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Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar Mit europäischen Investitionen zu Wohlstand und Frieden? Burma-Initiative

Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

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Page 1: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

Arbeitsgruppe Burma

Aufbruch in MyanmarMit europaumlischen Investitionen zu Wohlstand und Frieden

Burma-Initiative

2

Impressum

Titel Aufbruch in Myanmar ndash Mit europaumlischen Investitionen zu Wohlstand und Frieden Herausgegeben von Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Hohenzollernring 52 50672 Koumlln

Mitarbeit Julia Buumlhler Christina Grein Michael Hackmann Theresa Hanske Uwe Hoering Benjamin Merci Christine Schuster

Mit finanzieller Unterstuumltzung durch ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des

Der Herausgeber ist fuumlr den Inhalt allein verantwortlich

Alle Rechte vorbehalten copy Koumlln 2013 Titelfoto copy The Irrawaddy Karten copy Regine Spohner Transnational Institute Konzeption und Gestaltung Chanika Ronczka Realisation und Druck Klartext Medienwerkstatt GmbH Essen

Preis 500 Euro Bezug Stiftung Asienhaus Vertrieb Hohenzollernring 52 50672 Koumlln E-Mail vertriebasienhausde | Tel 0221-7116121-13 | Fax 0221-716121-10

copy Stiftung Asienhaus Koumlln 2013 Abdruck und sonstige publizistische Nutzung sind erwuumlnscht Sie sind jedoch nur unter Angabe des Verfassers und der Quelle gestattet

ISBN 978-3-933341-62-4

3

Arbeitsgruppe Burma

Aufbruch in MyanmarMit europaumlischen Investitionen

zu Wohlstand und Frieden

4

Das Standardwerk

fuumlr alle Myanmar-

Interessierte

HORL

EMANN

Myanmar einst als raquodas Goldene Landlaquo geruumlhmt oumlffnet sich nach jahrelanger Isolation und ruumlckt gegen-

waumlrtig in den globalen Blickpunkt Vor dem Hintergrund des spannungsvollen und vielschichtigen Wan-

dels bietet das raquoHandbuch Myanmarlaquo fundierte Informationen die sowohl zum tieferen Verstaumlndnis

als auch zur besseren Orientierung bei der Beschaumlftigung mit der Komplexitaumlt des Landes beitragen

Mit einem breiten Spektrum an Interpretationen der aktuellen Entwicklungen bauen kompetente Auto ren

und Autorinnen dem Leser Bruumlcken zu eigenen Einblicken und neuen Erkenntnissen

Ute Koumlster Phuong Le Trong Christina Grein (Hg) Handbuch MyanmarGesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung400 Seiten Klappenbroschur 1990 (D)ISBN 978-3-89502-361-3

Ebenfalls lieferbar Niklas Reese Rainer Werning (Hg) Handbuch Philippinen500 Seiten Broschur zahlreiche sw-Fotos 1990 (D)ISBN 978-3-89502-339-2

Bereits in 4 Auflagelieferbar

wwwhorlemanninfo

SOA_Magazin_NEU_Layout 1 071213 1046 Seite 1

5Vorwort

Uumlber 100 Vertreter europaumlischer Unternehmen und Wirtschaftsverbaumlnde haben die EU-Delegationsreise nach Yangon und Nay Pyi Taw im November 2013 beglei-tet Europaumlische Firmen eroumlffnen vorsorglich schon mal Buumlros in den groszligen Staumldten Sogar die Industrie- und Handelskammer NRW organisiert extra eine Informa-tionsreise nach Myanmar Kurzum die europaumlische Wirtschaft hat handfeste Interessen in Myanmar deren Durchsetzung sie jetzt nach Aufhebung der Sanktio-nen und den ersten Demokratisierungsschritten vor-antreiben kann Denn es verspricht profitabel zu wer-den Riesige Infrastrukturprojekte in Planung reiche Rohstoffvorkommen Aufbau einer exportorientierten Agrarindustrie der politische Wille zum massiven Aus-bau des Tourismussektors und ndash nicht zu vergessen Investorenfreundliche Gesetze

In Myanmar ist also viel Gelegen-heit und Anreiz fuumlr europaumlische Investoren und das ndash so das Mantra ndash zum Nutzen beider Sei-ten Myanmar soll naumlmlich auch etwas davon haben Wachstum eine nachhaltige und inklu-sive Entwicklung und Unterstuumltzung beim politischen Transformationsprozess Schlagworte wie foreign direct investment capacity building corporate social res-ponsibility und der Ruf nach rule of law machen auch hier wieder die Runde Die Erfahrungen in Laumlndern wie Kambodscha und in anderen Regionen der Welt soll-ten uns aber misstrauisch machen Wenn das Kapital in erster Linie unreguliert flieszligen soll die unbedingte Wettbewerbsfaumlhigkeit ausgerufen wird Liberalisierung Privatisierung und Marktoumlffnung gefeiert werden dann kann es nicht nur Gewinner geben Auch dann nicht wenn wir noch so viel von einer Win-win-Situation und von einer Partnerschaft auf Augenhoumlhe houmlren

Vorwort links Vorwort

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der Stiftung Asien-haus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskussion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myan-mar leisten und daruumlber unter welchen Bedingungen europaumlische Investitionen eventuell eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den Interessen der Bevoumll-kerung orientiert ist Denn die wirtschaftspolitische Euphorie angesichts der politischen Liberalisierungs- und Demokratisierungsansaumltze in Myanmar unterstellt allzu haumlufig dass Investitionen per se gut sind ndash und Investitionen europaumlischer Unternehmen besonders

Es sei darauf hingewiesen dass in dieser Broschuumlre beide Laumlnderbezeichnungen also Myanmar und Burma

gleichermaszligen verwendet wer-den ohne dass damit eine poli-tische und oder ideologische Zuordnung impliziert wird Auch das Zustandekommen dieser Broschuumlre verlangt noch einen besonderen Hinweis Sie ist das Ergebnis der ehrenamtlichen

Initiative der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe fuumlr die wir hiermit unseren besonderen Dank aussprechen Wir sind zuversichtlich dass diese Arbeitsgruppe auch 2014 ihre Arbeit fortsetzen wird Interessierte sind herzlich eingeladen mitzumachen

Unser Dank geht aber auch an Klaus Fritsche Achim Munz Michael Reckordt Wolfram Schaffar und Andrea Valentin deren Erfahrungen und Rat uns sehr geholfen haben

Christina Grein Koordinatorin der Burma-Initiative

bdquoWer wollt auf Erden nicht das Paradies Doch die Verhaumllt-nisse gestatten siersquosldquo

Bertolt Brecht

6 Inhalt

Inhaltlinks Inhalt

Vorwort Christina Grein 5

Auf Wachstums-Mission Europaumlische Investitionen suchen Anschluss Uwe Hoering 9

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten Das Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar Theresa Hanske 14

Wie viel Friede braucht das Geschaumlft Investitionen in den ethnischen Grenzregionen Michael Hackmann 19

Schwarzes Gold und weiszlige Westen Europaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor Christine Schuster 24

Landraub per Gesetz Burmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit Benjamin Merci 29

Von der No-Go-Area zum Place-To-Be Tourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom Julia Buumlhler 33

Neue Freiheiten neue Proteste Zivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion Christina Grein 39

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen Weichensteller ohne demokratische Legitimation Uwe Hoering 44

Autorinnen und Autoren 46

Abkuumlrzungsverzeichnis 47

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

d-Ko

rrid

or

Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

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Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

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INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 2: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

2

Impressum

Titel Aufbruch in Myanmar ndash Mit europaumlischen Investitionen zu Wohlstand und Frieden Herausgegeben von Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Hohenzollernring 52 50672 Koumlln

Mitarbeit Julia Buumlhler Christina Grein Michael Hackmann Theresa Hanske Uwe Hoering Benjamin Merci Christine Schuster

Mit finanzieller Unterstuumltzung durch ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des

Der Herausgeber ist fuumlr den Inhalt allein verantwortlich

Alle Rechte vorbehalten copy Koumlln 2013 Titelfoto copy The Irrawaddy Karten copy Regine Spohner Transnational Institute Konzeption und Gestaltung Chanika Ronczka Realisation und Druck Klartext Medienwerkstatt GmbH Essen

Preis 500 Euro Bezug Stiftung Asienhaus Vertrieb Hohenzollernring 52 50672 Koumlln E-Mail vertriebasienhausde | Tel 0221-7116121-13 | Fax 0221-716121-10

copy Stiftung Asienhaus Koumlln 2013 Abdruck und sonstige publizistische Nutzung sind erwuumlnscht Sie sind jedoch nur unter Angabe des Verfassers und der Quelle gestattet

ISBN 978-3-933341-62-4

3

Arbeitsgruppe Burma

Aufbruch in MyanmarMit europaumlischen Investitionen

zu Wohlstand und Frieden

4

Das Standardwerk

fuumlr alle Myanmar-

Interessierte

HORL

EMANN

Myanmar einst als raquodas Goldene Landlaquo geruumlhmt oumlffnet sich nach jahrelanger Isolation und ruumlckt gegen-

waumlrtig in den globalen Blickpunkt Vor dem Hintergrund des spannungsvollen und vielschichtigen Wan-

dels bietet das raquoHandbuch Myanmarlaquo fundierte Informationen die sowohl zum tieferen Verstaumlndnis

als auch zur besseren Orientierung bei der Beschaumlftigung mit der Komplexitaumlt des Landes beitragen

Mit einem breiten Spektrum an Interpretationen der aktuellen Entwicklungen bauen kompetente Auto ren

und Autorinnen dem Leser Bruumlcken zu eigenen Einblicken und neuen Erkenntnissen

Ute Koumlster Phuong Le Trong Christina Grein (Hg) Handbuch MyanmarGesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung400 Seiten Klappenbroschur 1990 (D)ISBN 978-3-89502-361-3

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SOA_Magazin_NEU_Layout 1 071213 1046 Seite 1

5Vorwort

Uumlber 100 Vertreter europaumlischer Unternehmen und Wirtschaftsverbaumlnde haben die EU-Delegationsreise nach Yangon und Nay Pyi Taw im November 2013 beglei-tet Europaumlische Firmen eroumlffnen vorsorglich schon mal Buumlros in den groszligen Staumldten Sogar die Industrie- und Handelskammer NRW organisiert extra eine Informa-tionsreise nach Myanmar Kurzum die europaumlische Wirtschaft hat handfeste Interessen in Myanmar deren Durchsetzung sie jetzt nach Aufhebung der Sanktio-nen und den ersten Demokratisierungsschritten vor-antreiben kann Denn es verspricht profitabel zu wer-den Riesige Infrastrukturprojekte in Planung reiche Rohstoffvorkommen Aufbau einer exportorientierten Agrarindustrie der politische Wille zum massiven Aus-bau des Tourismussektors und ndash nicht zu vergessen Investorenfreundliche Gesetze

In Myanmar ist also viel Gelegen-heit und Anreiz fuumlr europaumlische Investoren und das ndash so das Mantra ndash zum Nutzen beider Sei-ten Myanmar soll naumlmlich auch etwas davon haben Wachstum eine nachhaltige und inklu-sive Entwicklung und Unterstuumltzung beim politischen Transformationsprozess Schlagworte wie foreign direct investment capacity building corporate social res-ponsibility und der Ruf nach rule of law machen auch hier wieder die Runde Die Erfahrungen in Laumlndern wie Kambodscha und in anderen Regionen der Welt soll-ten uns aber misstrauisch machen Wenn das Kapital in erster Linie unreguliert flieszligen soll die unbedingte Wettbewerbsfaumlhigkeit ausgerufen wird Liberalisierung Privatisierung und Marktoumlffnung gefeiert werden dann kann es nicht nur Gewinner geben Auch dann nicht wenn wir noch so viel von einer Win-win-Situation und von einer Partnerschaft auf Augenhoumlhe houmlren

Vorwort links Vorwort

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der Stiftung Asien-haus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskussion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myan-mar leisten und daruumlber unter welchen Bedingungen europaumlische Investitionen eventuell eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den Interessen der Bevoumll-kerung orientiert ist Denn die wirtschaftspolitische Euphorie angesichts der politischen Liberalisierungs- und Demokratisierungsansaumltze in Myanmar unterstellt allzu haumlufig dass Investitionen per se gut sind ndash und Investitionen europaumlischer Unternehmen besonders

Es sei darauf hingewiesen dass in dieser Broschuumlre beide Laumlnderbezeichnungen also Myanmar und Burma

gleichermaszligen verwendet wer-den ohne dass damit eine poli-tische und oder ideologische Zuordnung impliziert wird Auch das Zustandekommen dieser Broschuumlre verlangt noch einen besonderen Hinweis Sie ist das Ergebnis der ehrenamtlichen

Initiative der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe fuumlr die wir hiermit unseren besonderen Dank aussprechen Wir sind zuversichtlich dass diese Arbeitsgruppe auch 2014 ihre Arbeit fortsetzen wird Interessierte sind herzlich eingeladen mitzumachen

Unser Dank geht aber auch an Klaus Fritsche Achim Munz Michael Reckordt Wolfram Schaffar und Andrea Valentin deren Erfahrungen und Rat uns sehr geholfen haben

Christina Grein Koordinatorin der Burma-Initiative

bdquoWer wollt auf Erden nicht das Paradies Doch die Verhaumllt-nisse gestatten siersquosldquo

Bertolt Brecht

6 Inhalt

Inhaltlinks Inhalt

Vorwort Christina Grein 5

Auf Wachstums-Mission Europaumlische Investitionen suchen Anschluss Uwe Hoering 9

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten Das Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar Theresa Hanske 14

Wie viel Friede braucht das Geschaumlft Investitionen in den ethnischen Grenzregionen Michael Hackmann 19

Schwarzes Gold und weiszlige Westen Europaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor Christine Schuster 24

Landraub per Gesetz Burmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit Benjamin Merci 29

Von der No-Go-Area zum Place-To-Be Tourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom Julia Buumlhler 33

Neue Freiheiten neue Proteste Zivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion Christina Grein 39

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen Weichensteller ohne demokratische Legitimation Uwe Hoering 44

Autorinnen und Autoren 46

Abkuumlrzungsverzeichnis 47

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

d-Ko

rrid

or

Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 3: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

3

Arbeitsgruppe Burma

Aufbruch in MyanmarMit europaumlischen Investitionen

zu Wohlstand und Frieden

4

Das Standardwerk

fuumlr alle Myanmar-

Interessierte

HORL

EMANN

Myanmar einst als raquodas Goldene Landlaquo geruumlhmt oumlffnet sich nach jahrelanger Isolation und ruumlckt gegen-

waumlrtig in den globalen Blickpunkt Vor dem Hintergrund des spannungsvollen und vielschichtigen Wan-

dels bietet das raquoHandbuch Myanmarlaquo fundierte Informationen die sowohl zum tieferen Verstaumlndnis

als auch zur besseren Orientierung bei der Beschaumlftigung mit der Komplexitaumlt des Landes beitragen

Mit einem breiten Spektrum an Interpretationen der aktuellen Entwicklungen bauen kompetente Auto ren

und Autorinnen dem Leser Bruumlcken zu eigenen Einblicken und neuen Erkenntnissen

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SOA_Magazin_NEU_Layout 1 071213 1046 Seite 1

5Vorwort

Uumlber 100 Vertreter europaumlischer Unternehmen und Wirtschaftsverbaumlnde haben die EU-Delegationsreise nach Yangon und Nay Pyi Taw im November 2013 beglei-tet Europaumlische Firmen eroumlffnen vorsorglich schon mal Buumlros in den groszligen Staumldten Sogar die Industrie- und Handelskammer NRW organisiert extra eine Informa-tionsreise nach Myanmar Kurzum die europaumlische Wirtschaft hat handfeste Interessen in Myanmar deren Durchsetzung sie jetzt nach Aufhebung der Sanktio-nen und den ersten Demokratisierungsschritten vor-antreiben kann Denn es verspricht profitabel zu wer-den Riesige Infrastrukturprojekte in Planung reiche Rohstoffvorkommen Aufbau einer exportorientierten Agrarindustrie der politische Wille zum massiven Aus-bau des Tourismussektors und ndash nicht zu vergessen Investorenfreundliche Gesetze

In Myanmar ist also viel Gelegen-heit und Anreiz fuumlr europaumlische Investoren und das ndash so das Mantra ndash zum Nutzen beider Sei-ten Myanmar soll naumlmlich auch etwas davon haben Wachstum eine nachhaltige und inklu-sive Entwicklung und Unterstuumltzung beim politischen Transformationsprozess Schlagworte wie foreign direct investment capacity building corporate social res-ponsibility und der Ruf nach rule of law machen auch hier wieder die Runde Die Erfahrungen in Laumlndern wie Kambodscha und in anderen Regionen der Welt soll-ten uns aber misstrauisch machen Wenn das Kapital in erster Linie unreguliert flieszligen soll die unbedingte Wettbewerbsfaumlhigkeit ausgerufen wird Liberalisierung Privatisierung und Marktoumlffnung gefeiert werden dann kann es nicht nur Gewinner geben Auch dann nicht wenn wir noch so viel von einer Win-win-Situation und von einer Partnerschaft auf Augenhoumlhe houmlren

Vorwort links Vorwort

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der Stiftung Asien-haus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskussion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myan-mar leisten und daruumlber unter welchen Bedingungen europaumlische Investitionen eventuell eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den Interessen der Bevoumll-kerung orientiert ist Denn die wirtschaftspolitische Euphorie angesichts der politischen Liberalisierungs- und Demokratisierungsansaumltze in Myanmar unterstellt allzu haumlufig dass Investitionen per se gut sind ndash und Investitionen europaumlischer Unternehmen besonders

Es sei darauf hingewiesen dass in dieser Broschuumlre beide Laumlnderbezeichnungen also Myanmar und Burma

gleichermaszligen verwendet wer-den ohne dass damit eine poli-tische und oder ideologische Zuordnung impliziert wird Auch das Zustandekommen dieser Broschuumlre verlangt noch einen besonderen Hinweis Sie ist das Ergebnis der ehrenamtlichen

Initiative der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe fuumlr die wir hiermit unseren besonderen Dank aussprechen Wir sind zuversichtlich dass diese Arbeitsgruppe auch 2014 ihre Arbeit fortsetzen wird Interessierte sind herzlich eingeladen mitzumachen

Unser Dank geht aber auch an Klaus Fritsche Achim Munz Michael Reckordt Wolfram Schaffar und Andrea Valentin deren Erfahrungen und Rat uns sehr geholfen haben

Christina Grein Koordinatorin der Burma-Initiative

bdquoWer wollt auf Erden nicht das Paradies Doch die Verhaumllt-nisse gestatten siersquosldquo

Bertolt Brecht

6 Inhalt

Inhaltlinks Inhalt

Vorwort Christina Grein 5

Auf Wachstums-Mission Europaumlische Investitionen suchen Anschluss Uwe Hoering 9

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten Das Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar Theresa Hanske 14

Wie viel Friede braucht das Geschaumlft Investitionen in den ethnischen Grenzregionen Michael Hackmann 19

Schwarzes Gold und weiszlige Westen Europaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor Christine Schuster 24

Landraub per Gesetz Burmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit Benjamin Merci 29

Von der No-Go-Area zum Place-To-Be Tourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom Julia Buumlhler 33

Neue Freiheiten neue Proteste Zivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion Christina Grein 39

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen Weichensteller ohne demokratische Legitimation Uwe Hoering 44

Autorinnen und Autoren 46

Abkuumlrzungsverzeichnis 47

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

d-Ko

rrid

or

Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 4: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

4

Das Standardwerk

fuumlr alle Myanmar-

Interessierte

HORL

EMANN

Myanmar einst als raquodas Goldene Landlaquo geruumlhmt oumlffnet sich nach jahrelanger Isolation und ruumlckt gegen-

waumlrtig in den globalen Blickpunkt Vor dem Hintergrund des spannungsvollen und vielschichtigen Wan-

dels bietet das raquoHandbuch Myanmarlaquo fundierte Informationen die sowohl zum tieferen Verstaumlndnis

als auch zur besseren Orientierung bei der Beschaumlftigung mit der Komplexitaumlt des Landes beitragen

Mit einem breiten Spektrum an Interpretationen der aktuellen Entwicklungen bauen kompetente Auto ren

und Autorinnen dem Leser Bruumlcken zu eigenen Einblicken und neuen Erkenntnissen

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SOA_Magazin_NEU_Layout 1 071213 1046 Seite 1

5Vorwort

Uumlber 100 Vertreter europaumlischer Unternehmen und Wirtschaftsverbaumlnde haben die EU-Delegationsreise nach Yangon und Nay Pyi Taw im November 2013 beglei-tet Europaumlische Firmen eroumlffnen vorsorglich schon mal Buumlros in den groszligen Staumldten Sogar die Industrie- und Handelskammer NRW organisiert extra eine Informa-tionsreise nach Myanmar Kurzum die europaumlische Wirtschaft hat handfeste Interessen in Myanmar deren Durchsetzung sie jetzt nach Aufhebung der Sanktio-nen und den ersten Demokratisierungsschritten vor-antreiben kann Denn es verspricht profitabel zu wer-den Riesige Infrastrukturprojekte in Planung reiche Rohstoffvorkommen Aufbau einer exportorientierten Agrarindustrie der politische Wille zum massiven Aus-bau des Tourismussektors und ndash nicht zu vergessen Investorenfreundliche Gesetze

In Myanmar ist also viel Gelegen-heit und Anreiz fuumlr europaumlische Investoren und das ndash so das Mantra ndash zum Nutzen beider Sei-ten Myanmar soll naumlmlich auch etwas davon haben Wachstum eine nachhaltige und inklu-sive Entwicklung und Unterstuumltzung beim politischen Transformationsprozess Schlagworte wie foreign direct investment capacity building corporate social res-ponsibility und der Ruf nach rule of law machen auch hier wieder die Runde Die Erfahrungen in Laumlndern wie Kambodscha und in anderen Regionen der Welt soll-ten uns aber misstrauisch machen Wenn das Kapital in erster Linie unreguliert flieszligen soll die unbedingte Wettbewerbsfaumlhigkeit ausgerufen wird Liberalisierung Privatisierung und Marktoumlffnung gefeiert werden dann kann es nicht nur Gewinner geben Auch dann nicht wenn wir noch so viel von einer Win-win-Situation und von einer Partnerschaft auf Augenhoumlhe houmlren

Vorwort links Vorwort

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der Stiftung Asien-haus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskussion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myan-mar leisten und daruumlber unter welchen Bedingungen europaumlische Investitionen eventuell eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den Interessen der Bevoumll-kerung orientiert ist Denn die wirtschaftspolitische Euphorie angesichts der politischen Liberalisierungs- und Demokratisierungsansaumltze in Myanmar unterstellt allzu haumlufig dass Investitionen per se gut sind ndash und Investitionen europaumlischer Unternehmen besonders

Es sei darauf hingewiesen dass in dieser Broschuumlre beide Laumlnderbezeichnungen also Myanmar und Burma

gleichermaszligen verwendet wer-den ohne dass damit eine poli-tische und oder ideologische Zuordnung impliziert wird Auch das Zustandekommen dieser Broschuumlre verlangt noch einen besonderen Hinweis Sie ist das Ergebnis der ehrenamtlichen

Initiative der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe fuumlr die wir hiermit unseren besonderen Dank aussprechen Wir sind zuversichtlich dass diese Arbeitsgruppe auch 2014 ihre Arbeit fortsetzen wird Interessierte sind herzlich eingeladen mitzumachen

Unser Dank geht aber auch an Klaus Fritsche Achim Munz Michael Reckordt Wolfram Schaffar und Andrea Valentin deren Erfahrungen und Rat uns sehr geholfen haben

Christina Grein Koordinatorin der Burma-Initiative

bdquoWer wollt auf Erden nicht das Paradies Doch die Verhaumllt-nisse gestatten siersquosldquo

Bertolt Brecht

6 Inhalt

Inhaltlinks Inhalt

Vorwort Christina Grein 5

Auf Wachstums-Mission Europaumlische Investitionen suchen Anschluss Uwe Hoering 9

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten Das Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar Theresa Hanske 14

Wie viel Friede braucht das Geschaumlft Investitionen in den ethnischen Grenzregionen Michael Hackmann 19

Schwarzes Gold und weiszlige Westen Europaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor Christine Schuster 24

Landraub per Gesetz Burmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit Benjamin Merci 29

Von der No-Go-Area zum Place-To-Be Tourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom Julia Buumlhler 33

Neue Freiheiten neue Proteste Zivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion Christina Grein 39

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen Weichensteller ohne demokratische Legitimation Uwe Hoering 44

Autorinnen und Autoren 46

Abkuumlrzungsverzeichnis 47

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

d-Ko

rrid

or

Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 5: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

5Vorwort

Uumlber 100 Vertreter europaumlischer Unternehmen und Wirtschaftsverbaumlnde haben die EU-Delegationsreise nach Yangon und Nay Pyi Taw im November 2013 beglei-tet Europaumlische Firmen eroumlffnen vorsorglich schon mal Buumlros in den groszligen Staumldten Sogar die Industrie- und Handelskammer NRW organisiert extra eine Informa-tionsreise nach Myanmar Kurzum die europaumlische Wirtschaft hat handfeste Interessen in Myanmar deren Durchsetzung sie jetzt nach Aufhebung der Sanktio-nen und den ersten Demokratisierungsschritten vor-antreiben kann Denn es verspricht profitabel zu wer-den Riesige Infrastrukturprojekte in Planung reiche Rohstoffvorkommen Aufbau einer exportorientierten Agrarindustrie der politische Wille zum massiven Aus-bau des Tourismussektors und ndash nicht zu vergessen Investorenfreundliche Gesetze

In Myanmar ist also viel Gelegen-heit und Anreiz fuumlr europaumlische Investoren und das ndash so das Mantra ndash zum Nutzen beider Sei-ten Myanmar soll naumlmlich auch etwas davon haben Wachstum eine nachhaltige und inklu-sive Entwicklung und Unterstuumltzung beim politischen Transformationsprozess Schlagworte wie foreign direct investment capacity building corporate social res-ponsibility und der Ruf nach rule of law machen auch hier wieder die Runde Die Erfahrungen in Laumlndern wie Kambodscha und in anderen Regionen der Welt soll-ten uns aber misstrauisch machen Wenn das Kapital in erster Linie unreguliert flieszligen soll die unbedingte Wettbewerbsfaumlhigkeit ausgerufen wird Liberalisierung Privatisierung und Marktoumlffnung gefeiert werden dann kann es nicht nur Gewinner geben Auch dann nicht wenn wir noch so viel von einer Win-win-Situation und von einer Partnerschaft auf Augenhoumlhe houmlren

Vorwort links Vorwort

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der Stiftung Asien-haus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskussion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myan-mar leisten und daruumlber unter welchen Bedingungen europaumlische Investitionen eventuell eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den Interessen der Bevoumll-kerung orientiert ist Denn die wirtschaftspolitische Euphorie angesichts der politischen Liberalisierungs- und Demokratisierungsansaumltze in Myanmar unterstellt allzu haumlufig dass Investitionen per se gut sind ndash und Investitionen europaumlischer Unternehmen besonders

Es sei darauf hingewiesen dass in dieser Broschuumlre beide Laumlnderbezeichnungen also Myanmar und Burma

gleichermaszligen verwendet wer-den ohne dass damit eine poli-tische und oder ideologische Zuordnung impliziert wird Auch das Zustandekommen dieser Broschuumlre verlangt noch einen besonderen Hinweis Sie ist das Ergebnis der ehrenamtlichen

Initiative der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe fuumlr die wir hiermit unseren besonderen Dank aussprechen Wir sind zuversichtlich dass diese Arbeitsgruppe auch 2014 ihre Arbeit fortsetzen wird Interessierte sind herzlich eingeladen mitzumachen

Unser Dank geht aber auch an Klaus Fritsche Achim Munz Michael Reckordt Wolfram Schaffar und Andrea Valentin deren Erfahrungen und Rat uns sehr geholfen haben

Christina Grein Koordinatorin der Burma-Initiative

bdquoWer wollt auf Erden nicht das Paradies Doch die Verhaumllt-nisse gestatten siersquosldquo

Bertolt Brecht

6 Inhalt

Inhaltlinks Inhalt

Vorwort Christina Grein 5

Auf Wachstums-Mission Europaumlische Investitionen suchen Anschluss Uwe Hoering 9

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten Das Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar Theresa Hanske 14

Wie viel Friede braucht das Geschaumlft Investitionen in den ethnischen Grenzregionen Michael Hackmann 19

Schwarzes Gold und weiszlige Westen Europaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor Christine Schuster 24

Landraub per Gesetz Burmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit Benjamin Merci 29

Von der No-Go-Area zum Place-To-Be Tourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom Julia Buumlhler 33

Neue Freiheiten neue Proteste Zivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion Christina Grein 39

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen Weichensteller ohne demokratische Legitimation Uwe Hoering 44

Autorinnen und Autoren 46

Abkuumlrzungsverzeichnis 47

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

d-Ko

rrid

or

Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 6: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

6 Inhalt

Inhaltlinks Inhalt

Vorwort Christina Grein 5

Auf Wachstums-Mission Europaumlische Investitionen suchen Anschluss Uwe Hoering 9

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten Das Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar Theresa Hanske 14

Wie viel Friede braucht das Geschaumlft Investitionen in den ethnischen Grenzregionen Michael Hackmann 19

Schwarzes Gold und weiszlige Westen Europaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor Christine Schuster 24

Landraub per Gesetz Burmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit Benjamin Merci 29

Von der No-Go-Area zum Place-To-Be Tourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom Julia Buumlhler 33

Neue Freiheiten neue Proteste Zivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion Christina Grein 39

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen Weichensteller ohne demokratische Legitimation Uwe Hoering 44

Autorinnen und Autoren 46

Abkuumlrzungsverzeichnis 47

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

d-Ko

rrid

or

Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 7: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTak

Mae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

PatheinYangon

Bago

Hpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGONKAYIN

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TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

M YA N M A RVIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)weitere Quellen UNESCAP (wwwunescaporg 2014)

Grafik R Spohner

Region Staat in Myanmar

Zonen mit Selbstverwaltung im Shan-Staat

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

Zone mit Selbstverwaltung in der Sagaing Region

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)

Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

Netzwerk des Asiatischen Fernstraszligen-Projektes (AsianHighway Project) ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 1Myanmar - Administrative Gliederung

Nor

d-Suuml

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rrid

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Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

Mine

Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 8: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

Nor

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Ost-West-Korr idor

Suumld-Korr idor

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Staudamm

Staudamm in der Planung im Bau

Pipeline

geplanter Straszligenausbau

Tiefseehafen

Tiefseehafen in der Planung im Bau

Gebiete mit flaumlchenhafter Abholzung

Gebiete mit weitraumlumigenlandwirtschaftlichen Konzessionen

Karte 2Myanmar - Investitionsprojekte und oumlkonomische Korridore

Quelle TNI 2013(veraumlndert)

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 9: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

9Auf Wachstums-Mission

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanshymar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Invesshytitionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsshyregion zwischen Indien China und Suumldostasien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhalshytigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer Untershynehmen auf Investoren aus der Region aufzushyholen

Mitte November 2013 reiste eine offizielle EU-Delegation von hochrangigen Kommissionsmitgliedern einigen Parlamentsabgeordneten1 und uumlber 100 Wirtschafts-vertretern zum Treffen der EU-Myanmar Task Force nach Myanmar Diese bdquoMission for Growthldquo war nach den Worten der EU-Kommission bdquoein starkes Signal fuumlr das neue Engagement Europas das von groszligem wech-selseitigem Nutzen sein wirdldquo Die Reise war zudem ein Baustein einer angestrebten engeren Zusammenarbeit mit der ASEAN-Region weshalb die Delegation auch Thailand und Vietnam besuchte

Standortvorteile2

Die politische Situation in Myanmar hat sich seit dem Amtsantritt des derzeitigen Praumlsidenten Thein Sein im Fruumlhjahr 2011 deutlich verbessert auch wenn der Ein-fluss von Militaumlr und Ex-Militaumlrs noch sehr groszlig ist Die meisten politischen Gefangenen wurden freigelassen Restriktionen fuumlr die Medien weitgehend auszliger Kraft gesetzt Wahlen zum Parlament abgehalten und der Dialog mit der Opposition aufgenommen Ein Novum war auch dass im Parlament eine offene Diskussion uumlber den Haushalt stattfinden konnte Seither sind

westliche Industrielaumlnder bemuumlht den durch ihre 1996 verhaumlngten Sanktionen verursachten Ruumlckstand gegen-uumlber Investoren aus asiatischen Laumlndern besonders aus China wett zu machen

Die politische Oumlffnung in Myanmar bietet Investoren in der Tat eine Reihe vielversprechender wirtschaftlicher Bedingungen Geostrategisch liegt das flaumlchenmaumlszligig groumlszligte Land Suumldostasiens guumlnstig zwischen Indien und Bangladesh im Nordwesten der aufstrebenden chi-nesischen Provinz Yunnan im Nordosten und suumldost-asiatischen Laumlndern wie Thailand und Laos Myanmar selbst verfuumlgt uumlber zahlreiche natuumlrliche Ressourcen wie Erdgas und Erdoumll Holz Kupfer und Edelsteine es hat fruchtbares Ackerland und Wasser das sowohl fuumlr Bewaumlsserung als auch fuumlr die Energieerzeugung genutzt werden kann Das reiche kulturelle Erbe und die land-schaftliche Vielfalt bieten gute Voraussetzungen fuumlr die Entwicklung der Tourismusindustrie

Im Sommer 2013 setzten die EU und die USA ihre Sank-tionen3 aus Aufgrund des Drucks von Menschenrechts-organisationen verbanden die USA diesen Schritt aller-dings mit einer Reihe von Auflagen Dazu gehoumlrt das Responsible Investment Reporting Requirement das Personen und Unternehmen die in Myanmar inves-tieren verpflichtet fuumlr das US-Auszligenministerium Berichte uumlber Aspekte zu erstellen die Menschen-rechte Umweltfragen und bdquoPublic integrityldquo also unter anderem Korruption betreffen koumlnnten Investoren muumlssen auch Zahlungen an die Regierung deren Unterabteilungen und an bewaffnete Gruppen offen-legen4 Europa dagegen verabschiedete lediglich eine Resolution des Parlaments (Mai 2013) in der europaumli-sche Investoren aufgefordert werden uumlber ihre Politik zur Einhaltung von Menschenrechten Arbeiterrechten und Umweltschutz zu berichten Diese Entschlieszligung ist allerdings nicht bindend5

Auf Wachstums-MissionEuropaumlische Investitionen suchen Anschluss

Uwe Hoering

links Auf Wachstums-Mission

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 10: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

10 Auf Wachstums-Mission

Erblasten des Militaumlrregimes

Beeintraumlchtigt werden die Investitionsbedingungen durch die Auswirkungen der Militaumlrherrschaft und der zahlreichen bewaffneten Konflikte der vergange-nen Jahrzehnte Durch Missmanagement die Isola-tion durch die Sanktionsmaszlignahmen Korruption und Bereicherung durch das Militaumlr das wesentliche Berei-che der Wirtschaft kontrolliert gehoumlrt Myanmar zu den aumlrmsten am wenigsten entwickelten Laumlndern der Welt 2010 hatte es mit rund 1300 US-Dollar (Kaufkraftpa-ritaumlt) das niedrigste Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt in Suumldostasien6

ndash Nach Einschaumltzung des Internationalen Waumlhrungs-fonds liegt Myanmar auf der Armutsskala von 180 Laumlndern auf Platz 161 der Human Development Index stufte es 2013 auf Platz 149 von 187 Laumlndern ein Mangel- und Unterernaumlhrung sind verbreitet vor allem in den Regionen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten Millionen Menschen die durch die bewaffneten Konflikte vertrieben wur-den leben in Lagern viele in Nachbarlaumlndern wie Thailand Aufgrund geringer staatlicher Mittelzuweisungen sind das Bildungs- und das Gesund-heitswesen unterentwickelt

ndash Aumlhnlich marode ist die Infrastruktur Straszligen- und Eisenbahnverbindungen Haumlfen und Telekommu-nikation der Banken- und Finanzsektor sind vor-gestrig Das Steuerwesen ist trotz erster Reformen kompliziert und veraltet und bringt nur wenig Geld in die Staatskassen das chronische Haushaltsdefi-zit wird durch die Zentralbank finanziert Die man-gelhafte Infrastruktur Energieengpaumlsse schwache Rechtsstaatlichkeit und undurchsichtige Gesetze und Regulierungen schaffen ein wirtschaftliches Umfeld das Investoren eher noch abschreckt

ndash Die Landwirtschaft hatte 2011 mit 382 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil am Bruttoinlandspro-dukt waumlhrend die Industrie lediglich 182 Prozent beisteuerte Mit rund 70 Prozent lag der Anteil der Landwirtschaft an der Beschaumlftigung noch erheblich houmlher waumlhrend in der Industrie rund 7 Prozent im Dienstleistungsbereich etwa 23 Prozent der Beschaumlf-tigten taumltig waren7

ndash Zudem ist vielfach dokumentiert dass die wirt-schaftlichen Aktivitaumlten besonders im Bergbau im Erdoumll- und Erdgasbereich und in der Plantagenland-wirtschaft haumlufig mit schwerwiegenden Menschen-rechtsverletzungen und groszligflaumlchigen nur schwer zu behebenden Umweltschaumlden einhergingen und konfliktverschaumlrfend wirkten Das gilt besonders fuumlr die ethnischen Minderheitengebiete mit den reichsten Ressourcen von denen die Einheimi-schen jedoch kaum profitiert haben

Wirtschaftsreformen

Wirtschaftspolitisch hat die Regierung von Myanmar in den vergangenen drei Jahren einiges unternommen um die Investitionsbedingungen zu verbessern Vor den Wahlen wurden Infrastruktureinrichtungen der Treibstoffhandel und die Fluggesellschaft privatisiert Das starre Wechselkursregime wurde gelockert mit dem sbquoPariser Clublsquo wichtiger westlicher Glaumlubiger eine Umschuldung ausgehandelt

Im November 2012 wurde ein neues Inves-titionsgesetz verab-schiedet das von aus-laumlndischen Beobachtern uumlberwiegend begruumlszligt

wurde8 Harish Manwani Manager bei Unilever sagte bdquowir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo9 Der niederlaumlndisch-britische Nahrungsmittelkonzern hat angekuumlndigt in den kommenden zehn Jahren in Myanmar 500 Millionen Euro zu investieren

Im Unterschied zu manchen anderen Laumlndern in denen fuumlr Auslandsinvestitionen nur Minderheitsbeteiligun-gen erlaubt sind koumlnnen nach dem neuen Gesetz aus-laumlndische Unternehmen nahezu ohne Einschraumlnkun-gen investieren Ausnahmen sind unter anderem die Ruumlstungsindustrie und der Betrieb des Stromnetzes In Branchen wie dem Bergbau der Nahrungsmittelindus-trie der Pharma- und Chemieindustrie Bauindustrie und Transportwesen muumlssen Gemeinschaftsunter-nehmen mit einheimischen Unternehmen gegruumlndet werden an denen die auslaumlndischen Partner jedoch Mehrheitsbeteiligungen halten duumlrfen10 Bei einigen Produkten wie Getraumlnken Zigaretten oder Kosmetik ist ein einheimischer Produktanteil vorgeschrieben die Beschaumlftigung einheimischer Mitarbeiter in auslaumlndi-

bdquoWir sehen hier die Entstehung eines zweiten Vietnamldquo

Harish Manwani Manager bei Unilever

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 11: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

11Auf Wachstums-Mission

schen Unternehmen soll in sechs Jahren bei 75 Prozent liegen

Landwirtschaftliche Nutzflaumlchen duumlrfen zwar von auslaumlndischen Unternehmen nicht gekauft aber fuumlr einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gepachtet werden entweder direkt von der Regierung oder von lokalen Eigentuumlmern oder Paumlchtern Angesichts der wirtschaft-lichen Bedeutung der Landwirtschaft fuumlr groszlige Teile der Bevoumllkerung kommt der Ausgestaltung der Land-nutzungsrechte durch die inzwischen ver-abschiedeten neuen Gesetze groszlige Bedeu-tung zu11

Die Reform des Arbeitsgesetzes nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) der Vereinten Nationen die auch an seiner Ausarbeitung beteiligt war bildete eine zentrale Voraussetzung fuumlr die Aussetzung der EU-Sanktionen Darin sind unter anderem Streik-recht und Arbeitnehmerrechte geregelt

Es uumlberrascht kaum dass diese investitionsfreund-lichen Reformen bei Unternehmen und unterneh-mensnahen Institutionen uumlberwiegend auf positive Resonanz gestoszligen sind In einem Bericht von Ger-many Trade amp Invest beispielsweise der rechtzeitig zur Delegationsreise erschien werden die bdquosukzessi-ven Weichenstellungen fuumlr eine schnellere Entwicklungldquo und die Wirtschaftsreformen gelobt auch wenn bdquodie Rahmenbedingungen fuumlr Investoren noch einiges zu wuumlnschen uumlbrig lassenldquo12 Die Investitionsfoumlrderung verspreche houmlhere Kapitalzufluumlsse Myanmar bdquobemuumlht sich um die Schaffung eines attraktiven Investitions-klimasldquo und bdquobesticht durch seinen Reformgeistldquo Als Investitionshindernisse beklagt werden unter ande-rem die schlechte Infrastruktur Energieengpaumlsse und undurchsichtige institutionelle Ablaumlufe Gesetze und Regulierungen

Wachstumsmarkt

Die Delegationsreise im November 2013 sollte nach dem Willen der EU-Kommission Unternehmen das bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumlischer Ebene oumlffnenldquo13 In der mitreisenden Wirtschaftsdelegation befanden sich neben vielen mittelgroszligen Firmen eine Reihe europaumlischer Konzerne wie British American Tobacco

Volvo Ericcson Heineken und Carlsberg Unterneh-mensverbaumlnde und die European Investment Bank als potenzieller Finanzier Aus Deutschland nutzten BASF Deutsche Post Siemens die ICS Travel Group und sechs weitere Unternehmen die Gelegenheit sich uumlber die

bdquovielfaumlltigen Geschaumlftsmoumlglichkeitenldquo zu informieren Flankiert wurden die Wirtschaftsgespraumlche durch das Angebot der EU bis 2020 jaumlhrlich 90 Millionen Euro an Entwicklungsgeldern fuumlr laumlndliche Entwicklung Bildung und Friedensprozesse zu geben

Aufgrund der Sanktionen dominierten bislang Investo-ren aus den Nachbarlaumlndern Thailand Suumldkorea Hong-kong und Singapur vor allem aber aus China das zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Stuumltze des Regimes aufstieg Aus Europa stehen briti-sche Investoren gegenwaumlrtig an fuumlnfter Stelle der Her-kunftslaumlnder Frankreich an achter Stelle Deutschland mit gerade einmal 18 Millionen Euro weit abgehaumlngt auf Platz 23

Die akkumulierten auslaumlndischen Direktinvestitionen seit der wirtschaftlichen Oumlffnung 1988 betrugen nach offiziellen Angaben bis August 2013 knapp 44 Milliarden US-Dollar Fuumlr 2012 wurden 14 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen registriert in den ersten acht Monaten 2013 bereits 18 Milliarden China aller-dings scheint seine Investitionen gegenwaumlrtig eher zuruumlckzufahren14

Drei Viertel aller bisherigen Investitionen flossen in den Bau von Staudaumlmmen und die Erschlieszligung von Boden-schaumltzen wie Erdoumll und Erdgas Diese Bereiche bilden auch nach der Oumlffnung weiterhin den Schwerpunkt fuumlr Investoren Erschlieszligung und Ausbeutung der Erdoumll- und Erdgasvorkommen sollen vorangetrieben werden Gegenwaumlrtig sind 48 Onshore- und Offshore-Bloumlcke ausgeschrieben wobei auslaumlndische Unternehmen aufgrund ihrer technischen Expertise und finanzieller Mittel die besten Karten haben15 Spezielle Anreize werden Investoren zudem in den drei geplanten Son-derwirtschaftszonen Dawei Thilawa und Kyaukpyu in Aussicht gestellt (siehe Karte 2 S 8)

Myanmar ist ein bdquoTor fuumlr den Zugang zu dynamischen Wachstumsmaumlrkten politisch gefoumlrdert auf europaumli-scher Ebeneldquo

EU-Kommission

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 12: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

12 Auf Wachstums-Mission

Ein wachsender Teil der neuen Investitionen flieszligt aber auch in die Verarbeitungsindustrie bei der Myanmar mit niedrigen Loumlhnen lockt Ein Schwerpunkt ist die Bekleidungsindustrie (Cutting Making Packing also CMP)16 Auch die Nahrungsmittelverarbeitung gilt als einer der neuen vielversprechenden Schwerpunkte Neben US-amerikanischen Konzernen wie Coca-Cola und PepsiCo haben europaumlische Multis wie Unilever Heineken Carlsberg und inzwischen auch Nestleacute ihre Fuumlhler ausgestreckt und Investitionen angekuumlndigt Zudem boomt die Tourismus-Industrie 2012 wur-den uumlber eine Million auslaumlndische Besucher gezaumlhlt 25 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor17 Damit wird das Land zunehmend fuumlr internationale Hotelketten inte-ressant beispielsweise aus Sin-gapur18

Weiszliger Ritter Europa

Bereits im Vorfeld hatte sich die EU-Myanmar Task Force nach Beratungen mit der Wirtschaft auf fuumlnf Schwerpunktbereiche verstaumlndigt Agrobusi-ness Tourismus Verarbeitungsindustrie Energie und natuumlrliche Ressourcen und Infrastruktur einschlieszliglich Bergbau Wasser und Abfallmanagement Auszligerdem besteht Interesse am Einstieg in Finanzdienstleistun-gen Versicherungen Groszlig- und Einzelhandel

Der Versuch beguumlnstigt durch die neuen Verhaumlltnisse in Myanmar in Suumldostasien staumlrker Fuszlig zu fassen passt sich ein in die Auszligenwirtschaftsstrategie der EU die auf die Erschlieszligung neuer Maumlrkte eine Sicherung der Ver-sorgung mit wichtigen Rohstoffen und bilaterale Inves-titionsabkommen setzt Mit der Aufnahme in das Gene-ral System of Preferences (GSP) im Juli 2013 erlaubt die EU Myanmar die zollfreie Einfuhr aller Produkte auszliger Waffen Auszligerdem sollen moumlglichst schnell Verhand-lungen uumlber ein Investitionsabkommen aufgenommen werden Dadurch wuumlrden Unternehmen unter anderem weitreichende Klagemoumlglichkeiten gegen die Regierung eingeraumlumt werden wenn sie ihre Gewinnerwartungen durch Maszlignahmen beispielsweise im Umweltbereich beeintraumlchtigt sehen Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen kritisieren dass damit die Entscheidungsfreiheit von Staaten eingeschraumlnkt wird19

Bei ihrem Auftritt setzten sich EU-Kommission und europaumlische Industrie als dialogbereite Partner in

Szene die die soziale und oumlkologische Verantwortung der Investoren betonen beispielsweise im Textilbe-reich (siehe die Versprechungen des EU-Entwicklungs-programms SwitchAsia Infobox) bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo erklaumlrte die EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Eroumlffnung der Sitzung der Task Force

Mit hohen sozialen und Umweltstandards sollen euro-paumlische Investitionen zum Vorbild werden Die EU will dabei helfen bdquohoumlchste Standards von Integritaumlt und Unternehmensverantwortung zu foumlrdernldquo21 Die Reden

Absichtserklaumlrungen und Selbstverpflichtungen von europaumlischer Seite klingen denn auch voll verantwor-tungsbewusst Im Letter of Intent for a Policy Dialogue on Raw Materials22 beispielsweise der neben aumlhn-lichen Erklaumlrungen zu Tourismus und der Foumlrderung von kleineren und mittleren Unternehmen vereinbart wurde wird ein Dialog uumlber den Rohstoffbereich ange-kuumlndigt Dabei sollen Umweltaspekte die sozialen Auswirkungen von Bergbau und Holzeinschlag und die Akzeptanz durch die Bevoumllkerung behandelt und Trans-parenz-Initiativen im Bereich extraktiver Industrien unterstuumltzt werden An diesem Dialog sollen ndash bdquosofern angebrachtldquo ndash andere Akteure einschlieszliglich privater Unternehmen beteiligt werden ndash zivilgesellschaftliche Organisationen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt

Ausblick

An diesen Anspruumlchen und Standards wird die EU-Wirt-schaftspolitik in Myanmar und der Region zu messen sein Gelingt es die Investoren zu deren Einhaltung zu bringen Die staatlichen Regulierungskapazitaumlten hinken weit hinter der raschen wirtschaftlichen Libe-ralisierung und den zahlreichen Investitionsvorhaben hinterher Kann das durch freiwillige Verhaltensricht-

bdquoDas Wort das ich fuumlr unser Engagement vor allem benutzen wuumlrde ist Partnerschaft ndash wir sind Partner wir kommen nicht um etwas aufzuzwingenldquo

EU-Auszligenbeauftragte Catherine Ashton

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 13: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

13Auf Wachstums-Mission

linien kompensiert werden Der Blick auf die durch Jahrzehnte von Militaumlrdiktatur und bewaffneten Kon-flikten gepraumlgte Situation in Myanmar zeigt dass sich Investoren und EU-Politik in ein Minenfeld von ethni-schen politischen und sozialen Konflikten Macht- und Wirtschaftsinteressen schwachem Rechtsstaat und unzureichenden Regulierungsmoumlglichkeiten schwer-wiegenden Umweltrisiken einer Geschichte von Men-schenrechtsverletzungen und gewaltfoumlrmigen gesell-schaftlichen Verhaumlltnissen begeben

So kontrollieren nach wie vor Militaumlrs und einheimi-sche Unternehmen die von der Privatisierung unter dem Militaumlrregime und guten Beziehungen profitiert haben (die sogenannten Cronies) wesentliche Berei-che der Wirtschaft ndash darunter auch Sektoren wie Berg-bau Landwirtschaft Tourismus und Infrastruktur an denen europaumlische Investoren Interesse zeigen An einer Zusammenarbeit mit ihnen fuumlhrt vielfach kein Weg vorbei Myanmar bdquobleibt ein hoch-riskantes Ter-rain fuumlr auslaumlndische Investitionenldquo warnt die Men-schenrechtsorganisation EarthRights International

bdquound Unternehmen und deren Heimatlaumlnder muumlssen wirksame Maszlignahmen ergreifen um die Risiken zu verringern dass ihre Aktivitaumlten zu internen Konflikten Menschenrechtsverletzungen Umweltzerstoumlrungen und Korruption beitragenldquo23

Anmerkungen

1 Antonio Tajani (DG Unternehmen und Industrie und Vize-praumlsident der EU-Kommission) Andris Piebalgs (DG Entwick-lungszusammenarbeit) Dacian Ciolos (DG Landwirtschaft) und Catherine Ashton (EU-Auszligenbeauftragte) Als Vertreterin des EU-Parlaments nahm unter anderem die Belgierin Isabelle Durant von der Fraktion der Gruumlnen Freie Europaumlische Allianz und Vizepraumlsidentin des Parlaments teil

2 Die folgenden Ausfuumlhrungen basieren auf Recherchen von Christine Schuster

3 Durchaus nicht alle westlichen Konzerne hatten sich an diese Sanktionen gehalten Beispielsweise ist das franzouml-sische Mineraloumllunternehmen Total mit einem Anteil von 312 Prozent an der im Jahr 2000 begonnenen Ausbeutung der Yadana-Gasvorkommen beteiligt

4 EarthRights International (2013) U S European Economic Policy on Myanmar Pulled Between Two Extremes httpwwwearthrightsorgcampaignsus-european-economic-policy-myanmar-pulled-between-two-extremes

5 ebda

6 Wall Street Journal August 20 2012 httpblogswsjcomsearealtime20120820myanmars-growing-but-has-a-long-way-to-go

7 PricewaterhouseCoopers (2012) Myanmar Business Guide August 2012 httpwwwpwccomen_SGsgassetsdocumentmyanmar_business_guidepdf

8 Clifford Change VDB Loi (2013) Myanmar Foreign investment rules in practice Briefing note httpconcept-bankcomwp-contentuploads201304Myanmar_Foreign_Investment_Rulespdf

9 Coke and Unilever Invest $1 Billion in Myanmar Wall Street Journal June 5 2013

10 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

11 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

12 Germany Trade amp Invest (Oktober 2013) Myanmar Inves-titionsklima und -risiken wwwgtaide Gefoumlrdert vom Bun-desministerium fuumlr Wirtschaft und Technologie versorgt der Informationsdienst Unternehmen mit Analysen

13 httpeeneceuropaeueventsmission-vietnam-myanmar-thailand-12-16-november-2013-exploit-vast-business-opportunities-dyna

14 httpswwwwsjeuropesubscom12weeksoffer_test tagsrc=000HNiconsamprnd=52c936c06ad80

15 Clifford Change VDB Loi (2013) a a O

16 wwwgtaide

17 httpwwwtigerminecom20130120myanmar-tourism-statistics

18 Siehe dazu den Beitrag von Julia Buumlhler S 33

19 Siehe den Beitrag von Theresa Hanske S 14

20 httpwwwswitch-asiaeuswitch-asia-infobasic-information-on-switchhtml

21 Council of the European Union (2013) Council conclu-sions on the Comprehensive Framework for The European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels 22 July 2013

22 httpeceuropaeuenterprisepoliciesraw-materialsfilesdocsdialogues-myanmar_enpdf

23 wwwearthrightsorg

Infobox

SwitchAsiabdquoAs US and EU lift economic sanctions against Myanmar the export annual volume including textiles is expected to grow SMART Myanmar actively promotes and supports the sustainable production of garments sbquomade in Myanmarlsquo stri-ving to increase the international competitiven-ess of SMEs in this sector Working closely with companies and business support organizations located in Myanmar the project aims to build capacity and increase skills and knowledge in local partner organizations facilitating the development of marketing and export strategies for the garment sector The project will make an important contribution to shaping Myanmarrsquos sustainable economic developmentldquo20

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 14: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

14 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Investitionsabkommen werden von der Europaumlishyschen Union (EU) als notwendiger Investorenshyschutz propagiert So wie die EU und Konzerne sich das vorstellen faumlllt darunter vor allem die Absicherung von Kapitalinteressen gegenuumlber staatlicher Regulierung Damit stellen solche Abkommen einen Angriff auf die politischen Handlungsspielraumlume von Staaten dar Doch die erfolgreiche Bewaumlltigung des politischen Transshyformationsprozesses in Myanmar verlangt eine umfassende staatliche Steuerungsfaumlhigkeit die sich an den Beduumlrfnissen der Bevoumllkerung orienshytiert Eine Priorisierung auslaumlndischer Investoshyreninteressen koumlnnte destabilisierend und demoshykratiefeindlich wirken und den Reformprozess unterlaufen

Sonderklagerecht fuumlr Konzerne

Mit der Etablierung einer Handels- und Investitions-partnerschaft will die EU zur bdquopolitischen sozialen und oumlkonomischen Entwicklungldquo in Myanmar beitragen so der Beschluss des Rates zur EU-Politik mit Hinblick auf Myanmar vom 22720131 Konkret kuumlndigt die EU im selben Rahmenpapier auch an mit Myanmar Verhandlungen zu einem Investitionsabkommen aufzunehmen Die Verhandlun-gen selbst sollen im ersten Halb-jahr 2014 beginnen2 Im April 2012 hatte die EU die Sanktio-nen gegen Myanmar ausgesetzt wenige Tage vor besagtem Beschluss des Rates war das Land wieder fuumlr die Everything-but-Arms-Regelung3 zugelassen worden Das Investitionsabkommen wird geradezu als der naumlchste logische Schritt fuumlr Myanmars Reintegration in die internationale Gemeinschaft prauml-

sentiert Ganz nach dem Motto sbquoWandel durch Handellsquo versteht das Rahmenpapier ein Investitionsabkommen auch als Unterstuumltzung Myanmars bei seinem Demo-kratisierungs- und Entwicklungsprozess

Dass internationale Investitionsabkommen ein geeig-netes oder gar unerlaumlssliches Instrument sind um politische Transformation Wachstum und Entwicklung voranzubringen ist umstritten Investitionsabkommen locken nicht zwangslaumlufig auslaumlndische Direktinvesti-tionen an und auslaumlndische Direktinvestitionen fuumlhren nicht automatisch zu Demokratisierung und Entwick-lung Wir haben es hier aber nicht einfach nur mit einem Instrument von beschraumlnkter Wirksamkeit ange-sichts groszliger Herausforderungen zu tun Im Gegen-teil internationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Inte-ressen gegen Regulierung und gegen staatliche Inter-ventionsmoumlglichkeiten durchsetzen Mit ihnen hat das transnationale Kapital ein wirkungsvolles Instrument in der Hand um die Gestaltungsraumlume von Staaten ein-zuschraumlnken4

Das Kernstuumlck internationaler Investitionsabkommen ist der Streitschlichtungsmechanismus Er beinhaltet zumindest in den von der EU ausgehandelten Abkom-

men die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit Dadurch wird dem auslaumlndischen Investor gestattet den Gast-staat in dem er seine Investition getaumltigt hat direkt vor einem internationalen Schiedsgericht auf Kompen-sationszahlungen zu verklagen5 Der Investor kann eine

Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhaltenDas Investitionsabkommen zwischen der Europaumlischen Union und Myanmar

Theresa Hanske

links Kapitalinteressen bedienen politische Teil-

habe kleinhalten

bdquoInternationale Investitionsabkommen liefern den rechtlichen Rahmen mit dem die Konzerne ihre Interessen gegen Regu-lierung und gegen staatliche Interventionsmoumlglichkeiten durchsetzenldquo

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

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Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

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INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 15: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

15Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

solche finanzielle Entschaumldigung fordern indem er gel-tend macht dass bestimmte Maszlignahmen des Staates als direkte oder indirekte Enteignung zu bewerten sind Was zunaumlchst einmal tatsaumlchlich wie eine Schutzrege-lung fuumlr eine klar begrenzte Situation aussieht (Ver-staatlichung von Unternehmenseigentum) entpuppt sich bei naumlherem Hinsehen jedoch als Festschreibung umfangreicher Privilegien fuumlr auslaumlndische Konzerne im Gastland Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit garantiert einem Investor nicht nur das Recht die Entschaumldigung tatsaumlchlich getaumltigter Investitionen im Falle der Enteignung einzuklagen Vielmehr enthalten die Investitionsabkommen auch Klauseln auf die sich die Konzerne berufen koumlnnen um fuumlr Gewinne Kom-pensation zu fordern die sie berechtigterweise erwar-ten aber durch die staatliche Maszlignahme nicht reali-sieren konnten Entsprechend hoch sind in der Regel die Schadensersatzforderungen um die es bei diesen Prozessen geht

Es gibt verschiedene Schiedsgerichte vor die ein Inves-tor einen Staat bringen kann Die wichtigsten das International Centre for Settlement of Investment Dis-putes (ICSID) und die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) sind bei der Welt-bank respektive bei den Vereinten Nationen angesie-delt und erhalten durch entsprechende Konventionen ihre voumllkerrechtliche Legitimation Dies bedeutet aber nicht dass es sich dabei um Gerichte im herkoumlmmli-chen Sinne mit unabhaumlngig bezahlten VollzeitrichterIn-nen und oder einem festen Sitz handeln wuumlrde Viel-mehr handelt es sich dabei um eine Parallel-Justiz Die Verfahren sind nicht oumlffentlich und von keiner houmlheren Instanz revidierbar Die dreikoumlpfigen Schlichtungsgre-mien werden von Fall zu Fall zusammengesetzt wobei jede Partei eine Person als Schlichter benennt und diese beiden sich wiederum auf den Vorsitzenden des Gremiums einigen Da die Schlichter in anderen Schiedsprozessen selbst als Anwaumllte von Investoren oder Staaten auftreten liegen Interessenskonflikte auf der Hand

Solche Schiedsgerichte haben in den letzten Jahrzehn-ten uumlber eine rasant steigende Zahl von Faumlllen ent-schieden In 31 Prozent der bekannten Faumllle sprachen sie ihr Urteil zugunsten des klagenden Investors aus in weiteren 27 Prozent der Faumllle kam es zu einer Einigung gemaumlszlig derer haumlufig ebenfalls Zahlungen oder andere Zugestaumlndnisse an den Investor gemacht werden muss-ten6 Die Klagemoumlglichkeit beschert den Unternehmen

so in Form von Entschaumldigungszahlungen einen Zufluss an Steuergeldern in Millionenhoumlhe Berufung kann nicht eingelegt werden das Urteil ist bindend Weigert sich ein zur Kompensation verurteilter Staat zu zahlen kann der Schiedsspruch etwa durch Einzug seines Aus-landsvermoumlgens vollstreckt werden7

Wenn Investoren klagen

In der Rechtsprechung solcher Schiedsgerichte erhaumllt der Investorenschutz meist eine weit gefasste Ausle-gung Investitionsabkommen verpflichten die Unter-zeichnerstaaten uumlblicherweise auf eine sbquogerechte und billige Behandlunglsquo gegenuumlber dem Investor Der in dieser Generalklausel enthaltene Vertrauensschutz wird dann so interpretiert dass jede nach der getaumltig-ten Investition vorgenommene Aumlnderung einer staat-lichen Regelung sanktioniert werden kann8 Indirekte Enteignung wird so interpretiert dass jede staatliche Maszlignahme darunter faumlllt die sich negativ auf den Wert einer Investition auswirken kann Mittels solcher Schiedsverfahren wurden bereits eine breite Palette staatlicher Regelungen seitens der Konzerne als sbquoinves-torenfeindlichlsquo angegriffen wie etwa der Atomausstieg (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland siehe Infobox 1) Warnhinweise auf Zigarettenpackungen (Phi-lip Morris gegen Uruguay) oder die Nichtverlaumlngerung einer Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldeponie (Tec-med gegen Mexiko siehe Infobox 2)

Infobox 1

Vattenfall vs Bundes-republik DeutschlandNach der Nuklearkatastrophe in Fukushima hat Deutschland den stufenweisen Atomausstieg beschlossen Gegen diese Entscheidung hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall im Jahr 2012 bei einem internationalen Schiedsgericht Klage eingereicht Hiermit verbindet der Kon-zern eine Forderung uumlber 37 Milliarden Euro als Kompensation fuumlr entgangene Gewinne die er sich aus zwei seiner Atomkraftwerke fuumlr die Zukunft erwartet hatte Zur Klage berechtigt ihn eine entsprechende Regelung im Energiecharta-Vertrag die aumlhnlich ausgestaltet ist wie in Inves-titionsabkommen9

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 16: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

16 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Wirtschaftspolitische Maszlignahmen die gemeinhin als Handelshemmnisse von der EU und sbquoihrenlsquo Investoren gebrandmarkt werden koumlnnen fuumlr die Gastlaumlnder ein angemessenes Mittel sein um die eigene Entwicklung voranzubringen Ausfuhrquoten fuumlr Rohstoffe wie juumlngst von Indonesien eingefuumlhrt wirken einer rein extraktiven Industrie ohne einheimische Wertschoumlp-fung und mit geringem Gewinn fuumlr den Staatshaushalt entgegen Indonesien sah sich prompt von dem bri-tischen Minenbetreiber Charchill auf 2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagt11

Die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit schafft vorgeblich Rechtssicherheit in Laumlndern ohne verlaumlssliches Rechts-system Was auch immer die urspruumlngliche Idee gewe-sen sein mag als Instrument zur Durchsetzung von Konzerninteressen hat sie sich von solchen Erwaumlgun-gen laumlngst geloumlst Zunehmend geraten auch Staaten mit ausgebauter Rechtsstaatlichkeit ins Visier und ihre Verankerung in Investitions- und Freihandelsabkom-men wird unabhaumlngig vom Rechtssystem der Vertrags-partner betrieben

Ein Investitionsabkommen ist ein geeignetes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzuschreiben versuchen Gerade das Streitschlichtungsverfahren verbunden mit hohen Kosten hat sich dabei als besonders effektiv erwie-

sen Dies gilt ganz besonders fuumlr Entwicklungslaumlnder weil ein solches Verfahren ein immenses Loch in den Staatshaushalt reiszligt Allein die Gerichtskosten belau-fen sich fuumlr den Staat auf durchschnittlich mehr als 8 Millionen US-Dollar haumlufig unabhaumlngig vom Ausgang des Verfahrens12 Aber auch fuumlr Industrielaumlnder sind die potentiellen Kosten oft genug uumlberaus abschre-ckend Maszlignahmen im Sinne des Allgemeinwohls wer-den zuruumlckgenommen oder gar nicht erst eingebracht Die kanadische Regierung beispielsweise hat deswegen das Verbot eines giftigen Benzinzusatzstoffs zuruumlckge-nommen Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall13 Dass dieser sogenannte chill effect real ist zeigt die wachsende Kritik am gegenwaumlrtigen Streit-beilegungsmechanismus auch von Seiten der Staaten selbst14 Der umfassende Investitionsschutz den die

EU nach wie vor in ihren Abkommen durchzusetzen ver-sucht ist daher in Hinblick auf sein entwicklungshem-mendes und demokratiefeindliches Potenzial beson-ders brisant

Konzerninteresse contra Partizipation

Alle Laumlnder die ein entsprechendes Investitionsabkom-men unterzeichnen laufen Gefahr vor einem Schieds-gericht auf enorme Schadensersatzzahlungen verklagt zu werden Fuumlr Myanmar ist das Risiko besonders groszlig da es sich in einer politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase befindet Die EU hat es sich auf die Fahnen geschrieben den Demokratisierungsprozess in Myanmar zu unterstuumltzen15 Die dazu notwendigen Gestaltungsspielraumlume werden jedoch von vornherein massiv eingeschraumlnkt wenn Klagemoumlglichkeiten der oben beschriebenen Art in dem Investitionsabkommen verankert werden

Die burmesische Regierung versucht Wachstum und Entwicklung des Landes anzukurbeln indem sie aus-laumlndische Direktinvestitionen ins Land holt Dieses

Infobox 2

Tecmed vs MexikoDie mexikanischen Behoumlrden hatten eine unbe-fristete Lizenz zum Betrieb einer Giftmuumllldepo-nie erst in eine jaumlhrlich zu erneuernde Lizenz umgewandelt und dann als Reaktion auf poli-tische Proteste gegen die Deponie gar nicht mehr verlaumlngert Der spanische Investor Tec-med argumentierte vor einem internationalen Schiedsgericht dass die aus seiner Sicht will-kuumlrliche Verweigerung der Lizenzverlaumlngerung die oumlkonomische Basis der Investition zunichte gemacht habe Auf Grundlage der Enteignungs-klausel und der Klausel uumlber gerechte und bil-lige Behandlung forderte er Kompensation fuumlr die materiellen Verluste seine entgangenen Profite und seinen Imageverlust Der Konzern rechnete sich dafuumlr die stattliche Summe von mehr als 52 Millionen US-Dollar zusammen10

bdquoEin Investitionsabkommen ist ein geeigne-tes und aufgrund seiner Laufzeit konstantes Druckmittel mit dem sich Investoren einen gesetzlichen Status quo im Gastland festzu-schreiben versuchenldquo

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 17: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

17Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Anliegen bestimmt auch eine Reihe neuer Gesetze die unmittelbar relevant fuumlr auslaumlndische Investoren sind so etwa das Gesetz zu auslaumlndischen Investitionen der Workerslsquo Association Act die beiden Landgesetze sowie das Gesetz uumlber die sogenannten Special Econo-mic Zones Sie zielen dezidiert auf die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas meist jedoch ohne die Bevoumllkerung wirkungsvoll gegen die negativen Folgen einer solchen wirtschaftsliberalen Oumlffnung abzusichern

So ist es nicht gelungen in die Gesetze einen ausreichenden Schutz vor Landnahme fuumlr die mehrheitlich kleinbaumluerliche Bevoumllkerung einzubauen Man-che Kritiker sprechen sogar davon dass hierdurch eine sys-tematische und legitimierte Umverteilung von Landnutzungsrechten zugunsten von inlaumlndischen und auslaumlndischen Investoren vor-bereitet wird16 Die Moumlglichkeit gewerkschaftlicher Organisation ist nun zwar im Workerslsquo Association Act festgeschrieben aber ndash wie der Name des Gesetzes bereits suggeriert ndash fallen nicht alle Berufszweige dar-unter Auszligerdem ist das Streikrecht so formuliert dass es den ArbeiterInnen keine gleichberechtigte Stellung im Arbeitskampf mit den ArbeitgeberInnen zubilligt17

Die Gesetzgebung orientiert sich in ihrer Ausrichtung nicht nur daran auslaumlndischem sondern auch inlaumln-dischem Kapital guumlnstige Investitionsbedingungen zu schaffen In Myanmar steht eine kleine aber durchaus finanzstarke Elite bereit die lange von Korruption und Guumlnstlingswirtschaft profitiert hat Durch ihre guten Beziehungen zum Militaumlr und den undurchsichtigen militaumlreigenen Unternehmenskonglomeraten wird sie versuchen ihren Einfluss auch in Zukunft gewinnbrin-gend zu nutzen Gesetze die Investoren gegenuumlber Kleinbaumluerinnen und Kleinbauern beim Zugang zu Land beguumlnstigen oder nur schwache Arbeitnehmerrechte festschreiben sind auch in ihrem Interesse

Gegen die derzeit geltenden Gesetze und ihre absehba-ren Auswirkungen formiert sich vor Ort Widerstand Bei Protestaktionen fordern Baumluerinnen und Bauern einen Gesetzeszusatz zu den Landgesetzen Partizipation im Entscheidungsprozess und Entschaumldigungen bei Ent-eignung im Zuge von Groszligprojekten werden von der lokalen Bevoumllkerung und ihren UnterstuumltzerInnen aus der Zivilgesellschaft angemahnt ArbeiterInnen machen

auf ihre Situation aufmerksam Sie alle sind mit meis-tenteils repressiven Maszlignahmen der Staatsgewalt kon-frontiert gewaltsame Niederschlagung der Proteste und Verhaftung friedlicher DemonstrantInnen sind nach wie vor an der Tagesordnung18 Sie alle machen aber auch deutlich dass die Bevoumllkerung fuumlr sich einen angemessenen Anteil an dem im Westen viel beschwo-renen Wandel beansprucht Es geht bei diesen Protes-ten auch um Transparenz und soziale Vertraumlglichkeit von Investitionen aber vor allem geht es der Bevoumllke-

rung um politische Teilhabe und darum ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit gesetzlich zu verankern Fuumlr die bereits verabschiedeten Gesetze ist absehbar dass weiterhin um Aumlnderungen und Zusaumltze gerungen wer-den wird und zwar gerade auch um solche durch die auslaumlndische Investoren ihre Interessen gefaumlhrdet sehen Mit dem Investitionsabkommen zielt die EU darauf europaumlische Investoren auch fuumlr diesen Fall zu ruumlsten Wenn dort die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebeln

Anmerkungen

1 Council of the European Union (2013) Council conclusions on the Comprehensive Framework for the European Unionrsquos policy and support to Myanmar Burma Brussels wwwconsiliumeuropaeuuedocscms_datadocspressdataENforaff138272pdf

2 Joint Statement by the co-Chairs EU High Representative Catherine Ashton and U Soe Thane Union Minister form the Ministry of the Presidentrsquos Office on the EU-Myanmar Task Force wwweeaseuropaeustatementsdocs2013131115_02_enpdf

3 Damit darf Myanmar alle Waren zollfrei in die EU exportie-ren ndash bdquoauszliger Waffenldquo

4 Bellak Christian Kuumlblboumlck Karin (2004) Bilaterale Inves-titionsschutzabkommen Direkt-Investitionen und die Inte-ressen der Entwicklungslaumlnder In OumlFSE (Hg) Oumlsterreichi-sche Entwicklungspolitik 2003 iquestEntwicklung + Wirtschaft Wirtschaft + Entwicklung Berichte Analysen Informatio-nen Wien 17ndash29 wwwoefseatDownloadspublikationenoeepoloepol2004pdf Staritz Cornelia (2013) Foreign direct investment and local spillovers in the apparel sector in

bdquoWenn die Investor-Staat-Klagemoumlglichkeit verankert wird ndash und darauf wird die EU draumlngen ndash dann ist es fuumlr Konzerne ein Leichtes jede unerwuumlnschte staatliche Maszlignahme auszuhebelnldquo

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 18: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

18 Kapitalinteressen bedienen politische Teilhabe kleinhalten

Sub-Saharan Africa OumlFSE policy note 052013 httpwwwoefseatDownloadspublikationenpolicynotesPN5_FDIpdf Eberhardt Pia (2013) Eine transatlantische Verfassung der Konzerne In Forum Umwelt amp Entwicklung ndash Rundbrief 032013 13ndash14 wwwforumuedepublikationenrundbrieferundbriefrundbrief-iii2013-globalisierung-und-freihandel-pokerspiel-mit-ungewissem-ausgang

5 Inlaumlndischen Investoren steht diese Moumlglichkeit nicht offen Unternehmen koumlnnen also nicht ihren bdquoHeimatstaatldquo bei einem internationalen Schiedsgericht verklagen Sie muumls-sen den Rechtsweg uumlber die nationalen Gerichte gehen

6 Waumlhrend bis 1996 die Anzahl der Investor-Staat-Klagen mit 38 Faumlllen noch relativ uumlberschaubar war ist die Zahl bis 2012 auf 514 bekannte Faumllle gestiegen wovon 58 allein auf das Jahr 2012 entfallen Die Dunkelziffer duumlrfte allerdings weit houmlher liegen da keine allgemeine Registrierungspflicht der Klagen besteht (das ICSID veroumlffentlicht anhaumlngige Verfahren bei anderen Gerichten ist dies nicht der Fall) Vgl Eberhardt Pia Olivet Cecilia (2012) Profiting from injustice CEO TNI Bruumlssel Amsterdam 7 httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilespublicationsprofiting-from-injusticepdf Seat-tle to Brussels Network CEO TNI (2013) A transatlantic cor-porate bill of rights October 2013 updated Version httpcorporateeuropeorgsitesdefaultfilesattachmentstransatlantic-corporate-bill-of-rights-oct13pdf

7 Eberhardt Olivet 2012 14

8 Das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung ver-langt den Gaststaaten Transparenz Vorhersagbarkeit und Ver-laumlsslichkeit ab Als Standard fuumlr die Abwaumlgung ob der Staat dieses Prinzip gegenuumlber dem Investor verletzt hat gelten u a seine bdquolegitimate and reasonable expectations at the time of investmentldquo (Mortimore Stanley (2009 39) zitiert nach Kozak Kuumlblboumlck (2011 7)) Vgl Kozak Kamila Kuumlblboumlck Karin (2011) Die Europaumlische Investitionspolitik nach dem Vertrag von Lissabon und ihr Einfluss auf nachhaltige Ent-wicklung OumlFSE Working Paper 27 wwwoefseatDownloadspublikationenWP27_EU-Investitionspolitikpdf

9 Bernasconi-Osterwalder Nathalie Rhea Tamara Hoff-mann (2012) Der deutsche Atomausstieg auf dem Pruumlfstand eines internationalen Investitionsschiedsgerichts httppower-shiftdewordpresswp-contentuploads201206Bernasconi-Hoffmann-Vattenfall-ICSID-Briefing-PowerShift-Sept2012pdf

10 Vgl das Urteil in diesem Fall httpsicsidworldbankorgICSIDFrontServletrequestType=CasesRHampactionVal=showDocampdocId=DC602_EnampcaseId=C186

11 TNI (2013) Experts warn Myanmar about risks with investment treaties wwwtniorginthemediaexperts-warn-myanmar-about-risks-investment-treaties

12 Seattle to Brussels Network CEO TNI 2013 4

13 William Greider zitiert in seinem Artikel in The Nation einen ehemaligen Regierungsbeamten aus Kanada bdquoIch habe die Briefe von New Yorker und Washingtoner Anwaltsfirmen gesehen die bei nahezu jeder neuen Umweltauflage oder Vor-schlaumlgen dazu in den letzten fuumlnf Jahren an die kanadische

Regierung gingen Sie bezogen sich auf chemische Reinigung Arzneimittel Pestizide Patentrecht Praktisch jede neue Ini-tiative wurde da zur Zielscheibe und die meisten haben nie das Licht der Welt erblicktldquo [Uumlbersetzung der Autorin] Vgl Greider William (2001) The Right and US Trade Law Invali-dating the 20th Century The Nation 17112001

14 Einige wenige Staaten ndash Bolivien Ecuador Suumldafrika Australien ndash haben sich deswegen sogar fuumlr einen Austritt Neuverhandlung oder Auslaufen ihrer Investitionsabkommen entschieden In der EU ist der Streitbeilegungsmechanismus zuletzt vor allem als Bestandteil des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) heftig kritisiert worden Angesichts des breiten Widerstands gegen das Klagerecht fuumlr Investoren hat die EU-Kommission eine Verhandlungspause und oumlffentliche Konsultation zu diesem Punkt des Abkom-mens angekuumlndigt Die von der EU-Kommission in diesem Zusammenhang vorgebrachten Reformvorschlaumlge sind bei naumlherem Hinsehen allerdings eher kosmetischer Natur (z B Missbrauch des Klagerechts eindaumlmmen Kautschukparagra-phen praumlzisieren) Das grundsaumltzliche Bekenntnis zum Inves-titionsschutz und damit dem Klagerecht fuumlr Investoren wird von der EU-Kommission weiter aufrechterhalten Zusaumltzlich ist zu beachten dass sich die Ankuumlndigungen der Kommis-sion zunaumlchst einmal auf dieses eine Freihandelsabkommen beziehen Damit ist noch keine prinzipielle Neuausrichtung bei Verhandlungen uumlber Handels- und Investitionsabkommen wie z B dem mit Myanmar impliziert (vgl PowerShift Buumlnd-nis TTIP-Unfairhandelbar TTIP-Kritiker vor Etappensieg ndash EU unterbricht Verhandlungen uumlber Konzern-Klagen wwwpower-shiftdep=2333 Hageluumlken Alexander Bruumlssel will dreiste Mil-liardenklagen verhindern Suumlddeutsche Zeitung 2112014

15 Vgl etwa die in Anmerkung 1 angefuumlhrten Dokumente

16 Vgl den Beitrag von Benjamin Merci in dieser Broschuumlre Siehe auch Oberndorf Robert B (2012) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Vir-gin Lands Management Law Forest Trends Association wwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf Woods Kevin (2013) Is the Westrsquos embrace of Burma about libera-tion or exploitation wwwtniorgmulimediawests-embrace-burma-about-liberation-or-exploitation

17 Vgl Aung San Suu Kyis Statement auf der 101st Interna-tional Labour Conference vom 1472012 wwwiloorgglobalabout-the-ilomedia-centrestatements-and-speechesWCMS_183369lang--enindexhtm

18 Zu den Bauernprotesten siehe Radio Free Asia Myanmar Farmers call for Amendments to Land Law (2082013) zu den Arbeiterstreiks vgl PRI Labor Laws Strengthened in Myanmar But Workers Still Struggle (1692013) zum Widerstand gegen Groszligprojekte und Niederschlagung der Proteste vgl den Beitrag von Christina Grein in dieser Broschuumlre Siehe auch Business amp Human Rights Resource Centre (2013) Briefing Myanmar Business amp human rights in Myanmar A round-up of recent developments August 2013 wwwbusiness-humanrightsorgmediadocumentsmyanmar-briefing-aug-2013pdf Nwet Kay Khine (2013) Auslandsinvestitionen und Konflikte in Myanmars Bergbausektor In Heinrich-Boumlll-Stiftung (Hg) Perspectives Asien 012013 wwwboelldesitesdefaultfiles130607_perspectives_asien_1pdf

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 19: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

19Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Die Gebiete der ethnischen Minderheiten sind seit Jahrzehnten Schauplatz gewalttaumltiger Auseinanshydersetzungen Gleichzeitig sind diese Regionen traditionell besonders interessant fuumlr Investoren denn hier befinden sich die reichsten Rohstoffshyvorkommen Die Politik der Waffenstillstaumlnde und Militarisierung fuumlhrte zur Entwicklung einer buumlrgerkriegsaumlhnlichen Oumlkonomie deren entshyscheidendes Kennzeichen die wirtschaftliche Ausbeutung durch Machteliten darstellte Wirtshyschaftliche Interessen untergruben Friedensvershyhandlungen und nun ist es an Thein Sein den Beweis anzutreten dass es ihm und seiner Regieshyrung ernst ist mit dem Frieden

Investitionen auslaumlndischer Unternehmen in Myanmar stellen kein rezentes Phaumlnomen dar Beginnend mit der Liberalisierung wichtiger Handelsgesetze und der Verabschiedung des Gesetzes fuumlr auslaumlndische Inves-titionen1 kennzeichnet das Jahr 1988 die Abkehr von sozialistischen Wirtschaftsleitlinien und den Eintritt asiatischer Staaten als Wirtschaftspartner Myanmars2 In den Folgejahren traten asiatische Unternehmen in kontinuierlich wachsende Geschaumlftsbeziehungen mit der militaumlrgefuumlhrten Regierung Der Ressourcen-reichtum Myanmars die geringen Auflagen bezuumlglich Umwelt- und Menschenrechtsstandards und eine auf auslaumlndische Einnahmen angewiesene Militaumlrregierung boten den Investoren der rohstoff- und energiehung-rigen asiatischen Oumlkonomien optimale Geschaumlftsaus-sichten Faktoren wie die politisch und oumlkologisch sensible Situation in den von ethnischen Minderheiten bewohnten ressourcenreichen Grenzregionen waren dabei von marginalem Interesse

Parallel zu der Liberalisierungsphase schloss der State Law and Order Restoration Council (SLORC)3 sowie der 1997 nachfolgende State Peace and Development Coun-

cil (SPDC)4 Waffenstillstandsabkommen mit vielen der seit Jahrzehnten fuumlr politische Autonomie und wirt-schaftliche Partizipation kaumlmpfenden bewaffneten eth-nischen Gruppierungen Obwohl die Waffenstillstands-vereinbarungen in keinem schriftlichen Vertragswerk festgehalten wurden und demnach keine rechtliche Grundlage darstellten stimmten Vertreter ethnischer Parteien den Waffenstillstaumlnden zu5 Fortan fuumlhrte die Staatsmacht eine verstaumlrkte Militarisierung durch die ihr die Kontrolle uumlber wichtige Grenzuumlbergaumlnge und den Zugang zu ressourcenreichen Gebieten sicherte Die neuen Machtverhaumlltnisse legten den Grundstein zur Uumlbertragung von Investitionslizenzen an Investoren aus dem benachbarten China Thailand und anderen Staaten aus der Region

Das Fehlen adaumlquater administrativer Mechanismen die eine geregelte Vergabe von Auftraumlgen an Investo-ren und eine Ruumlckfuumlhrung der Einnahmen zur wirt-schaftlichen Entwicklung der Minderheitengebiete haumltten sichern koumlnnen charakterisieren eine inhaumlrente Schwaumlche des Staates Gepaart mit der nur kurzfristig vorhersehbaren politischen Situation in den Grenz-regionen foumlrdert dies die Korruptionsbereitschaft Regierungsbeamte Militaumlrfunktionaumlre und auch Kom-mandeure bewaffneter Gruppierungen traten aus pro-fitgeleiteten Motiven und mangels effektiver staatlicher Aufsichtsmechanismen in direkte Verhandlungen mit auslaumlndischen Investoren die Ressourcen ausbeuteten und groszlige Gewinne erzielten

Profitable Waffenstillstaumlnde

Das Militaumlrregime zeigte im Anschluss getroffener Waf-fenstillstaumlnde wenig Bereitschaft bei der Erschlieszligung der wirtschaftlichen Ressourcen mit ethnischen Orga-nisationen zu kooperieren Mit Hilfe der Militarisierung gewann es die Oberhand uumlber wichtige wirtschaft-

Wie viel Friede braucht das GeschaumlftInvestitionen in den ethnischen Grenzregionen

Michael Hackmann

links Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 20: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

20 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

liche Gebiete Die in ihrer Heimat marginalisierten politischen Gruppierungen begannen in entlegeneren Gebieten Geschaumlftsbeziehungen mit auslaumlndischen Investoren einzugehen um ihre Armeen zu finanzie-ren und die Grundbeduumlrfnisse der Zivilbevoumllkerung zu stillen ndash doch verfolgten einige houmlherrangige Poli-tikerInnen und Militaumlrs auch eigene wirtschaftliche Bestrebungen was die Autoritaumlt mancher ethnischer Organisationen in der Bevoumllkerung als wahre volks-repraumlsentative Organe schwaumlchte Waffenstillstaumlnde in Myanmar resultierten nicht in stabilen politischen Verhaumlltnissen Es flammten immer wieder Kaumlmpfe zwi-schen den diversen Konfliktparteien auf Analog dazu entwickelte sich eine buumlrgerkriegsaumlhnliche Oumlkonomie deren entscheidendes Kennzeichen die militaumlrische Kontrolle einzelner ressourcenreicher Regionen durch Machteliten darstellte und die mit schwerwiegenden Folgen fuumlr die Umwelt und Lebenssituation der Zivil-bevoumllkerung einhergingen6

Die verschiedenen in den Grenzregionen lebenden Gruppen deren gaumlngige Bezeichnung als non-burmese people die kulturelle und politische Stigmatisierung als BuumlrgerInnen zweiter Klasse symbolisiert sahen sich auch waumlhrend der offiziellen Waffenruhen heftigen Repressalien der zum Teil aus eigenen Motiven han-delnden Tatmadaw der nationalen Armee ausgesetzt Die Truppen setzten ohne Ruumlcksichtnahme gegenuumlber der Bevoumllkerung geplante Groszligprojekte mit Waffen-gewalt durch Landkonfiszierungen Flutungen und erzwungene Umsiedlungen gingen mit schweren Men-schenrechtsverletzungen einher Trotz der reichhalti-gen Ressourcen wurden die Minderheiten weiterhin groumlszligtenteils von der wirtschaftlichen Teilhabe ausge-schlossen Exemplarisch hierfuumlr belegen die Grenzre-gionen im landesweiten Vergleich die letzten Plaumltze in den Bereichen Bildung Gesundheit und Einkommen

Obwohl Waffenstillstaumlnde zu einem signifikanten Ruumlck-gang an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibun-gen fuumlhrten erweiterte die Ankunft auslaumlndischer Investoren den Konflikt zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten um eine weitere Ebene Die Diskrepanzen der Forderungen und der mangel-hafte Wille der Regierungen ethnischen Minderheiten Zugestaumlndnisse zu machen die ihnen eine politisch bedeutsame Rolle in einem foumlderalen System sowie Mitspracherecht bei der Ressourcenverteilung verlei-hen verhinderten zielfuumlhrende Verhandlungen uumlber einen Friedensprozess

Der Anspruch des SPDC auf die vollstaumlndige wirtschaft-liche und politische Kontrolle manifestierte sich in den Jahren 2009 und 2010 Basierend auf der 2008 verab-schiedeten Verfassung7 implementierte die Regierung im Folgejahr das Border Guard Force (BGF)-Programm das die Neutralisierung aller Widerstandsgruppen anstrebte Im August 2009 brach sie einen zwanzig-jaumlhrigen Waffenstillstand mit der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) und besetzte die wirtschaftlich und geopolitisch bedeutsame Grenzre-gion zur chinesischen Provinz Yunnan Ferner machte die Regierung ihre Drohung wahr und erklaumlrte nach Ablauf einer einjaumlhrigen Zustimmungsfrist alle beste-henden Waffenstillstaumlnde mit sich dem BGF-Programm widersetzenden Gruppen einseitig fuumlr beendet In der direkten Folge flammten Kaumlmpfe in den Karen- und Shan-Gebieten auf

Der Verdacht dass die geschlossenen Abkommen eher als eine politische Strategie zu verstehen sind um Zugang zu ressourcenreichen Gebieten zu bekommen erscheint keineswegs abwegig Parallel dazu scheint der Fortbestand der Waffenstillstaumlnde von der Uumlber-einstimmung mit wirtschaftlichen Praumlferenzen abhaumln-gig zu sein Obgleich Investitionen in den ethnischen Grenzregionen nicht als Ursache des seit Jahrzehnten andauernden politischen Konflikts zu identifizieren sind verfuumlgen sie zweifelsohne uumlber das Potenzial ethnische Marginalisierung zu forcieren und konflikt-

Infobox

Border Guard ForcesBorder Guard Forces (BGF) sind aus vormaligen bewaffneten Einheiten ethnischer Organisatio-nen bestehende Truppen die der Befehlsge-walt der Tatmadaw unterstehen Der Groszligteil der Widerstandsgruppen widersetzte sich der Integration in das BGF-Programm Eine Zustim-mung bedeutete die Zerschlagung ihrer Armee den Verlust militaumlrischer Druckmittel und die Moumlglichkeit im Kampf gegen Einheiten ihrer eigenen Ethnie eingesetzt zu werden Obgleich die Regierung Thein Sein die Forderung nach der Integration in die BGF als Bedingung fuumlr Waffenstillstandsabkommen revidierte ist sie weiterhin in einer spaumlteren Phase des aktuel-len Friedensplans verankert und stellt ein ent-scheidendes Hindernis fuumlr einen progressiven Friedensprozess dar

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 21: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

21Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

verschaumlrfende Wirkungen zu generieren Die Entwick-lungen im Kachin-Staat veranschaulichen die beschrie-benen Wirkungsketten eindrucksvoll

Der Fall Kachin

Die 1994 getroffene Waffenstillstandsvereinbarung mit der Kachin Independence Organisation (KIO) bezie-hungsweise der Kachin Independence Army (KIA)8 weckte nach jahrzehntelangem Blutvergieszligen Zerstouml-rung und Vertreibung groszlige Hoffnungen bei der Lokal-bevoumllkerung einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erleben Zudem schien die Regierung durch die Unterzeichnung des ersten und einzigen schriftlich fixierten Waffenstillstandsabkommens der Militaumlrdiktatur in dem sie der KIO die militaumlrische und administrative Kontrolle in festgelegten Regionen garantierte ernsthafte Friedensabsichten zu hegen9 Doch die darauf einsetzenden Entwicklungen unter-schieden sich nicht von denen in den anderen Grenz-regionen

In Folge der erhoumlhten Militaumlrpraumlsenz uumlbernahm die Regierung das zuvor von der KIO kontrollierte Jadege-schaumlft und vergab Minenkonzessionen an Unternehmen die mit ihr kollaborierten Als Reaktion auf den Verlust des Jadehandels und des Zugangs zu anderen wert-wollen Ressourcen stieg die KIO in den Holzhandel mit chinesischen Firmen ein Lokale Militaumlrkommandeure taten es ihr gleich und die Bewaldung reduzierte sich dramatisch10 Daruumlber hinaus besitzt der Kachin-Staat wertvolle Mineralien wie Gold und betraumlchtliche Vor-kommen Seltener Erden Regierungsbeamte vergaben Auftraumlge an chinesische Firmen die mit groszligangele-gen hydraulischen Operationen die Rohstoffextraktion vorantrieben waumlhrend die Gewinne an den Einheimi-schen vorbei in die Kassen der Militaumlrregierung flossen Die in den Folgejahren kontinuierlich wachsende Zahl von Minen resultierte in groszligflaumlchigen Umweltschaumlden und erschwerte es den Menschen die in unmittelbarer Naumlhe lebten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten

Weitere Groszligprojekte zu Lasten der Bevoumllkerung folg-ten Chinesisch finanzierte Staudaumlmme11 und von der Regierung eroumlffnete Naturschutzgebiete die nahezu den gesamten nordwestlichen Kachin-Staat umfas-sen stellten schwere Eingriffe in den Lebensraum der einheimischen Bewohner dar Der lokalen Bevoumllke-rung wurde jedwede Form des Jagens ndash eine wichtige

Nahrungsquelle ndash und der Waldnutzung untersagt Es regte sich umso mehr Widerstand als die Regierung 81000 Hektar Land an das burmesische Yuznah-Unter-nehmen fuumlr monokulturelle Groszligplantagen vergab welches Teile eines Tigerschutzgebietes und Ackerland lokaler Baumluerinnen und Bauern umfasste12 Nepotis-mus Korruption und Profitgier kennzeichnen auch die weiteren groszligen Landkonfiszierungen der ersten Dekade des 21 Jahrhunderts Waumlhrend Kleinbaumluerin-nen und -bauern von Enteignungen Vertreibungen und Repressalien der Tatmadaw berichten erzielten das Militaumlr protegierte burmesische Unternehmen und chinesische Agrarinvestoren satte Gewinne Viele Menschen erfuhren seit der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen und der wirtschaftlichen Oumlffnung eine fortschreitende Marginalisierung die oftmals mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage einherging

Neues politisches System alte Muster

Der Fall Kachin zeigt die Verflechtung von Waffenstill-staumlnden Militarisierung und Ressourcenausbeutung in einem fuumlr die Bevoumllkerung besonders tragischen Maszlige auf Als Thein Sein die Amtsgeschaumlfte uumlbernahm und politische und oumlkonomische Partizipation versprach keimte erneut Hoffnung auf von dem Ressourcenreich-tum wirtschaftlich profitieren zu koumlnnen und stabile-ren politischen Verhaumlltnissen entgegenzusteuern Die Regierung erzielte mit dem Abschluss von Waffenstill-staumlnden und der Einleitung eines relativ transparenten Friedensprozess mit ethnischen Organisationen im Jahr 2011 erste rasche Erfolge auf dem Weg zu einem dau-erhaften Frieden13

Trotz demokratischer Reformen und der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit dem Groszligteil der bewaffneten ethnischen Gruppen deutet der im Juni 2011 begonnene Militaumlrschlag gegen die KIO auf eine auch unter der aktuellen Staatsmacht andauernde Voranstellung wirtschaftlicher Interessen gegenuumlber Friedensbemuumlhungen hin Als die KIO der Forderung der Regierung nicht nachkam ihre Truppen von einem Auszligenposten nahe des Taping-Damms abzuziehen startete die Regierung die groumlszligte Militaumlraktion der juumlngeren Vergangenheit Die Kaumlmpfe fuumlhrten zur Ver-treibung Zehntausender Menschen die Tatmadaw besetzte erneut wichtige Territorien im Kachin-Staat14

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 22: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

22 Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

Bis in die Gegenwart konnte keine Einigung uumlber einen Waffenstillstand erreicht werden

Die Loumlsung des Kachin-Konflikts kann in seiner Bedeu-tung nicht isoliert betrachtet werden Sein Fortbe-stand birgt die Gefahr den gesamten Friedenspro-zess und den demokratischen Reformkurs Myanmars zu gefaumlhrden Laut Verfassung ist das Militaumlr im Falle eines Ausnahmezustands befugt die politische Macht zu uumlbernehmen Die Rolle des Militaumlrs im Friedens-prozess erscheint aufgrund nicht autorisierter Kampf-handlungen undurchsichtig und laumlsst Zweifel an des-sen vollstaumlndiger Kontrolle durch die Regierung von Thein Sein aufkommen Vor diesem Hintergrund und der Bedrohung eines Ruumlckfalls in einen Militaumlrstaat for-derten die im ethnischen Verbund United Nationalities Federal Council (UNFC) organisierten Organisationen15 die Regierung bereits mehrfach auf alle militaumlrischen Offensiven in den Kachin- und Shan-Gebieten unver-zuumlglich zu stoppen Synchron zu dem Andauern der Kaumlmpfe waumlchst das Misstrauen der Waffenstillstands-gruppen und der Zivilbevoumllkerung dass der Regie-rungsantrieb fuumlr Friedensverhandlungen allein der internationalen Legitimation und kommerziellen Wirt-schaftsinteressen dient16 ndash eine Entwicklung die sich negativ auf die Einigung bestehender kontraumlrer Positio-nen in den Friedensverhandlungen auswirken koumlnnte17

Die zeitnahe Bewaumlltigung des Kachin-Konflikts bleibt ein groszliger Pruumlfstein fuumlr die Regierung Thein Sein ihren Willen und ihre Befaumlhigung zu beweisen den jahrzehn-telangen Buumlrgerkrieg in Myanmar dauerhaft zu been-den Doch die Verhandlungen im Oktober 2013 schei-terten trotz weiterer Annaumlherung General Gwan Maw stellvertretender Generalstabschef der KIA erklaumlrte die KIO koumlnne aufgrund der Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit kein neues Abkommen unterzeich-nen bis sich ein groumlszligeres Vertrauensverhaumlltnis mit der Regierung entwickelt habe18 Die politische Fuumlhrung der KIO und die BewohnerInnen des Kachin-Staats fuumlrchten weiterhin eine Wiederholung der letzten Waf-fenstillstandsperiode die ndash trotz der Verbesserung der Infrastruktur des Aufstiegs einer kleinen Klasse wirt-schaftlicher Profiteure und des Ruumlckgangs an Vertrei-bungen und Menschenrechtsverletzungen ndash primaumlr von politischer und wirtschaftlicher Exklusion des Groszligteils der Kachin-Bevoumllkerung gekennzeichnet war Sie for-dern wie auch weitere ethnische Organisationen und burmesische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Aussetzung von Investitionsprojekten bis die Frie-

densverhandlungen mit einem fuumlr sie zufriedenstellen-den Ergebnis abgeschlossen werden19 Die Forderung untermauert erneut die zentrale Bedeutung einer par-tizipativen Investitionspolitik fuumlr die dauerhafte Been-digung der militaumlrischen Konflikte in Myanmar

Risikokapital

Das bestehende Interesse europaumlischer Unternehmen an Myanmar zeigte sich im November 2013 als eine EU-Delegation begleitet von 100 europaumlischen Geschaumlfts-leuten nach Myanmar reiste und die Verstaumlrkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beschloss20 Euro-paumlische Investoren sollten sich der Gefahr bewusst werden dass Investitionen in die Grenzgebiete die ethnische Exklusion hinsichtlich oumlkonomischer und politischer Teilhabe forcieren koumlnnen und konfliktver-schaumlrfendes Potenzial besitzen Es bedarf detaillierter Voranalysen des Zusammenhangs von friedenspoliti-schen Entwicklungen und Investitionen um diesen Risiken vorzubeugen Erst dann laumlsst sich eine unter-nehmensverantwortliche Investitionspolitik entwickeln die den berechtigten Beduumlrfnissen aller Interessens-gruppen Rechnung traumlgt

Anmerkungen

1 Vgl The Union of Myanmar Foreign Investment Law (1988) httpwwwburmalibraryorgdocs11Foreign-Investment-Law-of-Myanmar-1988pdf

2 Am 1891988 putschte General Saw Maung loumlste die seit 1962 unter der Fuumlhrung von General Ne Win herrschende Burma Socialist Programme Party (BSPP) auf und setzte die sozialistische Verfassung auszliger Kraft

3 State Law and Order Restoration Council (SLORC) war der offizielle Name des Militaumlrregimes das 1988 unter Fuumlhrung von Saw Maung die Macht ergriff

4 1997 wurde der SLORC in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt Das von General Than Shwe unterzeichnete Dekret zur Aufloumlsung des SPDC kennzeichnet gemeinsam mit der sich wenige Tage spaumlter anschlieszligenden Amtsvereidigung Thein Seins am 3032011 das Ende der seit 1962 etablierten direkten Militaumlrherrschaft

5 Die Waffenstillstaumlnde wurden zumeist mit Kommandeuren der bewaffneten Armeen ethnischer Organisationen ausge-handelt Neben dem Fehlen schriftlicher Vertraumlge waren die Abkommen daruumlber hinaus eher als militaumlrische Uumlberein-kuumlnfte zu verstehen Verhandlungen uumlber politische Inhalte wie Autonomie und Ressourcenverteilung wurden kaum gefuumlhrt Vgl Lorch Jasmin Roepstorff Kristina (2013) Myan-mars Friedensprozess Die Bedeutung foumlderaler Reformen und eines inklusiven Nationalen Dialogs Berlinhttpwwwswp-berlinorgfileadmincontentsproductsaktuell2013A41_lrc_rpspdf

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

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Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 23: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

23Wie viel Friede braucht das Geschaumlft

6 Neben dem offiziellen Militaumlr den Border Guard Forces (BGF) (siehe Box) und den Armeen ethnischer Organisatio-nen stellen die People Militia Forces (PMA) einen weiteren bewaffneten Akteur in den Minderheitengebieten dar Diese paramilitaumlrischen Einheiten wurden seit den 1950er Jahren auf Anweisung der Regierung aufgebaut Sie bestehen aus rek-rutierten Angehoumlrigen ethnischer Minderheiten und dienen primaumlr dem Kampf gegen ethnische Widerstandsgruppen der Kontrolle der Lokalbevoumllkerung und der Sicherung der Grenz-regionen Unter Duldung und dem Mitverdienst lokaler Kom-mandeuren sind sie im Drogenhandel der Besteuerung der Lokalbevoumllkerung und weitere illegale Geschaumlften involviert die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einherge-hen Vgl Keenan Paul (2013) Peoplersquos Militia Forces Time to re-assess the strategy Burma Centre for Ethnic Studies httpwwwburmaethnicstudiesnetpdfBCES-BP-No4pdf

7 In der Verfassung heiszligt es bdquoAll the armed forces in the Union shall be under the command of the Defence Servicesldquo Constitution of the Republic of Myanmar (2008) httpwwwburmalibraryorgdocs5Myanmar_Constitution-2008-enpdf

8 Die KIA ist der bewaffnete Arm der KIO Im weiteren Text wird zumeist von der KIO gesprochen Dies schlieszligt die KIA mit ein

9 Kachin National Organization (2013) Political History A Brief Political Account of the Kachin httpkachinlandorgindexphpoption=com_contentampview=categoryamplayout=blogampid=45ampItemid=75

10 Fuumlr weitere Informationen uumlber die Akteure des Holzhan-dels im noumlrdlichen Kachin-Staat und deren Motive vgl Bonn International Center for Conversion (2007) Tabellarische Uumlbersicht ausgewaumlhlter Faumllle aus den Bereichen extraktive Industrien Wald- und Wasserwirtschaft Bonn httpwwwbiccdeuploadstx_bicctoolstabellarische_uebersichtpdf

11 Bekanntestes Beispiel ist der von der China Power Invest-ment Corporation (CPI) finanzierte Myitsone-Damm Nach der Vertreibung von 10000 Menschen und groszligen Protesten dar-unter ein Brief der KIO an die chinesische Regierung in dem die Organisation vor der Gefahr eines Buumlrgerkriegs warnte stoppte Thein Sein am 3092011 den Bau Doch das Groszlig-projekt scheint nur ausgesetzt zu sein China verlangt eine Fortsetzung des Projekts und chinesische Arbeiter der CPI leben weiterhin in der Naumlhe des Damms Vgl Martov Seamus (2013) Myitsone Dam Project on Hold but Far From Dead The Irrawaddy November 6 2013 httpwwwirrawaddyorgz_kachinmyitsone-dam-project-hold-far-deadhtml

12 Vgl Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Border-lands Transnational Institute und Burma Centre Netherlands httpwwwburmalibraryorgdocs14Burmasborderlands-redpdf

13 Das von der Burma News International initiierte Projekt Myanmar Peace Monitor stellt ausfuumlhrliche Informationen und Analysen uumlber den 2011 eingeleiteten Friedensprozess und aktuelle Entwicklungen online httpwwwmmpeacemonitororgindexphp

14 Buchanan John Kramer Tom Woods Kevin (2013)

15 Der UNFC setzt sich aus elf Organisationen zusammen und wurde am 1622011 in Chang Mai Thailand gegruumlndet Fuumlr Hintergrundinformationen und Forderungen des UNFC httpwwwmmpeacemonitororgstakeholdersunfc

16 South Ashley (2013) Governance and Legitimacy in the Myanmar Peace Process In Panorama Insights into Asian and Euopean Affairs Myanmar in Transition Polity People amp Processes Konrad-Adenauer-Stiftung Singapore httpwwwkasdewfdockas_36387-1522-2-30pdf131213110405

17 Der UNFC lehnt weiterhin entschieden vier Punkte des Friedensplans der Regierung ab Akzeptieren der Verfas-sung von 2008 Gruumlndung politischer Parteien um par-lamentarisches Mitspracherecht zu erhalten Politische Aumlnderungen sind nur durch Mehrheitsbeschluumlsse im Par-lament moumlglich Integration der Kampftruppen in die BGF Weitere Details unter Burma International Online (2013) Deciphering Myanmarrsquos Peace Process A Reference Guide 2013 httpbnionlinenetimages2013pdfDeciphering-MyanmarE2 80 99s-Peace-Process-For-Webpdf

18 httpwwwirrawaddyorgburmakio-signs-new-peace-deal-still-ceasefirehtml

19 Fuumlr weitere Informationen bezuumlglich der Stimmen und der Positionen der unterschiedlichen Akteure aus der Zivil-gesellschaft siehe den Artikel von Christina Grein in dieser Broschuumlre und Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Natio-nalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

20 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 24: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

24 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Nach der Aufhebung der Sanktionen seitens der EU ist nun auch Deutschlands Interesse am burmesischen Rohstoffsektor geweckt Einershyseits werden Investitionen in diesen Sektor als Entwicklungsmotor fuumlr Myanmars Wirtschaft bewertet Andererseits verdeutlicht die gegenshywaumlrtige Situation dass solche Projekte haumlufig verheerende Folgen fuumlr Mensch und Umwelt nach sich ziehen Deutsche bzw europaumlische Politiker haben jetzt noch die Chance Einfluss auf die Ausgestaltung europaumlischer Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu nehmen

Groszlige Hoffnungen verbinden sich derzeit mit dem von der Militaumlrjunta eingeleiteten Transformationsprozess In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Chance angefuumlhrt das negative Entwicklungspotenzial umzukehren das die Abschoumlpfung von Rohstoffen der-zeit fuumlr die burmesische Bevoumllkerung mit sich bringt Aktuelle Entwicklungen deuten aber darauf hin dass die Rolle Myanmars als Rohstofflieferant ohne Wert-schoumlpfung im eigenen Land zementiert wird sodass ein Groszligteil der Bevoumllkerung letztlich nicht davon pro-fitiert die Lasten allerdings weiterhin zu schultern hat

Europaumlische Investoren bringen sich in Stellung

Die herausragende Rolle des burmesischen Rohstoff-sektors ist augenscheinlich Bis Ende Mai 2013 beliefen sich die auslaumlndischen Direktinvestitionen akkumuliert auf 425 Milliarden US-Dollar davon entfielen 33 Mil-liarden US-Dollar auf die Erdoumll- und Erdgasindustrie2 Ein groszliges Potenzial sehen ExpertInnen auszligerdem mittel- bis langfristig im Ausbau von Wasserkraft sowie im Bergbau Denn Myanmar verfuumlgt neben Grund- und

Edelmetallvorkommen auch uumlber industrielle Metalle Edelsteine und wertvolle Mineralien Bislang dominie-ren in diesen Sektoren asiatische Investoren aus China Thailand Suumldkorea und Singapur

Der franzoumlsische Erdoumllkonzern Total war lange Zeit der einzige europaumlische Akteur im burmesischen Rohstoff-sektor Doch seit der Aufhebung der Sanktionen brin-gen sich immer mehr europaumlische Unternehmen auf dem burmesischen Markt in Stellung Die Verantwort-liche fuumlr Myanmar bei der Handelskammer Schweiz-Asien Barbara Moumlckli-Schneider forderte Schweizer Unternehmen kuumlrzlich offen dazu auf nicht laumlnger mit Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor zu zoumlgern3 Dieser Aufruf ist vor allem deshalb bedenk-lich weil die Schweiz Hauptsitz der weltweit groumlszligten im Rohstoffhandel taumltigen Unternehmensgruppe Glencore

Schwarzes Gold und weiszlige WestenEuropaumlische Investitionen in den burmesischen Rohstoffsektor

Christine Schuster

links Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Infobox 1

Der RessourcenfluchIn vielen ressourcenreichen Laumlndern zeigt sich das Phaumlnomen dass das Wohlstandsniveau trotz massiver Rohstoffexporte geringer ausfaumlllt als in zahlreichen ressourcenarmen Laumlndern Dies trifft auch auf Myanmar zu Die Ertraumlge aus dem Verkauf von Rohstoffen wurden uumlber Jahre hinweg zum Ausbau der zahlenstaumlrksten Armee Suumldostasiens genutzt oder wanderten direkt auf die Konten von Machthabern und Guumlnstlingen anstatt die soziooumlkonomische Entwicklung des Landes anzukurbeln Auszligerdem wurde auf diese Weise Instabilitaumlt in den ressourcenreichen ethnischen Grenzregionen geschuumlrt1 Zusaumltz-lich kennzeichnet eine extraktive Form des Wirtschaftens bis heute den Sektor das heiszligt Rohstoffe werden ohne Weiterverarbeitung im Herkunftsland exportiert ndash eine Industrialisie-rung hat bisher kaum stattgefunden

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 25: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

25Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Xstrata plc ist die sich seit Jahren Vorwuumlrfen von Steu-ermanipulation Korruption Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungslaumln-dern ausgesetzt sieht4

Als Anzeichen fuumlr ein Interesse Deutschlands an der Erschlieszligung burmesischer Rohstoffe koumlnnen die sich juumlngst haumlufenden Studien von Germany Trade amp Invest der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fuumlr Auszligenwirtschaft und Standortmarketing gedeutet werden Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin deutsche Unternehmen uumlber Auslandsmaumlrkte zu informieren Auch die Teilnahme von Vertretern deut-scher Unternehmen an der bdquoMission for Growthldquo die im November 2013 Myanmar besuchte laumlsst auf ein deutsches Interesse am burmesischen Rohstoffsektor schlieszligen5 Die traditionell stark von Rohstoffimporten abhaumlngigen deutschen Chemieriesen Bayer BASF und Henkel haben bereits Verkaufsrepraumlsentanzen in der Hauptstadt Yangon eroumlffnet BASF beteuert in seiner Asien-Pazifik-Strategie einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen der Ressourcenschonung Ernaumlhrungssi-cherheit und eine houmlhere Lebensqualitaumlt in den Mittel-punkt stellt6 Dies erscheint fast zynisch angesichts der Tatsache dass sowohl BASF als auch Bayer aufgrund der Herstellung hochgiftiger Pestizide 2014 fuumlr den Public Eye Award nominiert sind der unverantwort-liche Geschaumlftspraktiken ins Scheinwerferlicht ruumlckt7

Auch ging BASF im September 2011 ein Joint Venture mit Lynas ein einem australischen Produzenten von Seltenen Erden der in der Kritik steht weil seine Pro-duktionsstaumltten nicht einmal oumlkologischen Mindest-standards entsprechen8

Welchen Weg koumlnnten deutsche beziehungsweise euro-paumlische Investoren in Myanmar einschlagen Zwei Sze-narien sind denkbar Im besten Fall nehmen sie sich ihre eigenen Beteuerungen zu Herzen und tragen zu einer oumlkologisch und sozial nachhaltigeren Entwicklung des Landes bei Im unguumlnstigsten Fall allerdings passen sie sich schlichtweg den derzeitigen Gegebenheiten im burmesischen Rohstoffsektor an Dann allerdings haumlt-ten europaumlische Investoren nicht nur einen Anteil am Fortbestehen des negativen Entwicklungspotenzials burmesischer Rohstoffe sondern sie haumltten zudem gravierende Umweltverschmutzungen und Menschen-rechtsverletzungen mit zu verantworten

Verheerende Auswirkungen

Eine Reihe von Studien und Berichten machen deut-lich dass der Abbau von Rohstoffen in Myanmar der-zeit weder in oumlkologischer noch in sozialer Hinsicht als nachhaltig gelten kann Viele Groszligprojekte ziehen betraumlchtliche Umweltzerstoumlrungen nach sich welche die Lebensgrundlage der in diesem Gebiet angesiedel-ten Bevoumllkerung bedrohen Beim Bau eines groszligange-legten Staudamms beispielsweise werden Siedlungs-gebiete religioumlse und kulturelle Staumltten sowie frucht-bares Ackerland auf das viele Baumluerinnen und Bauern angewiesen sind uumlberflutet und damit zerstoumlrt Um die oumlkologischen Schaumlden solcher Projekte einzudaumlmmen hat die burmesische Regierung juumlngst erste Schritte eingeleitet9

Zu den gravierendsten negativen Auswirkungen von Groszligprojekten zaumlhlen allerdings nicht nur Umweltzer-stoumlrungen sondern ebenso die Verletzung elementarer Menschenrechte und die Missachtung indigener Rechte durch Landnahme10 fehlende Konsultation und Infor-mation der Bevoumllkerung sowie unzureichende Entschauml-digungen Deutlich wird dies zum Beispiel im Fall der Yadana-Gaspipeline die unter anderem betrieben wird vom franzoumlsischen Erdoumllkonzern Total (siehe Karte 2 S 8) Es gibt zahlreiche Berichte uumlber Zwangsum-siedlungen Folter Vergewaltigungen und Mord im Zusammenhang mit dem Projekt11

Infobox 2

Reformen zum UmweltschutzDas 2012 verabschiedete Auslandsinvestitions-gesetz enthaumllt vereinzelt umweltpolitische Vorgaben Daruumlber hinaus wurden im selben Jahr eigens Gesetze zum Umweltschutz verab-schiedet Kuumlrzlich hat die Regierung uumlberdies angekuumlndigt weitere Umweltgesetze mit ver-pflichtenden Umweltvertraumlglichkeitspruumlfun-gen auf den Weg bringen zu wollen Auszligerdem wurde im Parlament der Vorschlag eingebracht eine Kommission zur nachhaltigen Entwicklung des Flusses Irrawaddy einzurichten Viele der bereits vorhandenen Gesetzesvorgaben sind bisher allerdings kaum spezifiziert worden So ist beispielsweise weiterhin unklar welche Standards Umweltvertraumlglichkeitspruumlfungen zu Grunde liegen sollen

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 26: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

26 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Ermutigt durch den Transformationsprozess spricht sich die burmesische Bevoumllkerung die solche Men-schenrechtsverletzungen uumlber Jahre hinweg still-schweigend hinnehmen musste mittlerweile zuneh-mend vehement gegen Groszligprojekte aus12 Aktuelle Beispiele hierfuumlr finden sich in verschiedenen Sekto-ren sind allerdings nicht immer von Erfolg gekroumlnt Waumlhrend der Bau zweier indischer Staudammprojekte abgesagt wurde wurde die Errichtung des chinesischen Myitsone-Staudamms lediglich ausgesetzt und im Falle der Kupfermine von Monywa kam es sogar zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste Hierin zeigt sich dass es bisher keine wirksamen Mechanis-men zur Schlichtung von widerstreitenden Flaumlchennut-zungsinteressen gibt Zusaumltzlich bedingt das vorherr-schende Klima von mangelnder Rechtsstaatlichkeit dass Bestimmungen nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt werden Infolgedessen kommt es immer wieder zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen

Angesichts dieser Ausgangslage ist somit zu befuumlrchten dass auch von europaumlischen Investoren unterstuumltzte Groszligprojekte zum Abbau von Rohstoffen kuumlnftig aumlhn-lich gravierende Auswirkungen nach sich ziehen wer-den ndash es sei denn gewisse Standards werden befolgt Neben der burmesischen Regierung kommt dabei vor allem den europaumlischen Investoren selbst aber auch der deutschen Bundesregierung und der Europaumlischen Union (EU) eine groszlige Verantwortung zu

Verhaumlngnisvolle Freiwilligkeit

Die Grundvoraussetzung fuumlr den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen bildet das Do-no-harm-Prinzip wel-ches der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretaumlrs John Ruggie in seinem 2008 vorgestellten Referenz-rahmen zur Verantwortung von Unternehmen fuumlr die Menschenrechte darlegte und dessen Erarbeitung aktiv von der deutschen Bundesregierung unterstuumltzt wurde Seinen Ausdruck findet es auszligerdem in OECD-Richtlinien und den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen sind demnach nicht nur verpflichtet nationale Gesetze zu achten sondern ihnen kommt daruumlber hinaus eine Sorgfalts-pflicht fuumlr die gesamte Lieferkette zu13

Das heiszligt im Falle Myanmars dass Unternehmen ent-sprechende Vorkehrungen treffen muumlssen damit es im Zuge von Groszligprojekten nicht mehr zu gravieren-

den Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechtsverlet-zungen durch die burmesische Armee oder andere Gewaltakteure kommt wie im Fall der Yadana-Gaspipe-line Auszligerdem muumlssen Unternehmen das Gleiche fuumlr ihre Zulieferer garantieren Dies ist vor allem fuumlr den Bergbau relevant denn es gibt kaum international agierende deutsche Bergbaukonzerne die in Myan-mar taumltig werden koumlnnten wohl aber Chemieriesen wie Bayer Henkel oder BASF die auf die Zulieferung von Rohstoffen angewiesen sind Neben Unternehmen muumlssen auch Banken Versicherer und andere Dienst-leister pruumlfen inwiefern ihre Partner beziehungsweise Kunden in Umweltzerstoumlrungen und Menschenrechts-verletzungen verwickelt sind und gegebenenfalls Ent-schaumldigungen bereitstellen Dies zu gewaumlhrleisten koumlnnte sich als schwierig herausstellen in einem Land wie Myanmar in dem die Effektivitaumlt des Justizwesens bis heute angezweifelt wird ist aber nichtsdestotrotz unverzichtbar

Neben dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht muss ein in sozialem Sinne nachhaltiger Abbau von Rohstof-fen auszligerdem die Einhaltung von Mechanismen zur lokalen Mitbestimmung beinhalten Dies schlieszligt den Grundsatz der freien Einwilligung nach vorhergehender umfassender Information (Free Prior Informed Consent) ein Ein aktueller Bericht burmesischer NGOs zeigt dass insbesondere ethnischen Minderheiten diese Rechte systematisch versagt werden Das zeigt sich im Falle der Shwe-Gaspipeline im Rakhine-Staat ebenso wie im Falle des Kadaik-Staudammprojekts im Mon-Staat und in vielen weiteren Projekten14 Uumlber Informationen hinaus muumlssen zudem angemessene Entschaumldigungen fuumlr die betroffene Bevoumllkerung bereitgestellt werden

Eine Chance der lokalen Bevoumllkerung uumlber die rein finanzielle Entschaumldigung hinaus Perspektiven aufzu-zeigen koumlnnte im Aufbau verarbeitender Industrien lie-gen In diesem Fall muumlsste allerdings dafuumlr Sorge getra-gen werden dass dort nicht nur auslaumlndische sondern vor allem burmesische ArbeiterInnen beschaumlftigt sind die angemessen entlohnt werden Zunaumlchst muumlssten sie allerdings sukzessiv fuumlr eine Taumltigkeit in der verar-beitenden Industrie qualifiziert werden Unter ande-rem koumlnnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau eines dualen Ausbildungssystems Unter-stuumltzung leisten Eine Entwicklungsperspektive die auf eine Anhebung des Wohlstandsniveaus Ernaumlhrungssi-cherheit und aumlhnliche Aspekte abzielt scheint aller-dings nicht im Interesse der derzeitigen europaumlischen

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

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Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 27: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

27Schwarzes Gold und weiszlige Westen

Rohstoff- beziehungsweise Investitionspolitik zu liegen Dass alternative Entwicklungspfade durchaus moumlglich sind zeigt beispielweise der staatliche Pensionsfonds Norwegens der die Einnahmen aus dem Verkauf von Oumll investiert um fuumlr die Zeit vorzusorgen in der die Oumllreserven der Nordsee zur Neige gehen

Um die Ertraumlge aus Rohstoffverkaumlufen wie im Fall Nor-wegens im Sinne der gesamten Bevoumllkerung zu nutzen ist jedoch die Transparenz von Zahlungsstroumlmen eine wichtige Voraussetzung Derzeit wird Myanmar in den einschlaumlgigen Rankings noch als hochgradig intrans-parent eingestuft und Korruption bleibt ein weit ver-breitetes Problem Das bedeutet dass die Bevoumllkerung kaum Informationen uumlber die Verwendung oumlffentlicher Gelder erhaumllt Das Parlament muss mittlerweile zwar dem Budget zustimmen und 2012 wurde ihm erstmals ein Haushaltsentwurf vorgelegt Darin war allerdings nicht die Herkunft der Einkuumlnfte aufgefuumlhrt sodass nicht sichergestellt werden konnte dass tatsaumlchlich alle Einkuumlnfte aus dem Verkauf von Rohstoffen in den Staatshaushalt flieszligen

Auszligerdem bleibt weiterhin unklar wer fuumlr die Uumlberwa-chung der Zahlungsstroumlme zustaumlndig ist und welche Rolle Staats- und oder Militaumlrunternehmen wie Myan-mar Oil and Gas Enterprise (MOGE) Union of Myan-mar Economic Holding Limited (UMEHL) oder Myanmar Economic Cooperation (MEC) dabei spielen Neben der burmesischen Regierung glaumlnzten auch die am Roh-stoffabbau beteiligten Unternehmen bislang nicht durch Transparenz Von den zehn wichtigsten Oumll- und Gasunternehmen unterstuumltzen nur Chevron und Total

die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) der auch die burmesische Regierung in Kuumlrze beitre-ten moumlchte De facto aber hat lediglich der Konzern Total auf massiven zivilgesellschaftlichen Druck und Boykotte hin einmalig veroumlffentlicht wie viel er 2008 an die burmesische Regierung zahlte und selbst in diesem Fall wurde nur ein geringer Teil der tatsaumlchlich erfolgten Zahlungen offen gelegt15

Nach der Einschaumltzung von David Allen Mitbegruumln-der der zivilgesellschaftlichen Organisation Spectrum koumlnnten europaumlische Investoren jedoch zukuumlnftig eine entscheidende Rolle bei der Einfuumlhrung von Geschaumlfts-integritaumlt spielen16 Angesichts ihrer kommerziellen Eigeninteressen erscheint es allerdings unwahrschein-lich dass sie dies ohne externe Anreize oder regu-latorischen Druck tun Dies geht unter anderem aus einer aktuellen Studie des niederlaumlndischen Centre for Research on Multinatinal Corporations (SOMO) hervor in der untersucht wird inwiefern europaumlische Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Kon-fliktrohstoffe einhalten und dabei zu Besorgnis erre-genden Ergebnissen kommt17 Gefragt ist an dieser Stelle vor allem die EU die im Rahmen des Besuchs der EU-Myanmar Task Force im November 2013 in Yan-gon ankuumlndigte mit der burmesischen Regierung in einen Dialog uumlber den Abbau von Rohstoffen treten zu wollen und in dessen Rahmen oumlkologische und soziale Auswirkungen extraktiver Industrien zu thematisieren Daruumlber hinaus wurde explizit auf die Notwendigkeit der Verbesserung von Transparenz in diesem Bereich verwiesen18 Dem muumlssen nun weitere Schritte folgen

Handlungsspielraum der EU

Wenn die europaumlische Politik nicht bereit ist im Falle Myanmars auf einen alternativen Entwicklungspfad hinzuwirken der das Wohl der gesamten Bevoumllkerung einschlieszligt so sollte sie wenigstens die Einhaltung der oben genannten Leitlinien zu Transparenz loka-ler Mitbestimmung und unternehmerischer Sorgfalts-pflicht gewaumlhrleisten Dazu muss die EU Investoren in Form von rechtlich bindenden Vorgaben in die Pflicht nehmen Entsprechend zivilgesellschaftlicher Forde-rungen sollten Gesetzesvorgaben im Sinne einer lang-fristigen Stabilisierung und Entwicklung des Landes in eine umfassende Strategie eingebettet sein die weitere auszligenpolitische und oder finanzielle Instru-mente beinhaltet Auszligerdem sollten sich die spezi-

Infobox 3

Myanmar in internationalen Transparenz-RankingsMyanmar belegt unter 100 Laumlndern den vorletz-ten Platz im Open Budget Survey 2012 in dem die Transparenz von Staatshaushalten gemes-sen wird Im Resource Governance Index 2013 der insbesondere die Steuerung des Oumll- Gas- und Minensektors bewertet nimmt das Land gar den letzten von 58 Plaumltzen ein Im Korrup-tionsindex von Transparency International hin-gegen verbesserte sich Myanmar von Rang 172 im Vorjahr auf Rang 157 von 177 Laumlndern im Jahr 2013

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 28: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

28 Schwarzes Gold und weiszlige Westen

fischen Gesetzesvorgaben auf einen Ansatz stuumltzen der die oben angefuumlhrten Risiken in den Mittelpunkt ruumlckt Dahingehend sollten Investoren einerseits dazu verpflichtet werden Strategien fuumlr Risikomanagement zu entwerfen und zu implementieren Andererseits sollten sie sich regelmaumlszligig unabhaumlngigen Pruumlfungen unterziehen und ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Standards offenlegen19 Denn nur wenn europaumlische Investoren gesetzlich zu solchen Schritten verpflichtet werden und ihnen bei Nichteinhaltung Sanktionen dro-hen kann letztlich verhindert werden dass sie sich aus der Verantwortung stehlen wenn es in den kommen-den Jahren weiter zu gravierenden Umweltverschmut-zungen oder Menschenrechtsverletzungen im burmesi-schen Rohstoffsektor kommt

Anmerkungen

1 Siehe den Beitrag von Michael Hackmann S 19

2 Vgl Duscha Waldemar (2013) Groszligkonzerne bereiten den Weg nach Myanmar In Germany Trade amp Invest httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=856794html

3 Dies geht aus dem Bericht eines Schweizer Nachrich-tenportals hervor o A (2013) Investitionen in Myanmar In Wirtschaftcom httpwwwwirtschaftcom20131016-investitionen-in-myanmar-142648

4 Weiterfuumlhrende Informationen zu Glencore Xstrata plc fin-den sich bei Breininger Lilli Reckordt Michael (2011) Roh-stoffrausch Die Auswirkungen von Bergbau in den Philippinen

5 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

6 Vgl BASF (2013) Pressemitteilung unter httpwwwbasfcomgrouppressemitteilungenP-13-286

7 Ausfuumlhrliche Informationen sind zu finden unter httppubliceyechdecasesyngenta-bayer-basf

8 Vgl Lee Jade (2012) Seltene Erden ndash Fluch oder Segen fuumlr Malaysia httpwwwasienhausdepublicarchivbergbau-nr3_malaysiapdf

9 Eine detaillierte Studie der Burma Environmental Working Group gewaumlhrt einen Einblick in das oumlkologische Gefahrenpo-tenzial von Groszligprojekten und die burmesische Umweltpolitik vergangener Jahre The Burma Environmental Working Group (2011) Burmarsquos Environment People Problems Policies httpwwwbewgorgpubsfinish434

10 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

11 Die NGO EarthRights International berichtet seit Jahren uumlber Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Yadana-Gaspipeline httpwwwearthrightsorgcampaignsyadana-pipeline

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Vgl OECD Due Diligence Guidance For Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (2011) httpwwwnamorg~media7F661DDEF0BA4720B3C002A3D96B14EBOECD_Guidelinespdf und UN Guiding Princip-les on Business and Human Rights (2011) httpwwwohchrorgDocumentsPublicationsGuidingPrinciplesBusinessHR_ENpdf

14 Nationalities Youth Forum Students Youth Congress of Burma (2013) Excluded ndash Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy httpwwwburmalibraryorgdocs15Excluded-en-redpdf

15 Arakan Oil Watch (2013) Burmarsquos Resource Curse The case for revenue transparency in the oil and gas sector httpwwwburmalibraryorgdocs13Burmas_Resource_Curse28en29-redpdf

16 Bruce Victoria (2013) Myanmarrsquos Budget Blues hellip Report highlights need for greater budgetary transparency M-Zine+ Trends amp Tech httpinternationalbudgetorgwp-contentuploadsMyanmar-Budget-Transparency_short_Mzine-Issue-20-Vol-2_20130516pdf

17 Steinweg T ten Kate G (2013) Conflict Due Diligence by European Companies httpwwwsomonlpublications-enPublication_4003

18 Siehe den Beitrag von Uwe Hoering S 9

19 Global Witness (2013) Breaking the links between natural resources and conflict The case for EU regulation httpwwwglobalwitnessorgsitesdefaultfileslibraryBreakingtheLinks_ENGpdf und AK Rohstoffe (2013) Fuumlr eine demokratische und global gerechte Rohstoffpolitik httpalternative-rohstoffwochedewp-contentuploads201311forderungspapier_web-1110-2013pdf

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 29: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

29Landraub per Gesetz

Land Grabbing stellt in Myanmar keinen Einzelshyfall dar Davon betroffen sind insbesondere die ethnischen Minderheiten Mit der wirtschaftlishychen Oumlffnung des Landes und dem begonnenen Wettstreit um Myanmars Ressourcen sind neue Landgesetze in Kraft getreten welche die Rechte der Bauern schuumltzen sollen Befuumlrchtungen wachsen aber dass damit eine Grundlage fuumlr den legalisierten Landraub geschaffen wurde

Burma gilt als Asiens Final Frontier und hat sich mit sei-ner wirtschaftlichen Oumlffnung fuumlr internationales Kapital interessant gemacht Im Zuge des globalen Wettlaufs um Land wecken seine Landressourcen seit einigen Jah-ren nationales und internationales Interesse Verglei-chende Studien zu Zahlen landwirtschaftlicher Ertraumlge aus Nachbarlaumlndern lassen auf eine Steigerung burme-sischer Ertraumlge die zurzeit noch unter ihrem Potential liegen hoffen1

Nicht umsonst liegt der Fokus einer strategischen Ausrichtung in dem 20-Jahres-Plan fuumlr nationale Ent-wicklungs- und Wachstumsstrategien (Myanmar Com-prehensive Development Vision)2 auf dem Ausbau von Landwirtschaft und Agrarindustrie Der Ausbau der landwirtschaftlichen Industrie soll nicht nur Importe ersetzen sondern besonders auch die Exportkapazi-taumlten von Burma erhoumlhen Burmas Position zwischen Indien China und den ASEAN-Staaten ndash Regionen mit einer hohen Nachfrage an Produkten aus der Landwirt-schaft ndash kommt dabei eine bedeutende Rolle zu

Auch die Europaumlische Union (EU) moumlchte von diesen Potenzialen profitieren So hat die EU-Myanmar Task Force3 ihre Bereitschaft erklaumlrt eigene Erfahrungen fuumlr den politischen Bildungsprozess bezuumlglich der Entwick-lung von Landwirtschaft weiterzugeben Gemeinsam entwickelte und von der EU finanzierte Projekte bei-

spielsweise im Bereich der Landrechte sollen Burmas akute Beduumlrfnisse im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung unterstuumltzen4

Genau das jedoch koumlnnte weitreichende Folgen fuumlr einen Groszligteil der burmesischen Gesellschaft haben in der mindestens 70 Prozent der Bevoumllkerung auf Land angewiesen sind um zu uumlberleben Denn dieses Poten-tial birgt Chancen wenn die laumlndliche Bevoumllkerung in den Prozess der landwirtschaftlichen Transformation einbezogen wird aber vor allem auch Risiken wenn man vergleichende Beispiele aus der ganzen Welt her-anzieht

Auf wie viel Land es Spekulanten und Investoren aktu-ell tatsaumlchlich abgesehen haben ist schwer zu sagen Das Environmental Law Institute aus Washington schaumltzt dass in den letzten 20 Jahren mehrere hun-derttausend Hektar Land an Unternehmen der Agrar-industrie gegangen sind Zwischen 2001 und 2011 sol-len 204 Unternehmen mit Privatkonzessionen von uumlber 810000 Hektar ausgestattet worden sein Weiterhin hat eine Studie der Food Security Working Group5 von 2011 knapp 65 Millionen Hektar Land ausgemacht die fuumlr Land- und Viehwirtschaft geeignet waumlren und der-zeit zumindest offiziell nicht genutzt werden Das Ministerium fuumlr Landwirtschaft und Bewaumlsserung hat in seinem Agrar-Entwicklungsplan (Masterplan for the Agriculture Sector) das Ziel ausgegeben knapp vier Mil-lionen Hektar davon fuumlr die industrielle Landwirtschaft bereitzustellen

Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit die das Thema in den letzten Jahren erhalten hat ist auch in Burma die Datenlage weiterhin sehr eingeschraumlnkt oder unvollstaumlndig Vermehrt berichten Medien von landwirtschaftlichen infrastrukturellen und ressour-cenextraktiven Projekten Intransparente Vertragsver-handlungen erschweren jedoch eine Uumlbersicht uumlber

Landraub per GesetzBurmas Landreformen ndash Marginalisierung einer Mehrheit

Benjamin Merci

links Landraub per Gesetz

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 30: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

30 Landraub per Gesetz

angestrebte Projekte und deren Groumlszlige Dazu kommt dass eine Erhebung von Zahlen erschwert wird weil vor allem Burmas Grenzregionen von der burmesischen Regierung statistisch gar nicht erfasst werden koumlnnen Genau in den Grenzregionen werden jedoch die meis-ten Investitionen und Menschenrechtsverstoumlszlige im Zusammenhang mit Land vermutet

Burma ndash Asiens neues Rohstoffdepot

Seine Lage zwischen Indien China und Suumldostasien macht Burma strategisch zu einer wichtigen Dreh-scheibe fuumlr die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen Waumlhrend vor allem Malaysia Singapur und Vietnam in groszligflaumlchige Projekte investieren die der Errichtung von Palmoumll- oder Kautschukplantagen die-nen sollen haben Indien und China die Wasserreserven von Burma zum Ziel ihrer Investitionen gemacht Eine weitere Kapitalanlage bilden der Ausbau von Haumlfen und andere infrastrukturelle Projekte zu denen zum Bei-spiel Minen und Sonderwirtschaftszonen (SEZs) oder aber auch der Tourismussektor zu zaumlhlen sind (siehe Karte 2 S 8 und 3 S 34)

Bei vielen Projekten ist zu befuumlrchten dass bei ihrer Planung und Realisation eine Vertreibung von Men-schen einkalkuliert wird Spricht man bei der Monywa-Mine von sbquonurlsquo 500 Umsiedlungen koumlnnten beim Wasserkraftprojekt Myitsone im Kachin-Staat rund 20000 Menschen und eine Flaumlche von 766 Quadrat-kilometern betroffen sein Aumlhnliche Flaumlchenausmaszlige erreicht auch die SEZ Dawei laut der Dawei Develop-ment Association Man geht davon aus dass fuumlr die Errichtung dieses Projekts bis zu 50000 Menschen umgesiedelt werden muumlssten Und sie ist nur eine von zehn SEZs die geplant sind

Landrechte ndash Reformen fuumlr wen

Von den aktuellen Schaumltzungen abgesehen wie groszlig das Ausmaszlig von Land Grabbing ist beziehungsweise welche potenziellen Flaumlchen bedroht sind Fakt ist dass die Rahmenbedingungen fuumlr den Prozess derzeit bestehen und Landnahmen stattfinden was auch die vielen Studien und Dokumentationen burmesischer und anderer internationaler Nichtregierungsorgani-

sationen (NGOs) belegen Burma zeichnet sich durch einen schwachen und korrupten Staatsapparat mit fehlender Rechtsstaatlichkeit aus der immer noch von einer kleinen Elite kontrolliert wird In der mul-tiethnischen Nation mit ethnischen Differenzen und Konflikten herrscht eine ungleiche Behandlung ver-schiedener Gesellschaftsgruppen Sowohl die politi-sche Partizipation als auch der Zugang zu Rechtssys-temen variiert zwischen den einzelnen Bevoumllkerungs-gruppen

Konflikte um Burmas Landflaumlchen ergeben sich aktu-ell nicht zuletzt auch deswegen weil Land rechtlich einen neuen Status erhalten hat Zum ersten Mal in Burmas Geschichte ist Land zu einer Ware kommer-zialisiert worden Bis 1988 war die Bodenpolitik noch nach der sozialistischen Idee ausgerichtet in der es als Produktionsfaktor zentralisiert vom Staat verwal-tet wurde Mit der Verfassung von 2008 ermoumlglicht der Staat Besitz und den Schutz privater Besitzrechte auch wenn der Staat seine Monopolherrschaft uumlber Land de facto schon seit 1988 sukzessiv gelockert hat6 Nichts-destotrotz verteilt der Staat nur Besitzrechte Land als Eigentum bleibt dem Staat vorbehalten was ihn letzt-endlich zum ultimativen Eigentuumlmer von Land macht 2012 verabschiedete das burmesische Parlament drei Gesetze die direkt oder indirekt den Status von Land mitbestimmen Den Farmland Act das Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law (VFV) und das For-eign Investment Law (FIL)

Der Farmland Act erlaubt es Land zu registrieren und mithilfe eines Landtitels (Land Use Certificate) Anspruuml-che auf Land offiziell geltend zu machen Das beinhal-tet jedoch nicht die Beruumlcksichtigung von sbquotraditionel-lenlsquo Landrechten die oft kollektive Besitzrechte einer Gemeinschaft darstellen und nicht wie die westlichen individuellen Exklusivrechte funktionieren bei denen meistens ein Individuum Besitzer oder Eigentuumlmer einer Landflaumlche ist Das VFV ermoumlglicht es freies brachliegendes oder unberuumlhrtes Land aufzukaufen und umzuverteilen Bis zu 20000 Hektar unregistrier-ten Landes mit einer Pachtdauer von bis zu 30 Jahren koumlnnen erworben werden Das gilt gleichermaszligen fuumlr auslaumlndische wie inlaumlndische Investoren7

Die drei neuen Gesetze zusammen erlauben den BesitzerInnen von Landtiteln dauerhafte Landnut-zungsrechte mit der Option diese zu verkaufen zu verpachten zu tauschen oder zu verpfaumlnden Dem

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 31: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

31Landraub per Gesetz

Staat der sich das Recht von Landenteignungen vor-behaumllt obliegt es sogenanntes Brachland an poten-tielle Investoren zu verteilen wenn dies im langfristi-gen oumlffentlichen Interesse ist Nach internationalem Recht sind Landenteignungen und -umverteilungen durch Staaten durchaus legitimiert wenn sie einem oumlffentlichen Interesse die-nen und unter der Beruumlcksichtigung von Rechtsstaatlichkeit und Entschaumldigungs-zahlungen geschehen Was genau im Interesse des burmesischen Staates und der Oumlffent-lichkeit liegt wird jedoch nicht konkretisiert Zudem liegt Burma laut Transparency International auf dem 157 von 177 Plaumltzen des Korruptionsindex Es ist daher zu befuumlrchten dass dem oumlffentlichen Interesse bei vielen Projekten mit Bezug zu Landverteilungen wohl eher eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird da Verstrickungen von Wirtschaft und Politik in Burma keine Seltenheit sind

Institutionelle Benachteiligung fuumlr Kleinbauern

Die ohnehin schon schwachen Landrechte von Klein-baumluerInnen werden durch das 2012 verabschiedete FIL weiter geschwaumlcht Mit seiner Einfuumlhrung wird es aus-laumlndischen Investoren ermoumlglicht Pachtvertraumlge mit Landnutzungsrechten von einer Dauer bis zu 50 Jah-ren abzuschlieszligen Oft werden diese Vertraumlge unter geringen sozial- und umweltvertraumlglichen Auflagen und hoher rechtlicher Absicherung der Investoren ver-handelt8

Die Kombination der drei Gesetze fuumlhrt laut KritikerIn-nen dazu dass Anspruumlche seitens KleinbaumluerInnen die sich de facto sowieso schon auszligerhalb des national-staatlichen Gesetzes befinden zusaumltzlich kompromit-tiert werden Ihre Anspruumlche sind weder rechtlich fest-gehalten geschweige denn im Rechtssystem verankert Die Ignoranz gegenuumlber traditionellen Rechten seitens des Staates in der Kombination mit Unwissenheit auf der Seite von KleinbaumluerInnen im Umgang mit moder-nen (westlichen) Landrechten fuumlhrt dazu dass auf ein Stuumlck Land mehrere rechtliche Anspruumlche bestehen von denen allerdings einige staumlrker sind als andere Dabei sind traditionelle Landrechte nicht weniger legi-tim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legal In Bezug auf Landrechte wuumlrde eine gleiche Behandlung

aller bedeuten speziell aumlrmeren Bevoumllkerungsgrup-pen Rechtsschutz zuzusichern und zum Beispiel indi-genes Bodenrecht anzuerkennen Der aktuelle Fokus auf Privateigentum und die fehlende Beruumlcksichtigung anderer Eigentumssysteme fuumlhren stattdessen zu

einer asymmetrischen Rechtssicherheit die besonders schwache Gesellschaftsgruppen in ihrem Anspruch auf Land benachteiligt Unter diesen Gesichtspunkten kri-tisieren NGOs die neuen Gesetze als zu schwach um eine echte Sicherheit fuumlr KleinbaumluerInnen darzustellen Mehr noch sie werden sogar als Grundlage fuumlr legali-siertes Land Grabbing gesehen

bdquoTraditionelle Landrechte sind nicht weniger legitim auf dem Papier sind sie jedoch weniger legalldquo

Infobox

Kambodscha ndash Europaumlische Handelspolitik foumlrdert Land GrabbingWie entwicklungspolitische Maszlignahmen unter bestimmten Umstaumlnden ihr Ziel verfehlen koumln-nen kann man seit 2009 in Kambodscha beob-achten In diesem Jahr startete die EU auch dort ihre Initiative Everything but arms die ins Leben gerufen wurde um die wirtschaftliche Entwick-lung von Entwicklungslaumlndern zu foumlrdern und Armut zu bekaumlmpfen Seitdem gewaumlhrt Bruumlssel Kambodscha das Recht unter anderem Zucker zollfrei in die EU zu exportieren Dieser oumlkono-mische Anreiz hat einen regelrechten Zucker-boom ausgeloumlst in dessen Folge internatio-nale Konzerne und nationale Eliten geschaumltzte 75000 Hektar Land aufgekauft haben um von dem Angebot der EU zu profitieren Laut loka-len NGOs wurden die Aneignungen von Land im Zuge gewaltsamer Vertreibungen Raub und Zerstoumlrung von Ackerland und anderen Men-schenrechtsverletzungen durchgefuumlhrt Rund 10000 Menschen sind von diesen Landnahmen negativ betroffen und verloren mit ihrem Land auch ihre Existenzgrundlage10

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

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Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

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Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

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TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

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KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 32: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

32 Landraub per Gesetz

Anmerkungen

1 Buchanan J Kramer T Woods K (2013) Developing Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Den Haag Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2013-burmasborderlands-def-klein-defpdf

2 Kudo T (2012) Industrialization Strategy in Myanmar and MCDV In Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (2012) Globalization and Development Strategy in Myanmar toward ASEAN Economic Integration Summary Report of ERIA Capacity Building Program Nay Pyi Taw Seminar and Workshop 2012 at Myanmar International Convention Center

3 Siehe dazu den Beitrag von Uwe Hoering S 9

4 Myanmar ndash EU Taskforce (2013) Agricultural Aspects Bruumls-sel Commission Europeacuteenne ndash MEMO13975 11112013

5 Food Security Working Group (2011) Upland Land Tenure Security in Myanmar An Overview Yangon httpwwburmalibraryorgdocs16FSWG-Upland_Land_Tenure_Security-2011-02-ocr-en-redpdf

6 Centre on Housing Rights and Evictions (2007) Displace-ment and Dispossession Forced Migration and Land Rights in Burma Geneva COHRE Country Report httpwwwcohreorgsitesdefaultfilesburma_-_displacement_and_dispossession_-_forced_migration_and_land_rights_nov_2007pdf

7 Food Security Working Group (2013) Legal Review of Recently Enacted Farmland Law and Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law Improving the Legal amp Policy Frame-works Relating to Land Management in Myanmar Yangon httpwwwforest-trendsorgdocumentsfilesdoc_3274pdf

8 HURFOM (2013) Disputed Territory MON Farmerslsquo Fight Against Unjust Land Acquisition and Barriers to their Progress A Report by The Human Rights Foundation of Monland-Burma Kanchanaburi Thailand httpwwwrehmonnyaorgreportsDisputedTerritorypdf

9 EU Task Force on Land Tenure (2004) EU Land Policy Gui-delines Guidelines for support to land policy design and land policy reform processes in developing countries Bruumls-sel httpeceuropaeudevelopmenticenterrepositoryEU_Land_Guidelines_Final_12_2004_enpdf

10 Food Initiative and Action Network (2013) Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt Koumlln httpwwwfiandefileadminuser_uploadbilder_allgemeinThemenLandwirtschaft13_08_FIAN_Kamboscha_Landgrabbingpdf

Europa in Burma ndash Erste Annaumlherungsversuche

Aufgrund der Tatsache dass die europaumlischen Sank-tionen gegen Burma erst 2011 ausgesetzt wurden sind europaumlische Investitionen bisher gering Die laufenden bilateralen Verhandlungen fuumlr eine langjaumlhrige Partner-schaft zwischen der EU und Burma lassen jedoch dar-auf schlieszligen dass beim angestrebten wirtschaftlichen Engagement von Europa und hier ansaumlssigen Unterneh-men die Landwirtschaft und der Bergbau und damit verbunden natuumlrlich Landfragen eine besondere Rolle spielen werden

Die Frage ist ob sich europaumlische Investoren beim Lan-derwerb in Burma uumlber die bestehenden Gesetze und Bestimmungen hinaus an internationale Standards und Verpflichtungen halten werden die unter ande-rem einen besonders Schutz von betroffenen Bevoumllke-rungsgruppen wie ihre informierte Zustimmung (Free Prior Informed Consent) verlangen Auch die EU unter-stuumltzt in ihren Leitlinien fuumlr Landpolitik (Land Policy Guidelines von 2004 der EU Task Force on Land Tenure9) formal Landrechte und deren Einhaltung sowie auch andere Maszlignahmen zur Staumlrkung von rechtlichen Rege-lungen in Bezug auf Landrechte und Good Governance Es bleibt jedoch abzuwarten ob und in welchem Rah-men diese Richtlinien bei wirtschaftlicher Kooperation ernsthaft zum Tragen kommen und welche Auswirkun-gen sie auf die Landverteilung haben werden (siehe Infobox)

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 33: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

33Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Auf dem Weg in ein neues wirtschaftliches Zeitshyalter kommt auch dem Tourismus in Myanmar neue Bedeutung zu Die Hoffnung auf groszlige Gewinne lassen neue Hotelkomplexe aus dem Boden schieszligen Sind die derzeitigen Entwickshylungen eine Chance fuumlr das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo oder bergen sie vor allem das Risiko seines kulturellen oumlkologischen und sozialen Ausverkaufs

Myanmar ndash das sbquoLand der goldenen Pagodenlsquo ndash hat sich den Tourismus als nationale Prioritaumlt auf die Agenda geschrieben Durch den Tourismus erhofft sich die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaft-lichen Entwicklung und zur Armutsreduzierung des Landes Der Tourismus kann zum Abbau sozialer und raumlumlicher Disparitaumlten beitragen da er als arbeitsin-tensiver Sektor einer breiten Bevoumllkerungsschicht dar-unter vor allem ungelernten Arbeitskraumlften neue Ein-kommensalternativen im formellen sowie informellen Tourismussektor und entlang der Wertschoumlpfungskette bietet Zudem koumlnnen auch die laumlndlichen Gebiete vom Tourismus profitieren

Gleichzeitig birgt der Hoffnungstraumlger Tourismus eine Reihe von Gefahren fuumlr Umwelt und Bevoumllkerung Zum einen kommt es durch den Tourismus nicht selten zur Verdraumlngung anderer Wirtschaftsformen und zu einer zunehmenden Abhaumlngigkeit von saisonalen und unsi-cheren Beschaumlftigungsverhaumlltnissen Diese Abhaumlngig-keit kann die Existenzgrundlage vieler Menschen in Zeiten von Krisen und Konflikten gefaumlhrden insbeson-dere in einem Land wie Myanmar in dem noch immer instabile politische Verhaumlltnisse und zahlreiche bewaff-nete Konflikte herrschen Zum anderen hat sich schon vielerorts gezeigt welche verheerenden oumlkologischen sozialen sowie soziokulturellen Folgen der Tourismus in Entwicklungslaumlndern haben kann insbesondere dort

wo der Massentourismus seinen Lauf nahm bezie-hungsweise nimmt

Bekenntnis zur Nachhaltigkeit

Das noch wenig touristisch entwickelte Myanmar bietet die Chance aus den Erfahrungen anderer Reiselaumlnder zu lernen und den Tourismus als Instrument fuumlr eine nachhaltige Entwicklung des Landes und zu Gunsten der lokalen Bevoumllkerung einzusetzen Genau diesen Herausforderungen beabsichtigen sich die Regierung und der Privatsektor repraumlsentiert durch das Ministry of Hotels amp Tourism (MOHT) und die Myanmar Tourism Federation (MTF) zu stellen

Erste Schritte wurden durch die Verabschiedung einer Responsible Tourism Policy (RTP)1 im September 2012 eingeleitet die als Basis fuumlr den im Juni 2013 in Koope-ration mit der Asian Development Bank (ADB) und der norwegischen Regierung veroumlffentlichten Tourismus-Masterplan 2012ndash2020 diente Auf die allgemeinen Richtlinien fuumlr einen sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus folgte im Mai 2013 eine Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) die wie auch die vorange-gangene Politikempfehlung mit der Unterstuumltzung der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar entwickelt wurde Neben der systematischen Einbindung der lokalen Bevoumllkerung in die regionale Tourismusplanung fordert die CIT auch die Foumlrderung neuer Geschaumlftsmodelle fuumlr Kleinst- und Kleinbetriebe sowie die verstaumlrkte Integ-ration der Gemeinden in die Tourismusindustrie durch die Schaffung neuer Arbeitsplaumltze und neuer Touris-musprodukte in Form von Community-Based Tourism (CBT) auf lokaler Ebene2

Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert Zeit Fuumlr das sich im wirtschaftlichen Aufbruch befindende Myanmar stellt sich jedoch die Frage ob der Umset-

Von der No-Go-Area zum Place-To-BeTourismusentwicklung zwischen Nachhaltigkeit und Tourismusboom

Julia Buumlhler

links Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

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Ayey

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Brahmaputra

Mekong

Mekong

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Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

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TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 34: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

34 Landraub per Gesetz

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 35: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

35Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Myeik

Bokpyin

Kawthaung

Myawaddy

Three Pagoda Pass

Thandwe

Pyay

Heho

Ann

Kyauk Phyu

Nyaung UPakokku

Kyaukhtu

Monywa

Kale

Gangaw

Muse

Laukkhai

Lashio

Tachileik Wan Pon

Kengtung

Mongsat

Bhamo

Homalin

Khamti

Putao

Kan Paik Ti

Tamu

HsipawKyaukme

Pyin Oo Lwin

Inle

Bagan

Paletwa

Mrauk-U

Ngapali

Chaungtha

Ngwe Saung

Kyaikhto

KyaikkhamiThanbyuzayat

MyeikArchipel

Pindaya

Chittagong

Aizawl

Imphal

Kohima

Sylhet

Shillong

Dispur

Jorhat

Itanagar

Dibrugarh

Tengchong Baoshan

Dali

ChuxiongKunming

Zhanyi

Xingyi

Yuxi

Mengzi

SimaoLao Chi

Yen Bai

Viet Tri

Luan Chau

LouangNamtha

Ban Houayxay

LouangphrabangChiang Rai

Mae Hong Son

Chiang Mai Vinh

Vientiane

Udon Thani

Uttaradit

PhitsanulokTakMae Sot

Nakhon Sawan

Khon Kaen

Ayutthaya

Kanchanaburi

Ratchaburi

Phetchaburi

Bangkok

Nakhon Ratchasima

Chon BuriAranyaprathet

Siem Reap

BattambangRayong

Chanthaburi

PrachuapKhiri Khan

Chumphon

Surat Thani

Phnom Penh

Pursat

Lampang

Nan

Nakon Phanom

Savannakhet

Ubon Ratchathani

TRIPURA

MIZORAM

MANIPUR

NAGALAND

ASSAM

ARUNACHAL PRADESH

YUNNAN

SICHUANTIBET

Ayeyarwady

Sittaung

Thanlwin

Chind

win

Ayey

arwa

dy

Brahmaputra

Mekong

Mekong

Chao Phraya

Mekong

Golf von Bengalen

Golf vonMartaban

Golf von Thailand

Sittwe

Hakha

Magway

SagaingMandalay

Taunggyi

Loikaw

Pathein Yangon

BagoHpa-An

Mawlamyine

Dawei

Nay Pyi Taw

Myitkyina

KACHIN

SAGAING

CHIN

RAKHINE

MANDALAY

MAGWAY

SHAN

UNION

TERRITORY

KAYAH

BAGO

AYEYARWADY

YANGON KAYIN

MON

TANINTHARYI

INDIEN

CHINA

THAILAND

VIETNAM

LAOS

KAMBODSCHA

INDIEN

NEPAL BHUTAN

BANGLA-DESCH MYANMAR

CHINA

VIETNAMTHAILAND

KAMBODSCHA

MALAYSIA

INDONESIEN

BRUNEI

PHILIPPINEN

SINGAPUR

0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0km

GIS-Daten MIMU (wwwthemimuinfo Maumlrz 2013)Natural Earth (wwwnaturalearthdatacom 2012)GADM vers 20 (Januar 2012)Quellen und Layout Ministry of Hotels and Tourism 2013httpwwwmoecafgovmm (Feb 2014)

Grafik R Spohner

Grenzuumlbergang

Primaumlres Reiseziel aufstrebende Reiseziele

Internationaler Flugplatz Inlandsflugplatz

SchutzgebietASEAN Heritage Park Ramsar Gebiet beabsichtigtesSchutzgebiet bestehendes Schutzgebiet

Zonen mit Selbstverwaltung

bdquoPalaung Self-Administrated Zoneldquo

bdquoKokang Self-Administrated Zoneldquo

bdquoPao Self-Administrated Zoneldquo

bdquoDanu Self-Administrated Zoneldquo

bdquoWa Self-Administrated Zoneldquo

bdquoNaga Self-Administrated Zoneldquo

Internationale Landesgrenze administrative Grenze(Region Staat Provinz)Hauptstadt von Myanmar administrative Hauptstaumldte derRegionen und Staaten in Myanmar

ausgewaumllte Hauptverkehrsverbindungen Eisenbahn

Hauptstadt ausgewaumlhlte wichtige Orte

Fluszlig See

Karte 3Myanmar - Tourismus

zung eines sozial- und umweltvertraumlglichen Tourismus diese benoumltigte Zeit gegeben wird Denn der Druck die touristische Infrastruktur an den Bedarf und die Anspruumlche der zunehmenden Touristenankuumlnfte anzu-passen steigt Wurde bis 2010 aufgrund massiver Vor-wuumlrfe zu Menschenrechtsverletzungen noch von einer Reise nach Myanmar abgeraten (siehe Infobox 1) so erfaumlhrt Myanmar seit der Oumlffnung des Landes einen regelrechten Touristenansturm

Rechnete man im Jahr 2011 noch mit der Uumlberschrei-tung der Millionengrenze von Touristenankuumlnften im Jahr 2015 so erreichte man dieses Ziel bereits in 20124 Die Tendenz ist steigend bedenkt man dass das von Myanmar 2012 unterzeichnete Abkommen uumlber eine Kooperation im Tourismus zwischen Kambodscha Laos Myanmar und Vietnam fuumlr das Jahr 2015 plant 25 Millio-nen Besucher in der Region zu begruumlszligen und uumlber vier

Millionen bdquoAustauschtouristenldquo in jedem dieser Laumlnder zu gewaumlhrleisten5

Aber insbesondere andere stark anwachsende asiati-sche Quellmaumlrkte wie China oder Indien werden einen groszligen Einfluss auf die touristische Entwicklung des Landes nehmen

Neue Destinationen ndash Neue Herausforderungen

Die Tourismusentwicklung in Myanmar schreitet sicht-lich voran In den Ballungszentren entstehen in einer enormen Geschwindigkeit neue Hotelkomplexe allem voran in Yangon und in der Hauptstadt Nay Pyi Taw Dort hat man sich vor allem auf die Suumldostasienspiele (SEA Games) im Dezember 2013 vorbereitet Dennoch kommt es insbesondere in der Hochsaison zu Kapazi-taumltsengpaumlssen in der Hotelbranche die nicht zuletzt fuumlr den enormen Anstieg der Uumlbernachtungspreise in Myanmar verantwortlich sind6

Bisher konzentriert sich der Tourismus sehr stark auf die im Kernland liegenden Touristenzentren des Lan-des darunter Yangon Mandalay und Bagan der Inle-See im Shan-Staat der Goldene Felsen in Kyaikto im Mon-Staat und Ngapali im Rakhine-Staat Myanmars bekannteste Stranddestination Die Regierung plant in den naumlchsten Jahren neben dem Ausbau der bereits bestehenden Touristenzentren auch die Erschlieszligung weiterer dezentraler Regionen der sogenannten sbquoEmerging Destinationslsquo (siehe Karte 3 S 34) Dabei soll der Fokus vor allem auf naturnahen und kulturellen Attraktionen liegen (siehe Infobox 2)7

Im Zuge der Tourismusentwicklung Myanmars wird eine hohe Prioritaumlt auf den Auf- und Ausbau der noch unzureichenden Infrastruktur gelegt Vom Ausbau der Flughaumlfen und des Straszligennetzes uumlber die Etablierung eines Telekommunikationsnetzes und einer Energie-versorgung bis hin zum Aufbau von neuen Hotelzonen ist viel zu tun um die grundlegenden Voraussetzungen einer touristischen Entwicklung zu schaffen In Bezug auf eine nachhaltige und sozialvertraumlgliche Entwicklung werfen die Umsetzungen der touristischen Infrastruk-turmaszlignahmen bereits jetzt eine Reihe von Fragen auf vom Landerwerb uumlber die Durchfuumlhrung bis hin zum Nutzen der Investitionen

Infobox 1

Der internationale TourismusboykottDas von der Regierung 1996 ausgerufene Tou-rismusjahr sollte Myanmar wieder in den Mit-telpunkt des internationalen Tourismus stel-len um die Staatskasse aufzustocken und das internationale Ansehen des Landes zu verbes-sern Es folgte ein Aufruf der demokratischen Oppositionspartei des Landes der National League for Democracy (NLD) unter Friedens-nobelpreistraumlgerin Aung San Suu Kyi das Land nicht zu bereisen solange keine Demokratie herrscht Dem Reiseboykott lag das Argument zugrunde dass es infolge des Auf- und Aus-baus der touristischen Infrastruktur zu massi-ven Menschenrechtsverletzungen kommt Um die Umwandlung der Kolonialbauten Yangons in Hotels voranzubringen mussten Einwohner weichen und auch die touristische Entwicklung der historischen Koumlnigsstadt Bagan war gepraumlgt von Zwangsumsiedlungen Der Ausbau der tou-ristischen Infrastruktur erfolgte maszliggeblich uumlber Zwangsarbeit darunter auch von Frauen und Kindern Der Boykottaufruf richtete sich auch an auslaumlndische Unternehmen im Land nicht zu investieren Im November 2010 wurde mit Blick auf die veraumlnderte politische Situation der Aufruf zum Reiseboykott durch die NLD wie-der aufgehoben3

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 36: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

36 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Zunehmende Landnutzungskonflikte

Im Zuge der touristischen Entwicklung werden zwangs-laumlufig Landnutzungskonflikte zunehmen Ein grundle-gendes Problem dabei stellt weiterhin die Frage nach dem Landbesitz dar8 Der enorme Landbedarf fuumlr Inves-toren setzt die Regierung unter Druck lukratives Land in meist kurzer Zeit zu beschaffen In diesem Prozess spielen Konsultationsgespraumlche mit der einheimischen Bevoumllkerung bisher nur eine nachrangige Rolle

Waumlhrend eines Hotelprojektes am Inle-See weiger-ten sich im Juni 2013 lokale Bauern ihr Land wegen unzureichender Kompensationsmaszlignahmen herzuge-ben Nachdem sie das beschlagnahmte Land weiterhin bewirtschafteten drohte man ihnen mit Verhaftungen9 In der Stranddestination Ngapali ergeben sich immer mehr Probleme zwischen der oumlrtlichen Bevoumllkerung und den Strandresorts die sich weiter ausdehnen und immer mehr in die Ortskerne vordringen10 Auch im Mon-Staat breitet sich bereits die Angst vor Landraub und unzureichenden Kompensationsmaszlignahmen im Zuge der touristischen Entwicklung aus11 Nach jahre-langer Unterdruumlckung macht sich jedoch zunehmend ein lokaler Aktivismus bemerkbar sich fuumlr die Rechte und Beduumlrfnisse der ansaumlssigen Bevoumllkerung einzuset-zen12 Im Oktober 2012 kam es in Bagan zu der ersten lokalen Protestwelle gegen touristische Infrastruktur-projekte die es in dieser Form bis dahin nicht gegeben hatte Die Regierung wurde aufgefordert das Kultur-erbe Bagan zu respektieren und keine weiteren Hotel- und Restaurantbauten auf dem Gelaumlnde zuzulassen13 Bislang blieben diese Bemuumlhungen jedoch ohne Erfolg Im November 2013 wurde lediglich entschieden unbe-fugtes Bauen in den 46 Kulturerbstaumltten Myanmars unter Strafe zu stellen14

Eine weitere Herausforderung ergibt sich bei der Durch-fuumlhrung von Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeitspruumlfun-gen Vor dem Hintergrund des dringenden Bedarfs an touristischer Infrastruktur und ihrer rasanten Umset-zung werden gegenwaumlrtig kaum Umwelt- oder gar Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen durchgefuumlhrt Fuumlr das Jahr 2014 plant die Regierung die bereits bestehenden Hotelzonen auf die in der RTP formulierten Forderun-gen nach sozial- und umweltvertraumlglichen Kriterien zu uumlberpruumlfen15 Die bisherigen Auswirkungen der Ver-nachlaumlssigung werden jedoch nur schwer zu beheben

sein In Bagan am Inle-See und am Goldenen Felsen lassen sich schon heute verheerende Auswirkungen durch den Tourismus beobachten vor allem was die Muumlllentsorgung und das Wassermanagement betrifft16 Der Erfolg der Regierung ihre Absichten in Bezug auf soziale und oumlkologische Mindestanforderungen fuumlr Tou-rismusunternehmen zu etablieren und die nationalen Anforderungen zu Umwelt- und Sozialvertraumlglichkeits-pruumlfungen bei tourismusrelevanten Projekten zu ver-bessern werden im Wesentlichen von der Effektivitaumlt einzufuumlhrender Kontrollmechanismen abhaumlngig sein

Die Tatsache dass die touristischen Investitionen hauptsaumlchlich durch die wirtschaftliche Elite Myanmars

Infobox 2

Emerging DestinationsNach Aussagen des Tourismus-Masterplans sollen insbesondere naturnahe Regionen wie Mount Victoria im Chin-Staat und Putao im Kachin-Staat fuumlr Trekkingabenteuer sowie das unberuumlhrte Myeik-Archipel im Suumlden des Lan-des als Tauchparadies gefoumlrdert werden Fuumlr den Erhalt der natuumlrlichen Ressourcen und den Schutz menschlicher Lebensgrundlagen ist eine umwelt- und sozialvertraumlgliche Tourismusent-wicklung in diesen Regionen unerlaumlsslich Es gilt die touristische Attraktivitaumlt im Sinne einer intakten Natur aufrechtzuerhalten um eine zukunftsfaumlhige Tourismusentwicklung in der Region zu gewaumlhrleistenIm Bereich kultureller Attraktionen soll beson-ders Loikaw im Kayah-Staat weiter erschlossen werden das vor allem wegen des Bergvolkes der Padaung und ihrem traditionellen Halsschmuck bei Frauen bekannt ist Aber auch das Neujahrs-fest der Naga im Chin-Staat an der Grenze zu Indien steht auf der Prioritaumltenliste des MOHT Hier nehmen die in der CIT geplanten Capacity Building-Programme fuumlr lokale Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein die die lokale Bevoumllke-rung in die touristische Entwicklung einbinden und ihren Interessen und Beduumlrfnissen Gehoumlr verschaffen sollen Denn welche Folgen die Vermarktung von Braumluchen und Traditionen ohne Mitbestimmung und falsche Versprechun-gen haben kann hat sich im Fall der Padaung gezeigt Die sogenannten sbquoGiraffenfrauenlsquo sind eine beliebte Fotoattraktion und werden ohne Ruumlcksicht auf Verluste als eintraumlgliche Touris-tenattraktion vermarktet

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 37: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

37Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

den unter der Militaumlrjunta reich gewordenen Cronies getragen werden naumlhren die Befuumlrchtungen dass auch in Zukunft die persoumlnliche Bereicherung dieser Elite uumlber den Interessen der Allgemeinheit stehen wird Denn die Interessen der Investoren an Golfplaumltzen oder Luxusresorts decken sich keineswegs mit den Noumlten der lokalen Bevoumllkerung17

Undurchsichtige Geschaumlftspartner

In Vorbereitung auf das Visit Myanmar Year 1996 wur-den eine Reihe von touristischen Infrastrukturmaszlignah-men durch die damalige Militaumlrjunta veranlasst deren Umsetzung in die Haumlnde der Cronies gegeben wurde und auf Kosten der lokalen Bevoumllkerung erfolgte Ver-einzelt traten auch auslaumlndische vor allem Investoren aus Singapur in den Markt ein Auch heute ist die Inves-torenlandschaft im Tourismus durch die ehemaligen Guumlnstlinge der Militaumlrjunta und asiatische Investoren gepraumlgt18 Mit der Aussetzung der Sanktionen seitens der USA und der Europaumlischen Union (EU) steigt aber zunehmend das Interesse westlicher Unternehmen in Myanmar zu investieren

Diesen Interessen stehen jedoch eine Reihe von Investitionshindernissen gegenuumlber nicht zuletzt die mangelnde institutionelle Transparenz die noch in vielen Wirtschaftssektoren dominierende Staatswirt-schaft sowie die unzureichende Infrastruktursituation Somit werden auch heute noch die Investitionen im Tourismus hauptsaumlchlich durch einheimisches Kapi-tal getragen Viele der aktuell entstehenden Hotels die unter dem Markennamen eines transnationalen Unternehmens gefuumlhrt werden laufen uumlber Fran-chise- oder Management-Vertraumlge Die Immobilien selber gehoumlren heimischen Investoren vor allem den Cronies

In einem Bericht des Institute for Human Rights and Business (IHRB) wird auslaumlndischen Unternehmen und Investoren nahegelegt ihre potentielle Partnerwahl auf das Genaueste zu uumlberpruumlfen und Geschaumlftspartner zu vermeiden bei denen glaubwuumlrdige Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen bestehen Vor dem Hintergrund zunehmender Landnutzungskonflikte wird an auslaumlndische Unternehmen appelliert sich bei ihrem Landerwerb verstaumlrkt dafuumlr einzusetzen dass

dies im Zuge eines angemessenen Konsultationspro-zesses erfolgt19 Denn solange das fuumlr den touristischen Aufbau des Landes benoumltigte Kapital in den Haumlnden der Wirtschaftselite liegt werden auslaumlndische Unterneh-men und Investoren nicht daran vorbei kommen mit einem Crony zu kooperieren So wundert es auch nicht dass der franzoumlsische Konzern Accor mit der Max Myan-mar Group kooperiert einem Unternehmen unter Zaw Zaw der zu den reichsten Unternehmern in Myanmar zaumlhlt und auch weiterhin auf der US-amerikanischen Liste sanktionierter Unternehmer steht20

Hinsichtlich einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Myanmar kommt auslaumlndischen Tourismusunter-nehmen eine groszlige Verantwortung zu uumlber die Ein-haltung rechtlicher Rahmenbedingungen hinaus einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten Dies setzt jedoch voraus dass sich die soziale Unternehmensverantwortung (Corporate Social Res-ponsibility CSR) auf das Kerngeschaumlft des Unterneh-mens und nicht nur auf gemeinnuumltzige Nebenprojekte konzentriert Denn gerade Letztere koumlnnen als Werbe-maszlignahme oder Imageaufbesserungen missbraucht werden21

Ausblick

Es scheint als waumlren die ersten Weichen fuumlr eine nach-haltige Tourismusentwicklung in Myanmar gestellt Vie-les steht bislang jedoch nur auf dem Papier oder in Absichtserklaumlrungen im Rahmen einer zentralpolitisch ausgerichteten Tourismusplanung die eine regions-spezifische Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus auszliger Acht laumlsst Das Versprechen die lokale Bevoumllkerung an der Tourismusplanung teilhaben zu lassen stoumlszligt in zivilgesellschaftlichen Kreisen auf groszlige Skepsis Die Befuumlrchtungen bleiben dass der Tourismus in Myanmar ohne ausreichende Konsultation und damit wieder an den Interessen der betroffenen Bevoumllkerung vorbei vorangetrieben wird22 Aber auch mit Blick auf die deutlichen Wachstumstendenzen im Tourismus in Myanmar nehmen die Bedenken an eine zeitgerechte Umsetzung eines sozial- und umweltver-traumlglichen Tourismus zu Denn waumlhrend Luxushotels mit tatkraumlftiger Unterstuumltzung der Regierung in den Himmel wachsen und auch die sbquoEmerging Destinationslsquo zunehmend ins Visier von Investoren ruumlcken stecken Ansaumltze einer alternativen Tourismusentwicklung noch in den Kinderschuhen

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 38: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

38 Von der No-Go-Area zum Place-To-Be

Anmerkungen

1 Haumlusler Nicole et al (2012) Myanmar Responsible Tou-rism Policy Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwhssdefileadminmediadownloadsBerichte121015_Myanmar_Tourism_Englishpdf

2 Haumlusler Nicole et al (2013) Policy on Community Involvement in Tourism (CIT) Hanns-Seidel-Stiftung Yangon httpwwwmyanmartourismorgjournalsCommunity20Involvement20Tourism20in20Myanmarpdf

3 Naumlhere Informationen zu den Hintergruumlnden und der Boykottdebatte finden sich bei Info Birmanie (2011) Report on Tourism in Burma Paris wwwburmanonoopfilephpid=4917

4 Hier muss auch auf die beachtliche Zahl von Geschaumlfts-reisen hingewiesen werden die in 2012 rund 20 Prozent aller Touristenankuumlnfte ausmachten Vgl Ministry of Hotels and Tourism (2012) Myanmar Tourism Statistics Nay Pyi Taw httpwwwmyanmartourismorgjournalsMyanmar20Tourism20Statistics202012(1)pdf

5 Ko Ko Thett (2012) Responsible Tourism in Myanmar Cur-rent Situation and Challenges Burma Center Prague Prag httpwwwburmalibraryorgdocs14Responsible-Tourism-in-Myanmar-Current-Situation-and-Challenges-redpdf

6 Innerhalb eines Jahres sind die Preise von Nobelhotels um das Dreifache auf durchschnittlich 300 US-Dollar gestie-gen Vgl Duscha Waldemar (2012) Hotelboom in Myanmar Germany Trade amp Invest (GTAI) httpwwwgtaideGTAINavigationDETrademaerktedid=787768html

7 Ministry of Hotels amp Tourism (2013) Myanmar Tourism Master Plan 2013ndash2020 Final Draft Report June 2013 Nay Pyi Taw httpwwwharrison-instituteorgMyanmar20Tourism20Master20Plan202013-2020pdf

8 Siehe dazu den Beitrag von Benjamin Merci S 29

9 Democratic Voice of Burma Farmers in hiding near Inle Lake as officials crack down on sbquoplough protestslsquo (1262013)

10 Persoumlnliches Gespraumlch mit Achim Munz Repraumlsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar

11 Burma News International Tourism raises fears of land grabs (18102013)

12 Siehe dazu den Beitrag von Christina Grein S 39

13 Ko Ko Thett (2012)

14 Democratic Voice of Burma Ministry bans building within Bagan other heritage sites (28112013)

15 Ministry of Hotels amp Tourism (2013)

16 Haumlusler Nicole (2014) Nachhaltiger Tourismus in Myan-mar Erste wichtige Schritte In Koumlster Ute Grein Christina Le Trong Phuong (2014) Handbuch Myanmar Gesellschaft Politik Wirtschaft Kultur Entwicklung Berlin Horlemann Verlag

17 Palz Manuel (2013) Steiniger Weg in Myanmar Her-ausforderungen und Chancen einer sozialen und gerechten Zukunft in dem suumldostasiatischen Land In Standpunkte International Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin httpwwwrosaluxdefileadminrls_uploadspdfsStandpunkteStandpunkte_internationalStandpunkte_int_09-2013pdf

18 Ministry of Hotels and Tourism (2012)

19 Weitere Informationen zu Forderungen von nachhaltigen Investitionen in Myanmar finden sich bei Institute for Human Rights and Business (2012) Responsible Investment in Myan-mar The Human Rights Dimension London httpwwwihrborgpdfOccasional-Paper-1-Burma-Myanmar-FINALpdf

20 South China Morning Post Tycoon Zaw Zaw sees his for-tunes rise as ties to old guard bear fruit (362013)

21 Weitere Informationen zur CSR-Debatte im Tourismus finden sich im Positionspapier des EED Monshausen Antje Fuchs Heinz (2010) Zauberformel CSR Unternehmensverant-wortung zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung Ein Beitrag zur Debatte um die Qualitaumlt freiwilliger CSR-Maszlignahmen im Tourismus Bonn httpswwwbrot-fuer-die-weltdestaticshop-eed100225_eed_profil_10_zauberformel_csr_de_webpdf

22 Tourism Watch (2013) Informationsdienst Tourismus und Entwicklung (Nr 73) Brot fuumlr die Welt Berlin httptourism-watchdefilestw_73_internetpdf

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 39: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

39Neue Freiheiten neue Proteste

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher AkteurInnen ist der gegenwaumlrtige Oumlffnungsprozess ein zweishyschneidiges Schwert Wie das Fallbeispiel der Sonderwirtschaftszone Dawei zeigt werden die Folgen solcher Groszligprojekte mittlerweile als Bedrohung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt einshygestuft Andererseits eroumlffnen sich Raumlume zur sozialen und politische Organisierung die zivilshygesellschaftliche AktivistInnen auf vielfaumlltige Weise nutzen

In den letzten drei Jahren kamen mit der Oumlffnung und dem darauf folgenden Reformprozess in Myanmar viele Entwicklungen ins Rollen Doch viele dieser Entwick-lungen koumlnnten sich als ein zweischneidiges Schwert offenbaren Die Oumlffnung und der Reformprozess haben Investitionsinteressen von Regierungen und Privatsek-tor angekurbelt Durch die Aussetzung der Sanktionen seitens der westlichen Industriestaaten erhofft sich Myanmars Regierung Wirtschaftswachstum und Wohl-stand viele Menschen erhoffen sich die Verbesserung des Arbeitsmarkts und der unzureichenden Infrastruk-tur1

Vom 13 bis zum 15 November 2013 fand ein Treffen zwischen der Europaumlischen Union (EU) und Myanmars Regierung die sogenannte EU-Myanmar Taskforce unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher2 AkteurInnen und des Privatsektors statt um uumlber die Fortschritte Herausforderungen und wirtschaftlichen Moumlglichkeiten des Landes zu diskutieren und die Rolle der EU in die-sem Prozess zu identifizieren Europaumlische Investitions-interessen in Myanmar sind schon seit geraumer Zeit vorhanden tatsaumlchliche Investitionen sind bis zum jet-zigen Zeitpunkt jedoch relativ gering im Vergleich mit Thailand oder China Die gegenwaumlrtigen Verhandlungen zwischen EU und Myanmar und die Diskussion bezuumlg-lich eines Investitionsabkommens sprechen jedoch

stark fuumlr eine Steigerung der Investitionen auf Seiten Europas in naher Zukunft

Zunehmend werden Investitionen in den Ressourcen-reichtum des Landes getaumltigt und neue bdquoEntwicklungs-projekteldquo zumeist in den von Konflikt gezeichneten Grenzregionen des Landes angesiedelt In vielen Faumlllen standen am Anfang dieser Projekte Waffenstillstands-abkommen zwischen Regierung und nicht-bamarischen Nationalitaumlten3 Doch mit der Einsetzung einer zivilen Regierung und neuen Spielraumlumen fuumlr Meinungs- und Versammlungsfreiheit stellt sich eine Bandbreite an Medien politischen und zivilgesellschaftlichen Akteu-rInnen gegen Groszligprojekte und die Einfuumlhrung von liberal-wirtschaftlichen Reformen Viele Infrastruktur-projekte werden inzwischen von einer Vielzahl an zivil-gesellschaftlichen AkteurInnen im Land als eine Bedro-hung fuumlr Bevoumllkerung und Umwelt eingestuft

Zivilgesellschaftliche Organisierung im Land

In Myanmar ist eine inzwischen sehr sichtbare Diver-sitaumlt an zivilgesellschaftlichen AkteurInnen aktiv ndash ins-besondere in den Bereichen Bildung Gesundheit und Umweltschutz Community Development und Gender Die ethnische und kulturelle Vielfalt des Landes spie-gelt sich in der Diversitaumlt der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen im Land wider von denen viele einen eth-nischen beziehungsweise konfessionellen Hintergrund haben

Die verbreitetsten Formen zivilgesellschaftlicher Orga-nisation sind Local Non-Governmental Organisations (LNGOs) Community-Based Organisations (CBOs) sowie konfessionelle studentische gewerkschaftli-che und Jugend-Vereinigungen Das jaumlhrlich vom Local

Neue Freiheiten neue ProtesteZivilgesellschaftliche Stimmen und Aktion

Christina Grein

links Neue Freiheiten neue Proteste

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 40: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

40 Neue Freiheiten neue Proteste

Resource Center (LRC) herausgegebene Verzeichnis von LNGOs in Myanmar fuumlhrt im Jahr 2012 allein 118 lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deren Zahl in den kommenden Jahren erwartungsgemaumlszlig zuneh-men wird

Glaubensorientierte Organisationen und Vereinigun-gen (insbesondere buddhistische islamische christ-liche und hinduistische) sind nicht nur historisch sondern auch aktuell betrachtet charakteristisch fuumlr das Land und stellen eine wichtige Basis fuumlr das Leben der Menschen dar Ein Schwerpunkt vieler loka-ler Organisationen ist der Wohltaumltigkeitssektor mit dem Fokus auf sozialer Fuumlrsorge von Gemeinden und betroffenen Bevoumllkerungsgruppen Neben Capacity Building von Gemeinden spielt zunehmend auch die Advocacy-Arbeit auf lokaler wie auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle Nach mehreren Jahrzehnten Buumlr-gerkrieg Militarisierung und staatlicher Unterdruumlckung haben sich erneut Raumlume zur sozialen und politischen Organisierung aufgetan Auch wenn der Grad der globa-len Vernetzung bisher noch uumlberschaubar bleibt sind regionale Netzwerke zu einer treibenden Kraft fuumlr zivil-gesellschaftliche Aktion herangewachsen

Spielraumlume und Barrieren

Einigen LNGOs ist es nun in begrenzten Maszligen moumlg-lich geworden zusammen mit der Regierung an wich-tigen politischen Anliegen bezuumlglich auslaumlndischer Investitionen Umwelt und Landrechten zu arbeiten und Analysen sowie Politikempfehlungen einzubrin-gen Weiterhin bestehende Einschraumlnkungen sind das gegenwaumlrtige Registrierungsgesetz (siehe Infobox) und die Dominanz wichtiger staatlicher Institutionen

Einer der wichtigsten Akteure im Bereich Investitionen bleibt auch weiterhin staatsgesteuert die Myanmar Investment Commission (MIC) angesiedelt unter dem Dach des Ministry of National Planning and Economic Development und zustaumlndig fuumlr die Antragspruumlfung von Inlandsinvestitionen Reformentwuumlrfe fuumlr das Investi-tionsgesetz im Jahr 2012 beinhalten den Vorschlag die Kommission in ein unabhaumlngiges Gremium zu transfor-mieren und so die Transparenz des Vergabeprozesses von Investitionslizenzen zu erhoumlhen Doch die Schluumls-selpositionen werden weiterhin von hochrangigen Staatsvertretern besetzt Zivilgesellschaftliche Grup-pen fordern den Einbezug in politische wirtschaftli-

che Entscheidungsprozesse nicht nur in Bereichen wie Demokratisierung und Menschenrechte sondern insbesondere auch in Wirtschaft und Entwicklung

Mit Unterzeichnung eines Gesetzes Ende 2011 das friedliche Demonstrationen erlaubt wenn sie fuumlnf Tage im Voraus angemeldet werden nutzen auch Buumlr-gerInnen die Moumlglichkeit gegen auslaumlndische Investi-tionsprojekte deren Art und Weise der Durchfuumlhrung und negativen Auswirkungen im Land zu mobilisieren

Infobox

Entwurf des Vereinsrechtes zielt auf vereinfachten RegistrierungsprozessAm 5 November 2013 wurde der neue Entwurf des Vereinsrechts (Association Bill) im Parla-ment vorgestellt Aufgrund massiver Kritik an der fruumlheren Version des Gesetzesentwurfs verfasst durch das Innenministerium wurde der Entwurf nochmals uumlberarbeitet Die neue Version beinhaltet jetzt eine Vielzahl von Emp-fehlungen die von Seiten zivilgesellschaftlicher AkteurInnen in Gespraumlchen mit Parlamentsmit-gliedern gegeben wurden4 Zentrale Forderun-gen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Organi-sationen sind die Lockerung der Einschraumlnkun-gen bei Mitgliedschaft und Aktivitaumlten sowie die Dezentralisierung der Registrierung Bevor uumlber den neuen Entwurf abgestimmt wird wol-len sich mehrere Organisationen nochmals mit dem Public Affairs Management Committee das den Text erarbeitet und Parlamentsmitgliedern zusammensetzenDas gegenwaumlrtige Vereinsrecht wurde 1998 beschlossen und stellt viele Gruppen und Orga-nisationen insbesondere kleinere mit geringem Budget vor eine Vielzahl von Hindernissen Der Registrierungsprozess unter dem Innenministe-rium erfordert neben Zeit auch viel Geld und schraumlnkt die Operationsfreiheiten der Vereini-gungen ein Ferner wird Geistlichen Mitgliedern politischer Parteien sowie ehemaligen politi-schen Gefangenen die Mitgliedschaft in zivil-gesellschaftlichen Organisationen untersagt Angesichts der Schwierigkeiten verzichteten bis-her viele Einrichtungen auf eine offizielle Regis-trierung oder lieszligen sich wie zum Beispiel die Organisation Myanmar Egress als Wirtschafts-unternehmen registrieren

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 41: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

41Neue Freiheiten neue Proteste

Ausloumlser lokaler Proteste sind vor allem Landnahmen Vertreibung und Umweltverschmutzung Auf internatio-naler Ebene sind insbesondere Proteste und Advocacy-Arbeit gegen die landesweit groumlszligten Projekte bekannt geworden das Shwe-Gaspipeline-Projekt Hydroener-gie-Talsperren an den Fluumlssen Thanlwin und Ayeyar-waddy die Kupfermine in Letpadaung Monywa und die drei Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Dawei Thilawa und Kyaukpyu (siehe Karte 2 S 8)

Fallbeispiel Sonderwirtschaftszone Dawei

Im Jahr 2008 unterzeichneten die Regierungen Thai-lands und Myanmars eine Absichtserklaumlrung zur Errich-tung einer SEZ in Dawei in der Tanintharyi-Region Ende 2010 wurde vereinbart dem Unternehmen Italian-Thai Development (ITD)5 die Lizenz zur Entwicklung des Pro-jekts auszustellen6 Das Projekt ist als Suumldostasiens groumlszligter industrieller Komplex geplant ndash mit Tiefseeha-fen Gaspipeline Schienen- und Straszligenverbindungen nach Vietnam Kambodscha und Thailand Angesiedelt werden sollen Schwerindustrie Petrochemie Raffine-rien aber auch Gewerbebetriebe und Wohnprojekte Die Tanintharyi-Region gilt als strategisch guumlnstiger Wirtschaftsstandort zwischen wirtschaftlich starken Laumlndern wie Malaysia und Singapur im Suumlden und Laumln-dern wie Thailand Laos und Kambodscha im Osten beziehungsweise Norden Thailands Interessen sind besonders offensichtlich Fuumlr die Hauptstadt Bangkok ist Dawei der naumlchstgelegene Zugang zur Andamanen-kuumlste und damit auch zu Indien und dem Mittleren Osten Ferner ist das Projekt ein Baustein im groumlszligeren regionalen Entwicklungsplan der Asiatischen Entwick-lungsbank (ADB) dem East-West Economic Corridor ein Handels- und Transportnetzwerk das Myanmar Thailand Laos und Vietnam mit Kambodscha (Southern Economic Corridor) und Kunming in China (North-South Economic Corridor) verbindet (siehe 2 S 8)

Myanmars Regierung und ITD hatten sich oumlffentlich dazu verpflichtet einen inklusiven Entscheidungspro-zess durchzufuumlhren und sich fuumlr den Schutz der lokalen Oumlkosysteme einzusetzen Daruumlber hinaus sollten die Lebensbedingungen der Bevoumllkerung zu groszligen Teilen Mitglieder nicht-bamarischer Nationalitaumlten verbes-sert werden insbesondere der Karen da groszlige Teile der Region von der Karen National Union (KNU) kon-

trolliert werden Zivilgesellschaftliche Organisationen klagen allerdings dass mit dem Projekt ohne vorherige Konsultationen oder Untersuchung der sozialen wirt-schaftlichen und oumlkologischen Auswirkungen begon-nen wurde7 Im Dezember 2011 behinderte die KNU die Straszligenkonstruktion durch eine Blockade und appel-lierte an das Unternehmen eine Umweltvertraumlglich-keitspruumlfung durchzufuumlhren und damit der Forderung der AnwohnerInnen nachzukommen

Im Februar und Maumlrz 2012 wurde schlieszliglich eine erste Folgenabschaumltzung durch das thailaumlndische Chulalong-korn Environmental Research Institute durchgefuumlhrt Darin wurden jedoch lediglich die Vorteile des Projekts betont moumlgliche Gefahren blieben unerwaumlhnt Die AnwohnerInnen beklagten den Mangel an Transparenz bezuumlglich des Projekts da sie weder seitens ITD noch seitens der lokalen Autoritaumlten uumlber die moumlglichen negativen Auswirkungen der einzelnen Projektmaszlignah-men informiert wurden

Laut Berichterstattung von Dawei Project Watch (DPW) sind rund 83237 Hektar Reisfelder 4047 Hektar Gum-miplantagen bis zu 5666 Hektar Cashew-Plantagen und uumlber 60703 Hektar Orchideenplantagen von einer Konfiszierung bedroht Vermutlich werden 21 Gemein-den all ihr Hab und Gut verlieren viele Haumluser in den Gemeinden sollen fuumlr den Straszligenbau umgesiedelt werden Die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen koumlnnte bis auf 50000 steigen

Letztendlich ist aber damit zu rechnen dass sehr viel mehr Menschen ihr Land durch direkte und indirekte Landnahme seitens der nationalen oder auch auslaumln-dischen Eliten die in den wirtschaftlichen Wachstum der Region investieren moumlchten verlieren Inoffi-ziellen Schaumltzungen zufolge sind moumlglicherweise bis zu 500000 Menschen aus der Dawei-Region sowohl direkt als auch indirekt von der SEZ betroffen8 Viele AnwohnerInnen werden schlieszliglich mehr oder min-der gezwungen sein ihr Land das ihr Einkommen und Uumlberleben sichert zu extrem niedrigen Preisen zu ver-kaufen Auch Entschaumldigungszahlungen stellen fuumlr die lokale Bevoumllkerung nur eine kurzfristige Loumlsung dar da das Geld schnell aufgebraucht waumlre

Viele Gruppen Organisationen und AnwohnerInnen beteiligen sich seit Jahren am Protest gegen die SEZ in Dawei DPW ist eine Gruppe lokaler AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen darunter groumlszligtenteils junge

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 42: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

42 Neue Freiheiten neue Proteste

ethnische Karen Mon und Tavoyan Dazu kommt neben der Tavoyan Womenrsquos Union und dem Southern Society Development Network die Dawei Development Associa-tion (DDA) ein Netzwerk aus Individuen und mehreren Organisationen Die Akteure beobachten die Imple-mentierung des Dawei-Projekts kritisch verbreiten Informationen uumlber ihre Websites und Facebook und unterstuumltzen die lokale Bevoumllkerung durch Advocacy-Arbeit im Kampf gegen die SEZ

Einige dieser Akteure kooperieren mit thailaumlndi-schen NGOs und AktivistInnen Laut der Civil Society Strengthening Initiative waren es maszliggeblich thai-laumlndische NGOs die uumlber die negativen Implikationen der SEZ Dawei aufgeklaumlrt und ihre Unter-stuumltzung angeboten haumltten Hintergrund dieser Kooperation sind die Auswirkungen des Industriekomplexes in Map Ta Phut in der thailaumlndischen Provinz Rayong der in gewisser Hinsicht mit dem Dawei-Projekt vergleichbar ist

Der groumlszligte Industriekomplex Thailands und das welt-weit achtgroumlszligte petrochemische Versorgungsdreh-kreuz in das auch der deutsche Chemiekonzern Bayer investiert hat geriet aufgrund der auszligergewoumlhnlich hohen Sterberate durch Krebs in den umliegenden Gebieten die auf die Umweltverschmutzung durch die petrochemischen Anlagen zuruumlckgefuumlhrt wird in

die Kritik Die lokale Bevoumllkerung machte mit Unter-stuumltzung von Umweltorganisationen angefuumlhrt von der Stop Global Warming Association Thailand gegen den Industriekomplex mobil 2009 wurde vom obersten thailaumlndischen Verwaltungsgericht die Aussetzung von 65 Projekten in Map Ta Phut zu Gunsten einer Untersu-chung verkuumlndet9 Einige zivilgesellschaftliche Akteure sehen die SEZ Dawei als eine Fortfuumlhrung der aufgrund ihrer bedenklichen Auswirkungen auf die Umwelt aus-gesetzten Map Ta Phut-Projekte ndash die Auslagerung der industriellen Entwicklung Thailands mitsamt ihrer Mensch und Umwelt gefaumlhrdenden Nebenwirkungen nach Myanmar

Ausblick

Laut einer Studie der Organisation SHIFT gibt es bis jetzt kaum Organisationen oder AktivistInnen im Land die Erfahrungen in der Arbeit mit Unternehmen haben11 Durch die steigende Zahl der Capacity Building-Ange-bote seitens lokaler und internationaler Entwicklungs-organisationen koumlnnten die AkteurInnen vor Ort jedoch zukuumlnftig unterstuumltzt werden Die Organisation Earth-Rights International foumlrdert beispielsweise lokale Grup-pen beim Aufbau ihrer Faumlhigkeiten um sie so auf die direkte Interaktion mit Investoren und Unternehmen vorzubereiten Denn die bdquoAchtsamkeitldquo seitens interna-tionaler Investoren bei der Vorbereitung von Projekten ist zwar wuumlnschenswert aber lange nicht ausreichend Und auch internationale Richtlinien greifen meist zu kurz Erstens erfolgt ihre Umsetzung durch Unterneh-men nur freiwillig Verstoumlszlige koumlnnen kaum geahndet werden zweitens sind sie losgeloumlst vom kulturellen beziehungsweise lokalen Kontext

Das europaumlische Interesse an der Unterstuumltzung der wirtschaftlichen und politischen Reformen wird uumlber-wiegend begruumlszligt Doch inzwischen sind auch laute Stimmen gegen einen uumlbereilten Einzug auslaumlndischer Wirtschaftsakteure in Myanmar zu houmlren So betont die Initiative Paung Ku dass der Demokratisierungsprozess im Land noch in den Kinderschuhen stecke und daher vorschnelle Entscheidungen und Handlungen der EU

Dawei Kampagnenmaterial von DDA

bdquoWe do not want any foreign companies to take advantage of this weak government This holds for companies from all countries including the USA the EU and Chinaldquo10

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 43: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

43Neue Freiheiten neue Proteste

vermieden werden sollten Vor weiteren Verhandlungen zwischen Myanmars Regierung und der EU muumlsse Zeit und Raum fuumlr einen informierten Entscheidungsfin-dungsprozess unter Beteiligung aller wichtigen Akteure gegeben sein Zur Foumlrderung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Land muumlssten sich vor allem auch Parlamentsmitglieder NGOs und die Medien mit den moumlglichen Auswirkungen eines Investitionsabkommens auseinandersetzen und daruumlber debattieren koumlnnen12 Das Beispiel Ecuador dessen Regierung gegenwaumlrtig die bilateralen Investitionsschutzabkommen die groumlszlig-tenteils in den Neunzigern unterzeichnet wurden und von denen mehrere gegen die Verfassung von 2008 verstoszligen uumlberpruumlft und neu aushandelt zeigt das uumlbereilte Maszlignahmen spaumlter bereut werden koumlnnten aber nur noch schwer zu korrigieren sind

Die internationale Anerkennung des politischen Wan-dels draumlngt die Auseinandersetzung mit moumlglichen negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Reformen und internationaler Investitionen insbesondere in die Grenzgebiete in den Hintergrund Doch gerade hier begibt man sich angesichts der stockenden Friedens-verhandlungen auf gefaumlhrliches Terrain mit unkon-trollierbaren Folgen fuumlr das Land selbst sowie die Region zum Beispiel die Verschaumlrfung der ethnischen Konflikte Menschenrechtsverletzungen Landkonflikte und Umweltzerstoumlrung Die oumlkonomische Situation im Land wird daruumlber hinaus einen maszliggebenden Ein-fluss auf die zukuumlnftige Gestalt von Myanmars Politik haben Unzureichende Rechtsstaatlichkeit mangel-hafte Regierungsfuumlhrung sbquoCronyismlsquo und anhaltende Konflikte machen ein nachhaltiges und inklusives wirtschaftliches Engagement im Land aumluszligerst schwie-rig Angesichts der Schattenseiten des herrschenden Investitionsregimes koumlnnte ein allseitiges Umdenken womoumlglich houmlchst interessante Alternativen zu Tage foumlrdern um statt der ausgetrampelten Pfade neue Wege zu beschreiten

Anmerkungen

1 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar httpshiftprojectorgsitesdefaultfilesConducting20Meaningful20Stakeholder20Consultation20in20Myanmar_1pdf

2 In Myanmar gibt es kein Aumlquivalent zum westlich gepraumlg-ten Terminus bdquoZivilgesellschaftldquo Dessen Verwendung wurde in den 1990er Jahren im Zuge des Zulaufs internationaler Organisationen und Agenturen in Myanmar uumlbernommen (vgl Kramer Tom (2011) Civil Society Gaining Ground ndash Oppor-tunities for Change and Development in Burma Amsterdam Transnational Institute Burma Center Netherlands httpwwwtniorgsiteswwwtniorgfilesdownloadtni-2011-civilsocietygainingground-web2pdf)

3 Siehe dazu den Beitrag von Michael Hackmann S 19

4 ALTSEAN (Nov 2013) Burma Bulletin Issue 83 httpwwwaltseanorgDocsPDF20FormatBurma20BulletinNovember20201320Burma20Bulletinpdf

5 Das Unternehmen Italian-Thai Development Public Com-pany Limited wurde 1954 von einem thailaumlndischen und italienischen Unternehmer gegruumlndet und ist inzwischen ausschlieszliglich in thailaumlndischer Hand Es ist das groumlszligte thai-laumlndische Bauunternehmen fuumlr Infrastruktur mit Firmensitz in Bangkok und beteiligt sich an mehreren Projekten in Myanmar und in der Region

6 Inzwischen wurde IDT von Myanmars Regierung angehalten sich vorlaumlufig aus dem Projekt zuruumlckzuziehen Ausloumlser hier-fuumlr war unter anderem IDTrsquos Unvermoumlgen weitere Investoren fuumlr die SEZ Dawei anzuwerben Myanmars Regierung versucht nun durch Unterstuumltzung der Regierungen Japans und Thai-lands Unternehmen zur Durchfuumlhrung eines uumlberarbeiteten Entwurfs fuumlr die SEZ zu identifizieren (Reuters Myanmar turns to Japan Thailand to kick-start stalled Dawei 19112013)

7 Nationalities Youth Forum (NY-Forum) Students Youth Congress of Burma (SYCB) (2012) Excluded Burmarsquos Ethnic Nationalities on the Margins of Development amp Democracy Mae Sot

8 Loewen Elizabeth (2012) Land Grabbing in Dawei (Myan-mar Burma) A (Inter)National Human Rights Concern Paung Ku amp Transnational Institute

9 Reuters Thai court halts many new plants in big industrial zone 2122009

10 Zitat aus Interviews zu Investitionen Chinas in Myanmar im August 2012 in Yangon Mandalay und Naypyidaw in Trans-national Institute Burma Center Netherlands (2013) Develo-ping Disparity Regional Investment in Burmarsquos Borderlands Amsterdam Transnational Institute

11 vgl SHIFT (2013) Conducting Meaningful Stakeholder Consultation in Myanmar

12 Die Ergebnisse der Fragebogenstudie bdquoPublic consultation on the future investment relationship between the EU and Myanmarldquo der Europaumlischen Kommission 2013 wurde auf fol-gender Seite veroumlffentlicht httpeceuropaeuyourvoiceipmformsdispatchuserstate=DisplayPublishedResultsampform=InvestmentMyanmar

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 44: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

44 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Der Aufbruch in Myanmar mit der Einsetzung der zivilen Regierung 2011 weckte Hoffnungen dass mit der politischen Liberalisierung auch Wohlshystand und Frieden moumlglich werden Doch das Entshywicklungsmodell das sie verfolgt weckt Zweifel ob das so gelingt Gleichzeitig nimmt sie Weishychenstellungen vor die zukuumlnftigen demokratishyschen Regierungen weitgehend die Haumlnde binden um grundlegende Kurskorrekturen vorzunehmen Damit wird auch die weitere demokratische Entshywicklung gefaumlhrdet

Die Regierung in Myanmar wirbt intensiv um auslaumln-dische Investoren Nach der politischen Entscheidung der westlichen Regierungen die Sanktionen auszu-setzen wollen jetzt auch verstaumlrkt Unternehmen aus Europa die Chancen nutzen Regierungen Investoren und westliche Entwicklungsberater versprechen uni-sono auslaumlndische Investitionen wuumlrden wirtschaftli-ches Wachstum Arbeitsplaumltze Armutsminderung und Umweltschutz kurzum eine umfassend nachhaltige Entwicklung bringen

Doch die Verhaumlltnisse hellip

Die Beitraumlge dieser Broschuumlre zeigen an verschiede-nen Wirtschaftsbereichen und Beispielen dass die Bedingungen (noch) kaum gegeben sind diese Ankuumln-digungen auch einzuloumlsen Zwar sind Regierung inter-nationale Beratungs- und Finanzinstitutionen bemuumlht die Rahmenbedingungen fuumlr Investitionen zu schaffen beziehungsweise zu verbessern Hierunter fallen der Ausbau der Infrastruktur eine Lockerung der Waumlh-rungskontrollen neue Gesetze eine Verringerung der Korruption und funktionsfaumlhigere Institutionen Einiges ist hier schon geschehen wie die Verabschiedung des Gesetzes uumlber Auslandsinvestitionen das weitgehend

auf die Beduumlrfnisse und Forderungen der Unterneh-men zugeschnitten ist Trotzdem werden weitere Ver-besserungen des Investitionsklimas wie beispielsweise ein Investitionsabkommen gefordert

Allerdings hat die juumlngste Geschichte des Landes Ver-haumlltnisse geschaffen die enorme Hindernisse und Risi-ken bergen Investoren aus den Nachbarlaumlndern und die unter der Militaumlrregierung entstandene Wirtschaft-selite haben laumlngst ihre Claims abgesteckt Groszlige Teile des Landes und der Wirtschaft sind bereits aufgeteilt beispielsweise in den Regionen in denen es bewaffnete Konflikte gab und gibt - als Pfruumlnden durch Privatisie-rung oder schlicht als militaumlrisches Beutegut Zudem besteht ein Geflecht von sozialen politischen und eth-nischen Konfliktfeldern die selbst bei einer Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen virulent blei-ben Auslaumlndische Investoren sind - trotz ihrer Bekennt-nisse zu bdquoverantwortlichemldquo Verhalten - kaum die geeig-neten Akteure um diese etablierten Strukturen und die mit ihnen einhergehenden Missstaumlnde zu aumlndern

Die neuen wirtschaftspolitischen Ansaumltze die sich beispielsweise in der Ressourcenpolitik in der Land-frage oder im Tourismusbereich zeigen deuten zudem darauf hin dass nach wie vor die Interessen der alten und neuen Investoren im Vordergrund stehen nicht die Beduumlrfnisse der Bevoumllkerung oder die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung Es zeichnet sich ein Entwicklungsmodell ab das Myanmar als Lieferanten von Ressourcen festschreibt von deren Ausbeutung in der Vergangenheit nur wenige profitiert haben Als neuer Standort von Billigindustrien beispielsweise im Textilbereich wuumlrde das Land gleichzeitig den Wettbe-werb mit suumldostasiatischen Nachbarlaumlndern verstaumlr-ken Weder wird die Frage gestellt ob auslaumlndische Investitionen wirklich das geeignetste Mittel sind um das Land wirtschaftlich voranzubringen Noch werden Alternativen in der Nutzung der reichen Ressourcen

Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wenWeichensteller ohne demokratische Legitimation

Uwe Hoering

links Aufbruch in Myan-mar ndash aber fuumlr wen

45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

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45Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

die beispielsweise in lateinamerikanischen Laumlndern versucht werden in Erwaumlgung gezogen oder sie blei-ben etwa im Tourismusbereich Absichtserklaumlrungen die durch die aktuellen Entscheidungen und Entwick-lungen uumlberrollt werden

hellip sie sind nicht so

Waumlhrend in- und auslaumlndischen Investoren der rote Teppich ausgerollt wird und die Wirtschaft waumlchst bleiben die Instrumente die Geschaumlfte in nachhal-tigen Bahnen zu halten hinter der raschen Entwick-lung zuruumlck Die Faumlhigkeiten des Staates wirtschaft-liche Macht zu kontrollieren und zu regulieren sind begrenzt wenn sie denn uumlberhaupt erwuumlnscht sind Viele Gesetze und Maszlignahmen sind so formuliert dass sie einseitig die Investoren und Bereiche wie die riesi-gen Sonderwirtschaftszonen bevorzugen

Ein Beispiel dafuumlr sind die neuen Gesetze zu Landnut-zungsrechten die Probleme wie Land Grabbing und Vertreibungen kaum verhindern Ein anderes sind zwi-schenstaatliche Vereinbarungen wie das Investitions-schutzabkommen auf das die EU draumlngt die dazu fuumlhren dass die Handlungsmoumlglichkeiten des Staa-tes eingeschraumlnkt werden Zudem ist das Justizsys-tem uumlberfordert und korrumpiert wodurch vor allem Betroffene von Investitionsmaszlignahmen aus aumlrmeren Bevoumllkerungsgruppen kaum Moumlglichkeiten haben bei Problemen oder Konflikten den Rechtsweg zu nutzen

Immerhin bestehen mit der inzwischen geschaffenen Medien- und Informationsfreiheit mit Organisierungs- und Arbeitsrechten und der Zulassung von Gewerk-schaften neue Moumlglichkeiten sich gegen staatliche und unternehmerische Willkuumlr zu wehren Rechte zu verteidigen oder durchzusetzen Dabei kommt den vielfaumlltigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Protestmanifestationen etwa gegen Bergbau- und Staudammprojekte eine besondere Rolle zu

Weichenstellungen

Hinter der Fassade der zivilen Regierung und des nach wie vor von Militaumlrs beherrschten Parlaments werden jetzt in Kooperation mit Entwicklungsinstitutionen und Lobbyorganisationen der Wirtschaft Weichenstellungen vorgenommen auf die die parlamentarische Opposi-

tion und die zivilgesellschaftlichen Kraumlfte wenig Einfluss haben Dennoch wird eine demokratisch gewaumlhlten Regierung nach den Wahlen 2015 daran gebunden sein Ihre Handlungsmoumlglichkeiten Aumlnderungen im Interesse einer nachhaltigeren sozial gerechten und souveraumlnen Entwicklung vorzunehmen werden eingeschraumlnkt

Damit wird auch die politische Zukunft und Stabilitaumlt Myanmars weitgehend davon abhaumlngen ob der einge-leitete investitionsfreundliche Wirtschaftskurs tatsaumlch-lich die umfassende nachhaltige Entwicklung bringen wird die versprochen wird Ein Schluumlsselbereich dafuumlr sind die Friedensprozesse die mit einem breiten wirt-schaftlichen Aufschwung und einer gerechten Vertei-lung stehen und fallen Wird es nicht nur fuumlr Inves-toren sondern auch fuumlr die Menschen eine Friedens-dividende geben Umgekehrt ist politische Stabilitaumlt eine Voraussetzung fuumlr die wirtschaftliche Entwicklung Falls sie nicht demokratisch gesichert werden kann so warnt die International Crisis Group besteht durchaus die Gefahr eines Ruumlckfalls in autoritaumlre Regierungsfor-men und repressive Staatsmacht1

Alan Davis Direktor des Citizen Action Network for Accountability vergleicht denn auch die gegenwaumlrtige Situation in Myanmar mit der Entwicklung in Kambod-scha2 Auch dort herrschte nach dem Ende der Dikta-tur der Khmer Rouge Entwicklungseuphorie Auch dort gab es seit den 1990er Jahren ein erhebliches Engage-ment von Gebern und auslaumlndischen Investoren Auch dort wurde eine nachhaltige gerechte Entwicklung versprochen Das Ergebnis ist allerdings dass heute die selbe kleine Elite die damals die politische und oumlkonomische Macht hatte die Wirtschaft kontrolliert und die politischen Verhaumlltnisse weit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt sind Auch wenn die Ausgangssituation und die Verhaumlltnisse nur teilweise vergleichbar sind Koumlnnte sich eine solche Entwicklung in Myanmar wiederholen

Anmerkungen

1 International Crisis Group (2012) Myanmar The Poli-tics of Economic Reform Asia Report No 231ndash27 July 2012 httpwwwcrisisgrouporgenpublication-typemedia-releases2012asiamyanmar-the-politics-of-economic-reformaspx

2 Alan Davis (2013) Supporting democracy in Myanmar Are donors doing enough Blog-Beitrag vom 2 Dezember 2013 httpswwwdevexcomennewssupporting-democracy-in-myanmar-are-donors-doing82422

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 46: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

46 Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Autorinnen und Autoren

Julia Buumlhler

studierte Geographie und Politikwissenschaften an der WWU Muumlnster Mit ihrem Studium und mehreren prakti-schen Erfahrungen spezialisierte sie sich auf Tourismus in Entwicklungslaumlndern insbesondere im suumld- und suumld-ostasiatischen Raum julia_buehlerhotmailcom

Christina Grein

ist Ethnologin und Projektleiterin der Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus Ihre Schwerpunkte ethnopolitische Konflikte Identitaumltspolitik Gender und Myanmar Sie ist Mitherausgeberin des Handbuch Myanmar (2014)

Michael Hackmann

studierte Ethnologie Politikwissenschaften und Geschichte an der Universitaumlt zu Koumlln Seine Arbeitsschwerpunkte sind Identitaumlts- und Konfliktforschung und Minderheitenpolitik in Suumld- und Suumldostasien Zuletzt war er in diesen Themenfeldern fuumlr zwei NGOs in Indien taumltig michahackmanngmailcom

Theresa Hanske

hat unter anderem Ethnologie in Koumlln studiert In letzter Zeit beschaumlftigt sie sich mit der Handels- und Investi-tionspolitik der EU

Uwe Hoering

ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Publizist und betreibt unter anderem den Weblog Globe-spottingde Er ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Asienhaus

Benjamin Merci

studierte Geographie an den Universitaumlt zu Koumlln In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen und politischen Verhaumlltnissen und Land Grabbing in Guatemala Durch ein Praktikum im philippinenbuumlro Koumlln wurde er Teil der Arbeitsgruppe zu Burma benjaminmerciposteode

Christine Schuster

studierte Politikwissenschaften und Franzoumlsische Philologie an der Universitaumlt Trier Im Rahmen ihres Studiums und verschiedener Praktika spezialisierte sie sich auf Wasser- und Rohstoffpolitik in Suumldostasien christineschuster3gmxde

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

Abkuumlrzungsverzeichnis

ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

Page 47: Arbeitsgruppe Burma Aufbruch in Myanmar - asienhaus.de · p u t r a M e k o n g M e k o n g C h a o P h r a y a Mekong Golf von Bengalen Golf von Martaban Golf von Thailand Sittwe

47Aufbruch in Myanmar ndash aber fuumlr wen

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ADB Asian Development Bank Asiatische EntwicklungsbankASEAN Verband Suumldostasiatischer Nationen Association of Southeast Asian NationsBGF Border Guard ForcesCBO Community-Based OrganisationCBT Community-Based Tourism CIT Community Involvement in Tourism CSR Corporate Social ResponsibilityDDA Dawei Development AssociationDPW Dawei Project WatchEITI Extractive Industries Transparency InitiativeEU European Union Europaumlische UnionFIL Foreign Investment LawGIZ Deutsche Gesellschaft fuumlr Internationale ZusammenarbeitGSP General System of PreferencesHDI Human Development IndexICSID International Centre for Settlement of Investment DisputesIHRB Institute for Human Rights and BusinessILO International Labour Organisation Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler Waumlhrungsfonds JICA Japan International Cooperation AgencyKIA Kachin Independence ArmyKIO Kachin Independence OrganizationKNU Karen National UnionLNGO Local Non-Governmental Organisation LRC Local Resource CenterMEC Myanmar Economic CooperationMIC Myanmar Investment CommissionMNDAA Myanmar National Democratic Alliance ArmyMOGE Myanmar Oil and Gas EnterpriseMOHT Ministry of Hotels amp TourismMTF Myanmar Tourism FederationNGO Non-Governmental OrganisationNLD National League for DemocracyOECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentRTP Responsible Tourism PolicySEZ Special Economic Zone SonderwirtschaftszoneSLORC State Law and Order Restoration CouncilSPCD State Peace and Development CouncilUMEHL Union of Myanmar Economic Holding LimitedUN United Nations Vereinte NationenUNCITRAL United Nations Commission on International Trade LawUNFC United Nationalities Federal CouncilVFV Vacant Fallow and Virgin Lands Management Law

Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde

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Uumlber diese Publikation

Nach der Aussetzung der Sanktionen ist Myanmar nun bemuumlht durch aumluszligerst guumlnstige Inves-

titionsbedingungen auch Unternehmen aus Europa und den USA verstaumlrkt anzuziehen Das

Land lockt mit seinem Rohstoffreichtum einem groszligen Binnenmarkt niedrigen Loumlhnen und

der zentralen Lage in der dynamischen Wachstumsregion zwischen Indien China und Suumldost-

asien Die EU verspricht Partnerschaft und Nachhaltigkeit um den Ruumlckstand europaumlischer

Unternehmen auf Investoren aus der Region aufzuholen

Mit dieser Publikation legt eine im Mai 2013 gebildete Arbeitsgruppe der Burma-Initiative der

Stiftung Asienhaus ein erstes Ergebnis ihrer Arbeit vor Sie will damit einen Beitrag zur Diskus-

sion der Rolle der deutschen und europaumlischen Wirtschaftspolitik gegenuumlber Myanmar leisten

und daruumlber ob europaumlische Investitionen eine Entwicklung unterstuumltzen koumlnnen die an den

Interessen der Bevoumllkerung orientiert ist

Uumlber die Stiftung Asienhaus

Die Stiftung Asienhaus setzt sich fuumlr die Verwirklichung der Menschenrechte fuumlr die Staumlrkung

gesellschaftlicher und politischer Teilhabe sowie fuumlr soziale Gerechtigkeit und den Schutz der

Umwelt ein Sie fordert von Politik und Wirtschaft die Verwirklichung sozialer oumlkologischer

und menschenrechtlicher Standards Sie arbeitet zur Verwirklichung dieser Ziele mit zivil-

gesellschaftlichen Organisationen in Europa und Asien zusammen

MenschengerechtSozialgerechtUmweltgerecht

ISBN 978-3-933341-62-4 mehr unter wwwasienhausde