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Chirurg 2012 · 83:65–70 DOI 10.1007/s00104-011-2169-6 Online publiziert: 12. November 2011 © Springer-Verlag 2011 K.J. Oldhafer 1  · M. Donati 1  · M. Lipp 2  · B. Keller 3  · D. Ojdanic 4  · G.A. Stavrou 1 1  Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg 2  Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Allgemeines Krankenhaus Celle 3  Klinik für Thoraxchirurgie, Asklepios Klinik Harburg, Hamburg 4  Fraunhofer MeVis Institut, Bremen Anterior-approach-  Leberresektionen mit dem  Liver-hanging-Manöver Technik und Indikationen Bei der konventionellen rechten Hemihepatektomie wird vor der Pa- renchymdurchtrennung der rechte Leberlappen aus den Verwachsun- gen mit dem Ligamentum triangula- re dextrum gelöst und die V. cava in- ferior (IVC) sowie die rechte Leberve- ne freigelegt [3, 12]. Die Mobilisation des rechten Leberlappens kann ne- gative Auswirkungen haben. So wird während der Mobilisation Druck auf den Tumor im rechten Leberlappen ausgeübt, der potenziell zu einer ver- mehrten Tumorzellaussaat oder gar bei sehr großen Tumoren zu einer Tu- morruptur führen kann [4, 10]. Fer- ner können sich während der Mobili- sation des rechten Leberlappens die hämodynamischen Parameter des Patienten durch Kompression oder „Zudrehen der IVC“ verschlechtern. Zusätzlich wird der linke Leberlap- pen komprimiert, was zu einer Paren- chymschädigung dieses Leberlap- pens führen kann. Um diese Komplikationen zu vermeiden, lag es nahe, die Leber ohne Mobilisation einfach von ventral nach dorsal zu durch- trennen („anterior approach“). Eine chir- urgisch-technische Ergänzung des „ante- rior approach“ stellt das von Jacques Belg- hiti beschriebene „Liver-hanging-Manö- ver“ dar [2]. Trotz der offensichtlichen Vortei- le dieser Methode ist die Technik nicht weit verbreitet. Werden in der Klinik von J. Belghiti weit mehr als 80% der Rechts- resektionen mit dieser Methode operiert, so liegt der Anteil in Frankreich weit unter 10% 1 . Von gleichen Zahlen kann auch in Deutschland ausgegangen werden. Ziel dieser Arbeit ist, anhand von ausgewähl- ten Fallbeispielen Indikationen, Technik und Vorteile dieser Methode aufzuzeigen. Technik Das Grundprinzip des Liver-hanging-Ma- növers ist, das Lebergewebe während der Resektionsphase ohne Mobilisation der Le- ber durch ein breites Band nach ventral zu ziehen, um dadurch eine gute Orientierung für die Resektionsebene mit dem kürzesten Weg durch das Parenchym und ferner eine Kompression der quer verlaufenden intra- hepatsichen Blutgefäße zu erreichen. Zur Umsetzung dieses Prinzips wurden meh- rere Techniken und Modifikationen be- schrieben [1, 15, 18]. Im Folgenden erläu- tern wir unser eigenes Vorgehen im Detail: Präparation am Leberhilus Wie bei der konventionellen rechtsseiti- gen Leberresektionen werden zunächst 1   Persönliche Kommunikation mit  Prof. Dr. Jacques Belghiti am 13.04.2011. die rechte A. hepatica und die rechte V. portae durchtrennt. Dies ist jedoch vor der Parenchymphase prinzipiell nicht not- wendig. Das Ligamentum hepatoduode- nale wird nach ventral gehalten, und es erfolgt die Präparation zwischen der an- terioren Oberfläche der IVC und der Le- ber (Segment I und Segment VIII). Wir versuchen soweit wie möglich nach kra- nial vorzupräparieren, um so einen Tun- nel für das Band zu schaffen. Die anteriore Wand der IVC ist häufig frei von kleine- ren kurzen Lebervenen (KLV). Gelegent- lich werden hier jedoch Venen angetrof- fen, die dann über Ligaturen abgesetzt werden. Ebenfalls setzen wir KLV ab, die von links und rechts kommend in die IVC einmünden, wenn hierdurch das Einbrin- gen des Bandes sicherer wird. Gelegent- lich dissezieren wir das Leberparenchym im Segment I für ungefähr 1 cm zur bes- seren Führung des Bandes während der Resektion. Präparation am Lebervenenstern Zwischen der rechten und mittleren Le- bervene erfolgt das Eingehen von kranial. Die linke Wand der rechten Lebervene und die rechte Wand der mittleren Le- bervene werden freipräpariert. Gelegent- lich wird das Parenchym zwischen bei- den Lebervenen 1–2 cm eingekerbt. An- schließend erfolgt das stumpfe Präparie- ren nach kaudal unter Benutzung einer 65 Der Chirurg 1 · 2012| Aktuelle Operationstechnik

Anterior-approach-Leberresektionen mit dem Liver-hanging-Manöver

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Page 1: Anterior-approach-Leberresektionen mit dem Liver-hanging-Manöver

Chirurg 2012 · 83:65–70DOI 10.1007/s00104-011-2169-6Online publiziert: 12. November 2011© Springer-Verlag 2011

K.J. Oldhafer1 · M. Donati1 · M. Lipp2 · B. Keller3 · D. Ojdanic4 · G.A. Stavrou1

1 Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg2 Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Allgemeines Krankenhaus Celle3 Klinik für Thoraxchirurgie, Asklepios Klinik Harburg, Hamburg4 Fraunhofer MeVis Institut, Bremen

Anterior-approach- Leberresektionen mit dem Liver-hanging-ManöverTechnik und Indikationen

Bei der konventionellen rechten Hemi hepatektomie wird vor der Pa­renchymdurchtrennung der rechte Leberlappen aus den Verwachsun­gen mit dem Ligamentum triangula­re dextrum gelöst und die V. cava in­ferior (IVC) sowie die rechte Leberve­ne freigelegt [3, 12]. Die Mobilisation des rechten Leberlappens kann ne­gative Auswirkungen haben. So wird während der Mobilisation Druck auf den Tumor im rechten Leberlappen ausgeübt, der potenziell zu einer ver­mehrten Tumorzellaussaat oder gar bei sehr großen Tumoren zu einer Tu­morruptur führen kann [4, 10]. Fer­ner können sich während der Mobili­sation des rechten Leberlappens die hämodynamischen Parameter des Patienten durch Kompression oder „Zudrehen der IVC“ verschlechtern. Zusätzlich wird der linke Leberlap­pen komprimiert, was zu einer Paren­chymschädigung dieses Leberlap­pens führen kann.

Um diese Komplikationen zu vermeiden, lag es nahe, die Leber ohne Mobilisation einfach von ventral nach dorsal zu durch-trennen („anterior approach“). Eine chir-urgisch-technische Ergänzung des „ante-rior approach“ stellt das von Jacques Belg-hiti beschriebene „Liver-hanging-Manö-ver“ dar [2].

Trotz der offensichtlichen Vortei-le dieser Methode ist die Technik nicht weit verbreitet. Werden in der Klinik von J. Belghiti weit mehr als 80% der Rechts-resektionen mit dieser Methode operiert, so liegt der Anteil in Frankreich weit unter 10%1. Von gleichen Zahlen kann auch in Deutschland ausgegangen werden. Ziel dieser Arbeit ist, anhand von ausgewähl-ten Fallbeispielen Indikationen, Technik und Vorteile dieser Methode aufzuzeigen.

Technik

Das Grundprinzip des Liver-hanging-Ma-növers ist, das Lebergewebe während der Resektionsphase ohne Mobilisation der Le-ber durch ein breites Band nach ventral zu ziehen, um dadurch eine gute Orientierung für die Resektionsebene mit dem kürzesten Weg durch das Parenchym und ferner eine Kompression der quer verlaufenden intra-hepatsichen Blutgefäße zu erreichen. Zur Umsetzung dieses Prinzips wurden meh-rere Techniken und Modifikationen be-schrieben [1, 15, 18]. Im Folgenden erläu-tern wir unser eigenes Vorgehen im Detail:

Präparation am Leberhilus

Wie bei der konventionellen rechtsseiti-gen Leberresektionen werden zunächst

1   Persönliche Kommunikation mit Prof. Dr. Jacques Belghiti am 13.04.2011.

die rechte A. hepatica und die rechte V. portae durchtrennt. Dies ist jedoch vor der Parenchymphase prinzipiell nicht not-wendig. Das Ligamentum hepatoduode-nale wird nach ventral gehalten, und es erfolgt die Präparation zwischen der an-terioren Oberfläche der IVC und der Le-ber (Segment I und Segment VIII). Wir versuchen soweit wie möglich nach kra-nial vorzupräparieren, um so einen Tun-nel für das Band zu schaffen. Die anteriore Wand der IVC ist häufig frei von kleine-ren kurzen Lebervenen (KLV). Gelegent-lich werden hier jedoch Venen angetrof-fen, die dann über Ligaturen abgesetzt werden. Ebenfalls setzen wir KLV ab, die von links und rechts kommend in die IVC einmünden, wenn hierdurch das Einbrin-gen des Bandes sicherer wird. Gelegent-lich dissezieren wir das Leberparenchym im Segment I für ungefähr 1 cm zur bes-seren Führung des Bandes während der Resektion.

Präparation am Lebervenenstern

Zwischen der rechten und mittleren Le-bervene erfolgt das Eingehen von kranial. Die linke Wand der rechten Lebervene und die rechte Wand der mittleren Le-bervene werden freipräpariert. Gelegent-lich wird das Parenchym zwischen bei-den Lebervenen 1–2 cm eingekerbt. An-schließend erfolgt das stumpfe Präparie-ren nach kaudal unter Benutzung einer

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Aktuelle Operationstechnik

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stumpfen Overholdt-Klemme bis in den Bereich der vorher von kaudal freipräpa-riert wurde. Am Ende wird das Band mit der Overholdt-Klemme durchgezogen (. Abb. 1).

Leberparenchymphase

Das Band wird jetzt unter konstanter An-spannung nach anterior gezogen. Die Zugrichtung entspricht der gewünschten

Resektionsebene. Durch den Zug wird der kürzeste Weg von der Leberoberfläche in Richtung IVC angezeigt. Durch das „Auf-hängen“ der Leber über das Band kommt es zu einer Kompression der intrahepa-tischen Blutgefäße. Zur Durchtrennung wird ein Ultraschalldissektor eingesetzt (. Abb. 2).

Indikationen

Die Anterior-approach-Leberresektion mit dem Liver-hanging-Manöver kann prinzipiell bei allen Rechtshemihepatek-tomien oder vergleichbaren Resektionen angewendet werden. Aus unserer Sicht gibt es 4 besonders gute Einsatzmöglich-keiten, die im Folgenden jeweils durch eine Kasuistik näher erläutert werden:

Abb. 1 8 Nach Schaffung des Tunnels zwischen der Leber und der anterio-ren Wand der inferioren V. cava wird mit der Overholdt-Klemme das Band gefasst und durchgezogen. Die Spitze der Klemme befindet sich zwischen der rechten und mittleren Lebervene. (Mit freundl. Genehmigung Prof.  Brogi)

Abb. 2 8 Durch den Zug des Bandes wird die Leber nach ventral gezogen, und es kommt zu einer Kommpression der quer verlaufenden intrahepa-tischen Blutgefäße. Die Parenchymdurchtrennung erfolgt mit dem Ultra-schalldissektor. (Mit freundl. Genehmigung Prof. Brogi)

Abb. 3 9 a Präoperati-ves CT. Die Metastase füllt nahe zu den kompletten rechten Leberlappen aus.  b Resektionsvorschläge der MeVis/Frauenhofer Soft-ware. Es ist eine erweiterte Rechtsresektion und eine lokale Resektion in Seg-ment II geplant (s. Text). Im rechten Leberlappen sind ferner 2 Zysten vorhanden (lila). c Blick von rechtslate-ral auf die Resektionsfläche nach kompletter Rechts-resektion. Die abgesetzte mittlere Lebervene (Pfeil) ist zu sehen. Die anteriore Fläche der inferioren V. cava ist freigelegt. d  Riesige 1,6 l messende  Metastase im rechten Leberlappen mit zentraler Nekrose. Im obe-ren Bildbereich ist die Nä-he zur rechten Leber vene deutlich erkennbar

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Aktuelle Operationstechnik

Page 3: Anterior-approach-Leberresektionen mit dem Liver-hanging-Manöver

F  große Tumoren des rechten Leberlap-pens,

F  Tumoren mit Infiltration der rechten Lebervene und Infiltration der IVC von rechts,

F  Tumoren mit Infiltration des Zwerch-fells,

F  Tumoren des rechten Leberlappens nach vorangegangener Rechtsresek-tion.

Große Tumoren des rechten Leberlappens

Bei der 49-jährigen Patientin bestan-den synchrone bilobuläre Leberme-tastasen bei einem Sigmakarzinom (T3N1M1). Eine riesige Lebermetasta-se (ca. 50% des gesamten Lebervolu-mens) befand sich im rechten Leberlap-pen, der durch den Tumor nahezu kom-plett ausgefüllt war, eine kleinere Metas-tase lag im Segment II, ferner wurden 2 Zysten beschrieben (. Abb. 3a, b). Es er-folgte zunächst die Operation des Pri-märtumors und 4 Wochen später die Le-berresektion. In der computerunterstütz-ten Operationsplanung mit Mevis Hepa-vison wurden ein Lebergesamtvolumen von 3150 ml, ein Metastasenvolumen von 1600 ml und ein Volumen für die Zys-ten mit 153 ml beschrieben. Es wurde die erweiterte Rechtsresektion und eine kleinere Resektion linkslateral geplant (. Abb. 3b). Das funktionelle Restvolu-men betrug laut Planung 875 ml (28% der gesamten Leber bzw. 63% des funktionel-len Lebervolumens). Ohne die 1,6 l große Metastase zu mobilisieren, wurde die Le-ber mit der Liver-hanging-Manöver-Me-thode durchtrennt. Die mittlere Leberve-ne wurde während der Resektionsphase durch das Band komprimiert und vor der Einmündung in die linke Lebervene ab-gesetzt (. Abb. 3c). Auch hierbei war der Zug nach ventral von Vorteil. Das Resek-tionspräparat ist in . Abb. 3d dargestellt. Die Patientin wurde am 13. Tag entlassen.

Tumoren mit Infiltration  der rechten Lebervene  oder der rechtsseitigen IVC

Bei der 78-jährigen Patientin entwickel-ten sich 5 Jahre nach Resektion eines ste-nosiert wachsenden Sigmakarzinoms

(T3N2M0) und einer wegen Unverträg-lichkeit abgebrochenen adjuvanten Che-motherapie eine solitäre Lebermetastase (. Abb. 4a) und Lungenmetastasen. So-wohl die Leber- als auch die Lungenme-tastasen erschienen resektabel, sodass wir uns zum operativen Vorgehen (Lebere-sektion vor Lungenresektion) entschlos-sen. Die Lebermetastase lag an der Ein-mündungsstelle der rechten Lebervene in die IVC, wobei die Metastase von der rechten Seite an die rechte Lebervene he-ranreicht, sodass ein Liver-hanging-Ma-

növer technisch möglich erschien. Das Konzept war, die Leber von anterior zu durchtrennen (. Abb. 4b) und dann den Infiltrationsbereich des Tumors zur IVC auszuklemmen und zu rekonstru-ieren (. Abb. 4c,  d). Die Untertunne-lung der Leber war unproblematisch. Die rechte Lebervene wurde mit einem ent-sprechenden Teil der IVC mit einer Ge-fäßklemme tangential ausgeklemmt und entsprechend ausgeschnitten. Ein di-rekter Verschluss der IVC hätte zu einer Einengung geführt, sodass ein Goretex-

Zusammenfassung · Abstract

Chirurg 2012 · 83:65–70   DOI 10.1007/s00104-011-2169-6© Springer-Verlag 2011

K.J. Oldhafer · M. Donati · M. Lipp · B. Keller · D. Ojdanic · G.A. Stavrou

Anterior­approach­Leberresektionen mit dem Liver­hanging­Manöver. Technik und Indikationen

ZusammenfassungDie „Anterior-approach-Leberresektion“ hat gegenüber der konventionellen Leberresek-tion besonders bei Tumoren im rechten Le-berlappen potenzielle Vorteile. So wird bei der konventionellen Resektion während der Mobilisation Druck auf den Tumor im rechten Leberlappen ausgeübt, der zu einer vermehr-ten Tumorzellaussaat oder gar bei sehr gro-ßen Tumoren zu einer Tumorruptur führen kann. Ferner können sich während der Mobi-lisation des rechten Leberlappens die hämo-dynamischen Parameter des Patienten durch Kompression oder „Zudrehen der V. cava“ verschlechtern. Zusätzlich wird der linke Le-berlappen komprimiert, was zu einer Paren-chymschädigung dieses Leberlappens führen kann. Durch die Anterior-approach-Technik kann das Risiko dieser Komplikationen redu-ziert werden. Das sog. „Liver-hanging-Manö-

ver“ erleichtert die technische Durchführung der Anterior-approach-Leberresektion. Gute Indikationen für diese Technik stellen große Tumoren des rechten Leberlappens, Tumoren mit Infiltration der rechten Lebervene und In-filtration der V. cava von rechts, Tumoren mit Infiltration des Zwerchfells sowie Tumoren des rechten Leberlappens nach vorangegan-gener Rechtsresektion dar. Die Anterior-ap-proach-Leberresektion sollte besonders bei großen rechtsseitigen Lebertumoren gegen-über der konventionellen Resektionstechnik bevorzugt werden.

SchlüsselwörterLebertumoren · Leberresektionen ·  Liver-hanging-Manöver · Anteriorer  Zugang · Zwerchfellinfiltration

Anterior approach liver resection with the liver hanging maneuver. Technique and indications

AbstractThe anterior approach liver resection has ad-vantages compared to conventional liver re-section. Mobilization during conventional liv-er resection may cause local pressure on the tumor which could lead to tumor cell dissem-ination or even to tumor rupture. Further-more, hemodynamic parameters tend to de-teriorate during mobilization due to com-pression or twisting of the inferior vena cava. In addition, the left liver lobe often is com-pressed which can lead to tissue damage of the residual parenchyma. The risk of these complications can be reduced by the anteri-or approach technique which is facilitated by 

the so-called liver hanging maneuver. Appro-priate indications for this technique are large tumors of the right liver lobe, tumors with in-filtration of the right hepatic vein and infiltra-tion of the vena cava from the right side, tu-mors with infiltration of the diaphragm and tumors of the right lobe after previous resec-tions of the right lobe.

KeywordsLiver tumors · Liver resection · Liver hanging maneuver · Anterior approach · Diaphragma infiltration

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Page 4: Anterior-approach-Leberresektionen mit dem Liver-hanging-Manöver

Patch eingenäht wurde. Eine intraopera-tive Bluttransfusion war nicht notwendig. Der postoperative Verlauf war unproble-matisch. Die Patientin wurde am 11. post-operativen Tag entlassen.

Tumoren mit Zwerchfellinfiltration

Bei der 61-jährigen Patientin wurde ein organübergreifend wachsender Tumor von 8×7×6 cm Größe diagnostiziert, der im rechten Leber- und Lungenunterlap-pen nachweisbar war. Die Tumormarker AFP, CA19.9 und CEA waren unauffällig. In der Tumorbiopsie wurde ein Adenokar-zinom festgestellt. Differenzialdiagnos-tisch kam ein primärer Lungentumor, der

per continuitatem in den rechten Leber-lappen wuchs, oder ein primärer Leber-tumor, der in den rechten Lungenunter-lappen einbrach, infrage (. Abb. 5a). Ein gemeinsames thoraxchirurgisch-viszeral-chirurgisches Vorgehen wurde vereinbart. Es wurde zunächst über eine anterolatera-le Thorakotomie eine erweiterte Unterlap-penresektion rechts mit Lymphadenekto-mie und Zwerchfellteilresektion durchge-führt. Das Resektat wurde nach intraabdo-minell verlagert und eine Zwerfellrekons-truktion mit einem 15×15 cm Gorotex-Patch vorgenommen. Die Patientin wur-de umgelagert und eine En-bloc-Hemi-hepatektomie rechts in der Liver-han-ging-Technik durchgeführt (. Abb. 5b).

. Abb. 5c zeigt den Operationssitus nach erfolgter Leberresektion. Der en bloc ent-fernte Tumor nach Leber- und Lungen-teilresektion ist in . Abb. 5d zu sehen. Intraoperative Bluttransfusionen wurden nicht gegeben. Die postoperative Histolo-gie erbrachte ein cholangiozelluläres Kar-zinom und bestätigte die radikale Entfer-nung des Tumors (R0) (. Abb. 5d). Die Patientin wurde am 4. Tag auf die Nor-malstation verlegt und am 22. postopera-tiven Tag nach Hause entlassen.

Zustand nach rechtsseitiger Leberresektion

Bei dem 74-jährigen Patienten entwickel-ten sich 5 Monate nach Kolonresektion und Segment-VII-Leberresektion bei soli-tärer Metastase (Tumorstadium: T3N1M1) erneut 3 Lebermetastasen, die neoadju-vant behandelt wurden. Zwei Metastasen lagen in Segment IV und eine Metastase in Segment VI/VII. Neben einer erweiter-ten Rechtsresektion kamen als Alternative lokale Resektionen infrage. Da die rechte Metastase tief im Parenchym saß und Seg-ment IV komplett entfernt werden muss-te und auf der anderen Seite der linksla-terale Leberlappen ausreichend groß war, haben wir uns für eine erweiterte Rechts-resektion entschieden. Durch die Vorope-ration im Segment VII war die rechte Le-ber sehr stark mit der rechten Seite ver-wachsen. Die Schaffung des retrohepati-schen Tunnels war unkompliziert. Nach Durchtrennung des Parenchyms in der Anterior-approach-Technik mit dem Li-ver-hanging-Manöver und Absetzen der rechten Lebervene ließ sich die rechte Le-ber von medial nach lateral kommend un-problematisch ohne Blutverlust aus den Verwachsungen und Verklebungen lö-sen. Der postoperative Verlauf war ohne Komplikationen. Die Entlassung erfolgte am 22. postoperativen Tag.

Diskussion

Das Durchtrennen der Leber von ante-rior nach posterior ohne vorige Mobili-sation und Absetzen der Lebervene – die sog. Anterior-approach-Technik – wurde erstmals von Professor Kazue Ozawa für rechtsseitige Leberresektionen beschrie-ben, um zum einen eine gute Durchblu-

Abb. 4 9 a Große rechtsseitige Metas-tase im rechten Le-berlappen. Die infe-riore V. cava (IVC) und die rechte Leberve-ne scheinen von rechts infiltriert zu sein. b Durchtrennung des Pa-renchyms in der Ante-rior-approach-Technik (mit freundl. Genehmi-gung Prof. Brogi) und anschließend c Aus-klemmen der rechten Lebervene mit einer Gefäßklemme und Re-sektion des IVC-Be-reichs. d Nach Resek-tion der Lebervene und des IVC-Teils er-folgte die Rekonstruk-tion mit einem Gore-tex-Patch

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Aktuelle Operationstechnik

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tung des zu erhaltenden linken Leberlap-pens während der Resektion zu ermögli-chen und zum anderen die Blutungen bei der Mobilisation zu reduzieren [13, 14].

Ozawas Idee wurde von Chirurgen am Queen Mary Hospital in Hong Kong aufgegriffen [6, 8, 9]. Sie konnten zeigen, dass die Anterior-approach-Resektions-technik bei großen rechtsseitigen Leber-tumoren, bei denen der Zugang zur IVC bzw. zu den rechten Lebervenen aufgrund der Tumorgröße erschwert war, technisch vorteilhafter gegenüber der konventionel-len Technik war [6].

Im Jahr 2000 konnte die gleiche Arbeitsgruppe erstmalig in einer größeren Studie über Patienten mit großen hepato-zellulären Karzinomen (HCC) den Vorteil der Anterior-approach-Technik gegen-über der konventionellen beschreiben [8]. Nach 54 Resektionen in der Anterior-

approach-Technik waren der intraopera-tive Blutverlust, die Rate an Bluttransfu-sionen und die Inzidenz an Lungenme-tastasen niedriger als bei vergleichbaren 106 Resektionen in konventioneller Tech-nik [8]. Das krankheitsfreie sowie das Ge-samtüberleben waren in der Anterior-ap-proach-Gruppe ebenfalls besser als in der konventionellen. In einer sich daran an-schließenden prospektiven, randomisier-ten Studie mit gleicher Fragestellung wur-de jedoch nur noch ein Vorteil für das Ge-samtüberleben, jedoch nicht mehr für das krankheitsfreie Überleben beobachtet [9].

Neben des offensichtlichen Langzeit-vorteils der Anterior-approach-Tech-nik gab es Schwierigkeiten in der chirur-gisch-technischen Umsetzung. Zwei As-pekte standen dabei im Vordergrund:F  die Blutstillung in der Tiefe der Re-

sektionsfläche und

F  die Orientierung für die Resektions-ebene.

Das Aufhängen der Leber mit einem Band und der Zug nach ventral (Liver-hanging-Manöver) halfen bei diesen Pro-blemen. So werden querverlaufende Le-bergefäße durch das zwischen der ante-rioren Oberfläche der IVC und der Le-ber geführte und nach ventral gezogene Band komprimiert und kontrolliert. Fer-ner wird die Resektionsebene mit dem kürzesten transhepatischen Weg durch den Bänderzug klar angezeigt und das Ri-siko des ungeahnten Hineinpräparierens und Eröffnens von größeren Lebervene reduziert. Insgesamt wurde die Sicherheit und Durchführbarkeit des „anterior ap-proach“ durch das Liver-hanging-Manö-ver erhöht [2].

Abb. 5 9 a Das präoperati-ve CT zeigt den in der Leber und Lunge wachsenden Tumor (8×7×6 cm). Das Zwerchfell ist in diesem Be-reich nicht abgrenzbar. Der rechte Lungenunterlappen wurde mit dem Zwerchfell reseziert und nach intraab-dominell verlagert. b Band (Pfeile) für das Liver-han-ging-Manöver und Resek-tionslinie für die Hemihe-patektomie rechts. c Opera-tiver Situs nach Leberresek-tion. Der Goretex-Patch so-wie die gerade Resektions-fläche nach der „Liver-han-ging-Resektion sind abge-bildet. d Operationspräpa-rat: en bloc entfernter Tu-mor mit rechtem Lungen-unterlappen, Zwerchfell und rechtem Leberlappen

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Die technische Herausforderung beim Liver-hanging-Manöver ist das Durch-ziehen des Bandes im retrohepatischen Raum ohne die IVC, die großen oder dis-talen kleinen Lebervenen zu verletzten, wobei aus unserer Erfahrung die kleineren distalen Lebervenen schwerer einzuschät-zen sind als die großen. Sie können poten-ziell auf der gesamten Oberfäche der IVC auftreten, obwohl Couinaud die Existenz eines avaskulären Korridors auf der ante-rioren Fläche der IVC beschreibt. Hier-für sprechen die Ergebnisse einer ana-tomischen Studie an Ausgusspräparaten von 100 Lebern [17]. Sie errechneten die Weite des avaskulären Korridors auf der anterioren Oberfläche der IVC, wenn er vorhanden war, mit 8,7 ± 2,3 mm (Range: 2–15 mm). Sie fanden bei 33 von 100 Le-bern eine größere inferiore Vene, die zwar von rechts kommend in die IVC einmün-det, aber das Manöver gegebenenfalls be-hindern könnte, wenn die Einmündung weiter nach anterior erfolgt [17].

Um die großen und kleineren Leber-venen bei dem Manöver nicht zu ver-letzen, wurde die ursprüngliche Tech-nik weiter modifiziert. Kokudo und Mit-arbeiter empfehlen eine mit intraoperati-vem Ultraschall unterstütze Dissektions-technik [5]. Der „Up-to-down-Zugang“, d. h. strikt von kranial nach kaudal zu präparieren, soll ebenfalls das Risiko re-duzieren, die großen Lebervenen zu ver-letzen [11]. Die Sicherheit kann weiter er-höht werden, wenn der Weg der „blinden“ retrohepatischen Dissektion durch Liga-turen der inferioren Lebervenen so weit wie möglich verkürzt wird, im Idealfall bis zu den großen Lebervenen [16]. Auch der Gebrauch von atraumatischen Instru-menten ist hilfreich. Einige Autoren emp-fehlen den Gebrauch einer Magenson-de für die retrohepatische Dissektion [7]. Im eigenen Vorgehen versuchen wir, von kaudal so weit nach kranial den anterio-ren Aspekt der IVC zu präparieren; da-bei legieren wir kleinere inferiore Leber-venen.

Welche Patienten profitieren von der Anterior-approach-Technik mit dem Li-ver-hanging-Manöver? Aus unserer Sicht ist diese Technik bei großen Tumoren des rechten Leberlappens der konventionellen Technik eindeutig vorzuziehen. Für gro-ße HCC-Tumoren gibt es gut dokumen-

tierte Ergebnisse für dieses Vorgehen [18]. Onkologisch-chirurgische Argumente für diese Technik wie z. B. geringere Tu-mormanipulation treffen jedoch auch für andere Tumorentitäten zu. Ursprünglich wurde dieses Vorgehen auch für Tumo-ren mit Infiltration des Zwerchfells emp-fohlen [13]. Unsere eigenen Erfahrungen unterstützen diese Empfehlung. Eine En-bloc-Resektion ist hierdurch in der Regel einfacher möglich als bei konventioneller Resektionstechnik. Auch die Rekonstruk-tion der IVC bei Infiltration der IVC von rechtslateral oder dorsal lässt sich kon-trolliert in dieser Technik vornehmen. Die Infiltration der Lebervene wurde teilwei-se als Kontraindikation für das Liver-han-ging-Manöver gesehen. Dies trifft jedoch nur zu, wenn der Tumor im Lebervenen-stern bzw. zwischen der rechten und mitt-leren Lebervene wächst. Bei einer Infiltra-tion der Lebervene von rechts lateral ist je-doch die Resektion in der Liver-hanging-Technik gegenüber der konventionellen Resektionstechnik wieder von Vorteil.

Fazit für die Praxis

Zusammenfassend stellt die Leberre-sektion in der Anterior-approach-Tech-nik mit dem Liver-hanging-Manöver eine sehr effektive und sichere Resektions-technik dar. Sie hat in den oben genann-ten Indikationen Vorteile gegenüber der konventionellen Technik und sollte des-wegen besonders bei großen Tumoren im rechten Leberlappen bevorzugt An-wendung finden.

KorrespondenzadresseProf. Dr. K.J. OldhaferKlinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,  Asklepios Klinik Barmbek,Rübenkamp 220, 22291 [email protected]

Danksagung.  Wir bedanken uns bei Frau Professorin Giuliana Brogi (Art Institute „Duccio Di Buoninsegna“, Siena, Italien) für die künstlerisch aufwendigen und gelungenen Zeichnungen.

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

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70 |  Der Chirurg 1 · 2012

Aktuelle Operationstechnik