3
Der Zedent war jedoch nicht berechtigt, solche Wahlleis- tungen abzurechnen, auch wenn sich der Bekl. gegenüber dem Zedenten am 10. 7. 2009 als zahlungspflichtig erklärt hat. Denn diese Vereinbarung verstößt gegen § 17 Abs. 3 KHEntgG, nach dem neben dem Klinikum nur an der Be- handlung des Patienten beteiligte angestellte oder beamte- te Ärzte des Krankenhauses abrechnen dürfen, soweit sie hierzu berechtigt sind. Ob das der Fall ist, muss sich aus der mit dem Krankenhaus getroffenen Wahlleistungsver- einbarung selbst ergeben. Eine solche existiert hier auch, sie wurde von dem Bekl. am 15. 7. 2009 unterzeichnet. In ihr ist allerdings der Zedent nicht als liquidationsberechtigter Wahlarzt aufgeführt worden. Dieser war weder beim Klinikum angestellt noch be- amtet. Er war vielmehr als niedergelassener Arzt in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Der Bekl. wollte auch nicht von Anfang an ausschließlich von diesem operiert werden. Der Bekl. hat sich wegen der anstehenden Operation viel- mehr zunächst an das Klinikum gewandt und wurde erst durch einen Oberarzt an den Zedenten verwiesen. Dieser durfte zwar nach der Kooperationsvereinbarung mit dem Klinikum eigene Patienten dort behandeln und operieren. Er erfüllte aber nicht die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG, so dass er selbst nicht liquidationsberechtigt war. Diese Berechtigung konnte das Klinikum nicht im Rah- men einer privatrechtlichen Kooperationsvereinbarung auf den Zedenten übertragen, weil eine solche Regelung eine Umgehung des § 17 Abs. 3 KHEntgG darstellt. Nur dieser regelt die Abrechnung von in einem Krankenhaus erbrach- ten Wahlleistungen. Niedergelassene Ärzte sind seit der Neufassung des § 17 Abs. 3 KHEntgG von der Wahlarztkette ausgeschlossen, es sei denn, sie erbringen auf Veranlassung liquidationbe- rechtigter Ärzte Leistungen außerhalb des Krankenhauses oder sie sind als Belegärzte tätig (§ 18 KHEntgG). Beides trifft auf den Zedenten nicht zu. Die gesetzliche Neurege- lung soll verhindern, dass ärztliche Wahlleistungen, die im Krankenhaus erbracht werden, auf niedergelassene Ärzte ausgelagert werden, um im Krankenhaus weniger Ärzte vorhalten zu müssen und um so Kosten zu sparen. Indem das Gesetz konkret bezeichnet, wer liquidationsberech- tigt ist (angestellte oder beamtete Ärzte), bedeutet dieses im Umkehrschluss, dass das für andere Ärzte nicht gilt. Wenn ein externer Arzt im Krankenhaus Wahlleistungen erbringt, im Übrigen aber die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG nicht erfüllt, so wird er als Erfüllungs- gehilfe des Krankenhauses tätig. Seine Leistungen können nur wie allgemeine Krankenhausleistungen abgerechnet werden. Wahlleistungen dürfen nur die in der Vereinba- rung mit dem Klinikum benannten und gemäß § 17 Abs. 3 KHEntgG berechtigten Ärzte selbst abrechnen. Zwar ist der Kl. zuzugeben, dass sich die Liquidationsket- te nicht nur auf angestellte oder beamtete Ärzte beschränkt. Andere, insbesondere niedergelassene Ärzte müssen jedoch, wie dargelegt, die Anforderungen erfüllen, die das Gesetz nennt: sie müssen entweder von einem liquidationsberech- tigten Arzt mit Leistungen außerhalb des Krankenhauses beauftragt oder als Belegarzt tätig werden. Der Zedent ist in der Wahlleistungsvereinbarung zwi- schen Klinikum und Bekl. v. 15. 7. 2009 nicht als einer der- jenigen, der gegenüber dem Patienten die Wahlleistungen zu erbringen hat und zur Abrechnung berechtigt ist, ge- nannt. Insofern kann er seinen Anspruch auch nicht auf diese Vereinbarung stützen. Auf die von Beklagtenseite angesprochene Frage der Wirksamkeit der Vereinbarkeit kommt es daher nicht an. Bei § 17 KHEntgG handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Verbotsgesetz. Es bezeichnet genau, wer Wahlleistungen erbringen und abrechnen darf. Das bedeu- tet im Umkehrschluss, dass Andere hierzu nicht berechtigt sind. Diese gesetzliche Regelung kann nicht durch einfache privatrechtliche Regelung umgangen werden. Der Zedent kann seine Leistungen allein gegenüber dem Krankenhaus abrechnen. Insofern existiert keine Forde- rung des Zedenten, die an die Kl. hätte abgetreten werden können. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen. DOI: 10.1007/s00350-013-3608-9 Anmerkung zu LG Kiel, Urt. v. 31. 5. 2013 – 1 S 75/12 Tilman Clausen Das LG Kiel stellt zur Begründung für seine Rechtsauffas- sung, dass freiberuflich tätige Honorarärzte, die auf Ver- anlassung von Krankenhausärzten ärztliche Leistungen innerhalb eines Krankenhauses erbringen, nicht berechtigt sind, diese als wahlärztliche Leistungen abzurechnen, al- lein auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG ab. Honorarärzte, die im Krankenhaus im Rahmen freiberuf- licher Tätigkeit ärztliche Leistungen erbringen, gehören weder zu den angestellten noch zu den beamteten Ärzten des Krankenhauses i. S. von § 17 Abs. 3 KHEntgG. Sie ge- hören auch nicht zu der sog. externen Wahlarztkette, da sie nicht auf Veranlassung der liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses außerhalb, sondern innerhalb des Kran- kenhauses tätig werden. Damit sind Honorarärzte wie der Neurochirurg, der in dem vom LG Kiel entschiedenen Fall privatärztlich tätig geworden ist, nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG von der Abrechnung wahlärzt- licher Leistungen ausgeschlossen. Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus der Än- derung des § 2 Abs. 1 KHEntgG durch das PsychEntgG zum 1. 1. 2013 1 . Dort wird § 2 Abs. 1 KHEntgG dahinge- hend geändert, dass zu den Krankenhausleistungen nach § 1 Abs. 1 KHEntgG ab dem 1. 1. 2013 auch die ärztliche Behandlung gehört, die durch nicht festangestellte Ärzte, d. h. sog. Honorarärzte im Krankenhaus erbracht wird. „Krankenhausleistungen“ ist nach § 2 Abs. 1 KHEntgG der Oberbegriff für allgemeine Krankenhausleistungen, die nach Maßgabe des DRG-Fallpauschalensystems abgerech- net werden, und Wahlleistungen, sodass der Wortlaut der Gesetzesänderung als Indiz dafür gesehen werden könn- te, dass der Gesetzgeber auch Wahlleistungen für Hono- rarärzte freigeben wollte. Gegen diese Sichtweise spricht zunächst die Begründung des Gesetzgebers für die Ände- rung des § 2 Abs. 1 KHEntgG, in der allein darauf abgestellt wird, dass allgemeine Krankenhausleistungen für Hono- rarärzte freigegeben werden sollten 2 . Gegen eine Freigabe von Wahlleistungen für Honorarärzte spricht weiterhin der zum 1. 1. 2013 neugeschaffene § 2 Abs. 3 KHEntgG, wo das Krankenhaus verpflichtet wird, sicherzustellen, dass Hono- rarärzte bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleis- tungen für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen An- forderungen erfüllen, die auch für dort festangestellte Ärzte gelten. Wenn es dem Gesetzgeber darum gegangen wäre, auch Wahlleistungen für Honorarärzte freizugeben, hätte es nahegelegen, § 2 Abs. 3 KHEntgG so zu fassen, dass das Krankenhaus verpflichtet wird, auch im Hinblick auf ärzt- liche Wahlleistungen dafür zu sorgen, dass Honorarärzte Rechtsanwalt Dr. iur. Tilman Clausen, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Plathnerstraße 3A, 30175 Hannover, Deutschland Rechtsprechung MedR (2014) 32: 33–35 33 1) BT-Dr. 17/9992 v. 13. 6. 2012, S. 10, 29 f.; BR-Dr. 349/12 v. 15. 6. 2012. 2) Vgl. zur Begründung kritisch Clausen, ZMGR 2012, 248 ff.

Anmerkung zu LG Kiel, Urt. v. 31.5.2013 – 1 S 75/12

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Der Zedent war jedoch nicht berechtigt, solche Wahlleis-tungen abzurechnen, auch wenn sich der Bekl. gegenüber dem Zedenten am 10. 7. 2009 als zahlungspflichtig erklärt hat. Denn diese Vereinbarung verstößt gegen § 17 Abs. 3 KHEntgG, nach dem neben dem Klinikum nur an der Be-handlung des Patienten beteiligte angestellte oder beamte-te Ärzte des Krankenhauses abrechnen dürfen, soweit sie hierzu berechtigt sind. Ob das der Fall ist, muss sich aus der mit dem Krankenhaus getroffenen Wahlleistungsver-einbarung selbst ergeben. Eine solche existiert hier auch, sie wurde von dem Bekl. am 15. 7. 2009 unterzeichnet. In ihr ist allerdings der Zedent nicht als liquidationsberechtigter Wahlarzt aufgeführt worden.

Dieser war weder beim Klinikum angestellt noch be-amtet. Er war vielmehr als niedergelassener Arzt in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Der Bekl. wollte auch nicht von Anfang an ausschließlich von diesem operiert werden. Der Bekl. hat sich wegen der anstehenden Operation viel-mehr zunächst an das Klinikum gewandt und wurde erst durch einen Oberarzt an den Zedenten verwiesen. Dieser durfte zwar nach der Kooperationsvereinbarung mit dem Klinikum eigene Patienten dort behandeln und operieren. Er erfüllte aber nicht die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG, so dass er selbst nicht liquidationsberechtigt war.

Diese Berechtigung konnte das Klinikum nicht im Rah-men einer privatrechtlichen Kooperationsvereinbarung auf den Zedenten übertragen, weil eine solche Regelung eine Umgehung des § 17 Abs. 3 KHEntgG darstellt. Nur dieser regelt die Abrechnung von in einem Krankenhaus erbrach-ten Wahlleistungen.

Niedergelassene Ärzte sind seit der Neufassung des § 17 Abs.  3 KHEntgG von der Wahlarztkette ausgeschlossen, es sei denn, sie erbringen auf Veranlassung liquidationbe-rechtigter Ärzte Leistungen außerhalb des Krankenhauses oder sie sind als Belegärzte tätig (§ 18 KHEntgG). Beides trifft auf den Zedenten nicht zu. Die gesetzliche Neurege-lung soll verhindern, dass ärztliche Wahlleistungen, die im Krankenhaus erbracht werden, auf niedergelassene Ärzte ausgelagert werden, um im Krankenhaus weniger Ärzte vorhalten zu müssen und um so Kosten zu sparen. Indem das Gesetz konkret bezeichnet, wer liquidationsberech-tigt ist (angestellte oder beamtete Ärzte), bedeutet dieses im Umkehrschluss, dass das für andere Ärzte nicht gilt. Wenn ein externer Arzt im Krankenhaus Wahlleistungen erbringt, im Übrigen aber die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG nicht erfüllt, so wird er als Erfüllungs-gehilfe des Krankenhauses tätig. Seine Leistungen können nur wie allgemeine Krankenhausleistungen abgerechnet werden. Wahlleistungen dürfen nur die in der Vereinba-rung mit dem Klinikum benannten und gemäß § 17 Abs. 3 KHEntgG berechtigten Ärzte selbst abrechnen.

Zwar ist der Kl. zuzugeben, dass sich die Liquidationsket-te nicht nur auf angestellte oder beamtete Ärzte beschränkt. Andere, insbesondere niedergelassene Ärzte müssen jedoch, wie dargelegt, die Anforderungen erfüllen, die das Gesetz nennt: sie müssen entweder von einem liquidationsberech-tigten Arzt mit Leistungen außerhalb des Krankenhauses beauftragt oder als Belegarzt tätig werden.

Der Zedent ist in der Wahlleistungsvereinbarung zwi-schen Klinikum und Bekl. v. 15. 7. 2009 nicht als einer der-jenigen, der gegenüber dem Patienten die Wahlleistungen zu erbringen hat und zur Abrechnung berechtigt ist, ge-nannt. Insofern kann er seinen Anspruch auch nicht auf diese Vereinbarung stützen. Auf die von Beklagtenseite angesprochene Frage der Wirksamkeit der Vereinbarkeit kommt es daher nicht an.

Bei § 17 KHEntgG handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Verbotsgesetz. Es bezeichnet genau, wer Wahlleistungen erbringen und abrechnen darf. Das bedeu-tet im Umkehrschluss, dass Andere hierzu nicht berechtigt

sind. Diese gesetzliche Regelung kann nicht durch einfache privatrechtliche Regelung umgangen werden.

Der Zedent kann seine Leistungen allein gegenüber dem Krankenhaus abrechnen. Insofern existiert keine Forde-rung des Zedenten, die an die Kl. hätte abgetreten werden können. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

DOI: 10.1007/s00350-013-3608-9

Anmerkung zu LG Kiel, Urt. v. 31. 5. 2013 – 1 S 75/12

Tilman Clausen

Das LG Kiel stellt zur Begründung für seine Rechtsauffas-sung, dass freiberuflich tätige Honorarärzte, die auf Ver-anlassung von Krankenhausärzten ärztliche Leistungen innerhalb eines Krankenhauses erbringen, nicht berechtigt sind, diese als wahlärztliche Leistungen abzurechnen, al-lein auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG ab. Honorarärzte, die im Krankenhaus im Rahmen freiberuf-licher Tätigkeit ärztliche Leistungen erbringen, gehören weder zu den angestellten noch zu den beamteten Ärzten des Krankenhauses i. S. von § 17 Abs. 3 KHEntgG. Sie ge-hören auch nicht zu der sog. externen Wahlarztkette, da sie nicht auf Veranlassung der liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses außerhalb, sondern innerhalb des Kran-kenhauses tätig werden. Damit sind Honorarärzte wie der Neurochirurg, der in dem vom LG Kiel entschiedenen Fall privatärztlich tätig geworden ist, nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG von der Abrechnung wahlärzt-licher Leistungen ausgeschlossen.

Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus der Än-derung des § 2 Abs.  1 KHEntgG durch das PsychEntgG zum 1. 1. 2013 1. Dort wird § 2 Abs. 1 KHEntgG dahinge-hend geändert, dass zu den Krankenhausleistungen nach § 1 Abs. 1 KHEntgG ab dem 1. 1. 2013 auch die ärztliche Behandlung gehört, die durch nicht festangestellte Ärzte, d. h. sog. Honorarärzte im Krankenhaus erbracht wird. „Krankenhausleistungen“ ist nach § 2 Abs.  1 KHEntgG der Oberbegriff für allgemeine Krankenhausleistungen, die nach Maßgabe des DRG-Fallpauschalensystems abgerech-net werden, und Wahlleistungen, sodass der Wortlaut der Gesetzesänderung als Indiz dafür gesehen werden könn-te, dass der Gesetzgeber auch Wahlleistungen für Hono-rarärzte freigeben wollte. Gegen diese Sichtweise spricht zunächst die Begründung des Gesetzgebers für die Ände-rung des § 2 Abs. 1 KHEntgG, in der allein darauf abgestellt wird, dass allgemeine Krankenhausleistungen für Hono-rarärzte freigegeben werden sollten 2. Gegen eine Freigabe von Wahlleistungen für Honorarärzte spricht weiterhin der zum 1. 1. 2013 neugeschaffene § 2 Abs. 3 KHEntgG, wo das Krankenhaus verpflichtet wird, sicherzustellen, dass Hono-rarärzte bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleis-tungen für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen An-forderungen erfüllen, die auch für dort festangestellte Ärzte gelten. Wenn es dem Gesetzgeber darum gegangen wäre, auch Wahlleistungen für Honorarärzte freizugeben, hätte es nahegelegen, § 2 Abs. 3 KHEntgG so zu fassen, dass das Krankenhaus verpflichtet wird, auch im Hinblick auf ärzt-liche Wahlleistungen dafür zu sorgen, dass Honorarärzte

Rechtsanwalt Dr. iur. Tilman Clausen, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Plathnerstraße 3A, 30175 Hannover, Deutschland

Rechtsprechung MedR (2014) 32: 33–35 33

1) BT-Dr.  17/9992 v. 13. 6. 2012, S.  10, 29 f.; BR-Dr.  349/12 v. 15. 6. 2012.

2) Vgl. zur Begründung kritisch Clausen, ZMGR 2012, 248 ff.

und im Krankenhaus angestellte Ärzte die gleichen Quali-tätsanforderungen erfüllen. Der Gesetzgeber hat auch aus-drücklich darauf verzichtet, im Rahmen des PsychEntgG § 17 KHEntgG zu ändern, der die Vereinbarung wahlärzt-licher Leistungen regelt, obwohl dies von Seiten der Bun-desärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und von Krankenhausseite gefordert worden war, um die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärz-te zu ermöglichen 3. Eine Absicht des Gesetzgebers, die Er-bringung wahlärztlicher Leistungen auch für Honorarärzte freizugeben, bestand somit erkennbar nicht.

Wenn man § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG so versteht, dass das Wort „außerhalb“ nicht darauf abstellt, wo Ärzte und ärzt-lich geleitete Einrichtungen auf Veranlassung der liquida-tionsberechtigten Krankenhausärzte tätig werden, sondern darauf, dass diejenigen Ärzte und ärztlich geleiteten Ein-richtungen, die auf Veranlassung der liquidationsberech-tigten Krankenhausärzte tätig werden, weder zu den ange-stellten noch zu den beamteten Ärzten des Krankenhauses gehören, ergibt sich keine andere Beurteilung des Rechts-streits, da der Neurochirurg, der im vorliegenden Fall den Beklagten operiert hat, erkennbar nicht „auf Veranlassung“ eines der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte tätig geworden ist. Zunächst einmal erscheint es zweifelhaft, ob der Oberarzt, der den Beklagten in die Gemeinschaftspra-xis des Neurochirurgen geschickt hat, überhaupt über ein Liquidationsrecht verfügt; zumindest ist das LG Kiel dem nicht weiter nachgegangen. In jedem Fall liegt keine „Ver-anlassung“ i. S. des § 17 Abs.  3 S.  1 KHEntgG vor. Eine Veranlassung i. S. dieser Vorschrift setzt mehr voraus, als einen Patienten aufgrund eines Kooperationsvertrages mit dem Krankenhausträger in die Praxis eines externen Arztes zu schicken, ohne diesen zuvor zu untersuchen und sich ein eigenes Bild vom Gesundheitszustand des Patienten zu verschaffen 4. Dies ergibt sich schon aus Sinn und Zweck der Vorschrift. § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG mit der Möglichkeit, dass Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses auf Veranlassung der liquidationsbe-rechtigten Ärzte des Krankenhauses wahlärztliche Leistun-gen erbringen und abrechnen können, korrespondiert mit der Vorschrift des § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG, wonach zu den allgemeinen Krankenhausleistungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter gehören. Bei-de Regelungen finden sich bereits in den Vorläuferregelun-gen dieser Vorschriften, den §§ 2 Abs. 2 Nr. 2 und 22 Abs. 3 S. 1 BPflV, und wurden somit zu einem Zeitpunkt in das Gesetz aufgenommen, in dem niedergelassenen Ärzten die gleichzeitige Tätigkeit in eigener Praxis und im Kranken-haus durch die Fassung des § 20 Ärzte-ZV vor Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes grundsätzlich ver-wehrt war. Sinn und Zweck der §§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 und 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG war somit historisch gesehen, dem Krankenhausträger die Möglichkeit zu verschaffen, ärztli-che Leistungen auch von außerhalb des Krankenhauses ein-zukaufen, die nicht vom Versorgungsauftrag des Kranken-hauses umfasst, im Einzelfall aber medizinisch notwendig waren, damit der Patient eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung erhält. Bei Wahlleistungspa-tienten setzt die Veranlassung der Tätigkeit von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Kranken-hauses deshalb zunächst einmal voraus, dass die liquidati-onsberechtigten Krankenhausärzte den Patienten untersu-chen und aufgrund dieser Untersuchung zu dem Ergebnis kommen, dass die Hinzuziehung weiterer Ärzte außerhalb des Krankenhauses medizinisch indiziert ist. Der Arzt, der einen Patienten zu einem anderen Arzt schickt, ohne sich zuvor davon überzeugt zu haben, ob dies überhaupt medi-zinisch notwendig ist, indem er den Patienten untersucht und eine Diagnose stellt, verhält sich zudem möglicherwei-se auch berufsrechtswidrig. So erscheint es mit dem Gebot, den ärztlichen Beruf gewissenhaft auszuüben (§ 2 Abs.  2

MBO), nicht unbedingt vereinbar. einen Patienten zu ei-nem anderen Arzt zu schicken, ohne ihn zuvor untersucht zu haben. Gleiches gilt für das Gebot der gewissenhaften Versorgung mit geeigneten Untersuchungs- und Behand-lungsmethoden (§ 11 Abs. 1 MBO).

Nach Auffassung des LG Kiel ist § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG zwingendes Recht, sodass keine Möglichkeit besteht, durch Kooperationsverträge mit niedergelassenen Ärzten, die als Honorarärzte im Krankenhaus tätig werden, die Wahl-arztkette um diese Honorarärzte zu erweitern. Begründet wird dies damit, dass § 17 KHEntgG ein Verbotsgesetz sei. Die Auffassung des LG Kiel, dass die Wahlarztkette in § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG nicht um Honorarärzte ergänzt wer-den kann, die freiberuflich im Krankenhaus wahlärztliche Leistungen erbringen, ist im Ergebnis richtig, in der Be-gründung jedoch nicht überzeugend. Die Tatsache, dass § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG als Schutzgesetz zugunsten des Wahlleistungspatienten angesehen werden muss, ergibt sich bereits aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Norm führt im Ergebnis zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit des Patienten. Die wahlärztlichen Leistungen gibt es nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Paket, worauf in der Wahlleistungsvereinbarung hinzuweisen ist 5. Der Privatpa-tient kann eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistun-gen somit nicht auf einzelne Wahlärzte beschränken. Diese Einschränkung der Vertragsfreiheit bedarf einer gesetzli-chen Regelung, die sich in § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG fin-det. Eine Ausweitung der Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf Kooperationsverträge, die das Krankenhaus mit Honorarärzten schließt, oder durch die Aufnahme von Honorarärzten in die Wahlleistungsvereinbarung würde die Vertragsfreiheit des Patienten weiter einschränken, ohne dass hier eine gesetzliche Regelung existiert, die dafür einen gesetzlichen Rahmen schafft. Ohne einen solchen gesetzli-chen Rahmen steht es im Belieben der Krankenhäuser, mit welchen Honorarärzten sie Kooperationsverträge schließen bzw. welche Honorarärzte sie zusätzlich in die Wahlleis-tungsvereinbarung mit aufnehmen, um die Wahlarztkette zu erweitern, ohne dass der Patient darauf Einfluss nehmen kann 6. Von zwingenden Bestimmungen des KHEntgG wie der Vorschrift des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG kann somit allenfalls im Rahmen einer individuellen Vereinbarung ab-gewichen werden, die dem Patienten die Möglichkeit offen lässt, den Inhalt der Vereinbarung mitzubestimmen 7. Gegen die beliebige Ausweitung der Wahlarztkette in § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG spricht auch Sinn und Zweck einer Verein-barung über wahlärztliche Leistungen. Nach § 17 Abs. 1 S. 1 KHEntgG sind wahlärztliche Leistungen andere als die all-gemeinen Krankenhausleistungen. Die allgemeinen Kran-kenhausleistungen beinhalten bereits ärztliche Leistungen auf Facharztstandard. Vereinbart der Patient darüber hinaus ärztliche Wahlleistungen, so schließt er mit dem Kranken-hausträger den Wahlleistungsvertrag im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizi-nische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung

Rechtsprechung34 MedR (2014) 32: 33–35

3) Stellungnahme der Bundesärztekammer v. 16. 4. 2012 zum Ge-setzentwurf der Bundesregierung zur Einführung eines pauscha-lierten Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen, BT-Dr. 17/8986, S. 4; Stellungnahme der Kassen-ärztlichen Bundesvereinigung zum Gesetz zur Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems für psychiatrische und psychosoma-tische Einrichtungen (BT-Dr. 17/8986 v. 23. 4. 2012, S. 5).

4) So wohl Bender, GesR 2013, 449, 450 m. w. N. 5) So auch Bender, in: HK/AKM, Stand: 2013, Wahlleistungen,

Rdnr. 156.6) So im Ergebnis OLG Stuttgart, Urt. v. 17. 1. 2002 – 2 U 147/01 –,

juris; LG Heidelberg, Urt. v. 21. 12. 2012 – 3 S 16/12 –, juris.7) So in anderem Zusammenhang BGH, Urt. v. 20. 12. 2007 – III

ZR 144/07 –.

eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will 8. Der Patient entscheidet sich somit bei der Vereinba-rung wahlärztlicher Leistungen für Ärzte, die mehr als Facharztstandard verkörpern, für den er bereits mit den all-gemeinen Krankenhausleistungen bezahlt. Niedergelassene Ärzte, die als Honorarärzte im Krankenhaus tätig werden, verkörpern grundsätzlich nicht mehr als Facharztstandard, sodass eine formularmäßige Ausweitung der Wahlarztkette auf diese Ärzte mit Sinn und Zweck der Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen nicht vereinbar ist.

 

Verpflichtung eines Chefarztes zur Unterlassung von Wettbewerb

BGB §§ 611, 626 Abs. 2; HGB § 60 Abs. 1

1. Wenn die Vereinbarung zwischen einem Kranken-haus und seinem Chefarzt endet, wonach ihm gestat-tet war, neben seiner Tätigkeit als Chefarzt eine Ver-tragsarztpraxis zu betreiben, verhält sich der Chefarzt wettbewerbswidrig, wenn er die Vertragsarztpraxis gleichwohl fortführt und versucht, bei überweisungs-gebundenen Leistungen Kunden dazu zu bewegen, zu-künftig seine Vertragsarztpraxis statt dem Kranken-haus zu beauftragen.

2. Während des Arbeitsverhältnisses begangene Wettbewerbsverstöße eines Chefarztes gegenüber sei-ner Arbeitgeberin sind geeignet, eine fristlose Kündi-gung des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Er-teilung einer Abmahnung zu rechtfertigen. (Leitsätze der Bearbeiterin)LAG Bad.-Württ., Urt. v. 17. 10. 2012 – 20 Sa 94/11 (ArbG Reutlingen)

Problemstellung: Die Arbeitnehmereigenschaft von angestellten Chefärzten führt immer dann zu Pro-blemen, wenn diese meinen, aufgrund ihrer Sonderstel-lung Vorrechte für sich in Anspruch nehmen zu können, die einem Arbeitnehmer grundsätzlich versagt sind.

Verstößt ein Chefarzt gegen arbeitsvertragliche Pflichten, stellt sich auch bei ihm die Frage, ob der Aus-spruch einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnis-ses ohne eine vorherige einschlägige Abmahnung als das schärfste Mittel der arbeitsrechtlichen Sanktion zulässig ist oder ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das mildere Mittel der Abmahnung ausge-reicht hätte, ein solches Fehlverhalten zu sanktionieren.

In den neueren Entscheidungen der arbeitsgerichtli-chen Obergerichte ist eine Tendenz erkennbar, wonach nur bei ganz massiven Verstößen des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zulässig ist, ohne dass der Arbeitnehmer bereits einschlägig abgemahnt gewesen wäre.

Zunächst das ArbG und dann das LAG mussten sich zusätzlich mit der Frage auseinandersetzen, ob der Aus-spruch einer fristlosen Kündigung eines Chefarztes unter Abwägung beiderseitiger Interessen auch dann rechtens

ist, wenn der Chefarzt ohnehin acht Monate nach Aus-spruch der fristlosen Kündigung wegen Erreichens der Altersgrenze aus dem Arbeitsleben ausgeschieden wäre.

Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen ArbG sah das LAG in dem Verhalten des Chefarztes einen dermaßen gravierenden Verstoß gegen seine arbeits-vertraglichen Pflichten, dass es alle aufgeworfenen, den Einzelfall betreffenden Rechtsfragen zulasten des Chef-arztes wertete und die ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch unter Berück-sichtigung der noch sehr kurzen Restlaufzeit des Ar-beitsvertrags für gerechtfertigt erachtete und die Klinik darüber hinaus nicht darauf verwies, statt der fristlosen Kündigung eine Abmahnung auszusprechen.

Dieses Urteil ist ganz speziell für Chefärzte von gro-ßem Interesse, die aufgrund einer Sondervereinbarung neben ihrer Tätigkeit als Arbeitnehmer in eigener Pra-xis tätig werden dürfen, wenn in Ausgestaltung dieser vertraglichen Tätigkeit eine Wettbewerbstätigkeit des Chefarztes genehmigt ist, da sie bei Beendigung der Son-dervereinbarung Gefahr laufen, sich wettbewerbswidrig zu verhalten mit der möglichen Folge des Verlusts des Arbeitsplatzes und des Wegfalls von Vergütungs- und Liquidationsansprüchen.

Zum Sachverhalt: Der 64-Jährige Kl. erstritt 1997 beim BSG die Möglichkeit, neben seiner Tätigkeit als angestellter Chefarzt im Fachbereich Pathologie auf Grund eines mit der Klinik geschlosse-nen Nutzungs- und Kooperationsvertrags mit 50 % seiner Arbeits-kraft eine Vertragsarztpraxis zu betreiben, die in einem räumlich getrennten Bereich auf dem Gelände der Klinik installiert worden war.

Im Rahmen seiner Tätigkeit als Chefarzt war ihm darüber hi-naus das Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen eingeräumt worden.

In Erfüllung des zwischen der Klinik und dem Chefarzt getrof-fenen Nutzungs- und Kooperationsvertrages war es dem Chefarzt gestattet, auch externe Gewebeproben, die von ambulanten Leis-tungserbringern eingesandt wurden, nicht im Institut für Pathologie der Klinik, sondern in seiner Vertragsarztpraxis zu begutachten und abzurechnen.

Die stationär entnommenen Gewebeproben externer Leistungser-bringer wurden im Institut für Pathologie der Klinik unter der Leitung des Chefarztes begutachtet und wurden von der Klinik abgerechnet.

Ende 2007 kam es zu Differenzen zwischen dem Chefarzt und der Klinik, weil dieser die von ihm betriebene Vertragsarztpraxis zum 1. 1. 2008 in ein Gebäude außerhalb des Klinikums verlegte und deswegen den bestehenden Nutzungs- und Kooperationsvertrag teil-weise kündigte, soweit er den Betrieb der Vertragsarztpraxis auf dem Klinikgelände beinhaltete.

Die Klinik hielt die Teilkündigung des Nutzungs- und Koope-rationsvertrags für unzulässig und forderte den Chefarzt auf, den Vertrag wie bisher zu erfüllen. Nachdem der Chefarzt dies ablehnte und ab 1. 1. 2008 die Vertragsarztpraxis außerhalb des Klinikgeländes betrieb, kündigte die Klinik den zwischen ihr und dem Chefarzt bestehenden Kooperations- und Nutzungsvertrag im Februar 2008 fristlos aus wichtigem Grund. Dies veranlasste den Chefarzt zu der Feststellung, dass er nunmehr wieder zu 100 % Arbeitnehmer des Klinikums sei, weshalb er die sich hieraus ergebende zweite Hälfte seiner Chefarztvergütung forderte.

Um die mit dem Chefarzt bestehenden Differenzen nicht eska-lieren zu lassen, die sich auch daraus ergaben, dass der Chefarzt die Qualität der ihm unterstellten Mitarbeiter des Instituts für Pathologie massiv bemängelte, wurde der Chefarzt im April 2008 veranlasst, zu-nächst seine in erheblichem Umfang angelaufenen Urlaubsansprüche zu nehmen.

Während des Urlaubs des Chefarztes gingen von einem Tag auf den anderen keine Einsendungen entnommener Gewebeproben von den umliegenden Kliniken als externe Beschicker am Institut für Pathologie der Klinik mehr ein. Bei Überprüfung des Sachverhalts wurde festgestellt, dass der Chefarzt bei den verantwortlichen Ärz-ten der umliegenden Kliniken, die bislang die entnommenen Proben dem Institut für Pathologie der Klinik zur Begutachtung übersandt hatten, vorstellig geworden war, diese über die seiner Auffassung nach unhaltbaren Zustände im Klinikum informiert und sie veran-

Bearbeitet von Rechtsanwältin Dr. iur. Ulrike Brucklacher, Fachanwältin für Medizinrecht, und Rechtsanwalt Michael Hubberten, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Insolvenzrecht, VOELKER & Partner, Am Echazufer 24, 72764 Reutlingen, Deutschland

Rechtsprechung MedR (2014) 32: 35–39 35

8) BGH, Urt. v. 20. 12. 2007 – III ZR 144/07  –, juris, Rdnr.  7 m. w. N.