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94 0. WARBURG und G. KRIPPAHL Bd. 604 AUSBAU DER MANOMETRISCHEN METHODEN von OTTO WARBURG und GUNTER KRIPPAHL Aus dem Max-Planck-Institut fur Zellphysiologie, Berlin-Dahlem Adolf Windaus zu seinem 80. Geburtstag gewidmet Eingegangen am 26. September 1956 Wir beschreiben im folgenden zwei neue manometrische Methoden, die wir fur zellphysiologische Untersuchungen ausgearbeitet haben, die aber auch fur all- gemein-chemische Arbeiten von Nutzen sein werden. I. BESTIMMUNG DES SAUERSTOFFS MIT DITHIONIT IN GEGENWART VON KOHLENSAURE Das kegelformige GefaD, das in Abbildung 1 abgebildet ist, und das man sich mit seinem Manometer verbunden im Thermostaten bei 20" denke, enthalt im Haupt- raum m/50 Phosphatlosung, die auf pa 3.8 angesauert ist, in der Birne 20mg trok- kenes bicarbonatfreies*) Natriumdithionit (Na2S.204) und 20 mg trockenes CaC12, im Gasraum 10 Vo1.- % COzund 1 bis 3 Vo1.- % Sauerstoff. Solange sich das NazS204 in der Birne befindet, wird kein Sauerstoff absor- biert. Spult man aber den Inhalt der Birne in den Hauptraum, so wird das Na2S204 gelost, und der Sauerstoff wird schnell und vollstandig absorbiert. Die Methode beruht auf zwei Voraus- setzungen, die nicht selbstverstandlich sind : erstens, dal3 das Dithionit, wenn es in der Birne durch CaC12 geschutzt ist, trotz erheblicher Wasserdampftension bei 20" keinen Sauerstoff verbraucht ; zweitens, daB das Dithionit trotz der sauren Reak- Abbildung 1. GefaR zur manometrischen Bestimmung des Sauerstoffs bei Gegenwart von Kohlensaure tion pH 3.8 den Sauerstoff schne]l und vollstandig absorbiert. Ein Absorptions- mittel, das Sauerstoff nur bei alkalischer Reaktion absorbieren wurde, oder das schon vor der Benetzung Sauerstoff absor- bieren wiirde, ware fur unsere Zwecke nicht brauchbar gewesen. *) Na2S204, das frei von Bicarbonat ist, erhielten wir von der BADISCHBN ANJLIN- & SODA-FABRIK, Ludwigshafen, wofiir wir auch hier danken.

AUSBAU DER MANOMETRISCHEN METHODEN

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94 0. WARBURG und G. KRIPPAHL Bd. 604

AUSBAU DER MANOMETRISCHEN METHODEN

von OTTO WARBURG und GUNTER KRIPPAHL Aus dem Max-Planck-Institut fur Zellphysiologie, Berlin-Dahlem

Adolf Windaus zu seinem 80. Geburtstag gewidmet

Eingegangen am 26. September 1956

Wir beschreiben im folgenden zwei neue manometrische Methoden, die wir fur zellphysiologische Untersuchungen ausgearbeitet haben, die aber auch fur all-

gemein-chemische Arbeiten von Nutzen sein werden.

I. BESTIMMUNG DES SAUERSTOFFS MIT DITHIONIT IN GEGENWART VON KOHLENSAURE

Das kegelformige GefaD, das in Abbildung 1 abgebildet ist, und das man sich mit seinem Manometer verbunden im Thermostaten bei 20" denke, enthalt im Haupt-

raum m/50 Phosphatlosung, die auf p a 3.8 angesauert ist, in der Birne 20mg trok- kenes bicarbonatfreies*) Natriumdithionit (Na2S.204) und 20 mg trockenes CaC12, im Gasraum 10 Vo1.- % COzund 1 bis 3 Vo1.- % Sauerstoff. Solange sich das NazS204 in der Birne befindet, wird kein Sauerstoff absor- biert. Spult man aber den Inhalt der Birne in den Hauptraum, so wird das Na2S204 gelost, und der Sauerstoff wird schnell und vollstandig absorbiert.

Die Methode beruht auf zwei Voraus- setzungen, die nicht selbstverstandlich sind : erstens, dal3 das Dithionit, wenn es in der Birne durch CaC12 geschutzt ist, trotz erheblicher Wasserdampftension bei 20" keinen Sauerstoff verbraucht ; zweitens, daB das Dithionit trotz der sauren Reak-

Abbildung 1. GefaR zur manometrischen Bestimmung des Sauerstoffs bei Gegenwart

von Kohlensaure

tion pH 3.8 den Sauerstoff schne]l und vollstandig absorbiert. Ein Absorptions- mittel, das Sauerstoff nur bei alkalischer

Reaktion absorbieren wurde, oder das schon vor der Benetzung Sauerstoff absor- bieren wiirde, ware fur unsere Zwecke nicht brauchbar gewesen.

*) Na2S204, das frei von Bicarbonat ist, erhielten wir von der BADISCHBN ANJLIN- & SODA-FABRIK, Ludwigshafen, wofiir wir auch hier danken.

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Priifung der Methode Z u r Priifung der Methode wurde in dem mit seinem Manometer verbundenen Ge-

faB, dessen Gasraum 10 Vo1.-% CO2-Argon, aber keinen Sauerstoff enthielt, ein Sauerstoffdruck entwickelt und dann gepriift, ob dieser Sauerstoffdruck beim Ein- kippen des Dithionits schnell und vollstandig wieder verschwand.

Zur Ausfiihrung verwendeten wir kegelformige Manometrie-GefaBe mit zwei Birnen. Der Haup t raum enthielt eine Losung von H202, die Birne I Katalase, die Birne I1 Dithionit + Calciumchlorid. Zunachst wurde die Katalase in den Hauptraum gegeben und dadurch Sauerstoff in den Gasraum entwickelt. Dann wurde das Dithionit in den Hauptraum gegeben und dadurch der entwickelte Sauerstoff wieder absorbiert. Der ,,Einkippdruck" der Salze NazS204 + CaC12 wurde in jedem Fall mitbestimmt und zu dem negativen Druck addiert. Wir fanden in mm Brodie:

nach Zugabe der Katalase: +I85 +I87 $97.5 + I 8 5 +186, nach Zugabe des NazS204: -184.5 -188 -99 -184.5 -185.5,

also eine sehr befriedigende Ubereinstimmung zwischen entwickeltem und absorbier- tern Sauerstoff.

Experimentelle Einzelheiten. Volumen des GefaRes 20.91 ccm. Bei 20" GefaDkonstante fur Sauerstoff ko2 = 1.66qmm. Hauptraum 3ccm m/50 PhosphatpH 3.8 + etwa 14 bis 28 Mikro- mole H202. Birne I 50y Katalase BOEHRINGER. Birne 11: 20 mg Na2S204 + 20 rng CaC12. Gasraum 10 Val.-% CO2-Argon. Temperatur 20". Nach Einkippen der Katalase zurn Beispiel in 2' + 169mm, in 3' + lsmrn, in 5' Ornm; Summe + 187mm. - Nach Einkippen des Dithionits: in 2' - 146 mm, in 3' - 13 mm, in 5' - 2 mm, in 5' 0 mm; zusarnmen - 161 mm. Einkippdruck + 27mm. Summe - 188mm.

Anwendung der Methode Die Methode hat den Nachteil aller Differenzmethoden, daB sie uniso ungenauer wird, je

hoher der Druck des zu bestirnmenden Gases ist; und daR sie, bei Benutzung der gebrluch- lichen Apparatur der biochernischen Manometrie, nur anwendbar ist bis zu Sauerstoffdrucken von etwa 300 mm Wasser. Die Methode hat den weiteren Nachteil, daI3 bei der Oxydation des Dithionits

NazSz04 + 0 2 + H2O + NaHS04 + NaHS03

schweflige Siure ensteht, deren Dampfdruck zwar bei P H 3.8 nicht stort, die aber aus Zellen Kohlensaure austreibt, was bei Versuchen mit Chlorella berucksichtigt werden mu&

Die Methode ist also in keiner Weise der 2-Gefa5methode ebenbiirtig, die wegen ihrer Ein- fachheit, Sicherheit und Genauigkeit die Standard-Methode der biochernischen Manometrie bleiben wird. Trotzdem wird die neue Methode in manchen Fallen, insbesondere bei der mano- metrischen Untersuchung rein chemischer Reaktionen, sich von Nutzen erweisen. Es sei dazu bemerkt, daB eine andere Methode, an die man hatte denken konnen, die manometrische Be- stimmung des Sauerstoffs durch Verbrennung zugesetzten Wasserstoffs oder Kohlenoxyds, wegen der Boudouard'schen Reaktion nicht rnoglich ist, wenn Kohlensaure und Wasser zu- gegen sind.

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11. MANOMETRIE BEI HOHEREN TEMPERATUREN

Da viele Reaktionen bei der Temperatur unserer MeB-Thermostaten zu langsam verlaufen, aber die Temperatur der manometrischen MeB-Thermostaten aus vielen Grunden nicht beliebig gesteigert werden

Abhildung 2. Vorrichtung zum VerschluB des offenen Manorneterschenkels

kann, so schlagen wir als Ausweg vor, daB. man bei Zimmertemperatur miBt, aber in einem andern Wasserbad erhitzt. Dies ist auf folgende Art moglich:

In den Hauptraum eines Manometrie- GefaBes wird die Losung gegeben, die zur Reaktion gebracht werden soll; die Birne bleibt leer. DasGefaB, mit seinem Manome- ter verbunden, wird imThermostaten bei 20" ausgeglichen, die Manometerstellung wird bei 20" abgelesen. Dann wird der offene Manometerschenkel durch einen andriick- baren Schliff, wie in Abbildung 2 erlautert, verschlossen. Nachdem dies geschehen, nimmt man GefaB + verschlossenes Mano- meter heraus und taucht das GefaB bis zu etwa 1/3 seiner Hohe in heiBes Wasser der gewiinschten Temperatur. 1st die Reaktion in der Hitze abgelaufen, so wird das GefaB mit seinem Manometer in den 20"-Thermo- staten zuruckgebracht. Hier wird dann der verschlossene Manometerschenkel wieder geoffnet, und es wird die Manometerstellung wieder abgelesen. Die Differenz zwischen

der ersten und der zweiten Ablesung bei 20" ergibt die Reaktion, die in der Hitze vor sich gegangen ist. Hat man reines Wasser in den Hauptraum eingefiillt, so ist nichts vor sich gegangen und die Differenz ist Null. Diese Kontrolle, die eine Prufung der Schliffe ist, sollte immer gemacht werden.