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Energie ist der Motor der modernen Wirtschaft und eine Grundvoraussetzung von Wirtschafswachstum und Wohlstand. Die zentrale Bedeutung von Energie hat in der globalisierten Welt noch zugenommen. Mit einem Anteil von über 80% am Gesamt-Energieverbrauch spielen vor allem fossile Energieträger, Erdöl, Erdgas und Kohle eine zentrale Rolle, allen voran Erdöl mit einem Anteil von 34%, gefolgt von Kohle mit 26% und Erdgas mit 22%.
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Weltweiter Energiebedarf: Ist-Situation und Zukunftsperspektiven
Energie ist der Motor der modernen Wirtschaft und eine Grundvoraussetzung von
Wirtschafswachstum und Wohlstand. Die zentrale Bedeutung von Energie hat in der
globalisierten Welt noch zugenommen. Mit einem Anteil von über 80% am Gesamt-
Energieverbrauch spielen vor allem fossile Energieträger, Erdöl, Erdgas und Kohle eine
zentrale Rolle, allen voran Erdöl mit einem Anteil von 34%, gefolgt von Kohle mit 26% und
Erdgas mit 22%.
Im vergangenen Jahrzehnt ist es zu einer massiven Verteuerung des Erdöls von ca. 25 US$ pro
Barrel auf über 100 US$ für dieselbe Menge gekommen. Während es in der Vergangenheit immer
wieder starke Schwankungen des Ölpreises gab und es diese auch in Zukunft geben wird, scheint
der Ölpreis sich nun auf einem viel höheren Niveau zu bewegen. Experten halten es für
unwahrscheinlich, dass die Preise auf einen niedrigen Stand wie dem zu Beginn des Millenniums
fallen werden. Diese Entwicklung hat auf dem Energiemarkt zu beachtlichen Veränderungen
geführt. Energieträger, deren Förderung in der Vergangenheit nicht gewinnbringend war, wurden
durch die gestiegenen Erdölpreise profitabel. Die großen Firmen im Energiegeschäft begannen in
neue Energieformen zu investieren. Nicht zuletzt als Folge des hohen Ölpreises haben
erneuerbare Energieformen wie Wind- und Solarenergie mit zum Teil zweistelligen
Wachstumsraten einen bedeutsamen Aufschwung erfahren (Graph 1).
Graph 1
Eine weitere Folge des hohen Ölpreises ist der zunehmende Ausbau nicht-konventioneller fossiler
Energieträger wie Schiefergas und Schieferöl oder auch die Erschließung von Öl- und
Gasreserven in der Arktis. Diesbezüglich sei vor allem auf die „Schiefergasrevolution“ in den USA
hingewiesen: Ermöglicht durch den Einsatz neuer Technologien hat diese Entwicklung in den USA
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2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
(US$/b)(mill. toe)Ölpreis und Verbrauch an Erneuerbarer Energie, 2000-2012
Verbrauch: Erneuerbare Energie Öl Preis
Quelle: BP Statistical Review of the World Energy 2013; toe = Tonnen ErdöläquivalentEEnergynergy
zu einem Öl- und Gas-Boom geführt, wie es ihn dort seit 100 Jahren nicht mehr gegeben hat. Dies
brachte fundamentale Konsequenzen für den größten Energieverbraucher der Welt mit sich.
Neuesten Prognosen zufolge wird die USA in wenigen Jahren von einem bedeutenden Erdgas-
Importeur zu einem Erdgas-Exporteur aufsteigen. Auch die Erdölproduktion wird stark ansteigen.
Dies bewirkt eine grundlegende Veränderung des internationalen Energiegefüges, da sich die
strategischen Interessen der Wirtschaftsmacht USA verschieben. Der Mittlere Osten als
Energielieferant verliert, zumindest für die USA, an Bedeutung. Welche Rolle
Schiefergasförderung in Zukunft in anderen Regionen spielen wird, bleibt abzuwarten. Die Sorge,
dass die Erdölförderung nicht mehr gesteigert werden kann, scheint durch diese Entwicklung in
weite Zukunft gerückt zu sein. Die Frage der Energiesicherheit ist jedoch nach wie vor von
Bedeutung, da viele Länder, die Erdöl und Erdgas fördern, und solche, die als Transportkorridore
fungieren, in politisch instabilen Regionen liegen (z.B. Mittlerer Osten, Afrika).
Trotz hoher Energiepreise steigt der weltweite Energieverbrauch, vor allem in den Schwellen- und
Entwicklungsländern, weiter an. Die zunehmende Abhängigkeit von fossilen Energieträgern vieler
Länder einerseits und die Sorgen rund um die Umweltverschmutzung durch fossile Energieträger
andererseits machen die Frage nach der Entwicklung des zukünftigen Energiebedarfs sowie des
globalen „Energiemix“ besonders brisant.
Tabelle 1
Einige Kennzahlen im Vergleich 2012
Einwohner Einwohner Einwohner Einwohner (Millionen) (Millionen) (Millionen) (Millionen)
Bruttosozialprodukt Bruttosozialprodukt Bruttosozialprodukt Bruttosozialprodukt pro Kopf (US$)pro Kopf (US$)pro Kopf (US$)pro Kopf (US$)
Autos pro Autos pro Autos pro Autos pro 1000 1000 1000 1000
EinwohnerEinwohnerEinwohnerEinwohner a
PrimärenergiePrimärenergiePrimärenergiePrimärenergie----Verbrauch pro Verbrauch pro Verbrauch pro Verbrauch pro
Kopf (toe)Kopf (toe)Kopf (toe)Kopf (toe)
Urbanisierungsgrad Urbanisierungsgrad Urbanisierungsgrad Urbanisierungsgrad in % der in % der in % der in % der
GesamtbevölkerungGesamtbevölkerungGesamtbevölkerungGesamtbevölkerung
USAUSAUSAUSA 314314314314 52340523405234052340 424242428888 7.07.07.07.0 83838383
JapanJapanJapanJapan 128128128128 47880478804788047880 453453453453 3.63.63.63.6 92929292 Euro Euro Euro Euro ZoneZoneZoneZone 334334334334 37884378843788437884 470470470470 3.53.53.53.5 76767676
ChinaChinaChinaChina 1350135013501350 5720572057205720 57575757 1.41.41.41.4 52525252
IndienIndienIndienIndien 1237123712371237 1580158015801580 11118888 0.60.60.60.6 32323232
Quellen: Weltbank; aDaten beziehen sich auf das Jahr 2010
Es stellt sich die Frage: Wie wird sich der weltweite Energiebedarf in den kommenden
Jahrzehnten entwickeln? Wird es genügend Angebot für die ständig steigende Nachfrage geben?
Wird es gelingen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wesentlich zu verringern und wird
der Anteil der erneuerbaren Energien erheblich zunehmen, um die durch fossile Energieträger
verursachte Umweltverschmutzung zu reduzieren? Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung
des gegenwärtigen weltweiten Energiebedarfs sowie eine Vorschau auf die Entwicklung in den
kommenden Jahrzehnten, unter Berücksichtigung der neuesten Prognosen.
Die wichtigsten Faktoren, welche den Energieverbrauch bestimmen, sind das
Bevölkerungswachstum einerseits und das Wirtschaftswachstum sowie die zunehmende
Industrialisierung und Urbanisierung in den Schwellen- und Entwicklungsländern andererseits.
Zwischen 2010 und 2040 wird die Welt-bevölkerung von 7 Milliarden auf 9 Milliarden anwachsen,
wobei das Bevölkerungs-wachstum ausschließlich in den Schwellen- und Entwicklungsländern
stattfinden wird. Die Wirtschaft wird im selben Zeitraum in den Nicht-OECD Ländern um 4.4%
wachsen, während sie in den OECD Ländern um lediglich 2% zunehmen wird. Der Nachholbedarf
bezüglich Wirtschaftsentwicklung, steigendem Lebensstandard und die daraus folgende
Entwicklung hin zu einem gesteigerten Energieverbrauch in den Nicht-OECD Staaten ist enorm.
Eine Kennzahl ist hier besonders aussagekräftig: Während in den USA, in der Eurozone und in
Japan auf 1000 Einwohner zwischen 428 und 470 PKWs kommen, sind es in China lediglich 57 und
in Indien nur 18 (Tabelle 1). Auch der Pro-Kopf-Energieverbrauch ist in den Nicht-OECD Ländern
deutlich niedriger als in den OECD-Ländern. Während ein US-Amerikaner im Jahr sieben Tonnen
Energie verbraucht, beträgt diese Kennzahl in Indien nur 0.6 Tonnen.
Graph 2
Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 (Daten beziehen sich auf den Primär-Energiebedarf)
Neuesten Prognosen zufolge wird der weltweite Energiebedarf zwischen 2010 und 2040 um 35%
wachsen. Als Folge des Bevölkerungswachstums, des wirtschaftlichen Aufschwungs, der
zunehmenden Industrialisierung und Urbanisierung und der damit verbundenen Steigerung des
Wohlstandes wird das Energiewachstum ausschließlich in den Schwellenländern, vor allem in
China und Indien, und in den Entwicklungs-Ländern stattfinden, während in den OECD Ländern bis
2040 ein leichter Rückgang prognostiziert wird (Graph 2). Eine wichtige Voraussetzung für die
5.750 5.800 5.550
4.2005.600 6.825
3100
49255375
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
14.000
16.000
18.000
20.000
2010 2025 2040
Weltweiter Energiebedarf (mill. toe)
OECD Nicht-OECD exkl. China & Indien China & Indien
24 %%
30%30%
32%
44%
34%
36%
38%
31%
Anteil in %
Anteil in %
Anteil in %
Erreichung dieser Prognose ist eine Steigerung der Energieeffizienz (beispielsweise durch die
Produktion von Autos mit sparsamen Kraftstoffverbrauch).
Graph 3
Weltweiter Energiemix
Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 (Daten beziehen sich auf den Primär-Energiebedarf)
Bezüglich der Entwicklung der einzelnen Energieträger ergibt sich folgendes Bild: Der Bedarf an
fossilen Energieträgern – Erdöl, Erdgas und Kohle – wird von 82% im Jahr 2010 auf 79% im Jahr
2025 und auf 77% im Jahr 2040 sinken, letztere werden jedoch immer noch mehr als drei Viertel
des weltweiten Energiebedarfs ausmachen. Während der Anteil von Erdgas im Jahr 2010 22%
betrug und im Jahr 2025 auf 24% und 2040 auf 27% steigen wird, wird jener von Kohle von 26% im
Jahr 2010 auf 19% im Jahr 2040 sinken. Der Erdölanteil, der im Jahr 2010 34% im Jahr 2010
ausmachte, wird für die Jahre 2025 und 2040 jeweils auf 31% prognostiziert, jedoch wird Erdöl
nach wie vor der weltweite Energieträger Nr. 1 bleiben. Der Anstieg von Erdgas einerseits und der
Rückgang von Kohle andererseits können als positive Entwicklung gesehen werden, da bei der
Verbrennung von Gas weniger Kohlendioxid und andere Luftschadstoffe freigesetzt werden und es
somit die sauberere Alternative zu Kohle und Öl ist. Erneuerbare Energien (ohne Wasserkraft und
Biomasse) werden zwar stark zunehmen, aber im weltweiten Energiemix im Jahr 2040 nur
bescheidene 4% ausmachen.
Betrachtet man die einzelnen Wirtschaftssektoren, so ergibt sich ein differenziertes Bild. Während
im privaten- und gewerblichen Sektor der Energieverbrauch im Zeitraum von 2010 bis 2040 um
28% und im Industrie-Sektor um 35% ansteigen wird, wird der Transportsektor ein Wachstum von
42% im selben Zeitraum erleben. Erdöl wird im Transportsektor auch in Zukunft die führende
Rolle spielen. 2010 betrug der Anteil von Erdöl im Transportsektor 95%, 2040 wird er immerhin
noch 87% ausmachen. Der Anteil von Gas und Biokraftstoffen wird von lediglich 4% im Jahre 2010
auf 11% im Jahre 2040 erhöht werden.
Weitreichendere Veränderungen wird es in den kommenden Jahrzehnten im Elektrizitätssektor
geben. Diesbezüglich sei erwähnt, dass weltweit nach wie vor 1.3 Milliarden Menschen keinen
Zugang zu Elektrizität haben. In diesem Sektor werden die höchsten Wachstumsraten
prognostiziert: 90% weltweit zwischen 2010 bis 2040, 163% in den Nicht-OECD Ländern und
lediglich 23% in den OECD Ländern. Bei der Elektrizitätsgewinnung werden erneuerbare
Energieträger einen enormen Zuwachs erfahren. Zwischen 2010 und 2040 wird die
Stromgewinnung aus Windenergie mit 540% am stärksten wachsen, andere erneuerbare Energien
werden um 188% und Wasserkraft um 80% zunehmen. Bei den fossilen Energieträgern wird Kohle
bis 2025 noch weiter leicht ansteigen, sich dann aber rückläufig entwickeln, während Gas mit einer
Zuwachsrate von 78% zwischen 2010 und 2040 stark ansteigen wird. Das zur
Elektrizitätsgewinnung ohnehin wenig verwendete Erdöl wird in Zukunft weiterhin an Bedeutung
verlieren. Ein Trend hin zu „saubereren“ Energieträgern ist im Stromgewinnungssektor eindeutig
erkennbar. Atomstrom wird zwischen 2010 und 2040 um 109% ansteigen (Graph 4).
Graph 4
Durch die Erschließung unkonventioneller fossiler Energieformen, wie Schiefergas und Schieferöl
scheint das Ende des „fossilen Energie-Zeitalters“ in weitere Ferne gerückt zu sein. Die Angst,
dass Erdöl in absehbarer Zeit ausgehen könnte, ist daher vorerst gebannt. Da Investitionen im
Energiebereich sehr kapitalintensiv sind, befürchten manche Experten, dass zu viel Kapital in
unkonventionelle fossile Energieformen investiert wird, was sich auf Investitionen in erneuerbare
Energieträger nachteilig auswirken könnte.
0 500 1000 1500 2000 2500 3000
2010
2025
2040
Weltweite Elektrizitätsgewinnung nach Energieträger
Andere ErneuerbareEnergienWind
Wasserkraft
Nuclear
Kohle
Gas
Erdöl
(mill. toe)
Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 (Daten beziehen sich auf den Primär-Energiebedarf)
Da der zukünftige Energiebedarf nach wie vor zu einem großen Teil durch fossile Energieträger
gedeckt wird, werden energieabhängige CO2-Emissionen bis 2025 weltweit weiter ansteigen. In
den OECD-Ländern wird es als Folge sinkenden Energiebedarfs zu einer Verringerung kommen,
während in den Nicht-OECD Ländern bis 2025 die CO2-Emissionen signifikant ansteigen werden.
Erst danach wird es weltweit zu einem Rückgang kommen (Graph 5).
Graph 5
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bis 2040 der Energiebedarf weltweit um 35%
ansteigen wird, dies unter der Voraussetzung, dass es gelingt die Energieeffizienz stark zu
erhöhen. Fossile Energieträger werden auch im Jahr 2040 immer noch mehr als drei Viertel des
Primär-Energiebedarfs ausmachen, wobei ein erheblicher Anteil von nicht-konventionellen
fossilen Energieformen wie Schieferöl und Schiefergas gedeckt werden wird. Eine weltweite
Energieversorgung ohne fossile Energie ist noch lange nicht in Sicht. Erdöl wird mit 31% am
Gesamtenergiebedarf auch im Jahr 2040 weltweit der Energieträger Nr. 1 bleiben, vor allem
aufgrund seiner Flexibilität. Erdgas, der „sauberste“ fossile Energieträger wird den größten
Zuwachs verzeichnen und mit einem Anteil von 27% im Jahr 2040 die Kohle mit einem Anteil von
19% auf Platz drei verweisen. Erneuerbare Energien werden sich zwischen 2010 und 2040 mehr als
verdreifachen, jedoch nur einen bescheidenen Anteil von 4% am weltweiten Gesamtenergiebedarf
ausmachen. Vor allem bei der Stromproduktion wird der Anteil an erneuerbaren Energien an
Wichtigkeit gewinnen. Obwohl es in den kommenden Jahrzehnten zu keiner bedeutenden
Energiewende kommen wird, so werden doch durch vermehrten Einsatz von Erdgas einerseits und
die Zunahme von erneuerbaren Energien andererseits die durch Energienutzung bedingte CO2-
Emissionen bis 2025 weltweit geringfügiger ansteigen als in den vergangenen Jahrzehnten und bis
2040 sogar leicht sinken.
Monika Psenner - Energie-Expertin
12,8 11,8 9,7
17,825,0 26,6
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2010 2025 2040
(Bill. Tonnen)
Energieabhängige CO2 Emissionen
OECD Nicht-OECD
Quelle: ExxonMobil Energy Outlook 2014 (Daten beziehen sich auf den Primär-Energiebedarf)
58%
42%
68%
32%
73%
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Anteil in %Anteil in %
Anteil in %