B6_Die Kirchensteuer Verletzt Menschenrechte

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    KirchenfinanzierungSchweiz/WallisDie Kirchensteuer verletzt Menschenrechte

    Arbeitsbezeichnung, Modul:Arbeit MenschenrechteIm Modul B6 Professionalitt und Praxisfelder

    Eingereicht von:Marcel ThelerBachelor Studiengang Soziale Arbeit 20112. Semester

    Institution:

    HESSO WallisFachhochschule Westschweiz

    Datum: 21. Juni 2012

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    HESSO/Siders/SA/Kurs 11 Bachelor/2. Semester/ Theler, Marcel/B6/Kirchenfinanzierung Schweiz/Wallis Die Kirchensteuer verletzt Menschenrechte/21.06.2012 2

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung ....................................................................................................................... 32 Begriffe ........................................................................................................................... 3

    2.1 Menschenrechte ...................................................................................................... 32.1.1 Freiheitsrechte ................................................................................................. 32.1.2 Der Staat .......................................................................................................... 42.1.3 Private Akteure................................................................................................. 4

    2.2 Religionsfreiheit ....................................................................................................... 42.2.1 Allgemeines ..................................................................................................... 42.2.2 Schweiz und Wallis .......................................................................................... 52.2.3 Schutzobjekt und Einschrnkungen des Rechts ............................................... 6

    3 Ausgangssituation .......................................................................................................... 73.1 Privilegien fr die Kirchen ........................................................................................ 73.2 Relativierung der Privilegien .................................................................................... 73.3 Sonderfall Wallis ..................................................................................................... 8

    4 Verletzte Grundrechte ...................................................................................................104.1 Recht auf Freiheit ...................................................................................................104.2 Recht auf Privateigentum .......................................................................................104.3

    Religionsfreiheit ......................................................................................................11

    4.4 Schlussfolgerung ....................................................................................................11

    5 Folgen ...........................................................................................................................116 Was soll verndert werden und warum? ........................................................................127 Die Soziale Arbeit ..........................................................................................................13

    7.1 Rolle und Begrndung des Handelns .....................................................................137.2 Ressourcen ............................................................................................................147.3 Handlungsmethoden ..............................................................................................14

    8 Kritische Wrdigung, Resmee .....................................................................................159 Literaturverzeichnis .......................................................................................................16

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    1 Einleitung

    Um mich bei der Einleitung kurz zu fassen, mchte ich nur ein paar allgemeineAnmerkungen zum Aufbau der Arbeit machen.

    Es geht in der vorliegenden Arbeit nicht nur um den Umgang der Sozialen Arbeit mit derThematik Kirchensteuer, sondern vor allem auch um die Errterung, ob es sich hierbeitatschlich um eine Verletzung der Menschenrechte oder um eine anderweitigeRechtsverletzung des Staates handelt.

    Das zweite Kapitel (Begriffe) gehrt zur Beschreibung des Problems, weil nur auf dieserGrundlage das Problem spter geschildert und erklrt werden kann.

    Nicht immer sind alle Punkte (W-Fragen) nur in einem Kapitel beantwortet, manchmalerstrecken sie sich ber mehrere Kapitel oder es gibt berschneidungen.

    2 Begriffe

    2.1 Menschenrechte

    Hier sttze ich mich vor allem auf die genannte Quelle von Amnesty International.

    2.1.1 Freiheitsrechte

    Gemss der Informationsplattform humanrights.ch (2011) werden die Menschenrechteunterteilt in Freiheitsrechte, Sozialrechte und Kollektivrechte. Da sich diese Arbeit mit denFreiheitsrechten befasst, werde ich in der Folge nur auf diese eingehen. Menschenrechte

    sind demnach laut Amnesty International Schweiz (2006) rechtliche Ansprche vonIndividuen gegenber dem Staat, sie dienen dem Schutz [] der Person und ihrer Wrde.Sie schtzen also die menschliche Wrde vor der Willkr des Staates. Diese besonderenIndividualrechte stehen jeder Person aufgrund ihres Menschseins zu, sie gelten deshalb alsangeboren, unverletzlich, unverusserlich und unabhngig von der Staatsangehrigkeit.Menschenrechte sind jedoch nicht zeitlich absolut, sondern das Produkt einer historischenEntwicklung, die auch heute noch nicht abgeschlossen ist. Einige sehr wichtigeMenschenrechte besitzen uneingeschrnkte Gltigkeit, wie das Folterverbot, doch diemeisten gelten nicht absolut. Hier kann der Staat zur Wahrung des ffentlichen Interessesoder in Notstandssituationen Einschrnkungen vornehmen (zum Beispiel Beschrnkung der

    Meinungsfreiheit).

    Menschenrechte schtzen Individuen. Neben dem Schutz der krperlichen Unversehrtheitgehren zu den Freiheitsrechten etwa:

    Das Recht auf Freiheit

    Das Recht auf Eigentum

    Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit

    Bei der Religionsfreiheit ist das Individuum zwar der Trger des Rechts, doch verweistdieses auf ein Kollektiv, auf eine spezifische Gemeinschaft (Religionsgemeinschaft). Somit

    ist die Religionsfreiheit ein Individualrecht mit einer kollektiven Dimension.

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    2.1.2 Der Staat

    Um die Freiheit und Sicherheit der Brger zu gewhrleisten, hat der Staat dasGewaltmonopol inne (Wikipedia1: [] die ausschliesslich staatlichen Organen vorbehalteneLegitimation, physische Gewalt auszuben oder zu legitimieren.). Dieses Gewaltmonopoldes Staates birgt aber auch die Gefahr, dass er seine Macht missbraucht oder seinerVerantwortung nicht nachkommt. Die Menschenrechte setzen nun diesem GewaltmonopolGrenzen, indem sie den Staat gegenber seinen Brgern verpflichten und so die Gefahrenreduzieren, welche den Menschen von Seiten der souvernen Staatsmacht potentielldrohen.

    Die Menschenrechte verpflichten den Staat unter Wahrung des Diskriminierungsverbotes(kein Ausschluss aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Religion usw.) auf drei Stufen:

    1. Unterlassungspflicht: Der Staat darf seine Brger nicht an der Ausbung ihrerMenschenrechte hindern. Er anerkennt die Menschenrechte, indem er Eingriffe

    unterlsst.

    2. Schutzpflicht: Menschenrechtsverletzungen werden auch von Privaten begangen(zum Beispiel husliche Gewalt). Der Staat muss deshalb mittels Gesetzen undInterventionen die Menschenrechte gegen die bergriffe durch Dritte schtzen.

    3. Erfllungspflicht: Der Staat muss im Rahmen seiner Mglichkeiten allen Brgerndie menschenrechtlichen Mindeststandards garantieren.

    2.1.3 Private Akteure

    Private (zum Beispiel Individuen, Organisationen wie die Kirchen oder Konzerne) knnen frMenschenrechtsverletzungen nur dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie imNamen des Staates handeln (Polizisten, Beamte usw.). Ansonsten knnen sie nur indirektvom Staat zur Rechenschaft gezogen werden (Schaffung gesetzlicher Grundlagen zurWahrung der Menschenrechte, polizeiliche Interventionen). Nur fr Kriegsverbrechen,Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid knnen Individuen direkt vomInternationalen Strafgerichtshof bestraft werden.

    2.2 Religionsfreiheit

    2.2.1 Allgemeines

    Wie wir gesehen haben, gehrt die Religionsfreiheit zu den Menschenrechten. Sie beziehtsich nicht bloss auf (religise) Glaubensberzeugungen, sondern allgemein aufweltanschauliche Bekenntnisse und sollte daher vielleicht eherFreiheit der Weltanschauungheissen, wobei religise Weltsichten im BegriffWeltanschauungenthalten sind (Oberbegriff).In erster Linie garantiert die Religionsfreiheit dem Individuum, seineWeltanschauungsberzeugung frei zu bilden sowie die freie Ausbung seinerWeltanschauung oder Religion. Zur Religionsfreiheit gehrt aber auch die Freiheit keiner

    1http://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltmonopol_des_Staates

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    Religion angehren zu mssen. Es wird unterschieden zwischen positiver und negativerReligionsfreiheit2.

    1. Positive Religionsfreiheit: Jeder kann eine Religionsgemeinschaft grnden, sich einersolchen anschliessen, an religisen Handlungen teilnehmen, nach religisen

    Gesetzmssigkeiten leben und fr seine Anschauung werben.

    2. Negative Religionsfreiheit (Freiheit von Religion): Keiner muss einerReligionsgemeinschaft angehren, jeder kann eine solche jederzeit verlassen,niemand darf zu religisen Handlungen gezwungen werden.

    Dort wo der Staat in irgendeiner Form Privatpersonen gegenbertritt (Zum Beispiel einPrimarlehrer einer ffentlichen Schule oder eine Szenerie in einem Gericht), kollidiert diepositive Religionsfreiheit mit der Neutralittspflicht des Staates.

    Auf internationaler Ebene ist die Religionsfreiheit in folgenden Gesetzen festgehalten:

    Artikel 18 der Allgemeinen Erklrung der Menschenrechte

    Artikel 18 des UN-Zivilpakts

    Artikel 14 der Kinderrechtskonvention

    Artikel 9 der Europischen Menschenrechtskonvention

    2.2.2 Schweiz und Wallis

    Da die internationalen Bestimmungen nur von grundstzlicher Natur sind, mssen wir unszustzlich mit der nationalen Gesetzgebung auseinandersetzen. Artikel 15 derBundesverfassung garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Absatz 3 spricht von der

    positiven und Absatz 4 von der negativen Religionsfreiheit:

    3 Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehrenund religisem Unterricht zu folgen.

    4 Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oderanzugehren, eine religise Handlung vorzunehmen oder religisem Unterricht zu folgen.

    Hierbei handelt es sich ebenfalls um sehr grundlegende Regelungen und in Artikel 72 BV (indem auch das Minarettverbot festgeschrieben ist) bergibt der Bund die Verantwortung berdie Ausgestaltung des Verhltnisses zwischen Staat und Kirchen ausserdem den Kantonen:

    1 Fr die Regelung des Verhltnisses zwischen Kirche und Staat sind die Kantonezustndig.

    Somit scheint es geboten auch einen Blick in die Verfassung des Kantons Wallis zu werfen.Dort ist es dann mit der religisen Neutralitt aber bald einmal vorbei. Artikel 2 frdert bereitserste Ausfhrungen ber das Verhltnis des Kantons Wallis zu den Kirchen zutage, diePassage ber die Gleichheit aller Brger vor dem Gesetz folgt dabei erst in Artikel 3.

    2http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsfreiheit

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    3 Die rmisch-katholische Kirche und die evangelisch-reformierte Kirche werden alsffentlich-rechtliche Institutionen mit eigener Rechtspersnlichkeit anerkannt. Die anderenKonfessionen unterstehen den Vorschriften des Privatrechts, knnen aber nach Massgabeihrer Bedeutung im Kanton durch Gesetz ffentlich-rechtlich anerkannt werden.

    Der Kanton Wallis privilegiert also spezifisch zwei christliche Konfessionen gegenber allenanderen Weltanschauungen. Dies ist juristisch unbedenklich da der ffentlich-rechtlicheStatus zumindest theoretisch auch den anderen Konfessionen offensteht. Der BegriffKonfession (Duden3: religise Gemeinschaft mit einer bestimmten Konfession) lssthingegen darauf schliessen, dass nur religisen Gruppierungen diese Anerkennungzuteilwerden kann, womit andere nicht-religise Weltsichten ausgeschlossen wrden.

    2.2.3 Schutzobjekt und Einschrnkungen des Rechts

    Wenn wir nun den Abschnitt zur negativen Religionsfreiheit in der Bundesverfassung etwasgenauer ausleuchten, sprich die herrschende Rechtslehre zu Rate ziehen, dann knnen wir

    zum ersten Mal eine konkrete Aussage zum eigentlichen Gegenstand dieser Arbeit machen,also zu den Kirchensteuern. Laut Hfelin (2005, 124ff) darf niemand am Austritt aus einerreligisen Gemeinschaft gehindert, zu religisen Handlungen gentigt oder zur Bezahlungvon Kultussteuern an eine Religionsgemeinschaft gezwungen werden, wenn er bei dieserkein Mitglied ist. Eine frhere Version der Bundesverfassung erwhnte die Kultussteuernnoch separat im damaligen Artikel 49. Nher ausgefhrt wurde der Grundsatz jedoch nie.

    6 Niemand ist gehalten, Steuern zu bezahlen, welche speziell fr eigentliche Kultuszweckeeiner Religionsgenossenschaft, der er nicht angehrt, auferlegt werden. Die nhereAusfhrung dieses Grundsatzes ist der Bundesgesetzgebung vorbehalten.

    Nun aber gibt es wie bei allen Rechten und Gesetzen natrlich auch im Bereich derReligionsfreiheit gewisse Einschrnkungen, deren Urheber in unserem Fall vornehmlich dasBundesgericht ist. Dazu ist einmal die schweizerische Ausnahme der Kirchensteuerpflicht frjuristische Personen zu nennen, welche das Bundesgericht als verfassungskonform einstufte(BGE 126 I 122, 125ff.). Des Weiteren sind natrliche Personen verpflichtet kantonaleSteuern auch dann zu bezahlen, wenn hierin Beitrge an Kirchen enthalten sind. BezglichGemeindesteuern kann die Entrichtung gemss Bundesgericht im Umfang des Beitrages zuKultuszwecken jedoch verweigert werden (BGE 107 Ia 126, 130).

    Diese Kultuszwecke werden in der Rechtsprechung eigentliche Kultuszwecke genannt undverkomplizieren die Sache weiter. Demnach wird bei Kultussteuern unterschieden, ob essich um Steuern an eine Religionsgemeinschaft fr eigentliche Kultuszwecke handelt oderob sie zur Finanzierung anderer Aufgaben dieser Kirche eingesetzt werden, die imallgemeinen Interesse liegen (brgerliche Zwecke), also allen Bewohnern einer Gemeindezugutekommen. Hier geht es also um die Debatte, welchen Nutzen eineReligionsgemeinschaft fr die Allgemeinheit erbringt, wie zwischen brgerlichen- undKultuszwecken zu unterscheiden ist und inwiefern Andersglubige und konfessionsfreieMenschen zur Bezahlung derartiger Steuern fr brgerliche Zwecke der Kirchenherangezogen werden knnen. Dies zu vertiefen wrde aber in der vorliegenden Arbeit zu

    3http://www.duden.de/rechtschreibung/Konfession

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    weit fhren. Zudem erscheint es dem Autor, dass diese Fragen in der Rechtsprechung nochkeineswegs letztgltig geklrt sind. Ein Eingehen auf diese juristischen Wortklaubereien istzudem in unserem Fall nicht dringlich, denn wie wir gleich sehen werden, sind im KantonWallis andere Problematiken in diesem Zusammenhang vorrangig zu betrachten.

    3 Ausgangssituation

    3.1 Privilegien fr die Kirchen

    Durch die ffentlich rechtliche Anerkennung der Kirchen, welche nicht nur im Wallisverankert ist, werden den anerkannten Kirchen (im Wallis die rmisch-katholische und dieevangelisch-reformierte Kirche) einige Privilegien zuerkannt. Die Rmisch-KatholischeZentralkonferenz der Schweiz (RKZ4) begrndet diese Sonderrechte mit der bernahmewichtiger Aufgaben in Erziehung, Diakonie und weiteren Bereichen. Die RKZ schreibtweiter: Mit der ffentlichrechtlichen Anerkennung wrdigt der Staat dieses Engagement der

    Kirchen. [] Ihr einzigartiger Charakter ist nur unter Bercksichtigung ihrer ethisch-religisensowie ihrer sozialen Dimension zu verstehen. Durch dieses der Allgemeinheitzugutekommende Engagement stnden den Kirchen nun gewisse hoheitliche Rechte zu,insbesondere das Steuerbezugsrecht und der erleichterte Zugang zu ffentlichenEinrichtungen (Schulen, Spitler, Gefngnisse etc.). Weiter seien mit diesen Privilegien aberauch bestimmte Voraussetzungen verbunden: Rechtsstaatlichkeit, demokratischeOrganisationsform und finanzielle Transparenz.

    3.2 Relativierung der Privilegien

    Die Autonomie und Nichteinmischung des Staates in kirchliche Angelegenheiten ist den

    Kirchen beraus wichtig, deshalb schreibt die RKZ, dass die Kirchen keine staatlichenEinrichtungen und auch keine staatlichen Organe seien, sondern historisch gewachsenegesellschaftliche Institutionen. Dieses Pochen auf Nichteinmischung birgt nach Meinung desAutors das Potential in sich Spannungen mit der oben erwhnten Voraussetzung derRechtsstaatlichkeit zu verursachen. So wurde beispielsweise 2008 eine Motion5 betreffendAnpassung des Gesetzes ber das Verhltnis zwischen Kirche und Staat (GVKS) vomStaatsrat mit folgenden Begrndungen abgelehnt:

    Eine Prfung der obigen Motion zeigt, dass diese insofern unzulssig ist, als dass sie einenderung des kanonischen Rechts fordert.

    Allerdings ist in unserer Kantonsverfassung (Art. 2 Abs. 2) ausdrcklich vorgesehen, dassdie Religionsgemeinschaften also auch die Pfarreien selbststndig ber ihreOrganisation und Verwaltung befinden knnen. Es ist also nicht Sache der kantonalenGesetzgebung, die Finanzhaushaltsfhrung der Pfarreien neuzeitlich zu gestalten oderber widersprchliche Auslegungen des kanonischen Rechts zu befinden, wie dies dieMotionre fordern.

    4http://www.rkz.ch/index.php?PHPSESSID=r69nl9b3gqpemn6olffffhihs1&na=2,1,0,0,d#ffentlichrechtliche Anerkennung5http://www.vs.ch/vos_files/2008.06_MO_1.201_Verhltnis zwischen Kirche und Staat_ANT.pdf

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    Es scheint also tatschlich fraglich, ob die Rechtsstaatlichkeit im Falle der Kirchen immergegeben ist. Was die demokratische Organisationsstruktur betrifft, so bleiben zumindest beider vom Vatikan gesteuerten katholischen Kirche ebenfalls einige Fragen offen. Dem Autorsind keine Mitbestimmungsrechte von Kirchgngern bekannt.

    In Bezug auf die finanzielle Transparenz wird allgemein Kritik an den Kirchen gebt. So gibtMichael Marti im Walliser Boten vom 2. September 2011 (Seite 2 unten) bezglichGlaubensgemeinschaften zu bedenken, dass eine grssere Transparenz der Finanzstrme,der Kosten und des Nutzens in den verschiedenen Kantonen wnschenswert wre. DieseTransparenz sei im Vergleich zu anderen Politikbereichen (z.B. Strassenrechnung,Finanzstatistik) nur beschrnkt vorhanden.

    Alle drei Pfeiler, welche die kirchlichen Privilegien berhaupt erst legitimieren sollen,scheinen also grundstzlich in Frage gestellt. Sind diese Sonderrechte also tatschlichgerechtfertigt? Denn wenn sie es wren, knnte man trotz der Besteuerung Andersglubigerwohl nicht leichtfertig von einer Menschenrechtsverletzung sprechen, da die Kirche dann

    einen wichtigen sozialen Zweck erfllen wrde, der allen Brgern zugutekommt.

    Und hier sind wir wieder bei der Frage um den Nutzen der anerkanntenReligionsgemeinschaften. Auf diesem Nutzen basiert, wie wir gesehen haben, ein Grossteilder Rechtfertigung kirchlicher Privilegien, doch ist solch ein Nutzen gegenwrtig schwer zubeurteilen, weil es keine Daten dazu gibt. 2010 wurde eine Studie6 (Dienstleistungen, Nutzenund Finanzierung von Religionsgemeinschaften in der Schweiz) des nationalenForschungsprogramms NFP 58 verffentlicht. Dazu einige Zahlen aus dem Ergebnis derStudie: 1.35 Mia. Franken erhalten die Kirchen mittels Kirchensteuern von ihren Mitgliedern.300 Mio. Franken bezahlen die Kantone an die Kantonalkirchen und 260 Mio. Franken

    kommen von den juristischen Personen. Betreffend Nutzen erfasst die Studie nur densubjektiv empfundenen Nutzen der Brger fr sich und andere. Die Studie sagt also nichtsber die konkrete Zweckdienlichkeit der Kirchen aus. Letztendlich sttzen die Kirchen ihrePrivilegien also auf Mythen, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren. DenTatbeweis der Ntzlichkeit mssen sie erst noch antreten, doch fast niemanden scheint eszu stren, dass die Religionsgemeinschaften trotz ungeklrter Ntzlichkeit dieseSonderrechte beanspruchen.

    Zudem fragt sich, ob die Kirchen diese vom Staat ausgelagerten Bereiche (vor allemSoziales) wirklich effizienter und effektiver ausfhren als staatliche oder andere privateInstitutionen. Dies wird zwar oft behauptet, ist aber noch nie untersucht worden. Hier wre

    auch die Soziale Arbeit gefragt, weil sie im Gegensatz zu den Kirchen klareLeistungsvertrge hat, die einen konkreten Nutzen aufzeigen knnen und weil sie religisneutral agiert, was im Sozialbereich gemss meiner persnlichen Auffassung von enormerWichtigkeit ist.

    3.3 Sonderfall Wallis

    In diesem Kapitel beziehe ich mich u.a. auf die Quelle der RZ und der RA sowie auf die imText genannten Quellen wie beispielsweise die Verfassung des Kantons Wallis.

    6http://www.nfp58.ch/files/downloads/SNF_Wissenschaftliche_Ergebnisse_def2.pdf

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    Bisher habe ich aufgezeigt, weshalb etwa das Steuerbezugsrecht der Kirchen (um welcheses hier ja in erster Linie geht) allgemein und auf nationaler Ebene ernsthaft in Frage gestelltwerden kann, weshalb also die Besteuerung von Andersglubigen unter diesen Umstndenbereits eine Verletzung der Menschenrechte darstellen knnte (weil sie keine wirklicheRechtfertigungsgrundlage hat). Diese Argumentation kann natrlich auf die ganze Schweiz,

    also auch auf den Kanton Wallis angewandt werden. Eine solche Besteuerung geschieht wie wir gesehen haben auch auf nationaler Ebene, beispielsweise bei kantonalenBeitrgen oder bei Beitrgen von juristischen Personen. Auf Gemeindeebene kann sie dortvorkommen, wo es sich um die so genannten brgerlichen Zwecke handelt. Zumindest aberfindet in den anderen Kantonen eine solche Trennung von den eigentlichen Kultuszweckenstatt. Zudem wird hier der Steuerbeitrag an Kirchensteuern auf der Steuerrechnungausgewiesen, ist also fr alle klar ersichtlich.

    Befassen wir uns nun aber konkret mit der Handhabung im Kanton Wallis. Das Wallis ist einSonderfall, weil hier die politischen Gemeinden und die Pfarreien in gewisser Weise (vorallem hinsichtlich der Finanzierung) eine Einheit bilden. Die kirchlichen Belange werden ausdem Haushalt der Gemeinden bezahlt. Die Grundlage dieses Vorgehens bildet Artikel 2 derVerfassung des Kantons Wallis:

    4 Soweit die Pfarreien der rmisch-katholischen Kirche und diejenigen der evangelisch-reformierten Kirche die ortskirlichen Kultusausgaben nicht aus eigenen Mitteln bestreitenknnen, kommen dafr unter Wahrung der Glaubens- und Gewissensfreiheit dieMunizipalgemeinden auf. Der Kanton kann den ffentlich-rechtlich anerkannten KirchenBeitrge gewhren.

    Dieser Artikel kann getrost als Defizitgarantie der Gemeinden gegenber den Pfarreien

    gesehen werden. Die Gemeinde hat also in jedem Fall das Defizit der Kirche zubernehmen. Dieses wird dann aufgeteilt und allen Steuerpflichtigen (allen, dieGemeindesteuern bezahlen) in Rechnung gestellt (ohne Unterscheidung von brgerlichen-und Kultuszwecken). Ausser in einigen wenigen Gemeinden gibt es im Wallis keineoffiziellen (transparent und fr alle ersichtlich) Kirchensteuern. Wenn man mit den Leutenspricht, meinen deshalb viele im Wallis gbe es keine Kirchensteuer. Kein Wunder, imGegensatz zu anderen Kantonen sieht man in unserem Kanton nur in der Urversammlungoder auf der Gemeinderechnung, dass die Gemeinde Beitrge an die Kirchen berweist.

    Was aber meint der Artikel mit dem Teilsatz unter Wahrung der Glaubens- undGewissensfreiheit? Es gibt fr Andersglubige und Konfessionsfreie eine (versteckte)

    Mglichkeit einen Teil der Kultussteuern zurckzufordern und zwar in dem man nachweist,dass man kein Kirchenmitglied ist und dann jedes Jahr ein Gesuch um Rckerstattung an dieGemeinde stellt. Nach Erfahrungen der Freidenker Wallis weisen jedoch die Gemeindennicht auf dieses Instrument hin oder sie scheinen es manchmal nicht einmal zu kennen. Esmangelt im Wallis also an Transparenz und es wird oft Desinformation betrieben. Zudemkann die jhrliche Rckforderung durchaus als Schikane angesehen werden. Auchwiderspricht das Bezahlen und sptere Zurckverlangen der Kultussteuer dem obengenannten Bundesgerichtentscheid, nach dem das Bezahlen von Steuern zu Kultuszweckenverweigert werden kann. Es gbe hier noch einiges mehr zu bemngeln (vor betreffendBerechnung der Kultussteuer und des Rckerstattungsbetrages), aber das wrde wohl zu

    weit fhren.

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    4.3 Religionsfreiheit

    Im zweiten Kapitel haben wir gesehen, dass laut Bundesverfassung niemand zu religisenHandlungen gezwungen werden darf. Gemss Kraus (1993, 113) ist die (Mit)Finanzierungder Ttigkeit einer Religionsgemeinschaft eine religise Handlung [] zu der niemand gegen

    seinen Willen herangezogen werden darf. Wenn nun national kein bewiesener Nutzenvorhanden ist und wenn im Wallis nicht zwischen brgerlichen- und eigentlichenKultuszwecken unterschieden wird, dann wrde ich hier von einer Verletzung derReligionsfreiheit sprechen, wie sie in der Verfassung garantiert wird. Schauen wir einmal inden UN-Zivilpakt, dort steht in Artikel 18:

    2 Niemand darf einem Zwang ausgesetzt werden, der seine Freiheit, eine Religion oder eineWeltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeintrchtigen wrde.

    Die Mitfinanzierung einer Kirche ist eine religise Handlung, somit wird in gewisser Weise einZwang ausgebt, eine bestimmte Religion anzunehmen (man wird dazu gebracht eine

    religise Handlung zu vollziehen), und zwar weil man gezwungen wird, diese zuuntersttzen.

    4.4 Schlussfolgerung

    Aus all diesen Grnden schliesse ich, dass Menschenrechte zumindest solange verletztwerden, wie der soziale und der Allgemeinheit zugutekommende Nutzen nicht erwiesen ist.Im Wallis liegt eine Menschenrechtsverletzung auch ohne diesen Tatbeweis vor, weil keineTransparenz herrscht, weil die Menschen nicht informiert werden und weil jederSteuerpflichtige das Defizit der Kirchen mittrgt, egal ob dieses auch durch Kultuszweckezustande kommt.

    5 Folgen

    Welche Folgen haben nun diese Umstnde und Rechtsverletzungen oder was fr Folgensind absehbar?

    1. Die Kirchen prgen oft ein religises und veraltetes Moralverstndnis. ReligiseInstitutionen begehen noch heute Menschenrechtsverletzung, wie der Fall11 einer ineiner Frauenbeziehung lebenden Kaderfrau der Heilsarmee zeigt (Leiterin einerZrcher Behinderteneinrichtung), die wegen ihrer Beziehung entlassen wurde. Durch

    die staatliche Untersttzung solcher Organisationen wird deren Einfluss auf dieGesellschaft noch gestrkt (Machtmissbrauch etc.) und deren Verhalten wird vomStaat legitimiert.

    2. Meiner Ansicht nach kann nur eine saubere Entkoppelung von Staat und Religion(staatliche Neutralitt in Weltanschauungsfragen) zur Gleichberechtigung allerWeltanschauungen fhren. Diese Gleichberechtigung wiederum ist wichtig fr denErhalt des religisen Friedens. Die jetzige Situation hat zur Folge, dass auch andereReligionen staatliche Zuwendungen fordern. Damit kann der religise Friede gestrt

    11http://www.frei-denken.ch/de/2012/05/religiose-sozialarbeit--parallelgesellschaft-am-steuertropf/

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    werden, wenn nicht alle damit einverstanden sind. Solange nicht einmal der Nutzender anerkannten Kirchen geklrt ist, sollten keine neuen Religionsgemeinschaftenans Steuersystem angeschlossen werden.

    3. Der Zwang dieser Steuern kann zur Abnahme freiwilliger Spenden fhren, weil viele

    Menschen glauben, dass sie durch die Kirchensteuern schon genug fr Soziales tun.Sie untersttzen den Erhalt von krankenden Religionsgemeinschaften und auf deranderen Seite knnte mehr getan werden fr tatschliche soziale Zwecke.

    4. Je nachdem kann diese zustzliche Steuerlast natrlich auch dazu fhren, dass esgewissen Schichten finanziell nicht gerade leichter gemacht wird.

    6 Was soll verndert werden und warum?

    Neben den Grnden die im vorangehenden Kapitel indirekt genannt werden sollen natrlichin erster Linie die Menschenrechte eingehalten werden und zwar in dem die Kirchen nur vonihren Mitgliedern finanziert werden. Der Berufskodex fr die Soziale Arbeit in der Schweizvon AvenirSocial verpflichtet Sozialarbeiter sich an den Menschenrechten zu orientieren. Alszentraler Wert ist hier das Menschenbild der Sozialen Arbeit zu nennen. Zwei Grundwerte,welche im Berufskodex angesprochen werden sind der Grundsatz der Gleichbehandlung undder Grundsatz der Selbstbestimmung.

    Gleichbehandlung: Menschenrechte sind jeder Person zu gewhren.

    Selbstbestimmung: Das Anrecht der Menschen, im Hinblick auf ihr Wohlbefinden,ihre eigene Wahl und Entscheidung zu treffen, geniesst hchste Achtung [].

    Auf dieser Grundlage wrde ich vorschlagen den Nutzen kirchlicher Institutionen zuuntersuchen, damit man berhaupt eine Argumentationsgrundlage erhlt und abschtzenkann, inwiefern Religionsgemeinschaften sozialdienlich sind. Des Weiteren sollten im Sinneder religisen Neutralitt staatliche und private Institutionen gefrdert werden, anstatt einfachblindlings die Kirchen zu finanzieren. So knnte meines Erachtens die soziale Nachfrageeffektiver und erst noch religionsneutral bewltigt werden.

    Im zweiten Kapitel haben wir zudem von den drei Verpflichtungen des Staates gesprochen,welche ihm durch die Menschenrechte auferlegt werden. Kommen wir deshalb an dieserStelle noch einmal auf die Unterlassungs- sowie auf die Schutzpflicht zurck. Einerseits zieht

    der Staat die Steuern fr die Kirchen ein und andererseits fliessen diese Gelder an dieKirchen. Hierbei knnen wir also von zwei involvierten sprechen: Dem Staat(Unterlassungspflicht) und den Kirchen (Schutzpflicht). Die Unterlassungspflicht besagt, dassder Staat die Menschenrechte anerkennt, in dem er Eingriffe unterlsst. Zwangssteuern aneine religise Organisation sind nach meinem Dafrhalten ein nicht geringer Eingriff desStaates. Die Schutzpflicht verpflichtet den Staat, dafr zu sorgen, das Dritte keineMenschenrechtsverletzungen begehen. Je nachdem wie man es sieht, knnte man sagen,dass der Staat gerade dazu beitrgt, dass die Kirche als private Institution eine solcheVerletzung berhaupt begehen kann. Auch Nichteinmischung des Staates in kirchlicheAngelegenheiten knnte dazu fhren, dass dieser nicht dazu beitrgt

    Menschenrechtsverletzungen innerhalb der staatlich finanzierten Kirche zu verhindern (etwa

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    der gleiche Zugang fr Frauen zu allen Positionen der katholischen Kirche). Derlei ist nurdurch den Sonderstatus der Religionen zu erklren, in anderen Bereichen wre so etwaskaum mglich.

    7 Die Soziale Arbeit

    Da die internationalen Richtlinien (UNO) zu wenig genau ausformuliert sind, mussten dienationalen Gesetze genauer unter die Lupe genommen werden. Dies habe ich mit dieserArbeit versucht. Zudem habe ich im Ansatz auch den Versuch unternommen, eine direkteVerbindung zwischen den hiesigen Umstnden und den Menschenrechten aufzuzeigen.Diese Recherchen knnten nun wiederum die Grundlage sein, um auf internationaler Ebenegenauer zu prfen, ob unsere Gesetzgebung und die Umsetzung der Kirchensteuer deninternationalen Richtlinien gengt.

    Wie man dabei vorgehen knnte, welche Mglichkeiten der Sozialen Arbeit zur Verfgung

    stehen und weshalb gerade die Soziale Arbeit sich auch einmal einem solchen Anliegenwidmen sollte, darauf gehe ich in diesem Kapitel kurz ein. Da wir uns whrend desbisherigen Studiums schon mehrfach mit der Rolle, den Ressourcen undHandlungsmethoden der Sozialen Arbeit befasst haben (zum Beispiel Modul A2), war es mirwichtig, vor allem eine Grundlage fr das weitere Vorgehen in dieser Thematik zu liefern.Deswegen gehe ich auf die folgenden Punkte nur ansatzweise ein.

    7.1 Rolle und Begrndung des Handelns

    Der Gegenstand dieser Arbeit hat direkt nicht viel mit Beratung, Untersttzung, Begleitung,oder Pflege von Klienten, mit Pdagogik oder Animation zutun, trifft also auf den ersten Blicknicht unbedingt einen klassischen Bereich der Sozialen Arbeit. Er hat aber sehr wohl mitPolitik zu tun, mit Demokratie und gewiss auch mit den Menschenrechten. Ich spreche alsonicht direkt einen Sozialpdagogen an, der einen psychisch beeintrchtigen Menschenbegleitet, wenn ich sage, dass die Soziale Arbeit in Zukunft auch solche Themen aufgreifensollte. Aber ich spreche die Fachhochschulen und Universitten an, die Studenten, dieInstitutionen, den Berufsverband oder allgemein politisch engagierte Professionelle derSozialen Arbeit. Also in gewisser Weise doch auch den erwhnen Sozialpdagogen, dereinen Teil seiner Arbeitszeit vielleicht in die Mitgestaltung der Sozialpolitik unseres Landessteckt, weil seinem Arbeitgeber das wichtig ist oder er engagiert sich bei AvenirSocial oderanderweitig privat.

    Konkret das Thema der Kirchensteuern knnte die Soziale Arbeit (neben der Verpflichtungzu den Menschenrechten) deshalb interessieren, weil sie ja anscheinend in direkterKonkurrenz zu den Kirchen als soziale Institutionen steht. Nehmen wir die Herausforderungan und zeigen auf, dass wir effizienter und effektiver sind als Religionsgemeinschaften.Damit wrde die Soziale Arbeit einen Beitrag leisten zu religis neutraler sozialer Hilfe. DieKirchen weisen in ihren Zahlen vor allem Freiwilligenarbeit aus, wenn wir dieHerausforderung annehmen, knnten wir also auch die Profession strken, in dem wiraufzeigen, weshalb gerade Professionelle wichtig sind fr die Soziale Arbeit. Dazu sollten wiraber auch die Dienste der Kirchen in Frage stellen und sie auf ihre Zweckdienlichkeit

    berprfen lassen.

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    Je nachdem in welchem Feld wir arbeiten, handelt es sich bei einem Grossteil unsererKlienten um Migranten und/oder um Andersglubige. Das Thema Religion spielt immerwieder eine Rolle. Gerade deshalb sollte sich die Soziale Arbeit fr die Gleichberechtigungder Religionen einsetzen, welche ganz sicher nicht gegeben ist, so lange gewisseKonfessionen ein Steuerbezugsrecht haben und teilweise Andersglubige diese

    mitfinanzieren.

    7.2 Ressourcen

    1. Die Soziale Arbeit verfgt ber eine Vielzahl von Ttigkeitsfeldern und somitauch ber verschiedene Sichtweisen, welche sie bezglich dieser Debatteeinbringen knnte. Sie verfgt ber Sichtweisen, die zu diesem Thema wohlnoch selten vorgebracht wurden (Sicht der Klienten, Menschenrechte usw.).

    2. Die soziale Arbeit ist nah am sozialen Geschehen und verfgt berExpertenwissen beispielsweise hinsichtlich sozialer Brennpunkte und sozialer

    Systeme. Dieses knnte sie einbringen um in der Diskussion um dieKirchensteuern die Sicht ihrer Klienten zu vertreten.

    3. Die Soziale Arbeit hat Erfahrung im Umgang mit Migranten und anderenReligionen und sie knnte ihre Klienten direkt befragen und einbeziehen.

    4. Der Berufskodex der Sozialen Arbeit als Ressource, weil er ein Menschenbildvertritt, welches allen Menschen dieselben Rechte zugesteht und gerade denSchwachen eine Stimme gibt.

    5. Die Fachhochschulen, der Berufsverband, die Institutionen als Ressource,weil diese gut vernetzt sind. Im Sinne der Profession sollten sie fhig sein,nach aussen mit einer Stimme aufzutreten.

    Ein solches Projekt wre zudem eine Chance fr die Soziale Arbeit gemeinsam mit vielenverschiedenen Akteuren die Profession zu vertreten und nach aussen zu tragen (Werbung).Zudem knnte man so fr einmal auch mit anderen Kreisen zusammenarbeiten, etwa mitLiberalen (FDP, SVP), die sich teilweise auch gegen die Kirchensteuern engagieren. Soknnte man die Menschen einmal ein anderes Bild der Sozialen Arbeit vermitteln undgleichzeitig selber einen besseren Einblick in das Denken der anderen erhalten. Wer weiss,vielleicht lassen sich da ja auch Allianzen fr die Zukunft schmieden oder es wird zumindestdafr gesorgt, dass man sich in Zukunft vielleicht etwas weniger bekmpft, weil man mehrVerstndnis fr die Gegenseite hat. Einige Professionelle der Sozialen Arbeit fordern ja einwirtschaftlicheres Auftreten und Handeln fr ihr Berufsfeld, vielleicht knnte man hier miteinem Engagement fr dieses teils auch wirtschaftliche Anliegen auch weiterkommen.

    7.3 Handlungsmethoden

    Es sollte hier ja nicht darum gehen, bekannte Handlungsmethoden, die wir schon behandelthaben und die man berall nachschlagen kann, nochmals aufzuzeigen und trotzdem mchteich kurz auf zwei mgliche konkrete Anstze hinweisen. Zuvor mchte ich jedoch erwhnen,dass fr ein solches Projekt natrlich auch Medienkompetenz gefragt ist sowie eine

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    abgeklrte interne Kommunikation, vor allem dann, wenn es verschiedene Akteureeinschliesst. Es geht darum, sich optimal zu vernetzen und zu verstndigen und geschlossennach aussen aufzutreten.

    Um ein solches Projekt zu planen und durchzufhren, knnten beispielsweise Aspekte des

    Case Management angewandt werden. Zu Beginn sollte der Initiant sicher einebersichtliche Faktensammlung zusammenstellen und sich gute Argumente berlegen, mitdenen er Mitstreiter fr das Projekt gewinnen kann. Nach diesem Schritt geht es auf dieSuche nach geeigneten Interessenten, die das Projekt untersttzen mchten (Institutionen,Private, Schulen usw.). Zusammen mit diesen wird dann die Situation noch genaueranalysiert um eine gute Grundlage zu schaffen. Vielleicht reichen die Ressourcen sogar aus,um eine spezifische Studie in Auftrag zu geben oder um gemeinsam mit einerFachhochschule eine solche durchzufhren.

    Nach dieser Vorarbeit wird ein Konzept kreiert, nach welchem man dann konkret vorzugehengedenkt. Es werden also wohl verschiedene Arbeitsgruppen definiert, zum Beispiel eine, die

    verantwortlich ist fr die Medienarbeit. Sicher sollte man auch daran denken, mit denVertretern der Kirchen Kontakt aufzunehmen und eine gute Zusammenarbeit anzustreben.Eine mgliche Gruppe knnte sich mit den verschiedenen Klienten befassen, um auch derenWillen angemessen zu bercksichtigen usw. Der zweitletzte Schritt vor der Evaluation ist dieDurchfhrung. Fr die Evaluation knnte man eine Universitt beauftragen, die am Projektbeteiligt war. Es wird untersucht, ob man etwas bewirken konnte, welche Arbeitsbereicheweshalb gut funktionierten oder nicht. Und vielleicht schaut man auch, ob das Projekt nochweitergefhrt werden sollte und was man bei der Fortsetzung besser machen knnte.

    Eine weitere Methode knnte auch das Empowerment sein. Dazu msste man aber zuerst

    die Klienten (vor allem Andersglubige) befragen, um sicherzustellen, ob eine solcheIntervention berhaupt gefragt ist, ob ihnen das Thema berhaupt wichtig ist. Die Haltungder Schweiz in Sachen Kirchensteuern wird sich wohl nur ndern, wenn sich Mehrheitenbilden lassen. Durch Empowerment knnte allenfalls bewirkt werden, dass sich diese nacheinem Anstoss nach und nach selber bilden. Stimmberechtigte, die an diesem Prozessteilnehmen, knnten dabei direkt Einfluss nehmen. Diejenigen, welche in der Schweiz nichtstimmberechtigt sind, knnten auf sich aufmerksam machen und so mit anderen offenenBrgern in einen Dialog treten und diese vielleicht anregen fr die Sache zu stimmen odersich fr diese stark zu machen, damit es berhaupt zu einer Abstimmung kommen kann.

    8 Kritische Wrdigung, Resmee

    Natrlich bin ich als Mitglied der Freidenker Wallis in Fragen der Kirchensteuer vorbelastet,trotzdem habe ich versucht neutral zu argumentieren und meine Argumente mit Fakten zuunterlegen. Dass der konkrete Nutzen der Religionsgemeinschaften noch nie untersuchtworden ist, ist nun einmal eine Tatsache, die sich nicht so einfach wegleugnen lsst.Deshalb kann ich darber letztlich auch gar keine Aussage machen, ich kann nur anregen,dass eine solche Untersuchung angestrebt werden sollte. Solange hier keine Resultatevorliegen, kann ich nur diesen Fakt kritisieren, dass also Steuergelder bezahlt werden ohneber die Zweckdienlichkeit Bescheid zu wissen. Kritisch zu betrachten ist auch die religise

    Frbung der sozialen Ttigkeiten der Kirche, hier spreche ich mich solange die

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    Allgemeinheit mitfinanziert klar fr mehr Neutralitt aus. Zudem sind als Problem auchnoch die nicht professionell ausgebildeten Freiwilligenhelfer der Kirchen zu nennen,jedenfalls dann, wenn wir es mit der Professionalisierung der Sozialen Arbeit ernst meinen.

    Doch nicht umsonst habe ich unter den Methoden auch die Zusammenarbeit angesprochen.

    Es ist wichtig nicht einseitig und bswillig eine Seite zu kritisieren, sondern den Kontakt zusuchen und den Versuch zu starten, zusammenzuarbeiten. Die Kritik soll nicht trennen undeinen Graben zwischen zwei Parteien schlagen, die ja schon heute fterszusammenarbeiten und einander ergnzen. Kritik und der Wille zur Vernderung solltejedoch vorhanden sein, dann knnen am Ende vielleicht beide Seiten etwas voneinanderlernen.

    Diese Arbeit war auch ntzlich fr mein Privatleben, vor allem fr die Arbeit bei denFreidenkern. Es ergab sich im Verlaufe der Arbeit eine Wechselseitigkeit, in dem icheinerseits von meinem bisherigen Wissen profitierte und andererseits mein Wissen vertiefenkonnte. Bezglich der Fakten habe ich zwar nicht viel Neues dazugelernt, aber ich habe mir

    viele Gedanken gemacht, was zu neuen Ideen fhrte, die ich in meiner zuknftigen Arbeit frdiesen Verein gut gebrauchen kann.

    9 Literaturverzeichnis

    Bcher und Printmedien

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    Hfelin Ulrich, Haller Walter. Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 6. Auflage. Zrich:

    Schulthess, 2005.

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    Internet

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    2012).Bundesgericht. BGE 107 Ia 126. 7. September 2011.http://www.servat.unibe.ch/dfr/a1107126.html (Zugriff am 18. Juni 2012).

    Freidenker Schweiz. Religise Sozialarbeit Parallelgesellschaft am Steuertropf. 13. Mai2012. http://www.frei-denken.ch/de/2012/05/religiose-sozialarbeit--parallelgesellschaft-am-steuertropf/ (Zugriff am 14. Juni 2012).

    Freidenker Schweiz. Schweizer Haushalte spenden heute schon grosszgig! 19. Mai2012. http://www.frei-denken.ch/de/2012/05/ohne-zwang--schweizer-haushalte-spenden-heute-schon-grosszugig/ (Zugriff am 16. Juni 2012).

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    Humanrights. Einteilung der Menschenrechte. Januar 2011.http://www.humanrights.ch/de/Einsteiger-innen/Einteilung/index.html.

    Marti Kurt. Skandalse Kirchensteuer. November 2010. http://www.roteanneliese.ch/wp-content/uploads/2011/02/RA-215.pdf (Zugriff am 10. Juni 2012).

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