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www.zacher-automation.de 2018 Copyright S. Zacher 1 Prof. Dr. S. Zacher Automation-Letter Nr. 24 14.05.2018 S. Zacher, M. Reuter: Regelungstechnik für Ingenieure. Seiten 229-231. Springer Vieweg Verlag, 15. Auflage, 2017 Das von Schwarze entwickelte Zeit-Prozentkennlinien-Verfahren lässt die Regelstrecke identifizieren und den Regler nach der Methode der Betragsanpassung einstellen... Nach diesem Verfahren werden die aus der Sprungantwort der Regelstrecke gemessenen Zeitpunkte t 10 , t 50 und t 90 bestimmt, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und 90% ihres stationären Wertes x() erreicht. Hinweise zur Streckenidentifikation und Reglereinstellung nach Schwarze / Latzel

Automation-Letter Nr. 24 14.05

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Page 1: Automation-Letter Nr. 24 14.05

www.zacher-automation.de 2018 Copyright S. Zacher 1

Prof. Dr. S. Zacher

Automation-Letter Nr. 24

14.05.2018

S. Zacher, M. Reuter: Regelungstechnik für Ingenieure.

Seiten 229-231. Springer Vieweg Verlag, 15. Auflage, 2017

„Das von Schwarze entwickelte Zeit-Prozentkennlinien-Verfahren lässt die Regelstrecke identifizieren und

den Regler nach der Methode der Betragsanpassung einstellen...

Nach diesem Verfahren werden die aus der Sprungantwort der Regelstrecke gemessenen Zeitpunkte t10, t50

und t90 bestimmt, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und 90% ihres stationären Wertes x() erreicht.

Hinweise zur Streckenidentifikation und Reglereinstellung

nach Schwarze / Latzel

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www.zacher-automation.de 2015 Copyright S. Zacher 2

Nachfolgend wird gezeigt, wie eine beliebige P-Tn-Strecke mit der Streckenübertragungsfunktion der n.

Ordnung mit unterschiedlichen Zeitkonstanten T1, T2, … , Tn

durch eine Übertragungsfunktion der gleichen n. Ordnung jedoch mit n gleichen Zeitkonstanten T

angenähert wird. Der Regelkreis mit einer 10%-Überschwingung kann nach Latzel wie folgt eingestellt werden:

Abstract, Urheberrechts- und Haftungshinweis

Die vorliegende Publikation unterliegt der Urheberrecht. Alle Rechte sind bei Dr, S. Zacher vorbehalten.

All rights are by the author, Dr. S. Zacher, reserved. Die Weiterentwicklung oder Nutzung der Publikation ohne

Referenz auf Urheber ist nicht zugelassen. No use of this publication without references on the author.

Für die Anwendung der vorliegenden Publikation in der Industrie, im Laborbetrieb und in anderen praktischen

Fällen sowie für eventuelle Schäden, die aus unvollständigen oder fehlerhaften Angaben über das

dynamische Systeme ergeben können, übernimmt der Autor keine Haftung. For the practical use of the

results of this publication takes the author no responsibility.

PSS

1 2 n

( )(1 )(1 )...(1 )

KG s

sT sT sT

PSS n( )

(1 )

KG s

sT

Kennwerte PI PID PI PID PI PID

KPRKPS 0,877 2,543 0,543 1,109 0,328 0,559

Tn / T 1,96 2,47 2,59 3,31 3,73 4,80

Tv / T - 0,66 - 0,99 - 1,57

Page 3: Automation-Letter Nr. 24 14.05

www.zacher-automation.de 2011-2014 Copyright S. Zacher 3

I N H A L T

1. Geschichte ……………………………………………………………………………………… Seite 3

2 Einführung: P-Tn-Strecken …………………………………………………………………… Seite 6

3. Zeitprozentkennwert-Verfahren ……………………………………………………………… Seite 8

4. Beispiele ………………………………………………………………………………………… Seite 9

5. Zusammenfassung ……………………………………………………………………………. Seite 18

6. Literaturverzeichnis ……………………………………………………………………………. Seite 19

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www.zacher-automation.de 2011-2014 Copyright S. Zacher 4

1 Geschichte

Das Zeitprozentkennwert-Verfahren wurde von Gunter Schwarze zu Anfang der 1960er Jahre entwickelt.

Es vermeidet die Unsicherheiten der Tangentenverfahren.

Quelle: https://www2.informatik.hu-berlin.de/sam/schwarze/ (besichtigt am 14.05.2018)

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www.zacher-automation.de 2011-2014 Copyright S. Zacher 6

2 Einführung: P-Tn-Strecken

Regelstrecken, die durch die Hintereinanderschaltung von n P-Strecken 1. Ordnung entstehen, werden

durch eine Differentialgleichung n-ter Ordnung beschrieben. Solche Strecken können nur aperiodische

Sprungantworten ausführen.

Ein Beispiel des Systems 2. Ordnung, das aus zwei hintereinandergeschalteten Gleichstrom-

generatoren besteht und als Verstärkermaschine bezeichnet wird, findet man in [1], Seiten 59-67.

)1)(1)(1()(

)()()()()(

cba

PS3PS2PS13S2S1SS

sTsTsT

KKK

sy

sxsGsGsGsG

x1(t)y(t) x(t)

KPS1 , Ta

GS1(s) GS2(s) GS3(s)

x2(t)

KPS2 , Tb KPS3 , Tc

y(s) x(s)

x1(t)y(t) x(t)

KPS1 , Ta

GS1(s) GS2(s) GS3(s)

x2(t)

KPS2 , Tb KPS3 , Tc

y(s) x(s)

Die Hintereinanderschaltung von drei P-T1-Strecken für die Gesamtübertragungsfunktion ist in [1], Seiten

70-75 beschrieben

.

.

„Nimmt man die Sprungantwort einer unbekannten Strecke experimentell auf, so kann die genaue Ordnung

dieser Strecke nicht ohne weiteres aus dem Kurvenverlauf ermittelt werden, insbesondere, wenn die einzelnen

Glieder unterschiedliche Zeitkonstanten aufweisen. Bereits bei einem System 2. Ordnung, das aus zwei P-T1-

Gliedern mit den Zeitkonstanten Ta und Tb besteht, ist die Bestimmung der Zeitkonstanten nicht ganz einfach.

Durch Anlegen der Wendetangente lassen sich die Verzugs- und Ausgleichszeit Tu und Tg ermitteln. Mann

kann zeigen, dass zwischen den Quotienten Tu/Tg und Ta/Tb eine eindeutige Funktion besteht.“

Quelle: [1], Seite 72

Page 7: Automation-Letter Nr. 24 14.05

www.zacher-automation.de 2018 Copyright S. Zacher 7

2 Zeitprozentkennwert-Verfahren

Die Zeitprozentkennwertmethode nach SCHWARZE wird, neben dem Wendetangentenverfahren, zur

Identifikation der Zeitkonstanten von experimentell ermittelten Sprungantwortverläufen eingesetzt.

Ein wesentlicher Nachteil des Wendetangentenverfahrens liegt in der Fehleranfälligkeit, bedingt durch

die Ungenauigkeit der graphischen Ermittlung und dem Anlegen der Wendetangente begründet. Dabei

kommt es besonders bei experimentell ermittelten Sprungantwortverläufen, durch messtechnisch

bedingte Fehler und Ungenauigkeiten, in der Regel zu keinen eindeutigen Schnittpunkten mit der

Zeitachse.

Die Zeitprozentkennwertmethode soll diesen Nachteil des Wendetangentenverfahrens, durch die

Ermittlung sogenannter Zeitprozentwerte aus der gemessenen Sprungantwort, vermeiden. Eine

Entstehung weiterer Ablesefehler entfällt durch die Ermittlung der Zeitprozentkennwerte.

Die Zeitprozentkennwertmethode kann auf Übertragungselemente höherer Ordnung, die kein

Überschwingen im Sprungantwortverlauf aufweisen, angewendet werden. Dabei werden diese

Übertragungselemente durch Übertragungsfunktionen mit n gleichen Zeitkonstanten angenähert.

t

x(t)

x()

2n = 1 3 4 5 6 7

8

0

9

10

0 t

x(t)

x()

2n = 1 3 4 5 6 7

8

0

9

10

0

Sprungantworten zu P-Strecken 1. bis 10.

Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T.

Quelle [1], Seite 73

Page 8: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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2 Zeitprozentkennwert-Verfahren

90

10

t

t

Die Sprungantwort der Regelstrecke ist im Bild unten gegeben. Bestimmen wir daraus die Zeitpunkte t10, t50

und t90, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und 90% ihres stationären Wertes x() erreicht.

Die Regelstrecke wird als P-Tn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten approximiert.

Die Ordnungszahl n der Regelstrecke wird aufgrund der Kennzahl bestimmt:

3

909050501010 tttT

x() = 100%

0 t90t10 t50 t

x(t)

KPS y0

x10

x50

x90

x() = 100%

0 t90t10 t50 t

x(t)

KPS y0

x10

x50

x90

Mit Hilfe der drei weiteren Kennzahlen 10, 50 und 90 für

bereits bestimmten oder n wird die Zeitkonstante T der

Regelstrecke ermittelt:

Die Übertragungsfunktion der Strecke ist: PS

S n( )

(1 )

KG s

sT

n 10 50 90

0,137 2 1,880 0,596 0,257

0,174 2,5 1,245 0,460 0,216

0,207 3 0,907 0,374 0,188

0,261 4 0,573 0,272 0,150

0,304 5 0,411 0,214 0,125

0,340 6 0,317 0,176 0,108

0,370 7 0,257 0,150 0,095

0,396 8 0,215 0,130 0,085

0,418 9 0,184 0,115 0,077

0,438 10 0,161 0,103 0,070

Danach wendet man sich an die Tabelle unten.

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 10: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 11: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 13: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 14: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 15: Automation-Letter Nr. 24 14.05

www.zacher-automation.de 2018 Copyright S. Zacher 15

3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 16: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 17: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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3 Beispiel Quelle: [5], Seiten 26-29

Page 18: Automation-Letter Nr. 24 14.05

www.zacher-automation.de 2018 Copyright S. Zacher 18

4. Zusammenfassung

In der vorliegenden Publikation wurde das von Schwarze entwickelte Zeitprozentkennwert-Verfahren zur

Identifikation einer Regelstrecken beschrieben.

Damit wird die Regelstrecke wie ein P-Tn-Glied der n-ten Ordnung mit gleichen Zeitkonstanten T simuliert.

Die Identifikation erfolgt anhand vorgegebener Sprungantwort der Strecke.

Nach der Identifikation kann ein Standard-Regler mit 10%-Überschwingung nach der von Latzel

vorgeschlagenen Tabelle eingestellt werden.

Alternativ wird der Regelkreis mit gewünschter Dämpfung nach bekannten Verfahren wie Betragsoptimum,

symmetrisches Optimum usw. entworfen werden.

Die theoretischen Grundlagen, die zur Entwicklung des o.g. Verfahrens geführt haben und weitere

Informationen zum Zeitprozentkennwert-Verfahren, können formlos per Mail

[email protected]

angefragt werden.

Page 19: Automation-Letter Nr. 24 14.05

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5 Literaturverzeichnis

[1] S. Zacher, M. Reuter: Regelungstechnik für Ingenieure. 15.Auflage, Springer Vieweg Verlag, 2017

[2] W. Latzel: Einführung in die digitalen Regelungen, VDI Verlag, 1995

[3] G. Schwarze: Bestimmung der regelunsgtechnischen Kennwerte von P-Gliedern aus der Übergangsfunktion ohne

Wendetangentenkonstruktion, In: - messen-steuern-regeln Heft 5, S. 447-449, 1962

[4] S. Zacher: Identifikation von Regelstrecken, Automation-Letter Nr. 03, 2011, www.zacher-automation.de/Automation-Letters

[5] A. Treffert: Identifizierung der Regelstrecken einer Abwasserpumpenanlage und Simulation in MATLAB/SIMULINK.

Projektarbeit der Hochschule RheinMain, FB Ingenieurwissenschaften, Studienbereich IET, 2011

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Prof. Dr. S. Zacher

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