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Arzt und Patient als Team: Wie wird die partizipative Entscheidungsfindung in der Onkologie gelebt? Prof. Dr. Dr. Martin Härter (mit Unterstützung von Pola Hahlweg, PD Dr. Levente Kriston und Dr. Isabelle Scholl) 2. Nationale Krebskonferenz des Bundesministeriums für Gesundheit Krebsbekämpfung in Deutschland – Aktueller Stand und Perspektiven 30. und 31. Mai 2017 – Berlin

Arzt und Patient als Team: Wie wird die partizipative ... · Partizipative Entscheidungsfindung im NKP Wie geht das? Erfassung und Berücksichtigung der vom Patienten gewünschten

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Page 1: Arzt und Patient als Team: Wie wird die partizipative ... · Partizipative Entscheidungsfindung im NKP Wie geht das? Erfassung und Berücksichtigung der vom Patienten gewünschten

Arzt und Patient als Team: Wie wird die partizipative

Entscheidungsfindung in der Onkologie gelebt?

Prof. Dr. Dr. Martin Härter(mit Unterstützung von Pola Hahlweg, PD Dr. Levente Kriston und Dr. Isabelle Scholl)

2. Nationale Krebskonferenz des Bundesministeriums für Gesundheit Krebsbekämpfung in Deutschland – Aktueller Stand und Perspektiven

30. und 31. Mai 2017 – Berlin

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Partizipative Entscheidungsfindung im NKPWie geht das?

Erfassung und Berücksichtigung der vom Patienten gewünschten Rollenpräferenz bei zu treffenden medizinischen Entscheidungen

patienten- und bedarfsorientierte Vermittlung relevanter Informa-tionen zu Vor- und Nachteilen bzw. Nutzen und Risiken von vorge-schlagenen medizinischen Maßnahmen

Unterstützung durch medizinische Entscheidungshilfen (=Decision Aids) für das Arzt-Patienten-Gespräch, um die Informationsüber-mittlung patientengerecht umzusetzen

Umsetzung von bewährten Gesprächsroutinen und Handlungs-schritten, um eine partizipative Entscheidungsfindung zu ermögli-chen und zu erreichen

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Der Zusammenhang von EbM, PEF und optimaler Patientenversorgung

Hoffmann, Montori & DelMar, JAMA 2014; 312 (13):1295-963

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Empirische Grundlagen

KBV – Versichertenbefragung 2016

Gesundheitsmonitor Bertelsmann 2012/2014

Epidemiologie psych. Stör. in der Onkologie (DKH, 2012 ff)

PEF – Training in der Onkologie (DKH, 2008 ff)

PREPARED-Studie (DFG, 2013 ff)

Aktueller Stand zur PEF – Implementierung (ZEFQ, 2017)

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Nr. 6

Was erfahren Patienten?

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7Nationaler Krebsplan

Beteiligungspräferenz von Patienten(N=3.356, Control Preference Scale)

2,8

33

36,4

23,2

4,7

0 10 20 30 40

Ich möchte selbst darüber entscheiden, welchemedizinische Behandlung ich erhalte.

Ich möchte letztendlich selbst über meine medizinischeBehandlung entscheiden, nachdem ich mich ernsthaft

mit der Meinung meines Arztes auseinandergesetzthabe.

Ich möchte, dass mein Arzt und ich gemeinsam dieVerantwortung dafür tragen, zu entscheiden, welche

Behandlung für mich am besten ist.

Ich möchte, dass mein Arzt die endgültige Entscheidungüber meine medizinische Behandlung trifft, meine

Meinung dabei aber mit einbezieht.

Ich möchte alle Entscheidungen, die meine medizinischeBehandlung betreffen, meinem Arzt überlassen.

%

Informationsmodell

Förderung:

Paternalistisches Modell

PEF

Unveröffentlichte Ergebnisse aus der Studie:Mehnert et al. BMC Psychiatry. 2012;12:70Mehnert et al. J Clin Oncol. 2014;32(31):3540-6

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8Nationaler Krebsplan

PREPARED-Studie: FragestellungenIsabelle Scholl et al. (Untersuchung am UCCH / UKE)

• Wie ist PEF aktuell verankert?

• Wie werden Entscheidungen getroffen?

• Was sind hinderliche und förderliche Faktoren für PEF?

• Was benötigen verschiedene Akteure zur Umsetzung?

• Implementierungsprogramm zur Förderung von PEF

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9Nationaler Krebsplan

PREPARED-StudieMethodik und Datengrundlage

Ist-Analyse (UCCH)

Dokumentenanalyse 2284 Seiten

Teilnehmende Beobachtung 57 ambulante Konsultationen2 Stationen (1 Woche)15 Tumorboard-Sitzungen

Bedarfsanalyse (UCCH)

Fokusgruppen 42 Personen in 6 Fokusgruppen

Einzelinterviews 17

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10Nationaler Krebsplan

PREPARED-Studie: Ergebnisse

Ist-Situation am UCCH

• PEF wenig in Qualitätsmanagement-Dokumenten integriert

• Behandlungsentscheidungen wurden meist von einem / mehreren Ärzten getroffen

• förderlicher Faktor für PEF: „aktiver Patient“

• Barrieren für PEF: u.a. Organisation der Tumorboards, Zeitdruck, wechselnde Behandler, Teamkommunikation

Hahlweg et al., PLOS ONE 2015; 10(10):e0139921.Frerichs et al., PLOS ONE 2016;11(3):e0149789.

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11Nationaler Krebsplan

PREPARED-Studie: Ergebnisse

Bedarf an…

• verbesserten PEF-Kommunikationsfertigkeiten der Ärzte/des medizinischenPersonals und verbesserter interdisziplinärer Teamkommunikation

• besserer Patienteninformation(en) ( Entwicklung von Informationsmaterialienund Entscheidungshilfen)

• Abbau von Barrieren:

Kulturwandel in Richtung PEF (Schulungen, Einzelcoaching)

Umstrukturierung Tumorboards

Umstrukturierung Klinikalltag: z.B. weniger Zeitdruck bei Entscheidungen

• stärkerem Einbezug von Pflegenden und Angehörigen

Müller et al., Acta Oncologica 2016;55(12):1484-1491.

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12Förderung

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Entwicklung von Entscheidungshilfenfür die Onkologie in Deutschland

Brustkrebs – Screening (IQWiG/G-BA)

Brustkrebs – Screening (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Brustkrebs – Screening (BARMER und TECHNIKER)

Cervixkarzinom – Screening (IQWiG/G-BA)

Cervixkarzinom – Screening (BARMER und TECHNIKER)

Darmkrebs – Screening (IQWiG/G-BA) (Bertelsmann Stiftung)

Darmkrebs – Screening (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Darmkrebs – Screening (TECHNIKER)

Hautkrebs – Screening (TECHNIKER)

HPV - Impfung (AOK Bundesverband)

HPV – Impfung (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Prostatakrebs – Screening (AOK Bundeverband u.a.)

Prostatakrebs – Screening (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Prostatektomie bei Prostatakrebs (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Palliative Versorgung zuhause (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Palliative Versorgung Lungenkrebs (Bertelsmann Stiftung/Harding Center)

Stand 201713

1

2

3

5

6

4

7-9

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FAZIT: PEF in der Onkologie?

PEF noch unzureichend umgesetzt, mind. die Hälfte der Patienten beschreibt eingeschränkt erlebte PEF in Entscheidungssituationen;

Entwicklung von medizinischen Entscheidungshilfen bislang für wenige Entscheidungssituationen, zahlreiche Dopplungen;

PEF-Trainingsmaßnahmen in Studien erprobt, aber sehr geringe In-anspruchnahmeraten von Ärzten, kleine Effekte;

Integration von PEF-Trainings im Medizinstudium an einigen Univer-sitäten gelungen, weitere Fortschritte durch Umsetzung im Natio-nalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog (NKLM) erwartbar;

Implementierungsstudien in der Klinikroutine notwendig, um er-folgreiche Strategien zur PEF-Umsetzung aufzuzeigen (!)

Ausschreibungen DKH zur „Patientenorientierung“ und im Rahmen des „Innovationsfonds“ als weitere „Treiber“ der Implementierung

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Implementierung von PEF in Deutschland

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 123-124 (2017) 46–5115

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Martinistraße 52D-20246 Hamburg

Prof. Dr. Dr. Martin Härter

Telefon: +49 (0) 40 7410-52978Telefax: +49 (0) 40 7410-58170

[email protected]/medizinische-psychologie

Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin