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D 8512 53. Jahrgang Montag, 13. März 2017 Nr. 9 Anti-Terror-Übung GETEX 2017 Sechs Länderpolizeien und die Bundeswehr trainieren gemeinsam. aktuell war in Bayern mit vor Ort Seiten 2, 4 und 5 Die Media-App der Bundeswehr STREITKRÄFTE Vorbereitet Fünf Ärzteteams aus den Bundes- wehrkrankenhäusern treten im „Damage Control Surgery-Cont - est“ gegeneinander an. Seite 3 ZOOM Gewappnet Hochmobil und modular: Das Truppenentgiftungsplatz-90- Fahrzeug ist in verschiedensten Szenarien einsetzbar. Seite 6 VERMISCHTES Begleitet Großer Zapfenstreich für den scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck – aktuell stellt drei beteiligte Soldaten vor. Seite 8 VIDEO DER WOCHE NH-90 in Mali [email protected] Foto: Bundeswehr/Minh Vu

Anti-Terror-Übung GETEX 2017 - bundeswehr.de · de Maizière sagte zum Abschluss der Übung vor der Bundespres- sekonferenz in Berlin, GETEX habe deutlich gemacht, wie Mehr zum Thema

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53. Jahrgang Montag, 13. März 2017 Nr. 9

Anti-Terror-Übung

GETEX 2017 Sechs Länderpolizeien und die Bundeswehr trainieren gemeinsam. aktuell war in Bayern mit vor Ort Seiten 2, 4 und 5

Die Media-App der Bundeswehr

STREITKRÄFTE

Vorbereitet Fünf Ärzteteams aus den Bundes-wehrkrankenhäusern treten im „Damage Control Surgery-Cont -est“ gegeneinander an. Seite 3

ZOOM

Gewappnet Hochmobil und modular: DasTruppenentgiftungsplatz-90-Fahrzeug ist in verschiedensten Szenarien einsetzbar. Seite 6

VERMISCHTES

Begleitet Großer Zapfenstreich für den scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck – aktuell stellt drei beteiligte Soldaten vor. Seite 8

VIDEO DER WOCHE

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2 aktuell MINISTERIUM / HINTERGRUND 13. März 2017

Unter Führung der Polizei Anti-Terror-Übung GETEX: Polizei und Bundeswehr trainieren länderübergreifend gemeinsam.

Von Julia Weigelt und Jörg Fleischer

Explosionen, ein Amoklauf und gekaperte Lastwagen – das Übungsszenario der

Gemeinsamen

Terrorismusab- wehr-Exercise (GETEX) hat die Einsatzkräfte deutschland- weit stark gefordert. Landes- und Bundespolizei waren so ausge- lastet, dass sie die Unterstützung der Streitkräfte anforderten. Drei Tage probten zivile und militäri- sche Verantwortliche den Ernst- fall – unter Führung der betei- ligten Länderpolizeien. Ziel der Übung auf Stabsebene war, die Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren zu trainie- ren.

Kommunikation ist Schlüssel zum Erfolg

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte zum Abschluss der Übung vor der Bundespres- sekonferenz in Berlin, GETEX habe deutlich gemacht, wie wichtig Kommunikation und die

Beherrschung von Fachsprachen zur Bewältigung solcher Szena- rien seien. Zum Aspekt der Ver- fügbarkeit von Kräften erklärte er: „Es ist sehr wichtig, dass man voneinander weiß, wo was ver- fügbar ist.“

Angesichts des Erfolgs der Übung würden aller Voraussicht nach weitere folgen, kündigte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen an. „Wir sind dabei“, sagte die Ministerin mit Bezug auf die Bundeswehr. Dem stehe im Hinblick auf den recht-lichen Rahmen nichts im Wege. Im Weißbuch der Bundesregie-rung sei der Rechtsrahmen klar dargestellt, sagte von der Leyen.

Die Ministerin hatte zuvor mehrere Übungsorte im Saarland, Baden-Württemberg und Bayern besucht und sich vor Ort über den Verlauf informiert. „Gut, dass es diese Übung gibt. Vor Jah- ren wäre das noch undenkbar gewesen“, sagte sie. Polizei und Bundeswehr hätten bereits wäh- rend der sechsmonatigen Vor- bereitungsphase viel voneinan- der gelernt. So habe die Polizei

erfahren, wie hoch die Kompe- tenz der Bundeswehr im Umgang mit Terrorlagen aufgrund ihrer Erfahrungen in den Auslandsein- sätzen sei und einen Einblick in die umfangreiche Ausrüstung der Truppe erhalten. Die Bundeswehr profitiere sehr von der Übung. Sie lerne, „wie die Alarmketten sind, wie die Kommandostruktu- ren sind, wie man schnell und im Akutfall richtig reagieren kann“, sagte von der Leyen. Sie halte es für ein „Gebot der Vernunft“, Vorsorge zu treffen.

Besonders kritisch: der Faktor Zeit

Die bisherige Zusammenarbeit wischen Polizei und Bundes- ehr unter anderem im Rahmen er Flüchtlingshilfe bilde eine ute Basis, sagte die Ministerin. ei Terrorlagen sei jedoch der aktor Zeit kritisch. „Minuten önnen über Menschenleben ent- cheiden“, sagte von der Leyen. ETEX habe gezeigt, an welchen tellen die Bundeswehr besser erden müsse. Demnach seien

Anträge der Polizei auf Bundes- wehr-Unterstützung am ersten Tag der Übung erst nach Stunden beantwortet worden. Am zweiten Tag sei die Antwort innerhalb von 20 Minuten erfolgt. „Üben hat Sinn“, sagte die Ministerin. Das werde daran sehr deutlich.

Außer dem Bundesministe- rium des Innern und dem Bun- desministerium der Verteidigung sowie den Innenministerien der übenden Länder Baden-Würt- temberg, Bayern, Bremen, Nord- rhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein waren das Bundeskriminalamt, die Bun- despolizei und das Bundesamt für Verfassungsschutz beteiligt. Seitens der Bundeswehr war das Kommando Streitkräfteba- sis mit dem Kommando Terri- toriale Aufgaben und den Lan- deskommandos der übenden Bundesländer dabei. 360 Solda- ten nahmen teil. Die Leitung lag – dem gesetzlichen Rahmen ent- sprechend – bei der Polizei.

Mehr zum Thema auf den Seiten 4 und 5.

Neues operatives Kommandozentrum

Brüssel. Die Außen- und Ver- teidigungsminister der Euro- päischen Union (EU) haben sich in der vergangenen Woche bei ihrem Treffen in Brüssel auf weitere Schritte zur Stärkung der Gemeinsa- men Sicherheits- und Vertei- digungspolitik (GSVP) verstän- digt. Um die Fähigkeiten der EU in Auslandsmissionen zu bündeln, wird ein neues ope- ratives Kommandozentrum geschaffen.

Dieses soll die bisherigen Strukturen zur Planung und Führung von Kriseneinsätzen ergänzen. Nach der Aufstellung sollen dem Kommando­ zentrum die Ausbildungsmis - sionen in Mali, Somalia und Zentralafrika unterstellt wer- den. Die EU-Missionen wer- den nicht zentral, sondern mit rotierenden Zuständig- keiten geführt. Deutschland stellt eins von fünf operativen Hauptquartieren, die von der EU als Kommando eines Ein- satzes herangezogen werden können.

Die Beschlüsse gehen zurück auf eine deutsch-fran- zösische Initiative. Ursula von der Leyen und ihr Amtskollege Jean-Yves Le Drian haben im vergangenen Jahr Maßnah- men für eine Erneuerung der GSVP eingebracht. Darunter auch die Idee eines „Haupt- quartiers“, um eine „perma- nente militärische Planungs­ und Durchführungsfähigkeit“ zu schaffen.

Bei ihrem letzten Treffen im November 2016 haben sich die Außen- und Verteidigungs- minister für eine Stärkung des sicherheitspolitischen Pfeilers der EU ausgesprochen. Von der Leyen lobte das Treffen im Nachgang als „wichtigen Schritt in Richtung einer Euro- päischen Sicherheits- und Verteidigungsunion.“ (stö)

E D I T O R I A L

Die Bundeswehr hat erstmals gemeinsam mit der Poli- zei den Ernstfall zur Terrorabwehr geübt. Getex lief am Kartentisch und damit weitgehend unsicht-bar für die Öffentlichkeit ab. In den Medien

hat die Übung ungeachtet dessen hohe

Wellen geschlagen. Das ist gut so, es

ist Ausdruck der Meinungspluralität

in einer freien Gesellschaft. Von dem mitunter erhobenen Vorwurf des Ver- fassungsbruchs kann aber keine Rede sein. Denn Getex fand nicht im luftlee-ren Raum statt. Das Grundgesetz setzt einen engen rechtlichen Rahmen für den Einsatz der Bun- deswehr im Inneren. Und das Bundesverfassungsge- richt hat diesen Rahmen präzisiert. Jeder kennt sei- nen Platz: Die Polizei kümmert sich um die Innere

Sicherheit, die Bundeswehr schützt nach außen. Sol

daten sind keine Polizisten und die Bundeswehr ist

nicht die operative Reserve der Polizei. Der Ein-satz spezifisch militärischer Waffen bleibt

Ultima Ratio. Aber die Truppe verfügt eben

über spezielle Fähigkeiten und Technik,

die der Polizei fehlen. Und im Ernstfall

müssen diese Fähigkeiten schnell und

präzise zur Wirkung gebracht werden.

Dann müssen Alarmketten und Kommuni-kationswege reibungslos funktionieren. Das

wiederum erfordert Übung. Der internationale Terror geht seit Jahren neue Wege. Die Sicherheits- kräfte in Deutschland müssen darauf vorbereitet sein.

Markus Tiedke, Chefreporter RedBw

IMPRESSUM Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:

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Bundeswehr aktuell ist ein Produkt

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aktuell gibt es auch als E-Paper auf: www.bundeswehr.de und über die Media-App der Bundeswehr.

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Dienstleistungen der Bundeswehr,

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die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt

der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit

Genehmigung. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzung vor.

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Fazit in der Bundespressekonferenz: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

13. März 2017 STREITKRÄFTE aktuell 3

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Wenn es um Sekunden geht

Fünf Ärzteteams der Bundeswehr messen sich in Berlin beim „Damage Control Surgery-Contest“.

Von Alexandra Möckel, Fotos Michael Gottschalk

Eine Explosion erschüttert den Platz. Zwölf Passanten werden zu Boden geris­

sen, wälzen sich vor Schmerzen. Ein Attentäter hat eine Bombe gezündet, dann das Feuer mit dem Sturmgewehr eröffnet. Ein Sondereinsatzkommando (SEK) rückt an, überwältigt den Amok­läufer. Die Polizisten bringen die Verletzten aus dem Gefahrenbe­reich und übergeben sie an den Rettungsdienst. Auch Soldaten des Sanitätsdienstes sind dabei. Hintergrund: Zur Vorbereitung und Inübunghaltung des sanitäts­dienstlichen Personals und der Sanitätsoffiziere sind die Bundes­wehrkrankenhäuser in den zivi­len Rettungsdienst eingegliedert.

Die Szene ist Auftakt für den vierten „Damage Control Surgery­Contest“ des Sanitäts­dienstes der Bundeswehr in Berlin. Fünf Teams aus den Bundeswehrkrankenhäusern Berlin, Koblenz, Ulm, Westerstede und Hamburg sowie ein Team des SEK treten an drei Stationen auf dem Gelände der Berliner Feuer­wehr­ und Rettungsdienst Aka­demie gegeneinander an. Juroren an jeder Station bewerten sie. Die Verletzungen, die die Ärzteteams versorgen müssen, ähneln denen, die auch Soldaten im Einsatz erleiden können: Schuss­, Split­ter­ und Explosionsverletzungen. Das Sze­nario zeigt, wie eine sol­che Situation auch für die B u n d e s ­wehrä rz te Realität wer­den kann. In den Teams a r b e i t e nChirurgen, A n ä s t h e ­sisten, Ret­tungsassis­tenten. Team Berlin besteht aus zwei Chirurgen und zwei Anäs­thesisten. Sie sind das jüngste Team im Contest.

Szenen wie im Fernsehen

Station Eins erinnert an Szenen aus der bekannten US­ameri­kanischen TV­Serie „Grey’s Anatomy“. Die vier jungen Ärzte stehen um einen OP­Tisch. Ein Juror hat sie zuvor in die Lage eingewiesen: „Patient nicht beat­met, Kreislauf stabil, Abdomen weist eine Eintritts­ und eine Austrittswunde auf.“ Der Zustand des Patienten verschlechtert sich. Er bekommt keine Luft mehr. Oberstabsarzt Sinje Haasler, Anästhesistin, muss einen Luft­röhrenschnitt ansetzen. „Es ist einfach, an einem Modell beherzt zu sein, beim Menschen ist das noch mal was anderes“, beurteilt Haasler die Situation später. Als die Atmung des Patienten stabil

ist, muss die Bauchverletzung versorgt werden. Oberstabsarzt Katharina Waldmann, eine der beiden Chirurgen im Team, über­nimmt die OP. Mit Klammern stillen die Ärzte die Blutung. „Und dann hab ich die Löcher mittels Nähten verschlossen“, erklärt die junge Chirurgin.

Priorität: Wer wird zuerst versorgt?

An Station Zwei wartet ein Massenanfall an Verwundeten. „Explosion in der Nähe eines Busses, Menschen mit unter­schiedlichen Verletzungsmus­tern, Rettungsmittel kommen zeitnah“, so der Juror. Der Auf­trag: Nach 60 Minuten müssen alle zehn Patienten versorgt sein. Nur sechs Minuten pro Patient. Oberstabsarzt Maximilian Bam­berg, Anästhesist, kategorisiert die Patienten. Die Schwerverletz­ten werden als erste versorgt. „Die laut Schreienden sind am unkri­tischsten“, erklärt der 30­Jährige. Wer schreit, ist bei Bewusstsein und vorerst stabil. Bald wird den Ärzten klar: Sie sind nicht nur zahlenmäßig den Verletzten unterlegen, auch ihr medizini­sches Material geht zur Neige. Sie improvisieren aus einer Feld­bluse eine Beckenschlinge, um ein gebrochenes Becken zu stabi­

lisieren. Das wichtigste Fazit der Jury: „Wahr­scheinlich wären alle d u r c h g e ­kommen.“

Bei der letzten Sta­tion heißt es: Retten unter ABC­Bedin­gungen. Aus der Tür eines

zweistöckigen Hauses dringt dichter Rauch. Eine bewusst­lose Person soll gerettet werden. Unter ABC­Schutz gehen die Ärzte ins Gebäude. Nur mit Hilfe einer Stirnlampe finden sie die schwerverletzte Person. Zuerst müssen sie eine Blutung stoppen. Mit einem Tourniquet binden sie den Arm ab. Beim Transport wird es im steilen Treppenhaus eng. Im ersten Obergeschoss ange­kommen, müssen die Medizi­ner einen intravenösen Zugang legen. Präzisionsarbeit mit vor Anstrengung zitternden Fingern. Haasler gelingt der Zugang den­noch ohne Probleme. Über die Drehleiter der Berliner Feuer­wehr gelangen sie aus dem Gebäude. Ihre Anstrengungen zahlen sich am Ende jedoch aus. Team Berlin ist Sieger des Contests.

Im Wettkampf ohne Mundschutz und OP-Kleidung: Das Ärzteteam behandelt einen Patienten.

Ständige Einsatzvorbereitung: Behandlung von zivilen Patienten

Die fünf Bundeswehrkrankenhäuser (BwKrhs) des Sanitätsdienstes sind fester Bestandteil des zivilen Gesundheitssystems und Rettungswesens. In Berlin, Hamburg, Ulm, Koblenz und Westerstede werden neben Bundeswehrangehörigen auch zivile Patienten ambulant oder stationär behan- delt. Kooperationsverträge mit den jeweiligen Ländern regeln die Zusammenarbeit. Auch in den zivilen Rettungsdienst sind die BwKrhs integriert. Rund 8000 Notfalleinsätze leistet das BwKrhs Hamburg gemeinsam mit der Feuerwehr jährlich. 2016 wurden im Berliner BwKrhs etwa 11 000 Patienten stationär behan-delt. Es werden jährlich über 100 000 Patienten in den zwölf Fachambulanzen versorgt. In Ulm, Hamburg und Koblenz

kommt die Rettung auch aus der Luft. Die Ulmer Rettungshubschrauber hoben seit 1971 zu mehr als 40 000 Rettungseinsätzen ab.

Diese Einsätze retten nicht nur Leben. Durch die strategische Ausrichtung der BwKrhs auf die Akut und Notfallversorgung sowie Behand-lung von komplexen Erkrankungen werden die Kameraden optimal auf die Auslandseinsätze vorbereitet. So behandeln sie möglichst viele Patienten, mit unterschiedlichsten Krankheitsbil-dern und Verletzungsmustern. Selbst die Füh-rung der Kliniken kann als ständiges Training des Sanitätsdienstes gesehen werden. Im Einsatz müssen die Sanitätssoldaten Rettungszentren und Lazarette managen, die in ihrem Betrieb den Krankenhäusern ähneln.

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1 Erschwerte Bedingungen: Unter ABC-Schutz gehen die Ärzte ins Gebäude, um eine schwer verletzte bewusstlose Person zu retten.

2 Mitglieder des Sondereinsatzkommandos überwältigen den Amokläufer, bringen die Ver letzten aus dem Gefahrenbereich und versorgen kritische Blutungen.

3 Schnelle Entscheidung: Bei einem Massenanfall von Verwundeten werden Menschen nach der Schwere ihrer Verletzungen kategorisiert.

MEHR AUF

4 aktuell BUNDESWEHR aktuell 5

FÜR DEN FALL DER FÄLLE Berlin, Ansbach, Würzburg: Terroristen haben Deutschland zum Ziel erklärt. Für GETEX 2017 haben Polizei und Bundeswehr zum ersten Mal in einer länderübergreifenden Anti-Terror-Übung zusammen trainiert. Ein Ortsbesuch im Lagezentrum in Bayern. Von Alexandra Möckel

A chtung! In Bremen 41 Tote an einer Schule“, spricht eine Polizeibeam-

tin laut in den Raum. Ihre Kollegen im Koordinie

rungsstab der Bayerischen Polizei arbeiten konzentriert weiter. Juristen, Polizisten und Soldaten sind im Raum. Seit den Morgenstunden sind hier immer wieder neue Anschlagsmeldungen eingegangen. An den Wänden hängen Bildschirme für Videokonferenzen und Lagevorträge. Fokussiert sitzen die Anwesenden vor ihren Computern, telefonieren, reichen Akten weiter, besprechen sich.

Die nächste Meldung trifft ein: „Zweimal Kampfmittelbeseitigung, einmal Oberfranken, einmal München.“

Sechs Bundesländer haben sich in der vergangenen Woche an der

Gemeinsamen Terrorismus-Ab-wehr-Exercise–kurz GETEX 2017 – beteiligt – neben Bay-ern auch Baden-Württemberg, Bremen, Nordrhein-Westfahlen,

das Saarland und Schleswig-Hol- stein. Erstmals haben Polizei und Bundeswehr damit in einer län- derübergreifenden Übung zusam- men geübt. GETEX ist eine reine Stabsrahmenübung – Computer und Telefone, keine Truppe.

Die Führung liegt bei der Polizei

Hintergrund: Die Bundes- wehr verfügt über Ressourcen und Fähigkeiten, die andere Ins titutionen nicht oder nur begrenzt haben. Dazu zählen das Entschärfen von Sprengfal- len und der Verwundetentrans- port mit geschützten Fahrzeu- gen. „Die Bundeswehr wird über ein Amtshilfeersuchen gefragt, ob sie eine Fähigkeit beitragen kann“, sagt Oberstleutnant Chris- tian Binder, Leiter des Lagezent- rums im Landeskommando Bay- ern. Das Kommando Territoriale Aufgaben und das Kommando Streitkräftebasis prüfen bundes-

weit, welche Ressourcen zur Ver- fügung stehen und wo unterstützt werden kann und darf. Anschlie-ßend wird entschieden, ob und in welchem Umfang der Forderung nachgekommen werden kann. Im Zuge von GETEX geht es in Bayern unter anderem um die Anfrage für eine Drohne. „Wir stellen technische Aufklärungs-mittel bereit, um die Polizei bei der möglichen Suche nach Tätern aus der Luft zu unterstützen“, erklärt Binder. Die Polizei benö-tigt außerdem mehr Sprengstoff-spürhunde als sie selbst zur Ver-fügung hat – die Bundeswehr kann helfen. Die Übung versetze alle Beteiligten in die Lage, zu erkennen, wo Anstrengungen intensiviert werden müssten, sagt Binder. Polizeidirektor Michael Riederer ist der Leiter des Führungsstabes im Bayerischen Staatsministe-rium. Er ist verantwortlich für den ordnungsgemäßen Ablauf – und dafür, dass die durch das

Ministerium erteilten Auflagen erfüllt werden. „Bei dem Antrag auf eine Drohne ergeben sich nicht nur rechtliche Fragen, son- dern auch taktische, wie kom- men beispielsweise die Bilder von der Bundeswehr zur Poli- zei“, erklärt Riederer. Die enge Zusammenarbeit mit den Ver- bindungsoffizieren der Bundes- wehr sei unverzichtbar.

„Eine notwendige Übung“

Das vorläufige Fazit des bay- erischen Landespolizeipräsi- dent Wilhelm Schmidbauer zu GETEX 2017: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es sehr notwendig war, diese Übung durchzuführen. Einfach um die Informationswege, deren Sicher- heit und Schnelligkeit zu testen. Wir müssen an der einen oder anderen Stelle noch nachbessern und zwar sowohl bei der Bundes- wehr als auch bei der Polizei.“

Stichwort: Einsatz im Inneren

Kernauftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidi-- gung. Das folgt aus Artikel 87a Absatz 1 des Grund-- gesetzes (GG). Die Landesverteidigung setzt einen bewaffneten Angriff auf Deutschland im Sinne des Völkerrechts voraus und ist inner- und außerhalb der Landesgrenzen zulässig.

Abseits des Verteidigungsfalls darf die Bundeswehr innerhalb der Landesgrenzen in Notfällen technische und logistische Unterstützung gewähren. Also etwa mit Räumpanzern Schnee schieben, aufgeweichte Dämme stützen oder mit ihren Hubschraubern Men-- schen aus der Flut retten.

Davon ist der „Einsatz im Inneren“ zu unterschei-- den. Er umfasst die Einbeziehung der Streitkräfte in bewaffnete Unternehmungen, also Einsätze der Bun-- deswehr als Organ der vollziehenden Gewalt. Auch die Androhung hoheitlichen Zwangs genügt bereits. Etwa, wenn auf die abschreckende Wirkung bewaff-- neter Soldaten gesetzt wird. Nach Artikel 87a Absatz 4 GG kann die Bundeswehr die Polizei unterstützen, wenn die freiheitlich demokratische Grundordnung bedroht ist und die Polizeikräfte nicht mehr ausrei-- chen. Bei einem solchen „inneren Notstand“ dürfte die Truppe helfen, militärisch organisierte Aufständi-- sche niederzukämpfen.

Auch Naturkatastrophen oder absichtlich herbei-- geführte Unglücksfälle rechtfertigen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Das regelt Artikel 35 GG. Dies setzt allerdings eine erhebliche Schwere des Unglücks -falls und die Unbeherrschbarkeit der Situation für die Behörden voraus. Ist der Katastrophenfall auf ein Bun-- desland beschränkt, bietet Artikel 35 Absatz 2 GG die Rechtsgrundlage für den Einsatz der Bundeswehr. Beim überregionalen Katastrophenfall gilt Artikel 35 Absatz 3 GG. Die Anwendung spezifisch militärischer Mittel durch die Streitkräfte muss auf ganz besonders schwerwiegende Ausnahmefälle beschränkt bleiben.

Schleswig-Holstein, Bremen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Baden-Württemberg und Bayern haben sich aktiv an GETEX 2017 beteiligt.

1 GETEX 2017 ist eine Stabsrahmenübung – das Training von Polizei und Bundeswehr ist für die Öffentlichkeit also nicht unmittelbar sichtbar. Im bayersichen Murnau präsentieren Bundeswehr und Polizei ihre Fähigkeiten aber in einem Static Display.

2 Der Koordinierungsstab der Bayerischen Polizei.

3 Austausch zwischen der Führung der Bayerischen Polizei und einem Stabs­offizier der Bundeswehr im Zuge von GETEX 2017.

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MEHR AUF

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GETEX 2017 SCHEMATISCHE

DARSTELLUNG DER KOOPERATIONSABLÄUFE

Koordination

KRISENSTAB

VERBINDUNGS­ELEMENT

BUNDESWEHR KOMMANDO STREITKRÄFTEBASIS

KOMMANDO TERRITORIALE AUFGABEN koordiniert Bereitstellung der Ressourcen

Prüfung des Hilfeersuchens

LANDESKOMMANDOS erteilen Auftrag an einzelne Dienststellen

KRISENSTÄBE DER LANDESREGIERUNGEN

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VERBINDUNGS­ELEMENT

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6 aktuell ZOOM 13. März 2017

SAUBERDer rollende Entgiftungsplatz:

Das TEP 90 der ABC-Abwehrkräfte. Von Stefan Rentzsch

G roß, leistungsstark und hochmobil: Das Trup- penentgiftungsplatz-90-Fahrzeug (TEP 90) ist das Arbeitstier der qualifizierten ABC-Abwehr-

kräfte. Auf den ersten Blick wirkt das Iveco-Fahrge- stell mit stark gepanzertem Fahrerhaus, Container und einem Ladekran nur wie ein schwerer LKW. Doch bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als flexibles und geländegängiges High-Tech-Großgerät mit zahl- reichen Funktionen.

„Die Ausstattung des TEP 90 ist die Basis für die Einrichtung eines Dekontaminations-platzes“, erklärt Hauptfeldwebel Manuel Warlies. Der 37-Jährige ist Ausbil-der an der Schule ABC-Abwehr und Gesetzliche Schutzaufgaben in Sonthofen. „Zur Entstrahlung, Entseuchung und Entgiftung verfügt es über vier Module mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.“

Für jeden Auftrag gewappnet

Modul 1 nimmt den größten Teil des Fahrzeugs ein. Es enthält die gesamte Ausstattung zur Dekontamination von Großgerät und Fahrzeugen. Dazu gehö- ren Hochdruckreiniger, Sprüh- und Schaumlanzen, Wasser sowie Dekon- taminationsmittel. „Der Ladekran nimmt hier eine wichtige Funktion ein“, erklärt Warlies. „Mit einem Arbeitskorb ausgestattet können Fahr-zeuge damit auch von oben behandelt werden.“

Das direkt dahinter ange- brachte Modul 2 kommt bei der Dekontamination von Bekleidung, Ausrüstung und Sondergerät – etwa Laptops – zum Einsatz. Ganz hinten am Fahrzeug befindet sich Modul 3, mit dem Personen dekontaminiert werden. Hier sind zwei Duschz ellen inklusive Wassertank, Heizsystem und Klimaanlage integriert. „Zusätzlich enthält es ein aufblasbares An- und Auskleidezelt, in dem die Personen gefahrlos vom unreinen in den reinen Bereich gelangen“, sagt Warlies. Von außen nicht sichtbar ist Modul 4. Das sogenannte Dekontaminationsshuttle ist im Modul 1 verstaut. Das Kettenfahrzeug dekontaminiert Innenräume von Fahr- zeugen und Fluggeräten.

Die Module 2, 3 und 4 können mit dem Ladekran vom Fahrzeug abgeladen werden. Alle vier Module sind weitgehend unabhängig voneinander einsetzbar. Zudem kann das gesamte System mindestens eine Stunde ohne externe Versorgung arbeiten – auch bei extremen Wetterverhältnissen.

Mit ganz viel Sorgfalt und dabei umweltfreundlich

Das komplexe Gerät verlangt seiner Besatzung, die aus einem Fahrer und drei ABC-Abwehr-Soldaten besteht, einiges ab – und birgt Gefahren. „Die Bediener arbeiten mit einer hohen elektrischen Spannung. Hinzu kommt der enorme Wasser- und Dampfdruck auf den Sprüh-lanzen. Die Wassertemperatur liegt zwischen 55 und 155 Grad“, beschreibt Warlies die Arbeitsbedingungen. Auch beim Umgang mit den Chemikalien und dem Ladekran sei Sicherheit und Sorgfalt geboten. „Die Ausbildung der Bediener ist daher breit gefächert. Grundlagen in Physik und Chemie, die Handhabung von Strahlenspür­ und Verstrahlungsmessgeräten sowie Kenntnisse von chemischen Analyseverfahren und der Wasseraufbe reitung gehören dazu“, sagt Warlies. Hinzu kommen die Ausbildung zur Bedienung des Krans und der einzelnen Module.

Je nach Art der Verschmut-zung stehen der Besatzung des TEP 90 verschiedene Dekontaminationsmittel zur Verfügung. „Sie unterliegen grundsätzlich der Wassergefährdungsklasse 1 – sind also nur schwach wassergefährdend“, erklärt Warlies. Zudem seien sie leicht biologisch abbaubar. „Es kommt aller- dings vor, dass bei einer Dekontamination Sonderabfälle anfallen. In dem Fall muss in Friedenszeiten eine Entsor- gung eingeleitet werden“, ergänzt der Hauptfeldwebel.

All das macht TEP 90 zu einem der weltweit mo-dernsten Systeme für die ABC-Abwehr. Die Bundes- wehr besitzt 62 der Großgeräte, die sich auch im Einsatz in Afghanistan bewährt haben. Für die erhöhte NATO-Präsenz in Litauen (Enhanced Forward Presence – EFP) sind vier Fahrzeuge eingeplant. Von Ende März bis Anfang Juli werden sie in gemeinsame Übungen mit den litauischen ABC-Abwehrkräften und der EFP-Battlegroup eingebunden.

MODUL 2 und 3

DEKONTAMINATION VON MATERIAL UND PERSONEN

Modul 2: Dekontamination der persönlichen Ausstattung und persönlichen ABC-Schutzausstattung sowie Sonderausstattung in der Heißdampf-Heißgas-Kammer oder im nasschemischen Verfahren.

bis zu 155 °

Vorbereitend: Abwaschen der Stiefel in Seifenlauge, um anhaftende Kontamination zu entfernen.

Modul 3: Auskleide- und Ankleidezelt – zwei Duschzellen ermöglichenden Übergang vom unreinen in den reinen Bereich.

Anschließend: Empfang der dekontaminierten persönlichen Ausstattung.

MEHR AUF

MODUL 1

MODUL 2

MODUL 4

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13. März 2017 SOZIALES / PERSONAL aktuell 7

Gut ausgebildet und zuverlässigAusscheidende Soldaten werden vom Berufsförderungsdienst der Bundeswehr unterstützt.

Von Timo Kather

Berlin. „Soldaten sind gerade für Tätigkeiten in Uniform beson­ders geeignet“, sagt Stefan Bier ­mann, Leiter des Berufsförde­rungsdienstes Berlin. „Sie sind gereifte Persönlichkeiten, mit den Strukturen des öffentlichen Dienstes vertraut – und sehr flexibel.“ Ehemalige Soldaten hätten oft einen entscheidenden Vorsprung gegenüber Mitbe­werbern. „Polizei und Feuer­wehr funktionieren ähnlich wie die Bundeswehr“, so Biermann.

Der Schwerpunkt der dritten Fachmesse „Karriere im Binnen­arbeitsmarkt der Bundeswehr und im öffentlichen Dienst“ in Berlin lag dann auch auf den sogenannten „Blaulichtorgani­sationen“: Unter anderem waren die Landespolizeien Berlin und Brandenburg, die Bundespolizei, die Feuerwehr und der Justizvoll­zug mit Ständen vertreten.

„Zeit für etwas Neues“

Marcel Rieck holte sich am Stand der Landespolizei Berlin Informationen für sein Ein­stellungsgespräch. „Ich habe mich beworben und wurde eingeladen“, sagt der 24­jäh ­rige Oberstabsgefreite, der eine Laufbahn im Mittleren Dienst anstrebt. Rieck hatte schon nach der Schule mit dem Gedanken gespielt, Polizist zu werden – gab aber der Bundeswehr den Vorzug. Er verpflichtete sich als Soldat auf Zeit für acht Jahre. „Langsam wird es Zeit für etwas Neues“, sagt Rieck. Nach Statio­nen in Erfurt und Lehnin will der Oberstabsgefreite nun mit seiner Freundin zusammenziehen – in seiner Heimatstadt Berlin.

„Polizei und Bundeswehr – das passt“

„Viele Soldaten haben Fragen zum Auswahlverfahren, zu

den Aufstiegschancen und den Dienstzeiten“, sagt

Angelika Daschek, Berufsberaterin der Landespolizei Ber­lin. Nach ihrer Einschätzung pas­sen Polizei und Bundeswehr sehr gut zusammen.

„Soldaten bringen Berufserfahrung und

Umgangsformen mit und sind sehr diszipliniert.“

Alles Eigenschaften, die auch

im Polizeidienst gefragt sind. Daschek selbst ist direkt nach der Lehre zur Polizei gewechselt: das war vor 37 Jahren. „Bereut habe ich die Entscheidung nie“, sagt sie.

„Ich will Berufssoldat werden“

Die 34­jährige Hauptboots­mann Claudia Jach hat ihr gan­zes bisheriges Berufsleben bei der Bundeswehr verbracht – und würde gern für immer bleiben. „Eigentlich will ich Berufssolda­tin werden, muss aber über Alter­nativen nachdenken“, sagt sie. Jach ist Fachkranken schwester für Intensivmedizin am Bun­deswehrkrankenhaus Berlin. Ihre Dienstzeit endet nach jetzi­gem Stand im Jahr 2020 – nach 17 Jahren bei der Truppe. Jetzt steht Jach am Stand der Akade­mie des Auswärtigen Dienstes. „Ich war in Afghanistan und in Bosnien, habe beide Auslands­einsätze gemocht. Jetzt gucke ich, ob das etwas für mich ist.“

„Eine Lebensentscheidung“

Silke Pretty, Ausbildungskoor­dinatorin, kann Jach weiter­helfen – sie ist Mitglied der Ausbildungsleitung in der Aka­demie des Auswärtigen Dienstes. „Wer zu uns kommt, trifft keine Berufs­, sondern eine Lebens­entscheidung. Und es ist kein Wunschkonzert: Es gibt nicht

nur London oder Paris, sondern auch Nowosibirsk.“

Hinzu kommt das Rotations­prinzip: Die Mitarbeiter wech­seln alle vier Jahre das Land, müssen sich auf eine neue Kul­tur einlassen. Daher greife man gern und regelmäßig auf ehe­malige Soldaten zurück, sagt Pretty: „Das sind Leute, die das Ausland kennen. Viele haben das Ziel, wieder ins Ausland zu gehen.“

„Habe die Entscheidung nie bereut“

Das Dienstzeitende von Maik Schwitzke liegt schon einige Jahre zurück – der 46­Jährige arbeitet seit acht Jahren beim Kampfmittelbeseitigungsdienst der Polizei Brandenburg. Bevor er die Uniform wechselte, war Schwitzke 17 Jahre bei der Bun­deswehr. Er schied im Rang eines Hauptfeldwebels aus. Auch er sagt, er habe die Entscheidung nie bereut.

Schwitzke steht am Stand sei­nes neuen Arbeitgebers und will andere Soldaten überzeugen, zuden Kampfmittelbeseitigern zu wechseln. Offenbar ziehen seine Argumente. „In den letzten Jah­ren konnten wir unseren Perso­nalbedarf zu 100 Prozent aus der Bundeswehr nachgenerieren“, sagt Schwitzke. Warum Solda­ten so gern genommen werden? „Das sind Leute, die selbstbe­wusst, gut ausgebildet und zuver­lässig sind.“

MEHR AUF

Das ist der BFD

Die Bundeswehr sorgt sich um ihre Leute: Vor, während und auch nach der

Dienstzeit. Der Berufsförderungsdienst – kurz BFD – bietet Karrierecoachings, Wei­terbildungen, Umschulungen und sogar

die Möglichkeit, Schul­ und Berufsab ­schlüsse nachzuholen. Und alles

bei vollem Sold.

P E R S O N A L B O G E N

Land in Sicht Leipzig. Studieren muss man sich leisten kön­nen. Entweder helfen die Eltern – oder ein Neben­job muss her. Anders lassen sich Studien­gebühren, Bücher und Miete kaum bezahlen. Die 33­jährige Meike Hahn muss sich jedenfalls keine Gedan­ken machen. Sie zieht ihr Studium der Buch­ und Medienproduktion sorgenfrei durch – dank des Berufs­förderungsdienstes der Bundeswehr.

Meike Hahn ist ehemalige Marine­soldatin. Sie fing nach dem Abitur als Zeitsoldatin an, ließ sich erst zur Vermes­sungstechnikerin und dann zum Navigations­meister ausbilden. Ab 2008 kreuzte Hahn auf den Fregatten „Emden“ und „Niedersachsen“ mehr als fünf Jahre über die Meere.

Hahn erinnert sich gern an diese Zeit zurück. Allerdings sei das Schiffsleben nicht einfach: die Enge, der Wellengang, die Müdigkeit durch den Rhythmus der Wachwechsel. „An Bord ist man schon eingeschränkt. Mit zunehmendem Alter will man auch etwas Komfort.“ Ins Büro zu wechseln, sei nicht mit ihrem Berufsverständnis vereinbar gewesen. Also ging Hahn von Bord.

„Ich wollte wieder näher an meiner sächsischen Heimat leben. Und ich wollte studieren.“

Sie hatte die Qual der Wahl. Schließlich wurde Hahn auf den Studiengang Buch­

und Medienproduktion in Leipzig auf­merksam. Wartesemester hatte sie mehr als genug.

Die erste Hälfte ihres Studiums absolvierte sie als Soldatin, seit

Januar 2015 bezieht Meike Hahn sogenannte Übergangsgebührnisse

in Höhe von 90 Prozent des letzten Brutto­solds. Semestergebühren werden vom BFD

erstattet, es gibt eine Pauschale für Lernmittel. „Abgesehen vom Papierkram gibt es keinerlei Probleme. Ich würde das jederzeit weiterempfeh­len“, sagt Hahn.

Die angehende Buch­ und Medienproduzentin schreibt derzeit an ihrer Bachelorarbeit. Im Gegen­satz zu vielen Kommilitonen will sie pünktlich fer­tig sein. Wenn ihre Mitstudenten nach der Nacht­schicht und dem Kneipenbesuch noch in den Federn liegen, spult Hahn schon ihr Tagespro­gramm ab. Der Bundeswehr bleibt sie nach wie vor verbunden: Meike Hahn ist Reservistin. (kat)

Welche Person bewundern Sie am meisten? Das Fitnessmodel Sophia Thiel.

Was können Sie überhaupt nicht leiden? Rohe Tomaten.

Welches Lied singen oder hören Sie gern? Alle Songs, die mich mitreißen. Gesungen wird nur im Auto, wenn mich keiner hört.

Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen? Cupcakes aus meinen Lieblingscafé in Leipzig.

Wo möchten Sie am liebsten leben? Da, wo man den ganzen Tag in Flipflops rumlaufen kann.

Was war das Verrückteste, was Sie jemals erlebt haben? Bei der Marine war jeder Tag auf seine Art verrückt.

Was würden Sie mit einem Millionen-Lotto-Gewinn machen? Hauptsache schnell weg damit. Zinsen gibt’s ja nicht. Also erst einmal ordentlich shoppen. Dann würde ich meiner Familie etwas abgeben – und den Rest ganz spießig in eine Immobilie investieren.

Marcel Rieck

Angelika Daschek

Claudia Jach

Silke Pretty Fotos: Bundesw

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Maik Schwitzke

Foto: privat

8 aktuell VERMISCHTES 13. März 2017

Abschied mit Eskorte Am Freitag wird Bundespräsident Joachim Gauck aus dem Amt verabschiedet – mit Großem Zapfenstreich. Diese drei Soldaten werden dabei sein. Von Jörg Fleischer

Es war ein Kompliment der besonderen Art, das Bundespräsident Joachim

Gauck den Soldaten in der Julius-Leber-Kaserne jüngst aussprach: „Ich bin stolz auf Sie“, sagte Gauck bei seinem Abschiedsbesuch. Er habe sich immer sicher gefühlt in Beglei- tung der Soldaten. Und: „Ich habe mich zu bedanken für die vorzüg- liche Arbeit.“

Wenn Gauck am Freitag mit einem Großen Zapfenstreich aus dem Amt scheidet, werden viele Soldaten ihren Beitrag leisten – als Teil der Feldjägertruppe, des Stabsmusikkorps der Bundeswehr und des Wachbataillons beim Bundesministerium der Vertei- digung (BMVg). Hauptfeldwebel Robert T. ist Feldjäger und Mit -

glied der Motorradeskorte, die den Bundespräsidenten begleitet. Beim Zapfenstreich wird er in der protokollarisch größten Ehren- formation aus sieben Motorrä- dern Joachim Gaucks Limousine eskortieren.

Begleiter auf der BMW

Es ist das erste Mal für Robert T., dass er das Staats- oberhaupt zum großen Zapfen­ streich geleitet. „Deshalb ist die ser Auftrag für mich etwas ganz Besonderes“, sagt der Feldjäger in seiner grau-schwarzen Leder kombination, in der er sich an seine BMW RT 1200 lehnt. Wenn die Motorradeskorte der Feldjäger den Bundespräsiden-

ten eskortiert, muss jedes Detail stimmen. „Wir haben blindes Vertrauen zueinander – sonst funktioniert es nicht.“ Es ist die Kameradschaft, die ihn an diesem Job am meisten reizt. „Wir, in der Motorradeskorte, sind keine Rennfahrer, sondern fahrtechni- sche Feinmechaniker.“

Für den musikalischen Rahmen wird am Freitag das Stabsmusik- korps der Bundeswehr sorgen. Hauptfeldwebel Oliver Schneider spielt die erste Posaune und ist stolz, beim Großen Zapfenstreich für den scheidenden Bundesprä- sidenten Joachim Gauck dabei sein zu dürfen. „Etwas ganz Besonderes, der Abschluss, das Highlight“, sagt er. Lampenfieber kennt der Posaunist nicht. „Eher positive Anspannung.“

Schneider ist ein glücklicher Mensch. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. „Den ganzen Tag Musik machen – was kann es Schöneres geben?“ Und dann noch für den Bundespräsidenten ...

Mit ganz viel Präzision

Eine Premiere steht für den Hauptgefreiten Max Wilhelm Klemm von der 3. Kompanie des Wachbataillons beim BMVg bevor. Das ist der erste Große Zapfenstreich im Schloss Bellevue für Max Wilhelm Klemm. „Spannend“, sagt der 21-Jährige. „Der Anlass ist etwas Herausragendes“, sagt Klemm, „auch wenn der Einsatz an sich

Routine ist“. Einige Erfahrung bei anderen Großen Zapfen­streichen hat der junge Soldat, der seit zweieinhalb Jahren bei der Bundes wehr dient, schon gesammelt – zum Beispiel beim Großen Zapfenstreich anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Bundeswehr vor dem Reichstag.

Das Leitbild des Wachba- taillons lautet „Semper talis“, „immer gleich“. Stets und in jeder Hinsicht kommt es für Max Wilhelm Klemm und seine Kameraden auf höchste Prä- zision an, auf den Millimeter gewissermaßen. Optimale Team- arbeit ist gefragt.

MEHR AUF

092017

VielGlück

R Ä T S E L

SUDOKUSenden Sie die vier Lösungszahlen, die sich aus den farbigen Feldern ergeben, per E-Mail mit dem Betreff „Sudoku 09/2017” und Ihrer Postanschrift an:

[email protected]

Einsendeschluss: Sonntag dieser Woche

Zu gewinnen: Leatherman REV Multitool Dieses hochwertige Multitool mit 13 Funktionen ist ein Allrounder für jeden Outdoor-Fan.

Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen. Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt. Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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