essei denn, dass bei der Aussetzung derVollziehung des Grundlagenbe-scheids die Sicherheitsleistung aus-drücklich ausgeschlossen worden ist.

(3) Gegen die Ablehnung der Aus-setzung der Vollziehung kann dasGericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5Satz 3 der Finanzgerichtsordnungangerufen werden.

§ 260Rücknahme des Einspruchs

Zu Art. 245 ZKDiese Regelung entspricht § 362 AO.

(1) Der Einspruch kann bis zur Be-kanntgabe der Entscheidung überden Einspruch zurückgenommenwerden. § 255 Abs. 1 und 2 giltsinngemäß.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

516

(2) Die Rücknahme hat den Verlustdes eingelegten Einspruchs zur Fol-ge. Wird nachträglich die Unwirk-samkeit der Rücknahme geltend ge-macht, so gilt § 70 Abs. 3 sinnge-mäß.

§ 261Aussetzung und Ruhen des Ver-

fahrensZu Art. 245 ZK

(1) Hängt die Entscheidung ganzoder zum Teil von dem Bestehenoder Nichtbestehen eines Rechtsver-hältnisses ab, das den Gegenstandeines anhängigen Rechtsstreits bildetoder von einem Gericht oder einerVerwaltungsbehörde festzustellen ist,kann die Zollbehörde die Entschei-dung bis zur Erledigung des anderenRechtsstreits oder bis zur Entschei-dung des Gerichts oder der Verwal-tungsbehörde aussetzen.

Diese Regelung entspricht § 363 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die Zollbehörde kann das Ver-fahren mit Zustimmung des Ein-spruchsführers ruhen lassen, wenndas aus wichtigen Gründen zweck-mäßig erscheint. Ist wegen der Ver-fassungsmäßigkeit einer Rechtsnormoder wegen einer Rechtsfrage einVerfahren bei dem Europäischen Ge-richtshof, dem Bundesverfassungs-gericht oder einem obersten Bundes-gericht anhängig und wird der Ein-spruch hierauf gestützt, ruht das Ein-spruchsverfahren insoweit. Mit Zu-stimmung des Bundesministeriumsder Finanzen kann durch öffentlich

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

517

bekannt zugebende Allgemeinverfü-gung für bestimmte Gruppen gleich-gelagerter Fälle angeordnet werden,dass Einspruchsverfahren insoweitauch in anderen als den in den Sät-zen 1 und 2 genannten Fällen ruhen.Das Einspruchsverfahren ist fortzu-setzen, wenn der Einspruchsführerdies beantragt oder die Zollbehördedies dem Einspruchsführer mitteilt.

(3) Wird ein Antrag auf Ausset-zung oder Ruhen des Verfahrens ab-gelehnt oder die Aussetzung oder dasRuhen des Verfahrens widerrufen,kann die Rechtswidrigkeit der Ab-lehnung oder des Widerrufs nurdurch Klage gegen die Ein-spruchsentscheidung geltend ge-macht werden.

§ 262Mitteilung der Besteuerungsun-

terlagenZu Art. 245 ZK

Diese Regelung entspricht § 364 AO.

Den Beteiligten sind, soweit es nochnicht geschehen ist, die Unterlagender Besteuerung auf Antrag oder,wenn die Begründung des Ein-spruchs dazu Anlass gibt, von Amtswegen mitzuteilen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

518

§ 263Erörterung des Sach- und Rechts-

standsZu Art. 245 ZK

(1) Auf Antrag eines Einspruchs-führers soll die Zollbehörde vor Er-lass einer Einspruchsentscheidungden Sach- und Rechtsstand erörtern.Weitere Beteiligte können hierzugeladen werden, wenn die Zollbe-hörde dies für sachdienlich hält. DieZollbehörde kann auch ohne Antrageines Einspruchsführers diesen undweitere Beteiligte zu einer Erörte-rung laden.

Diese Regelung entspricht § 364aAO, wobei der Begriff der Finanzbe-hörde durch den Begriff der Zollbe-hörde ersetzt worden ist.

(2) Von einer Erörterung mit mehrals 10 Beteiligten kann die Zollbe-hörde absehen. Bestellen die Betei-ligten innerhalb einer von der Zoll-behörde bestimmten angemessenenFrist einen gemeinsamen Vertreter,soll der Sach- und Rechtsstand mitdiesem erörtert werden.

(3) Die Beteiligten können sichdurch einen Bevollmächtigten ver-treten lassen. Sie können auch per-sönlich zur Erörterung geladen wer-den, wenn die Zollbehörde dies fürsachdienlich hält.

(4) Das Erscheinen kann nichtnach § 233 erzwungen werden.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

519

§ 264Fristsetzung

Zu Art. 245 ZK(1) Die Zollbehörde kann dem Ein-

spruchsführer eine Frist setzen

Diese Regelung entspricht § 364bAO, wobei der Begriff der Finanzbe-hörde durch den Begriff der Zollbe-hörde ersetzt worden ist.

1. zur Angabe der Tatsachen,durch deren Berücksichtigungoder Nichtberücksichtigung ersich beschwert fühlt,

2. zur Erklärung über bestimmteklärungsbedürftige Punkte,

3. zur Bezeichnung von Beweis-mitteln oder zur Vorlage vonUrkunden, soweit er dazu ver-pflichtet ist.

(2) Erklärungen und Beweismit-teln, die erst nach Ablauf der nachAbsatz 1 gesetzten Frist vorgebrachtwerden, sind nicht zu berücksichti-gen. § 267Abs. 2 Satz 2 bleibt unbe-rührt. Bei Überschreitung der Fristgilt § 70 entsprechend.

(3) Der Einspruchsführer ist mitder Fristsetzung über die Rechtsfol-gen nach Absatz 2 zu belehren.

§ 265Anwendung von Verfahrensvor-

schriftenZu Art. 245 ZK

Diese Regelung entspricht § 365 AO.

(1) Für das Verfahren über denEinspruch gelten im übrigen die Vor-schriften sinngemäß, die für den Er-lass des angefochtenen oder des be-gehrten Verwaltungsaktes gelten.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

520

(2) In den Fällen des § 54 Abs. 6,des § 57 Abs. 7 Satz 2 und der §§ 59und 60 ist den Beteiligten und ihrenBevollmächtigten und Beiständen(§ 41) Gelegenheit zu geben, an derBeweisaufnahme teilzunehmen.

(3) Wird der angefochtene Ver-waltungsakt geändert oder ersetzt, sowird der neue Verwaltungsakt Ge-genstand des Einspruchsverfahrens.Satz 1 gilt entsprechend, wenn einVerwaltungsakt an die Stelle einesangefochtenen unwirksamen Ver-waltungsaktes tritt.

§ 266Form und Inhalt und Bekanntgabe

der EinspruchsentscheidungZu Art. 245 ZK

Diese Regelung entspricht § 366 AO.

Die Einspruchsentscheidung istschriftlich zu erteilen, zu begründen,mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zuversehen und den Beteiligten be-kannt zu geben.

§ 267Entscheidung über den Einspruch

Zu Art. 245 ZK(1) Über den Einspruch entscheidet

die Zollbehörde, die den Verwal-tungsakt erlassen hat, durch Ein-spruchsentscheidung. Ist für denSteuerfall nachträglich eine andereZollbehörde zuständig geworden, soentscheidet diese Zollbehörde.

Diese Regelung entspricht § 367 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Die Zollbehörde, die über den

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

521

Einspruch entscheidet, hat die Sachein vollem Umfang erneut zu prüfen.Der Verwaltungsakt kann auch zumNachteil des Einspruchsführers ge-ändert werden, wenn dieser auf dieMöglichkeit einer verbösernden Ent-scheidung unter Angabe von Grün-den hingewiesen und ihm Gelegen-heit gegeben worden ist, sich hierzuzu äußern. Einer Einspruchsent-scheidung bedarf es nur insoweit, alsdie Zollbehörde dem Einspruch nichtabhilft.

(3) Richtet sich der Einspruch ge-gen einen Verwaltungsakt, den eineBehörde auf Grund gesetzlicher Vor-schrift für die zuständige Zollbehör-de erlassen hat, so entscheidet diezuständige Zollbehörde über denEinspruch. Auch die für die zustän-dige Zollbehörde handelnde Behördeist berechtigt, dem Einspruch abzu-helfen.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

522

ACHTER TEIL

STRAF- UND BUßGELDVOR-SCHRIFTEN

Achter Teil Straf- und Bußgeldvorschriften

ERSTER ABSCHNITT

Strafvorschriften§ 268

Steuerstraftaten Diese Regelung entspricht § 369 AO.(1) Steuerstraftaten (Zollstraftaten)

sind:1. Taten, die nach den Steuerge-

setzen strafbar sind,2. der Bannbruch,3. die Wertzeichenfälschung und

deren Vorbereitung, soweit dieTat Steuerzeichen betrifft,

4. die Begünstigung einer Person,die eine Tat nach den Nummern1 bis 3 begangen hat.

(2) Für Steuerstraftaten gelten dieallgemeinen Gesetze über das Straf-recht, soweit die Strafvorschriftender Steuergesetze nichts anderes be-stimmen.

§ 269Steuerhinterziehung

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünfJahren oder mit Geldstrafe wird be-straft, wer

Diese Regelung entspricht § 370 AO,wobei der Begriff der Finanzbehör-den durch den Begriff der Zollbehör-den ersetzt worden ist.

1. den Zollbehörden oder anderenBehörden über steuerlich er-hebliche Tatsachen unrichtigeoder unvollständige Angaben

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

523

macht,2. die Zollbehörden pflichtwidrig

über steuerlich erhebliche Tat-sachen in Unkenntnis lässt oder

3. pflichtwidrig die Verwendungvon Steuerzeichen oder Steuer-stemplern unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oderfür sich oder einen anderen nichtgerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.(3) In besonders schweren Fällen

ist die Strafe Freiheitsstrafe vonsechs Monaten bis zu zehn Jahren.Ein besonders schwerer Fall liegt inder Regel vor, wenn der Täter

1. aus grobem Eigennutz in gro-ßem Ausmaß Steuern verkürztoder nicht gerechtfertigte Steu-ervorteile erlangt,

2. seine Befugnisse oder seineStellung als Amtsträger miss-braucht,

3. die Mithilfe eines Amtsträgersausnutzt, der seine Befugnisseoder seine Stellung miss-braucht, oder

4. unter Verwendung nachge-machter oder verfälschter Bele-ge fortgesetzt Steuern verkürztoder nicht gerechtfertigte Steu-ervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dannverkürzt, wenn sie nicht, nicht involler Höhe oder nicht rechtzeitigfestgesetzt werden; dies gilt auchdann, wenn die Steuer vorläufig oder

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

524

unter Vorbehalt der Nachprüfungfestgesetzt wird oder eine Steueran-meldung einer Steuerfestsetzungunter Vorbehalt der Nachprüfunggleichsteht. Steuervorteile sind auchSteuervergütungen; nicht gerechtfer-tigte Steuervorteile sind erlangt, so-weit sie zu Unrecht gewährt oderbelassen werden. Die Voraussetzun-gen der Sätze 1 und 2 sind auch dannerfüllt, wenn die Steuer, auf die sichdie Tat bezieht, aus anderen Gründenhätte ermäßigt oder der Steuervorteilaus anderen Gründen hätte bean-sprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlichsolcher Waren begangen werden,deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durch-fuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auchdann, wenn sich die Tat auf Einfuhr-oder Ausfuhrabgaben bezieht, dievon einem anderen Mitgliedstaat derEuropäischen Gemeinschaften ver-waltet werden oder die einem Mit-gliedstaat der Europäischen Freihan-delsassoziation oder einem mit dieserassoziierten Staat zustehen. Das glei-che gilt, wenn sich die Tat auf Um-satzsteuern oder auf harmonisierteVerbrauchsteuern, für die in Artikel 3Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWGdes Rates vom 25. Februar 1992(ABl. EG Nr. L 76 S. 1) genanntenWaren bezieht, die von einem ande-ren Mitgliedstaat der EuropäischenGemeinschaften verwaltet wird. Diein Satz 2 bezeichneten Taten werdennur verfolgt, wenn die Gegenseitig-keit zur Zeit der Tat verbürgt und

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

525

dies in einer Rechtsverordnung nachSatz 4 festgestellt ist. Das Bundes-ministerium der Finanzen wird er-mächtigt, mit Zustimmung des Bun-desrates in einer Rechtsverordnungfestzustellen, im Hinblick auf welcheMitgliedstaaten der EuropäischenGemeinschaften Taten im Sinne desSatzes 2 wegen Verbürgung der Ge-genseitigkeit zu verfolgen sind.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten un-abhängig von dem Recht des Tator-tes auch für Taten, die außerhalb desGeltungsbereiches dieses Gesetzesbegangen werden.

§ 270Gewerbsmäßige oder bandenmä-

ßige SteuerhinterziehungDiese Regelung entspricht § 370aAO.

Mit Freiheitsstrafe von einem Jahrbis zu zehn Jahren wird bestraft, wergewerbsmäßig oder als Mitglied ei-ner Bande, die sich zur fortgesetztenBegehung solcher Taten verbundenhat, in großem Ausmaß Steuern ver-kürzt oder sich für sich oder einenanderen nicht gerechtfertigte Steuer-vorteile erlangt. In minderschwerenFällen ist die Strafe Freiheitsstrafevon drei Monaten bis zu fünf Jahren.Ein minderschwerer Fall liegt insbe-sondere vor, wenn die Voraussetzun-gen des § 271 erfüllt sind.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

526

§ 271Selbstanzeige bei Steuerhinterzie-

hung(1) Wer in den Fällen des § 269 un-

richtige oder unvollständige Anga-ben bei der Zollbehörde berichtigtoder ergänzt oder unterlassene An-gaben nachholt, wird insoweit straf-frei.

Diese Regelung entspricht § 371 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Straffreiheit tritt nicht ein,wenn

1. vor der Berichtigung, Ergän-zung oder Nachholunga) ein Amtsträger der Zollbe-

hörde zur steuerlichen Prü-fung oder zur Ermittlung ei-ner Steuerstraftat oder einerSteuerordnungswidrigkeiterschienen ist oder

b) dem Täter oder seinem Ver-treter die Einleitung desStraf- oder Bußgeldverfah-rens wegen der Tat bekanntgegeben worden ist oder

2. die Tat im Zeitpunkt der Be-richtigung, Ergänzung oderNachholung ganz oder zum Teilbereits entdeckt war und derTäter dies wusste oder bei ver-ständiger Würdigung derSachlage damit rechnen muss-te.

(3) Sind Steuerverkürzungen be-reits eingetreten oder Steuervorteileerlangt, so tritt für einen an der TatBeteiligten Straffreiheit nur ein, so-weit er die zu seinen Gunsten hinter-zogenen Steuern innerhalb der ihm

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

527

bestimmten angemessenen Frist ent-richtet.

(4) Wird die in § 95 vorgeseheneAnzeige rechtzeitig und ordnungs-mäßig erstattet, so wird ein Dritter,der die in § 95 bezeichneten Erklä-rungen abzugeben unterlassen oderunrichtig oder unvollständig abgege-ben hat, strafrechtlich nicht verfolgt,es sei denn, dass ihm oder seinemVertreter vorher die Einleitung einesStraf- oder Bußgeldverfahrens we-gen der Tat bekannt gegeben wordenist. Hat der Dritte zum eigenen Vor-teil gehandelt, so gilt Absatz 3 ent-sprechend.

§ 272Bannbruch Diese Regelung entspricht § 372 AO.

(1) Bannbruch begeht, wer Gegen-stände entgegen einem Verbot ein-führt, ausführt oder durchführt.

(2) Der Täter wird nach § 269 Ab-sätze 1, 2 bestraft, wenn die Tat nichtin anderen Vorschriften als Zuwider-handlung gegen ein Einfuhr-, Aus-fuhr- oder Durchfuhrverbot mit Stra-fe oder mit Geldbuße bedroht ist.

§ 273Gewerbsmäßiger, gewaltsamerund bandenmäßiger Schmuggel

Diese Regelung entspricht § 373 AO.

(1) Wer gewerbsmäßig Einfuhr-oder Ausfuhrabgaben hinterziehtoder gewerbsmäßig durch Zuwider-handlungen gegen Monopolvor-schriften Bannbruch begeht, wird mit

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

528

Freiheitsstrafe von drei Monaten biszu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer1. eine Hinterziehung von Ein-

fuhr- oder Ausfuhrabgabenoder einen Bannbruch begeht,bei denen er oder ein andererBeteiligter eine Schusswaffebei sich führt,

2. eine Hinterziehung von Ein-fuhr- oder Ausfuhrabgabenoder einen Bannbruch begeht,bei denen er oder ein andererBeteiligter eine Waffe odersonst ein Werkzeug oder Mittelbei sich führt, um den Wider-stand eines anderen durch Ge-walt oder Drohung mit Gewaltzu verhindern oder zu überwin-den, oder

3. als Mitglied einer Bande, diesich zur fortgesetzten Bege-hung der Hinterziehung vonEinfuhr- oder Ausfuhrabgabenoder des Bannbruchs verbun-den hat, unter Mitwirkung einesanderen Bandenmitglieds dieTat ausführt.

§ 274Steuerhehlerei Diese Regelung entspricht § 374AO.

(1) Wer Erzeugnisse oder Waren,hinsichtlich deren Verbrauchsteuernoder Einfuhr- und Ausfuhrabgabenim Sinne des Artikels 4 Nrn. 10 und11 des Zollkodexes hinterzogen oderBannbruch nach § 272 Abs. 2, § 273begangen worden ist, ankauft oder

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

529

sonst sich oder einem Dritten ver-schafft, sie absetzt oder abzusetzenhilft, um sich oder einen Dritten zubereichern, wird nach § 269 Abs. 1und 2, wenn er gewerbsmäßig han-delt, nach § 273 bestraft.

(2) Absatz 1 gilt auch dann, wennEinfuhr- oder Ausfuhrabgaben hin-terzogen worden sind, die von einemanderen Mitgliedstaat der Europäi-schen Gemeinschaften verwaltetwerden oder die einem Mitgliedstaatder Europäischen Freihandelsasso-ziation oder einem mit dieser asso-ziierten Staat zustehen; § 269 Abs. 7gilt entsprechend.

§ 275Nebenfolgen Diese Regelung entspricht § 375 AO.

(1) Neben einer Freiheitsstrafe vonmindestens einem Jahr wegen

1. Steuerhinterziehung,2. Bannbruchs nach § 272 Abs. 2,

§ 273,3. Steuerhehlerei oder4. Begünstigung einer Person, die

eine Tat nach den Nummern 1bis 3 begangen hat,

kann das Gericht die Fähigkeit, öf-fentliche Ämter zu bekleiden, unddie Fähigkeit, Rechte aus öffentli-chen Wahlen zu erlangen, aberken-nen (§ 45 Abs. 2 des Strafgesetz-buchs).

(2) Ist eine Steuerhinterziehung,ein Bannbruch nach § 272 Abs. 2,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

530

§ 273 oder eine Steuerhehlerei be-gangen worden, so können

1. die Erzeugnisse, Waren undandere Sachen, auf die sich dieHinterziehung von Verbrauch-steuer oder Einfuhr- und Aus-fuhrabgaben im Sinne des Arti-kels 4 Nr. 10 und 11 des Zoll-kodexes, der Bannbruch oderdie Steuerhehlerei bezieht, und

2. die Beförderungsmittel, die zurTat benutzt worden sind,

eingezogen werden. § 74a desStrafgesetzbuchs ist anzuwenden.

§ 276Unterbrechung der Verfolgungs-

verjährungDiese Regelung entspricht § 376 AO.

Die Verjährung der Verfolgung einerSteuerstraftat wird auch dadurch un-terbrochen, dass dem Beschuldigtendie Einleitung des Bußgeldverfah-rens bekannt gegeben oder diese Be-kanntgabe angeordnet wird.

ZWEITER ABSCHNITT

Bußgeldvorschriften§ 277

Steuerordnungswidrigkeiten Diese Regelung entspricht § 377 AO.(1) Steuerordnungswidrigkeiten

(Zollordnungswidrigkeiten) sindZuwiderhandlungen, die nach denSteuergesetzen mit Geldbuße geahn-det werden können.

(2) Für Steuerordnungswidrigkei-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

531

ten gelten die Vorschriften des ErstenTeils des Gesetzes über Ordnungs-widrigkeiten, soweit die Bußgeld-vorschriften der Steuergesetze nichtsanderes bestimmen.

§ 278Leichtfertige Steuerverkürzung Diese Regelung entspricht § 378 AO.(1) Ordnungswidrig handelt, wer

als Steuerpflichtiger oder bei Wahr-nehmung der Angelegenheiten einesSteuerpflichtigen eine der in § 269Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfer-tig begeht. § 269 Abs. 4 bis 7 giltentsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kannmit einer Geldbuße bis zu fünfzig-tausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht fest-gesetzt, soweit der Täter unrichtigeoder unvollständige Angaben bei derZollbehörde berichtigt oder ergänztoder unterlassene Angaben nachholt,bevor ihm oder seinem Vertreter dieEinleitung eines Straf- oder Buß-geldverfahrens wegen der Tat be-kannt gegeben worden ist. § 271Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 279Steuergefährdung Diese Regelung entspricht § 379 AO.

(1) Ordnungswidrig handelt, wervorsätzlich oder leichtfertig

1. Belege ausstellt, die in tatsäch-licher Hinsicht unrichtig sind,oder

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

532

2. nach Gesetz buchungs- oderaufzeichnungspflichtige Ge-schäftsvorfälle oder Betriebs-vorgänge nicht oder in tatsäch-licher Hinsicht unrichtig ver-bucht oder verbuchen lässt

und dadurch ermöglicht, Steuern zuverkürzen oder nicht gerechtfertigteSteuervorteile zu erlangen. Satz 1 Nr.1 gilt auch dann, wenn Einfuhr- undAusfuhrabgaben verkürzt werdenkönnen, die von einem anderen Mit-gliedstaat der Europäischen Gemein-schaften verwaltet werden oder dieeinem Staat zustehen, der für Warenaus den Europäischen Gemeinschaf-ten auf Grund eines Assoziations-oder Präferenzabkommens eine Vor-zugsbehandlung gewährt; § 304 Abs.7 gilt entsprechend..

(2) Ordnungswidrig handelt, wervorsätzlich oder fahrlässig einerAuflage nach § 52 Abs. 2 Nr. 4 zu-widerhandelt, die einem Verwal-tungsakt für Zwecke der besonderenSteueraufsicht (§§ 120 bis 142) bei-gefügt worden ist.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kannmit einer Geldbuße bis zu fünftau-send Euro geahndet werden, wenndie Handlung nicht nach § 278 ge-ahndet werden kann.

§ 280Verbrauchsteuergefährdung Diese Regelung entspricht § 381 AO.

(1) Ordnungswidrig handelt, wervorsätzlich oder leichtfertig Vor-schriften der Verbrauchsteuergesetze

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

533

oder der dazu erlassenen Rechtsver-ordnungen

1. über die zur Vorbereitung, Si-cherung oder Nachprüfung derBesteuerung auferlegtenPflichten,

2. über Verpackung und Kenn-zeichnung verbrauchsteuer-pflichtiger Erzeugnisse oderWaren, die solche Erzeugnisseenthalten, oder über Verkehrs-oder Verwendungsbeschrän-kungen für solche Erzeugnisseoder Waren oder

3. über den Verbrauch unversteu-erter Waren in den Freihäfen

zuwiderhandelt, soweit die Ver-brauchsteuergesetze oder die dazuerlassenen Rechtsverordnungen füreinen bestimmten Tatbestand aufdiese Bußgeldvorschrift verweisen.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kannmit einer Geldbuße bis zu fünftau-send Euro geahndet werden, wenndie Handlung nicht nach § 278 ge-ahndet werden kann.

§ 281Gefährdung der Einfuhr- und Aus-

fuhrabgaben(1) Ordnungswidrig handelt, wer

als Pflichtiger oder bei der Wahr-nehmung der Angelegenheiten einesPflichtigen vorsätzlich oder fahrläs-sig Zollvorschriften, den dazu erlas-senen Rechtsverordnungen oder denVerordnungen des Rates oder der

§ 281 Absatz 1 entspricht § 382 Ab-satz 1 AO

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

534

Kommission der Europäischen Ge-meinschaften zuwiderhandelt, die

1. für die zollamtliche Erfassungdes Warenverkehrs über dieGrenze des Zollgebiets der Eu-ropäischen Gemeinschaft sowieüber die Freizonengrenzen,

2. für die Überführung von Warenin ein Zollverfahren und dessenDurchführung oder für die Er-langung einer sonstigen zoll-rechtlichen Bestimmung vonWaren,

3. für die Freizonen, den grenzna-hen Raum sowie die darüberhinaus der Grenzaufsicht un-terworfenen Gebiete gelten..

(2) Danach handelt im Sinne vonAbsatz 1 Nr.1 ordnungswidrig, wervorsätzlich oder fahrlässig

a) entgegen § 121 Abs. 1 Satz 1eine Ware außerhalb einer Zoll-straße einführt oder ausführt,entgegen § 121 Abs. 2 außer-halb eines Zollflugplatzes lan-det oder abfliegt, entgegen§ 121 Abs. 3 Satz 1 außerhalbeines Zolllandungsplatzes an-legt oder ablegt oder entgegen§ 121 Abs. 3 Satz 2 auf einerZollstraße mit anderen Fahr-zeugen oder mit dem Land inVerbindung tritt,

b) entgegen § 122 Abs. 1 eineWare außerhalb der Öffnungs-zeigen einführt oder ausführt,

c) entgegen § 130 Abs. 2 in Ver-bindung mit Abs. 1 Satz 2 auf

§ 281 Absatz 2 entspricht § 31 Absatz1 ZollVerwG.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

535

Verlangen eines Zollbedienste-ten nicht stehen bleibt oder sichnicht über seine Person aus-weist,

d) entgegen § 130 Abs. 2 in Ver-bindung mit Abs. 1 Satz 3 oder4 nicht oder nicht rechtzeitighält, ein Beförderungspapiernicht oder nicht rechtzeitigvorlegt oder einem Zollbedien-steten nicht oder nicht recht-zeitig ermöglicht, an Bord odervon Bord zu gelangen, oder

e) entgegen § 130 Abs. 2 in Ver-bindung mit Abs. 1 Satz 6 eineAngabe nicht, nicht richtig,nicht vollständig oder nichtrechtzeitig macht oder die Ent-nahme von unentgeltlichenProben nicht duldet.

(3) Ordnungswidrig im Sinne vonAbsatz 1 Nr. 2 handelt, wer vorsätz-lich oder fahrlässig einen Amtsplatzzu anderen Zwecken als der Durch-führung zollamtlicher Maßnahmenbenutzt. Gleiches gilt für die zurVornahme der vorgenannten Maß-nahmen besonders gekennzeichnetenPlätze.

§ 281 Absatz 3 entspricht § 31 Absatz1a ZollVerwG.

(4) Ordnungswidrig im Sinne vonAbsatz 1 Nr. 3 handelt, wer vorsätz-lich oder fahrlässig

a) entgegen § 130 Abs. 1 Satz 2auf Verlangen eines Zollbe-diensteten nicht stehen bleibtoder sich nicht über seine Per-son ausweist,

b) entgegen § 130 Abs. 1 Satz 3

§ 281 Absatz 4 entspricht § 31 Absatz2 ZollVerwG.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

536

oder 4 nicht oder nicht recht-zeitig hält, ein Beförderungs-papier nicht oder nicht recht-zeitig vorlegt oder einem Zoll-bediensteten nicht oder nichtrechtzeitig ermöglicht, an Bordoder von Bord zu gelangen,

c) entgegen § 130 Abs. 1 Satz 6eine Angabe nicht, nicht rich-tig, nicht vollständig oder nichtrechtzeitig macht oder die Ent-nahme von unentgeltlichenProben nicht duldet,

d) entgegen § 136 Abs. 1 Satz 1einen Bau ohne Zustimmungdes Hauptzollamtes errichtetoder ändert,

e) entgegen § 120 Abs. 2 in einerFreizone oder besondere Er-laubnis des Hauptzollamteswohnt,

f) entgegen § 120 Abs. 3 in einerFreizone einen Bau ohne Zu-stimmung des Hauptzollamteserrichtet, wesentlich in seinerBauart ändert oder anders ver-wendet,

g) im grenznahen Raum, in einemder Grenzaufsicht unterworfe-nen Gebiet oder in einer Frei-zone entgegen § 120 Abs. 6Handel mit Nichtgemein-schaftswaren oder unversteu-erten Waren, die zur Verwen-dung als Schiffs- oder Reisebe-darf bestimmt sind, ohneschriftliche Erlaubnis desHauptzollamtes betreibt.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

537

(5) Absatz 1 ist auch anzuwenden,soweit die Zollvorschriften und diedazu erlassenen Rechtsverordnungenfür Verbrauchsteuern sinngemäßgelten.

§ 281 Absatz 5 entspricht § 382 Ab-satz 2 AO

(6) Die Ordnungswidrigkeit kannmit einer Geldbuße bis zu fünftau-send Euro geahndet werden, wenndie Handlung nicht nach § 278 ge-ahndet werden kann.

§ 281 Absatz 6 entspricht § 382 Ab-satz 3 AO

(7) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann durch Rechtsverord-nungen die Tatbestände der Verord-nungen des Rates der EuropäischenUnion oder der Kommission der Eu-ropäischen Gemeinschaften, die nachden Absätzen 1 bis 3 als Ordnungs-widrigkeiten mit Geldbuße geahndetwerden können, bezeichnen, soweitdies zur Durchführung dieserRechtsvorschriften erforderlich istund die Tatbestände Pflichten zurGestellung, Vorführung, Lagerungoder Behandlung von Waren, zurAbgabe von Erklärungen oder An-zeigen, zur Aufnahme von Nieder-schriften sowie zur Ausfüllung oderVorlage von Zolldokumenten oderzur Aufnahme von Vermerken insolchen Dokumenten betreffen.

§ 281 Absatz 7 entspricht § 382 Ab-satz 4 AO

§ 282Bußgeldvorschriften zur Bekämp-

fung der Geldwäsche§ 282 Absätze 1 bis 5 entsprechen§ 31 a Absätze 1 bis 5 ZollVerwG.

(1) Ordnungswidrig handelt, wervorsätzlich oder fahrlässig entgegen§ 133 Abs. 1 Satz 1 das mitgeführteBargeld oder die gleichgestellten

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

538

Zahlungsmittel auf Verlangen der zu-ständigen Beamten des Zolldienstesoder des Bundesgrenzschutzes nichtoder nicht vollständig anzeigt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kannbei vorsätzlichem Handeln mit einerGeldbuße bis zur Hälfte, bei fahrläs-sigem Handeln mit einer Geldbußebis zu einem Viertel des Betragesoder Wertes der mitgeführten, nichtangezeigten Zahlungsmittel geahndetwerden.

(3) In besonders schweren Fällenkann die Ordnungswidrigkeit mit ei-ner Geldbuße bis zur Höhe des Be-trages oder Wertes des mitgeführten,nicht angezeigten Zahlungsmittel ge-ahndet werden. Ein besondersschwerer Fall liegt in der Regel vor,wenn der Täter

1. das Zahlungsmittel am Körper,in der Kleidung, im Gepäck, ineinem Transportmittel odersonst auf schwer zu entdecken-de Weise verbirgt,

2. bei der Beförderung der Zah-lungsmittel eine Schusswaffebei sich führt,

3. bei der Beförderung der Zah-lungsmittel eine Waffe odersonst ein Werkzeug oder Mittelbei sich führt, um den Wider-stand eines anderen durch Ge-walt oder Drohung mit Gewaltzu verhindern oder zu überwin-den.

(4) Verwaltungsbehörde im Sinnedes § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

539

über Ordnungswidrigkeiten ist dieörtlich zuständige Oberfinanzdirekti-on als Bundesbehörde.

§ 283Unzulässiger Erwerb von Steue-rerstattungs- und Vergütungsan-

sprüchen

Diese Regelung entspricht § 383 AO.

(1) Ordnungswidrig handelt, werentgegen § 32 Abs. 4 Satz 1 Erstat-tungs- oder Vergütungsansprücheerwirbt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kannmit einer Geldbuße bis zu fünfzig-tausend Euro geahndet werden.

§ 284Verfolgungsverjährung; Nichtver-folgung von Steuerordnungswid-

rigkeiten(1) Die Verfolgung von Steuerord-

nungswidrigkeiten nach den vorge-nannten Vorschriften verjährt in fünfJahren.

§ 284 Absatz 1 entspricht § 384 AOwobei der in § 384 AO erwähnte Tat-bestand der Gefährdung von Abzugs-steuern nicht erwähnt wir, weil er fürdas Zollrecht unbeachtlich ist

(2) Steuerordnungswidrigkeiten,die im grenzüberschreitenden Reise-verkehr begangen werden, werdenals solche nicht verfolgt, wenn sichdie Tat auf Waren bezieht, die wederzum Handel noch zur gewerblichenVerwendung bestimmt sind und derverkürzte Einfuhrabgabenbetrag oderder Einfuhrabgabenbetrag, dessenVerkürzung versucht wurde, 130 Eu-ro nicht übersteigt.

§ 284 Absatz 2 entspricht § 32 Absatz1 ZollVerwG.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

540

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn derTäter

1. die Waren durch besonders an-gebrachte Vorrichtungen oderan schwer zugänglichen Stellenversteckt hält oder

2. durch die Tat den Tatbestandeiner Steuerstraftat innerhalbvon sechs Monaten zum wie-derholten Male verwirklicht.

§ 284 Absatz 3 entspricht § 32 Absatz2 ZollVerwG.

(4) Liegt eine im grenzüberschrei-tenden Reiseverkehr begangeneSteuerordnungswidrigkeit vor, kannin den Fällen einer Nichtverfolgungnach Absatz 2 ein Zuschlag bis zurHöhe der Einfuhrabgaben, höchstensjedoch bis zu 130 Euro erhoben wer-den

§ 284 Absatz 4 entspricht § 32 Absatz3 ZollVerwG.

(5) Die Absätze 2 bis 5 gelten auchbei der Einreise aus einer Freizone.

§ 284 Absatz 5 entspricht § 32 Absatz4 ZollVerwG.

DRITTER ABSCHNITT

Strafverfahren1. Unterabschnitt

Allgemeine Vorschriften§ 285

Geltung von Verfahrensvorschrif-ten

(1) Für das Strafverfahren wegenSteuerstraftaten gelten, soweit diefolgenden Vorschriften nichts ande-res bestimmen, die allgemeinen Ge-setze über das Strafverfahren, na-mentlich die Strafprozessordnung,das Gerichtsverfassungsgesetz unddas Jugendgerichtsgesetz.

Diese Regelung entspricht § 385 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

541

(2) Die für Steuerstraftaten gelten-den Vorschriften dieses Abschnitts,mit Ausnahme des § 286 Abs. 2 so-wie der §§ 300 bis 302, sind bei demVerdacht einer Straftat, die unterVorspiegelung eines steuerlich er-heblichen Sachverhalts gegenüberder Zollbehörde oder einer anderenBehörde auf die Erlangung von Ver-mögensvorteilen gerichtet ist undkein Steuerstrafgesetz verletzt, ent-sprechend anzuwenden.

§ 286Zuständigkeit der Zollbehörde bei

Steuerstraftaten(1) Bei dem Verdacht einer Steuer-

straftat ermitteln die Finanzbehörde

Diese Regelung entspricht § 386 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(Finanzamt, Bundesamt für Finan-zen, Familienkasse) und die Zollbe-hörde den Sachverhalt. Zollbehördeim Sinne dieses Abschnitts ist dasHauptzollamt.

(2) Die Zollbehörde führt das Er-mittlungsverfahren in den Grenzendes § 300 Abs. 1 und der §§ 301, 302selbstständig durch.

(3) Absatz 2 gilt nicht, sobald ge-gen einen Beschuldigten wegen derTat ein Haftbefehl oder ein Unter-bringungsbefehl erlassen ist.

(4) Die Zollbehörde kann die Straf-sache jederzeit an die Staatsanwalt-schaft abgeben. Die Staatsanwalt-schaft kann die Strafsache jederzeitan sich ziehen. In beiden Fällen kanndie Staatsanwaltschaft im Einver-nehmen mit der Zollbehörde die

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

542

Strafsache wieder an die Zollbehördeabgeben.

§ 287Sachlich zuständige Behörde

Sachlich zuständig für die Ermitt-lung von Sachverhalten im Bereichdes Zollrechts ist die Zollbehörde.

§ 287 regelt die sachliche Zuständig-keit. Da der Entwurf andere Abgabenals Verbrauchsteuern und Einfuhr-und Ausfuhrabgaben nicht erfasst,braucht auf die sachliche Zuständig-keit für andere Abgabenarten nichteingegangen zu werden.

§ 288Örtlich zuständige Zollbehörde

(1) Örtlich zuständig ist die Zoll-behörde,

1. in deren Bezirk die Steuer-straftat begangen oder entdecktworden ist,

Diese Regelung entspricht § 388 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

2. die zur Zeit der Einleitung desStrafverfahrens für die Abga-benangelegenheiten zuständigist oder

3. in deren Bezirk der Beschul-digte zur Zeit der Einleitungdes Strafverfahrens seinenWohnsitz hat.

(2) Ändert sich der Wohnsitz desBeschuldigten nach Einleitung desStrafverfahrens, so ist auch die Zoll-behörde örtlich zuständig, in derenBezirk der neue Wohnsitz liegt. Ent-sprechendes gilt, wenn sich die Zu-ständigkeit der Zollbehörde für dieAbgabenangelegenheit ändert.

(3) Hat der Beschuldigte im räum-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

543

lichen Geltungsbereich dieses Geset-zes keinen Wohnsitz, so wird dieZuständigkeit auch durch den ge-wöhnlichen Aufenthaltsort bestimmt.

§ 289Zusammenhängende Strafsachen

Für zusammenhängende Strafsachen,die einzeln nach § 321 zur Zustän-digkeit verschiedener Zollbehördengehören würden, ist jede dieser Zoll-behörden zuständig. § 3 der Straf-prozessordnung gilt entsprechend.

Diese Regelung entspricht § 389 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 290Mehrfache Zuständigkeit

(1) Sind nach den §§ 287 bis 289mehrere Zollbehörden zuständig, sogebührt der Vorzug der Zollbehörde,

Diese Regelung entspricht § 390 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

die wegen der Tat zuerst ein Strafver-fahren eingeleitet hat.

(2) Auf Ersuchen dieser Zollbehör-de hat eine andere zuständige Zoll-behörde die Strafsache zu überneh-men, wenn dies für die Ermittlungensachdienlich erscheint. In Zweifels-fällen entscheidet die Behörde, derdie ersuchte Zollbehörde untersteht.

§ 291Zuständiges Gericht

(1) Ist das Amtsgericht sachlichzuständig, so ist örtlich zuständig dasAmtsgericht, in dessen Bezirk das

Diese Regelung entspricht § 391 AO,wobei der Hinweis auf die Kraftfahr-zeugsteuer als zollfremde Materienicht erwähnt wird.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

544

Landgericht seinen Sitz hat. Im vor-bereitenden Verfahren gilt dies, un-beschadet einer weitergehenden Re-gelung nach § 58 Abs. 1 des Ge-richtsverfassungsgesetzes, nur für dieZustimmung des Gerichts nach § 153Abs. 1 und § 153a Abs. 1 der Straf-prozessordnung.

(2) Die Landesregierung kanndurch Rechtsverordnung die Zustän-digkeit abweichend von Absatz 1Satz 1 regeln, soweit dies mit Rück-sicht auf die Wirtschafts- oder Ver-kehrsverhältnisse, den Aufbau derVerwaltungsbehörden oder andereörtliche Bedürfnisse zweckmäßigerscheint. Die Landesregierung kanndiese Ermächtigung auf die Landes-justizverwaltung übertragen.

(3) Strafsachen wegen Steuerstraf-taten sollen beim Amtsgericht einerbestimmten Abteilung zugewiesenwerden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 geltenauch, wenn das Verfahren nicht nurSteuerstraftaten zum Gegenstand hat;sie gelten jedoch nicht, wenn diesel-be Handlung eine Straftat nach demBetäubungsmittelgesetz darstellt.

§ 292Verteidigung

(1) Abweichend von § 138 Abs. 1der Strafprozessordnung könnenauch Steuerberater, Steuerbevoll-

Diese Regelung entspricht § 392 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

545

mächtigte, Wirtschaftsprüfer undvereidigte Buchprüfer zu Verteidi-gern gewählt werden, soweit dieZollbehörde das Strafverfahrenselbstständig durchführt; im übrigenkönnen sie die Verteidigung nur inGemeinschaft mit einem Rechtsan-walt oder einem Rechtslehrer an ei-ner deutschen Hochschule führen.

(2) § 138 Abs. 2 der Strafprozess-ordnung bleibt unberührt.

§ 293Verhältnis des Strafverfahrens

zum Besteuerungsverfahren(1) Die Rechte und Pflichten der

Steuerpflichtigen und der Zollbehör-

Diese Regelung entspricht § 393 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

de im Besteuerungsverfahren und imStrafverfahren richten sich nach denfür das jeweilige Verfahren geltendenVorschriften. Im Besteuerungsver-fahren sind jedoch Zwangsmittel ge-gen den Steuerpflichtigen unzulässig,wenn er dadurch gezwungen würde,sich selbst wegen einer von ihm be-gangenen Steuerstraftat oder Steuer-ordnungswidrigkeit zu belasten. Diesgilt stets, soweit gegen ihn wegen ei-ner solchen Tat das Strafverfahreneingeleitet worden ist. Der Steuer-pflichtige ist hierüber zu belehren,soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaftoder dem Gericht in einem Strafver-fahren aus den Steuerakten Tatsachenoder Beweismittel bekannt werden,die der Steuerpflichtige der Zollbe-hörde vor Einleitung des Strafverfah-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

546

rens oder in Unkenntnis der Einlei-tung des Strafverfahrens in Erfüllungsteuerrechtlicher Pflichten offenbarthat, dürfen diese Kenntnisse gegenihn nicht für die Verfolgung einer Tatverwendet werden, die keine Steuer-straftat ist. Dies gilt nicht für Straf-taten, an deren Verfolgung ein zwin-gendes öffentliches Interesse (§ 21Abs. 4 Nr. 5) besteht.

§ 294Übergang des Eigentums

Hat ein Unbekannter, der bei einerSteuerstraftat auf frischer Tat betrof-fen wurde, aber entkommen ist, Sa-

Diese Regelung entspricht § 394 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

chen zurückgelassen und sind dieseSachen beschlagnahmt oder sonst si-chergestellt worden, weil sie einge-zogen werden können, so gehen sienach Ablauf eines Jahres in das Ei-gentum des Staates über, wenn derEigentümer der Sachen unbekannt istund die Zollbehörde durch eine öf-fentliche Bekanntmachung auf dendrohenden Verlust des Eigentumshingewiesen hat. § 15 Abs. 2 Satz 1des Verwaltungszustellungsgesetzesgilt entsprechend. Die Frist beginntmit dem Aushang der Bekanntma-chung.

§ 295Akteneinsicht der Zollbehörde

Die Zollbehörde ist befugt, die Ak-ten, die dem Gericht vorliegen oderim Falle der Erhebung der Anklage

Diese Regelung entspricht § 395 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

547

vorzulegen wären, einzusehen sowiebeschlagnahmte oder sonst sicherge-stellte Gegenstände zu besichtigen.Die Akten werden der Zollbehördeauf Antrag zur Einsichtnahme über-sandt.

§ 296Aussetzung des Verfahrens Diese Regelung entspricht § 396 AO.

(1) Hängt die Beurteilung der Tatals Steuerhinterziehung davon ab, obein Steueranspruch besteht, ob Steu-ern verkürzt oder ob nicht gerecht-fertigte Steuervorteile erlangt sind,so kann das Strafverfahren ausge-setzt werden, bis das Besteuerungs-verfahren rechtskräftig abgeschlos-sen ist.

(2) Über die Aussetzung entschei-det im Ermittlungsverfahren dieStaatsanwaltschaft, im Verfahrennach Erhebung der öffentlichen Kla-ge das Gericht, das mit der Sachebefasst ist.

(3) Während der Aussetzung desVerfahrens ruht die Verjährung.

2. UnterabschnittErmittlungsverfahren

I. Allgemeines§ 297

Einleitung des Strafverfahrens(1) Das Strafverfahren ist einge-

leitet, sobald die Zollbehörde, diePolizei, die Staatsanwaltschaft, einerihrer Hilfsbeamten oder der Straf-

Diese Regelung entspricht § 397 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

548

richter eine Maßnahme trifft, die er-kennbar darauf abzielt, gegen je-manden wegen einer Steuerstraftatstrafrechtlich vorzugehen.

(2) Die Maßnahme ist unter Anga-be des Zeitpunkts unverzüglich inden Akten zu vermerken.

(3) Die Einleitung des Strafverfah-rens ist dem Beschuldigten späte-stens mitzuteilen, wenn er dazu auf-gefordert wird, Tatsachen darzulegenoder Unterlagen vorzulegen, die imZusammenhang mit der Straftat ste-hen, derer er verdächtig ist.

§ 298Einstellung wegen Geringfügigkeit Diese Regelung entspricht § 398 AO.Die Staatsanwaltschaft kann von derVerfolgung einer Steuerhinterzie-hung, bei der nur eine geringwertigeSteuerverkürzung eingetreten istoder nur geringwertige Steuervor-teile erlangt sind, auch ohne Zu-stimmung des für die Eröffnung desHauptverfahrens zuständigen Ge-richts absehen, wenn die Schuld desTäters als gering anzusehen wäreund kein öffentliches Interesse an derVerfolgung besteht. Dies gilt für dasVerfahren wegen einer Steuerhehle-rei nach § 274 und einer Begünsti-gung einer Person, die eine der in§ 275 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 genanntenTaten begangen hat, entsprechend.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

549

§ 299Nichtverfolgung von Steuerstrafta-

ten(1) Steuerstraftaten, die im grenz-

überschreitenden Reiseverkehr be-gangen werden, werden als solchenicht verfolgt, wenn sich die Tat aufWaren bezieht, die weder zum Han-del noch zur gewerblichen Verwen-dung bestimmt sind und der ver-kürzte Einfuhrabgabenbetrag oderder Einfuhrabgabenbetrag, dessenVerkürzung versucht wurde, 130 Eu-ro nicht übersteigt.

Diese Regelung entspricht § 32 Ab-sätze 1 bis 4 ZollVerwG

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn derTäter

1. die Waren durch besonders an-gebrachte Vorrichtungen oderan schwer zugänglichen Stellenversteckt hält oder

2. durch die Tat den Tatbestandeiner Steuerstraftat innerhalbvon sechs Monaten zum wie-derholten Male verwirklicht.

.

(3) Liegt eine im grenzüberschrei-tenden Reiseverkehr begangeneSteuerstraftat vor, kann in den Fälleneiner Nichtverfolgung nach Absatz 1oder einer Einstellung nach § 298 einZuschlag bis zur Höhe der Einfuhr-abgaben, höchstens jedoch bis zu130 Euro erhoben werden

(4) Die Absätze 2 bis 4 gelten auchbei der Einreise aus einer Freizone.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

550

II. Verfahren der Zollbehörde beiSteuerstraftaten

§ 300Rechte und Pflichten der Zollbe-

hörde(1) Führt die Zollbehörde das Er-

mittlungsverfahren auf Grund des§ 286 Abs. 2 selbstständig durch, sonimmt sie die Rechte und Pflichtenwahr, die der Staatsanwaltschaft imErmittlungsverfahren zustehen.

Diese Regelung entspricht § 399 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Sie kann Beschlagnahmen,Notveräußerungen, Durchsuchungen,Untersuchungen und sonstige Maß-nahmen nach den für Hilfsbeamteder Staatsanwaltschaft geltendenVorschriften der Strafprozessordnunganordnen.

§ 301Antrag auf Erlass eines Strafbe-

fehlsBieten die Ermittlungen genügendenAnlass zur Erhebung der öffentlichen

Diese Regelung entspricht § 400 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

Klage, so beantragt die Zollbehördebeim Richter den Erlass eines Straf-befehls, wenn die Strafsache zur Be-handlung im Strafbefehlsverfahrengeeignet erscheint; ist dies nicht derFall, so legt die Zollbehörde die Ak-ten der Staatsanwaltschaft vor.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

551

§ 302Antrag auf Anordnung von Neben-folgen im selbstständigen Verfah-

renDie Zollbehörde kann den Antragstellen, die Einziehung oder den Ver-fall selbstständig anzuordnen odereine Geldbuße gegen eine juristischePerson oder eine Personenvereini-gung selbstständig festzusetzen(§§ 440, 442 Abs. 1, § 444 Abs. 3der Strafprozessordnung).

Diese Regelung entspricht § 401 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

III. Stellung der Zollbehörde imVerfahren der Staatsanwaltschaft

§ 303Allgemeine Rechte und Pflichten

der ZollbehördeFührt die Staatsanwaltschaft das Er-mittlungsverfahren durch, so hat diesonst zuständige Zollbehörde diesel-ben Rechte und Pflichten wie dieBehörden des Polizeidienstes nachder Strafprozessordnung sowie dieBefugnisse nach § 300 Abs. 2 Satz 2.

Diese Regelung entspricht § 402 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 304Beteiligung der Zollbehörde

(1) Führt die Staatsanwaltschaftoder die Polizei Ermittlungen durch,die Steuerstraftaten betreffen, so ist

Diese Regelung entspricht § 403 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

die sonst zuständige Zollbehörde be-fugt, daran teilzunehmen. Ort undZeit der Ermittlungshandlungen sol-len ihr rechtzeitig mitgeteilt werden.Dem Vertreter der Zollbehörde ist zu

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

552

gestatten, Fragen an Beschuldigte,Zeugen und Sachverständige zustellen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß fürsolche richterlichen Verhandlungen,bei denen auch der Staatsanwalt-schaft die Anwesenheit gestattet ist.

(3) Der sonst zuständigen Zollbe-hörde sind die Anklageschrift undder Antrag auf Erlass eines Strafbe-fehls mitzuteilen.

(4) Erwägt die Staatsanwaltschaft,das Verfahren einzustellen, so hat siedie sonst zuständige Zollbehörde zuhören.

IV. Steuer- und Zollfahndung§ 305

Steuer- und ZollfahndungDie Zollfahndungsämter sowie ihreBeamten haben im Strafverfahren

Diese Regelung entspricht § 404 AO,wobei der Hinweis auf die Landesfi-nanzbehörden nicht mit aufgenom-men wird.

wegen Steuerstraftaten dieselbenRechte und Pflichten wie die Behör-den und Beamten des Polizeidienstesnach den Vorschriften der Strafpro-zessordnung. Die in Satz 1 bezeich-neten Stellen haben die Befugnissenach § 300 Abs. 2 Satz 2 sowie dieBefugnis zur Durchsicht der Papieredes von der Durchsuchung Betroffe-nen (§ 110 Abs. 1 der Strafprozess-ordnung); ihre Beamten sind Hilfs-beamte der Staatsanwaltschaft.

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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V. Entschädigung der Zeugen undder Sachverständigen

§ 306Entschädigung der Zeugen und

der SachverständigenWerden Zeugen und Sachverständigevon der Zollbehörde zu Beweis-zwecken herangezogen, so werdensie nach dem Gesetz über die Ent-schädigung von Zeugen und Sach-verständigen entschädigt. Dies giltauch in den Fällen des § 305.

Diese Regelung entspricht § 405 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

3. UnterabschnittGerichtliches Verfahren

§ 307Mitwirkung der Zollbehörde imStrafbefehlsverfahren und im

selbstständigen Verfahren(1) Hat die Zollbehörde den Erlass

eines Strafbefehls beantragt, sonimmt sie die Rechte und Pflichtender Staatsanwaltschaft wahr, solangenicht nach § 408 Abs. 3 Satz 2 derStrafprozessordnung Hauptverhand-lung anberaumt oder Einspruch ge-gen den Strafbefehl erhoben wird.

Diese Regelung entspricht § 406 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Hat die Zollbehörde den Antraggestellt, die Einziehung oder denVerfall selbstständig anzuordnenoder eine Geldbuße gegen eine juri-stische Person oder eine Personen-vereinigung selbstständig festzuset-zen (§ 302), so nimmt sie die Rechteund Pflichten der Staatsanwaltschaftwahr, solange nicht mündliche Ver-handlung beantragt oder vom Gericht

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

554

angeordnet wird.

§ 308Beteiligung der Zollbehörde in

sonstigen Fällen(1) Das Gericht gibt der Zollbe-

hörde Gelegenheit, die Gesichts-punkte vorzubringen, die von ihremStandpunkt für die Entscheidung vonBedeutung sind. Dies gilt auch, wenndas Gericht erwägt, das Verfahreneinzustellen. Der Termin zur Haupt-verhandlung und der Termin zurVernehmung durch einen beauftrag-ten oder ersuchten Richter (§§ 223,233 der Strafprozessordnung) wer-den der Zollbehörde mitgeteilt. IhrVertreter erhält in der Hauptver-handlung auf Verlangen das Wort.Ihm ist zu gestatten, Fragen an An-geklagte, Zeugen und Sachverständi-ge zu richten.

Diese Regelung entspricht § 407 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

(2) Das Urteil und andere das Ver-fahren abschließende Entscheidun-gen sind der Zollbehörde mitzutei-len.

4. UnterabschnittKosten des Verfahrens

§ 309Kosten des Verfahrens Diese Regelung entspricht § 408 AO.

Notwendige Auslagen eines Betei-ligten im Sinne des § 464a Abs. 2Nr. 2 der Strafprozessordnung sindim Strafverfahren wegen einer Steu-erstraftat auch die gesetzlichen Ge-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

555

bühren und Auslagen eines Steuerbe-raters, Steuerbevollmächtigten, Wirt-schaftsprüfers oder vereidigtenBuchprüfers. Sind Gebühren undAuslagen gesetzlich nicht geregelt,so können sie bis zur Höhe der ge-setzlichen Gebühren und Auslageneines Rechtsanwalts erstattet werden.

VIERTER ABSCHNITT

Bußgeldverfahren§ 310

Zuständige VerwaltungsbehördeBei Steuerordnungswidrigkeiten istzuständige Verwaltungsbehörde imSinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Ge-setzes über Ordnungswidrigkeitendie zuständige Zollbehörde.

Diese Regelung entspricht § 409 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

§ 311Ergänzende Vorschriften für das

Bußgeldverfahren(1) Für das Bußgeldverfahren gel-

ten außer den verfahrensrechtlichen

Diese Regelung entspricht § 410 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

Vorschriften des Gesetzes über Ord-nungswidrigkeiten entsprechend:

1. die §§ 288 bis 290 über dieZuständigkeit der Zollbehör-de,

2. § 291 über die Zuständigkeitdes Gerichts,

3. § 292 über die Verteidigung,4. § 293 über das Verhältnis des

Strafverfahrens zum Besteue-rungsverfahren,

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

556

5. § 296 über die Aussetzung desVerfahrens,

6. § 297 über die Einleitung desStrafverfahrens,

7. § 300 Abs. 2 über die Rechteund Pflichten der Zollbehör-de,

8. die §§ 303, 304 Abs. 1, 3 und4 über die Stellung der Zoll-behörde im Verfahren derStaatsanwaltschaft,

9. § 305 Satz 1 und Satz 2 ersterHalbsatz über die Steuer- undZollfahndung,

10. § 306 über die Entschädigungder Zeugen und der Sachver-ständigen,

11. § 308 über die Beteiligung derZollbehörde und

12. § 309 über die Kosten desVerfahrens.

(2) Verfolgt die Zollbehörde eineSteuerstraftat, die mit einer Steuer-ordnungswidrigkeit zusammenhängt(§ 42 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzesüber Ordnungswidrigkeiten), so kannsie in den Fällen des § 301 beantra-gen, den Strafbefehl auf die Steuer-ordnungswidrigkeit zu erstrecken.

§ 312Bußgeldverfahren gegen Rechts-anwälte, Steuerberater, Steuerbe-vollmächtigte, Wirtschaftsprüfer

oder vereidigte Buchprüfer

Diese Regelung entspricht § 411 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist.

Bevor gegen einen Rechtsanwalt,

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

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Steuerberater, Steuerbevollmächtig-ten, Wirtschaftsprüfer oder verei-digten Buchprüfer wegen einer Steu-erordnungswidrigkeit, die er in Aus-übung seines Berufs bei der Bera-tung in Steuersachen begangen hat,ein Bußgeldbescheid erlassen wird,gibt die Zollbehörde der zuständigenBerufskammer Gelegenheit, die Ge-sichtspunkte vorzubringen, die vonihrem Standpunkt für die Entschei-dung von Bedeutung sind.

§ 313Zustellung, Vollstreckung, Kosten

Für die Vollstreckung von Beschei-den der Zollbehörden in Bußgeldver-fahren gelten abweichend von § 90Abs. 1 und 4, § 108 Abs. 2 des Ge-setzes über Ordnungswidrigkeitendie Vorschriften des Sechsten Teils

Diese Regelung entspricht § 412 AO,wobei der Begriff der Finanzbehördedurch den Begriff der Zollbehördeersetzt worden ist und die Regelungüber die Zustellung von Bescheidendurch die Landesfinanzbehörde nichtaufgenommen worden ist..

dieses Gesetzes. Die übrigen Vor-schriften des Neunten Abschnitts desZweiten Teils des Gesetzes überOrdnungswidrigkeiten bleiben unbe-rührt.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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NEUNTER TEIL

SCHLUSSVORSCHRIFTEN

Neunter Teil Schlussvorschriften

§ 314Einschränkung von Grundrechten Diese Regelung entspricht § 413 AO.Die Grundrechte auf körperliche Un-versehrtheit und Freiheit der Person(Artikel 2 Abs. 2 des Grundgeset-zes), des Briefgeheimnisses sowiedes Post- und Fernmeldegeheimnis-ses (Artikel 10 des Grundgesetzes)und der Unverletzlichkeit der Woh-nung (Artikel 13 des Grundgesetzes)werden nach Maßgabe dieses Geset-zes eingeschränkt.

§ 315Rechtsverordnungsermächtigun-

gen für VerfahrensregelungenDiese Regelung entspricht § 28 Zoll-VerwG.

(1) Das Bundesministerium der Fi-nanzen wird ermächtigt, zur Siche-rung der Zollbelange durch Rechts-verordnung die durch dieses Gesetzfestgelegten Pflichten näher zu be-stimmen und das Verfahren der zoll-amtlichen Überwachung in das oderaus dem Zollgebiet der Gemeinschaftsowie in die oder aus den Freizonenverbrachten Waren sowie den Erhaltihrer zollrechtlichen Bestimmungnäher zu regeln.

(2) Das Bundesministerium der Fi-nanzen wird ermächtigt, durchRechtsverordnung internationaleZollübereinkommen oder –überein-künfte, welche die vorübergehendeVerwendung bestimmter Beförde-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

559

rungsmittel, die Beförderung vonWaren unter Zollverschluss, andereZollverfahren oder die Harmonisie-rung und Vereinfachung von Zoll-förmlichkeiten betreffen, in Kraft zusetzen.

(3) Bis zum In-Kraft-Treten be-reichspezifischer gesetzlicher Rege-lungen darf die Zollverwaltung un-beschadet des § 5 a Abs. 4 des Fi-nanzverwaltungsgesetzes personen-bezogene Daten nach Maßgabe desBundesdatenschutzgesetzes erheben,verarbeiten und nutzen, soweit diesfür Zwecke der zollamtlichen Über-wachung nach diesem Gesetz erfor-derlich ist. Für die Verarbeitung undNutzung von für Zwecke der zoll-amtlichen Überwachung erhobenenpersonenbezogenen Daten für andereZwecke gelten § 14 Abs. 2 bis 4 unddie §§ 4b, 4c, 15 und 16 des Bun-desdatenschutzgesetzes.

§ 316Rechtsverordnungsermächtigungfür die Anordnung außertarifli-

cher Zollfreiheit

Diese Regelung entspricht § 29 Zoll-VerwG.

(1) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann durch Rechtsverord-nung,

1. soweit das Recht der Europäi-schen Gemeinschaften diesvorsieht, Zollfreiheit anordnena) für Waren, die aus einem

beigetretenen Mitgliedstaatder Europäischen Gemein-schaft in das übrige Zollge-

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

560

biet der Gemeinschaft imGeltungsbereich dieses Ge-setzes zurückkehren,

b) für Waren, die Bordbedarffür Schiffe, Luftfahrzeugeund internationale Züge sind,

c) für Waren, die zur üblichenAusrüstung militärischerEinheiten gehören, wenn sievon einer Truppeneinheit,einem einzelnen Schiff oderLuftfahrzeug mitgeführtwerden, sowie für Verteidi-gungsgut, das zur Durchfüh-rung von zwischenstaatli-chen Gemeinschaftspro-grammen verwendet wird,

d) für Waren im persönlichenGepäck von Reisenden, diezum persönlichen Ge- oderVerbrauch von ihnen oderden Angehörigen ihresHaushalts oder als Geschenkbestimmt sind,

e) unter der Voraussetzung derGegenseitigkeit für Waren,für die nach zwischenstaatli-chem Brauch kein Zoll erho-ben wird.

2. zum Schutz der betroffenenWirtschaftkreise die Befreiungvon Zöllen einschränken, so-weit das Recht der Europäi-schen Gemeinschaften diesvorsieht.

(2) Das Bundesministerium der Fi-nanzen kann in den Fällen des Ab-satzes 1 die Zollfreiheit davon ab-

II. Gesetzestext (Zoll-Abgabenordnung)

561

hängig machen, dass bestimmteNachweise bis zu bestimmten Zeit-punkten geführt werden und dass dieWaren unter zollamtlicher Überwa-chung zu dem begünstigten Zweckverwendet werden.

(3) Die Bundesregierung kanndurch Rechtsverordnung für Warenmit Ursprung oder Herkunft ausLändern, die keine Gegenseitigkeitgewähren, die Begünstigungen nachAbsatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bis dausschließen oder einschränken.

§ 317Rechtsverordnungsermächtigungfür die Anordnung außertarifli-cher Zollfreiheit zur Förderung

der Luft- und Schifffahrt

Diese Regelung entspricht § 30 Zoll-VerwG.

Das Bundesministerium der Finan-zen kann zur Förderung der Luftfahrtund der Schifffahrt durch Rechtsver-ordnungen Betriebsstoffe auch inanderen als in § 316 geregelten Fäl-len vom Zoll befreien, wenn sie un-ter zollamtlicher Überwachung fürLuftfahrzeuge oder Schiffe verwen-det werden.

§ 318In-Kraft-Treten Diese Regelung entspricht § 415 AO.

Dieses Gesetz tritt am ....in Kraft.

F. Entwurf einer Zoll-Abgabenordnung

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SchlussbemerkungDer Gesetzgeber ist aufgerufen, aus den vorgenannten Gründen ein entspre-chendes Gesetzesvorhaben einzubringen, das der Rechtsvereinfachung zudienen bestimmt ist.

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G.

ErgebnisseG. Ergebnisse

1. Die Reichsabgabenordnung Enno Beckers hat Zeichen gesetzt. Obwohlsie innerhalb weniger Monate geschaffen wurde, war sie von derart hoherQualität, dass sie als Muster für weitere ausländische Abgabengesetzediente.Zwar war manches systematisch verbesserbar, doch ist auch die Abga-benordnung 1977 noch immer weithin geprägt von Beckers Konzept.

2. Die Abgabenordnung 1977 hat einen wichtigen Beitrag zur Steuerge-rechtigkeit geleistet, indem sie einen vernünftigen Ausgleich zwischenden widerstreitenden Prinzipien der Gleichmäßigkeit der Besteuerungund der Rechtssicherheit nach damaligem Standard gefunden hat. Beson-ders hervorzuheben ist die Verkürzung der Festsetzungsverjährung auf 4Jahre, die Einführung eines Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt derNachprüfung sowie die Verbesserung der Vorschriften über die Aufhe-bung und Änderung von Steuerbescheiden.

3. Mit dem In-Kraft-Treten des Zollkodexes der Europäischen Gemein-schaften sind jedoch dadurch Schwierigkeiten aufgetreten, dass be-stimmte Regelungen der Abgabenordnung bzw. auch nur Teile einer Re-gelung von den Vorschriften des Zollkodexes überlagert worden sind undgleichzeitig auch noch Vorschriften des Zollverwaltungsgesetzes zu be-rücksichtigen sind.Diese Überlagerung und die dadurch auftretenden Fragen, welche Vor-schriften denn nun anzuwenden sind, führt zur Verunsicherung derRechtsanwender.

4. Dem Postulat nach Rechtssicherheit folgend, lässt sich die Forderungableiten, ein einheitliches Gesetzeswerk zu schaffen, dass die anzuwen-denden Regelungen der Abgabenordnung und des Zollverwaltungsgeset-zes enthält. Eine Aufnahme der gemeinschaftsrechtlichen Zollbestim-mungen in das nationale Gesetz verbietet sich jedoch, weil anderenfallsnicht erkennbar ist, ob es sich um eine vom Gemeinschaftsgesetzgeber

G. Ergebnisse

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geschaffene Norm handelt oder um eine Vorschrift des nationalen Ge-setzgebers.

5. Durch ein derartiges Gesetzeswerk – Zoll-Abgabenordnung genannt –wird zwar der Normenbestand um ein Gesetz erhöht, der Normenanwen-dungsbestand verringert sich jedoch um ein Gesetz, so dass das anzuwen-dende Recht vereinfacht und die Rechtssicherheit wiederhergestellt wird.