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Rechtsprechung bbl 2009, Heft 1 Februar 29 © Springer-Verlag 2009 BauG kommen nach wie vor nur der Eigentümer bzw die Miteigentümer einer baulichen Anlage in Betracht. (Abweisung) Vorarlberg Antennenanlagen für Mobilfunk; Handymasten; gene- relles Errichtungsverbot; Orts- und Landschaftsbild DOI 10.1007/s00738-009-0564-x § 17 Abs 4 vlbg BauG 2001; V der Gemeinde Höchst über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk Ein generelles Verbot der Errichtung von Mobil- funkanlagen („Handymasten“) zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes ist ohne entspre- chende Grundlagenforschung des Verordnungs- gebers sowie ausreichende Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Telekommunikation gesetz- widrig. VfGH 1.10.2008, V 347/08 <15> Aus der Begründung: Der Verordnungsgeber ging ent- gegen § 17 Abs 4 Vbg BauG in der in Prüfung gezoge- nen V davon aus, dass jede, sowohl freistehende als auch an Gebäuden angebrachte, Antennenanlage für Mobilfunk schlechthin das Ortsbild des Ortsgebietes der Gemeinde Höchst stört. Dieser Regelungsinhalt der V findet jedoch in § 17 Abs 4 Vbg BauG keine Deckung, weil diese Bestim- mung einerseits eine entsprechende Grundlagenfor- schung des Verordnungsgebers für eine Einschränkung der Errichtung von Mobilfunkanlagen zum Schutz des Orts- und Landschaſtsbildes und andererseits aber auch die Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Tele- kommunikation voraussetzt. Die Durchführung sol- cher Erhebungen ist nicht aktenkundig. § 1 der in Prü- fung gezogenen V widerspricht daher § 17 Abs 4 Vbg BauG. (Auebung) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; (Mindest-) Ab- standsvorschriften; offener Lichthof; oberirdische Bauwerke; unterirdische Bauwerke; Bauausführung DOI 10.1007/s00738-009-0565-9 §§ 4 Abs 3, 5, 6 Abs 2, 26 Abs 1 vlbg BauG 2001; § 35 Abs 2 vlbg RplG Nachbarn kommt zur Frage, ob eine Ausnahme- bewilligung vom Bebauungsplan (§ 35 Abs 2 vlbg RplG) rechtens erteilt wurde oder nicht, kein Mit- sprachrecht zu. Für Lichthöfe (hier: 5 m tiefe Lichtschächte zur Belichtung von Räumen) gelten die Abstandsvor- schriften für oberirdische Bauwerke, die keine Gebäude sind (§ 6 Abs 2 vlbg BauG). § 4 Abs 3 BauG gewährt den Nachbarn auch einen Schutz vor den dort bezeichneten Gefahren (zB betreffend Rutschungen udgl) während der Bauausführung. Eine erforderlich erachtete geologisch-geo- technische Beurteilung der Baugrundverhältnis- se hat grundsätzlich vor Erteilung der Baubewil- ligung (und nicht wie hier: vor Beginn der Bau- ausführung) zu erfolgen. VwGH 22.10.2008, 2008/06/0103 <16> Aus der Begründung: Im Hinblick auf die taxative Aufzählung der Nachbarrechte im Katalog des § 26 Abs 1 BauG kommt der Bf zur Frage, ob die Ausnahmebe- willigung gem § 35 Abs 2 des RplG rechtens erteilt wurde oder nicht, kein Mitsprachrecht zu. Im Beschwerdeverfahren ist weiterhin strittig, wel- chen Grenzabstand diese oben offenen „Lichthöfe“ ein- zuhalten haben. Es handelt sich dabei um eine Art von großen Schächten jeweils mit einem schmäleren und einem breiteren Teil (Letzterer ist für die Abstandspro- blematik relevant), wobei jener breitere Teil, der näher zur Grundgrenze der Bf liegt, einen Grundriss innen von rund 3,20 m x 3,50 m aufweist (der andere von 3,65 m x 3,20 m). Diese Schächte reichen von der Ge- ländeoberkante rund 5 m tief bis auf das Fußbodenni- veau des UG und dienen zur Belichtung der dort be- findlichen Räume. Das BauG enthält keine Def der Begriffe „oberir- disch“ und „unterirdisch“. Die bel Beh hat sich im an- gefochtenen Bescheid auf den MB zu § 6 Abs 3 BauG berufen (wiedergegeben in Germann/Hämmerle, Das Vorarlberger Baugesetz, S 49), wo es heißt, auch für den unterirdischen Teil (zB Tiefgarage) eines im Übrigen oberirdischen Gebäudes genüge ein Mindestabstand von 1 m. Als unterirdische Teile iSd Bestimmung seien jene Teile eines Bauwerks anzusehen, die unterhalb der Schnittstelle des Bauwerks mit der Geländeoberfläche lägen, wobei maßgeblich sei, ob sich der Bauwerksteil – auf Grund des geplanten oder des von der Beh ver- fügten Geländes – nach der Bauführung unter dem Gelände befinde. Daraus ist für den Standpunkt der Beh des Verwaltungsverfahrens wie auch der Bauwer- ber nichts zu gewinnen (vielmehr ergibt sich daraus geradezu das Gegenteil ihrer Auffassung): „Unterir- disch“ iSd § 6 Abs 3 BauG bedeutet, dass sich der be- treffende Bauteil unter dem Gelände zu befinden hat (s den MB), was dem Sprachgebrauch entspricht: Nach der Bedeutung der Worte kann der Begriff „unterirdisch“ als „unter der Erde gelegen“ (Österrei- chisches Wörterbuch 40 [2006] 699) bzw „unter der Erde befindlich“ ( Wahrig, Wörterbuch der deutschen Spra- che 4 [2000] 965) im Gegensatz zu „oberirdisch“ als „über dem Erdboden gelegen“ Wahrig, aaO, 679) ver- standen werden (s dazu das Erk v 28.2.2008, 2004/06/ 0028). „Unter dem Gelände befindlich“ bzw „unter der Erde gelegen“ bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass

Antennenanlagen für Mobilfunk; Handymasten; generelles Errichtungsverbot; Orts- und Landschaftsbild

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Page 1: Antennenanlagen für Mobilfunk; Handymasten; generelles Errichtungsverbot; Orts- und Landschaftsbild

Rechtsprechungbbl2009, Heft 1Februar 29

© Springer-Verlag 2009

BauG kommen nach wie vor nur der Eigentümer bzw die Miteigentümer einer baulichen Anlage in Betracht. (Abweisung)

Vorarlberg

Antennenanlagen für Mobilfunk; Handymasten; gene-relles Errichtungsverbot; Orts- und Landschaftsbild

DOI 10.1007/s00738-009-0564-x

§ 17 Abs 4 vlbg BauG 2001; V der Gemeinde Höchst über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk

Ein generelles Verbot der Errichtung von Mobil-funkanlagen („Handymasten“) zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes ist ohne entspre-chende Grundlagenforschung des Verordnungs-gebers sowie ausreichende Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Telekommunikation gesetz-widrig.

VfGH 1.10.2008, V 347/08 <15>

Aus der Begründung: Der Verordnungsgeber ging ent-gegen § 17 Abs 4 Vbg BauG in der in Prüfung gezoge-nen V davon aus, dass jede, sowohl freistehende als auch an Gebäuden angebrachte, Antennenanlage für Mobilfunk schlechthin das Ortsbild des Ortsgebietes der Gemeinde Höchst stört.

Dieser Regelungsinhalt der V findet jedoch in § 17 Abs 4 Vbg BauG keine Deckung, weil diese Bestim-mung einerseits eine entsprechende Grundlagenfor-schung des Verordnungsgebers für eine Einschränkung der Errichtung von Mobilfunkanlagen zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes und andererseits aber auch die Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Tele-kommunikation voraussetzt. Die Durchführung sol-cher Erhebungen ist nicht aktenkundig. § 1 der in Prü-fung gezogenen V widerspricht daher § 17 Abs 4 Vbg BauG. (Aufhebung)

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; (Mindest-) Ab-standsvorschriften; offener Lichthof; oberirdische Bauwerke; unterirdische Bauwerke; Bauausführung

DOI 10.1007/s00738-009-0565-9

§§ 4 Abs 3, 5, 6 Abs 2, 26 Abs 1 vlbg BauG 2001; § 35 Abs 2 vlbg RplG

Nachbarn kommt zur Frage, ob eine Ausnahme-bewilligung vom Bebauungsplan (§ 35 Abs 2 vlbg RplG) rechtens erteilt wurde oder nicht, kein Mit-sprachrecht zu.

Für Lichthöfe (hier: 5 m tiefe Lichtschächte zur Belichtung von Räumen) gelten die Abstandsvor-schriften für oberirdische Bauwerke, die keine Gebäude sind (§ 6 Abs 2 vlbg BauG).

§ 4 Abs 3 BauG gewährt den Nachbarn auch einen Schutz vor den dort bezeichneten Gefahren (zB betreffend Rutschungen udgl) während der Bauausführung.

Eine erforderlich erachtete geologisch-geo-technische Beurteilung der Baugrundverhältnis-se hat grundsätzlich vor Erteilung der Baubewil-ligung (und nicht wie hier: vor Beginn der Bau-ausführung) zu erfolgen.

VwGH 22.10.2008, 2008/06/0103 <16>

Aus der Begründung: Im Hinblick auf die taxative Aufzählung der Nachbarrechte im Katalog des § 26 Abs 1 BauG kommt der Bf zur Frage, ob die Ausnahmebe-willigung gem § 35 Abs 2 des RplG rechtens erteilt wurde oder nicht, kein Mitsprachrecht zu.

Im Beschwerdeverfahren ist weiterhin strittig, wel-chen Grenzabstand diese oben offenen „Lichthöfe“ ein-zuhalten haben. Es handelt sich dabei um eine Art von großen Schächten jeweils mit einem schmäleren und einem breiteren Teil (Letzterer ist für die Abstandspro-blematik relevant), wobei jener breitere Teil, der näher zur Grundgrenze der Bf liegt, einen Grundriss innen von rund 3,20 m x 3,50 m aufweist (der andere von 3,65 m x 3,20 m). Diese Schächte reichen von der Ge-ländeoberkante rund 5 m tief bis auf das Fußbodenni-veau des UG und dienen zur Belichtung der dort be-findlichen Räume.

Das BauG enthält keine Def der Begriffe „oberir-disch“ und „unterirdisch“. Die bel Beh hat sich im an-gefochtenen Bescheid auf den MB zu § 6 Abs 3 BauG berufen (wiedergegeben in Germann/Hämmerle, Das Vorarlberger Baugesetz, S 49), wo es heißt, auch für den unterirdischen Teil (zB Tiefgarage) eines im Übrigen oberirdischen Gebäudes genüge ein Mindestabstand von 1 m. Als unterirdische Teile iSd Bestimmung seien jene Teile eines Bauwerks anzusehen, die unterhalb der Schnittstelle des Bauwerks mit der Geländeoberfläche lägen, wobei maßgeblich sei, ob sich der Bauwerksteil – auf Grund des geplanten oder des von der Beh ver-fügten Geländes – nach der Bauführung unter dem Gelände befinde. Daraus ist für den Standpunkt der Beh des Verwaltungsverfahrens wie auch der Bauwer-ber nichts zu gewinnen (vielmehr ergibt sich daraus geradezu das Gegenteil ihrer Auffassung): „Unterir-disch“ iSd § 6 Abs 3 BauG bedeutet, dass sich der be-treffende Bauteil unter dem Gelände zu befinden hat (s den MB), was dem Sprachgebrauch entspricht:

Nach der Bedeutung der Worte kann der Begriff „unterirdisch“ als „unter der Erde gelegen“ (Österrei-chisches Wörterbuch40 [2006] 699) bzw „unter der Erde befindlich“ (Wahrig, Wörterbuch der deutschen Spra-che4 [2000] 965) im Gegensatz zu „oberirdisch“ als „über dem Erdboden gelegen“ Wahrig, aaO, 679) ver-standen werden (s dazu das Erk v 28.2.2008, 2004/06/ 0028).

„Unter dem Gelände befindlich“ bzw „unter der Erde gelegen“ bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass