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1 Ausstellungsplakat © rem gGmbH Großes Amulett in Form eines Udjat-Auges, Roemer- und Pelizaeus-Museum, Hil- desheim, Herkunft unbekannt, Spätzeit, 25. Dynastie, 720-664 v. Chr., Fayence, poly- chrom glasiert; Br. 6,8 cm © Roemer- und Pelizaeus-Museum 2014, Foto: Sharokh Shalchi Überaus sehens- und lohnens- wert: Mannheimer Schau ent- führt die Besucher in die Ge- schichte Ägyptens Reiss-Engelhorn-Museen zeigen Antikenschau „Ägypten – Land der Unsterblichkeit“/ „Toten- buchpapyrus des Amenemhat“ und zahlreiche weitere hochkarätige Originale aus neuen, ei- genen Beständen, aus Privatsammlungen und dem Roemer- und Pelizaeus Museum/ Nachbil- dung einer Grabkammer als inszenatorischer Höhepunkt/ 650 Exponate auf ca. 950 Quadratme- tern/ Kritisch: abruptes Ende der Objekt-Darbie- tung mit Beginn der Islamischen Zeit/ Empfeh- lenswerter Audioguide/ kein Katalog Noch bis zum 30. Juli 2017 (verlängert) präsentieren die Mannheimer Reiss-En- gelhorn-Museen im Rahmen der Sonderausstellung „Ägypten – Land der Unsterb- lichkeit“ höchst sehenswerte Schätze aus ihrem neuen Sammlungsbestand altägypti- scher Kunst und Kultur zusammen mit hochkarätigen Leihgaben aus Privatsamm- lungen und aus dem Roemer- und Pelizaeus Museum in Hildesheim. Spektakulärer Mittelpunkt der Großausstellung ist ein mehr als neun Meter langer Papyrus: das rund 3500 Jahre alte Totenbuch des Amenemhat. Die Mannheimer Ägypten-Ausstellung öffnet dem Besucher die Pforten zur faszinie- renden Welt der antiken Hochkultur am Nil mit teilweise bis zu 6.000 Jahre alten Ori- ginalexponaten. Die zahlreichen in der Antikenschau zu besichti- genden kostbaren Zeugnisse ste- hen dabei im Mittelpunkt einer Darbietung, die mit eindrucksvol- len Inszenierungen und Themen- welten einen kulturhistorischen Überblick über die Alltagswelt im Land der Pharaonen und in die ganz eigenen Jenseitsvorstellun- gen der alten Ägypter gibt. An- hand dieser einzigartigen Origina- le veranschaulicht die Exposition das Leben an den fruchtbaren Ufern des Nils in allen wichtigen Epochen des Alten Ägyptens: von den Anfängen im 4. Jahrtausend v. Chr., über das Alte Reich und das Neue Reich, die ptolemäisch- römische Epoche bis zur kopti- schen Zeit im sechsten und sieb- ten nachchristlichen Jahrhundert.

Ausstellungsplakat © rem gGmbH Überaus sehens- und lohnens ... · Verstorbenen lautet Padi-Iset. Er ist mehrmals bei den verschiedenen Götter-darstellungen in Hieroglyphenschrift

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Ausstellungsplakat © rem gGmbH

Großes Amulett in Form eines Udjat-Auges, Roemer- und Pelizaeus-Museum, Hil-

desheim, Herkunft unbekannt, Spätzeit, 25. Dynastie, 720-664 v. Chr., Fayence, poly-

chrom glasiert; Br. 6,8 cm © Roemer- und Pelizaeus-Museum 2014, Foto: Sharokh

Shalchi

Überaus sehens- und lohnens- wert: Mannheimer Schau ent-führt die Besucher in die Ge-schichte Ägyptens Reiss-Engelhorn-Museen zeigen Antikenschau „Ägypten – Land der Unsterblichkeit“/ „Toten-buchpapyrus des Amenemhat“ und zahlreiche weitere hochkarätige Originale aus neuen, ei-genen Beständen, aus Privatsammlungen und dem Roemer- und Pelizaeus Museum/ Nachbil-dung einer Grabkammer als inszenatorischer Höhepunkt/ 650 Exponate auf ca. 950 Quadratme-tern/ Kritisch: abruptes Ende der Objekt-Darbie-tung mit Beginn der Islamischen Zeit/ Empfeh-lenswerter Audioguide/ kein Katalog Noch bis zum 30. Juli 2017 (verlängert) präsentieren die Mannheimer Reiss-En-gelhorn-Museen im Rahmen der Sonderausstellung „Ägypten – Land der Unsterb-lichkeit“ höchst sehenswerte Schätze aus ihrem neuen Sammlungsbestand altägypti-scher Kunst und Kultur zusammen mit hochkarätigen Leihgaben aus Privatsamm-lungen und aus dem Roemer- und Pelizaeus Museum in Hildesheim. Spektakulärer Mittelpunkt der Großausstellung ist ein mehr als neun Meter langer Papyrus: das rund 3500 Jahre alte Totenbuch des Amenemhat. Die Mannheimer Ägypten-Ausstellung öffnet dem Besucher die Pforten zur faszinie-renden Welt der antiken Hochkultur am Nil mit teilweise bis zu 6.000 Jahre alten Ori-

ginalexponaten. Die zahlreichen in der Antikenschau zu besichti-genden kostbaren Zeugnisse ste-hen dabei im Mittelpunkt einer Darbietung, die mit eindrucksvol-len Inszenierungen und Themen-welten einen kulturhistorischen Überblick über die Alltagswelt im Land der Pharaonen und in die ganz eigenen Jenseitsvorstellun-gen der alten Ägypter gibt. An-hand dieser einzigartigen Origina-le veranschaulicht die Exposition das Leben an den fruchtbaren Ufern des Nils in allen wichtigen Epochen des Alten Ägyptens: von den Anfängen im 4. Jahrtausend v. Chr., über das Alte Reich und das Neue Reich, die ptolemäisch-römische Epoche bis zur kopti-schen Zeit im sechsten und sieb-

ten nachchristlichen Jahrhundert.

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Votivstele für eine Statue Ramses' II., Roemer- und Pelizaeus-

Museum Hildesheim, Aus Piramesse, Neues Reich, 19. Dyn.,

Zeit Ramses II.,1279-1213 v. Chr., Kalkstein; H. 24 cm ©

Roemer- und Pelizaeus-Museum 2014, Foto: Sharokh Shalchi

Scheintürtafel des Itju und der Initkaes © Roemer- und Pelizaeus-Museum 2014,

Foto: Sharokh Shalchi

Nicht berücksichtigt hingegen in der Objektdar-bietung ist die Islamische Zeit, die zu Beginn der Ausstellung im Rahmen einer sehr gelungenen Chronologie allerdings ausdrücklich Erwähnung findet. Doch dazu später mehr. Exponate, Ausstellungsdaten, Konzept Die Sonderschau im Museum Weltkulturen in Mannheim präsentiert auf einer Grundfläche von rund 950 Quadratmetern etwa 650 ägyptische Originalexponate. Die wertvollen Artefakte ent-stammen dabei zum einen den neuen altägypti-schen Beständen der Reiss-Engelhorn-Museen. Damit werden erstmals überhaupt Teile dieser Sammlungserweiterung und -bereicherung des Museums der Öffentlichkeit im Rahmen einer mu-sealen Darbietung vorgestellt. Ergänzend konnten für die konzeptionelle Ausrichtung der Ausstellung wichtige Objekte aus Privatsammlungen gewon-nen werden. Der größten Teil der Ausstellungs-stücke jedoch wurde von der renommierten Alt-ägyptensammlung des Roemer- und Pelizaeus Museums zur Verfügung gestellt. Durch diese Ko-operationen und die damit einhergehende erweiterte Exponatsauswahl gelang es den Ausstellungskuratoren Dr. Gabriele Pieke (Kuratorin), Dr. Susanne Wichert (Pro-jektleitung) und Prof. Dr. Alfried Wieczorek (Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen/ Gesamtleitung) ein sehr überzeugendes Grundkonzept für die Großexposition zu

erstellen, das wiederum, wie bereits erwähnt, aufschlussreiche und span-nende in die Einblicke Alltagswelt im Land der Pharaonen sowie in die ganz eigenen Jenseitsvorstellungen der al-ten Ägypter und damit insgesamt einen exzellenten Überblick über die Kultur-geschichte Ägyptens ermöglicht. Er-klärtes Ziel der Ausstellungsmacher ist es, die altägyptische Hochkultur an-schaulich zu vermitteln und neue Sicht-weisen auf ein scheinbar bekanntes Thema zu schärfen. Mit der Gründung einer eigenen Abteilung für altägyp-tische Kunst und Kulturgeschichte eta-blieren die Mannheimer Reiss-Engel-horn-Museen einen neuen Standort für das Thema Altägypten in der bundes-deutschen Museumslandschaft. Dank Schenkungen von privaten Sammlern

und einem Kooperationsvertrag mit dem für seine umfassende Ägypten-Sammlung bekannten Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim ist es den Reiss-Engelhorn-Museen gelungen, einen repräsentativen Sammlungsschwerpunkt aufzubauen, der weite Bereiche der antiken Hochkultur aufgreift. Damit werden einzigartige Kultur-schätze der Menschheitsgeschichte an einem Ort bewahrt, der beste Vorausset-zungen für ihren Erhalt für nachfolgende Generationen bietet.

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Statuette der Göttin Thoeris, Roemer- und Pelizaeus-

Museum, Hildesheim, Herkunft unbekannt, Spätzeit, 26.

Dynastie, 664-525 v. Chr., Fayence, H. 10,5 cm © Roemer-

und Pelizaeus-Museum 2014, Foto: Sharokh Shalchi

Reliefblock aus einer Kapelle Ptolemaios‘ I.: Der König opfert vor dem Gott Thot in Paviangestalt, Roemer- und Peli-

zaeus-Museum, Hildesheim, Tuna el-Gebel, Ptolemäerzeit, Ptolemaios I. Soter I.; 306-283 v. Chr., Kalkstein, bemalt; Br.

105 cm © Roemer- und Pelizaeus-Museum 2014, Foto: Sharokh Shalchi

Der Ausstellungsrundgang selbst gliedert sich in Themen-komplexe wie „Leben am Nil“, „Leben im Tod“, „Gott und Götter“ sowie „Weiterwirken bis in die spätantike Zeit“. Die Auswahl der Schaustücke reicht von aufwendig gestal-teten Papyri über Särge, Reliefs, Skulpturen, Metallarbei-ten bis hin zu Schmuck. Viele der jetzigen Schaustücke sind tatsächlich, wie so häufig bei archäologischen Son-derausstellungen, Jahrtausende alte Grabbeigaben oder aber entstammen Fundkomplexen aus Tempel- und Stadtkontexten, die ebenfalls vielfältige Informationen und spannende Überlieferungen in sich tragen. So erzählen die ausgestellten Objekte beispielsweise über das Alltags-leben am Nil, die gottgleiche Stellung der Pharaonen, die Bedeutung des Beamtenstaats, die vorherrschenden Glaubensvorstellungen und die Vielfalt der Götterwelt so-wie die künstlerischen und kulturellen Errungenschaften wie die Schrift. Herausragende Grabfunde vom Pyrami-denfriedhof von Giza erhalten in diesem Ausstellungs-kontext einen besonderen Stellenwert. Rund 50 gut ver-ständliche und lesbare Texte erläutern den Besuchern die Exponate und Themenbereiche. Zur Visualisierung des Dargebotenen dienen zudem Inszenierungen. Zudem steht den Ausstellungsgästen für den Rundgang ein sehr empfehlenswerter Audioguide zur Verfügung. Die Prä-sentationsform wechselt im Rahmen des Ausstellungsparcours mehrfach, wodurch der Rundgang selbst aufgelockert wird. So bietet die Präsentation neben den übli-

chen Vitrinendarbietungen auch freistehende Schauobjekte oder, wie etwa zu Be-ginn des Ausstellungsumlaufs, auch sehr funktionale größere Ausstellungselemente mit integrierten Kleinvitrinen, die eine übersichtliche thematische Gliederung und eine zusammenhängendere Kombination von Text- und Objektdarbietung ermöglichen.

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Blick in den ersten Themenbereich mit einem 16 Meter langen Panoramabild des Nils

um Hintergrund © Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim

Mumiengestaltiger Sargdeckel, Sammlung Thomas Liepsner, 7 Jh. v. Chr., Holz,

stuckiert und bemalt; H. 178 cm © rem, Foto: Jean Christen.

Der polychrom bemalte Sargdeckel ist mit verschiedenen religiösen Szenen de-

koriert (z.B. wird im Zentrum eine Sonnenscheibe von einem geflügelten Skara-

bäus gehalten, verschiedene Totengötter umrahmen die Szene). Der Name des

Verstorbenen lautet Padi-Iset. Er ist mehrmals bei den verschiedenen Götter-

darstellungen in Hieroglyphenschrift genannt.

Erwähnenswert ist auch die sehr gelungene Ausstellungsgestaltung, so etwa, die Ausstattung des ersten Themenraumes mit einem 16 Meter langen Panoramabild des Nils, das das Eintauchen der Besucher in die Thematik schon beim Betreten dieses Bereichs erheblich fördert Die im zweiten Stockwerk des Hauses untergebrachte Antikenschau ist als echter gegen den Uhrzeigersinn führender Rundgang angelegt. Leider steht den Ausstel-lungsgästen bislang kein Katalog zur Verfügung, den diese lohnenswerte Sonder-schau zweifelsohne verdient hätte. Ein kurzer Blick in die Aus-stellung Der Rundgang durch die Aus-stellung beginnt mit einer ex-zellenten und sehr nützlichen Zeitleiste, die einen hervorra-genden Überblick über rund 5.000 Jahre altägyptischer Ge-schichte gibt: von der Vorge-schichtlichen Zeit (5.-4. Jahr-tausend v. Chr.), über dann un-ter anderem die Frühdynasti-sche Zeit (3100-2650 v. Chr.), das Alte Reich (2650-2150 v. Chr.), die Spätzeit (1539-1077 v. Chr.) bis dann zur Spätanti-ke (284-641 n. Chr.) und ab-

schließend zu der bis heute ak-tuellen Islamischen Zeit, die ab 641 nach Christus einsetzt. Ei-ne gegenüber davon platzierte Karte visualisiert die geographischen Gegebenheiten des Ägyptischen Reiches. Anschließend betritt man den ersten Themenraum „Leben

am Nil“, der durch ein im Hintergrund platziertes, allge-genwärtiges, 16 Meter langes Panoramabild des Nils die Besucher visuell in die Thematik eintauchen lässt. Ein-drucksvoll veranschaulicht die Ausstellung anhand eines vielfältigen Themenspektrums und zahlreicher durch viele gut verständliche Texte erläuterte Exponate und Exponats-gruppen das Alltagsleben und die herausragende Stellung des Pharao. Auffällig ist hier die gewählte Präsentationsform mit in flachen Ausstellungspulten oder -elementen integrier-ten Vitrinen, auf denen auch die kommentierenden Begleit-texte abgedruckt sind. Die Darbietungsform ermöglicht ein gerade hier zu Beginn durchaus als notwendig zu erach-tendes thematisches Ordnungsprinzip und sorgt zugleich für eine direkte Verbindung von Objekt und Information. Wäh-rend diese Form der Präsentation einleitend also nutzreich erscheint, würde sie im weiteren Verlauf jedoch der fol-genden Themensetzung und Fokussierung auf herausra-gende Einzelaspekte nicht genügen. Dementsprechend ha-ben die Ausstellungsverantwortlichen die Darbietungsform im Anschluss an den ersten Hauptbereich offener gestaltet

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Totenbuchpapyrus des Amenemhat, Sammlung Thomas Liepsner, um 1450 v. Chr., P-

apyrus, beschriftet und bemalt; L. ca. 9 m © rem, Foto: Jean Christen.

Der fast 9 Meter lange Papyrus ist eine der frühsten bekannten ägyptischen Toten-

buchtexte. Er illustriert mit zahlreichen farbigen Vignetten (Bilder) von hoher Qualität;

neue, nie vorher gesehene Bildmotive.

Blick in die Ausstellung "Ägypten - Land der Unsterblichkeit": Nachbau der

Grabkammer des Sennefer mit der fantastisch anmutenden und sehr imponie-

renden, imitierten Grabmalerei © rem, Foto: Carolin Breckle

und zugleich durch inszenatorische Elemente bereichert. Dies gilt insbesondere auch für den zweiten Abschnitts „Leben im Tod“. Der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod hatte im Alten Ägypten einen herausragenden Stellenwert. Er gipfelten in dem Traum von Unsterblichkeit und führte zu einem aufwändigen Totenkult. Die Gräber wurden kostbar verziert und mit Grabbeigaben reich ausgestattet, damit es dem Ver-storbenen im Jenseits an nichts fehlen sollte. Da nach ihren Vorstellungen nur ein unversehrter Körper ins Totenreich eingehen konnte, wurde die Technik der Mumifizierung immer weiter per-fektioniert. Kunstvoll bemalte frei im Raum präsentierte Särge sowie Mu-mienmasken, kostbare Grabbeiga-ben und herausragende Funde vom berühmten Pyramidenfriedhof von Giza illustrieren dieses spannende und hochkarätig bestückte Ausstel-lungskapitel. Als inszenatorischer Glanzpunkt die-ses fraglos als Höhepunkt des Rund-gang zu bezeichnenden Hauptbe-reichs lässt ein Nachbau der Grab-kammer des Sennefer mit den fan-tastisch anmutenden und sehr impo-nierenden, imitierten Grabmalereien die Ausstellungsgäste endgültig eintauchen in die Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter. Nach dieser nachgebildeten Impression aus der ägyptischen Totenwelt folgt

das bedeutendste Orignalexpo-nat der gesamten Präsentation: das zu Beginn schon erwähnte, meisterlich illustrierte Totenbuch des „Kammerherrn“ Amenemhat. Dieser neun Meter lange so ge-nannte „Totenbuchpapyrus des Amenemhat“ ist sage und schrei-be rund 3.500 Jahre alt. Er be-sticht sowohl durch seine künst-lerische Gestaltung, seine meis-terlichen Illustrationen und frisch erhaltenen Farben, als auch durch bis dahin unbekannte Bild-motive. Vor wenigen Jahren erst konnte diese Preziose von Res-tauratoren in einem aufwändigen Prozess entrollt werden. In der Mannheimer Ägypten-Schau ist der einzigartige Kulturschatz, ei-nes der ältesten bekannten ägyp-tischen Totenbücher überhaupt, mit seinen zahlreichen farbigen Bildern nun erstmals ausgestellt.

Das Totenbuch wurde als Grabbeigabe für den Beamten Amenemhat angefertigt und sollte dem Verstorbenen auf seinem Weg ins Totenreich Schutz und Hilfe bieten. So

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Blick in die Ausstellung: Präsentation des „Totenbuchpapy-

rus des Amenemhat“ mit einer darüber angebrachten erläu-

ternden Tafel © rem, Foto: Carolin Breckle

Blick in die Ausstellung: Inszenierung zur altägyptischen Götterwelt

© rem, Foto: Carolin Breckle

kostbar dieser Papyrus ist, so lobenswert und gelungen ist auch seine museale Dar-bietung. Um den Besuchern den Inhalt und die Interpretation dieses kostbaren Zeugnis-ses altägyptischer Kultur nahe zu bringen, ist über dem eigentlichen in etwas über Hüft-höhe in schräger Position präsentierten Glanzstück der Ausstellung eine große, der ganzen Breite des Papyrus folgende kom-mentierende Tafel angebracht, die das Werk Abschnitt für Abschnitt erläutert. Gerade an dieser Stelle fasziniert die Exposition durch bewegende, aus unserer Sicht teils schon christlich anmutende Wünsche für den Übergang ins Totenreich. Überhaupt sind es wohl vor allem die Texte und Inhalte auch über Isis und Osiris, die die Ausstellungs-besucher beim Lesen gänzlich in den Bann ziehen und mitreißen, da diese uns mit bekannt erscheinenden Vorstellungen von Erlösung und Auferstehung ansprechen. Auch die dann folgenden Kapitel der Großexposition strotzen nur so vor kostbaren und sehenswerten sowie aufschlussreichen Exponaten. Immer wieder gelingt es der Sonderschau dabei, den Ausstellungsgästen die Thematik im Wechselspiel von be-

eindruckenden Schaustücken und informa-tiver Kommentierung sehr nahe zu bringen und durch Inszenierungen, wie etwa zur alt-ägyptischen Götterwelt zu veranschau-lichen. Der Rundgang endet dann, nachdem zuvor Ägyptens Zeit im Römischen Reich und die christlichen und koptischen Wurzeln in der ägyptischen Spätantike mitsamt jeweils mehreren veranschaulichenden Exponaten präsentiert wurden, mit dem Foto der Mo-schee von Kairo, also einem symbolischen Foto der nach 641 n. Chr. einsetzenden bis heute währenden Islamischen Zeit. Dieses abrupte Ende des Rundgangs mag dann

doch etwas überraschen. Zwar ist es zweifellos, sowohl epochal als auch kulturge-schichtlich, berechtigt, die Darstellung über das Alte Ägypten vor dem Beginn der Is-lamischen Zeit abzuschließen und die Fortwirkung der altägyptischen Kultur ins Rö-mische Reich und bei Christen und Kopten zu visualisieren. Dennoch erscheint die Vorgehensweise etwas ungeschickt, muss der Betrachter durch das Reduzieren der islamischen Kultur auf dieses symbolhaft wirkende Großfoto eben diesen Islam quasi als alleinigen Verursacher des dadurch abrupt erscheinenden Endes der ägypti-schen Kultur wahrnehmen oder, um es anders auszudrücken: während das Römi-sche Reich, Christen und Kopten mit Exponaten vertreten sind und gewissermaßen, wenn auch in sehr beschränkter Weise, auch durchaus zurecht noch als fortwirkende Träger altägyptischer Kultur präsentiert werden, ist dem Islam durch das Fehlen jeg-licher Exponate und die Darbietung eines Großfotos allein, ähnlich einem historio-graphischen Stoppschild, letztlich quasi die Rolle des Kulturvernichters zugewiesen. Um einen solchen Eindruck zu vermeiden, wäre es sicherlich klüger gewesen, auch einige frühe Zeugnisse dieses ja auch zu Beginn in der Chronologie aufgeführten Umbruchszeitalters zu präsentieren. Der Niedergang und das Ende der altägypti-schen Kultur und Zivilisation jedenfalls hatten bereits lange vor dem Aufkommen des

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Islams eingesetzt. Und beides hatte auch längst schon seinen nachhaltig wirkenden Niederschlag in den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen im Land bis ins siebte nachchristliche Jahrhundert hinein gefunden. Man mag daher das Ende des ansonsten sehr überzeugenden Ausstellungsrundgangs doch ein wenig bedauern. Insgesamt jedoch kann man der Mannheimer Ägypten-Schau ein herausragendes Zeugnis ausstellen und lobend nicht nur die zahlreichen exzellent präsentierten und kommentierten hochkarätigen Exponate, sondern auch die gelungenen inszenato-rischen Einfälle erwähnen. Wer die Möglichkeit hat, der sollte diese in vielen Berei-chen überaus aufschlussreiche und sehr empfehlenswerte Ausstellung nicht versäu-men. Die Ausstellung kompakt Titel: Ägypten – Land der Unsterblichkeit Ort und Dauer: Reiss-Engelhorn-Museen, Museum Weltkulturen D5, 68159 Mannheim 16. November 2014 bis (urspr. 17. Mai 2015, dann verlängert bis 10. Januar 2016, nun verlängert bis) 30. Juli 2017 Veranstalter: Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim, in Zusammenarbeit mit dem Roemer- und Pelizaeus-Museum, Hildesheim Ausstellungstyp: Sonderausstellung Ausstellungskuratoren: Dr. Gabriele Pieke (Kuratorin), Dr. Susanne Wichert (Projektleitung) und Prof. Dr. Alfried Wieczorek (Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen/ Gesamtleitung) Exponate: rund 650 Exponate Leihgeber: Eigene Bestände und Objekte aus Privatsammlungen (ca. 200 Objekte) und Roemer- und Pelizaeus-Museum, Hildesheim (ca. 450 antike Originale) Ausstellungsfläche: ca. 950 m² Öffnungszeiten: Di-So (auch an Feiertagen): 11-18 Uhr montags geschlossen Eintritt: 12 €, ermäßigt: 10 €, Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre): 3 € Studenten und Azubis: 5 €

Familienkarte (2 Erwachsene mit Kindern / Jugendlichen (bis 18 Jahre): 20 € Kinder unter 6 Jahren: frei Gruppen (ab 10 Personen): 10 € pro Person Schulklassen und Kindergartengruppen: 3 € pro Person

Audioguide: für Erwachsene: 4 €, Audioguide für Kinder: 2 € Führungen: Öffentliche Führungen: So: 14 Uhr Öffentliche Familienführungen: jeder vierter Freitag im Monat um 16 Uhr Außerdem können Führungen nach Vereinbarung gebucht werden. Informa- tionen und Anmeldung unter: Tel.: 0621 2933771, Fax: 0621 2932138 oder per eMail: [email protected] Allgemeine Infos: Tel.: 0621 2933150, Fax: 0621 2939539 Internet: www.rem-mannheim.de/ausstellungen/aegypten/ausstellung.html eMail: [email protected] (© Dr. Martin Große Burlage, historischeausstellungen.de, www.historischeausstellungen.de, eMail: [email protected], Tel.: 0049 (0)2572 959496)