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Angst in der Praxis Fachtagung Palliative Care am 22.08.2019 in Bern Dr. med. Christiane Jenemann M.A. Psychiatrie und Psychotherapie FMH www.zepp-so.ch; [email protected]

Angst in der Praxis - palliativebern.ch · 2019. 9. 10. · Angst in der Praxis Fachtagung Palliative Care am 22.08.2019 in Bern Dr. med. Christiane Jenemann M.A. Psychiatrie und

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  • Angst in der PraxisFachtagung Palliative Care am 22.08.2019 in Bern

    Dr. med. Christiane Jenemann M.A.

    Psychiatrie und Psychotherapie FMH

    www.zepp-so.ch; [email protected]

  • Angst – Häufige Herausforderung im Alltag

    • Die Angst der Patientin ist vielfältig: Angst vor Atemnot, Schmerzen, Tod, Zukunft, um die Familie, Angst vor dem Alleinsein, Angst vor Untersuchungen, …………………

    • Der Umgang mit Angst gehört jeden Tag zu unserem beruflichen Alltag

  • Hilfreiche erste Schritte im Umgang mit Angst

    • 1. Den eigenen Puls fühlen

    -> macht mir eine Situation selbst Angst, ist es schwer, Sicherheit zu geben

    2. Essentiell: Hinsetzen, zuhören und verstehen, worum es bei der Angst geht (was macht genau Angst?, wie fühlt sie sich an?, kennen Sie diese Angst schon aus anderen Situationen?, was verbinden Sie damit?………)

    3. Körperliche Ursachen (Schilddrüse, Medikamentennebenwirkungen etc. ) mit im Blick haben u. ggf. behandeln

  • Angst wird von Patienten meist als unbeeinflussbar erlebt

    -> Wichtigstes Ziel:

    Selbstwirksamkeit des Patienten fördern durch verschiedene Interventionen

    1. Psychoedukation

    2. Vermittlung von Skills

    3. Schaffung einer „sicheren Umgebung“

    4. Zuletzt: Medikamente als Hilfsmittel

  • 1. Psychoedukation

    • Angst ist beeinflussbar. Sie ist nicht etwas, was über uns unbeherrschbar hereinbricht

    • Angst ist ein Gefühl, dass von unserer Menschheitsgeschichte her dazu da ist, uns vor Gefahr zu schützen („Fight or flight“)

    • Angst läuft immer nach dem gleichen Schema ab, egal aus welchem Grund wir Angst haben

    • Daher können wir auch unterschiedlichste Ängste mit den gleichen Mitteln bekämpfen( -> „wieder Chef im eigenen Haus werden“)

  • Es lohnt sich, den Fight orFlight Mechanismus mit den Patienten zu besprechen -> „Der Körper wirft den Motor an“

  • Es ist wichtig, dass der Patient ein gutes Angstmodell im Kopf hat, auf das er sich beziehen kann.

    Angstmodell =

    „Fight and Flight“ +

    „Angstkreislauf“

  • Aus dem Angstkreislauf ergeben sich die Interventionen gegen die Angst

    Ablenkung

    Entspannung

    „Bremsklötze“

  • Die „zwei Fronten“ der Angsttherapie

    • Konkrete Hilfe im Umgang mit akuter Angst /Panik

    • Senkung der Basisanspannung

  • 2. Vermittlung von Skills

    CAVE: Oft müssen wir „das Rad nicht neu erfinden“

    - wichtig ist die Erfassung bisheriger Skills über Fragen wie z.B.:

    • Wobei können Sie sich gut entspannen, abschalten?

    • Was haben Sie vor Ihrer Erkrankung immer gemacht, wenn sie sich erholen wollten?

    • Womit können Sie sich gut ablenken?

    • Worin können Sie sich gut vertiefen?

    • Wie haben Sie früher Ihre Zeit verbracht?

    • Welche Interessen haben Sie?

  • Vermittlung von Skills

    • Mit dem Patienten werden 2-3 Skills ausgesucht, die er in Ruhe üben will -> ausprobieren, was funktioniert.

    • Es wird konkret festgelegt, welcher der Skills beim Aufkommen von Angst als erstes, zweites, drittes durchgeführt wird -> oft hilft hier ein Zettel, den der Patient bei sich hat oder der neben dem Bett liegt

  • Einfache Skills I

    • Lippenbremse : gute Art, sich selbst zu beruhigen (-> Entspannung)

  • Einfache Skills II

    • Sinnesreize setzen

    (-> kann Ablenkung und Entspannung sein)

  • Einfache Skills III

    • Imaginationsübungen ( -> Ablenkung und Entspannung, Stimmungsveränderung)

    Safe-Place Übung

    Lieblingsort

  • Einfache Skills III

    • Ablenkung durch Beschäftigung

    Grundsätzlich kann jede

    Tätigkeit geeignet sein

  • Einfache Skills IV

    • Klassische Entspannungsverfahren

    • Entspannungs- CDs

  • 3. Schaffung einer „sicheren“ Umgebung

    • Zuverlässigkeit in der Patientenbeziehung (Termine einhalten, keine falschen Versprechungen machen, klare Absprachen)

    • Kommunikation: gute Information, keine Vermutungen äussern, Sprache anpassen

    • Hektik vermeiden

    • Zimmergestaltung (nützt dem Patienten ein Lampe, die nachts brennt; eine Tür, die offen bleibt…….?)

    • Anwesenheit wichtiger Personen, des Haustieres……….

    • Lagerung: Patient so betten, dass er seine Körpergrenzen spüren kann

  • 4. Medikamentöse Therapie

    Kann indiziert sein, wenn…..

    - Es sich um Patienten handelt, die mit dem Konzept der Selbstwirksamkeit nichts anfangen können (kleine Gruppe)

    - Akute Angstzustände, die ohne das vorherige Erlernen von Skills auftreten

    - Sich ein Patient nicht von seiner Angst distanzieren kann, ständig damit beschäftigt ist (pathologisches Ausmass der Angst)

    - Ein Patient nicht mehr in der Lage ist, sich kognitiv mit seiner Angst auseinander zu setzen.

  • Medikamentöse Therapie ( Folien in Anlehnung an Dr. med. D. Georgescu; PDAG)

    • Zwei Ansatzpunkte: Akuttherapie und „Basistherapie“

    Es sollte beachtet werden:

    - Niedrige Anfangsdosierung

    - Langsame Steigerung

    - Niedrigere Erhaltungsdosis

    - Regelmässige Reevaluation

  • Gängige Medikamentengruppen zur Angstbehandlung

    Benzodiazepine- kurzwirksam: Midazolam ; t/2 2-3,5h- Mittel-lang: Lorazepam (Temesta®); t/2

    11-18h, Oxazepam (Seresta®)

    Sedierende Neuroleptika- bspw. Quetiapin (Seroquel®), t/2 3-6 h

    Antidepressiva (-> Erhaltungstherapie)- SSRIs, z.B. Sertralin- CAVE: Wirkeintritt nach frühestens 1-2

    Wochen!

  • Symptomatische Angstbehandlung mit Benzodiazepinen mit kurzer Halbwertszeit• - angstlösende, beruhigende, antikonvulsive und schlaffördernde

    Eigenschaften

    • Vorteile Lorazepam (Temesta®):

    - rasche und kurze Wirkung

    - gut abschätzbare Bioverfügbarkeit

    - kein bedeutender aktiver Metabolit

  • Angstbehandlung mit Neuroleptika

  • Antidepressiva bei Angst

  • https://www.psychiatrie.ch/sgpp/fachleute-und-kommissionen/behandlungsempfehlungen/

  • Fazit im Umgang mit Angstpatienten: