2
Unabhängig davon, ob und ggf. welche Befristungen hier für die einzelnen Einsätze von Anfang an wirksam verein- bart waren, erfolgten die streitgegenständlichen tageweisen Tätigkeiten hier aber auf der Grundlage eines Rahmen- vertrags und beinhalteten im Wesentlichen gleichbleibende Aufgaben, die der Kl. jeweils bei der Beigeladenen zu 1, in einem monatlichen Mindestumfang und überwiegend an einem bestimmten Wochentag ausgeübt hat. Damit handelt es sich nicht mehr um eine – atypische – unständige Be- schäftigung, sondern um eine auf unbestimmte Dauer an- gelegte Teilzeitarbeit. Denn die unständige Beschäftigung setzt ihrem Wesen nach zufällige, nicht vorhersehbare kur- ze Zeit dauernde Beschäftigungen voraus und liegt dann nicht mehr vor, wenn es sich, wie hier, um Tätigkeiten handelt, die sich vereinbarungsgemäß in regelmäßigen Ab- ständen wiederholen (vgl. BSG, Urt. v. 21. 1. 1987 – 7 Rar 44/85 –, juris). Die Vertragsparteien wollten nach der Gestaltung des schriftlichen Rahmenvertrags zwar eindeutig konkrete Verpflichtungen immer erst mit der Annahme einer Auf- tragsanfrage begründen. Die Beigeladene zu 1 und der Kl. haben hierzu vorgetragen, dass er jeweils auf Anfrage tätig geworden ist, sich in den Zwischenzeiten nicht habe abruf- bereit halten müssen und Aufträge habe ablehnen können. Tatsächlich erfolgten die Einsätze jeweils für einen oder zwei Tage für 7,25 bis 9,5 Stunden pro Tag sowie für 16,5 bis 24,5 Stunden im Rahmen des Bereitschaftsdienstes, wobei auffällt, dass der Kl. – mit wenigen Ausnahmen – regelmäßig dienstags für die Beigeladene, meist insgesamt an fünf Tagen höchstens jedoch an acht Tagen im Monat tätig war. Schon die Tatsache, dass ein Rahmenvertrag ge- schlossen wurde, lässt die Absicht einer längerfristigen und wiederkehrenden Zusammenarbeit erkennen, deren tat- sächliche Regelmäßigkeit nicht auf Zufall beruhen kann. Auch der gleichmäßige zeitliche Umfang und die regelmä- ßige Inanspruchnahme am Dienstag sprechen dagegen, dass die Beigeladene zu 1 den Kl. jeweils nach ihrem Belieben beauftragt hat und dieser in jedem Einzelfall die Übernah- me eines Auftrages hatte ablehnen können. Vielmehr ist aufgrund des Musters der tatsächlichen Inanspruchnahmen festzustellen, dass hier aufgrund von Absprachen – abwei- chend vom vorgelegten schriftlichen Rahmenvertrag – eine Teilzeitarbeit mit regelmäßigen Tagesdiensten an vier oder fünf Tagen im Monat – in der Regel an den Dienstagen – und ab Juli 2008 mit zusätzlichen Bereitschaftsdiensten an einem oder zwei Tagen im Monat ausgeübt worden ist. 2. Kranken- und Pflegeversicherung Die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetz- lichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ist dage- gen rechtmäßig. Der Kl. war als Beschäftigter pflichtver- sichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Daraus folgt zugleich, dass er der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB XI) unterlag. Aus dem oben Dargelegten ergibt sich, dass der Kl. als nicht niedergelassener Hono- rararzt nicht als hauptberuflich Selbständiger i. S. des § 5 Abs. 5 SGB V angesehen werden kann. Ob er gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei war, kann im Statusverfahren, jedenfalls soweit dem Ren- tenversicherungsträger – auch mangels Rentenversiche- rungspflicht – kein weiteres Arbeitsentgelt gemeldet wurde, nur auf die jeweils zu prüfende Beschäftigung beschränkt festgestellt werden. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind versi- cherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander fol- genden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Das Jahresarbeitsentgelt des Kl., der vor Aufnahme der Tätigkeit als Honorararzt bei der Beigeladenen zu 2 we- gen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze freiwillig und im streitgegenständlichen Zeitraum als Selbständiger kran- kenversichert war, allein aus der streitgegenständlichen Be- schäftigung überschritt die jeweilige Jahresarbeitsentgelt- grenze nicht. Dies hat die Bekl. […] zutreffend dargelegt. DOI: 10.1007/s00350-014-3682-7 Anmerkung zu LSG Bad.-Württ., Urt. v. 17. 4. 2013 – L 5 R 3755/11 (SG Mannheim) Tilman Clausen Die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 17. 4. 2013, die das Vertragsverhältnis zwischen dem Klä- ger und dem beigeladenen Krankenhaus als Vertrag über abhängige Beschäftigung einstuft, ist im Ergebnis richtig, die Begründung bedarf jedoch der Kritik. Aus dem Ho- norararztvertrag, der im Urteil auszugsweise zitiert wird, ergibt sich zunächst, dass der Kläger während seiner Tä- tigkeit für das beigeladene Krankenhaus in dessen Betrieb eingegliedert war. Wenn man sich auf einen Einsatz des Klägers verständigt hatte, bestimmte das Krankenhaus und nicht der Kläger Zeit, Dauer, Art und Ort der Tätigkeit des Klägers. Der Kläger erhielt durch das Krankenhaus Auf- träge aus dem Bereich seines Fachgebiets angeboten, die er annehmen oder ablehnen konnte. Wenn er sie annahm, erfolgte die Auftragsabwicklung in der Arbeitsorganisati- on des Krankenhauses. Der Kläger hatte nicht die Mög- lichkeit, beispielsweise zwischen einer Tätigkeit in unter- schiedlichen Operationssälen zu wählen 1 . Die Vergütung des Klägers im Rahmen seines Honorar- arztvertrages mit dem beigeladenen Krankenhaus erfolgte auf der Basis von Stundensätzen. Ein für die Selbstständig- keit des Klägers sprechendes Unternehmerrisiko lag somit auch insoweit nicht vor. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsat- zes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Damit korrespondieren müssen größere Freiheiten in der Gestaltung oder der Bindung des Umfangs beim Ein- satz der eigenen Arbeitskraft, um insgesamt zu einem un- ternehmerischen Risiko zu kommen, das auf selbstständige Tätigkeit hinweist 2 . Nicht erkennbar ist, dass der Kläger gegenüber den Patienten des beigeladenen Krankenhau- ses erkennbar als selbstständiger Arzt aufgetreten ist, die Patienten also überhaupt realisiert haben, dass hier eine Behandlung durch Fremdpersonal erfolgt ist, sodass auch dies nicht als Indiz für selbstständige Tätigkeit herangezo- gen werden kann 3 . Die Tatsache, dass der Kläger nicht nur für das beigeladene Krankenhaus, sondern daneben noch für andere Auftraggeber als Honorararzt in dem durch das LSG Baden-Württemberg zu beurteilenden Zeitraum tä- tig gewesen ist, dürfte im Rahmen der Statusfeststellung ohne Bedeutung sein. Auch Arbeitnehmer können dane- ben selbstständig tätig sein. Die Versicherungspflicht aus einer bestimmten Beschäftigung wird nicht dadurch be- Rechtsanwalt Dr. iur. Tilman Clausen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht, Plathnerstraße 3A, 30175 Hannover, Deutschland Rechtsprechung MedR (2014) 32: 201–202 201 1) Dann möglicherweise freiberufliche Tätigkeit (so SG Berlin, Urt. v. 10. 2. 2012 – S 208 KR 102/09 –, juris). 2) BSG, Urt. v. 28. 9. 2011 – B 12 R 17/09 ER –, juris, Rdnr. 25; Urt. v. 28. 5. 2008 – B 12 KR 13/07 R –, juris, Rdnr. 27. 3) Indiz für selbstständige Tätigkeit bei Physiotherapeuten in größe- ren Einrichtungen, LSG Nieders.-Bremen, Beschl. v. 4. 5. 2011 – L 1 KR 11/11 B ER –, juris, Rdnr. 77.

Anmerkung zu LSG Bad.-Württ., Urt. v. 17.4.2013 – L 5 R 3755/11 (SG Mannheim)

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Page 1: Anmerkung zu LSG Bad.-Württ., Urt. v. 17.4.2013 – L 5 R 3755/11 (SG Mannheim)

Unabhängig davon, ob und ggf. welche Befristungen hier für die einzelnen Einsätze von Anfang an wirksam verein-bart waren, erfolgten die streitgegenständlichen tageweisen Tätigkeiten hier aber auf der Grundlage eines Rahmen-vertrags und beinhalteten im Wesentlichen gleichbleibende Aufgaben, die der Kl. jeweils bei der Beigeladenen zu 1, in einem monatlichen Mindestumfang und überwiegend an einem bestimmten Wochentag ausgeübt hat. Damit handelt es sich nicht mehr um eine – atypische – unständige Be-schäftigung, sondern um eine auf unbestimmte Dauer an-gelegte Teilzeitarbeit. Denn die unständige Beschäftigung setzt ihrem Wesen nach zufällige, nicht vorhersehbare kur-ze Zeit dauernde Beschäftigungen voraus und liegt dann nicht mehr vor, wenn es sich, wie hier, um Tätigkeiten handelt, die sich vereinbarungsgemäß in regelmäßigen Ab-ständen wiederholen (vgl. BSG, Urt. v. 21. 1. 1987 – 7 Rar 44/85 –, juris).

Die Vertragsparteien wollten nach der Gestaltung des schriftlichen Rahmenvertrags zwar eindeutig konkrete Verpflichtungen immer erst mit der Annahme einer Auf-tragsanfrage begründen. Die Beigeladene zu 1 und der Kl. haben hierzu vorgetragen, dass er jeweils auf Anfrage tätig geworden ist, sich in den Zwischenzeiten nicht habe abruf-bereit halten müssen und Aufträge habe ablehnen können. Tatsächlich erfolgten die Einsätze jeweils für einen oder zwei Tage für 7,25 bis 9,5 Stunden pro Tag sowie für 16,5 bis 24,5 Stunden im Rahmen des Bereitschaftsdienstes, wobei auffällt, dass der Kl. – mit wenigen Ausnahmen – regelmäßig dienstags für die Beigeladene, meist insgesamt an fünf Tagen höchstens jedoch an acht Tagen im Monat tätig war. Schon die Tatsache, dass ein Rahmenvertrag ge-schlossen wurde, lässt die Absicht einer längerfristigen und wiederkehrenden Zusammenarbeit erkennen, deren tat-sächliche Regelmäßigkeit nicht auf Zufall beruhen kann. Auch der gleichmäßige zeitliche Umfang und die regelmä-ßige Inanspruchnahme am Dienstag sprechen dagegen, dass die Beigeladene zu 1 den Kl. jeweils nach ihrem Belieben beauftragt hat und dieser in jedem Einzelfall die Übernah-me eines Auftrages hatte ablehnen können. Vielmehr ist aufgrund des Musters der tatsächlichen Inanspruchnahmen festzustellen, dass hier aufgrund von Absprachen – abwei-chend vom vorgelegten schriftlichen Rahmenvertrag – eine Teilzeitarbeit mit regelmäßigen Tagesdiensten an vier oder fünf Tagen im Monat – in der Regel an den Dienstagen – und ab Juli 2008 mit zusätzlichen Bereitschaftsdiensten an einem oder zwei Tagen im Monat ausgeübt worden ist.

2. Kranken- und PflegeversicherungDie Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetz-

lichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ist dage-gen rechtmäßig. Der Kl. war als Beschäftigter pflichtver-sichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Daraus folgt zugleich, dass er der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB XI) unterlag. Aus dem oben Dargelegten ergibt sich, dass der Kl. als nicht niedergelassener Hono-rararzt nicht als hauptberuflich Selbständiger i. S. des § 5 Abs. 5 SGB V angesehen werden kann.

Ob er gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei war, kann im Statusverfahren, jedenfalls soweit dem Ren-tenversicherungsträger – auch mangels Rentenversiche-rungspflicht – kein weiteres Arbeitsentgelt gemeldet wurde, nur auf die jeweils zu prüfende Beschäftigung beschränkt festgestellt werden. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind versi-cherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander fol-genden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt.

Das Jahresarbeitsentgelt des Kl., der vor Aufnahme der Tätigkeit als Honorararzt bei der Beigeladenen zu 2 we-

gen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze freiwillig und im streitgegenständlichen Zeitraum als Selbständiger kran-kenversichert war, allein aus der streitgegenständlichen Be-schäftigung überschritt die jeweilige Jahresarbeitsentgelt-grenze nicht. Dies hat die Bekl. […] zutreffend dargelegt.

DOI: 10.1007/s00350-014-3682-7

Anmerkung zu LSG Bad.-Württ., Urt. v. 17. 4. 2013 – L 5 R 3755/11 (SG Mannheim)

Tilman Clausen

Die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 17. 4. 2013, die das Vertragsverhältnis zwischen dem Klä-ger und dem beigeladenen Krankenhaus als Vertrag über abhängige Beschäftigung einstuft, ist im Ergebnis richtig, die Begründung bedarf jedoch der Kritik. Aus dem Ho-norararztvertrag, der im Urteil auszugsweise zitiert wird, ergibt sich zunächst, dass der Kläger während seiner Tä-tigkeit für das beigeladene Krankenhaus in dessen Betrieb eingegliedert war. Wenn man sich auf einen Einsatz des Klägers verständigt hatte, bestimmte das Krankenhaus und nicht der Kläger Zeit, Dauer, Art und Ort der Tätigkeit des Klägers. Der Kläger erhielt durch das Krankenhaus Auf-träge aus dem Bereich seines Fachgebiets angeboten, die er annehmen oder ablehnen konnte. Wenn er sie annahm, erfolgte die Auftragsabwicklung in der Arbeitsorganisati-on des Krankenhauses. Der Kläger hatte nicht die Mög-lichkeit, beispielsweise zwischen einer Tätigkeit in unter-schiedlichen Operationssälen zu wählen 1.

Die Vergütung des Klägers im Rahmen seines Honorar-arztvertrages mit dem beigeladenen Krankenhaus erfolgte auf der Basis von Stundensätzen. Ein für die Selbstständig-keit des Klägers sprechendes Unternehmerrisiko lag somit auch insoweit nicht vor. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsat-zes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Damit korrespondieren müssen größere Freiheiten in der Gestaltung oder der Bindung des Umfangs beim Ein-satz der eigenen Arbeitskraft, um insgesamt zu einem un-ternehmerischen Risiko zu kommen, das auf selbstständige Tätigkeit hinweist 2. Nicht erkennbar ist, dass der Kläger gegenüber den Patienten des beigeladenen Krankenhau-ses erkennbar als selbstständiger Arzt aufgetreten ist, die Patienten also überhaupt realisiert haben, dass hier eine Behandlung durch Fremdpersonal erfolgt ist, sodass auch dies nicht als Indiz für selbstständige Tätigkeit herangezo-gen werden kann 3. Die Tatsache, dass der Kläger nicht nur für das beigeladene Krankenhaus, sondern daneben noch für andere Auftraggeber als Honorararzt in dem durch das LSG Baden-Württemberg zu beurteilenden Zeitraum tä-tig gewesen ist, dürfte im Rahmen der Statusfeststellung ohne Bedeutung sein. Auch Arbeitnehmer können dane-ben selbstständig tätig sein. Die Versicherungspflicht aus einer bestimmten Beschäftigung wird nicht dadurch be-

Rechtsanwalt Dr. iur. Tilman Clausen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht, Plathnerstraße 3A, 30175 Hannover, Deutschland

Rechtsprechung MedR (2014) 32: 201–202 201

1) Dann möglicherweise freiberufliche Tätigkeit (so SG Berlin, Urt. v. 10. 2. 2012 – S 208 KR 102/09 –, juris).

2) BSG, Urt. v. 28. 9. 2011 – B 12 R 17/09 ER –, juris, Rdnr. 25; Urt. v. 28. 5. 2008 – B 12 KR 13/07 R –, juris, Rdnr. 27.

3) Indiz für selbstständige Tätigkeit bei Physiotherapeuten in größe-ren Einrichtungen, LSG Nieders.-Bremen, Beschl. v. 4. 5. 2011 – L 1 KR 11/11 B ER –, juris, Rdnr. 77.

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rührt, dass daneben weitere versicherungspflichtige oder selbstständige Tätigkeiten ausgeübt werden. Das Sozialver-sicherungsrecht lässt eine parallele Ausübung von sozial-versicherungspflichtigen abhängigen und selbstständigen Tätigkeiten zu, wie sich beispielsweise aus § 16 SGB IV er-gibt 4. Die Tatsache, dass der Kläger nach seinem Honorar-arztvertrag mit dem beigeladenen Krankenhaus verpflichtet war, eine eigene Haftpflichtversicherung zu unterhalten, ist zwar als Kennzeichen für selbstständige Tätigkeit anzuse-hen, dem gegenüber aber zu vernachlässigen, nachdem das BSG in ständiger Rechtsprechung auf das Gesamtbild der Tätigkeit abstellt.

Das LSG Baden-Württemberg begründet seine Auffas-sung, dass im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem beigeladenen Krankenhaus von abhängiger Beschäftigung auszugehen sei, damit, dass dem Kläger Leistungen gem. dem Berufsfeld eines Facharztes für Anästhesiologie in rechtlich zulässiger Weise nur im Rahmen eines Beschäf-tigungsverhältnisses hätten übertragen werden dürfen. Die Berechtigung eines Arztes zur stationären Behandlung von Krankenhauspatienten in einem Krankenhaus als allgemei-ne Krankenhausleistung setze in der Regel die abhängige Beschäftigung in diesem Krankenhaus voraus. Als Ausnah-me komme für die stationäre Tätigkeit im Krankenhaus nur die Kooperation mit niedergelassenen Ärzten und für die ambulante Tätigkeit im Krankenhaus nur die Kooperation mit niedergelassenen Vertragsärzten in Betracht. Das LSG Baden-Württemberg verweist zur Begründung für seine Rechtsauffassung auf die Niederlassung als berufsrechtliche Voraussetzung der freiberuflichen Ausübung des Arztbe-rufs, die mit höherrangigem Recht vereinbar sei und die einer Tätigkeit von Honorarärzten im Krankenhaus ent-gegenstehe, die wie der Kläger nicht niedergelassen seien.

Dieser Rechtsauffassung des Gerichts kann so nicht ge-folgt werden. Streitgegenstand des Verfahrens war die Frage, welchen Status der Kläger während der Laufzeit des Hono-rararztvertrages in dem beigeladenen Krankenhaus zwischen dem 1. 6. 2008 und dem 30. 4. 2009 gehabt hat. Diese Frage muss unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und freiberuflicher Tätigkeit so beantwortet werden, dass der Kläger in diesem Zeitraum einer abhängigen Beschäftigung nachgegangen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es auch folgerichtig, dass eine Revision gegen die Entscheidung des LSG nicht eingelegt oder zunächst eingelegt und dann zu-rückgenommen worden ist, da das BSG in dieser Hinsicht sicherlich mit anderer Begründung zu keinem anderen Er-gebnis hätte kommen können. Mit dem sozialversicherungs-rechtlichen Status des Klägers nichts zu tun hat die Frage, ob Krankenhäuser berechtigt sind, allgemeine Krankenhausleis-tungen mit Hilfe von im Krankenhaus nicht festangestellten Ärzten zu erbringen und nach Maßgabe des DRG-Fallpau-schalensystems gegenüber den Kostenträgern abzurechnen. Hier wird man zwischen dem Zeitraum bis zum 31. 12. 2012 und jenem ab dem 1. 1. 2013 differenzieren müssen. Das KHEntgG in der bis zum 31. 12. 2012 geltenden Fassung ließ die Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen durch nicht festangestellte Ärzte (die sog. Honorarärzte) nicht zu. Zwar zählt § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG in der bis zum 31. 12. 2012 geltenden Fassung zu den allgemeinen Kranken-hausleistungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leis-tungen Dritter. Diese Fassung des Gesetzes wurde unverän-dert aus der Bundespflegesatzverordnung übernommen und stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des Vertragsarztrechts-änderungsgesetzes in der die gleichzeitige Tätigkeit niederge-lassener Vertragsärzte in eigener Praxis und im Krankenhaus

aufgrund der damals geltenden Fassung des § 20 Ärzte-ZV grundsätzlich nicht zulässig war. Von der Vorschrift wurden deshalb nur solche allgemeinen Krankenhausleistungen er-fasst, die nicht zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses gehörten, gleichzeitig aber medizinisch notwendig waren und deshalb von außerhalb des Krankenhauses eingekauft werden mussten 5. Ab dem 1. 1. 2013 können Krankenhäuser auch allgemeine Krankenhausleistungen, die von Honorarärzten erbracht worden sind, gegenüber den Kostenträgern abrech-nen, nachdem § 2 Abs. 1 KHEntgG durch das PsychEntgG entsprechend geändert worden ist. Für ärztliche Wahlleistun-gen ist dies strittig 6. Nachdem Krankenhäuser in § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V als Einrichtungen definiert werden, die mit Hil-fe von jederzeit verfügbarem Ärztlichem, Pflege-. Funktions- und Medizinisch-Technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfe-leistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, werden Honorar-ärzte gleichwohl auch nach dem 1. 1. 2013 im Krankenhaus nur ergänzende Funktionen wahrnehmen können, da diese Definition des Krankenhauses gerade nicht statusneutral ist. Honorarärzte, die freiberuflich tätig sind, sind nicht jederzeit verfügbar, ansonsten wäre von ihrer abhängigen Beschäfti-gung auszugehen. Insoweit ist dem LSG Baden-Württemberg Recht zu geben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Gesetzesbegründung zum PsychEntgG entnehmen ließe, dass sich die Änderung des § 2 Abs. 1 KHEntgG nur auf solche nicht im Krankenhaus festangestellten Ärzte bezog, die im ambulanten Bereich über eine Niederlassung verfügen Eine solche Absicht des Gesetzgebers ist aus der Gesetzesbegrün-dung nicht zu erkennen.

Auch berufsrechtliche Vorschriften dürften ab dem 1. 1. 2013 einer Beschäftigung von Honorarärzten im Kran-kenhaus, die im ambulanten Bereich nicht niedergelassen sind, nicht entgegenstehen. Dies gilt insbesondere für die Vorschrift des § 17 MBO/BO der Landesärztekammer Ba-den-Württemberg, die ausdrücklich auf den Vorrang ande-rer gesetzlicher Vorschriften verweist.

Auch nach der Änderung des § 2 Abs. 1 KHEntgG durch das PsychEntgG zum 1. 1. 2013 bleibt das Problem für den anwaltlichen Berater, dass derzeit völlig offen ist, wie ein Honorararztvertrag im sozialversicherungsrechtlichen Sin-ne rechtssicher gestaltet werden kann. Honorarärzte wer-den sich regelmäßig in die Arbeitsorganisation des Kran-kenhauses eingliedern müssen, um die von ihnen nach dem Honorararztvertrag geschuldeten ärztlichen Leistungen zu erbringen. Ob Honorarärzte bereit sind, ein unternehmeri-sches Risiko etwa in der Form zu übernehmen, dass verein-bart wird, dass ihre Vergütung ganz oder teilweise entfällt, wenn der Krankenhausträger die abgerechnete DRG-Fallpauschale, aus der der Honorararzt bezahlt werden soll, ganz oder teilweise nicht realisieren kann, erscheint doch sehr zweifelhaft. Über eine eigene Betriebsstätte als Krite-rium für selbstständige Tätigkeit werden Honorarärzte nur verfügen, wenn sie im ambulanten Bereich niedergelassen sind. Bei Ärzten wie dem Kläger wird dies fehlen. Hier bie-tet die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg keine weiterführenden Lösungen.

Rechtsprechung202 MedR (2014) 32: 201–202

4) Ebd., Rdnr. 79.5) Strittig, vgl. hierzu u. a. Schroeder=Printzen, in: Münchener An-

waltshandbuch Medizinrecht, 2. Aufl. 2013, § 10, Rdnr. 67 m. w. N.6) Vgl. hierzu Clausen, in: Münchener Anwaltshandbuch Medizin-

recht, 2. Aufl. 2013, § 7, Rdnrn. 140 ff. m. w. N.