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Angentiherte Summation und Rekursion mittels der Lubbo&schen Formel Von Waldemar Scb6be (Stuttgart) +) Gegenstand der folgenden Betrachtungen ist ein Verfahren zur angen~iherten Aufsummierung einer regelm~ifig verlaufenden Zahlenfolge, yon dernur jedes mte Glied als bekannt vorausgesetzt wird. Das Verfahren liefert dann mit grofer, bei versicherungsmathematischen Rechnungen vielfach durchaus gentigender Genauigkeit die bei den bekannten Gliedern endigenden Partial- summen der Folge. Lineare Rekursionsformeln 1. Ordnung, wie sie in der Versicherungsmathematik h~iufig auftreten, lassen sich auf Summationen zur[ickfiihren und daher ebenfalls mit dem N~iherungsverfahren behandeln. Ich m~Schte an eine Formel ankniJpfen, die in dem vorj~ihrigen Vortrage yon Herrn Professor ]ecklin unter allen besprochenen N~iherungsformeln die einfachste war: 1 1 i am ~n÷2" Sie liefert einen einzelnen Barwert ganz isoliert. Es wiJrde ein absonderliches Beginnen sein, wollte man mit einer derartigen N~iherungsformel die ganze Folge der Zeitrentenbarwerte oder beispielsweise einen Tilgungsplan berech- hen. Ein solches Vorgehen w~irde der Tatsache nicht gerecht, daf schon begrifflich ein Zeitrentenbarwert oder Tilgungsplan eine ~iquidistante Folge yon Zeitpunkten, beispielsweise in Absdinden yon je einem Jahre, voraus- setzt und daf rich die Zahlenwerte der betr. GriSfen yon Jahr zu Jahr nach einem einfachen Gesetz entwickeln. Dieses Gesetz liift sich f~ir den Zeitrentenbarwert u. a. in jeder der beiden folgenden Formen schreiben a~ = 1 + v- an-~l, a~ = an-ll + v n-1. Will man nach der ersten Formel die ganze Folge der Zeitrentenbarwerte errechnen, so sind fiir jeden Schritt zwei Operationen n/Stig, eine Multipli- kation und eine Addition. Bei der zweiten Formel bedarf es nur einer Addi- tion; freilich muff man vorher in einem gesonderten Rechengang die Poten- zen yon v durch eine Folge von Multiplikationen berechnet haben. An die *) Vortrag, gehalten auf der 3. Tagung der Deutschen Gesellschaft fiJr Versiche- rungsmathematik am 31. M~irz 1951 in Bad K/Snigstein.

Angenäherte Summation und Rekursion mittels der Lubbockschen Formel

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Page 1: Angenäherte Summation und Rekursion mittels der Lubbockschen Formel

Angentiherte Summation und Rekursion mittels der Lubbo&schen Formel

Von Waldemar Scb6be (Stuttgart) +)

Gegenstand der folgenden Betrachtungen ist ein Verfahren zur angen~iherten Aufsummierung einer regelm~ifig verlaufenden Zahlenfolge, yon de rnu r jedes mte Glied als bekannt vorausgesetzt wird. Das Verfahren liefert dann mit grofer, bei versicherungsmathematischen Rechnungen vielfach durchaus gentigender Genauigkeit die bei den bekannten Gliedern endigenden Partial- summen der Folge. Lineare Rekursionsformeln 1. Ordnung, wie sie in der Versicherungsmathematik h~iufig auftreten, lassen sich auf Summationen zur[ickfiihren und daher ebenfalls mit dem N~iherungsverfahren behandeln. Ich m~Schte an eine Formel ankniJpfen, die in dem vorj~ihrigen Vortrage yon Herrn Professor ]ecklin unter allen besprochenen N~iherungsformeln die einfachste war:

1 1 i

am ~n÷2" Sie liefert einen einzelnen Barwert ganz isoliert. Es wiJrde ein absonderliches Beginnen sein, wollte man mit einer derartigen N~iherungsformel die ganze Folge der Zeitrentenbarwerte oder beispielsweise einen Tilgungsplan berech- hen. Ein solches Vorgehen w~irde der Tatsache nicht gerecht, daf schon begrifflich ein Zeitrentenbarwert oder Tilgungsplan eine ~iquidistante Folge yon Zeitpunkten, beispielsweise in Absdinden yon je einem Jahre, voraus- setzt und daf rich die Zahlenwerte der betr. GriSfen yon Jahr zu Jahr nach einem einfachen Gesetz entwickeln. Dieses Gesetz liift sich f~ir den Zeitrentenbarwert u. a. in jeder der beiden folgenden Formen schreiben

a ~ = 1 + v - a n - ~ l , a ~ = a n - l l + v n-1.

Will man nach der ersten Formel die ganze Folge der Zeitrentenbarwerte errechnen, so sind fiir jeden Schritt zwei Operationen n/Stig, eine Multipli- kation und eine Addition. Bei der zweiten Formel bedarf es nur einer Addi- tion; freilich muff man vorher in einem gesonderten Rechengang die Poten- zen yon v durch eine Folge von Multiplikationen berechnet haben. An die

*) Vortrag, gehalten auf der 3. Tagung der Deutschen Gesellschaft fiJr Versiche- rungsmathematik am 31. M~irz 1951 in Bad K/Snigstein.

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Stelle einer Rekursion mit zwei Operationen sind also zwei getrennte Rekur- sionen mit je einer Operation getreten; das Aufmultiplizieren und das Auf- summieren einer Folge sind ja auch Rekursionen, und zwar solche besonders einfacher Art. In der Versicherungsmathematik stellen rich bei diskontinuierlicher Betrach- tungsweise Rekursionsformeln ganz zwanglos ein, und zwar handelt es skh in der Regel um Formeln von dem Typus

(1) Zk+l = Bk Zk -}- Ck mit Bk =[= O.

Zu ihrer AuflSsung f[ihrt man in bekannter Weise eine Hilfsfolge Yk ein, die - - bis auf einen willkiirlich bleibenden Faktor - - durch Yk ÷ 1 = Bk Yk erkl//rt ist und durch Aufmultiplizieren der FoIge Bk gefunden wlrd, und gelangt dann durch Division zu

(2) zk+~ = zk + C k ; Yk+l Yk Bk Yk

jetzt bedarf es also, um die Folge der zk zu finden, nur noch der Operation yk

des Aufsummierens. (Der Ausnahmefall Bk = 0 l~ilgt sich leicht besonders erledigen.) Herr Dr. Friede hat in seiner kiirzlich erschienenen Arbeit tiber invariante Leistungssysteme 1) eine spezielle dort auftretende Rekursionsformel der hier betrachteten Form in aller Ausfiihrlidlkeit auf ein Aufmultiplizieren und ein Aufsummieren zuriickgeffihrt und dabei auch auf die enge Beziehung zu den linearen Differentialgleichungen hingewiesen. Eine Differentialgleichung be- trachtet man als aufgelSst, wenn sie auf Quadraturen, d. h. unbestimmte Integrationen, zur[ickgefiihrt ist. Dies ist bei einigen einfachen Typen stets m~Sglich. Ebenso l~iflt sich, wie soeben gezeigt, eine Rekursionsformel der bier betrachteten Gestalt immer auf Summationen, d. h. den Prozei~ des Auf- summierens einer Folge zuriickfi~hren, da das Ausmultiplizieren bei Anwen- dung yon Logarithmen mit dem Aufsummieren wesentlich identisch ist. H~iufig, aber nicht immer, lassen sich bei versicherungsmathematischen Rekur- sionsformeln die multiplikative und die additive Rekursion, auf die das Problem zuriickgefiihrt werden kann, auch einzeln inhaltlich deuten; die rein multiplikativ gewonnene Hilfsfolge stellt dann in der Regel eine Aus- scheideordnung dar. Durch diese Vorbetrachtungen ist sofort die M/Sglichkeit erSffnet, eine Re- kursionsformel angen~ihert aufzuliSsen, wenn man fiir das Aufsummieren ein N~iherungsverfahren besitzt. Es mSchte zwar scheinen, als ob das Auf- summieren als der allereinfachste Prozef~ gar keiner Vereinfachung bediirftig und f~ihig sei; man muf~ aber bedenken, dag bei einer auf Summationen zuriickgefiihrten grSfleren versicherungsmathematischen Rechnung vielfach, beispielsweise bei der Aufstellung eines schwierigeren Tarifs oder selbst schon bei der Berechnung des Barwerts einer bis zum ersten Tode laufenden

t) G. Friede, Invariante Leistungssysteme, B1. d. Deutschen Ges. far Vers.- Math. Bd. 1, S. 51.

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Leibrente auf das Leben mehrerer Personen, der Hauptteil der Rechenarbeit in der Bereitstellung der Glieder besteht, die zu addieren sind. Die Rechnung wird daher oft wesentlich erleichtert, wenn man nur einen Teil der Glieder zu kennen braucht und trotzdem die Summe der liickenlosen Reihe wenig- stens mit grof~er Ann~iherung gewinnen kann. Ein solcher ProzeB faBt ge- wissermaBen eine Interpolation zwischen den zahlenmiiBig bereitgestellten Gliedern mit der Aufsummierung der gegebenen und der eingeschalteten Glieder zusammen. Als Vorbilder hat man im Bereich der kontinuierlichen Analysis die Kep- lersche FaBregel

a+2h

f f(x)dx ~ 2h (16 f(a) + 2 f(a +h) + -16 f(a + 2h)) a

und die Formel yon Newton a+3h

1 f(a+3h)) , f e (x )dx~ 3h( 1 f ( a ) + 3 f ( a + h ) + 3 f ( a + 2 h ) + ~ - R

die beide immer dann streng richtig sind, wenn f(x) ein Polynom yon h~ch- stens drittem Grade bedeutet. Ohne Besdar~inkung der Allgemeinheit kann a = 0 angenommen werden. Bei dem diskontinuierlichen Problem handelt es si& im einfachsten Falle um die Summe endlich vieler Glieder einer Folge Co, c, . . . . ; die Summe soil n~iherungsweise durch das erste und das letzte der zu addierenden Glieder und ein oder zwei dazwischenliegende Glieder ausgedrii&t werden. Der Keplerschen FaBregel entspricht die erste Niihe- rungsformel

(3) c o + c, + . . + C2m ~ (2m + 1) [ m + 1 Co + 2m-- 1 cm m + 1 c \ 6m ~ + ~ 2m j,

die wegen des Auftretens von 2m als Formel des Zweierschrittes zur Spanne m bezeichnet werden soll. Der Faktor 2 m + l der re&ten Seite stellt die Anzahl der Glieder auf der linken Seite dar. Die Koeffizienten rechts sind so bestimmt, dab fiir alle konstanten Folgen und arithmetischen Reihen erster und zweiter Ordnung beide Seiten yon (3) einander gleich sin& Zuerst ergibt sich die Gleichheit des ersten und letzten Koeffizienten ohne Rechnung daraus, dab ftir Ck = k--m die rechte Seite der Formel ebenso wie die linke verschwinden muB. Weiter wird durch Ein- setzen yon ck --= 1 die Summe der Koeffizienten bestimmt; eine letzte Bedin-

zwischen den Koeffizienten driickt aus, dab auch fiir Ck = (~) Gleich- gung

heit bestehen soll. Auch fiir alle arithmetischen Reihen dritter Ordnung giit Formei (3) mit dem Gleichheitszeichen, da fiir die spezielle Folge ck = (k--m) 3 beide Seiten verschwinden und also einander gleich sind. Fiir m = 1 ist die Formel trivial, und fiir m-->oo geht sie, nachdem durch 2m+1 dividiert ist, in die durch 2h dividierte Keplersche iiber.

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Auf die gleiche Weise findet man die ebenfalls symmetrische Formel des Dreierschritts

[ m + l 3m--1 _b 3m--1 _[_ m-k1 Co+Ci-l-...q-C,m~ (3mq-l) t 8m Co "+" ~c,. ~c2,- -~--m C,m]. (4) Auch diese ist immer dann genau richtig, wenn die ck eine arithmetische Reihe hiSchstens dritter Ordnung bilden. Es ist plausibel, dag fiir m >_ 2 der Fehler yon (3) oder (4) yon der Gr/Sge der vierten Differenzen der cp

c~4% = cp_ s - - 4 %--1 + 6 cp 1 4 %+1 + %+s

abh~ingen wird. Zuniichst kann man die Differenz der rechten und der lin- ken Seite yon (3) in die Form bringen

(~m+l 2 m ' 1 m + l c / (5) (2mq-1) Co -~ ~ - m Cm "31- ~ 2m]-- (Co "~- cl - ~ . - . -~- C2m)

2m--2 -A-o Co -}- A1 cl -b A s c~ q- A a c a q- ~ . Bp ~4Cp,

p=2

wobei die Gr/Sfen A und B yon der c-Folge nicht abh~ingen; in der Tat las- sen sich die Gr/Sgen B2m-2, B~m-s . . . . , B2, A3 . . . . , A 0 der Reihe nach so bestimmen, daft Relation (5) identisch erfilllt ist. Setzt man nun fiir Co, c l, % . . . . diejenige arithmetische Reihe dritter Ordnung ein, die durch die Anfangsglieder 1, 0, 0, 0 oder 0, 1, 0, 0 oder 0, 0, 1, 0 oder 0, 0, 0, 1 bestimmt ist, so sind jedesmal die linke Seite und rechts alle c~4cp gleich 0, so daft rich Ao = A1 = As = As = 0 ergibt. Aus Symmetriegriinden ist ferner Bp = B2m__ p. Wir zeigen nun, daf alle Bp positiv sin& Wegen der Symmetrieeigenschaft brauchen nur die Bp mit 2 _< p __< m betrachtet zu werden. Sehr einfach liigt sich ein einzelnes Bp dadurch bestlmmen, dag man in (5) diejenige Folge

Ckeinsetzt, die d u r & c k = ( P + ~ - k ) fiir k _ < p u n d c k = 0 fiir k=>p X - - /

definiert ist. Dann verschwinden niimlich alle vierten Differenzen der Ck auger b4Cp = 1; auferdem kann man die Summe Co + cl + . . . + c2m ge- schlossen angeben. So ergibt sich

Bp = p(p2_ 1) (4m~_3mp + 2) far 2 =< p < m. 72m =

Hieraus folgt Bp :> 0; denn der letzte Faktor ist => 4m~-3m 2 + 2 > 0. Ist 2m -- 2

nun g die kleinste, G die grSfte aller Zahlen d4cp und C = ~, Bp, so ist, p=2

weil alle Bp positiv sind, die rechte Seite yon (5) mindestens gMch g. C und NS&stens gleich G. C; sic kann demnach gleich M" C gesetzt werden, wo g _< M ___< Gist . Lassen sich die Elemente ck (k=0, 1 . . . . . 2m) der vor- gegebenen Folge als Funktionswerte f(k) einer fiir 0 _< x _< 2m definierten reellen Funktion f(x) mit stetiger vierter AbMtung ansehen, so wird jede vierte Differenz d4Cp und daher auch der mittlere Wert M yon der vierten

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Ableitung im Intervall 0 < x < 2m als Funktionswert angenommen, d. h. M l~it~t sich in der Form fIV(O. 2m) mit geeignetem O zwischen 0 und 1 schreiben.

Den Weft yon C bestimmt man am leichtesten, indem die Folge Ok= (k4)

eingesetzt wird, fiir die sich einerseits die Summe Co + cl + . . . + C~m sofort angeben l~if~t und anderseits die vierten Differenzen c~4cp s~imtlich --- 1 sind, so daft g = G = M = 1 sein muI3. Man findet so die Formel des Zweierschritts mit Restglied

(6) C o + C l + . . . + C ~ m = ( 2 m + l ) ( m + l c o + - - , 2 m ' - I m + l e \ 6m 3 m - - e r a + 6m-m 2m/

m(mZ- 1) (4m~-- 1) M, 360

wobei M zwischen der grSi~ten und der kleinsten aller vierten Differenzen der gegebenen Folge liegt.

All diese Schlut~weisen iibertragen sich fast wSrtlich auf die N~iherungsfor- reel (4). Die Differenz der rechten und der linken Seite l~if~t rich in der Form

3m--2

~[] B~ 3% darstellen. p = 2

Wegen der Symmetrieeigenschaft B~ = B3m_p* genfigt es, B~ fiir 2 __< p =< 2-3m

zu betrachten. Jetzt ergibt sich

B~-- P(P2-I) (3m2-2mp+l ) fiir 2 < p < m 48m = =

und mit der Abkfirzung 3m -- 2p -- q

B~---- (9m~-7 1) (m~-- 1) - - (qZ-9)(q ~- 1) fiir m ~< p < 3m 384 -- ~ 2

In der ersten der beiden Formeln ist die rechte Seite positiv, weil der Aus- druck in der letzten Klammer __> 3m 2 -- 2m~ + 1 ~> 0 ist.

In der zweiten Formel ist offenbar 0 __< q =< m und weiterhin

(q~--9) ( q ~ - - l ) ~ 9 fiir 0__<q_<3

und (q2 __ 9) (q~ - - 1) < (m °- - - 9) (m 2 - - 1) fiir 3 __< q __< m,

also

384 Bp__>(9m °--1) (m ~ - 1 ) - 9 _ _ > 3 5 . 3 - 9 > 0 fiir 0__<q_<3

wegen m > 2 und

384 B~ ~ (9m 2 - 1) (m -~- 1) -- (m~.-9) (mZ-1) - 8 (m-°+l) (mZ-t) > 0

f~r 3_<q_<m.

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Also sind auda jetzt wieder aUe Bp > 0. Die Summe C ~ aller B p finder man auf die oben fiJr C angegebene Weise. Die Formel des Dreiersdaritts mit Restglied lautet

(7) C o + cl + . . . + csm

= ( 3 m + l . / m + l c o + ) f 3m-1 , 3m-1 , m + l

__ m(m z - l) (9m 2-1) M*, 240

wobei M* ebenso wie M einen Wert zwischen der gr5t~ten und der kleinsten aller vierten Differenzen 64% oder auch einen yon der vierten Ableitung flV(x) im Intervall 0 ~ x ~ 3m angenommenen Weft bezeichnet. Der Fak- tot bei M in (6) ist klelner als der im Verh~iltnls (2m+1) : (3m+1) herab- gesetzte Faktor bei M* in (7); die Formel des Zweierschrltts ist also die genauere. Dies wird durch folgende Betrachtung plausibel. Es gibt unendlich viele arithmetische Reihen dritter Ordnung, welche die Interpolation zwi- sdaen den drei Gliedern leisten, auf die sida der Zweierschritt stiJtzt. Fiir all diese Interpotationsfolgen gilt der durch die Formel des Zweierschritts ge- lieferte Summenwert genau. Die Interpolationsfolgen find also hier anpas- sungsf~ihiger als bei dem Dreierschritt, der vier Stiitzwerte verwendet und daher nur eine einzige Interpolationsfolge dritter Ordnung zul~igt.

Allerdings l~t~t sich weder mit der einen noch mit der anderen Fehler- absch~hzung viel anfangen. Denn elnerseits kennt man die vollst~indlge Folge der Ck, deren vierte Differenzen zu bilden w~iren, in der Regel nicht, und anderseits ist die vierte Ableitung einer meist nur empirisch gegebenen Funk- tion kaum mit einiger Sicherheit zu ermltteln oder abzusch~itzen.

In der Praxls wird man am zweckm~iglgsten mlt der Spanne m = 5 arbelten, zumal da die Koeffizienten dann schr handlich sind. Die Formeln mit Rest- glied lauten

C o + q + . . . + C x 0=2,2co+6,6%+2,2c10 m 33M,

Co+CFF.. .+c15=2,4Co+5,6c5+5,6c10+2,4c15 m112M*.

Beide N~iherungsformeln (3) und (4) sind einfachste und ihrer KiJrze wegen als solche kaum erkennbare Spezialf~ille der Formel yon Lubbock, doch ist bei h~Sherer Gliederzahl der Summe fiJr unsere Zwecke an eine andere als die iibliche Art der Anwendung gedacht. Nach Lubbock wird n~imlich z. B. fiJr m=5 die Summe C o + q + . . . +c40 mit 5(Co+C5+q0+ , . . +c4o ) ver- glichen, wobei noch Korrekturglieder am Anfang und Ende hinzukommen; in dieser Weise wird in der praktischen Versicherungsmathematik verfahren, wenn man den Barwert einer unterj~ihrlich zahlbaren Leibrente auf den- jenigen der j~ihrlich zahlbaren zuriickfiihrt. Wesentlich vorteilhafter ist es aber, in Anlehnung an die Simpsonsche Formel fiir mechanische Quadratur immer nur die kurzen Formeln (3) und (4) anzuwenden und somit die Summe C o + q + . . . +c40 allein mittels (3) in der Form

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(Co + . . . + c10) +(cll + . . . + c20) + . . (.. + c40)

2,2 Co+6,6 c5+3,4 ci0+6,6 c15+ . . . +2,2 c40

zu berechnen.

Bei solchen l~ingeren Summen gibt es noch andere M/Sglichkeiten der Fehler- absch~itzung. So kann man die vierten Differenzen der Glieder Co, Cm, C2m . . . . bilden und yon ihnen mittels Division durch m 4 auf die urspriinglichen vier- ten Differenzen zuriickschlief~en. Oder man errechnet die Summen nochmals angen~ihert mittels der doppelten Spanne; da sich hierbei der Fehler etwa versechzehnfacht, liefert der Vergleich beider Ergebnisse ein Urteil fiber die Gr/Sf~e des Fehlers.

Lehrreich ist es, die Niiherungsformeln (3) und (4) auf geometrische Reihen anzuwenden. Wir betrachten die Folge c~=(1 +i) -k, wobei i als Zinsgr/Sge gedeutet sei.

Die vierte Ableitung yon (1 +i ) -~ ist (1 +i) -x . (log (1 +i))4 und enth~ilt also die vierte Potenz der Zinsintensit~it als Faktor. Fiir i~-0,1, also 10% Zins, wird bei m--5

Co+ .. • +cl 0 ~ 7,1463, genauer Wert 7,1446, relativer Fehler 0,024%

Cot .. • +cl5 ~ 8,6107, . ~ 8,6061, , ~ 0,054°10,

und mittels der Umformung

Co+... +c5=(Co+. . . +c15) - - (c5+.. . +c~5)+c5

2,4 co +4,4 c s - c10 + 0,2 cx s

gewinnt man noch

Co+ .. . + % ~ 4,7944, genauer Weft 4,7908, relativer Fehler 0,075%.

Bei einem Zinsfuf~ von 5% sind die relativen Fehler rund 16mal kleiner, also praktisch verschwindend. Bedenkt man, dab sich in der Versicherungs- mathematik die Folge der diskontierten Lebenden auf ki~rzeren Alters- strecken angen~ihert wie eine geometrische Folge verh~ilt, wobei die Sterbens- intensit~it im wesentlichen wie eine zus~itzliche Zinsintensit~it wirkt, so zeigt si&, dai~ fiir die Beredmung der Nx die angen~iherte Summation bei regel- m~iffigem Verlauf der Sterblichkeit eine hohe Genauigkeit aufweist.

In der folgenden Zusammenstellung ist fiir die Absterbeordnung der Inva- liden nach Pfaffenberger bei 4% Rechnungszins die Bildung der Nix aus den Dix f/ir das Altersintervall 20 bis 65 schematisch dargestellt und rechnerisch

ausgefiihrt. F~ir N~,~ ist der genaue Wert genommen; man h~itte aber eben- sogut die N~iherungsrechnung bis zum Schluf~alter der Sterbetafel ausdehnen k6nnen.

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qlx: Pjaffenberger, Deutsche Privatpensionskassen 1928 bis 1933, 4~/0. i x D i N i angen~ihert N~ genau

20 45 639 348 94t 25 21 529 174 323 T 30 9 760 ~ 94 732 35 5134 56 383 40 2 954 ~ 35 831 45 1923 23 284 50 1 258 ~ 15 131 55 845,6 9736 6o 577,7 t 65 392,1 3 592

57 001 (Probe)

l 6 089

348 991 174 285 94 459 56412 35 778 23 298 15 127

9 738 6 090 3 592

Der Erbersichtlichkeit wegen sind die N~iherungsrechnungen hier in mehrere Spalten auseinandergezogen; in Wirklichkeit wird alles in eine Spalte geschrieben. Der weniger genaue Dreierschritt ist nur ein einziges Mal fiir die Redanung und dann noda einmal fiir eine Probe verwendet; im iibrigen wird mit dem Zweierschritt gearbeitet. Die l]bereinstimmung mit den in der letzten Spalte beigefiigten genauen, d. h. durch Addition der liicken- losen Folge der D~x gewonnenen Werten wiirde fiir viele praktische Zwecke ausreichen. Das ungenaueste Ergebnis liefert in diesem Beispiel die Probe zwischen den Altern 20 und 35, und zwar darum, well die Folge der Inva- lidensterblichkeiten nach Pjaffenberger, die hier zugrundeliegt, in der N~ihe des Alters 25 ein ziemlich scharfes Maximum aufweist (daneben hat sie noch ein flaches Minimum etwa beim Alter 60). Man ersieht hieraus, daft der eine Dreiersdaritt, der erforderlida ist, wenn man die aufsummierten Werte wiederum yon 5 zu 5 Jahren kennen will, zweckm~iBig an einer m6glichst glatten Stelle getan wird, beispielsweise in den h/Sdasten Lebensaltern. Wenn die Nx yon 5 zu 5 Jahren bis zum Ende der Sterbetafel bekannt sind, so steht nichts im Wege, durch nodamalige und wiederholte angen~iherte Summation zu den S~ und deren Summen verschiedener Stufe aufzusteigen. Man kann z. B. auf diese Weise beliebig viele Glieder der Taylorentwick- lung fiJr den Barwert einer lebensl~inglichen Leibrente in Abh~ingigkeit vom Zinsfuf~ aufstellen und so mit ertr~,glidaem Arbeitsaufwand beliebige Ver~inderungen des Zinsfui~es redanerisda beherrschen. So viel iiber die gen~iherte Summation. Das in der Versidaerungsmathema- tik ebenfalls oft, z. B. bei der Herstellung der Absterbeordnungen, vor- kommende Aufmultiplizieren kann, wie gesagt, durda Verwendung yon Logarithmen auf die Summation zuriickgefiihrt werden. Ida sehe darin keinen Riicksdaritt zu einer iiberwundenen Redaenweise, da sdalieBIida die Zweckm~ifligkeit allein entsdaeidet. In der folgenden Aufstellung, in der die beiden logarithmischen Hilfsspalten weggelassen sind, ist der Renten- barwert a40:~t auf Grund der Abelschen Aggregattafel mit 4% Rechnungs- zins n~iherungsweise berechnet, wofiir nut die Sterbenswahrscheinlichkeiten q40, q45, . . . , q~0 vorausgesetzt und verwendet sin&

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qx: Abel Aggregat, 4 0 .

Dx Nx - - N00 x 1 - - qx angeniihert angen~ihert

40 0,99241 100 000 1 285 979 45 0,98939 78 694 50 0,98448 60 766 473 679 55 0,97733 45 565 60 0,96637

a,0 :~6-1 ~ 12,8598 genau 12,8585

32 721 0

Zun~chst sind die Dx logarithmisch dutch Aufmultiplizieren der v ( 1 - q x ) und daraus durch Aufsummieren die Nx - - NB0 ermittelt. Der relative Fehler des Rentenbarwerts betr~igt etwa 0,01% und ist demnach yon derselben GrSflenordnung wie die Vernachl~issigungen, die man sich in der soge- nannten genauen Berechnung der Rentenbarwerte z. B. beim 13bergang zu unterj~ihrlicher Rentenzahlungsweise ohne Bedenken erlaubt. Der bei der strengen Berechnung nicht ben/Stigte Wahrscheinlichkeitswert q6o dient in der N~herungsrechnung natiirlich dazu, die Alter iiber 55 Jahre einzufangen. In anderen F~illen mui~ man sich solche RandgrSt~en durch Extrapolation verschaffen. Derartige kleine Schwierigkeiten lassen sich in der Regel leicht iiberwinden, so dab man auch komplizierte Tar i fe nach dem N~iherungs- verfahren behandeln kann. Kommen z. B. in der Pensionsrentenversiche- rung die Invalidenrentenbarwerte nur ftir gebrochene Alter x+l /2 vor, so wird man von vornherein die Wahrscheinlichkeiten i qx+t/, zugrundelegen. Als eine etwas ferner liegende Anwendung der gen~iherten Rekursion soil hier noch die Zerfallordnung der Lebenden nach Scbaertlin behandelt wer- den. Hierbei sind die jeweilige Anzahl der Aktiven und der Verlauf der Aktivensterblichkeit aus Gesamtsterblichkeit, Invalidensterblichkeit und Invaliditiitswahrscheinlichkeit zu berechnen. Solche Untersuchungen dienen dazu, um im Einzelfalle festzustellen, ob eine Kombination dreier gew~ihl- ter Wahrscheinlichkeitsreihen eine harmonische 2) ist. Die Rekursionsformel fiir die I a~ lautet

l laa _ aa aa lx+l - - x+l -- ( l x - l x ) (1 - qix) + 1 x ix (1 - '/-~ q'x).

Als Anfangsbedingung sei vorausgesetzt, dag bei dem Beginnalter 20 alle Personen aktiv sind. Um diese Rekursion auf Summationen zuriickzufiihren, bedarf es folgenden Formelapparats.

1 a~ 1 a~ (1 i ix + 1/~ ix qx) 1 i ~ + l = x , - - - q ~ - - . . q - x ( % - - q x ) , tx = 1 - i x - ql x + 1/2 ix qi, Ux = const, t2o t 2 , . . , tx,

Vx = lx (qi x_qx) , Wx = 1~o + V~o + v2, + . . . + Vx--1, U x

laa U x W x aa i _ _ V x t x = , % = qx (1--V~ i~)

tx Wx 2) Vg[. H. Partbier, Besonderes zur Technik der Pensionsversicherung, BI. f,

Vers.-Math. 4, S. 301.

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Die ux werden logarithmisch durch Aufmuhiplizieren der tx gewonnen, wobei es auf einen konstanten Faktor nicht ankommt. Dann werden rein algebraisch die HilfsgriSf~en vx berechnet. Durch gen~ihertes Aufsummieren der vx, wobei die genannte Anfangsbedingung die additive Konstante festlegt, findet man die wx und schliei~lich rein algebraisch die la~ oder auch unmittelbar die q~a; dabei entstehen die anfangs kleinen Gr~Si%n

qaa als Differenzen sehr viel gr~Si~erer Zahlenwerte.

Im folgenden werden die Ergebnisse einer Beispielsrechnung mitgeteilt. qx: 1924/26 M~inner qix: Pfaf]enberger, Deutsche Privatpensionskassen 1928 bis 1933 ix: Meiflner-Meewes (Hauptwerk).

Beim Alter 20 sind alle Personen aktiv.

1000 q~

angen~hert genau

20 4,24 4,23 25 5,11 3,88 30 3,43 3,38 35 4,10 3,44 40 4,19 4,44 45 6,41 5,96 50 8,02 8,36 55 12,86 12,53 60 18,98 19,16 65 26,28 26,02

Der Vergleich mit den beigefiigten genauen Werten zeigt die recht gute Ann~iherung trotz des soeben erw~ihnten numerisch ungiinstigen Umstandes. Wenn auch der Rechengang etwas umst~indlich ist, so ist die Arbeitsersparnis gegeniiber der genauen Rechnung doch bedeutend, zumal wenn das Beginn- alter variiert werden soll; denn in diesem Falle wiirden die ux auch in der genauen Rechnung gebraucht werden. Die Niiherungsrechnung reicht bei weitem aus, um in dem Beispiel fest- zustellen, daf~ die q~a einen verniinftigen Verlauf zeigen; damit ist die gew~ihlte Zusammenstellung yon Rechnungsgrundlagen als eine harmonische Kombination erkannt. In Zusammenhang mit einer Mischungsaufgabe ist yon Herrn Professor Lorey in der Hiickner-Festschrift 3) die Rekursionsformel

Yk+l (1997- 3k) = yl~ (1985--3k) + 4,8 mit Yo = 0,8

8) W. Lorey, ~ber eine yon Gaul3 erwiihnte Mischungsaufgabe, Festschrift zu Ehren yon Georg H6ckner, Berlin 1935, S. 166.

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Page 11: Angenäherte Summation und Rekursion mittels der Lubbockschen Formel

behandelt worden. Interessant fiir die jetzige Fragestellung ist der Umstand, dab Lorey die ganze Folge der rekursiv gewonnenen Werte bis zu k = 195 mitteilt, fiir deren Berechnung ,,unter ausgiebiger Verwendung einer Rechen- maschine" eine sechsstiindige Arbeit erforderlich war. Mit dem N~iherungs- verfahren wurde Y195 berechnet, das ist dasjenige Glied, das als erstes unter 0,5 liegt und damit im Sinne der Mischungsaufgabe das SchluBglied bildet. Bei der Spanne m = 39, fiir die auBer der bekannten Anfangszeile k -- 0 nur f~inf Rechenzeilen auftreten, ergab sich f[ir k = 195 in einer halben Stunde der Wert 0,499688, w~.hrend Lorey 0,49963 ermittelt; der wahre Wert 0,499599 l~iBt sich leicht aus der geschlossenen AuflSsung der Rekur- sionsformel finden, die die Herren Proff. Walther 4) und B6hrner 5) verSf- fentlicht haben. Die groBe Genauigkeit der N~iherungsrechnung riihrt hier zweifellos daher, dab die Folge entsprechend ihrer mathematischen Gesetzm~iBigkeit voll- kommen regelm~iBig verl~iuft. Dies fiihrt mich zu einer abschlieBenden Bemerkung. Ein N~iherungsverfahren, das auf Interpolation beruht, kann nur befriedigende Ergebnisse zeitigen, wenn fiir glatten Verlauf der in die Rechnung eingehenden Folgen gesorgt ist. Man braucht nicht zu fordern, dab die Folgen in ihrem Verlaufe best~indig steigen oder fallen. Aber notwendig erscheint es mir, dab die Ausgangsreihen gut ausgeglichen und nicht zu stark gerundet sind. W~.ren z. B. die in liickenloser Reihe vor- liegend gedachten Ausgangswerte nur roh bekannt oder stark gerundet, so verl~iuft ihre Folge im mathematischen Sinne grob unregelm~if~ig sprung- haft; an den vierten Differenzen zeigt sich das in gesteigertem MaBe, so dab keine verniinftige theoretische Restabsch~itzung mehr mSglich ist. Oder anders betrachtet: bei der Interpolation und Summation bekommen die wenigen Funktionswerte, auf die man sich sti~tzt, ein erhShtes Gewicht gegeniiber der genauen Rechnung, so dab sich die zuf~illigen Ungenauig- keiten oder Rundungsfehler der Stiitzwerte im Ergebnis iiberm~iBig aus- wirken kSnnen. Dies ist m. E. ein Grund mehr, der dafiir spricht, dab ganz allgemein bei rechnerischen Verfahren gut ausgeglichene Reihen hinreichend genau angegebener Wahrscheinlichkeitswerte zur Verfiigung stehen sollten, auch wenn vielleicht diese Genauigkeit durch den Umfang des Ausgangs- materials nicht gerechtfertigt wird.

4) A. Walther, Zur Differenzengleichung einer . . . Mischungsau.fgabe, Jahres- bericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 46, S. 89 kurslv.

5) p. E. B6hrner, Eine klassische Differenzengleichung, B1. f. Vers.-Math. 3, S. 399.

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