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106 7. Atomstrahlew. Zur Nomenklatur; vom WaLther GerLuch. Vor Kurzem sind zwei Abhandlungen unter obenstehendem Titel erschienen: von Herrn G. G. Schmidt') und vom Ver- fasser. 2, In letztgenannter Arbeit ist der Begriff ,,Atomstrahldg in folgender Weise definiert: Zwei halbkugelformige Rdume A und B Fig. 1 a seien mit- einander durch eine sehr enge scharfkantige Offnung in der Fig. 1. Mitte einer Trennungswand verbunden. Im Raume A befinden sich normale Atome oder Molekiile ac in kleiner Konzentration. Im Raume B seien Molekule p in so geringer Konzentration, 1) Ann. d. Phys. 76. S. 337. 1924. 2) Ergebniese der exakten Naturwisseoschaften (Verlag Springer), Rd.m. 1924.

Atomstrahlen. Zur Nomenklatur

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7. Atomstrahlew. Zur Nomenklatur;

vom WaLther GerLuch .

Vor Kurzem sind zwei Abhandlungen unter obenstehendem Titel erschienen: von Herrn G. G. Schmidt') und vom Ver- fasser. 2,

In letztgenannter Arbeit ist der Begriff ,,Atomstrahldg in folgender Weise definiert:

Zwei halbkugelformige Rdume A und B Fig. 1 a seien mit- einander durch eine sehr enge scharfkantige Offnung in der

Fig. 1.

Mitte einer Trennungswand verbunden. Im Raume A befinden sich normale Atome oder Molekiile ac in kleiner Konzentration. Im Raume B seien Molekule p in so geringer Konzentration,

1) Ann. d. Phys. 76. S. 337. 1924. 2) Ergebniese der exakten Naturwisseoschaften (Verlag Springer),

Rd.m. 1924.

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dab die freie Wegliinge der /I-Molekule sehr groB gegeniiber den Dimensionen des Raumes B ist. Dann werden nach den Grundvorstellungen der kinetischen Gastheorie Atome tc aus A durch die Offnung in den Raum B eintreten, mit einer Ge- schwindigkeit, welche nur von der Temperatrr des Raumes A abhangig ist, und werden ohne irgendwelche StGrungen im Haume B dessen Wande erreichen, an denen sie nicht reflek- tiert, sondern niedergeschlagen werden sollen. Die zeitliche Aufeinanderfolge der austretenden Atome sol1 so klein sein, da8 trotz ihrer entsprechend der Maxw ellschen Verteilung verschiedenen Geschwindigkeit wiihrend des Laufes durch B keine Zusammenst6Be zwischen den hintereinanderlaufenden ac-Atomen eintreten. Die Niederschlagsdichte wird bei kleiner aber endlicher Offnung entsprechend dem CosinuB-Gesetz von der Mitte der Halbkugel B nach den Randern zu abnehmen. Werden statt der einen Offnung mehrere in Abstinden hinter- einander gesetzt, Fig. l b , so k6nnen nur noch die Atome die Wande B erreichen, welche in dem Offnungswinkel der Blenden in die erste Blende eintreten. Diese - mit einer nur durch die geometrischen Dimensionen gegebenen Annaherung - parallel tiegenden Molekeln bezeichnet man als Atom- oder Mole- RuEurstrahl. Es besteht somit ein prinzipieller Unterschied zwischen dem 80 definierten Atomstrahl und dem Boltzmann- schen ,,eindimensionalen Gas", indem ersterer wegen des voll- standigen Fehlens yon Zusammenst6Ben keine Gasqualitilten mehr hat.

Will man eine noch priizisere Unterscheidung vornehmen, so kann man von Atomstrahl oder Molekulstrahl sprechen, je nachdem die fliegenden Partikeln Atome oder Molekiile sind.

Herr C. G. Schmidt bezeichnet als Atomstrahlen von er- hitzten Salzen ausgehende elektrisch geladene Teilchen , also Ionen. Mit Ionenemission oder Thermoionenemission bezeichnet man derartige Erscheinungen seit Elster und Geitels grund- legenden Versuchen. Auch C. G, Schmidt spricht in der ganzen Abhandlung (ausgenommen die Uberschrift) nur von Ionen. In besonderer Anordnung erzeugt und elektrisch be- schleunigt sind es die von Gehrcke und Reichenstein untersuchten Anodenstrahlen.

Auch die im Kanalstrahlenstrom enthaltenen ungeladenen

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Atome sollen - wie von W. Wienl) besonders betont - als Kanaletrahlen bezeichnet werden, auch wenn sie im hachaten Vakuum ohne gaskinetische ZusammenstdBe fliegen.

Allen diesen materiellen Strahlungen fehlt eines oder beide Charakteristika der Atomstrahlen: Z'emperaturyeschwindiykeit und elektrische Neutralitat.

Da jede wissenschaftliche Namensgebung auf einer Kon- vention heruht, schliigt der Verf. vor, Atomstrahlen nur f i r das eretgenannte Erscheinungsgebiet zu gebrsuchen, die u. a. von C. 6. Schmid t beschriebenen Phanomene Ionenstruhlen zu benennen.

1) ,,Kanak&rahlen" im Handbuch der Radiologie. II. Aufl.

(Eingegangen 17. November 1924.)