15
1 CAMPUS GROSSHADERN CAMPUS INNENSTADT Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie PIA-T AGUNG 2018, KLOSTER SEEON, 11. JULI 2018 MEDIZINISCHES CANNABIS Oliver Pogarell Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1 ) - vorwiegend in Nervenzellen; - häufigster Rezeptor im Säugetierhirn - Kleinhirn, Basalganglien, Hippocampus. - nicht im Stammhirn - auch im peripheren Nervensystem (Darm) Cannabinoid-Rezeptor 2 (CB 2) - vorwiegend auf Zellen des Immunsystems Endocannabinoide: - Arachidonsäurederivate Anandamid 2-AG Navarro et al. 1998, Chen 2015 Ausgangslage – wissenschaftlicher Kenntnisstand 1964 - psychoakt. Cannabinoide 1980-88 - synth. Cannabinoide 1988 - CB1 Rezeptor 1990 - CB1 Brain Mapping 1990 - CB1 Clonierung 1988-1995 - CB1 Pharmakologie 1992-1995 - Anandamide 1993-1997 - A.-Pharmakologie 1994 - Synthese CB 1 Antagonist 1995-1997 - Nachweis 2-AG 1996-1997 - CB1 Neuroanatomie 1997 - Anandamid-System Denken – Wahrnehmen – Fühlen Gedächtnis Euphorie Angst, Stress Endokrinium Hormone Vegetativum Blutdruck Temperatur Übelkeit/Erbrechen Analgesie Motorik Katalepsie Ataxie Immobilität Navarro et al. 1998

Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

  • Upload
    others

  • View
    4

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

1

CAMPUS GROSSHADERN

CAMPUS INNENSTADT

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

PIA-TAGUNG 2018, KLOSTER SEEON, 11. JULI 2018

MEDIZINISCHES CANNABIS

Oliver Pogarell

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München

Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1 )

- vorwiegend in Nervenzellen;

- häufigster Rezeptor im Säugetierhirn

- Kleinhirn, Basalganglien, Hippocampus.

- nicht im Stammhirn

- auch im peripheren Nervensystem (Darm)

Cannabinoid-Rezeptor 2 (CB 2)

- vorwiegend auf Zellen des Immunsystems

Endocannabinoide:

- Arachidonsäurederivate

� Anandamid

� 2-AG

Navarro et al. 1998, Chen 2015

Ausgangslage – wissenschaftlicher Kenntnisstand

1964 - psychoakt. Cannabinoide

1980-88 - synth. Cannabinoide

1988 - CB1 Rezeptor

1990 - CB1 Brain Mapping

1990 - CB1 Clonierung

1988-1995 - CB1 Pharmakologie

1992-1995 - Anandamide

1993-1997 - A.-Pharmakologie

1994 - Synthese CB 1 Antagonist

1995-1997 - Nachweis 2-AG

1996-1997 - CB1 Neuroanatomie

1997 - Anandamid-System

Denken – Wahrnehmen –Fühlen

GedächtnisEuphorie

Angst, Stress

Endokrinium

Hormone

VegetativumBlutdruck

TemperaturÜbelkeit/Erbrechen

Analgesie

MotorikKatalepsie

AtaxieImmobilität

Navarro et al. 1998

Page 2: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

2

� anteriores Cingulum [ACC] und angrenzende mediofrontale

Cortices

� orbitofrontaler Cortex [OFC]

� Amygdala, Hypothalamus

� dorsales und ventrales Striatum / Ncl. accumbens [NAcc]

� v.a. dopaminerge Innervation

� Patienten mit psychischen Erkrankungen zeigen häufig

Dysfunktionen in diesen Bereichen

NEUROBIOLOGIE – WIRKUNG AM BELOHNUNGSSYSTEM

• Schizophrenie: Dopaminhypothese

• Depression: Serotonin…mangelhypothese

• Angststörungen: Stressachse, Serotoninsystem

• Persönlichkeitsstörungen: Dopamin, Serotonin, …

BELOHNUNGSSYSTEM – NEUROBIOLOGIE

Koob 2014

Page 3: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

3

Ausgangslage – Konsum

USA: reported daily use [Volkow et al. 2014]

Ausgangslage – KonsumHasin et al. AJP 2016

Page 4: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

4

Öffentliches und Medieninteresse

Erwartungen

Evidenz

Verantwortung

Medizinischer NutzenRisiken

Indikationen

• adäquate Einschätzung des Potentials von Cannabinoiden als Arzneimittel

• aktueller Kenntnisstand zu Risiken des Cannabis-(Freizeit-)Gebrauchs

• objektive, valide, an der wissenschaftlichen Evidenz orientierte Bewertung publizierten Daten der letzten zehn Jahre zu

� ...psychischen, organischen und sozialen Folgen des Konsums von pflanzlichen und synthetischen Cannabisprodukten zum Freizeitgebrauch

� ...Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit von Cannabisarzneimitteln

� ...Motiven und Erwartungen eines nicht-ärztlich verordneten Gebrauchs von Cannabis (d.h. im Sinne einer Selbstmedikation).

CaPRis – Cannabis: Potenzial und Risiken [E. Hoch et al., 2017]

Page 5: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

5

WANDEL DER PFLANZLICHEN CANNABISPRODUKTE

Volkow et al. NEJM 2014

Drug Enforcement Administration; National Center for Natural Products Research, 2014

Drug Abuse Warning Network, Substance Abuse and Mental Health Services Administration, 2011

Zunahme des THC-Gehalts in Cannabis-Pflanzen

1. Cannabis-Abhängigkeit [1:10]; bei jugendl. Beginn 1:6

2. Cannabis-Entzugssyndrom

3. psychotische Symptome; früherer Beginn psychotischer Störungen *#

[dosisabhängig, abh. von Eigen- und Familienanamnese]

4. kognitive Störungen bis zu einem Monat nach Abstinenz #

5. dauerhafte kognitive Störung bei frühem regelmäßigen Beginn #

Folgen chronischen Cannabiskonsums:

Hall & Degenhardt 2013, Karila et al. 2014, CaPRis 2017

� Punkt 6 bis 9: Zusammenhang möglich

6. affektive Störungen und Suizidalität

7. amotivationales Syndrom und

8. persistierende neurokognitive Störungen

9. Konsum anderer illegaler Substanzen

� Punkt 1 bis 5: Zusammenhang wahrscheinlich; *Kausalität nicht geklärt; #jugendl. Beginn

Page 6: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

6

- Substanzkonsumstörung aktuell und in der Vergangenheit

- Schizophrenie und andere psychotische Erkrankungen

- Junges Alter (Hirnreifung!)

- Schwangerschaft und Stillzeit

- Unverträglichkeiten, Überempfindlichkeit gegen Cannabinoide

Aus Risiken ableitbare Kontraindikationen

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Behandlungsfälle F12.x

130

101

29

0

20

40

60

80

100

120

140

Gesamt M F

Behandlungsfälle F12.x

F12.x: ca. 1 %,

davon 25 % mit komorbiderPsychose

Alter: 30,4 JahreGeschlecht: 78 % Männer

22 % Frauen

Klinik für Psychiatrie - LMU: Diagnose F12.x 5-Jahres-Behandlungsdaten 2010 bis 2014

Page 7: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

7

„Als etablierte Indikationen für Cannabis-basierte Medikamente gelten• chronische insbesondere neuropathische

Schmerzen, • Spastik bei MS, • Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen.

Hinweise für positive Wirkungen reichen von • neurologischen (Spastik und Schmerzen

unterschiedlicher Ursachen, hyperkinetische Bewegungsstörungen), über

• dermatologische (Neurodermitis, Psoriasis, Akne inversa, Hyperhidrosis),

• ophthalmologische (Glaukom) und• internistische (Arthritis, Colitis ulzerosa,

Morbus Crohn) bis hin zu • psychiatrischen Erkrankungen/ Symptomen

(Depressionen, Angststörungen, post-traumatische Belastungsstörung, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-störung [ADHS], Schlafstörungen).“

„Aktuell besteht für Cannabis für keine einzige Indikation eine Zulassung. In den Jahren 2007 bis 2016 erhielten allerdings Patienten mit mehr als 50 verschiedenen Erkrankungen/ Symptomen eine Ausnahmeerlaubnis vom BfArM für eine ärztlich begleitete Selbsttherapie mit Medizinal-Cannabis. Es wird daher allgemein angenommen, dass Cannabis ein sehr breites therapeutisches Spektrum hat.“

Cannabis als Medizin

Page 8: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

8

6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit

Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf

Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

a) nicht zur Verfügung steht oder

b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder

des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen

und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur

Anwendung kommen kann,

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den

Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist.

Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG) § 13 Verschreibung und Abgabe auf Verschreibung

Page 9: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

9

- Chronische Schmerzen

- Übelkeit, Erbrechen, Anorexie

- Spastik (MS)

- Gastrointestinale Erkrankungen

- Neurologische Erkrankungen

- Ophthalmologische Erkrankungen

- Psychische Störungen

Evidenz zu Wirksamkeit und Sicherheit – Indikationen

Chronische Schmerzen

• Cannabinoide als Schmerzmittel seit Jahrhunderten im Einsatz

• Wirkung der Cannabinoide in dieser Indikation mit am besten untersucht

• Antinozizeptive Effekte über CB 1-, vermutlich auch CB 2-Rezeptoren

ABER

− wenige Vergleichsstudien von Cannabinoiden mit anderen Analgetika

− heterogene Dosierungen, kurze Dauer

� insgesamt Evidenz für leichte Wirkung bei chronischen Schmerzen;

keine Daten für substanzielle Wirkungen, selten große Effekte

� milde bis moderate Nebenwirkungen

Page 10: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

10

Übelkeit, Erbrechen

• neben der Schmerzbehandlung das am häufigsten untersuchte Indikationsgebiet von medizinischen Cannabinoiden

ABER

− Fehlen methodisch hochwertiger RCTs, keine Untersuchung alters- und geschlechtsspezifischer Aspekte

− paradoxe Effekte (Hyperemesis) nach wiederholtem Marihuana-Gebrauch berichtet (CHS)

� Zytostatikatherapie: NNT 4 für Cannabinoide

� (nur) eine RCT mit Ondansetron: vergleichbare Wirkung; kein add-on Nutzen

� palliativ: inkonsistente Befundlage, schwache Konfidenz in die Evidenz

� NNH 6 im Vgl. zu Placebo und konventionellen Antiemetika

Anorexie, Gewichtsverlust

• HIV/AIDS und Malignomen

• Überschneidung mit palliativmedizinischen Studien

• heterogene Befundlage

� leichte gewichtsstimulierende Wirkung von Cannabinoiden bei

geringer Konfidenz in die Evidenz

� palliativ: leichte aber nicht signifikante Appetitsteigerung

� Nebenwirkungen unter Cannabinoiden gegenüber Placebo

signifikant häufiger, meist transient und nicht gravierend.

Page 11: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

11

Spastik bei Multipler Sklerose

• Zulassung von Nabiximols* (Sativex®) für Spastik bei MS*

ABER

− fehlender direkter Vergleich der Wirksamkeit unterschiedlicher Cannabinoide

(THC, CBD), unterschiedlicher Formulierungen, Geschlechtsunterschiede in

Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofil, fehlende einheitliche Erfassungs-

instrumente oder Studiendesigns

� „objektive“ Wirksamkeit nicht ausreichend belegt

� 50 % oder 30 % Reduktion der spastischen Symptome nach Selbstbeurteilungs-

Instrumenten („subjektive Effekte“)

� signifikante Überlegenheit der Cannabinoide gegenüber Placebo in der Selbst-

Einschätzung einer „generellen Verbesserung“

Gastroenterologische Erkrankungen

• Cannabinoide (THC und Cannabidiol) zeigen antiinflammatorische

Eigenschaften

• chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis

ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm, Reizblase

� begrenzte Evidenz, teils kleine Fallzahlen der Studien

� keine Verbesserung der wichtigsten spezifischen Symptome

Page 12: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

12

Neurologische (neurodegenerative, -inflammatorische) und andere Erkrankungen

• Wirksamkeit untersucht bei

� Basalganglienerkrankungen: keine Evidenz, allenfalls Einzelsymptome.

� Tremor bei MS: keine Evidenz

� Blasenschwäche bei MS: mögliche positive Effekte unter Nabiximols(eine Studie)

� Epilepsie: Cannabidiol – teilweise Anfallsreduktion, heterogene Daten

• Fallberichte, kleinere Studien und Tierexperimente zu Cannabidiol aber (noch) unzureichende Daten hinsichtlich pflanzlicher Produkte

• Dravet-Syndrom: ‚orphan drug approval‘ in USA für CBD

� Glaukom: sehr kleine Fallzahlen, nur THC (nicht CBD), geringe Konfidenz

• Verträglichkeit der Cannabinoide insgesamt gut

Psychische Störungen

Einzelne kontrollierte Studien zur Wirksamkeit

• Demenz (palliativ): Zunahme von KG, Abnahme negativer Affekte

• F12, F11: Cannabisentzugssyndrom, Opioidentzug

• Psychose/Schizophrenie: CBD = Amisulprid; Rimonabant (negativ)

• Affektive Störungen: sekundäre Ergebnisse (negativ)

• Angststörungen (soziale Phobie): CBD

• PTBS: Nabilon: Reduktion von Albträumen

• Anorexie: signifikante Gewichtszunahme um 1 kg vs. 0,34 kg

• Tourettesyndrom: positive Effekte bei guter Verträglichkeit

• Schlafstörungen: sekundäre Ergebnisse

Page 13: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

13

Psychische Störungen

• einzelne randomisiert-kontrollierte Studien: Demenz, Cannabis-, Opiatabhängigkeit, Schizophrenie, Soziale Phobie, Posttraumatische Belastungsstörungen, Anorexia Nervosa, Tourette Syndrom.

• Keine multizentrische Studien, kleine Stichprobengrößen

� keine verlässlichen Aussagen zur Wirksamkeit von CB 1 Rezeptor-Agonisten (Dronabinol, Nabiximols, Nabilone, THC) und Cannabinoid-Modulatoren auf psychopathologische Symptomatik bei Menschen mit psychischen Störungen (geringe Konfidenz der Evidenz).

� keine zuverlässigen Aussagen zu Verträglichkeit und Sicherheit möglich (geringe Konfidenz der Evidenz).

� Nebenwirkungen können auftreten, aber kaum Hinweise auf schwere Nebenwirkungen

• Der Einsatz von Cannabinoiden in der Schmerz- und Palliativmedizin ist als individueller Heilversuch anzusehen.

• Bei der Verwendung von Cannabinoiden in der Schmerz- und Palliativmedizin sind relevante zentralnervöse (zum Beispiel Benommenheit) und psychiatrische Nebenwirkungen (zum Beispiel Verwirrtheit, Psychose) möglich.

• Es besteht eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen Wahrnehmung der Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit von Cannabisprodukten in der Schmerz- und Palliativmedizin und den Ergebnissen von systematischen Übersichtsarbeiten und prospektiven Beobachtungsstudien nach den Standards der evidenzbasierten Medizin.

Page 14: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

14

Bradford AC, Bradford WD, Abraham A, Bagwell Adams G: Association Between US State Medical Cannabis Laws and Opioid Prescribing in the Medicare Part D Population.

JAMA Intern Med. 2018 Apr 2. doi: 10.1001/jamainternmed.2018.0266. [Epub ahead of

print] DOI: 10.1001/jamainternmed.2018.0266 PMID: 29610897

Importance: Opioid-related mortality increased by 15.6% from 2014 to 2015 and increasedalmost 320% between 2000 and 2015. Recent research finds that the use of all painmedications (opioid and nonopioid collectively) decreases in Medicare Part D and Medicaidpopulations when states approve medical cannabis laws (MCLs). The association betweenMCLs and opioid prescriptions is not well understood.

Objective: To examine the association between prescribing patterns for opioids in Medicare Part D and the implementation of state MCLs.

Design, Setting, and Participants: Longitudinal analysis of the daily doses of opioids filled in Medicare Part D for all opioids as a group and for categories of opioids by state and state-level MCLs from 2010 through 2015. Separate models were estimated first for whether thestate had implemented any MCL and second for whether a state had implemented either a dispensary-based or a home cultivation only-based MCL.

Main Outcomes and Measures: The primary outcome measure was the total number ofdaily opioid doses prescribed (in millions) in each US state for all opioids. The secondaryanalysis examined the association between MCLs separately by opioid class.

Results: From 2010 to 2015 there were 23.08 million daily doses of any opioid dispensedper year in the average state under Medicare Part D. Multiple regression analysis resultsfound that patients filled fewer daily doses of any opioid in states with an MCL. The associations between MCLs and any opioid prescribing were statistically significant whenwe took the type of MCL into account: states with active dispensaries saw 3.742 millionfewer daily doses filled (95% CI, -6.289 to -1.194); states with home cultivation only MCLs saw 1.792 million fewer filled daily doses (95% CI, -3.532 to -0.052). Results varied by type of opioid, with statistically significant estimated negative associations observed forhydrocodone and morphine. Hydrocodone use decreased by 2.320 million daily doses (or17.4%) filled with dispensary-based MCLs (95% CI, -3.782 to -0.859; P = .002) anddecreased by 1.256 million daily doses (or 9.4%) filled with home-cultivation-only-basedMCLs (95% CI, -2.319 to -0.193; P = .02). Morphine use decreased by 0.361 million dailydoses (or 20.7%) filled with dispensary-based MCLs (95% CI, -0.718 to -0.005; P = .047).

Conclusions and Relevance: Medical cannabis laws are associated with significantreductions in opioid prescribing in the Medicare Part D population. This finding was particularly strong in states that permit dispensaries, and for reductions in hydrocodoneand morphine prescriptions.

- Cannabinoide bergen Chancen

und Risiken.

- Zahlreiche medizinische

Indikationen werden diskutiert.

- Diskrepanz zwischen

Erwartungen und Datenlage.

BEWERTUNG

- Kontraindikationen beachten

(Risiken-Nutzen-Abwägung).

- Solide Daten (‚Kausalität‘) liegen

für viele Indikationen nicht vor.

- Forschungsdesiderate sind zu

berücksichtigen (und einzulösen).

Page 15: Ausgangslage –wissenschaftlicher Kenntnisstand Cannabis... · • chronische Pankreatitis, entzündliche Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, irritable bowel Syndrome/Reizdarm,

15

� Indikation und Kontraindikation ?

� Welches Präparat, wann und warum ?

� Nutzen-Risiko-Abwägung ?

� Kostenerstattung ?

� Begleiterhebung ?

Medizinisches Cannabis

– eine praxisbezogene

Hilfestellung der BAS –