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1 Arbeitsschutz in NRW . Im Mittelpunkt steht der Mensch. 150 Jahre Arbeitsschutzgeschichte(n) aus dem Rheinland und Westfalen

Arbeitsschutz in NRW. Im Mittelpunkt steht der … · die Geschichte der Menschen auf einem Maßband vor, dann machen 150 Jahre darauf wohl nur ein paar Zentimeter aus. Gleichwohl

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Arbeitsschutz in NRW. Im Mittelpunkt steht der Mensch.150 Jahre Arbeitsschutzgeschichte(n) aus dem Rheinland und Westfalen

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Herausgeber und Redaktion:

Landesanstalt für Arbeitsschutz

des Landes Nordrhein-Westfalen

Ulenbergstraße 127-131

40225 Düsseldorf

Telefon 0211 - 3101-0

Telefax 0211 - 3101-1189

E-Mail [email protected]

Internet www.lafa-duesseldorf.nrw.de

Bearbeiterinnen:

Frau Gaby Lopian, Düsseldorf

Frau Dipl.-Bibl. Gudrun Litz, Düsseldorf

Gestaltung:

Gunia Kommunikations-Management GmbH

Hückeswagen

Druck:

Busemeyer GmbH

Remscheid

Stand: Oktober 2003

Impressum

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Im Mittelpunkt steht der Mensch.

150 Jahre Arbeitsschutzgeschichte(n) aus dem

Rheinland und Westfalen

150 Jahre, das ist eine lange Zeit. Doch stellt man sich die Geschichte der Menschen auf einem Maßband vor, dann machen 150 Jahre darauf wohl nur ein paar Zentimeter aus. Gleichwohl sind das entschei-dende Zentimeter gemessen an den umwälzenden Verän-derungen der Lebens- und Arbeitswelt der Menschen in diesem Zeitraum. Aus der Agrargesellschaft entwickelte sich die Industriegesellschaft und diese wandelt(e) sich zur Dienstleistungs- und Wis-sensgesellschaft.

Eine mit entscheidende Rolle bei der Gestaltung der sich wandelnden Arbeitswelt spielt(e) die Arbeitsschutzver-waltung, die mit dem preußi-schen Regulativ von 1853, dem ersten deutschen (Kin-der-)Arbeitsschutzgesetz, als Fabrikinspektion ihren An-fang nimmt. Ein Jahr später

nehmen die ersten Fabrikin-spektoren – in Uniform und mit Pickelhaube – in Düssel-dorf, Aachen und Arnsberg ih-ren Dienst auf; sie sollen der unmenschlichen Kinderarbeit Einhalt gebieten.

Wie war das damals, zur „Ge-burtsstunde“ der Gewerbeauf-sicht? Aufschluss darüber ge-ben u.a. die Aufzeichnungen der ersten Fabrikinspektoren, die noch mit Tinte und Feder die Ergebnisse ihrer Be-triebsbesichtigungen notiert und neben den Arbeits- auch die Lebensverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter beschrieben haben.

Zum Ende des 19. Jahrhun-derts wird aus der Fabrikin-spektion die Gewerbeaufsicht und der Aufgabenbereich entwickelt sich vom Kinder-arbeitsschutz zum allgemei-nen sozialen Arbeitsschutz und der technischen Gewer-beaufsicht. Dabei ging es in erster Linie um den Schutz der Beschäftigten, aber auch

um den Schutz der Menschen in der Nachbarschaft von An-lagen und der Verbraucher im weitesten Sinne. Man denke an die Erfolge der nordrhein-westfälischen Gewerbeauf-sicht im Lärmschutz und bei der Luftreinhaltung in den 60-ziger und 70-ziger Jahren. Der „Blaue Himmel an der Ruhr“ ist nicht zuletzt auch ein Ver-dienst der Gewerbeaufsicht.

In den 150 Jahren hat sich das Gesicht der Gewerbeaufsicht mit den gesellschaftlichen, sozialen und technischen Entwicklungen verändert. Aus der Fabrikinspektion hat sich eine moderne Behörde entwickelt, die mit ihrem Konzept „Informieren, be-raten und überwachen“, den Gestaltungsauftrag vor die Überwachung stellt und sich als serviceorientierter Dienst-leister versteht.

Wenngleich die Gewerbeauf-sicht nach 150 Jahren eine positive Bilanz ziehen kann, bleibt keine Zeit, um sich auf

den Lorbeeren auszuruhen. Vielmehr gilt es die Her-ausforderungen der Zukunft anzupacken, die weltweit mit neuen Technologien und sich rasant verändernden Arbeits-bedingungen längst begonnen hat.

„Wandel gestalten – gesünder arbeiten“, lautet die Zielrich-tung der Arbeitsschutzverwal-tung NRW – doch trotz aller Veränderungen steht seit der Geburtsstunde der Gewer-beaufsicht 1853 unverändert der Mensch im Mittelpunkt der nordrhein-westfälischen Arbeitsschutzpolitik.

Dr. Helmut Deden

Vorsitzender des Länderausschusses für

Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik

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Von der Kinderarbeit zum Arbeitsschutz

Fabrikarbeit – Kein Kinderspiel

„Zwischen den Stühlen“ – Wirtschaftsliberalismus versus Kinderarbeitsschutz

Mit Pickelhaube und „spitzer Feder“ – die Fabrikinspektoren nehmen ihre Arbeit auf

„Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“?

„Eine wohlwollend kontrollierende, beratende und vermittelnde Tätigkeit“ – Arbeitsschutz im Dialog

„Berühmt, berüchtigt, segensreich“ – Gewerberat Dr. Ludwig Czimatis

„Erst nebeneinander, dann miteinander“ – Das duale System im Arbeitsschutz

Auf neuen Wegen

Vom Experiment zum Standard – Frauen in der Gewerbeaufsicht

„Vitaminspritze“ für den Arbeitsschutz – die Arbeitsmedizin

Auf nach Europa

Von der Unfallverhütung zum Arbeitsschutzmanagement

Wandel gestalten – gesünder arbeiten auch in Zukunft!

„Schöne neue Arbeitswelt“? – Herausforderungen für den Arbeitsschutz!

Inhalt

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43

47

48

4 5

Von der Kinderarbeit zum Arbeitsschutz

Kinderarbeiter in

einer Textilfabrik

Foto: Industriemuseum

Ratingen

6 7

Fabrikarbeit – Kein Kinderspiel

„Sofern die Maschinerie Muskelkraft

entbehrlich macht, wird sie zum Mit-

tel, Arbeiter ohne Muskelkraft oder

von unreifer Körperentwicklung, aber

größerer Geschmeidigkeit der Glieder

anzuwenden. Weiber- und Kinder-

arbeit war daher das erste Wort der

kapitalistischen Anwendung der Ma-

schinerie“. Karl Marx

In der Arbeiterliste von

Cromford aus dem Jahr 1797

sind drei Viertel der 226 dort

Beschäftigten Kinder. Ungefähr

gleich viele Mädchen und Jungen

im Alter von sechs bis sechzehn

Jahren. Besonders häufig

wurden Acht- bis Elfjährige

angestellt. 15 Prozent der

Beschäftigten waren Frauen.

10 Prozent Männer, allerdings

meist als hochqualifizierte

Facharbeiter und Aufseher.

Quelle: Rheinisches Industriemuseum,

Schauplatz Ratingen

Ratingen 1784. In der kleinen Stadt bei Düsseldorf markiert die erste Fab-rik auf dem europäischen Festland den Auftakt für die industrielle Produktion in Deutschland. Angetrieben durch ein Wasserrad spinnen mechanische Ma-schinen Baumwolle zu Garn.

Nicht nur die Erfindung und Betriebs-weise der mechanischen Spinnmaschine sowie den Namen seiner Fabrik „Crom-ford“ hat Johann Gottfried Brügelmann vom englischen Vorbild „abgekupfert“ – auch er setzt Kinder als Arbeitskräfte ein. Sie helfen beim Öffnen und Reinigen der Baumwolle, wechseln volle gegen leere Spulen, knoten gerissene Fäden wieder

an, reinigen Maschinen und kehren Ab-fall zusammen. Kinderfabrikarbeit im großen Stil nimmt im kleinen Ratingen ihren Anfang.

Mit den neuen Maschinen kann schneller, in höherer Stückzahl und kostengünstiger produziert werden: Da sie ohne hand-werkliches Können mit wenigen Hand-griffen zu bedienen sind und anstelle von Muskelkraft Fingerfertigkeit gefragt ist, setzen die Unternehmer massiv auf den Einsatz von Frauen und von Kindern. Als ungelernte und dem entsprechend billige Arbeitskräfte werden sie für die aufstrebende deutsche Industrie zum entscheidenden Produktionsfaktor im internationalen Wettbewerb, vor allem gegenüber der dominierenden Wirt-schaftsmacht England.

Die Water Frame

- Beginn der Industrialisierung

in Deutschland

6 7

Zum Spielen bleibt den Kin-derfabrikarbeitern keine Zeit. Da der Verdienst eines Arbeiters nicht ausreicht, um die Familie durchzubrin-gen, müssen Frauen und auch Kinder mitverdienen. Bereits Vier- bis Sechs-jährige arbeiten in den Fabriken. In den Baumwollspinnereien werden sie zum Kratzen und Spinnen der Baumwolle, in den Webereien zum Spulen, in den Na-

delfabriken zum Einschlagen der Faden-löcher, Sortieren, Sägen und Verpacken, in den Walzwerken zum Waschen und Schneiden der Erze eingesetzt.

Die Arbeitsbedingungen sind katastro-phal und ebenso die physischen und psychischen Folgen für die Kinder. Staub, Hitze, Krach, giftige Dämpfe, arbeiten im Takt der Maschinen – 11 bis teilweise 14 Stunden täglich, nicht selten auch nachts. Arbeitsschutz ist noch kein Thema.

Schaukelpferd

Foto: Industriemuseum

Ratingen

„Bleiche Gesichter,

matte und entzünde-

te Augen, geschwol-

lene Leiber, aufge-

dunsene Backen,

geschwollene Lippen

und Nasenflügel,

Drüsenschwellun-

gen am Halse, böse

Hautausschläge und

asthmatische Zustän-

de unterscheiden sie

in gesundheitlicher

Beziehung von an-

deren Kindern der-

selben Volksklasse,

welche nicht in Fabri-

ken arbeiten.“

Aus einem amtlichen

Bericht der preußischen

Regierung, 1824

8 9

“... da durch diese Anlage Höchstdero Stadt Ra-

tingen und das ganze Amt die größten Vorteile

ziehet, indem eine Menge armer Einwohner und

kleinerer Kinder von 6 bis 10 Jahren, welche

nur gar zu häufig dem Müßiggang und Betteln

nachgehen, ihren täglichen Unterhalt verdienen

und dadurch von Jugend an zur Arbeit und Fleiß

angehalten werden ....“

„Pädagogisch wertvoll...“. Kin-derarbeit ist kein Phänomen der Industri-alisierung, sie gab es in der Antike und gibt es noch heute, doch während der Industrialisierung erreicht die Kinderar-beit ein nie zuvor da gewesenes Ausmaß. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein gilt sie als probates Mittel, um Kinder früh-zeitig auf das Arbeitsleben vorzubereiten und zu nützlichen Mitgliedern der Ge-sellschaft zu machen. Fleiß, Ausdauer,

Ordnung, Pünktlichkeit, Geschicklich-keit... – Kinderarbeit erhält den Stempel „pädagogisch wertvoll“.

In den Waisenhäusern des 16. und 17. Jahrhunderts produzieren die Kinder nicht nur für den eigenen Bedarf, zum Teil werden sie auch an umliegende Manufakturen ausgeliehen. In den Ar-beitshäusern des 18. Jahrhunderts landen nicht nur Straffällige und Dirnen sondern auch verwahrloste und bettelnde Kinder, die so, in den Zeiten der aufkommenden Massenarmut, „von der Straße“ geholt werden sollten.

Auch Johann Gottfried Brügelmann unterstreicht den pädagogischen Nutzen der Kinderarbeit in seinem Antrag auf die Erteilung eines Privilegs für seine Baumwollspinnerei, das ihm auf 40 Jah-re das Recht verleihen sollte, auf bergi-schem Territorium eine mechanische Baumwollspinnerei zu betreiben.

Kurfürst Carl Theodor

räumt Brügelmann 1874

das gewünschte Privileg

ein, allerdings begrenzt

auf zwölf Jahre.

8 9

„Zwischen den Stühlen“ –

Wirtschaftsliberalismus versus

Kinderarbeitsschutz

Kinderarbeit in der Kritik. In den 20-er Jahren des 19. Jahrhunderts wer-den zunehmend Stimmen von Beamten, Politikern und Pädagogen laut, die Ein-schränkungen der Kinderarbeit fordern. Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg, der sich vor allem um die Volksschule verdient machte, gehört zu den ersten, die die schädlichen Folgen der Fabrikar-beit von Kindern öffentlich anprangern.

„Im Sommer um 5 oder 6 Uhr, im Winter um 6 oder 7 Uhr oder sobald es Tag ist, ruft die Glocke das Kind in die Fabrik. An den meisten Fabrikaten kann das Kind vom 8. oder 9. Jahre an gebraucht werden. Sobald es in dem Fa-brikhause angekommen ist, geht es an die Maschine und verrichtet sein Geschäft. Meist ist seine Arbeit einfach und leicht, immer eine und dieselbe, vom Morgen bis zum Mit-tage. Wo noch eine kleine Abwechslung stattfindet, da ist sie doch so unbedeutend, dass sie nach wenigen Tagen zum einförmigsten Mechanismus wird.

Nur am Anfang bedarf es zur genügenden Verrichtung seiner Geschäfte der Aufmerksamkeit; nach kurzer Zeit spinnt und spult, klopft und hämmert es maschinenmäßig fort, von Minute zu Minute, von Stunde zu Stunde, bis die Mittagsglocke die Arbeiter eine Stunde entlässt.

Das Kind eilt nach Hause, verzehrt sein mageres Mittags-brot, wandert um 1 Uhr wieder seinem Kerker zu, beginnt da und damit, wo es eine Stunde vorher aufhörte, und setzt seine Tätigkeit von Minute zu Minute und von Stunde zu Stunde, bis 7 oder 8 Uhr am Abend fort. (...)

Nachdem das Fabrikkind den ganzen bösen langen Tag den Faden gezogen hat, schleppt es die müden Glieder und den noch erschlaffteren Geist heim in die Hütte, sich sehnend nach Ruhe.

Dem glücklicheren Kinde winkt sie auf weichem Lager, das Fabrikkind hat am Feierabend, wo jeder Erwachsene, auch der fleißige Schlossermeister, seine Handwerksstube verlässt, noch nicht Feierabend. Es muß zur (Abend-) Schule.“

Diesterweg spricht damit

die Abendschulen an, die

mancherorts eigens für

die Kinderfabrikarbeiter

eingerichtet wurden.

Sein Artikel „Über den

Gebrauch von Kindern

zu Fabrikarbeitern“

erschien im März 1827

in der „Rheinisch-West-

fälischen Monatsschrift

für Erziehung und Volks-

unterricht“.

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Öffentliches Aufsehen erregt der Selbstmordversuch eines zwölfjähri-gen Mädchens, das sich in die Wupper stürzte, jedoch gerettet werden konnte. Der Leserbrief des Barmer Fabrikanten Johann Schuchard im „Rheinisch-West-phälischen Anzeiger“ am 29. März 1837, in dem er die Kinderarbeit anprangert, bringt Bewegung in die Kinderschutz-gesetzgebung.

Mit Blick auf die bildungs- und mili-tärpolitischen Folgen der Kinderarbeit sieht sich der preußische Staat schließ-lich zum Eingreifen gezwungen: Nicht nur, dass die preußische Schulpflicht zur Farce wird, weil Kinder statt zur Schule in die Fabrik gehen, auch die

„Die Verzweiflung trieb dieses arme Kind, frei-willig den Tod zu suchen. Furcht vor der zu er-wartenden Strafe im elterlichen Hause, weil ihr in der Fabrik für ihre Unachtsamkeit ein paar Groschen vom Lohn waren abgezogen worden. (...) Der Menschenfreund schaudert, wenn er in die Zukunft blickt, da sich ohne Zweifel auch in unserem Lande die großen massiven Gebäude vervielfältigen werden, worin eine Menge Kin-der von früh Morgen bis spät in die Nacht einge-sperrt werden, worin sie um ihre Jugendheit, um die zum Wachsthum unentbehrliche Luft, um Gottes liebe Sonne, ja um Alles gebracht wer-den, was den Kindern gedeihen und Frohsinn bewirkt, ...“

Das Los der

Kinderfabrikarbeiter: Keine

Chance auf Bildung

Quelle: Schulmuseum Dortmund

Wehrtüchtigkeit der jungen Männer aus den Fabrikgegenden lässt zu wünschen übrig, beklagt General Heinrich Wilhelm von Horn 1827 in einem Bericht an den König. Dieser fordert zwar Maßnahmen, um zu verhindern, dass „(...) in den Fab-rikgegenden künftige Generationen noch schwächer und verkrüppelter werden (...)“, aber diese lassen erst mal auf sich warten. Steht doch der Beschränkung der Kinderarbeit das Interesse der Industrie an billigen Arbeitskräften gegenüber und auf die wollen die Unternehmen nicht verzichten.

Zudem gilt es im Geiste des Liberalismus die Wirtschaft zu fördern und nicht durch beschränkende Verordnungen ins „freie Spiel der Kräfte“ einzugreifen – geht’s der Wirtschaft gut, freut sich der Staat

über Wachstum und Steuereinnahmen. Doch vermutlich ist den Befürwortern des 1839 verabschiedeten Regulativs „über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken“ bewusst gewe-sen, dass langfristig mit der Missachtung des Wohls der nachwachsenden Gene-ration zu Gunsten reinen Profitstrebens „kein Staat zu machen“ ist.

Das Regulativ von 1839 – das erste deut-sche (Kinder-)Arbeitsschutzgesetz – ver-bietet die Beschäftigung von Kindern unter neun Jahren. Kinder zwischen 9 und 15 Jahren dürfen nur maximal zehn Stunden arbeiten, Nachtarbeit zwischen 21.00 und 05.00 Uhr wird verboten.

Johannes Schuchards En-

gagement als Deputierter

des Provinziallandtages

ist mit ausschlaggebend

für den Gesetzesentwurf

zur Einschränkung der

Kinderarbeit, den der

rheinische Provinzialland-

tag 1837 dem König

vorlegt.

10 11

Papier ist geduldig. Das Regulativ zur Beschäftigung jugendlicher Arbeiter ist letztlich ein Kompromiss zwischen den widerstreitenden Interessen. In der Praxis erweisen sich dessen Bestimmun-gen als nahezu wirkungslos. Die Über-wachung durch die Ortspolizei, später unterstützt durch ehrenamtliche Lokal-kommissionen, in denen Bürgermeister, Pfarrer, Ärzte, Schulvorsteher und Fa-brikunternehmer vertreten sind, ist ein zweifelhaftes Mittel. Schließlich werden die Geschicke der Gemeinden maßgeb-lich von den dortigen Unternehmern be-stimmt und beeinflusst. Mit Blick auf die damit verbundenen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten werden Verstöße gegen das Regulativ zum Teil „wohlwollend“ übersehen oder als „Kavaliersdelikte“ geahndet.

Zum Teil richten die Unternehmer Fa-brikschulen ein, um die Kinder als Ar-beitskräfte zu erhalten. Das preußische Regulativ von 1839 fordert zwar einen mindestens dreijährigen Schulbesuch vor der Aufnahme von Fabrikarbeit, aber macht eine Ausnahme da, wo die Fabrikanten eine Schule einrichteten. In diesen Fabrikschulen gibt es meist kaum Lehrmaterial und die Lehrer sind meist unqualifiziert. Vor allem aber sind die Kinder von der Fabrikarbeit so erschöpft, dass sie kaum etwas von dem Unterrichtsstoff aufnehmen können.

Viele Fabrikanten, unter ihnen

auch Moritz Brügelmann (der

Sohn des Fabrikbegründers Brü-

gelmann), protestierten gegen

das Gesetz. Weil die Kinder mit

Erwachsenen zusammenarbeite-

ten, musste mitunter die gesamte

Produktion umgestellt werden.

Brügelmann entließ die 105 vom

Gesetz betroffenen Fabrikkinder,

die zum Teil das Einkommen

der Familien allein bestritten,

um Druck auf die Düsseldorfer

Regierung auszuüben. Diese ließ

sich jedoch nicht erweichen und

Brügelmann stellte wenige Mo-

nate später wieder 26 Jugendli-

che ein.

Ausschnitt aus dem

Regulativ von 1853

Die Fabrikinspektion soll’s rich-ten. Um das Regulativ nicht zur bloßen Makulatur werden zu lassen, schafft Preußen mit dem Ergänzungsgesetz vom 16. Mai 1853 die Fabrikinspektion, die den Weg für die staatliche Kontrolle be-reitet. Sie soll die Einhaltung der gesetz-lichen Bestimmungen zur Kinderarbeit – unabhängig von lokalen Einflussgrö-ßen – gewährleisten.

Allerdings ist die Einrichtung der Fab-rikinspektion freiwillig, es obliegt dem Ermessen der Bezirksregierungen, „(...) wo sich dazu ein Bedürfnis ergibt.“ Dieses Bedürfnis haben zunächst nur die Bezirksregierungen von Düsseldorf, Arnsberg und Aachen. Im Jahr 1854 neh-men hier die ersten drei Fabrikinspekto-ren ihre Arbeit auf.

Schauplatz Ratingen

Quelle: Rheinisches

Industriemuseum

12 13

Mit Pickelhaube und „spitzer

Feder“ – die Fabrikinspektoren

nehmen ihre Arbeit auf

Der „Polizeigeruch“ kommt nicht von ungefähr, stammen doch die meisten Fa-brikinspektoren aus der Anfangszeit bis in die 1870-er Jahre aus dem militärisch-polizeilichen Milieu. Es war üblich, dass langgediente Soldaten für ihre Verdienste um das Vaterland mit einer zivilen Stelle – zumeist in der Polizeibehörde – ver-sorgt wurden. Zudem, auch das verstärkt den „Polizeigeruch“, tragen die ersten Fabrikinspektoren bei ihren Revisionen ihre gewohnte Polizei-Uniform, um sich damit gegenüber den Fabrikanten einen gewissen Respekt zu verschaffen.

„Als im Mai 1854 (...) in einigen der westlichen Regie-

rungsbezirke Preußens „Fabrikinspektoren“ in die jun-

gen, schnell wachsenden industriellen Betriebe geschickt

wurden, um nach dem Rechten zu sehen, wurden sie kei-

neswegs überall herzlich willkommen geheißen. Die neue

Behörde roch eigentlich ein bisschen nach Polizei. Was

ging denn den Staat an, wie es in einer Kesselschmiede, in

einer Gießerei, in einem Spinnerei-Unternehmen aussah

– er mochte froh sein, dass Geschäfte in Schwung kamen

und der Steuerertrag stieg.“

Eine stattliche

Erscheinung

– Polizeikommissar

und Polizei-

Inspektor. Preußen

um 1850

Quelle: Max von Boehn,

Polizei und Mode, 1926

Die Aufgaben, die die Fabrikin-

spektoren zu bewältigen haben,

sind vielseitig und keineswegs

leicht, vor allem, wenn man

bedenkt, wie viele Fabriken der

Inspektor in seinem Aufsichtsbe-

zirk zu kontrollieren hatte. Die

Gewerbetabelle im Regierungs-

bezirk Düsseldorf von 1852 zählt

beispielsweise 3326 Fabriken

mit fast 10 000 Kindern unter 14

und rund 20 000 Jugendlichen

zwischen 14 und 16 Jahren. Bei

den vorgeschriebenen jährlich

drei Besuchen pro Fabrik ein

wohl kaum zu bewältigendes

Pensum für einen Fabrikinspek-

tor allein.

Theodor Heuss in seinem

Grußwort zum 100-jähri-

gen Bestehen der Gewer-

beaufsicht

12 13

„Hingebende Treue, Charakter-festigkeit und Geschäftskennt-nis“ fordert der damalige Handels-minister von der Heydt von den frisch eingesetzten Fabrikinspektoren. Dem zu entsprechen, ist für sie allerdings nicht leicht, angesichts der vielfältigen Wider-stände, mit denen sie zu kämpfen hatten.

Ihre Aufgaben sind in den sogenannten Instruktionen festgelegt. Danach haben sie „(...) die genaue und allseitige Beo-bachtung der über die Beschäftigung ju-gendlicher Arbeiter ergangenen gesetzli-chen und reglementären Bestimmungen zu kontrollieren, (...)“ also zu überwa-chen, ob Schutzalter, Arbeitszeit und Pausenregelungen eingehalten werden. Darüber hinaus sollen sie beispielsweise den Blick auf gesundheitliche und unfall-

Die ersten drei Fabrikinspektoren

technische Zustände im Betrieb richten, überprüfen, ob die jugendlichen Arbeiter regelmäßig zum Katechumenen- bzw. Konfirmanden-Unterricht aus der Arbeit entlassen werden, darauf hinwirken, dass Nachhilfe-Schulen für die jugendlichen Arbeiter eingerichtet werden und die weibliche Fabrikjugend in die Führung des Haushalts und in weibliche Beschäf-tigungen eingeführt werden.

Im Regierungsbezirk Düssel-dorf tritt Polizei-Inspek-tor Heinrich Adolph Junkermann (geb. 1803) als kommissarischer Fabrik-inspektor seinen Dienst an. Davor war Junkermann nach zehnjährigem Militärdienst von 1834-1850 Bürgermeister in Duisburg. Nachdem ihm die Königliche Regierung in Düsseldorf ein gutes Zeugnis für seine Arbeit als Fabrikin-spektor ausstellt, wird Jun-kermann am 30. April 1856 definitiv eingestellt. Im Alter von 69 Jahren wird er am 1. April 1873 pensioniert.

In Aachen wird Polizeirat von Zirnow (geb. 1801) kommissarisch eingesetzt. 27-jährig war er als Leutnant und Halbinvalide aus dem Militärdienst verabschiedet worden. Aus einer Festan-stellung als Fabrikinspektor wird allerdings nichts. Wegen Unfähigkeit (ihm wird Lang-samkeit, übergroße Nachsicht und fehlende Intelligenz nachgesagt) wird von Zirnow am 27. Dezember 1857 seines Amtes enthoben.

F. W. Mannstaedt, ehe-maliger Leiter der Provinzial-Gewerbeschule zu Hagen, wird – ebenfalls kommissa-risch – zum Inspektor für den Bezirk Arnsberg ernannt. Im Gegensatz zu seinen Kollegen in Düsseldorf und Aachen, die aus dem Polizeidienst rekrutiert worden waren, kann er eine akademische und bautechnische Ausbildung vorweisen. Der Artillerieoffi-zier hatte Mathematik und all-gemeine Wirtschaft studiert, darüber hinaus eine Prüfung als Maurermeister bestanden und war als Baumeister bei

der Köln-Mindener Eisenbahn beschäftigt gewesen. Mann-staedt, langjährig gesundheit-lich angeschlagen, verstirbt 1860. Die Bezirksregierung ist der Ansicht, dass bestehen-de Behörden wie Regierung, Landräte, Ortsbehörden und Polizei in der Lage sind, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wirksam zu überwachen. Die Stelle bleibt unbesetzt bis 1872 Gustav Nitschke eingestellt wird.

14 15

Katz und Maus... Die Fabrikbesit-zer müssen dem Inspektor zwar jeder-zeit, auch nachts, Zutritt gewähren, aber sie zeigen sich sehr erfinderisch, wenn es darum geht, dieses Ansinnen zu ver-eiteln. Nach Bekunden von Polizeikom-missar Piper (Nachfolger von Zirnows in Aachen) scheinen die Unternehmer wenig geneigt, mit der Befolgung des Gesetzes Ernst zu machen.

Ähnliche Erfahrungen machen auch sei-ne Kollegen. Sie berichten, dass Kinder auf dem Speicher oder in Toilettenräu-men versteckt werden, wenn die Unter-nehmen von ihrem anstehenden Besuch „Wind bekommen“. Teilweise lassen die Fabrikbesitzer die Kinder einfach weglaufen.

Da ist es für die Inspektoren schwer, „wahrheitsgemäße“ Zustände über die Arbeitsverhältnisse der Kinder und Ju-gendlichen in den Fabriken festzustellen. So beklagt Junkermann in seinem Jah-resbericht von 1866 die Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Arbeitszeitübertre-tungen: „Die Ermittlung solcher Übertretungen ist für

mich sehr schwer, da die Kinder so geschult

sind, dass aus ihnen schwierig die Wahrheit

ermittelt werden kann (...)“.

Auch Alter und Namen der Fabrikkinder in den Arbeitsbüchern sind oft erfunden oder gefälscht.

„Es ist vorgekommen, dass für Kinder, die

das 12. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt

haben und daher gesetzlich von der Beschäf-

tigung in den Fabriken ausgeschlossen sind,

Arbeitsbücher angefertigt worden sind...“.

Junkermann im Jahresbericht 1876

Zudem ist die Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden nicht immer ganz unproblematisch. Diese sind zwar ver-pflichtet, den Fabrikinspektoren Ver-zeichnisse der Firmen, der jugendlichen Arbeiter, Arbeitsbücher etc. vorzulegen, aber die Listen sind oft nicht vollständig. Darüber hinaus nutzen die Unternehmen die Möglichkeit, durch bestehende Ge-setzeslücken zu schlüpfen. Der Begriff „Fabrik“ ist zunächst nicht eindeutig definiert:

„In einigen Fällen war das hiesige Landge-

richt darüber im Zweifel, was eine Fabrik sei

und was nicht (...)“,

notiert Bielinski (Düsseldorf) noch 1882 in seinem Jahresbericht, und so können sich Unternehmer damit herausreden, dass ihr Betrieb im Sinne des Gesetzes gar keine Fabrik sei und deswegen die gesetzlichen Bestimmungen auf sie nicht zuträfen. Nicht zuletzt lassen die Unternehmer, gestützt auf ihre wirt-schaftliche und soziale Stellung, ihren Einfluss in den Gemeindeverwaltungen spielen. Entsprechend registrieren die Fabrikinspektoren mit mehr oder minder „spitzer Feder“ die Gesetzesverstöße der Unternehmer, zumal sie gehalten sind, die Einhaltung der Bestimmungen „(...) durch persönliche und mündliche Ein-wirkung zu erwirken (...)“.

„Es gab sich dagegen im allge-

meinen ein Unwillen kund. Da

Revisionen oft wiederholt und

dabei Übertretungen entdeckt

wurden, so zeigten sich die Fa-

brikanten um so mehr gereizt,

als es gelang, ihre Vorkehrungen

zur Signalisierung der Ankunft

des Revisionsbeamten durch ei-

gens angebrachte Schellenzüge,

aufgestellte Posten u. dergl. zu

entdecken und ihnen auszuwei-

chen. Aus einer Fabrik wurden,

weil das Zeichen der Schelle ver-

hindert worden war, sämtliche

Arbeiter bei meinem Erscheinen

zum Nachhausegehen entlassen,

um die Revision zu vereiteln. In

anderen Fällen waren die Por-

tiers angewiesen, niemanden,

auch nicht den Fabrikinspektor,

in die Fabrik zu lassen, bevor

derselbe dem Chef angemeldet

worden war. Ich wurde auch

wohl mit beleidigenden Äuße-

rungen und Spitzfindigkeiten

empfangen, die jedoch mit ruhi-

gem Verhalten und Schweigen

entgegnet wurden.“

Piper im Jahresbericht 1858

14 15

Revisionen ja, aber bitte recht freundlich, lautet die Ansage, schließ-lich wollen es sich die Bezirksregierun-gen nicht mit der Industrie verderben. So steckt Junkermann 1855 z.B. einen Tadel der Düsseldorfer Regierung ein, nach-dem sich ein Bürgermeister über sein „energisches Auftreten“ bei Fabrikre-visionen beschwert hat. Steinkopf, der Nachfolger Junkermanns in Düsseldorf, wird 1887 vom Regierungspräsidenten gerügt, weil er gegen einen Unterneh-mer einen Strafantrag gestellt hat. Der Fabrikinspektor soll nicht schon wegen zwei Vergehen einen Strafantrag stellen, heißt es.

Auffallend wenig Übertretungen notiert Fabrikinspektor Mannstaedt, zuständig für 350 Fabriken mit 2800 jugendlichen Arbeitern im Bezirk Arnsberg. Er meldet von 1855 bis 1858 nur zwischen 13 und 31 Verstöße gegen die Arbeitsschutz-bestimmungen. Im Bezirk Arnsberg waren die Unternehmer vermutlich nicht gesetzestreuer, wie eine Bemerkung der Bezirksregierung nahe legt, nach der „(...) die sporadischen Revisionen des Fabrikinspektors nur selten die Fabriken überraschten, vielmehr erfahrungsgemäß die Nachricht seiner bevorstehenden An-kunft so frühzeitig in der zu revidieren-den Fabrik eintraf, dass noch Zeit genug vorhanden war, alles in legalen Zustand zu versetzen.“

Ausschnitt aus dem

Revisionsbericht

Mannstaedts

„ (...) über den

gesetzlichen Zustand

der Papierfabrik zu

Delstern des Herrn

F. Vorster, Hagen,

16. Nov. 1854.“

16 17

Der erste

„ge-

druckte“

Jahres-

bericht

1875

Revision „im Vertrauen“. Der Revisionsbericht von Mannstaedt über seinen Besuch in einer Hagener Papier-fabrik macht deutlich, dass ihm an einem kooperativen und positiven Verhältnis zum Unternehmer gelegen ist, er aber wachsam bleibt. Nach den Angaben des Unternehmers sollen hier nur vier jugendliche Arbeiter beschäftigt sein. Mannstaedt schreibt in seinem Bericht:

„Bei früheren Besuchen dieser Fabrik glaub-

te ich aber mehrere jugendliche Arbeiter

bemerkt zu haben, und äußerte deshalb

mein Befremden über diese geringe Anzahl.

Herr Vorster erklärte mir dies dadurch, dass

wohl hin und wieder Arbeiten vorkämen,

zu welchen er eine größere Anzahl Kinder

gebrauche; aber dies sei nur selten der Fall,

und seien die Kinder keine Fabrik-Arbeiter.

Bis jetzt habe ich keine Ursache, an dieser

Aussage zu zweifeln, doch hielte ich es für

nöthig, den Herrn Bürgermeister auf diesen

Punkt schriftlich aufmerksam zu machen.

Spätere Besuche und weitere Nachforschun-

gen werden hoffentlich die Angaben des

Fabrikherrn bestätigen.“

Über ihre Tätigkeiten und die Ergebnisse der Revisionen müssen die Fabrikin-spektoren den Bezirksregierungen in Jahresberichten Rechenschaft ablegen. Neben den Beschreibungen der Ar-beitsverhältnisse, Unfallgefahren bzw. Schutzmaßnahmen und Missstände geben die Jahresberichte auch Auskunft über „Wirtschaftliche und sittliche Zu-stände der Arbeiterbevölkerung“, und damit Einblick in die sozialpolitischen Verhältnisse.

Gewerberat Osthues (Arnsberg) notiert im Jahresbericht 1890 zum Alkoholmiss-brauch unter den Arbeitern:

„Zur Verminderung des Branntweingenus-

ses wird vielfach billiges Bier (0,25l zu 5Pf.)

verschenkt. Andere Betriebsunternehmer

geben zu bestimmten Tageszeiten Freibier,

stellen den Arbeitern säuernde Essenzen

für das Trinkwasser zur Verfügung, liefern

billigen Sauerbrunnen oder Kaffee unter

Einkaufspreis, kochendes Wasser zur Kaffee-

aufbereitung wird in allen größeren Fabriken

zu jeder Tageszeit und selbstverständlich

umsonst geliefert. All diese Mittel dürfen als

wirksam zur Bekämpfung des Branntwein-

genusses bezeichnet werden.“

Unter dem Punkt „Verschiedenes“ be-dauert Gewerberat Theobald für den Aufsichtsbezirk Düsseldorf:

„Die Einrichtung von Arbeiterausschüssen

hat im Berichtsjahr leider keine Fortschritte

gemacht (...). Selbst da, wo die Verhältnisse

zwischen Arbeitgebern und Arbeitern gut

sind, fürchtet man vielfach von der Einrich-

tung einer Vermittlungsinstanz störende

Einflüsse und vergisst dabei, dass auch das

beste Einvernehmen eine Trübung erfahren

kann, dass eine in friedlichen Zeiten ge-

schaffene und bewährte Arbeitervertretung

das beste Mittel bietet, um entstehende

Zerwürfnisse rechtzeitig zu erkennen und zu

beseitigen.“

Jahresbericht von 1890

16 17

Mit der Dienstanweisung von 1892 standen die

Gewerbeaufsichtsbeamten sozusagen „unter

Dampf“. Ihnen war die amtliche Prüfung der

Dampfkessel übertragen worden, die einen

großen Teil ihrer Tätigkeit ausmachte. Von 1900

an war das allein Sache der Dampfkesselüber-

wachungsvereine.

Foto: Deutsche Arbeitsschutzausstellung (DASA),

Dortmund

„Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“?

18 19

„Eine wohlwollend kontrollierende,

beratende und vermittelnde

Tätigkeit“ – Arbeitsschutz im Dialog

Sind die Fabrikinspektoren zunächst nur auf den Kinder- und Jugendschutz beschränkt, so weitet sich ihr Zustän-digkeitsbereich in den 1870-er Jahren stetig aus.

Mit der Gewerbeordnung von 1869 werden die Unternehmer erstmalig zum Gefahrenschutz verpflichtet, doch die zuständigen Polizeibehörden sind, auch beim besten Willen, damit überfordert, zu beurteilen, ob der Fabrikant die ge-forderten Vorkehrungen zum Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeiter auch in die Praxis umsetzt. Ihnen fehlt schlicht weg die Sachkenntnis. In der Folge werden die Stimmen lauter, die eine technisch versierte Aufsicht in Gestalt der Fabrikinspektoren fordern. Die Ar-beiterschutznovelle von 1878 überträgt

die Aufsicht über den Gefahrenschutz auf die Fabrikinspektoren, die Fabrikins-pektion wird obligatorisch in allen deut-schen Bundesstaaten eingeführt. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hat sich der Aufgabenbereich der Inspektoren vom Kinderschutz zum allgemeinen sozia-len Arbeitsschutz und dem technischen Gefahrenschutz entwickelt. Aus der Fabrikinspektion wird schließlich mit der Arbeiterschutznovelle von 1891 die Gewerbeinspektion, nunmehr zuständig für alle gewerblichen Unternehmen.

Fabrikinspektor mit neuem Image. Mit dem Ausbau und der Pro-fessionalisierung der Fabrikinspektion ist allerdings ein neuer Typ des Inspek-tors gefragt. Technisch, juristisch und volkswirtschaftlich geschult soll er dem Fabrikanten als kompetenter und sach-verständiger Experte gegenübertreten. Zunehmend werden akademisch gebil-dete Inspektoren eingestellt, die Aus-bildungsordnung von 1897 schließlich macht ein dreijähriges technisches und ein eineinhalbjähriges rechts- und staats-wissenschaftliches Studium erforderlich. Mit derart qualifiziertem Personal sollen Stellenwert und Wirksamkeit der Fab-rikinspektion aufgewertet bzw. erhöht werden.

Beratung statt Sanktion. Über die fachliche Kompetenz hinaus hebt die Dienstanweisung von 1879 die Vermitt-lung „(...) zwischen den Interessen der Gewerbeunternehmer einerseits (und) der Arbeiter und des Publikums ande-rerseits (...)“ hervor: „Dabei sollen Sie ihre Aufgabe vornehmlich darin suchen, durch eine wohlwollende kontrolirende, berathende und vermittelnde Thätigkeit nicht nur den Arbeitern die Wohlthaten des Gesetzes zu sichern, sondern auch die Arbeitgeber in der Erfüllung der Anforderungen, welche das Gesetz an die Einrichtung und den Betrieb ihrer Anlagen stellt, tatvoll zu unterstützen,

„Die Durchführung

eines wirksamen

Schutzes gegen Un-

fälle und Krankheits-

gefahren in Fabriken

erfordert eingehende

Kenntnisse in der

mechanischen und

chemischen Techno-

logie und Bekannt-

schaft mit denjeni-

gen Maßnahmen,

welche zum Schutze

gegen schädigende

Einwirkungen der

Fabrikationsprozesse

angewendet werden

können.“

Handelsminister

Achenbach 1877

18 19

„Respektvolles

Auftreten“

Um den Fabrikinspektoren

den „Polizeigeruch“

zu nehmen, heißt es

„Uniform ade“. Dazu

aus einem Schreiben des

Ministeriums des Inneren

vom 10.10.1873 an die

Königliche Regierung in

Aachen:

zwischen den Interessen der Gewerbe-unternehmer einerseits, der Arbeiter und des Publikums andererseits auf Grund ihrer technischen Kenntnisse und amt-lichen Erfahrungen in billiger Weise zu vermitteln und sowohl den Arbeitgebern als den Arbeitern gegenüber eine Ver-trauensstellung zu gewinnen, welche Sie in den Stand setzt, zur Erhaltung und Anbahnung guter Beziehungen zwischen beiden mitzuwirken.“

Und diese guten Beziehungen sollen nicht durch Zwangsmaßnahmen der Be-amten getrübt werden. Dementsprechend sollen sie von ihrem Recht, Strafmandate zu erlassen, möglichst keinen Gebrauch machen.

Die Herausforderung, zwischen wirt-schaftlichen Interessen und menschen-gerechter Gestaltung der Arbeitswelt zu vermitteln, durchzieht als roter Faden die 150-jährige Geschichte des Arbeits-schutzes. Dabei findet sich das in der Dienstanweisung von 1879 formulierte Rollenverständnis „kontroliren, berathen und vermitteln“ im Selbstverständnis der heutigen Arbeitsschutzverwaltung wieder: Das Konzept für einen zukunfts-orientierten Arbeitsschutz in NRW von 2001 beschreibt die Aufgaben der Ar-beitsschutzverwaltung mit den Worten „informieren, beraten und überwachen“ – die Information und Beratung der Un-ternehmen hat Vorrang vor dem klassi-schen Überwachungsauftrag, der Dialog aller Beteiligten gilt als Voraussetzung für einen effektiven Arbeitsschutz.

“(...) weil dadurch die polizeiliche Seite

seiner Stellung mehr als erwünscht in den

Vordergrund treten würde, während wir

Gewicht darauf legen müssen, dass die

Fabrik-Inspektoren mehr und mehr zu der

Stellung einer Vertrauensperson gelangen,

deren Weisungen und Ratschläge von

Arbeitgebern und Arbeitnehmern auch ohne

polizeilichen Zwang gern befolgt werden.“

20 21

Allerdings wird den Fabrikinspektoren zugebilligt, bei „(...) ihren Revisionen besonders bei nächtlichen, eine Dienst-mütze zu tragen. Mit Bezug hierauf bestimmen wir andurch, dass Sie sich eventl. derjenigen Mütze zu bedienen haben würden, welche die Polizei-Kom-missare tragen.“.Schreiben der Königlichen Regierung, Abt. des Inneren,

Aachen 11. Mai 1874

Davon will Bielinski jedoch keinen Ge-brauch machen: „(...) da ich die gegrün-dete Ursache zu der Befürchtung gebe, daß das Tragen einer solchen Mütze beim Civil-Anzug mehr zur Belustigung der Dorfjugend, als dem dienstlichen In-teresse dienen dürfte.“ Bielinski in seinem Jahresbericht 1874

Der Schriftwechsel Bielinskis zeigt, wie sehr vor allem die ersten Fabrikinspek-toren mit ihrer Rolle zu kämpfen haben. Zudem fühlen sich die „Nicht-Akademi-ker“ gegenüber ihren studierten Kolle-gen benachteiligt, weil sie – in unterge-ordneter Stellung – deren Weisungen zu folgen haben und ihnen nur die fachliche Kompetenz im Kinderschutz zugespro-chen wird.

Doch auch die akademisch ausgebil-deten Gewerbeinspektoren, die den Fabrikbesitzern mit einem anderen Selbstbewusstsein gegenübertreten kön-nen, sind um ihr Image bemüht. So legt Dr. Wolff, der Nachfolger Junkermanns in Düsseldorf, Wert auf eine Legitima-tionskarte, ein Dienstsiegel, amtliches Briefpapier und einen Schreibsekretär. Vor allem, dass er nicht bloß als „(...) nicht technisch gebildeter Polizei-Be-amter (...)“ angesehen wird, ist Wolff wichtig: „Ohne Legitimationskarte ist die Einwirkung auf die Industriellen (...) sehr erschwert.“

Um ihr Ansehen müssen die Gewerbe-aufsichtsbeamten – trotz erfolgreicher Arbeit – auch in späteren Jahren noch kämpfen. Ihre Revisionsbesuche werden von den Unternehmen nicht unbedingt mit großer Freude gesehen, das Bild von der Gewerbeaufsicht ist eng verknüpft mit einer Bürokratie, die immer neue Ar-beitsschutzvorschriften ins Spiel bringt, die es zu beachten gilt und wenn nicht...

„Kleider machen Leute“ – und vor allem eine Uniform macht Eindruck und demonstriert Autorität – zumindest emp-finden einige der Fabrikinspektoren der ersten Stunde das Tragen einer Uniform als wichtiges Attribut für ihren Auftritt als Teil der „Staatsgewalt“. Revisions-besuche „in Zivil“ machen zu müssen, bereitet dem Aachener Inspektor Gustav Bielinski offenbar Unbehagen, denn er bittet darum, auch weiterhin seine ge-wohnte Polizeiuniform tragen zu dürfen. Ohne Erfolg.

20 21

„Lohnt sich Arbeitsschutz“ – was kommt als Gegenleistung zu Investitionen als Vorteil für die Unternehmen dabei raus? Die Diskussion darüber, ob Arbeits-schutz und Wirtschaftlichkeit (k)einen Widerspruch bedeuten, begleitet die 150-jährige Arbeitsschutzgeschichte.

Vor allem in angespannten Wirtschaftssi-tuationen stehen die Unternehmen neuen Anforderungen und neuen Auflagen im Arbeitsschutz skeptisch gegenüber, ver-bunden mit Befürchtungen über Mehr-aufwand und -kosten.

Die Zeiten ändern sich. Der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft ist nicht spurlos an der Gewerbeaufsicht vorbeigegangen. Als dienstleistungs-orientierte Behörde setzt die Arbeits-schutzverwaltung NRW heute darauf, die Eigenverantwortung der Unterneh-mer durch Information und Beratung zu stärken. Aber auch viele Unternehmen denken inzwischen um und setzen auf den betrieblichen Arbeitsschutz als Investition in die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten, um damit langfristig die Produktivität ihres Betriebes zu steigern.

NRW-Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau über die Erfolge der Gewerbeaufsicht in Nordrhein-West-falen beim Lärmschutz und bei der Luft-reinhaltung in den 60-ziger und 70-ziger Jahren:

„Natürlich ging es dabei immer

in erster Linie um den Schutz von

Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-

mern. Aber auch die Nachbarschaft

von Anlagen und die Verbraucher im

weitesten Sinne werden gleichzeitig

geschützt“.

Der „Blaue Himmel an der Ruhr“ sei nicht zuletzt auch Verdienst der Gewer-beaufsicht!

Manfred Reindl, Arbeitsdirektor vom RWE Net Dortmund, sieht das ganz pragmatisch: „Der Präventionscharakter führt ja auch Gott sei Dank mittlerweile dazu, dass die Unternehmen den Schwung kriegen in die richtige Richtung; dass man sagt, Arbeitsschutz ist ein Wirtschaftsfaktor. Für unser Unternehmen heißt das zum Beispiel, 1 Prozent Gesundheitsquote er-höhen, spart 7 Millionen Euro pro Jahr“.

Manfred Reindl in der Podiumsdiskussion zum 150-

jährigen Bestehen der Gewerbeaufsicht auf der Jubilä-

umsfeier des Vereins der Deutschen Gewerbeaufsichts-

beamten (VDGAB) in der Deutschen Arbeitsschutzaus-

stellung (DASA), Dortmund, im Mai 2003

Aus der Rede des Ministers zum 150-jährigen Beste-

hen der Gewerbeaufsicht auf der Jubiläumsfeier des

Vereins der Deutschen Gewerbeaufsichtsbeamten

(VDGAB) in der Deutschen Arbeitsschutzausstellung

(DASA), Dortmund, im Mai 2003

22 23

Als Czimatis 1899 als Leiter der könig-lichen Gewerbeinspektion in Solingen seine Arbeit aufnimmt, steht er vor der Aufgabe, der Schleiferei-Verordnung vom 30. Juni 1898 in den Betrieben Gel-tung zu verschaffen.

Die Arbeitsbedingungen der Schleifer sind katastrophal: In den Schleifkotten, in engen, meist niedrigen, schlecht be-lüfteten, staubbewölkten Räumen arbei-ten diese zumeist in gebückter Haltung und schleifen Schwerter, Tafelmesser und Scheren, die den „glänzenden Ruf“ der „Klingenstadt“ begründen. Das Leben der Schleifer indes ist glanzlos

Schleiferwerkstatt

in Solingen

Foto: Stadtarchiv

Solingen

Foto:

Stadtarchiv

Solingen

Gewerberat Dr. Ludwig Czimatis

Geboren am 26. Januar 1861 auf Schloss Wittgen-

stein bei Laasphe (Westfalen). Nach dem Studium an

der Technischen Hochschule in Aachen promoviert

er an der Universität Tübingen. 1882 geht Czimatis

in die Industrie, als Betriebsleiter in Oberhausen.

1891 tritt er in die preußische Gewerbeaufsicht ein,

zunächst in Oppeln, dann in Kattowitz und schließlich

übernimmt er 1899 die Leitung der Gewerbeinspek-

tion in Solingen. Hier ist er außerdem Vorsitzender

des Gewerbegerichts und wirkt u.a. als Vermittler in

Arbeitsstreitigkeiten. Zum Regierungs- und Gewerberat

und kurz, die meisten sterben weit vor dem 50. Lebensjahr an der sogenannten Schleiferkrankheit, der Silikose (Stein-staublunge). Nach Statistiken aus den Jahren 1850 bis 1875 starben damals 31% der Schleifer im Alter von 20 bis 30 Jahren, 23% im Alter von 31 bis 40 Jahren und 11,9 % im Alter von 41 bis 50 Jahren.

Engagiert und beharrlich setzt sich Czimatis für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein und gegen die „bergische Dickköpfigkeit“ durch. Die Unternehmer sind nur schwer davon zu überzeugen, für die laut Schleifereiver-

„Berühmt, berüchtigt, segensreich“

– Gewerberat Dr. Ludwig Czimatis

ordnung u.a. vorgeschriebenen Schutz- und Staubabsaugeinrichtungen sowie Belüftungsmöglichkeiten zu sorgen. Doch nicht nur auf Seiten der Arbeitge-ber muss Czimatis Überzeugungsarbeit leisten, auch vielen Schleifern ist ihre Gesundheit oft gleichgültig, sie haben sich damit abgefunden, dass sie „schick-salhaft“ an der Schleiferkrankheit ster-ben würden.

Unermüdlich setzt sich Czimatis mit Ar-beitgebern und Arbeitnehmern auseinan-der. Mit Erfolg: bei seinem Weggang aus Solingen 1908 sind die Krankheits- und Sterbefälle in der „Klingenstadt“ deut-lich rückläufig.

22 23

Es braust ein Ruf wie Donnerhall:

Czimatis kommt! Ihr kennt ihn all!

Schnell in die Schleiferei und seht

Ob auch der Ventilator geht!

Der Waschraum ist wohl gut genug

Tip Top klappt jedes Arbeitsbuch;

Rechts steht und links ein stilles Oertelein –

Da sollt er heute doch zufrieden sein.

Czimatis kommt – und steht perplex:

Sonnabend ist’s – es geht auf sechs –

Und doch noch alle Mädchen hier,

Das ist wohl bergische Manier?

Zu Hause soll noch viel gescheh’n

Auch wollen sie in’s Küwen geh’n –

Es muß doch Sonntags jedes Mägdelein

für alle Fälle peinlich sauber sein.

Bald ist der Luftraum etwas knapp

Gleich setzt es einen Rüffel ab. –

Er schimpft, daß dieses scheußlich sei

Und And’res einfach Bummelei.

Da hätt’ ihn mancher Fabrikant

Am liebsten sonstwohin gesandt;

Denn stets und ständig ging’s an’s Portemonnai

Und das kann keiner leiden – das tut weh.

„Es braust ein Ruf wie Donnerhall“...

Gedicht eines Lokalpoeten zu Ehren Czimatis: „Herrn Gewerberat Dr. Czimatis

gewidmet zum Abschied aus Solingen am 25. März 1908“

Doch bald schon ward man seiner froh

Man merkte, es ist besser so. –

Nun ist der „Saustall“ ein Salon,

In reinstem Weiß glänzt der Plafond, –

Nun wird in immer kürz’rer Frist

Gekälkt was nur zu kälken ist.

Was Er nur wollte – nicht weil wir’s gemußt –

Wir taten’s gern, mit Liebe und mit Lust.

Die Jugend danket ihm den Schlaf;

Und nach dem „Bäckerparagraph“:

„Im dunkeln Keller knudle nicht“

Dankt ihm der Meister Luft und Licht.

Für Alt und Jung – für Groß und Klein –

Für alles Gute trat er ein.

Was er auch immer nur geschaffen hat,

Er hat gefördert stets das Wohl der Stadt.

Neun Jahre hat er hier geweilt

Und alle, die gedonnerkeilt,

Sind jetzt des höchsten Lobes voll

Und bringen ihm des Dankes Zoll.

Wir rufen, wo er Abschied nimmt

Und eine Staffel höher klimmt:

Hoch leb’ Er, hoch, der viel für uns getan

Und wünschen Glück und Segen seiner Bahn.

Das Czimatis-

Denkmal in

Solingen – zwei

ineinandergreifende

Schleifsteine

„on wenn der Czimatis nit

gewesen wör, wör ech nu alt

lang dut!“

Ein alter Solinger Schleifer bei der Einweihung des

Czimatis-Denkmals

ernannt, geht er 1908 nach Breslau. 1921 wird er

nach Berlin berufen, 1923 als Oberregierungs- und

-gewerberat nach Düsseldorf. Czimatis ist „berühmt,

berüchtigt“ für seinen Einsatz gegen die oft unhaltba-

ren unhygienischen und gefährlichen Zustände in den

Solinger Schleifkotten und Fabriken, was ihm auch den

Beinamen „Der Doktor mit den vier Augen“ einbringt.

In der Nachbarstadt Remscheid wirkt er ebenfalls er-

folgreich gegen die Bleigefahren in der Feilenindustrie.

Am 31. März 1927 tritt Czimatis in den Ruhestand,

1942 stirbt er in Düsseldorf.

Gewerberat Dr. Ludwig Czimatis hat in Solingen noch

heute sichtbare Spuren hinterlassen. Die Stadt setzte

ihm für seine Verdienste ein Denkmal. Bei der Einwei-

hung am 1. Juli 1961 würdigte Solingens Oberbürger-

meister Voos ihn als einen Mann, der es verstanden

habe, die Belange von Industrie und Arbeitnehmern in

gerechter Weise aufeinander abzustimmen.

24 25

Die schlechten Lebens- und Arbeits-bedingungen bringen Arbeiterschaft und Sozialdemokraten zunehmend in Aufruhr. Bismarck sieht sich vor das Problem gestellt, die Arbeiter, die selbst vor Streiks nicht mehr zurückschrecken, zu besänftigen und die „sozialdemokra-tischen Umtriebe“ zu beenden. Über soziale Verbesserungen für die Arbeiter hofft er, den Genossen den Nährboden für politischen Einfluss zu entziehen und die Arbeiter wieder auf „staatstreue Linie“ zu bringen.

Darüber hinaus ist Bismarck wenig begeistert von dem Entwurf für ein Arbeiterschutzgesetz, das Preußen 1876 auf den Tisch legt. Danach sollen der Ju-gendarbeitsschutz ausgebaut, erstmalig Schutzbestimmungen für die Frauenar-

beit eingeführt sowie der Gefahrenschutz auf alle gewerblichen Anlagen ausgewei-tet und der Aufsicht der Fabrikinspektion unterstellt werden.

Und dazu soll die Fabrikinspektion auch noch obligatorisch und nicht mehr nach „Bedürfnis der Bezirksregierungen“ eingeführt werden. Der Vorstoß Preu-ßens, die Fabrikinspektion auszubauen und aufzuwerten, trifft jedoch auch auf heftigen Widerstand seitens der Indus-trie. Vor allem die Überwachung des Gefahrenschutzes durch die staatlichen Aufsichtsbeamten ist den Kritikern ein Dorn im Auge.

Die Unternehmer fürchten, durch die Anordnungen der Fabrikinspektoren ge-gängelt und in ihren unternehmerischen

Freiheiten beschnitten zu werden. In Bismarck finden sie einen Verbündeten. Er setzt auf die Versicherung der Arbei-ter gegen Unfall und Invalidität und als Gegengewicht zur Arbeitsschutzaufsicht auf eine selbstverwaltete Organisation der Unternehmer zur Unfallbekämpfung: Wozu noch eine staatliche Aufsicht, wenn Berufsgenossenschaften geeignete Unfallverhütungsmaßnahmen auf den Weg bringen und dadurch die Anzahl und Schwere der Unfälle vermindern können? Das von Preußen anvisierte Ar-beiterschutzgesetz kann Bismarck zwar noch vereiteln, aber seine Rechnung, mit den Berufsgenossenschaften die staatliche Aufsicht auszuschalten, ging ebenso wenig auf, wie die erhoffte Wir-kung, den Sozialdemokraten das Wasser abzugraben.

Mit der Gewerbeaufsicht als staatlicher Aufsichtsbehörde einerseits und den Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ande-rerseits wird in Deutschland das Zwei- Säulen-Modell bzw. das duale System im Arbeits- und Gesundheitsschutz begründet.

Heute ist jeder Betrieb im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung Mit-glied eines Unfallversicherungsträgers. Im gewerblichen und landwirtschaftli-chen Bereich sind das die Berufsgenos-senschaften, im öffentlichen Bereich in NRW sind die Gemeindeunfallversiche-rungsverbände und die Landesunfallkas-se zuständig.

Erst nebeneinander, dann miteinander

– Das duale System im Arbeitsschutz

Den Preis für den industriellen Fortschritt und „satte Unternehmer-

gewinne“ zahlt die Arbeiterschaft: Knochenarbeit für Dumpinglöhne

verbunden mit großen Unfallgefahren und ohne soziale Absicherung;

bei Krankheit, Unfall oder Tod steht die Existenz der Familie auf

dem Spiel. Zwar gibt es seit 1871 ein Unfallhaftpflichtgesetz, aber

entschädigt werden verunglückte Arbeiter nur dann, wenn sie dem

Unternehmer eine Schuld an dem Unfall nachweisen können...

24 25

Das Krankenversicherungsgesetz vom Juni 1883 markiert den Einstieg ins System der Sozialversicherung: Gewerbliche Arbeiter, die nicht mehr als 2000 Mark jährlich verdienen, müssen sich versichern. Ein Drittel des Beitrags überimmt der Arbeitgeber, zwei Drittel müssen die Arbeiter selbst zahlen. Im Krankheitsfall erhalten sie kostenlos ärztliche Versorgung und Medikamente plus Krankengeld als Verdienstausfall für 13 Wochen.

Das Unfallversicherungsgesetz folgt ein Jahr später: Arbeitgeber gleicher oder ähnlicher Branchen werden zu Berufsgenossenschaften zusammengeschlossen und zu selbstverwalteten Trägern der Unfallversicherung gemacht. Die Berufsgenossenschaften können Unfallverhütungsvorschriften erlassen, müssen es aber nicht. Die Einsicht der Unternehmer in den Nutzen von Arbeitsschutzmaßnahmen nimmt schließlich den Umweg über das Portemonnaie; denn je mehr Unfälle, desto höher der Beitrag, den die Unternehmer zahlen müssen. Später „locken“ Beitragsnachlässe für geringe Unfallquoten oder Prämien für verbesserte betriebliche Sicherheitssysteme.

Die Alters- und Invaliditätsversicherung von 1889 garantiert den Arbeitern eine Rente nach dem 70. Lebensjahr sowie eine Invaliditätsrente bei Arbeitsunfähigkeit. Die Beiträge teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils zur Hälfte.

Auszug aus dem

„Gesetz über die

Bildung der Berufs-

genossenschaften“

Otto Eduard Leopold Graf von Bismarck (geb.

1.4.1815) war der erste Kanzler des Deutschen

Reiches. Der „Eiserne Kanzler“ regierte von

1871-1890, da geriet er mit dem jungen Kaiser

Wilhelm II. aneinander, der ihn zum Rücktritt

aufforderte. Bismarck stirbt am 30.7.1898.

Aus seiner Abneigung gegenüber der

staatlichen Fabrikinspektion machte Bismarck

keinen Hehl. Er war der Ansicht, dass

„(...) das Institut der Fabrikinspektion, so wie

es augenblicklich organisiert ist, in seiner

gesetzlichen Berechtigung zweifelhaft, in seiner

praktischen Wirksamkeit aber nachteilig für

die Industrie wirken wird. (...) Jede weitere

Hemmung und Beschränkung im Fabrikbetriebe

vermindert die Fähigkeit des Arbeitgebers

zur Lohnfortzahlung (...). Die Erschwerungen,

welche Gesetzesentwürfe wie die fraglichen

der Industrie auferlegen, machen sich schon

im Stadium der Fabrikanlagen geltend.

Schon jetzt sind Konzessionen im Sinne der

Gewerbeordnung bei der einfachsten Sachlage

und bei Abwesenheit aller Proteste in vier

bis fünf Monaten nicht leicht durch die

amtlichen Stadien zu bringen, um wie viel

mehr werden diese Fristen sich verlängern,

wenn auch der Fabrikinspektor mit seinen

wohlmeinenden Übertreibungen vorher gehört

werden muß (...)“.

Bismarck in einem Schreiben an Handelsminister

Achenbach im August 1877

26 27

Arbeitsschutzaufsicht zuviel? Fast 120 Jahre hat das duale System mittlerweile „auf dem Buckel“ und es hat sich bewährt – dafür spricht die stetig zurückgegangene Zahl der Arbeitsun-fälle. Neben solchen Erfolgsmeldungen wurde im Laufe der Zeit aber auch immer wieder Kritik laut. Ein Blick ins Jahr 1928:

„Mancher Unternehmer hat den ihn besu-chenden Gewerbeaufsichtsbeamten wohl schon mit den Worten begrüßt: Aber es war doch erst kürzlich ein Beamter da, um meinen Betrieb zu kontrollieren (...)

„Es ist zu hoffen, daß das deutsche Arbeitsschutzrecht,

durch dessen Paragraphengestrüpp heute selbst der Jurist

nicht ohne Schwierigkeiten hindurchfindet, dabei soweit

an Verständlichkeit und Übersichtlichkeit gewinnen wird,

daß vor allem den Hauptbeteiligten – Arbeitgebern und

Arbeitnehmern – ihre Pflichten und Rechte daraus klar

erkennbar sein werden, und daß dieser Teil der Gesetz-

gebung nicht wie bisher eine Spezialwissenschaft der mit

ihr betrauten Fachleute bleiben wird.“

Dr. Stefan Poerschke, Geheimer Regierungsrat, Berlin, 1928

wenn z.B. der Gewerbeaufsichtsbeam-te die Maschinen des Betriebs auf das Vorhandensein von Schutzvorrichtungen prüft - was am Tag zuvor der technische Aufsichtsbeamte der Berufsgenossen-schaft auch getan hat – und möglicher-weise dabei sogar andere Auffassungen als jener zum Ausdruck bringt, ( ...)“, dann, so Geheimer Regierungsrat Dr. Stefan Poerschke, dürfe man sich nicht wundern, „(...) wenn der Unternehmer den Eindruck der Vielregiererei, Überor-ganisation, Aufblähung des Beamtenap-parats und dgl. erhält.“

Neben Gewerbeaufsicht und Berufsge-nossenschaften blickten zu dieser Zeit

auch noch die Ortspolizeibehörden und die Dampfkesselüberwachungsvereine in den Betrieb, ein unhaltbarer Zustand des Nebeneinanders, monierte Poerschke.

In der Zwischenzeit hat sich vieles ver-ändert, wenngleich das Klagelied über Doppelarbeit, flankiert von sich über-schneidenden Aufsichtstätigkeiten und Vorschriften und dadurch entstehenden Reibungsverlusten etc. nie ganz ver-stummt ist.

26 27

Geregelte Zusammenarbeit. Seit 1996 ist das Gebot der Zusammenarbeit zwischen Staat und Unfallversicherung gesetzlich verankert:

„Die zuständigen Landesbehörden und die

Träger der gesetzlichen Unfallversicherungen

wirken bei der Überwachung der Unterneh-

men eng zusammen und fördern den Erfah-

rungsaustausch. Sie unterrichten sich gegen-

seitig über durchgeführte Betriebsbesichti-

gungen und deren wesentliche Ergebnisse.“

§ 21 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz

Gemeinsam, aber mit unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen und Kompeten-zen ausgestattet, ergänzen sich Staat und Unfallversicherungsträger bei ihrer Auf-gabe, für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu wirken. Darüber hinaus ist die Arbeitsschutz-verwaltung noch für weitere staatliche Vorschriften zuständig, wie z.B. im Be-reich Mutterschutz, Arbeitszeitrecht, Ju-gendarbeitsschutz, Heimarbeit, Strahlen-schutz, Gefahrstoffe und Sprengstoffe.

Den Paragraphen-Dschungel lichten. Im Laufe der Jahrzehnte haben sowohl der Staat als auch die Unfallver-sicherungsträger regen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen.

Als Resultat entstand ein umfangreiches, aber nicht eben übersichtliches und anwenderfreundliches Regel- und Vor-schriftenwerk. Aber – alles soll besser werden: „Durchschaubar, verständlich und praxisorientiert“, so lautet die De-vise des gemeinsam im Frühjahr 2003 beschlossenen „Leitlinienpapiers“ für die künftige Vorschriften- und Regel-setzung im Arbeitsschutz, im Verhältnis zwischen Staat und Unfallversicherungs-trägern.

Die bestehenden Vorschriften und Re-geln kommen auf den Prüfstand, um sie von Doppelregelungen zu gleichen Sachverhalten zu entrümpeln. Neue bzw. ergänzende und konkretisierende Vorschriften sollen nur noch bei offen-sichtlichen Regelungsdefiziten erlassen werden.

28 29

„Unsere Arbeiterschutzgesetze sind das (...) Produkt eines

immer wieder zu schließenden Kompromisses zwischen

den Forderungen einer neuen Zeit und den stabilen

Kräften des sozialen Lebens.“

Elisabeth von Richthofen 1901. Sie war die erste Frau in der Gewerbeaufsicht mit

akademischer Ausbildung. Als wissenschaftlich gebildete Hilfskraft trat sie 1900 in

die badische Gewerbeaufsicht ein.

Auf neuen Wegen

Mode des Bürger-

tums: Von schönen

Kleidern – für die

sie in den Textilfab-

riken hart arbeiten

mussten – können

die Arbeiterinnen

nur träumen. Ihr

(Mit-)Verdienst reicht

gerade mal aus, um

die „nackte Existenz“

zu sichern.

Aus: Tagesbericht für die

Modewelt Nr. 15/1849.

Industriemuseum Ratingen

28 29

Mit zunehmender Industrialisierung steigt auch der Anteil der Arbeiterinnen in den Fabriken, vor allem in der Tex-tilindustrie. Durch die Verschärfungen des Jugendschutzes dürfen immer we-niger Kinder in den Fabriken eingesetzt werden, das Interesse der Industrie an Frauen als billigen, disziplinierten, nicht organisierten Arbeitskräften wächst. Im Schnitt arbeiten die Frauen täglich elf Stunden, in der Textilindustrie nicht sel-ten auch dreizehn Stunden, aber damit ist ihr Arbeitstag noch längst nicht zu Ende. Da sind ja auch noch Mann und Kinder und der Haushalt zu versorgen. Auch der Sonntag ist Arbeitstag und Nachtarbeit die Regel.

Erste Schutzbestimmungen für Frauen gibt es

erst 1878: der Mutterschutz wird eingeführt und

damit ein Beschäftigungsverbot für gewerbliche

Arbeiterinnen innerhalb der ersten drei Wochen

nach der Entbindung. Das erste Arbeiterinnen-

schutzgesetz tritt 1891 in Kraft, es verbietet die

Beschäftigung von Frauen in Bergwerken, Salinen

und unterirdischen Gruben und ermächtigt den

Bundesrat, die Beschäftigung von Frauen in

besonders gefährlichen Betrieben zu untersagen.

Nachtarbeit für Frauen wird generell verboten

und der 11 Stunden-Tag eingeführt. Die Ruhezeit

für Wöchnerinnen wird auf sechs Wochen

ausgedehnt. Sie erhalten nach der Entbindung ein

Wochengeld in Höhe des Krankengeldes.

Arbeiterinnen

in einer Mönchen-

gladbacher

Seidenweberei 1939

Foto: Stadtarchiv

Mönchengladbach

Vom Experiment zum Standard

- Frauen in der Gewerbeaufsicht

Ende der 1860-er Jahre fordern Me-diziner Schutzbestimmungen für die Arbeiterinnen: Der Arzt Ludwig Hirth belegt anhand statistischen Materials einen Zusammenhang zwischen Säug-lings- und Kindersterblichkeit und der Fabrikarbeit von Frauen.

Die Schutzbestimmungen für Indus-triearbeiterinnen fallen in den Zustän-digkeitsbereich der Gewerbeaufsicht und damit erhalten auch die Forderun-gen nach Beschäftigung von Frauen in der Gewerbeaufsicht neues Gewicht: 1897 kommt die Konfektionsindustrie hinzu, in den Folgejahren spielen das Kinderschutzgesetz (1903) und die Ausdehnung der Gewerbeaufsicht auf die Hausindustrie (1911) eine wichtige Rolle für die Einstellung von Frauen.

30 31

Frauen vor. Die Forderung nach Fa-brikinspektorinnen erheben Vertreterin-nen der proletarischen wie bürgerlichen Frauenbewegung bereits in den 60-er Jahren des 19. Jahrhunderts. Amerika, Frankreich und England hatten es Preu-ßen bereits vorgemacht und Aufsichtsbe-amtinnen im Einsatz. Allerdings dauerte es noch einige Jahre, bis der Ruf nach Frauen in der Gewerbeaufsicht ihren Widerhall in der preußischen Regierung und dann in der Praxis findet. Unterstützt von gewerkschaftlichen Organisationen und sozialdemokratischen Politikern erhält diese Forderung Auftrieb mit einer Petition des Bundes deutscher Frauenvereine im November 1894 – adressiert an den Reichstag und die Landtage aller deutscher Bundesstaaten. Mit einer weiblichen Aufsichtsbeamtin,

so der Kernpunkt der Petition, solle der Tatsache entsprochen werden, dass Ar-beiterinnen sich scheuten, sich mit ihren Anliegen an einen männlichen Gewer-beinspektor zu wenden und offen über gesundheitliche Schädigungen durch Arbeitsbedingungen oder hygienische oder sittliche Missstände zu sprechen. Die Petition brachte nicht nur eine par-lamentarische Diskussion in Gang, die Frage des „Für und Wider“ von Frauen in der Gewerbeaufsicht wurde in Fach- wie Tagespresse und natürlich auch unter den Gewerbeaufsichtsbeamten diskutiert.

„Gewerbeaufsicht ist Männer-sache“. Die Tätigkeit im Staatsdienst und eben auch in der Gewerbeaufsicht ist zu dieser Zeit ausschließlich eine Männerdomäne. Mit der Gleichberech-

„Daß unter den Gewerbeaufsichtsbeamten die Gegner

einer weiblichen Gewerbeinspektion anfänglich bei weitem

überwogen, ist nur naturgemäß, mussten die männlichen

Beamten doch unwillkürlich dieses Vorgehen der Frauen-

welt als einen Vorstoß gegen ihre bisherige eigene Tätigkeit

auffassen“.

Gertrud Henseleit 1925 über die Streitfrage der Anstellung von weiblichen Gewer-

beaufsichtskräften

tigung von Frauen ist es noch nicht so weit her. An der Tagesordnung sind Vorurteile, die Frauen als „intellektuell minderbemittelt“ stempeln. Eine Frau in der Gewerbeaufsicht – für viele der tech-nisch versierten potentiellen „Kollegen“ undenkbar, schließlich fehlt den Frauen doch die technische Qualifikation. Wie sollten sie die auch erlangen, sind sie doch in Deutschland noch vom Studium ausgeschlossen. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts öffnen sich die Pforten deutscher Universitäten auch für Frauen, die damit Zugang haben zu einer Insti-tution, welche die Männer bis dahin als ihre Hochburg verteidigt hatten.

Ein Sieg der „Vernunft“. Letzt-endlich resultiert der Einsatz weiblicher Aufsichtskräfte aus pragmatischen Gründen: Die Einstellung von Assisten-tinnen ist „(...) ein vorzügliches Mittel, mehrere Fliegen

mit einem Streich zu treffen: einmal, das

öffentliche Drängen zufrieden zu stellen,

sodann aber, um bei der notwendig gewor-

denen Beamtenvermehrung die teuren hoch-

qualifizierten Gewerbeinspektoren durch

Beamtinnen zu sparen, die zudem sogar

noch billiger waren als gleichgestellte und

qualifizierte männliche Unterbeamte – natür-

lich nicht ohne sich dabei sehr selbstgefällig

coram publico et populo in den kleidsamen

Mantel des sozialpolitischen Fortschritts zu

hüllen.“

Gertrud Henseleit, 1925

30 31

Kritik nicht erwünschtGertrud Henseleit, die über das Thema Gewerbeaufsicht promoviert hatte, wurde nur für den Vorbereitungsdienst der mittleren Laufbahn zugelassen. Bei ihren Kollegen war Henseleit äußerst umstritten. Nachdem sie einen wissen-schaftlichen Aufsatz über den Zustand des Arbeitsschutzes in ihrem Revisions-bereich geschrieben hatte, der von der Presse veröffentlicht wurde, stand sie im Ruf der „Nestbeschmutzerin“. Außerdem warfen die Kollegen ihr vor, zu sehr von sich eingenommen zu sein. Doch Hense-leit war nicht nur in den eigenen Reihen unbeliebt, als langjähriges Mitglied der Sozialdemokraten geriet sie ins Visier der Nationalsozialisten, die sie 1933 aus dem Aufsichtsdienst „entfernten“.

Auch die mangelnde technische Vorbil-dung der Frauen ist für die Einstellung kein Hindernis mehr – weil für die den Frauen zugedachten Aufgabenbereiche eine derartige Qualifikation nicht not-wendig erscheint. „Die Frauen für So-ziales, die Männer für das Technische“ lautete das Motto der Aufgabenvertei-lung in dieser Zeit der Gewerbeaufsicht. In Preußen waren neben der klassischen „Höheren Töchterausbildung“ auch praktische Erfahrungen im Arbeitsleben gefragt. Und „natürlich“ wird von den Frauen das ihnen zugeschriebene Ein-fühlungsvermögen erwartet. Der Herfor-der Fabrikinspektor Jakobi fordert 1912 in einem Brief an den Regierungspräsi-denten von Minden eine weibliche Hilfs-kraft an, damit das Hausarbeitsgesetz „segensreich für die Volksgesundheit

wirken kann“. Überzeugend erzieherisch soll sie auftreten und einen praktischen Blick und Verständnis für die Bedürfnis-se der kleinen Leute haben. Und die Be-werberin soll rüstig sein: Angesichts weit verstreuter Ansiedlungen sieht Jakobi ei-nen besonderen Vorzug darin, „wenn die Dame Rad fahren könnte“.

Nachdem bereits in Hessen und Bayern (seit 1898) sowie in Württemberg seit (1899) Assistentinnen in der Gewerbe-aufsicht beschäftigt werden, beginnt das Experiment in Baden und auch Preußen im Jahr 1900. Mit der Einstellung von Therese Schlösser in Mönchengladbach und Anna Reichert in Berlin treten die beiden ersten Frauen in Preußen ihren Dienst an.

Die Königliche Gewerbeinspektions-assistentin Schlösser (1854-1930)Just in dem Jahr 1854, in dem Gertrud Therese Schlösser das Licht der Welt erblickt, nehmen in Preußen die ersten Fabrikinspektoren die Arbeit auf, fast 50 Jahre später ist sie eine der beiden ers-ten Frauen, die in die Fußstapfen ihrer männlichen Vorgänger treten, allerdings nur als Assistentinnen. Als Tochter eines Dachziegelfabrikanten genießt Gertrud Therese Schlösser eine Höhere Töchter-Ausbildung und leitet als Industrielehrerin 19 Jahre lang Lehrgänge zur gewerblichen Ausbildung von Mädchen. Von 1880-1890 besitzt sie eine Indus-trieschule für Frauen und Töchter, von 1890-99 gibt sie im Auftrag der Regierungen Münster und Arns-berg Handarbeitskurse für Volksschullehrerinnen. Quelle: Michael Karl, Fabrikinspektion in Preussen

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Frauen für Frauen. Als Gewerbein-spektions-Assistentinnen sind die Frau-en der ersten Stunde für den Schutz der Arbeitnehmerinnen zuständig. Bei den Revisionen in den Betrieben (allerdings nur in Betrieben, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten) haben sie die Aufgabe, die Einhaltung der Bestimmungen zum Arbeiterinnenschutz zu überwachen und auf die Hygiene im Betrieb (Lüftung, Waschgelegenheiten, Toiletten, Umklei-deräume) zu achten.

Außerdem bieten sie Sprechstunden an, um die Beschwerden der Arbeiterinnen entgegen zu nehmen. Dieses Angebot wird von den Arbeiterinnen zunächst jedoch nur zögerlich angenommen, was den Gewerbeinspektor von Mön-chengladbach skeptisch stimmt:

„Wenn trotz des allseitig anerkannten takt-

vollen Auftretens und ihres großen Fleißes die

Assistentin auf dem für weibliche Fabrikauf-

sicht anscheinend sehr günstigen Boden des

Gladbacher Bezirks nur das leisten konnte,

was auch ein tüchtiger männlicher Beamter

geleistet haben würde, so spricht dieses je-

denfalls dafür, dass ein Bedürfnis nach weib-

licher Fabrikaufsicht bei den hiesigen Arbeite-

rinnen noch nicht fühlbar geworden ist.“

Jahresbericht 1900

Therese Schlösser macht weiter und hat Erfolg, im Jahresbericht 1903 heißt es: „Die eifrigen Bemühungen der Assisten-tin in M.-Gladbach, den der weiblichen

Mit der Ernennung

von Dr. Eleftheria

Lehmann zur

Präsidentin der

Landesanstalt

für Arbeitsschutz

NRW nimmt 1996

zum ersten Mal in

der 150-jährigen

Geschichte des

Arbeitsschutzes

eine Frau eine

Spitzenposition

in der früheren

Männerdomäne ein.

Fabrikaufsicht vorgesteckten besonde-ren Ziele näher zu kommen, scheinen nun doch bei den Arbeiterinnen ihres Dienstbezirks wachsende Anerkennung und Wertschätzung zu finden.“ Dass sich die Frauen in der Gewerbeaufsicht bewähren, findet auch die preußische Regierung, wenngleich die Beurteilung von Handelsminister Delbrück noch verhalten klingt:

„...das Experiment ist in beschränktem Um-

fang zur Zufriedenheit ausgefallen...“

Delbrück 1906 im Abgeordnetenhaus

Es geht voran. Der anfänglichen Zu-rückhaltung der Arbeiterinnen und den männlichen Vorbehalten zum Trotz, ge-lingt es den Frauen, langsam aber stetig in der Gewerbeaufsicht Fuß zu fassen.

Vor Beginn des ersten Weltkrieges gibt es in der deutschen Gewerbeinspektion 49 Frauen, davon vier Inspektorinnen. Zum Vergleich: Die Zahl der Männer ist indes auf 516 angestiegen. Heute sind Frauen in der Arbeitsschutzverwaltung selbst-verständlich und längst nicht mehr auf die klassischen Frauenarbeitsfelder wie Jugendarbeitsschutz oder Mutterschutz konzentriert. In Mönchengladbach, wo die Frauen in der Gewerbeinspektion in Preußen mit Therese Schlösser ihren Anfang genommen haben, wird rund 100 Jahre später (2002) die erste Frau als Leiterin eines Staatlichen Amtes für Arbeitsschutz in NRW berufen.

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Schattenseiten des Fortschritts. Mit der Industrialisierung nehmen die arbeitsbedingten Gefahren und krankma-chenden Bedingungen zu. Ein großer Teil der Bevölkerung lebt in Armut und beeng-ten und unhygienischen Verhältnissen, die Seuchen wie Typhus und Pocken einen idealen Nährboden bieten.

Das Problem, arbeitsbedingte Gesund-heitsgefahren jenseits der Unfallverhütung zu erkennen und für Abhilfe zu sorgen, kann von den Gewerbeaufsichtsbeamten allein, deren Blick auf die Verhütung von Gesundheitsgefahren und Unfällen durch technische Schutzmaßnahmen an Maschi-nen gerichtet ist, nicht gelöst werden. Zwar arbeiten sie bereits mit Ärzten zusammen, allerdings beschränkt auf die Konzessi-onierung von genehmigungspflichtigen

Anlagen bzw. wenn es um die Routine-Untersuchung von Arbeitern in bestimmten gesundheitsgefährdenden Industrien geht, z.B. bei der Gefahr von Quecksilberver-giftungen in Spiegelbeleganstalten. 1906 stellt das Land Baden mit Holzmann den ersten Arzt in der Gewerbeaufsicht ein, drei Jahre später folgt Franz Xaver Koelsch in Bayern. In Preußen dagegen dauert es etwas länger: Erst am 9. September 1921 beschließt das Preußische Staatsministeri-um, fünf Gewerbeärzte einzustellen: „Zur Unterstützung der technischen Gewerbe-aufsichtsbeamten in gewerbehygienischen Fragen sowie zur Vertiefung der Kenntnis-se der durch die gewerbliche Berufsarbeit bedingten krankhaften Veränderungen und deren Vorbeugung und Beseitigung, sowie zum Ausbau allgemein gewerbetypischer Aufgaben und Arbeitsgebiete (...)“.

„Vitaminspritze“ für den Arbeits-

schutz – die Arbeitsmedizin

Die Aufsichtsbezirke der preußischen

Landesgewerbeärzte Dr. Ludwig Teleky,

Düsseldorf und Dr. Erich Beintker,

Arnsberg, umfassen die Rheinprovinz und

die Provinz Westfalen. Nach der Gründung

Nordrhein-Westfalens gehen daraus

die Staatlichen Gewerbeärzte für den

Aufsichtsbezirk Nordrhein in Düsseldorf

und den Aufsichtsbezirk Westfalen in

Bochum hervor. Mit der Neustrukturierung

der Arbeitsschutzverwaltung 1994 werden

die Staatlichen Gewerbeärzte in Bochum

und Düsseldorf und die Zentralstelle

für Sicherheitstechnik, Strahlenschutz

und Kerntechnik der Gewerbeaufsicht

des Landes Nordrhein-Westfalen in

der neu gegründeten Landesanstalt

für Arbeitsschutz des Landes NRW

zusammengefasst.

Aus der

Preußischen

Gesetzessammlung

1922

Dass Arbeit krank machen kann, ist bereits lan-ge bekannt. Bereits im „Papyrus Ebers“, dem ältesten bekannten Buch zur Heilkunst im alten Ägypten (1500 v. Chr.), ist die Staublungener-krankung erwähnt. Der griechische Arzt Hypo-krates (460-377 v. Chr.) empfahl seinen Schülern, ihre Patienten bei der Untersuchung nach ihrem Beruf zu fragen. Theophrast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus (1493-1541) und Georg Agricola (1494-1555) beschäftigten sich mit den Krankheiten von Bergarbeitern. Der italienische Arzt Bernhardino Ramazzini ver-fasste 1700 mit seiner Abhandlung „De morbis artificum diatriba“, über die Krankheiten der Handwerker, die erste überlieferte systematische arbeitsmedizinische Darstellung.

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Weißkittel unter Blaumännern. Zwar werden 1928 die Aufsichtsgebiete verkleinert und es kommen drei Ärzte hinzu, aber es ist völlig unrealistisch, auch nur die größten Industriebetriebe regelmäßig im Blick zu haben. Also konzentrieren sich die Gewerbeärzte auf die Betriebe, in denen per Gesetz ärztli-che Untersuchungen der Beschäftigten vorgeschrieben sind, wie z.B. in der chemischen Industrie, in Bleibetrieben, Glashütten oder Bergwerken.

In den jährlich rund 250 bis 350 Be-triebsbesichtigungen richten sie ihren Blick z.B. auf die Ausstattung der Arbeitsräume (Beleuchtung, Lüftung, Absaugevorrichtungen für Stäube, Dämpfe und Gase), sanitäre Einrich-tungen, Erste-Hilfe-Einrichtungen und

(Un)willkommene Unterstüt-zung. Die technischen Gewerbeauf-sichtsbeamten sehen ihre Standesinter-essen durch die Konkurrenz der „Weiß-kittel“ erneut bedroht. „Die Handhabung der praktischen Gewerbeaufsicht kann nur Sache der Techniker sein und muß dies auch fürderhin bleiben“, betont der Verein Deutscher Gewerbeauf-sichtsbeamten (VDGAB), der sich 1919 gegründet hatte, in seiner „Denkschrift zur Neuregelung der Gewerbeaufsicht in Deutschland“. Schließlich mangele es den Ärzten sowohl an betriebswirt-schaftlichen wie auch technischen und chemischen Kenntnissen, argumentier-ten die Kritiker.

“Vor allem aber hat die wachsende Bedeutung der Arbei-

terklasse sowohl an Zahl als auch an Einfluß die Aufmerk-

samkeit der Öffentlichkeit und der Staatsverwaltung auf

den Gesundheitszustand dieser Klasse gelenkt und das hat

bewirkt, dass Vorschläge zur Verbesserung dieses Gesund-

heitszustandes Gehör fanden.“

Ludwig Teleky, einer der ersten Landesgewerbeärzte in Preußen, 1909

„Da wir Gewerbeärzte nicht das Recht

haben, Anordnungen zu erlassen, so

beschränkt sich unsere Tätigkeit dar-

auf, durch Untersuchungen von Kran-

ken oder Krankheitsverdächtigen das

Vorkommen gewerblicher Schädigun-

gen festzustellen, bei Fabrikbesichti-

gungen Verfahren oder Einrichtungen,

die Anlaß zu solchen Schädigungen

geben oder geben könnten zu bemän-

geln und durch Rücksprache mit den

Betriebsunternehmern, Betriebsräten,

ortszuständigen Gewerberäten, den

Regierungs- oder -gewerberäten

oder den übergeordneten Stellen auf

Abstellung vorhandener Übelstände

hinzuwirken.“

Teleky über seine Tätigkeit im Jahresbericht

1924

Von konstruktiver Zusammenarbeit kann am Anfang nicht die Rede sein. So heißt es in der Anfrage eines Abgeordneten an das preußische Staatsministerium im März 1922: „Ist dem Staatsministerium bekannt, dass den Landesgewerbeärzten seitens anderer Dienststellen, insbeson-dere seitens technisch vorgebildeter Auf-sichtsbeamten, Schwierigkeiten gemacht werden, welche darauf hinzielen, die Dienstfreudigkeit und den Diensteifer der Landesgewerbeärzte lahmzulegen?“

Im Laufe der Zeit finden „technischer Sachverstand“ und „ärztliche Kunst“ allerdings doch noch zueinander und ergänzen sich mit ihren spezifischen Kenntnissen.

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darauf, ob Arbeits- und Pausenzeiten und Schutzbestimmungen eingehalten werden.

Die Verhütung von gewerblichen Er-krankungen ist mit Aufwand und Kosten verbunden. So vernachlässigen die Un-ternehmer zum Teil ihre Pflichten, wie vorgeschriebene ärztliche Untersuchun-gen oder sie versuchen die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern. Teleky no-tiert in seinem Jahresbericht von 1924: „...die Führung der Kontrollbücher läßt in manchen Betrieben alles zu wünschen übrig; Erkrankungen werden in manchen Betrieben nicht eingetragen oder nicht regelmäßig; in einem Betrieb fand ich einen mit Bleikolik im Krankenhaus liegenden Arbeiter im Kontrollbuch mit „Grippe“ eingetragen.“

Informationen über gesundheitsschäd-

liche Arbeitsbedingungen bekommen

die Gewerbeärzte darüber hinaus

in ihren in der Regel wöchentlichen

Sprechstunden, in die Gewerkschaften

und Betriebsräte die Arbeiter schi-

cken. Allerdings spielen auch die Ar-

beiter „notgedrungen“ oft genug bei

der Verschleierung von Erkrankungen

mit, wie Teleky in seinem Jahresbe-

richt nach Informationen von Betriebs-

räten beschreibt: „(...) auch werde

erkrankten Arbeitern im Lohnbüro zu

verstehen gegeben, daß, wenn sie an

einer Bleivergiftung litten, sie entlas-

sen würden, dann bitte der Arbeiter

den Arzt, auf den Krankenschein nicht

„Bleikolik“, sondern „Magen-“ oder

„Darmkolik“ zu schreiben.“

Meist besichtigen die Gewerbeärzte die Betriebe zusammen mit ihren „techni-schen Kollegen“ und dabei scheiden sich die Geister oftmals an der Frage nach den wirtschaftlich zumutbaren Auflagen für die Unternehmer, um die Arbeitsbedingungen für die Beschäftig-ten weniger schädlich zu gestalten. Die Gewerbeärzte teilen oftmals nicht das Anliegen der Gewerbeaufsichtsbeamten, die darum bemüht sind, den betriebswirt-schaftlichen Interessen der Unternehmer entgegen zu kommen.

Wenn Arbeit krank macht. Dass arbeitsbedingte Erkrankungen mehr sind als nur Unfälle und deren Folgen schlägt sich gesetzlich erst 1925 nieder. Mit der Berufskrankheiten-Verordnung müssen die Unfallversicherer jetzt auch bestimmte gewerbliche Erkrankungen durch chronische Einwirkung berufli-cher Schadstoffe entschädigen. Zunächst sind die Gewerbeärzte nur in Ausnah-mefällen, etwa als Obergutachter, mit der Feststellung von Berufskrankheiten beschäftigt. Das ändert sich mit der Be-rufskrankheiten-Verordnung von 1936, durch die sie in alle Feststellungsverfah-ren eingeschaltet werden. Eine Aufgabe, die einen erheblichen Teil der Tätigkeit der Gewerbeärzte bis in die 90-er Jahre ausmacht. Heute sichten und analysieren

die Gewerbeärzte in NRW das Daten-material aus den Feststellungsverfahren, das ihnen von den Unfallversicherungs-trägern zugeliefert wird und sie können gezielt ausgewählte, „verdächtige“ Be-rufskrankheitenfälle unter regionalen, tätigkeitsbezogenen, erkrankungs- oder einwirkungsspezifischen Aspekten un-tersuchen und auswerten. In Einzelfällen fungiert der Gewerbearzt auch weiterhin als institutionell unabhängiger Gutach-ter.

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Auf der ersten Berufskrankheitenliste sind elf Krankheiten aufgeführt: Erkran-kungen durch Blei, Phosphor, Benzol, Quecksilber, Nitro- und Aminover-bindungen und Schwefelkohlenstoff, Hautkrebs durch Ruß, Teer, Paraffin, Pech und ähnliches, wie auch der Graue Star bei Glasmachern und Erkrankungen durch Röntgenstrahlen und die Wurm-krankheit bei Bergleuten sowie die Schneeberger Lungenkrankheit.

Heute umfasst die Liste 68 Berufs-krankheiten. Allerdings monieren die Gewerkschaften immer wieder, die Be-rufskrankheitenliste sei zu eng gefasst und schließe zahlreiche arbeitsbedingte Erkrankungen aus. Wie beispielsweise psychische Erkrankungen, die vom Ent-schädigungsanspruch bislang vollständig ausgeschlossen sind.

„Gesundheit braucht Arbeit und Ar-

beit braucht Gesundheit. Die Arbeits-

medizin ist ein wesentliches Bindeglied

zwischen beiden.“

Aus einer Resolution der Deutschen Gesellschaft für

Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. anlässlich der

43. Jahrestagung in Dresden, März 2003

Schneeberger Krank-

heit: Lungenkrebs bei

Uranbergarbeitern.

Benannt nach dem Ort

Schneeberg in Sachsen,

wo die Krankheit zuerst

entdeckt bzw. beschrie-

ben wurde.

Wurmkrankheit der

Bergleute: Die 8-12 mm

langen Parasiten können

sich überall dort ausbrei-

ten, wo günstige Bedin-

gungen (Luftfeuchtigkeit,

Temperatur) gegeben

sind, wie im Untertage-

oder Tunnelbau.

Vom „Betriebsarzt“ zum Multi-plikator. Bereits 1866 wird in der Ba-dischen Anilin- & Soda-Fabrik (BASF) der erste Werksarzt eingestellt, ein Bei-spiel, dem andere chemische Betriebe folgen.

Es sollten allerdings noch mehr als 100 Jahre vergehen, bis die Unternehmen mit dem Arbeitssicherheitsgesetz von 1973 verpflichtet werden, für eine betriebs-ärztliche Betreuung ihrer Beschäftigten zu sorgen. Bis dahin fungieren die staat-lichen Gewerbeärzte gewissermaßen als Ersatz-Betriebsärzte, und auch noch dar-über hinaus. Es gibt zunächst noch keine hundertprozentige Betreuungspflicht durch Betriebsärzte für alle Betriebe, sondern je nach Branche erst ab 50 oder

100 Arbeitnehmern. Vor allem Kleinbe-triebe und mittelständische Unternehmen wenden sich daher an die Gewerbeärzte, die entweder auf die Betriebsärzte in der Region verweisen oder selbst spezielle Vorsorgeuntersuchungen durchführen. Erst durch das Arbeitsschutzgesetz wird die arbeitsmedizinische Betreuung in allen Betrieben notwendig. Allerdings muss nicht in jedem Fall ein eigener Betriebsarzt bestellt werden; je nach zu-ständiger Berufsgenossenschaft können die Unternehmen z.B. das so genannte Unternehmermodell anwenden.

Dabei müssen die Arbeitgeber an Fort-bildungsveranstaltungen der Berufsge-nossenschaften teilnehmen und nachwei-sen, dass sie eine qualifizierte Beratung

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Informieren, qualifizieren. Die Gewerbeärzte der Arbeitsschutzver-waltung NRW gehen heute nicht mehr in die Betriebe, um dort Arbeitnehmer zu untersuchen. Vielmehr richten sie vor Ort ihren Blick auf die Prävention. Durch die veränderte Arbeitswelt, von der Industriegesellschaft hin zur Dienst-leistungs- und Informationsgesellschaft, und durch neue Arbeitsformen, haben sich auch die Anforderungen an die Be-schäftigten verändert.

Standen früher die körperlichen Bean-spruchungen im Vordergrund, nehmen heute die psychomentalen und psycho-sozialen Belastungen zu. Als Stichworte seien hohes Arbeitstempo, Zeitdruck, Arbeitsverdichtung, höhere Verantwor-tung am Arbeitsplatz... genannt.

Gemeinsam mit den anderen Experten des Arbeitsschutzes ist es Aufgabe der Gewerbeärzte, die Fülle dieser Belastun-gen zu erkennen, zu bewerten und darauf hinzuwirken, die Gesamtbelastung zu reduzieren.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die men-schengerechte Gestaltung der Arbeit: Wie können Arbeitsplätze so gestaltet werden, dass gesundheitliche Belas-tungen so gering wie möglich gehalten und die Arbeitsbedingungen an den Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt?

Dabei verstehen sich die Gewerbeärzte einerseits als Berater der Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz und andererseits

als Berater der Betriebe, sowohl für Ar-beitgeber, Sicherheitsfachkräfte und Be-triebsärzte als auch für Beschäftigte und deren Vertretungen und Organisationen. Bereits in der Vergangenheit haben die Gewerbeärzte mit ihren Untersuchungen die Entwicklung der wissenschaftlichen Arbeitsmedizin entscheidend beeinflusst und ihre Erkenntnisse im Rahmen der Lehrtätigkeit an den medizinischen Nachwuchs weitergegeben. Heute ist der Gewerbearzt mehr denn je in der Rolle des Multiplikators.

in Anspruch nehmen. Einige Berufsge-nossenschaften wie die Bau-Berufsge-nossenschaften haben eingeführt, dass jeder Betrieb automatisch einem überbe-trieblichen arbeitsmedizinischen Dienst angeschlossen ist.

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In seiner Anfangszeit als Mediziner mahnt er z.B. eine bessere Kennzeich-nung von Reinigungsmitteln an, als Konsequenz von vielen Laugenverätzun-gen bei Kindern, die versehentlich Rei-nigungsmittel trinken, die Natronlauge enthalten.

Breiten Raum seiner wissenschaftlichen Arbeit nimmt auch die Entwicklung von Maßnahmen zur Tuberkulosebekämp-fung ein.

Als Spezialarzt für Berufskrankheiten beim Wiener Krankenkassenverband sammelt er Praxiserfahrungen, die sich in wissenschaftlichen Veröffentlichun-gen z.B. über Bleivergiftungen nieder-schlagen.

Er arbeitet maßgeblich an der ersten Bleiverordnung mit und beteiligt sich an Debatten über den Ausbau der Arbeits-schutzbestimmungen und der Spezial-versicherung in Österreich.

Seine Untersuchungen in einem öster-reichischen Quecksilberwerk und die daraus resultierenden Vorschläge zur sanitären Verbesserung in dem Betrieb fließen in eine Verordnung zum Schutz der Quecksilberarbeiter ein.

Die Gewerbehygiene wird zu seinem zentralen Arbeitsgebiet. 1909 habilitiert Teleky im Fach „Soziale Medizin“ in Wien.

Von 1921 bis 1933 arbeitet Teleky schließlich als einer der ersten in Preußen eingesetzten Landesgewer-beärzte und leitet die Westdeutsche Sozialhygienische Akademie (WSHA) in Düsseldorf, in der angehende Kreis-, Kommunal-, Schul- und Fürsorgeärzte ausgebildet werden.

Teleky streitet nicht nur für ein gleichbe-rechtigtes, interdisziplinäres Miteinander der „technischen“ Gewerbeaufsichtsbe-amten und der Gewerbeärzte. Er betont auch die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit von Gewerbeärzten und der Arbeiterschaft und ihren Organi-sationen und praktiziert dies auch:

„Gelegentlich eines Streiks der Parkett-leger habe ich in Düsseldorf, Köln und Essen zusammen mit 77 dieser Arbeiter diese auf das Vorhandensein von Bursitis praepatellaris (Schleimbeutelentzün-dungen an den Knien) untersucht und dabei durch Befragen die Häufigkeit des dadurch notwendigen Krankseins festgestellt.“

Der Sozialmediziner Ludwig Teleky

Ludwig Teleky, 1872 in Wien geboren, tritt beruflich in die Fußstapfen von Großvater und Vater, beide waren praktizierende Ärzte. 1890 nimmt Teleky ein Medizinstudium in Wien auf, legt zwischenzeitlich mehrere Semester in Straßburg ein und promoviert 1896 in Wien. Danach arbeitet er im Allgemeinen Krankenhaus und an der Allgemeinen Poliklinik in Wien. Sein Interesse gilt der Prävention.

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In Zusammenarbeit mit den Bäckerin-nungen untersucht er z.B. das in den Jah-ren 1924/25 zunehmende Bäckerekzem. Er fordert ein Verbot der als Bleichmittel eingesetzten Ammoniumpersulfate und eine Untersuchung der Berufsanwärter auf ihre Hautempfindlichkeit, um Ekze-me zu verhüten. Ein Verbot der Persulfa-te ist nicht durchsetzbar, anstatt gesund-heitsgefährdende Stoffe zu verbieten, werden dahingehend „empfindliche“ Berufsanwärter ausgeschlossen. Diese selektive Praxis, mit der die Menschen an die Arbeitsbedingungen angepasst werden, kritisiert Teleky auch in anderen Zusammenhängen immer wieder.

Ludwig Teleky

Aus dem Nachlass Telekys, Universität Bremen

In seiner Antrittsvorlesung an der Wiener

Universität definiert er die „Soziale

Medizin als Grenzfach zwischen Medizin

und Sozialwissenschaften“, ihre Aufgabe

sei es „(...) die Einwirkung gegebener

sozialer und beruflicher Verhältnisse auf die

Gesundheitsverhältnisse festzustellen und

anzugeben, wie durch Maßnahmen sanitärer

oder sozialer Natur derartige schädigende

Einwirkung verhindert oder ihre Folgen nach

Möglichkeit behoben oder gemildert werden

können.“

Im nationalsozialistischen Deutschland ist für Teleky kein Platz mehr: Mit seinen Vorstellungen von Sozialmedizin und als „Nicht-Arier“ jüdischer Abstammung steht er im krassen Widerspruch zum ras-senhygienisch geprägten Menschenbild und Gesundheitsideal der Machthaber.

Im Juni 1933 wird das Gesetz zur Wie-derherstellung des Berufsbeamtentums verabschiedet, am 1. Juli wird Teleky als Leiter der WSHA entlassen, am 1. Januar 1934 als Preußischer Landesgewerbearzt zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Der mit Berufsverbot belegte Teleky ver-sucht erfolglos eine andere Stelle zu fin-den, im Oktober 1934 geht er mit seiner Frau zurück in seine Heimatstadt Wien. Dort arbeitet er als Mediziner bei einer

Krankenkasse und als Vertrauensarzt beim Verband der Lebensversicherungs-anstalten. Außerdem ist Teleky Mither-ausgeber des „Archiv(s) für Gewerbepa-thologie und Toxikologie“. Schließlich spitzen sich auch in Österreich die Ver-hältnisse für ihn zu, nach der Machtüber-nahme der Nationalsozialisten emigriert er 1939 in die USA. Dort arbeitet er u.a. in der gewerbehygienischen Abteilung des staatlichen Arbeitsdepartements in New York.

Im Nachkriegsdeutschland kann Teleky wissenschaftlich nicht mehr Fuß fassen. Ein Ruf an die Berliner Universität bleibt ihm ebenso versagt wie eine Gastpro-fessur an der Freien Universität Berlin. 1957 stirbt Teleky in New York.

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Auf nach Europa

Mehr und bessere Arbeitsplät-ze schaffen... Das hat sich die Euro-päische Union (EU) mit der Verabschie-dung der Sozialpolitischen Agenda auf die Fahnen geschrieben. Die Messlatte liegt hoch: Bis 2010 soll die EU „zum wettbewerbsfähigsten, dynamischsten und wissensbasierten Wirtschaftsraum“ gemacht werden. Gute Produkte und wirtschaftlicher Erfolg – da muss die Qualität der Arbeit stimmen.

„Harmonischer“ Arbeitsschutz. Mit der Verabschiedung der Einheitli-chen Europäischen Akte (EEA) werden 1986 die Weichen für einen gemeinsa-men europäischen Binnenmarkt gestellt. Auch die Sicherheit und der Gesund-heitsschutz am Arbeitsplatz ist in der Europäischen Gemeinschaft seitdem längst nicht mehr Sache der einzelnen Mitgliedsländer. Mit der EEA geht die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Ar-beitsschutzes auf die EU über. Im Zuge der europäischen Harmonisierung müs-sen die Mitgliedsländer ihre nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften an die EU-Gesetzgebung anpassen.

Der deutsche Beitrag zur

Umsetzung der Sozial-

politischen Agenda ist u.a.

die Initiative Neue Qualität

der Arbeit (INQA). Darin

haben sich Bund, Länder,

Sozialversicherungspartner

und Unternehmen zusam-

mengeschlossen mit dem

Ziel, die sozialen Interes-

sen der Beschäftigten an

gesunderhaltenden und

gesundheitsfördernden

Arbeitsbedingungen mit

wirtschaftlichen Interessen

zu verbinden.

1989 verabschiedet

die EU neben der

Arbeitsschutz-

Rahmenrichtlinie die

Arbeitsstätten- und die

Arbeitsmittelrichtlinie

sowie die Richtlinie

über persönliche

Schutzausrüstungen.

1990 folgen die

Bildschirmrichtlinie und

die Richtlinie über die

manuelle Handhabung

von Lasten.

Die europäische Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie ist gewissermaßen das „Grundgesetz des betrieblichen Ar-beitsschutzes“ und gibt neben Zielen und Methoden der Arbeitsschutzpolitik auch die Rechte und Pflichten der beteiligten Akteure vor: Der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ist danach grundsätzlich eine Pflicht des Arbeitgebers. Aber auch den Arbeitnehmern wird eine aktive Rolle zugeschrieben: Sie sollen u.a. „die Arbeitsmittel gemäß den ihnen erteilten Unterweisungen benutzen“.

Wie müssen Maschinen sicherheits-technisch beschaffen sein, wie dürfen biologische und chemische Arbeitsstoffe verwendet werden, wie müssen Arbeits-plätze ausgestattet sein, um die Sicher-heit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten? Die Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Ge-meinschaft erfassen inzwischen fast alle Bereiche des technischen und sozialen Arbeitsschutzes.

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Beispiele für die Umsetzung

Die Wertstoffsortierung

von Hand birgt gesund-

heitliche Gefahren durch

krankmachende Keime.

Die Betriebssicher-

heitsverordnung

regelt Anforderun-

gen an die Bereitstel-

lung und Benutzung

aller Arbeitsmittel,

an den betrieblichen

Explosionsschutz und

an den Betrieb über-

wachungsbedürftiger

Anlagen.

Ob in der Nahrungs-

mittelbranche, im

Gesundheitswesen,

in der Landwirt-

schaft, im Bauwesen,

in der Metall- und

Holzbranche... - Bio-

logische Arbeitsstoffe

wie Bakterien, Pilze,

Viren oder Parasiten

kommen in vielen

Bereichen vor. Mit

der Biostoffverord-

nung wurde die

EG-Richtlinie am

27. Januar 1999

in deutsches Recht

umgesetzt.

Der innovative Charakter der europä-ischen Arbeitsschutzpolitik zeigt sich vor allem darin, dass über das Spektrum der gesundheitlichen Belastungen am Arbeitsplatz hinaus eine umfassende und vorausschauende Risikobewertung eingeführt und der Gesundheitsschutz auf psychische Belastungen und arbeits-organisatorische Ursachenkomplexe ausgeweitet wurde. Damit rückte die menschengerechte Gestaltung der Arbeit ins Blickfeld der Arbeitsschutzpolitik, die das Wohlbefinden der Beschäftigten zum Ziel hat. Außerdem trägt sie den Veränderungen der Arbeitswelt Rech-nung und berücksichtigt psychosoziale Risiken, wie beispielsweise Stress am Arbeitsplatz.

Den Anspruch der europäischen Arbeits-schutzpolitik, „Arbeit menschengerecht zu gestalten“ hat Deutschland mit dem Arbeitsschutzgesetz von 1996 verbind-lich festgeschrieben. Das markierte die Abkehr vom traditionellen, technischen Arbeitsschutz. Bis dahin war dieser an der technischen Beschaffenheit und unmittelbaren physikalischen oder che-mischen Einwirkungen orientiert und hatte sich auf die Gefahrenabwehr z.B. durch sichere Maschinen, Festsetzung von Grenzwerten für Lärm, Gefahrstoffe usw. konzentriert.

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Die Europäische Agentur für Si-cherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Die Agentur mit Sitz in Bilbao (Spanien) sammelt alle relevanten technischen, wissenschaftli-chen und wirtschaftlichen Informationen rund um den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Europa und stellt sie den EU-Organisationen, Mitgliedsländern bzw. den Arbeitsschutzakteuren und Forschungsinstituten gebündelt zur Ver-fügung. Darüber hinaus gibt die Arbeits-schutzagentur Anstöße für Konferenzen, Seminare und Kampagnen wie die jähr-liche „Europäische Woche für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“, die jeweils Schwerpunkte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes thematisiert.

Viele chemische und biologische Arbeitsstoffe bergen

versteckte Risiken: Krebs, Asthma, neuropsychiatrische

Probleme, um nur einige Krankheiten zu nennen, die

beim Umgang mit diesen Stoffen verursacht werden

können. Viele Beschäftigte sind sich dieser Gefahren

oftmals gar nicht bewusst und jede Branche ist betrof-

fen: Im Baugewerbe kann das in feuchtem Zement ent-

haltene sechswertige Chrom schwerwiegende Ekzeme

verursachen, Lösungsmittel, die z.B. in der Druck- und

der Textilindustrie oder in chemischen Reinigungen

verwendet werden, können das zentrale Nervensystem

schwächen und zu Hautkrankheiten führen. Kanalar-

beiter sind der Gefahr von Magen-Darm-Erkrankun-

gen, Landwirte der Gefahr von bakteriell bedingten

Erkrankungen und Schreiner dem Nasenkrebsrisiko

ausgesetzt.

Arbeitsschutz weltweit. Über den Weg nach Europa hinaus hat Deutsch-land gemeinsam mit mehr als 120 Ländern das „Übereinkommen über die Arbeitsaufsicht in Gewerbe und Handel“ der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) unterschrieben. Es definiert einen weltweiten Standard für die Anforderun-gen der Staatlichen Arbeitsschutzauf-sicht und fordert u.a. eine ausreichende personelle und sächliche Ausstattung sowie die Unabhängigkeit und Unpartei-lichkeit des Aufsichtspersonals.

Auch das

„Bäckerasthma“,

verursacht durch

Mehlstaub, ist

eine dieser vielen

berufsbedingten

Erkrankungen.

„Gemeinsam gegen Muskel- und Ske-letterkrankungen“, die europaweit zu den häufigsten arbeitsbedingten Erkran-kungen zählen, heißt es im Jahr 2000. Ein Jahr später konzentriert sich die Kampagne auf die Verhütung von Ar-beitsunfällen vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen, in denen die meisten arbeitsbedingten Unfälle vor-kommen. 2002 stehen die psychischen Belastungen im Mittelpunkt: Fast jeder dritte Beschäftigte in Europa, das sind mehr als 40 Millionen Menschen, gibt an, unter Stress am Arbeitsplatz zu lei-den. 2003 stehen die Risiken beim Um-gang mit Gefahrstoffen bei der Arbeit im Mittelpunkt, von denen rund ein Viertel der 150 Millionen Beschäftigten in der EU betroffen sind.

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„Im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens steht das

Wohl des Menschen. Der Schutz seiner Arbeits-

kraft hat Vorrang vor dem Schutz des materiel-

len Besitzes.“

Artikel 24 Abs. 1 der Verfassung des Landes NRW

Von der Unfallverhütung zum

Arbeitsschutzmanagement

Ein Unfallverhütungspla-

kat „Hab acht! Entferne

nie Schutzgitter von Ma-

schinen!“ abgedruckt im

„Arbeiterschutzbüchlein“.

In gereimter Form mahnt

das Arbeiterschutzbüch-

lein Unfallverhütungsmaß-

nahmen an:

Sinnlos ist und son-

der Nutz’ wegge-

stellter Räderschutz.

„Der Mensch im Mittelpunkt – diese Maxime der staatlichen Arbeits-schutzverwaltung NRW gilt seit der „Geburtsstunde der Gewerbeaufsicht“ bis heute unverändert. Doch mit den Veränderungen der technischen, gesell-schaftlichen und sozialen Rahmenbedin-gungen haben sich in 150 Jahren auch die Organisationsformen und Konzepte der Arbeitsschutzverwaltung gewandelt, um den jeweiligen Erfordernissen zu entsprechen.

Steht am Anfang der Einsatz der Fabrik-inspektoren gegen die unmenschliche Ausbeutung der kindlichen Arbeitskraft, so weitet sich das Aufgabengebiet der

Gewerbeaufsicht in der Folgezeit immer weiter aus. Schwerpunkt ist dabei die Unfallverhütung. Dabei werden nicht nur die Unternehmer dazu angehalten, z.B. für entsprechende Schutzvorrich-tungen an Maschinen zu sorgen, auch die Arbeitnehmer werden in die Pflicht genommen.

„Jeder Arbeitnehmer muß sich bewußt sein, daß er durch einen Unfall und eine Berufserkrankung Gefahr läuft, sein wichtigstes, meist sein einziges Besitztum, die Erwerbsfähigkeit, zu verlieren. Der Selbstschutz ist für ihn eine Lebensnotwendigkeit.“Quelle: Das Arbeiterschutzbüchlein der

Reichsarbeitsverwaltung, herausgegeben zur

Reichsgesundheitswoche 1926 in Dresden

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Mehr als nur Unfallverhütung. Sichere Maschinen, Geräte und Anla-gen sind eine Sache, aber mit dem Ziel der menschengerechten Gestaltung von Arbeit, das sich die Arbeitsschutz-verwaltung NRW auf ihre Fahnen ge-schrieben hat, rückt die Prävention in den Mittelpunkt. Arbeitsschutz heute ist mehr als Unfallverhütung. Im Sinne eines präventiven Arbeitsschutzes geht es darum, Gesundheitsgefahren bei der Arbeit zu vermeiden und das Wohlbe-finden der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu fördern. Alle arbeitsbedingten Belas-tungen – körperliche, psychische und so-ziale – müssen in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden.

Im Mittelpunkt steht

die Unfallverhütung

In den 1970-er

Jahren gibt die

Deutsche Bundespost

eine Dauerserie zur

„Unfallverhütung“

heraus.

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Bei der Neuorganisation der Staatlichen

Gewerbeaufsicht 1994 wird aus den

Staatlichen Gewerbeärzten und der

Zentralstelle für Sicherheitstechnik

die Landesanstalt für Arbeitsschutz

NRW gebildet. Aus den bis dahin 22

Gewerbeaufsichtsämtern in NRW werden

12 Staatliche Ämter für Arbeitsschutz

(StÄfA). Anstelle der regelmäßigen und

umfassenden Revision aller Betriebe in NRW

konzentriert sich die Arbeitsschutzverwaltung

auf Problemschwerpunkte. D.h., die

Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz als

„Sensoren“ spüren Arbeitsschutzprobleme

auf, die entweder in „Eigenregie“ der

StÄfA in regionalen Programmen oder in

landesweiten Programmen in Zusammenarbeit

mit der Landesanstalt für Arbeitsschutz

NRW (LAfA) aufgegriffen werden. Ziel ist

es, branchenübergreifende Lösungen über

den Einzelfall hinaus zu entwickeln und

die Unternehmen mit praxisorientierten

Handlungshilfen zu unterstützen.

Mit dem Arbeitsschutzgesetz von 1996 wird

die Tätigkeit der Arbeitsschutzverwaltung

auf einen umfassenden, präventiven

Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt im Sinne

der europäischen Arbeitsschutzrichtlinien

ausgerichtet.

Das Konzept der nordrhein-westfälischen

Arbeitsschutzpolitik „Informieren, beraten und

überwachen“, stellt die Dienstleistung vor die

Überwachung.

„Auch die Betriebe wissen sehr genau, dass Prä-

vention ein wichtiger Aspekt ist. Denn Arbeits-

schutz senkt die betrieblichen Kosten und entlas-

tet langfristig die Sozialsysteme. Arbeitsschutz

fördert die betriebliche Modernisierung und

macht somit Arbeitsplätze zukunftssicher und

fördert die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten.

Gründe genug, dass Betriebe dem Arbeitsschutz

einen hohen Stellenwert beimessen.“

Der Paradigmenwechsel – von der Unfallverhütung zur Ge-sundheitsförderung – stellt die Unternehmen vor neue Herausforderun-gen: Die Betriebe müssen potentielle Gefährdungen am Arbeitsplatz ermitteln und beurteilen und Arbeitsschutzmaß-nahmen eigenverantwortlich festlegen. Das Arbeitsschutzgesetz gibt zwar prin-zipielle Vorgehensweisen vor, nicht aber die konkrete Ausgestaltung. Der Gesetz-geber lässt den Betrieben Spielräume für individuelle Wege. Vor allem kleine und mittlere Betriebe fühlen sich damit zum Teil überfordert. Im Gegensatz zu großen Unternehmen können sie keinen entspre-chenden Mitarbeiterstab stellen, der sich

auf die Belange des Arbeitsschutzes konzentrieren kann. Die Beratung durch die Arbeitsschutzverwaltung spielt des-wegen vor allem in kleinen und mittleren Betrieben eine wichtige unterstützende Rolle.

Meilensteine „von der Aufsicht zur

Dienstleistung“

NRW-Wirtschafts- und

Arbeitsminister

Harald Schartau zum

150-jährigen Bestehen

der Gewerbeaufsicht auf

der Jubiläumsfeier des

Vereins der Deutschen

Gewerbeaufsichtsbe-

amten (VDGAB) in der

Deutschen Arbeitsschutz-

ausstellung (DASA),

Dortmund, im Mai 2003

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Arbeitsschutz managen, aber wie? Eine betriebliche Arbeitsschutz-organisation, die nachhaltig wirken soll, kann nur in einem kontinuierlichen Pro-zess aufgebaut werden. Es gilt, den Ar-beitsschutz in die betrieblichen Prozesse, wie etwa die Gestaltung der Arbeitsor-ganisation und Personalentwicklung, zu integrieren. Diese systematischen An-sätze im Sinne eines Arbeitsschutzma-nagements in den Betrieben anzustoßen, sie dabei zu beraten und zu unterstützen, ist das Ziel der Arbeitsschutzverwaltung NRW.

Vernetzte Kompetenz

einfach,

unbürokratisch

schnell

Beratung geht vor. Das Konzept der nordrhein-westfälischen Arbeits-schutzpolitik „Informieren, beraten und überwachen“ stellt Dienstleistungsange-bote vor die Überwachung. Wenngleich nicht darauf verzichtet werden kann, vor Ort – etwa bei Betriebsbesichtigungen im Rahmen der Programmarbeit – zu überprüfen, ob Arbeitsschutzmaßnah-men greifen. Neben der Beratung der Unternehmen gehören zum Servicepaket praxisorientierte Handlungskonzepte, Broschüren, Faltblätter etc. ebenso wie Informationsveranstaltungen. Angespro-chen wird dabei auch die nachwach-sende Generation von Beschäftigten: Zum einen gilt es, die Jugendlichen für den Arbeitsschutz zu sensibilisieren und

Dass das „Heben und Tragen“ in die-

sem Fall nicht optimal gelöst wurde, ist

offensichtlich, aber Rückenbeschwerden

durch zu schweres Heben und Tragen

sind auch noch heute ein Problem und

einer der Hauptgründe für Arbeitsun-

fähigkeit von Beschäftigten. Ein nicht

zu unterschätzender Kostenfaktor für

die Unternehmen, wie für die Volkswirt-

schaft. Eine systematische Organisation

des Arbeitsschutzes, bei der das „Heben

und Tragen“ in die Betriebsorganisation

und -abläufe eingebunden wird, stärkt

den Beschäftigten langfristig den Rücken

und spart den Unternehmen Kosten.

Aus dem Atlas der gewerblichen

Gesundheitspflege, 1926

zum anderen kann die Information von Schülerinnen und Schülern zu Themen wie z.B. Allergie und Berufswahl Fehl-entscheidungen verhindern. Nicht zu vergessen der Verbraucherschutz: Durch Marktkontrollen werden beispielsweise technische Geräte und Maschinen – von der Lichterkette für die Gartenparty bis zur Heimwerkerausstattung – auf ihre sicherheitstechnisch einwandfreie Be-schaffenheit hin überprüft.

Informationen, Praxishilfen und

Hinweise auf Vorschriften bietet die

Arbeitsschutzverwaltung auch per

Mausklick. KomNet, das Kompetenznetz

Arbeitsschutz, stellt darüber hinaus

kostenfreie Expertenberatung online bereit.

Außerdem will die Arbeitsschutzverwaltung

Genehmigungs- und Anzeigepflichten so

bequem wie möglich machen.

Mit Anträge-Online NRW können

Antragsverfahren per Internet abgewickelt

werden, „Papierkram“ und der Weg

zur Behörde gespart werden. In Zukunft

sollen Formulare mit der digitalen Signatur

rechtskräftig und sicher im Internetbrowser

unterschrieben werden können. Was

derzeit noch auf Genehmigungsanträge im

Bereich des Strahlenschutzes beschränkt

ist, soll schrittweise landesweit auf andere

Themenfelder ausgeweitet werden.

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Wandel gestalten, gesünder arbeiten auch in der Zukunft!

„Die heutigen Menschen glauben, daß

man Arbeit so einrichten müsse, daß

sie möglichst viel abwerfe. Das ist ein

falscher Glaube, man muß die Arbeit

so einrichten, daß sie die Menschen

beglückt.“

Paul Ernst (1866-1933), dt. Schriftsteller

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Schöne neue Arbeitswelt?

Herausforderungen für den

Arbeitsschutz!

Von der Industrie- zur Dienst-leistungs- und Wissensgesell-schaft... Eine industriefreie Gesell-schaft wird es auch in Zukunft nicht geben, aber seit 1995 hat in Deutschland der Dienstleistungssektor den Produk-tionssektor in der Wirtschaftsleistung überholt: Tendenz steigend. Im Jahre 2010 werden nach Expertenschätzungen nur noch 24% der Erwerbstätigen in der Produktion arbeiten.

Was die Arbeitswelt und damit die Ar-beitsschutzverwaltung erwartet, zeichnet sich bereits deutlich ab: „Höher, schnel-ler, weiter“ – diese Devise gilt nicht nur für den Leistungssport, sondern auch für die Arbeitswelt. Stichwort Globali-sierung: Auf dem Weltmarkt bläst den

deutschen Unternehmen ein scharfer Konkurrenzwind aus Richtung der Mit-bewerber entgegen. Dieser Qualitäts-, Zeit- und Kostendruck sitzt nicht nur den Betrieben, sondern auch den Beschäftig-ten im Nacken. Qualifiziert, motiviert, flexibel, kreativ und engagiert sollen sie sein, um mit den Anforderungen der Wissensgesellschaft Schritt halten zu können. Informationen müssen immer schneller verarbeitet werden, hinzu kom-men neue Technologien sowie veränder-te Arbeits- und Organisationsformen.

Außerdem wächst die Angst um den Arbeitsplatz, denn um Kosten zu sparen, streichen Wirtschaft und Verwaltungen Stellen, wandeln feste in befristete Arbeitsverhältnisse um und sourcen

“Bei Anruf Stress”... Bis zu 300 Anrufe täglich, da müssen

Stimmbänder und Gehör der Beschäftigten im Call-Center

Schwerstarbeit leisten. Die Arbeit am Bildschirm ermüdet die

Augen, verspannt Rücken und Schultern. Informationen müssen

sekundenschnell verarbeitet werden. Das erfordert höchste

Konzentration – und dabei heißt es „immer freundlich bleiben“,

auch bei ungeduldigen oder verärgerten Kunden

kostenträchtige Bereiche aus. Eine lang-fristige Berufs- und Lebensplanung wird damit erschwert, ebenso wie die Mög-lichkeiten, sich beruflich zu etablieren und weiter zu qualifizieren.

War es früher körperlich schwere Arbeit, die die Gesundheit der Beschäftigten belastet hat, so gewinnen heute die psy-chischen Belastungen zunehmend die Oberhand: Arbeitnehmer klagen über Burn-out und Mobbing; es ist die Rede vom „Arbeiten ohne Ende“ und „Innerer Kündigung“.

Telefonistinnen in

den 1930-er Jahren

- und heute?

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Drangsalieren,

schikanieren, isolieren...

In Deutschland leiden

rund 1,6 Millionen

Menschen unter Mobbing

am Arbeitsplatz

Es stellt sich die Frage, wie Arbeits-schutz aussehen kann in einer Zeit, in der sich das „normale“ Arbeitsverhältnis an einem festen Ort zunehmend auflöst. Die klassische Erwerbsbiographie – ein lebenslang ausgeübter Beruf bei einem Arbeitgeber – das war einmal.

Die Beschäftigungsverhältnisse schwan-ken zwischen vielfältig und prekär und reichen von der Heim- und Telearbeit über Leih- und (Teil-)Zeitarbeit bis hin zu Freelancern, Scheinselbständigen und Ich-AGs. Da bleiben die traditionellen Arbeitsschutzregelungen oftmals außen vor – die Gewerbeaufsicht im Wohnzim-mer eines Telearbeiters? Die herkömmli-chen Arbeitsstrukturen bröckeln und da-mit verliert die Arbeitsschutzverwaltung

einen Teil ihrer bisherigen „Kundschaft“. Auf der anderen Seite drängen die mit den veränderten Strukturen der Ar-beitswelt verbundenen Probleme dazu, Arbeitsschutz aktiv zu gestalten. Das gilt für den Bereich der psychischen Belas-tungen ebenso wie für den Arbeitsschutz im Umgang mit Zukunftstechnologien wie der Bio- und Gentechnik. Gefragt sind darüber hinaus Arbeitszeitmodelle, die es Frauen wie Männern ermöglichen, Familie und Beruf stressfrei zu verein-baren.

Da die deutsche Bevölkerung im Durchschnitt immer älter wird, gilt es Modelle für alter(n)sgerechte Arbeit zu entwickeln. Es klingt zwar logisch, dass wer länger lebt und potentiell länger

Früher Fabrikinspektor – heute Dienstleister – und morgen? Heute

sind die Gewerbeaufsichtsbeamtinnen und -beamten wichtige Ak-

teure an der Schnittstelle von Ökonomie, Ökologie und Sozialstaat“.

Dies hatte der Vorsitzende des Vereins der Deutschen Gewerbeauf-

sichtsbeamten (VDGAB), Gerd Albracht, bei der Feier zum 150-

jährigen Jubiläum in der Deutschen Arbeitsschutzausstellung in

Dortmund, im Mai 2003, betont. Doch wie steht es um die Bedeutung

und die Wirkungsmöglichkeiten der Gewerbeaufsichtsbeamten von

morgen?

Rente bezieht, auch länger arbeiten (und Beiträge zahlen) muss, um eine ausrei-chende Rente zu erhalten, doch das geht an der Realität der heutigen Arbeitswelt völlig vorbei. Angesichts des Trends, ältere Beschäftigte durch junge, dynami-sche Mitarbeiter zu ersetzen, stellt sich die Frage, welcher Betrieb ältere Arbeit-nehmer einstellt.

Nicht zuletzt gibt es noch einiges zu tun, um die Öffentlichkeit in Sachen Arbeitsschutz zu sensibilisieren und den Arbeitsschutz – dessen Image noch immer eng verbunden ist mit „Arbeits-handschuhen, Schutzhelm und -brille sowie Sicherheitsschuhen“ – in neues Licht zu setzen.

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Ein wichtiger Schritt, um ein öffentliches Bewusstsein für den Arbeitsschutz zu schaffen, ist die von NRW-Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau initiierte Gemeinschaftsinitiative „Ge-sünder Arbeiten“.

Darin haben sich Unternehmen, So-zialpartner, Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und die nordrhein-west-fälische Landesregierung zusammenge-schlossen, um das moderne, ganzheit-liche Verständnis von Arbeitsschutz in die Öffentlichkeit und die Betriebe zu tragen.

Poster der

Gemeinschaftsinitiative

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www.lafa-duesseldorf.nrw.de