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10 | Biol. Unserer Zeit | 1/2006 (36) www.biuz.de © 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim TREFFPUNKT FORSCHUNG | loo Marine Park vor der Westküste Australiens die Riesenfische beobach- ten und fotografieren, um die Online- Datenbank und den Sterne-Algorith- mus mit weiteren Daten zu füttern. Man braucht übrigens keine Angst vor den Tieren zu haben – Walhaie ernähren sich durch Filtrieren des Meerwassers und sind trotz ihren bis zu 15 Tonnen Lebendgewicht ausge- sprochen harmlos. Einzelheiten zur Teilnahme an dem Projekt findet man auf der Earth- watch-Website [3] unter dem Titel „Whale Sharks of Ningaloo Reef“. Trotz der auffallenden Ähnlich- keit der Walhaie mit dem Sternen- himmel versichern die Forscher, dass die astronomische Methode auch auf andere gefleckte Tiere anwendbar ist. Wenn Sie also zuhause bei Ihren 101 Dalmatinern den Überblick verloren haben, sollten Sie das Fleckenpro- gramm in Betracht ziehen. [1] Z. Arzoumanian et al., J. Appl. Ecol. 2005, 42, 999-1011. [2] http://photoid.whaleshark.org [3] www.earthwatch.org/europe Michael Groß, London hat. Was zunächst als Notlösung er- sonnen wurde, ist heute eine welt- umspannende Organisation, die Jahr für Jahr rund 3500 Freiwillige in über 140 Projekten einsetzt. Dabei handelt es sich vor allem um Projekte im Be- reich Ökologie/Artenschutz, aber in geringerem Umfang werden auch Ar- chäologie, Paläontologie und Klima- forschung unterstützt [3]. Im soeben erschienenen Earthwatch-Projektkata- log für 2006 ist erstmals auch Brad Norman mit seinen Walhaien vertre- ten. Zwischen April und Juni werden acht Gruppen von sechs bis acht Frei- willigen im Naturschutzgebiet Ninga- NATURSCHUTZ | Astronomie hilft bei der Identifizierung von Walhaien Der Walhai (Rhincodon typus), mit einer Länge von bis zu 15 Metern die größte lebende Fischart, zeichnet sich durch ein charakteristisches Muster von kleinen hellen Flecken auf dunklem Hintergrund aus – fast wie der Sternenhimmel in einer klaren Nacht, nur etwas regelmäßiger. Diese Ähnlichkeit hat jetzt Forscher dazu animiert, Methoden aus der Astronomie zur Identifizierung einzelner Walhaie zu verwenden. Die Unterschei- dung von Indivi- duen ist ein über- aus wichtiger, aber oft auch schwieriger Pro- zess bei vielen Forschungsaufga- ben im Bereich der Ökologie. Der australische Meeresbiologe Brad Nor- man von der Murdoch University, der amerikanische Software-Experte Jason Holmberg und der NASA-Astro- nom Zaven Arzoumanian taten sich zusammen und modifizierten den Groth-Algorithmus – eine unter Astro- nomen weit verbreitete Rechenvor- schrift zur Mustererkennung in Foto- grafien des Sternenhimmels – derge- stalt, dass er sich zur Identifizierung einzelner Walhaie eignet [1]. Sie bau- ten den neuen Algorithmus in eine Foto-Datenbank ein, mit der jetzt For- scher aus aller Welt ihre Walhai-Beob- achtungen abgleichen können [2]. Ein wichtiger Vorteil des neuen Algo- rithmus gegenüber früheren Metho- den – etwa Fangen, Markieren und Freilassen einzelner Fische – liegt darin, dass man jetzt eine sehr viel größere Anzahl von Individuen auf schonende Weise beobachten und ihre Lebensweise erforschen kann. Allerdings braucht man zur Beobach- tung von vielen Walhaien auch viele Augen. Diese Augen stellt jetzt die internationale gemeinnützige For- schungsorganisation Earthwatch zur Verfügung, die seit ihrer Gründung im Jahr 1971 die Beteiligung von zahlenden freiwilligen Helfern an For- schungsprojekten vorangetrieben ABB. So charak- teristisch wie ein Sternbild ist das individuelle Fleckenmuster des Walhais (Rhinco- don typus). Eine Rechenvorschrift aus der Astrono- mie hilft jetzt dabei, einzelne Individuen zu erkennen. Bild: Brad Norman. PFLANZENZUCHT | Zwiebeln ohne Tränen Die Zwiebel ist weltweit eine beliebte Gewürz-, Gemüse- und Heilpflanze. In etwa 5000 Jahren eroberte sie von Mittelasien aus die ganze Welt. Ob römischer Legionär, Seemann oder Hausfrau – allen ist wohl eines gemeinsam: beim Zubereiten der Zwiebeln haben sie Tränen vergossen. Der von geschnittenen Zwiebeln abgegebene Tränenfaktor lässt sich letztlich auf schwefelhaltige Zwiebelöle zurückführen, die enzymatisch zerlegt werden. Die Weltproduktion der Zwiebel (Allium cepa) liegt jährlich bei etwa 2,5 Millionen Tonnen. Haupterzeuger- länder sind China, Indien und die USA. Ursprünglich stammt die Zwiebel aus Mittelasien, etwa aus der Gegend des heutigen Afghanistans. Die Zwiebel wird schon seit mehr als 5000 Jahren kultiviert, sie hat eine lange Tradition in Indien und gelangte schließlich nach Ägypten. Dort wurde sie als „Vielhäutige“ der Mondgöttin Isis ge- weiht und den Göttern als Opfergabe gereicht. Selbst im Grab von Tutench- amun fand man Zwiebeln, sie dienten als Wegzehrung für die Reise ins Jen- seits. Die alten Ägypter legten spezi- elle Zwiebelgärten an und die Zwie- bel wurde ein Volksnahrungsmittel. Der Pharao Cheops versorgte seine Sklaven mit Brot und Zwiebeln, als sie die Pyramiden bauten. Im Jahre 50 vor Christi brachten römische Le- gionäre die Zwiebel nach Europa. Karl der Große ließ sie im 9. Jahrhun- dert in seinen Hofgärten anpflanzen.

Astronomie hilft bei der Identifizierung von Walhaien

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10 | Biol. Unserer Zeit | 1/2006 (36) www.biuz.de © 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

T R E F F P U N K T FO R SC H U N G |

loo Marine Park vor der WestküsteAustraliens die Riesenfische beobach-ten und fotografieren, um die Online-Datenbank und den Sterne-Algorith-mus mit weiteren Daten zu füttern.Man braucht übrigens keine Angstvor den Tieren zu haben – Walhaieernähren sich durch Filtrieren desMeerwassers und sind trotz ihren biszu 15 Tonnen Lebendgewicht ausge-sprochen harmlos.

Einzelheiten zur Teilnahme andem Projekt findet man auf der Earth-watch-Website [3] unter dem Titel„Whale Sharks of Ningaloo Reef“.

Trotz der auffallenden Ähnlich-keit der Walhaie mit dem Sternen-himmel versichern die Forscher, dassdie astronomische Methode auch aufandere gefleckte Tiere anwendbar ist.Wenn Sie also zuhause bei Ihren 101Dalmatinern den Überblick verlorenhaben, sollten Sie das Fleckenpro-gramm in Betracht ziehen.

[1] Z. Arzoumanian et al., J. Appl. Ecol. 2005,42, 999-1011.

[2] http://photoid.whaleshark.org[3] www.earthwatch.org/europe

Michael Groß, London

hat. Was zunächst als Notlösung er-sonnen wurde, ist heute eine welt-umspannende Organisation, die Jahrfür Jahr rund 3500 Freiwillige in über140 Projekten einsetzt. Dabei handeltes sich vor allem um Projekte im Be-reich Ökologie/Artenschutz, aber ingeringerem Umfang werden auch Ar-chäologie, Paläontologie und Klima-forschung unterstützt [3]. Im soebenerschienenen Earthwatch-Projektkata-log für 2006 ist erstmals auch BradNorman mit seinen Walhaien vertre-ten. Zwischen April und Juni werdenacht Gruppen von sechs bis acht Frei-willigen im Naturschutzgebiet Ninga-

N AT U R SC H U T Z |Astronomie hilft bei der Identifizierung von Walhaien

Der Walhai (Rhincodon typus), mit einer Länge von bis zu 15 Metern diegrößte lebende Fischart, zeichnet sich durch ein charakteristisches Muster von kleinen hellen Flecken auf dunklem Hintergrund aus – fastwie der Sternenhimmel in einer klaren Nacht, nur etwas regelmäßiger.Diese Ähnlichkeit hat jetzt Forscher dazu animiert, Methoden aus der Astronomie zur Identifizierung einzelner Walhaie zu verwenden.

Die Unterschei-dung von Indivi-duen ist ein über-aus wichtiger,aber oft auchschwieriger Pro-zess bei vielenForschungsaufga-ben im Bereichder Ökologie. Der

australische Meeresbiologe Brad Nor-man von der Murdoch University, deramerikanische Software-Experte Jason Holmberg und der NASA-Astro-nom Zaven Arzoumanian taten sichzusammen und modifizierten denGroth-Algorithmus – eine unter Astro-nomen weit verbreitete Rechenvor-schrift zur Mustererkennung in Foto-grafien des Sternenhimmels – derge-stalt, dass er sich zur Identifizierungeinzelner Walhaie eignet [1]. Sie bau-ten den neuen Algorithmus in eineFoto-Datenbank ein, mit der jetzt For-scher aus aller Welt ihre Walhai-Beob-achtungen abgleichen können [2].Ein wichtiger Vorteil des neuen Algo-rithmus gegenüber früheren Metho-den – etwa Fangen, Markieren undFreilassen einzelner Fische – liegtdarin, dass man jetzt eine sehr vielgrößere Anzahl von Individuen aufschonende Weise beobachten undihre Lebensweise erforschen kann.Allerdings braucht man zur Beobach-tung von vielen Walhaien auch vieleAugen. Diese Augen stellt jetzt die internationale gemeinnützige For-schungsorganisation Earthwatch zurVerfügung, die seit ihrer Gründungim Jahr 1971 die Beteiligung von zahlenden freiwilligen Helfern an For-schungsprojekten vorangetrieben

A B B . So charak-teristisch wie einSternbild ist dasindividuelleFleckenmuster desWalhais (Rhinco-don typus). EineRechenvorschriftaus der Astrono-mie hilft jetzt dabei, einzelne Individuen zu erkennen. Bild: Brad Norman.

P F L A N Z E N ZU C H T |Zwiebeln ohne TränenDie Zwiebel ist weltweit eine beliebte Gewürz-, Gemüse- und Heilpflanze.In etwa 5000 Jahren eroberte sie von Mittelasien aus die ganze Welt. Ob römischer Legionär, Seemann oder Hausfrau – allen ist wohl einesgemeinsam: beim Zubereiten der Zwiebeln haben sie Tränen vergossen.Der von geschnittenen Zwiebeln abgegebene Tränenfaktor lässt sichletztlich auf schwefelhaltige Zwiebelöle zurückführen, die enzymatischzerlegt werden.

Die Weltproduktion der Zwiebel (Allium cepa) liegt jährlich bei etwa2,5 Millionen Tonnen. Haupterzeuger-länder sind China, Indien und die USA.Ursprünglich stammt die Zwiebel ausMittelasien, etwa aus der Gegend desheutigen Afghanistans. Die Zwiebelwird schon seit mehr als 5000 Jahrenkultiviert, sie hat eine lange Traditionin Indien und gelangte schließlichnach Ägypten. Dort wurde sie als„Vielhäutige“ der Mondgöttin Isis ge-weiht und den Göttern als Opfergabe

gereicht. Selbst im Grab von Tutench-amun fand man Zwiebeln, sie dientenals Wegzehrung für die Reise ins Jen-seits. Die alten Ägypter legten spezi-elle Zwiebelgärten an und die Zwie-bel wurde ein Volksnahrungsmittel.Der Pharao Cheops versorgte seineSklaven mit Brot und Zwiebeln, alssie die Pyramiden bauten. Im Jahre50 vor Christi brachten römische Le-gionäre die Zwiebel nach Europa.Karl der Große ließ sie im 9. Jahrhun-dert in seinen Hofgärten anpflanzen.