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Im Zeitraum Juni 2014 bis Anfang Jänner 2015 ist der Ölpreis um über 50% gesunken. Mit Spannung wurde auf die Entscheidung der Öl-Minister der OPEC-Länder am 27. November gewartet, ob und in welchem Umfang die Fördermenge gekürzt werden würde, um einen weiteren Preisverfall zu verhindern. Doch die Fördermenge wurde zum Erstaunen vieler Analysten nicht gekürzt.
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Wie tief fällt der Erdölpreis noch?
Im Zeitraum Juni 2014 bis Anfang Jänner 2015 ist der Ölpreis um über 50% gesunken. Mit
Spannung wurde auf die Entscheidung der Öl-Minister der OPEC-Länder am 27. November
gewartet, ob und in welchem Umfang die Fördermenge gekürzt werden würde, um einen
weiteren Preisverfall zu verhindern. Doch die Fördermenge wurde zum Erstaunen vieler
Analysten nicht gekürzt.
Schon im Vorfeld der Verhandlungen ließen Saudi Arabien und andere OPEC-Golfstaaten
durchklingen, dass sie keiner Förderkürzung zustimmen würden. Andere OPEC-Mitgliedsländer,
wie Venezuela, Iran und Irak setzten sich dagegen für eine Kürzung der Fördermenge ein, da der
niedrige Ölpreis weitreichende negative Folgen für ihre ohnehin schwache Wirtschaft hat. Wieder
einmal hat sich gezeigt, dass die Interessen der einzelnen OPEC-Länder unterschiedlich sind und
dass Saudi Arabien, das Land mit der höchsten Produktion innerhalb der OPEC das Sagen hat.
Saudi Arabien und die anderen Golfländer verfügen über genügend Devisenreserven, um einen
niedrigen Ölpreis auch über einen längeren Zeitraum verkraften zu können, während sinkende
Einnahmen aus dem Erdölgeschäft andere OPEC-Länder, wie den Iran, den Irak oder Venezuela in
große Schwierigkeiten bringen würden, da sie ihre Haushalte nicht mehr finanzieren könnten.
Graph 1
Was sind die Gründe für den fallenden Ölpreis und warum will die OPEC nichts unternehmen, um
den Ölpreis wieder auf ein höheres Niveau zu bringen?
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Entwicklung des Erdölpreises (Brent) Juni '14 - Jänner '15(US$/Barrel)
Quelle: US Energy Information Adminstration
Der starke Preisverfall ist die Folge eines Überangebots an Erdöl auf den Weltmärkten. Vor allem
die USA haben ihre Erdölproduktion als Folge der ständig steigenden Schieferölförderung in den
vergangen Jahre stark erhöhen können. Im Zeitraum Jänner 2005 bis September 2014 stieg die
Produktion von 5,4 Millionen auf 8,9 Millionen Barrels pro Tag, was einen Zuwachs von über 3,4
Millionen Barrels täglich ausmacht. Zählt man den Anstieg der NGL1-Produktion dazu, so kommen
noch 1,3 Millionen Barrel pro Tag dazu. Als Folge der inländischen Produktionssteigerung nahmen
die amerikanischen Erdölimporte stark ab. Laut diversen Prognosen wird diese Entwicklung auch
in den kommenden Jahren anhalten. Auch andere Nicht-OPEC Länder wie Kanada und Brasilien
produzieren mehr Erdöl.
Graph 2
Auf der Nachfrageseite hat das schwache Wirtschaftswachstum vor allem in der Eurozone, aber
auch niedrigere Wachstumsraten in den Schwellenländern wie China, eine geringere Nachfrage
nach Erdöl zur Folge. Wie die letzten Prognosen des Internationalen Währungsfonds, der OECD
oder anderer namhafter Institutionen zeigen, wird sich die Weltwirtschaft nur langsam erholen
und ein Anstieg des Erdölkonsums ist deshalb kurzfristig nicht zu erwarten.
Anders als in der Vergangenheit, ist die OPEC oder besser gesagt Saudi Arabien nicht mehr bereit
die Öl-Produktion zu kürzen und somit Marktanteil zu verlieren, sondern scheint darauf zu setzen,
dass ein wesentlicher Teil der kleinen Schieferölproduzenten in den USA als Folge des niedrigen
Ölpreises die Produktion einstellen müssen und so das Angebot sinken wird und in Folge der
1 NGL (englisch: natural gas liquids) sind liquide Erdgaskondensate, die sowohl bei der Erdgasgewinnung als auch bei der Erdölgewinnung anfallen. NGLs sind leichte, hochwertige Produkte, die den verschiedenen Erdölprodukten beigemischt werden oder auch direkt verwendet werden, zum Beispiel in der in der petrochemischen Industrie.
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USA: Erdölproduktion 2005-2014(Millionen Barrels proTag)
Quelle: US Energy Information Adminstration
Ölpreis wieder steigen wird. Der Saudi-Arabische Ölminister sagte in einem Interview, dass er
davon ausgehe dass der Markt sich selbst wieder stabilisieren würde und es deshalb nicht
notwendig sei die Förderquoten der OPEC zu kürzen. Was er damit genau gemeint hat, blieb er den
Journalisten schuldig. Analysten interpretieren diese Aussage damit, dass Saudi Arabien davon
ausgeht, dass ein wesentlicher Teil der Schieferölproduktion in den USA wegen des niedrigen
Ölpreises bald eingestellt werden muss.
Die Entscheidung der OPEC den Erdölpreis nicht durch eine Förderkürzung zu stoppen, wird von
manchen Analysten auch in einen geopolitischen Kontext gebracht. So sind einige Analysten der
Meinung, dass durch die niedrigen Preise Russland getroffen werden sollte, dessen Wirtschaft
sehr stark von Erdöl und -gas abhängig ist. Eine andere, immer wieder kolportierte Theorie, geht
davon aus, dass man den Iran mit den niedrigen Preisen schwächen will.
Wenn die Erdölpreise weiter sinken, was anzunehmen ist, da im ersten Quartal 2015 die Nachfrage
nach Erdöl saisonbedingt weiter fallen wird, werden vor allem die kleineren
Schieferölproduzenten in den USA ihre Aktivitäten einstellen müssen. In den USA sind sehr viele
kleine Erdölgesellschaften in der Schiefergasproduktion tätig, die bei einem anhaltenden
niedrigen Preis wegen mangelnder Rentabilität nicht mehr produzierten könnten, während die
Ölmultis über genügend finanzielle Ressourcen verfügen, um auch bei niedrigen Preisen die
Produktion fortführen zu können. Wie weit die Ölpreise tatsächlich fallen können, um die
Schieferölförderung unrentabel zu machen, ist nicht einfach zu beantworten. Manche Studien
gehen davon aus, dass selbst bei einem Preis von unter 60 US$ pro Barrel die
Schieferölproduktion noch rentabel sei. Wie hoch die Förderkosten von Schieferöl sind, hängt auch
von der geologischen Beschaffenheit der jeweiligen Lagerstätte ab. Manche Analysten gehen
davon aus, dass bei sinkenden Ölpreisen, die Erdölindustrie alles daran setzen wird, um die
Kosten der Schieferölförderung zu verringern, um so auch bei niedrigeren Ölpreisen profitabel
produzieren zu können.
Es gibt viele offene Fragen und erst die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, in welche
Richtung der Erdölpreis sich entwickeln wird. Es bleibt abzuwarten, ob bei einem weiteren
Preisverfall die OPEC in den kommenden Monaten nicht doch noch die Fördermengen kürzen wird
und möglicherweise auch einige Nicht-OPEC Länder wie Mexiko und Russland eine
Produktionskürzung vornehmen werden, um den Ölpreis wieder auf ein höheres Niveau zu
bringen. Manche Analysten gehen davon aus, dass sich der Ölpreis mittelfristig bei etwa 80 US$
pro Barrel stabilisieren wird. Auf welchem Preisniveau letztlich eine Stabilisierung des Ölpreises
stattfinden wird, ist derzeit schwer zu sagen.
Monika Psenner - Energie-Expertin Lesen Sie weitere Artikel zur Zukunft der Energie!