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Knieschmerzen sind ein häufiges Problem. Sie können z.B. durch Verletzungen, Überlastungen und Verschleiß hervorgerufen werden. Manchmal kann der Schmerz auch durch eine Flüssig- keitsvermehrung im Knochen hervorgerufen werden, einem Knochenmarksödem (Bone Mar- row Edema = BME). Das Krank- heitsbild erklärt Professor Dr. Klaus Fritsch, Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Was ist ein Knochenmarksödem? Knochen sind kein „lebloses“ Stützgewebe, sondern sind sehr gut durchblutet. Knochen haben im Innern ein schwammartig aufgebautes Sys- tem aus feinen Knochenbälkchen – die Spongiosa. In den Hohlräumen des von den Spongiosabälkchen gebildeten „Schwammes“ befindet sich das Knochenmark. Im Knochenmark werden fast alle Blutzellarten des Menschen gebildet. Es füllt die Hohlräume der Kno- chen. Im Durchschnitt besitzt ein Erwachsener etwa 2600 Gramm Knochenmark, entsprechend fünf Prozent des Körpergewichts. Im Knochenmark befindet sich circa zehn Prozent allen Blutes des Körpers. Beim Knochen- marksödem handelt es sich um ei- Prof. Dr. med Klaus Fritsch Parsifalstraße 5, 95445 Bayreuth Telefon 0921/757570 e-Mail [email protected] Anzeige ne Flüssigkeitsvermehrung im Knochen. Wie wird die Diagnose gestellt? Röntgenbilder und Ultraschall können ein Knochenmarksödem nicht darstellen. Die Diagnose er- folgt durch eine Kernspintomogra- phie (MRI). Dort lassen sich entsprechende Signalveränderungen feststellen – im abgebildeten MRI zeigen sich im schwarzen Knochen weiße Fle- cken als Zeichen einer Flüssig- keitseinlagerung. Die Diagnose BME ist ein relativ neues Krankheitsbild, dessen Dia- gnose erst durch die Einführung der Kernspintomographie möglich war. Wie kommt es zum BME? - BME können „mechanisch“ ver- ursacht sein, also zum Beispiel nach einer Kniegelenksverletzung auftreten, als Folge einer Kraftein- wirkung auf den Knochen. Diese Art von Knochenmarks- ödem nennt sich bone bruise. Es handelt sich um kleinste Brüche der Spongiosa, die auf einem nor- malen Röntgenbild nicht sichtbar sind. Jeder Kreuzbandriss verursacht zum Beispiel einen mehr oder we- niger großen bone bruise. Abhängig von den Ausmaßen dieses bone bruises müssen die Patienten eventuell einige Wo- chen Krücken benützen, damit dieser bone bruise abheilen kann. Eine weitere Ursache für ein mechanisches BME ist Überlas- tung, im Sinne eines Stress-Kno- chenmarksödems. Dies kann zum Beispiel bei Ma- rathonläufern nach übermäßigem Training auftreten und die Vorstu- fe zu einem Übermüdungsbruch sein. Schonung beseitigt dieses Überlastungsproblem. - Reaktive BMEs treten im Rahmen eine Arthrose auf. In Angrenzung des geschädig- ten Gelenkknorpels kommt es zu einer Flüssigkeitseinlagerung im Knochen. Entsprechende Arthrosethera- pie mit Teilbelastung, Medika- mente und Physiotherapie ver- mindern das BME, mit Abklingen der Arthrosebeschwerden. - Das ischämische BME ist wahr- scheinlich Folge einer Durchblu- tungsstörung in der Endstrom- bahn (Arteriolen, Venolen, Kapil- laren). Sie hat nichts mit einer allge- meinen Durchblutungsstörung ei- nes Beines zu tun, sondern be- schränkt sich lediglich auf ein Knochenareal. Wie äußert sich das ischämische BME? Betroffen sind meist Patienten zwischen dem 40. und 60. Lebens- jahr. Es treten plötzlich starke einsei- tige Knieschmerzen auf, ohne Hin- weis auf eine Ursache – keine Überlastung, keine Verletzung. Das Röntgenbild zeigt in der Re- gel keine Auffälligkeiten. Das Gelenk ist zunächst nicht übermä- ßig geschwollen. Die Schmerzen treten nicht nur bei Belastung auf, sondern auch nachts. Auffallend ist bei der Untersu- chung des Knies meistens ein Klopfschmerz am Knochen – ent- weder am Schienbeinkopf, oder an der Oberschenkelrolle. Wie ist der Verlauf des ischämi- schen BMEs? In der Regel handelt es sich um ei- ne sich selbst begrenzende Er- krankung, mit einer Dauer von vier bis zwölf Monaten, durchschnitt- lich sechs Monate. Ein Teil dieser BMEs entwickelt sich jedoch zu einer zunehmen- den Nekrose, das heißt zu einer zunehmenden Zerstörung der Ge- lenkfläche des Knies. Die Folge ist dann ein Oberflä- chenersatz ein künstliches Gelenk. Wie ist die Therapie des ischämi- schen BMEs? Teilbelastung an Unterarmgehs- tützen für mindestens sechs Wo- chen zur Schonung des betroffe- nen Gelenks ist empfohlen. Danach sollte mit MRI der wei- tere Verlauf kontrolliert werden, evtl. dann mit zunehmender Be- lastung. Spezielle durchblutungsför- dernde Medikamente sollen das betroffene Areal wieder regene- rieren. Eine Operation mit Anbohrung kann zur Druckentlastung und Re- vaskularisierung des betroffenen Knochenanteils führen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.oc-bayreuth.de In unserer nächsten aktuellen Sonntagssprechstunde in der Ausgabe am 16. September lesen Sie einen Beitrag von Dr. med. Stefan Gycha, Facharzt für Allge- meinmedizin. Knochenmarködem im MRI (Radiolo- gie im Dürerhof) Die aktuelle Sonntagssprechstunde Knieschmerzen bei Knochenmarksödem Von Prof. Dr. med. Klaus Fritsch

Anzeige Die aktuelle Sonntagssprechstunde · 2018. 10. 8. · Knieschmerzen sind ein häufiges Problem. Sie können z.B. durch Verletzungen, Überlastungen und Verschleiß hervorgerufen

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Page 1: Anzeige Die aktuelle Sonntagssprechstunde · 2018. 10. 8. · Knieschmerzen sind ein häufiges Problem. Sie können z.B. durch Verletzungen, Überlastungen und Verschleiß hervorgerufen

Knieschmerzen sind ein häufigesProblem. Sie können z.B. durchVerletzungen, Überlastungenund Verschleiß hervorgerufenwerden. Manchmal kann derSchmerz auch durch eine Flüssig-keitsvermehrung im Knochenhervorgerufen werden, einemKnochenmarksödem (Bone Mar-row Edema = BME). Das Krank-heitsbild erklärt Professor Dr.Klaus Fritsch, Arzt für Orthopädieund Unfallchirurgie.

Was ist ein Knochenmarksödem?Knochen sind kein „lebloses“Stützgewebe, sondern sind sehrgut durchblutet.

Knochen haben im Innern einschwammartig aufgebautes Sys-tem aus feinen Knochenbälkchen– die Spongiosa.

In den Hohlräumen des von denSpongiosabälkchen gebildeten„Schwammes“ befindet sich dasKnochenmark. Im Knochenmarkwerden fast alle Blutzellarten desMenschen gebildet.

Es füllt die Hohlräume der Kno-chen. Im Durchschnitt besitzt einErwachsener etwa 2600 GrammKnochenmark, entsprechend fünfProzent des Körpergewichts.

Im Knochenmark befindet sichcirca zehn Prozent allen Blutesdes Körpers. Beim Knochen-marksödem handelt es sich um ei-

Prof. Dr. med Klaus FritschParsifalstraße 5, 95445 BayreuthTelefon 0921/757570e-Mail [email protected]

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ne Flüssigkeitsvermehrung imKnochen.

Wie wird die Diagnose gestellt?Röntgenbilder und Ultraschallkönnen ein Knochenmarksödemnicht darstellen. Die Diagnose er-folgt durch eine Kernspintomogra-phie (MRI).

Dort lassen sich entsprechendeSignalveränderungen feststellen– im abgebildeten MRI zeigen sichim schwarzen Knochen weiße Fle-cken als Zeichen einer Flüssig-keitseinlagerung.

Die Diagnose BME ist ein relativneues Krankheitsbild, dessen Dia-gnose erst durch die Einführungder Kernspintomographie möglichwar.

Wie kommt es zum BME?- BME können „mechanisch“ ver-ursacht sein, also zum Beispielnach einer Kniegelenksverletzungauftreten, als Folge einer Kraftein-wirkung auf den Knochen.

Diese Art von Knochenmarks-ödem nennt sich bone bruise. Eshandelt sich um kleinste Brücheder Spongiosa, die auf einem nor-malen Röntgenbild nicht sichtbarsind.

Jeder Kreuzbandriss verursachtzum Beispiel einen mehr oder we-niger großen bone bruise.

Abhängig von den Ausmaßendieses bone bruises müssen diePatienten eventuell einige Wo-chen Krücken benützen, damitdieser bone bruise abheilen kann.

Eine weitere Ursache für einmechanisches BME ist Überlas-tung, im Sinne eines Stress-Kno-chenmarksödems.

Dies kann zum Beispiel bei Ma-rathonläufern nach übermäßigemTraining auftreten und die Vorstu-fe zu einem Übermüdungsbruchsein.

Schonung beseitigt diesesÜberlastungsproblem.- Reaktive BMEs treten im Rahmeneine Arthrose auf.

In Angrenzung des geschädig-ten Gelenkknorpels kommt es zueiner Flüssigkeitseinlagerung imKnochen.

Entsprechende Arthrosethera-pie mit Teilbelastung, Medika-mente und Physiotherapie ver-mindern das BME, mit Abklingender Arthrosebeschwerden.- Das ischämische BME ist wahr-scheinlich Folge einer Durchblu-tungsstörung in der Endstrom-bahn (Arteriolen, Venolen, Kapil-laren).

Sie hat nichts mit einer allge-meinen Durchblutungsstörung ei-nes Beines zu tun, sondern be-schränkt sich lediglich auf einKnochenareal.

Wie äußert sich das ischämischeBME?Betroffen sind meist Patientenzwischen dem 40. und 60. Lebens-jahr.

Es treten plötzlich starke einsei-tige Knieschmerzen auf, ohne Hin-weis auf eine Ursache – keineÜberlastung, keine Verletzung.

Das Röntgenbild zeigt in der Re-gel keine Auffälligkeiten. DasGelenk ist zunächst nicht übermä-ßig geschwollen.

Die Schmerzen treten nicht nurbei Belastung auf, sondern auchnachts.

Auffallend ist bei der Untersu-chung des Knies meistens einKlopfschmerz am Knochen – ent-weder am Schienbeinkopf, oderan der Oberschenkelrolle.

Wie ist der Verlauf des ischämi-schen BMEs?In der Regel handelt es sich um ei-ne sich selbst begrenzende Er-krankung, mit einer Dauer von vierbis zwölf Monaten, durchschnitt-lich sechs Monate.

Ein Teil dieser BMEs entwickeltsich jedoch zu einer zunehmen-den Nekrose, das heißt zu einerzunehmenden Zerstörung der Ge-lenkfläche des Knies.

Die Folge ist dann ein Oberflä-chenersatz – ein künstlichesGelenk.

Wie ist die Therapie des ischämi-schen BMEs?Teilbelastung an Unterarmgehs-tützen für mindestens sechs Wo-chen zur Schonung des betroffe-nen Gelenks ist empfohlen.

Danach sollte mit MRI der wei-tere Verlauf kontrolliert werden,evtl. dann mit zunehmender Be-lastung.

Spezielle durchblutungsför-dernde Medikamente sollen dasbetroffene Areal wieder regene-rieren.

Eine Operation mit Anbohrungkann zur Druckentlastung und Re-vaskularisierung des betroffenenKnochenanteils führen.

Weitere Informationen finden Sieunter: www.oc-bayreuth.de

In unserer nächsten aktuellenSonntagssprechstunde in derAusgabe am 16. September lesenSie einen Beitrag von Dr. med.Stefan Gycha, Facharzt für Allge-meinmedizin.

Knochenmarködem im MRI (Radiolo-gie im Dürerhof)

Die aktuelle SonntagssprechstundeKnieschmerzen bei KnochenmarksödemVon Prof. Dr. med. Klaus Fritsch