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Ansätze zur Lösung eines regionalen Wasserverteilungsmodells dargestellt am Beispiel Sudan Martin Odening, Göttingen Hans-Joachim Budde, Göttingen 1 Einleitung 1989 wurde mit der Durchführung eines von der UNDP in Auftrag gegebenen Projekts zur Entwicklung eines 'Economic Water Planning Model' (WPM) für den östlichen Sudan begonnen. Die Aufgabe bestand darin, den zuständigen staatlichen Stellen ein computergestütztes Planungsinstrument an die Hand zu geben, um über eine effiziente Nutzung der knappen Ressource Wasser die Voraussetzungen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Regionen im östlichen Sudan zu schaffen. Das Projektteam setzte sich aus inter- nationalen Experten der verschiedensten Fachrichtungen, darunter Hydrologen, Agrarwissenschaftler, Öko- nomen sowie EDV-Spezialisten, zusammen. Aufgrund diverser Schwierigkeiten konnte das WPMnoch nicht in abschließender Weise implementiert werden. Ungeachtet dessen soll über den derzeitigen Stand des Modells berichtet und sollen mögliche Weiterentwicklungen zur Diskussion gestellt werden. Dies mag auch deswegen interessant sein, weil durch die recht flexible und offene Ausgestaltung eine Anwendung des WPMunter verän- derten Rahmenbedingungen denkbar erscheint. Nach einer kurzen Projektbeschreibung wird das Konzept des WPM vorgestellt. Anschließend wird schwerpunktmäßig auf Probleme der Modellbildung und mögliche Lösungs- ansätze eingegangen. 2 Projektbeschreibung Die zu planende Region erstreckt sich beginnend am Roten Meer als ca. 300 km breiter Streifen bis zum südlichen Austritt des Blauen Nils aus dem äthiopischen Hochland und umfaßt etwa 240000 qkm. DasGebiet ist hinsichtlich der Topograghie und der klimatischen Bedingungen sehr heterogen. Neben bewaldeten Flächen dominiert die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens (Ackerbau und Weideland). Ein Teil der ackerbaulich genutzten Fläche wird künstlich bewässert. Die bisher durchgeführten 'Stand-Alone-Bewässerungsprojekte' weisen aufgrund fehlender Koordination und globaler Betrachtungsweise folgende Nachteile auf: - Wasserangebot und -nachfrage stehen auf lokaler Ebene nicht im Gleichgewicht. - Bereitstellung von Wasser an ungeeigneten Orten. (Z.B. an Stellen, ohne ausreichende Nahrungsgrundlage für Vieh mit der Folge von Überweidung und den daraus resultierenden ökologischen Schäden.) - Einrichtung von Bewässerungssystemen, ohne die institutionellen Voraussetzungen für die technische Unterhaltung der Anlagen zu beachten. Mit der Entwicklung des WPM verfolgen UNDP bzw. Regierung die nachstehenden Zielsetzungen: - Steigerung der Information über die gegenwärtige Ressourcenausstattung und -nutzung (insbesondere Wasser) in den betrachteten Regionen. - Erstellen eines Master Plan zur Entwicklung des Wassersektors im östlichen Sudan. Damit sollen die Voraus- setzungen für die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung und den Abbau von Disparitäten der zum Teil unterentwickelten Regionen geschaffen werden. Im einzelnen bedeutet dies: - Die Identifizierung ökonomisch rentabler Projekte im Bereich des Wassermanagements unter Beachtung der lokalen Produktionsmöglichkeiten und der Wassernachfrage. ODENING, BUDDE AGRARINFORMATIK, Bd. 21 167

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Ansätze zur Lösung eines regionalen Wasserverteilungsmodellsdargestellt am Beispiel Sudan

Martin Odening, GöttingenHans-Joachim Budde, Göttingen

1 Einleitung

1989 wurde mit der Durchführung eines von der UNDP in Auftrag gegebenen Projekts zur Entwicklung eines'Economic Water Planning Model' (WPM) für den östlichen Sudan begonnen. Die Aufgabe bestand darin, denzuständigen staatlichen Stellen ein computergestütztes Planungsinstrument an die Hand zu geben, um über eineeffiziente Nutzung der knappen Ressource Wasser die Voraussetzungen für eine positive wirtschaftlicheEntwicklung der ländlichen Regionen im östlichen Sudan zu schaffen. Das Projektteam setzte sich aus inter-nationalen Experten der verschiedensten Fachrichtungen, darunter Hydrologen, Agrarwissenschaftler, Öko-nomen sowie EDV-Spezialisten, zusammen. Aufgrund diverser Schwierigkeiten konnte das WPM noch nicht inabschließender Weise implementiert werden. Ungeachtet dessen soll über den derzeitigen Stand des Modellsberichtet und sollen mögliche Weiterentwicklungen zur Diskussion gestellt werden. Dies mag auch deswegeninteressant sein, weil durch die recht flexible und offene Ausgestaltung eine Anwendung des WPM unter verän-derten Rahmenbedingungen denkbar erscheint. Nach einer kurzen Projektbeschreibung wird das Konzept desWPM vorgestellt. Anschließend wird schwerpunktmäßig auf Probleme der Modellbildung und mögliche Lösungs-ansätze eingegangen.

2 Projektbeschreibung

Die zu planende Region erstreckt sich beginnend am Roten Meer als ca. 300 km breiter Streifen bis zumsüdlichen Austritt des Blauen Nils aus dem äthiopischen Hochland und umfaßt etwa 240000 qkm. Das Gebiet isthinsichtlich der Topograghie und der klimatischen Bedingungen sehr heterogen. Neben bewaldeten Flächendominiert die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens (Ackerbau und Weideland). Ein Teil der ackerbaulichgenutzten Fläche wird künstlich bewässert. Die bisher durchgeführten 'Stand-Alone-Bewässerungsprojekte'weisen aufgrund fehlender Koordination und globaler Betrachtungsweise folgende Nachteile auf:

- Wasserangebot und -nachfrage stehen auf lokaler Ebene nicht im Gleichgewicht.- Bereitstellung von Wasser an ungeeigneten Orten. (Z.B. an Stellen, ohne ausreichende Nahrungsgrundlage

für Vieh mit der Folge von Überweidung und den daraus resultierenden ökologischen Schäden.)- Einrichtung von Bewässerungssystemen, ohne die institutionellen Voraussetzungen für die technische

Unterhaltung der Anlagen zu beachten.

Mit der Entwicklung des WPM verfolgen UNDP bzw. Regierung die nachstehenden Zielsetzungen:

- Steigerung der Information über die gegenwärtige Ressourcenausstattung und -nutzung (insbesondereWasser) in den betrachteten Regionen.

- Erstellen eines Master Plan zur Entwicklung des Wassersektors im östlichen Sudan. Damit sollen die Voraus-setzungen für die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung und den Abbau von Disparitäten der zum Teilunterentwickelten Regionen geschaffen werden.

Im einzelnen bedeutet dies:

- Die Identifizierung ökonomisch rentabler Projekte im Bereich des Wassermanagements unter Beachtung derlokalen Produktionsmöglichkeiten und der Wassernachfrage.

ODENING, BUDDE AGRARINFORMATIK, Bd. 21 167

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- Bewertung der Projekte auch im Hinblick auf andere (z.B. ökologische) Ziele.- Entscheidungsunterstützung bei der Verteilung knapper staatlicher Investitionsmittel auf konkurrierende

Projekte.

Die Installation des WPM soll auf PC-Basis im zuständigen Ministerium erfolgen.

3 Zur Konzeption des WPM

Eine derart komplexe und zunächst schlecht strukturierte Planungsaufgabe läßt sich nur heuristisch auf dem Wegder Problemzerlegung bewältigen. Es wird deshalb nicht der Versuch unternommen, ein monolithisches Modellzu konstruieren1, das alle pfanungsrelevanten Aspekte in sich vereinigt; vielmehr soll ein modular aufgebautesInstrument zur Verfügung gestellt werden, das offen gehalten ist und in Teilen der Spezifikation durch lokaleExperten bedarf. Das Grundkonzept ist in Übersicht 1 dargestellt.

Übersicht 1: Konzept zur Entwicklung eines Water Master Plan'

Datenbank

ModelUParameter

LokaleExperten

LP-Submodell

regionsspezifischeBeschränkungen

Hydrologische

Modelle

LP-Regionalmodell

TechnischeExperten

Konkrete Alternativen

wasserbaulicher

Maßnahmen

Kosten- Nutzen- Analyse,

Mehrkriterielle

Entscheidungsmodelle

Water Master Plan

1 Einen solchen Ansatz wählen z.B. Heady et al. (1972).

168 ODENING, BUDDE

Wesentlicher Bestandteil ist eine Datenbank, die Informationen über Bevölkerung, Flächen, Preise, Ertrags-relationen, Wasserverfügbarkeit und -nachfrage auf kleinräumiger Basis aufnehmen soll. Die kleinste räumlichePlanungseinheit umfaßt dabei etwa 100 qkm. Gespeist wird diese Datenbank durch Erhebungen der amtlichenStatistik, aber auch durch abgeleitete Daten, wie etwa regressionsanalytisch ermittelte mittlere Niederschläge,Daneben besteht eine Verknüpfung zu einem geographischen Informationssystem. Diese Daten fließen in einlineares ökonomisches Optimierungsmodell für eine vorgegebene Region ein. Im Rahmen dieses Ansatzes wirdder Umfang von im wesentlichen landwirtschaftlichen Aktivitäten unter Berücksichtigung der technischen Pro-duktionsbedingungen - insbesondere der Inanspruchnahme von Wasser - und der lokalen Verfügbarkeit knapperProduktionsmittel in ökonomisch sinnvoller Weise bestimmt. Die Zielfunktion des LP besteht in der Maximierungdes Gesamtdeckungsbeitrages aus land- und forstwirtschaftlicher Produktion für die in Teilregionen unter-gliederte Gesamtregion. Die Produktionsverfahren erfassen Pflanzenbau (Getreide, Baumwolle), Tierhaltung (Rin-der, Schafe, Ziegen) und Futterbau sowie Holzproduktion. Die Nebenbedingungen des Modells stellen dieEinhaltung der Produktionsmöglichkeiten (Fläche, Arbeit, Fruchtfolge sowie die Nahrungsmittel- und Wasserver-sorgung einer vorgegebenen Bevölkerung sicher. Das Wasseraufkommen setzt sich aus Oberflächen- undBrunnenwasser zusammen.

Den Verfahrensablauf von der regionalen Abgrenzung bis zur Spezifikation der regionalen Submodelle (modelsetup) sowie den damit verbundenen Datenfluß gibt Übersicht 2 wieder.

Übersicht 2: Programm-Module und Datenfluß

.MODregionale

Submodelle

SUMODEL.FILabgeleiteteKoordinaten

Polygon-File

SUSEL

Regionalisierung

FLOOD

Identifikation der

Planungsregion Matrixgenerator

. LPD

LP-Grund =

modell

C_OUTPUT. FIL

Pixel-File Lösungen

der Teil =modelle

Unter Rückgriff auf die von einem geographischen Informationssystem bereitgestellten Koordinatenwerte wirdzunächst das potentielle Untersuchungsgebiet abgegrenzt, innerhalb dessen nach Vorgabe des Entscheidungs-trägers die Auswahl einer konkreten Planungsregion erfolgen kann. Dieser Region werden anschließend indBase-Dateien vorgehaltene standortbezogene Informationen (z.B. über Anzahl und Ergiebigkeit von Brunnen)zugeordnet. Diese Informationen werden einerseits herangezogen, um eine Unterteilung des Planungsraumesin Subregionen vorzunehmen, und andererseits, um das oben beschriebenen LP-Grundmodell gemäß den lokalenGegebenheiten der Teilregionen zu modifizieren.

AGRARINFORMATIK, Bd. 21 ODENING, BUDDE AGRARINFORMATIK, Bd. 21 169

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Das primäre Ziel dieses Ansatzes besteht darin, über die jeweilige (regionsspezifische) ökonomische Verwertungder Ressource Wasser Hinweise auf eine mögliche Reallokation dieses Faktors zu erhalten. Die im Rahmen desOptimierungsmodells ausgewiesenen Schattenpreise bzw. deren regionale Differenzen oder 'Infeasibilities'aufgrund von Wassermangel bilden hierfür einen Indikator.

Während einerseits die Heterogenität des Planungsraums eine feine räumliche Gliederung erforderlich macht,kann aufgrund der existierenden Wechselwirkungen die Problemlösung nicht auf die isolierte Behandlung vonSubmodellen beschränkt werden. Beispielsweise bestehen zwischen den Teilregionen Güterströme, und - wasin diesem Zusammenhang besonders relevant ist - die Nutzung von Wasser in einer Region ist nicht ohne Einflußauf die Wasserverfügbarkeit zumindest in angrenzenden Gebieten. Aus diesem Grund scheint es geboten, dieSubmodelle unter Berücksichtigung der relevanten Interdependenzen zu einem Regionalmodell zu verknüpfen.Die hierfür benötigten Informationen werden u.a. von einem (noch zu erstellenden) hydrologischen Modell ge-liefert. Das Gesamtmodell weist die für diese Problemklasse typische blockangulare Struktur auf.

Das ökonomisch ausgerichtete Optimierungsmodell dient der Vorbereitung der Alternativengenerierunginsofern, als wirtschaftlich sinnvolle Standorte und Größenordnungen wasserwirtschaftlicher Investitionsprojekteidentifiziert bzw. andere Standorte von der weiteren Betrachung ausgeschlossen werden. Die konkrete Ausge-staltung dieser Maßnahmen (technisch, finanziell, organisatorisch) erfolgt außerhalb des Modells unter Hinzuzie-hung entsprechender Experten. Die Planungsphase schließt ab mit einer Kosten-Nutzen-Analyse der in Fragekommenden Investitionsmaßnahmen. An dieser Stelle können neben der Ausweisung der üblichen Rentabilitäts-kriterien2 auch die geforderten Mehrzielbetrachtungen unter Rückgriff auf geeignete Verfahren (Nutzwert-analyse, Goal-Programming) durchgeführt werden.

4 Probleme

In diesem Abschnitt sollen einige modelltheoretische Probleme angesprochen werden, die die Realisierung desvorgestellten Konzeptes erschweren oder seine Aussage u.U. beeinträchtigen.

4.1 Datenverfügbarkeit

Die z.Z. noch recht mangelhafte Verfügbarkeit von Daten auf kleinräumiger Ebene dürfte das Hauptproblem sein,das einer Implementierung des Modells entgegensteht. Relativ gut erfaßt sind z.B. Bevölkerungszahlen sowieBrunnen und deren Kapazitäten. Dagegen fehlen vielfach Angaben über physische Ertragsrelationen und vorallem ökonomische Daten wie Preise als Voraussetzung zur Bestimmung der Zielfunktionskoeffienten. Hierkönnen nur administrativ durchgeführte Zensen die Gefahr einer Modellfehlspezifikation verhindern helfen.

Wie bereits angedeutet, wird ein Teil der Daten sekundärstatistisch ermittelt bzw. geschätzt, so z.B. die jährlicheNiederschlagsmenge als eine Komponente des Wasserangebotes. Hier kommt erschwerend die Variabilitätdieser Größe hinzu. Von durchschnittlichen Niederschlagsmengen auszugehen, wäre zu optimistisch. Aus diesemGrund wird ein stochastischer Ansatz im Sinne des Chance-Constrained-Programming vorzuziehen sein, bei demunsichere Modellparameter durch Quantile ihrer Verteilungsfunktion ersetzt werden. Solange nur 'Rechte-Seite-Werte' betroffen sind, bleibt die lineare Modellstruktur erhalten.

4.2 Zielfunktion des Optimierungsansatzes

Im Grunde stellt das angesprochene Modell eine zweistufige Planungsaufgabe dar, bei der der Planungsträger(die Regierung) bestimmte Ziele (Volkseinkommen, Nahrungsmittelversorgung, Umweltschutz), verfolgt, derenRealisation von Einflußgrößen abhängt, die nur indirekt vom Planenden - in diesem Fall über wasserbauliche

Investitionsmaßnahmen - kontrolliert werden können. Im wesentlichen werden die Ziele durch Entscheidungen,die im Verantwortungsbereich einzelner Wirtschaftssubjekte (vornehmlich Landwirte) liegen, tangiert3. Dasgrundsätzliche Problem besteht nun darin, daß Politikentscheidungen auf der Grundlage vermuteter Verhaltens-weisen der Landwirte getroffen werden müssen. Der vorliegende Optimierungsansatz dient nicht dazu, direkt dieoptimale Wasserverteilungsstrategie abzuleiten, sondern er versucht lediglich, das Anpassungsverhalten derLandwirte in einem normativen Modell abzubilden. Als Zielfunktion wird dabei die Maximierung des Gesamt-deckungsbeitrages der Planungsregion angenommen. Die Bestimmung der Politikvariablen erfolgt (heuristisch)in einem weiteren Planungsschritt. Trotz dieses weitaus bescheideneren Anspruchs ist das vorgelegte lineareModell mit einigen Schwierigkeiten behaftet, auf die im einzelnen einzugehen ist.

4.3 Aggregationsproblem

Auf diese potentielle Fehlerquelle in Regional- und Sektormodellen wird in der Literatur seit langem hingewiesen(z.B. Langbehn und Schiller, 1977). Ursache für Aggregationsfehler bildet vornehmlich die Zusammenfassungheterogener Betriebe und Teilregionen zu 'repräsentativen' Betrieben (Gruppenhöfen). Die damit verbundeneÜberschätzung der Flexibilität in der Ressourcennutzung führt zu einer überhöhten Ausweisung des Produktions-potentials. Diesem Aspekt wird insofern Rechnung getragen, als a priori keine Festlegung der Regionen-abgrenzung erfolgt, sondern Anzahl und Größe der Teilregionen flexibel im Hinblick auf den konkreten Anwen-dungsfall bestimmt werden können. Der Reduktion der Aggregationsfehler durch feinere Partition des Untersu-chungsgebietes sind, abgesehen vom Rechenaufwand, auch durch den räumlichen Bezug der PlanungsdatenGrenzen gesetzt: Die Unterteilung in Planungsregionen kann nicht feiner sein als die Unterteilung in Erhebungs-regionen. Um Zuordungsprobleme zu vermeiden, muß hier auf Kongruenz geachtet werden.

Neben Fehlern durch räumliche Aggregation wird die Aussagekraft des Modells auch durch die zeitlicheZusammenfassung von Informationen zu Jahreswerten beeinträchtigt. Soweit keine Speichereinrichtungenvorhanden sind, kann es wegen des ungleichen zeitlichen Anfalls des Wasserangebotes zu Versorgungs-engpässen kommen. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, daß auch Bevölkerungsdichte und Viehbesatzin einigen Gebieten durch Nomadenwanderung jährlichen Schwankungen unterliegen.

4.4 Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen Teilregionen

Für die Behandlung des gesamten Regionalmodells stehen prinzipiell drei Ansätze zur Auswahl:

a) Simultanlösung des Gesamtmodellsb) isolierte Lösung der Submodellec) koordinierte (dezentrale) Lösung der Submodelle

Eine Simultanlösung des Gesamtmodells wird zunächst nicht in Betracht gezogen, da zum einen die Modell-dimension bei entsprechender regionaler Untergliederung die durch Hard- und Software gesetzten Grenzenübersteigt, und weil zum anderen die für eine konkrete Spezifikation benötigten Informationen fehlen. Das andereExtrem, eine isolierte Behandlung der Teilregionen, ist aus theoretischen Überlegungen kaum zu rechtfertigenund entspricht auch nicht der Zielvorstellung des Auftraggebers. Als eine Art Kompromiß bietet sich dieAnwendung von Dekompositionsverfahren an. Dabei werden (gedanklich oder organisatorisch) über eineniterativen Austausch von Informationen die isoliert ermittelten Teilproblemlösungen durch ein zentralesProgramm (Instanz) in der Weise koordiniert, daß die bestehenden Interdependenzen zwischen den Sub-problemen (hier Teilregionen) Berücksichtigung finden. Inhaltlich unterscheidet man zwischen Koordinationdurch Vorgabe von Lenkungspreisen für die gemeinsam genutzten Ressourcen bzw. durch deren Zuteilung. Daswohl bekannteste Verfahren der erstgenannten Kategorie stammt von Dantzig und Wolfe. Von der Anwendungdieser Methode soll im vorliegenden Fall allerdings abgesehen werden, da der z.T. erst nach vielen Iterations-

Siehe etwa Gittinger (1982).

170 ODENING, BUDDE AGRARINFORMATIK, Bd. 21

3 Zur formalen Darstellung solcher Entscheidungsmodelle siehe z.B. Norton/Schiefer, 1980.

ODENING, BUDDE AGRARINFORMATIK, Bd. 21 171

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schritten erzielbare Genauigkeitsgewinn in Anbetracht der sonstigen Modellvereinfachungen in keinem Ver-hältnis zum Rechenaufwand steht. Vielmehr sollen, dem Grundgedanken der primalen Koordination folgend, diesich für eine anfängliche regionale Verteilung des Produktionsfaktors Wasser einstellenden Schattenpreisdiffe-renzen als Leitlinie für eine Wasser Umverteilung herangezogen werden. Die technische Realisation dieserUmverteilung geschieht auf dem Weg wasserbaulicher Investitionsmaßnahmen. Um nicht nur Informationen überdie Richtung, sondern auch über das Ausmaß der Reallokation von Wasser zu erhalten, bedarf es der Lösungeines zusätzlichen Optimierungsproblems4. Unabhängig davon, ob sich der Entscheidungsträger mit einereinmaligen Korrektur der Wasserallokation begnügt oder in wiederholten Iterationsschritten einen regionalenAusgleich der Gebotspreise für Wasser zu erreichen versucht, muß in jedem Fall Kenntnis darüber bestehen,welche Wechselwirkungen zwischen den Teilregionen hinsichtlich der Wasserverfügbarkeit bestehen. Währenddie Quantifizierung dieser Beziehungen für Oberflächenwasser vergleichsweise einfach erscheint, ist sie fürGrundwasser recht kompliziert5.

N.FFER G (1979): Mathematical programming models äs tools for centralized planning m decentrahzeddedsion situations: A critical examination of the reliability of agricultural sector models äs a basis for policydecisions. In European Review of Agricultural Economics 6, S. 319-336.

TEN KATE, A. (1972): Decomposition of linear programs by direct decomposition. In: Econometrica 40,

S. 883-898.

5 Literatur

BAUERSACHS, F. (1973): Die formale Strukturierung und inhaltliche Ausgestaltung von empirischen Ansätzenfür interregionale Prozeßanalysemodelle des Agrarsektors in der BRD. Forschungsbericht 107 des DFGSchwerpunktprogramms "Konkurrenzvergleich landwirtschaftlicher Standorte.

BUDDE, H.-J. (in Vorbereitung): Ein ökonomisches Wasser-Planungs-Modell für den östlichen Sudan.

CANDLER, W., J. FORTUNY-AMAT und B. McCARL (1981): The Potential Role of Multilevel Programming inAgricultural Economics. in: American Journal of Agricultural Economics 63, S. 521-531.

EULER, G. et al. (1987): Grundwassermodelle als Entscheidungshilfe für die Raumplanung. Schriftenreihe desBundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Heft 06.063.

GITTINGER, J.P. (1982): Economic Analysis of Agricultural Projects.

HAIMES, Y.Y. (1973): Decomposition and Multilevel Approach in the Modeling and Management of WaterRessource Systems. In: Himmelblau, D.M. (Hrsg.): Decomposition of Large-Scale Problems.

HEADY, E.O. et al. (1972): Agriculturai and Water Policies and the Environment. Iowa State University, CardReport 40T.

KORNAI, J. und T. LIPTAK (1965): Two Level Planning. In: Econometrica 33, S.141-169.

LANGBEHN, C. und H. SCHILLER (1977): Zum Aggregationsprobtem: Ergebnisse empirischer Fallstudien.Forschungsbericht Nr. 148 des Instituts für landwirtschaftliche Betriebs- und Arbeitslehre der UniversitätKiei.

Ministry of Finance and Economic Planning, Sudan (1990): Economic Water Planning Model for the EasternRegion. Interim Report.

NORTON, R.D. und G.W. SCHIEFER (1980): Agricultural sector programming models: A review. In: EuropeanReview of Agricultural Economics 7, S. 229-264.

4 Der originäre Vorschlag zur Lösung dieses Umverteilungsproblems stammt von Kornai und Liptak (1965).Theoretische Mängel und Verbesserungsvorschläge werden bei Ten Kate (1972) diskutiert.

5 Siehe z.B. Euler et al. (1987).

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