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Angelika Glitz Dschinny und die Wunschmaschine

Angelika Glitz Dschinny und die Wunschmaschine · Papa schob seine Brille auf der Nase nach oben, um die Rückseite zu studieren. »Hier, ... Schon wieder spritzte mir eine Ladung

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Angelika GlitzDschinny und die Wunschmaschine

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Angelika Glitz

Mit Illustrationen von

Franziska Harvey

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Zert.-Nr. SGS-COC-001940

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte Papier

Munken Premium Cream liefert Arctic Paper Munkedals AB, Schweden.

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform

1. Auflage 2010© 2010 cbj, München

Alle Rechte vorbehaltenUmschlagbild und Innenillustrationen: Franziska Harvey

Lektorat: Martina PatzerUmschlagkonzeption: Basic-Book-Design, Karl Müller-Bussdorf

MP ∙ Herstellung: RFSatz: dtp im Verlag, Stephan Fritzsch

Reproduktion: Uhl + Massopust, AalenDruck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-570-13778-9Printed in Germany

www.cbj-verlag.de

cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House

Für Paul, meinen geliebten SuperheldenA. G.

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Inhalt

1. Kapi telIn dem mir ein tolles Abenteuer ins Netz geht

2. Kapi telIn dem ich einen original echten

Gummifisch bekomme

3. Kapi telIn dem ich – fast – allein zu Haus bin

4. Kapi telIn dem meine Wärmflasche

anfängt zu sprechen

5. Kapi telIn dem Er ins Spiel kommt

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6. KapitelIn dem ich finde,

dass alles fauler Zauber ist

7. Kapi telIn dem Dschinnmään auspackt

8. KapitelIn dem Mama zur Schnecke gemacht wird

9. KapitelIn dem Dschinnmään hin und weg ist

10. Kapi telIn dem mein Geist Rambazamba veranstaltet

11 . Kapi telIn dem Herr Besenstengel aus dem Staunen

nicht mehr rauskommt

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12. Kapi telIn dem ich Valli mitmachen lasse,

sie aber trotzdem nicht zufrieden ist

13. Kapi telIn dem ich leider im Froschbach lande

14. Kapi telIn dem ich jede Menge Probleme

am Hals habe

15. Kapi telIn dem ich warte und noch länger warte

16. Kapi telIn dem echt der Oberwahnsinn passiert

17. Kapi telIn dem es noch mehr Überraschungen gibt

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1. KapitelIn dem mir ein tolles Abenteuer ins Netz geht

Nicki, was hältst du von einer Fahrt zu den Seehundbänken?

Mit einem echten Fischerboot«, fragte mein Vater in aller

Herrgottsfrühe. Es war der letzte Tag meiner Osterferien,

und Papa wedelte mit einem Prospekt vor meiner Nase

herum, in dem es vor Seehunden nur so wimmelte.

»Meeresbiologische Erlebnisfahrt«, las Papa vor. »Mehr-

mals täglich kuttern wir Sie mit der Großen Robbe zu den

schönsten Seehundbänken vor der Insel Sylt. Mit uns sehen

Sie Seehunde – garantiert.«

Ich schob den Vorhang des kleinen Butzenfensters über mei-

nem Bett ein wenig zur Seite und sah, dass die Welt heute eine

einzige graue Suppe aus Nebel war. Man konnte nicht einmal

erkennen, wo der Himmel aufhörte und wo die Erde begann.

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»Aber es regnet in Strömen«, sagte ich. »Und draußen

weht mindestens ein Orkan.«

»Ziehst du dir halt eine Regenjacke über. Seehunde in

freier Wildbahn, ist doch toll. Ich als Kind hätte Luftsprünge

gemacht.«

Papa schob seine Brille auf der Nase nach oben, um die

Rückseite zu studieren. »Hier, um 10 Uhr geht’s los. Hafen

List, ihr solltet pünktlich sein. Schließlich habt ihr noch keine

Fahrkarten.«

Ich schaute flehend zu meiner Mutter hinüber. Doch sie

hatte meine kleine Schwester Lolli bereits in den blauen

Fleece-Anzug gesteckt. Nur noch ihre winzige Nase lugte

hervor. »Vielleicht wird es ganz nett«, sagte Mama. »See-

hunde sind schließlich deine Lieblingstiere, Nicki.«

»Nett!«, rief Papa. »Großartig wird es. Nur schade, dass

ich nicht mitkann. Ich muss in aller Ruhe Koffer packen.

Tja, leider.«

Er seufzte und wuschelte mir durch die Haare. »Ohne Ruhe

und Konzentration geht da nichts. Sonst kriege ich

euren ganzes Kram niemals komplett ins Auto.

Nicht zu vergessen die Muscheln und See-

sterne, die ihr gesammelt habt.«

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Also schob er uns kurz darauf lächelnd und winkend in

Regen und Sturm hinaus und wünschte uns viel Spaß. Viel

Spaß, haha! Wenn Papa auch nur die leiseste Ahnung gehabt

hätte, dass mit diesem Spaß das verrückteste Abenteuer mei-

nes bisherigen Lebens beginnen sollte, hätte er uns sicher lie-

ber ins Wellenbad oder ins Kino oder sogar zum Frühstücken

in die Pizzeria »Frische Meeresbrise« geschickt. Jede Wette.

Viel zu schnell standen wir mit zwei Tickets, die uns fast der

Sturm aus den Händen riss, an der Kaimauer. Ein schwan-

kender Holzsteg führte aufs Decke der Großen Robbe. Sie

ist ein totaler Wackelkahn, wenn ihr mich fragt. Bei ihrem

Anblick wurde mir ganz komisch zumute. Die rote Farbe war

an vielen Stellen abgeblättert und eine Scheibe des Kapitäns-

häuschens fehlte ganz. Draußen auf dem Meer dann knarrte

und ächzte die Große Robbe bei jeder Welle. Ich fürchtete,

sie könnte jederzeit auseinanderbrechen. Waren es ein paar

Seehunde wirklich wert, sich in Lebensgefahr zu begeben?

Schließlich war nicht auszuschließen, dass sie sich wegen

des Unwetters längst in die Südsee abgesetzt hatten.

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Und dann bekam ich auch

noch einen Krampf in den

Fingern, weil ich mich die

ganze Zeit an der Reling

festkrallen musste. Eine

Reling ist ein Zaun um ein

Schiff herum, damit nicht

andauernd jemand über

Bord plumpst.

Außerdem schmerzte meine

Zunge, die ich ununterbro-

chen gegen den Gaumen pres-

sen musste. Sonst wäre nämlich der

Fischburger, den mir Mama noch schnell bei Gosch gekauft

hatte, ziemlich sicher hochgeschossen gekommen und in wei-

tem Bogen über die Reling geflogen. Schon wieder spritzte mir

eine Ladung Salzwasser ins Gesicht und lief meinen Kragen

hinab. Ich zog meine Schultern bis zu den Ohren.

»Ist dir kalt?«, brüllte Mama neben mir gegen den Wind an.

»Gleich nicht mehr«, brüllte ich zurück.

Ich dachte nämlich, dass ich in spätestens drei Minuten

sowieso erfroren sei. Und wenn man erst einmal erfroren ist,

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dann merkt man eh gar nichts mehr. Dann ist man nämlich

nur noch weiß und blutleer und taub und schmeckt nicht

einmal Seeungeheuern. »Mama, wann kommen denn jetzt

die Seehunde?«, fragte ich.

Mama tippte hilflos mit ihren Fingern an die

Ohren. Das sollte bedeuten, dass sie mich

nicht mehr verstehen konnte. Lolli, die in

einem bunten Tuch vor Mamas Bauch

gebunden war, brüllte wie am Spieß.

Kluges Kind, dachte ich und rückte vier

Plätze weiter, um nicht auch noch Ohrenschmerzen zu

bekommen.

Plötzlich knackten die Lautsprecher los, die am Steuer-

häuschen festgeschraubt waren. »Ahoi, alle kleinen See-

jungfrauen und Piratenkönige, bitte mal herhören!«

Es war die Stimme unseres Kapitäns, der Heini hieß. Ble-

chern vermischte sie sich mit dem Getöse, das das Meer ver-

anstaltete.

Und ich dachte, er würde nun endlich, endlich den Auftritt

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der Seehunde ankündigen und sie sogleich

wie durch Zauberei aus dem Meer auftauchen

lassen, aber weit gefehlt.

»Leider hat Kapitän Heini schlechte Nach-

richten für euch! Bei so hohen Wellen wird’s

schwierig mit dem Sichten von Seehunden.«

Wie bitte? Das konnte doch wohl nicht

wahr sein. Sollte all dieses Geschaukel etwa

umsonst gewesen sein. Ich schaute fassungs-

los zum Kapitänshäuschen hinüber.

»Normalerweise lungern die bei so’m Schiet-

wetter auf den Sandbänken ’rum«, fuhr Heini fort. »Ein biss-

chen Sonne einfangen, ihr wisst schon. Aber nun, tja, da war

doch dieser große Sturm, der im Januar. Erinnert ihr euch?

Sturm Silvia!«

Oh ja, ich erinnerte mich gut. Wir hatten nämlich schul-

frei gehabt, weil andauernd irgendwelche Bäume umgekippt

und Ziegel durch die Luft geflogen waren. Aber das war doch

eine halbe Ewigkeit her.

»Also, diese Silvia, die war ganz schön wild, sage ich euch.

Und die tobte genau hier, vor dem Sylter Ellenbogen, so

richtig los. Sie peitschte die Wellen zu mächtigen Bergen.

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Sogar die Fische wurden seekrank von dem Geschaukel und

mussten sich übergeben. Ja, Mann, das könnt ihr ruhig glau-

ben.«

Ich glaubte ihm. Das Fischbrötchen veranstaltete mit

jeder Welle höhere Sprünge in meinem Bauch. Bald würde es

durch meinen Hals herausgeschossen kommen. Dabei war

der Sturm heute vermutlich ein Sommerlüftchen im Vergleich

zu dieser verrückten Silvia.

»He, habt ihr schon mal Fische kotzen sehen? Das ist viel-

leicht eine Sauerei. Aber am schlimmsten war, dass Silvia die

Sandbänke auseinandergepustet hat. Futschikato waren sie.

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Tja, und nun müssen die Seehunde so lange herumpaddeln,

bis Ebbe und Flut neue Sandbänke für sie zusammengetrie-

ben haben. Das kann Jahre dauern! Mensch, he, das glaube

ich nicht. Dahinten, da! Seht, da schwimmt einer!«

Und plötzlich spürte ich keine Kälte mehr, dachte nicht

mehr an halb verdaute Fischburger und so, nein, plötzlich

hatten alle meine Sinne nur noch das einzige Ziel, den See-

hund zwischen den Wellen zu entdecken. Ich lehnte mich

so weit wie möglich über die Reling und suchte mit meinen

Augen das Meer ab. Die Sonne brach jetzt durch die Wolken

und brachte es für einige Augenblicke zum Leuchten. Weiße,

kleine Schaumkronen raschelten die Wellen hinab.

»Da!«, rief ein Junge mit Pudelmütze. »Da, da, ich sehe

ihn.«

Und dann endlich entdeckte auch ich den kleinen schwar-

zen Kopf. Er war kaum größer als ein Apfel und schaukelte

auf den Wellen. Er schien sich umzuschauen, so als würde

er etwas suchen, seine Sandbank sicherlich. Und ich dachte,

dass es sehr traurig sein musste, dort im Eiswasser nach etwas

Ausschau zu halten, was es nicht mehr gab. Dann tauchte er

wieder ab, und sosehr ich ihn auch suchte, er blieb verschwun-

den. Die Lautsprecher sprangen knackend erneut an.

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»Ahoi, und jetzt flott ans Heck. Dort zieht Kapitän Heini

in einer Minute das Fischernetz an Bord. Also, kleine See-

jungfrauen und Piratenkönige, hurtig, hurtig dem Wind ent-

gegen.«

Das Heck ist bei einem Schiff immer hinten. Auch das

hatte ich heute bereits gelernt. Mit den anderen Kindern

kämpfte ich mich gegen den Sturm hinter das Klohäuschen

vor. Kapitän Heini trug nur ein Ringel-T-Shirt, Shorts vol-

ler Ölflecken und Sandalen, aus denen weiße Socken mit

Löchern hervorlugten. Trotzdem schien ihm kein bisschen

kalt zu sein. Ich bewunderte ihn sehr dafür. Der Kran surrte

und quietschte, und plötzlich tauchte ein Netz aus dem

Meer auf, groß wie ein Ungeheuer. Tropfend schwebte es

an der Reling vorbei, schwenkte hoch über dem Deck ein,

bis es über unseren Köpfen schaukelnd zum Stehen kam. Ich

legte meinen Kopf in den Nacken. Meine Güte, war das ein

Gewimmel von Fischen, Krebsbeinen und Seesternen. Bei-

nahe gruselte es mich. Dabei ahnte ich ja nicht einmal, was

sich wirklich im Netz befand. Nein, niemand hatte einen

Schimmer davon. Nicht einmal Kapitän Heini.

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2. KapitelIn dem ich einen original echten

Gummifisch bekomme

Kapitän Heini machte es sehr spannend. Er wartete, bis wir

alle still waren wie die Fische im Netz und man nur noch

das Heulen des Windes hören konnte. Schlotternd vor Kälte,

standen wir herum, während glitschige Algen, die sich im

Netz verfangen hatten, unaufhörlich auf uns herabflatsch-

ten. Japaner essen ja so was, glitschige Algen. Bei dem Ge-

danken daran schlug das Fischbrötchen in meinem Bauch

ein paar Extrasaltos. Ich hielt die Luft an und versuchte, zwei

Mal trocken zu schlucken.

»Aha, wenn da man kein Riesensprungkrebs dabei ist«, rief

Heini. »Besser, die kleinen Seejungfrauen stopfen sich mal

ganz schnell ihre Zöpfe in die Kapuzen. Der Riesensprung-

krebs ist verrückt nach Zöpfen.« Kapitän Heini kicherte.

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Tatsächlich stopften sofort ein paar Mädchen Zöpfe in

ihre Mützen und Kapuzen. Sie hatten anscheinend noch nie

etwas von Seemannsgarn gehört. Das sind die Lügenge-

schichten, die Kapitäne so gerne erzählen. Dann endlich zog

Heini am Seil. Und mit einem »Flatsch« stürzte die gesamte

Ladung wie ein funkelnder Wasserfall in das Fischbecken

hinein, das auf dem Schiffsdeck stand. Etliche Krebse ergrif-

fen sofort krabbelnd die Flucht.

Kapitän Heini seufzte. »Das gibt’s doch nicht. So ein Pech

aber auch. Kein Sprungkrebs in der Wanne! Aber, na so was,

was haben wir denn hier? Ein ganz seltenes Exemplar!«

Alle Köpfe beugten sich über das Becken. Dort, inmitten

des Gewimmels von Krebsen, Quallen, Baby-Schollen und

den Stichlingen, die ich immer so gerne mit dem Kescher

jage, lag etwas Rotes aus Gummi. Kapitän Heini hielt es

mit zwei Fingern hoch in die Luft. »Aha, wenn das man kein

original echter Gummifisch ist, dann soll mich der Riesen-

krake beißen.«

Dabei konnte auch der größte Dummie erkennen, dass es

sich eindeutig um eine stinknormale Wärmflasche handelte.

»Wer von euch Süßen mag denn diesen dollen Gummifisch

mit nach Hause nehmen?«

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Obwohl ich es weder leiden kann, wenn man »Süßer« zu

mir sagt, noch wenn man mich für dumm verkaufen will,

schoss mein Finger in die Höhe wie eine Rakete. Vom ersten

Augenblick an wusste ich, dass es meine Wärmflasche war

und sie zu mir gehörte.

»Ich!«, rief ich. »Bitte ich!«

Hinter mir war ein kurzer Aufschrei zu hören. Er kam von

Mama. »Nicki, bitte! Was willst du denn mit so einer alten

Flasche. Du hast doch gerade erst eine zu Ostern bekommen.

Die in dem hübschen Pinguinsäckchen.«

»Aber die ist nicht dicht, die hat ein Loch«, rief ich. »Ma-

ma, bitte!«

In meiner Aufregung vergaß ich, die Zunge weiter an mei-

nen Gaumen zu pressen. Und im nächsten Augenblick fand

in meinem Bauch eine Explosion statt. Mit Überschallge-

schwindigkeit schoss das halb verdaute Fischbrötchen aus

meinem Mund heraus und haarscharf an Heinis Ohr vorbei.

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Es wurde von einer Böe erfasst und in alle Himmelsrichtungen

davongetragen.

»Ieeh«, schrie ein Mädchen.

»Mama, der hat gekotzt. Voll gekotzt. Hast du das gese-

hen?«, rief ein anderes.

»Ja, wie die Fische damals«, sagte Kapitän Heini, und ein

wenig Wehmut klang in seiner Stimme mit. Er nahm mich

auf seine Arme, die nach Salz und Meer rochen, und legte

mich auf einer Bank im Windschatten ab. »Da, halt fest«,

sagte er und drückte mir die Wärmflasche auf den Bauch. Zu

meiner Verwunderung war sie warm, herrlich warm. Aber

das, dachte ich damals, konnte natürlich nur Einbildung

sein. Vermutlich kam sie mir nur deshalb so warm vor, weil

sich meine Finger wie Eisklumpen anfühlten. Aber eigent-

lich war es mir auch egal. Ich war nur froh, dass ich mit

der Flasche im Arm einfach so herumliegen konnte. Ihre

Wärme durchströmte meinen ganzen Körper, so als würde

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eine kleine Sonne in meinem Bauch unaufhörlich vor sich

hinglühen. Es ging mir gleich viel besser. Die ganze restli-

che Fahrt hielt ich die Flasche eng umschlungen, während

Mama mir den Kopf streichelte.

Ich stand erst wieder auf, als wir angelegt hatten.

»Pack sie jetzt besser weg«, sagte Mama. »Damit Papa

sie nicht sieht. Du weißt schon, der kriegt

’ne Krise, wenn er die auch noch ins

Auto bekommen muss.«

Also packte ich meine neue Fla-

sche in den Rucksack und vergaß

sie schon bald. Auch später, als wir

alle im Auto saßen, dachte ich nicht

mehr an meinen original echten

Gummifisch. Ich war einfach zu

müde.

Wir schaukelten im Autoreisezug

über den Damm und irgendwo kurz

hinter Niebühl schlief ich ein. Ja,

ich verpennte sogar unsere Pause

bei McDonalds. Erst hinter Ham-

burg wachte ich kurz auf, weil ich

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fror und Mama mir zwei Decken geben musste, damit ich

aufhörte zu zittern. Ich fühlte mich nicht gut. Und als wir

in Froschbach ankamen, dem Ort, in dem ich lebe, solange

ich denken kann, glühte mein Kopf wie eine heiße Kartoffel.

Ich war zu schlapp, um alleine aus dem Auto zu krabbeln.

Mein Vater musste mich ins Haus tragen. Ich sah die Lichter

unserer Gartenlaternen vorbeihuschen. Ich nahm den Duft

unserer Büsche wahr. Meine Mutter legte mir ihre Hand auf

die Stirn.

»Der Junge hat ja Fieber. Sicher von diesem zugigen Kahn.«

Papa trug mich die Treppe nach oben und legte mich vor-

sichtig auf meinem Bett ab. Mama deckte mich zu und drückte

mir einen Kuss auf die Wange. Irgendwo plärrte Lolli. Mehr

nahm ich nicht wahr. Ich schlief auf der Stelle ein.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Angelika Glitz

Dschinny und die WunschmaschineBand 1

ORIGINALAUSGABE

Gebundenes Buch, Pappband, 176 Seiten, 15,5 x 21,0 cmISBN: 978-3-570-13778-9

cbj

Erscheinungstermin: August 2010

Witzig, frech und absolut hitverdächtig! Dschinny ist ein echter Wasserdschinn, der in den tiefsten Tiefen der Meere wohnt, amliebsten Algenbrühe trinkt und nur Unsinn im Kopf hat. Kein Wunder, dass er zur Strafe fürsein ungebührliches Betragen in einer Wärmflasche durchs Meer schippern muss - bis er vom9-jährigen Nick gerettet wird. Doch damit beginnt das Abenteuer erst so richtig! Denn bevorDschinny zurück zu seinen Wasserkumpels kann, muss er Nick drei Wunschpunkte erfüllen.Und das ist gar nicht so einfach: Denn wie viele Wünsche ein Wunschpunkt hat, bestimmt einegeheimnisvolle Wunschbox ...