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Bahn Überarbeitung der EN 50122 Selektivitätsbetrachtungen von Niederspannungsanschlüssen Vorgehensweise bei Fehlen von Bahnerdungsleitungen, Gleis- und Schienenverbindern 2 · 2011 Praxis Zeitschrift für Elektrofachkräfte zur Förderung der Betriebssicherheit und der Arbeitssicherheit bei der DB AG E

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  • Bahn

    Überarbeitung der EN 50122 Selektivitätsbetrachtungen von Niederspannungsanschlüssen

    Vorgehensweise bei Fehlen von Bahnerdungsleitungen, Gleis- und Schienenverbindern

    2 · 2011

    P r a x i sZeitschrift für Elektrofachkräfte zur Förderung der Betriebssicherheit und der Arbeitssicherheit bei der DB AG

    E

  • 2 BahnPraxis E 2/2011

    Editorial

    Impressum „BahnPraxis E“Zeitschrift für Elektrofachkräfte zur Förderung derArbeitssicherheit und der Betriebssicherheit bei derDeutschen Bahn AG.

    HerausgeberEisenbahn-Unfallkasse (EUK) – Gesetzliche Unfall-versicherung – Körperschaft des öffentlichen Rechts, in Zusammenarbeit mit der DB Energie GmbH und der DB Netz AG, alle mit Sitz in Frankfurt am Main.

    RedaktionHorst Schöberl (Chefredakteur), André Grimm,Martin Herrmann, Marcus Ruch (Redakteure).

    AnschriftRedaktion BahnPraxis E,DB Energie – I.EBV 6,Energieversorgung West,Schwarzer Weg 100,D-51149 Köln.

    Erscheinungsweise und BezugspreisErscheint in der Regel drei Mal im Jahr. Der Bezugs-preis ist für Mitglieder der EUK im Mitgliedsbeitrag enthalten. Die Beschäftigten erhalten die Zeitschrift kostenlos. Für externe Bezieher: Jahresabonnement Euro 7,50 zuzüglich Versandkosten.

    VerlagBahn Fachverlag GmbH,Linienstraße 214, D-10119 Berlin,Telefon: (030) 200 95 22-0.Telefax: (030) 200 95 22-29.E-Mail: [email protected]äftsführer: Dipl.-Kfm. Sebastian Hüthig.

    DruckLaub GmbH & Co KG, Brühlweg 28, D-74834 Elztal-Dallau.

    Liebe Leserinnen und Leser,

    das Thema Triebstromrückführung wird auch in diesem Heft nochmals aufgegrif-fen. Christian Budde, Mitarbeiter der DB Energie Zentrale – Netzplanung – und

    dort zuständig für das Thema „Rückstromführung, Erdung und Potenzialausgleiche“ berichtet in seinem Artikel von der Überarbeitung der EN 50122: „Bahn-anwendungen – Ortsfeste Anlagen – Elektrische Sicherheit, Erdung und Rückstromführung – Teil 1: Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag“.

    Die Normenreihe EN 50122 wurde vom CENELEC Gremium WG C1 in den letzten neun Jahren komplett überarbeitet (Teile 1 und 2) und der Teil 3 neu entwickelt. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den grundlegenden Änderungen im Teil 1, weil die zurzeit noch anwendbare EN 50122-1 aus dem Jahre 1997 ist und daher dringend dem aktuellen Stand der Technik angepasst werden musste.

    Im zweiten Beitrag führt Damian Fijol, Mitarbei- ter der DB Energie Zentrale – Energieverteilungs-systeme – und dort zuständig für das Gebiet 50 Hz Strom/Gleichstrom in die Thematik der Selektivität ein. Ein Thema das in der täglichen Praxis immer wieder zu intensiven Diskussionen führt. Unter anderem auch, weil es

    im Grunde genommen keine vergleichbaren Verhältnisse gibt. Jede Frage in Bezug auf Selektivität ist, aufgrund der vorhandenen Konfiguration, ein Unikat.

    Die DB Netz AG, hat eine neue Arbeitsanweisung „Vor- gehensweise bei Fehlen von Bahnerdungsleitungen, Gleis- und Schienenverbindern herausgegeben. Karlheinz Heidemann, oberste verantwortliche Elektrofachkraft bei der DB Netz AG, beschreibt die konkreten Aufgaben und das Vorgehen der beteiligten Stellen.

    Diese Anweisung befindet sich derzeit in der Überarbeitung. Berücksichtigt werden sollen Besonderheiten wie zum Beispiel „mitgeführte Bahnstromleitungen auf Oberleitungs-masten (Schutzabstand 20 Meter)“, „Besonderheiten im Bereich Station&Service“ sowie sprachliche Präzisierungen. Mit einer Veröffentlichung ist im September 2011 zu rechnen.

    Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.

    Ihr Horst SchöberlChefredakteur

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  • BahnPraxis E 2/2011 3

    BahnPraxis Aktuell

    Strukturelle Änderungen der Normenreihe

    In der alten Norm gab es die Unterteilung von Anlagen unter und über 1 kV AC. Diese Unterscheidung führte dazu, dass viele Anforderungen – sicherlich mit unterschied-lichen Grenzwerten – aber im Text doppelt beschrieben wurden. Diese Trennung wurde aufgehoben. In der neuen Norm wird zwischen Schutzmaßnahmen gegen direk-tes und indirektes Berühren unterschieden. Die unterschiedlichen Werte werden dann im gleichen Kapitel jeweils für Hoch- und Niederspannung angegeben. Der Oberlei-tungs- und Stromabnehmerbereich hat jetzt ein eigenes Kapitel und wird nicht mehr in den nationalen Vorworten geregelt.

    Inhaltliche Änderungen der EN 50122-1

    Kapitel 3 DefinitionenDie Definitionen wurden – soweit es möglich war – der IEC 60050 angepasst, um zu vermeiden, dass es im elektrotechnischen Sprachgebrauch ein Wort mit zwei unter-schiedlichen Bedeutungen gibt. So konnten von 87 notwendigen Definitionen immerhin 33, also über ein Drittel, übernommen wer-den. Entfallen ist zum Beispiel der Begriff der „Bahnerdung“, da bei Gleichstrombahnen keine Erdung vorgenommen wird. Ersetzt wurde der Begriff durch die Formulierung „Anschluss an die Rückleitung“.

    Kapitel 5 Schutz gegen direktes BerührenIn diesem Kapitel sind die Anforderungen an die Hindernisse zusammengefasst

    worden, die erfüllt werden müssen, wenn die Abstände zu aktiven Teilen nicht einge-halten werden können. Die Anforderungen selbst haben sich im Hochspannungsteil kaum geändert.

    Kapitel 6 Schutzmaßnahmen gegen indirektes Berührenund SchienenpotenzialMetallene Teile im Oberleitungs- oder Stromabnehmerbereich müssen bahnge-erdet werden. (Auf die neue Formulierung „...müssen mit der Rückleitung verbunden werden...“ soll hier zu Gunsten der besseren Lesbarkeit verzichtet werden.) Gleiches gilt auch weiterhin für Betonbauwerke mit metallener Bewehrung, mit folgender Ausnahme:n das Bauwerk kann kein gefährliches

    Potenzial vom Fehlerort verschleppen und

    n die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers ist so gering, dass das Risiko des An-lagenschadens akzeptiert wird, wenn der Fehler nicht schnell abgeschaltet wird.

    Eine größere Änderung gibt es für Teile kleiner Abmessungen. Die bisherigen Maße von 2 Metern in waagerechter Richtung wurden geändert. In Gleisrichtung wurden sie auf 3 bzw. 15 Meter für teilweise leitfähige Teile erweitert. Dies gilt jedoch nur wenn:n sie keine Betriebsmittel haben undn die Teile übersichtlich sind.

    Kapitel 7 Schutzmaßnahmen für nicht für die Traktionsenergieversorgung vorgesehene NiederspannungsanlagenDieses Kapitel entspricht im Wesentlichen

    dem alten Kapitel 6. Im Grundsatz gilt jetzt die Trennung der Erden der Bahn- bzw. Drehstromerdungssysteme. Wobei es den Infrastrukturbetreibern frei gestellt ist, von dieser Regelung abzuweichen! Angegeben werden nur noch Bilder für TT- und TN-Netze. Aber es wird auch ausdrücklich gesagt, dass weitere Netzformen wie zum Beispiel IT-Netze erlaubt sind.

    Kapitel 8 Schutzmaßnahmen an Gleisanla-gen, die Bahnrückstrom führen und/oder Fahrleitungsanlagen in gefährdeten BereichenDieses alte Kapitel 6.1 wurde zusammen mit Vertretern der Gasversorger überarbeitet. Die Regelungen wurden stark vereinfacht und zusammengefasst, so dass vieles entfallen konnte.

    Kapitel 9 Grenzwerte für die Berührungs-spannung und Schutz gegen die Gefahr durch SchienenpotenzialHier gab es die größten Änderungen. Der Begriff „abgreifbare Spannung“ entfällt. Es gibt nur noch, unabhängig von der Zeitdau-er, die Berührungsspannung. Da sich für Kurzzeitvorgänge die zulässigen Körper-ströme in der IEC 60479 geändert hatten, mussten die entsprechenden Körperspan-nungen angepasst werden. Zusätzlich kann der Standortwiderstand in die Berechnung mit einbezogen werden. Dadurch ergibt sich für Wechselstrombahnen bei einer Abschaltzeit von 60 Millisekunden eine zulässige Berührungsspannung von 894 Volt. Um dem Anwender die Arbeit mit der Norm zu erleichtern, wurde ein Ablaufdia-gramm aufgenommen. Dieses zeigt die einzelnen Schritte auf, um zu zulässigen Berührungsspannungen zu gelangen.

    Kapitel 10 Weitere AspekteHier wurden die alten Kapitel 8, 9, 10 und 11 zusammengefasst.

    AnhängeIm Anhang C wurde der Wert für das Schie-nenpotenzial bei einem Abstand von 1 m zum letzten „bahngeerdeten“ erdfühligen Teil (zum Beispiel OL-Mast) korrigiert.

    Der neue normative Anhang F legt den Einsatz von Spannungsbegrenzungsein-richtungen fest. n

    Überarbeitung der EN 50122: Bahnanwendungen – Ortsfeste Anlagen – Elektrische Sicherheit, Erdung und RückstromführungTeil 1: Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag

    Christian Budde, DB Energie GmbH, Rückstromführung, Erdung und Poten-tialausgleich, 110kV Schutz, Frankfurt am Main

    Die Normenreihe EN 50122 wurde vom CENELEC Gremium WG C1 in den letzten neun Jahren komplett überarbeitet (Teile 1 und 2) und der Teil 3 neu entwickelt. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den grundlegenden Änderun-gen im Teil 1.

    Die zurzeit noch anwendbare EN 50122-1 ist aus dem Jahre 1997 und musste daher dringend dem aktuellen Stand der Technik angepasst werden.

  • 4 BahnPraxis E 2/2011

    BahnPraxis Spezial

    Damian Fijol, DB Energie GmbH, Energie-verteilungssysteme und Leittechnik Referent 50 Hz-Strom/Gleichstrom (I.EBZ 4), Frankfurt am Main

    Dieser Beitrag richtet sich an Mitarbeiter, die mit Selektivitätsbetrachtungen von Nieder-spannungsanschlüssen zu tun haben.

    Mit dem Staffeln der Schutzeinrichtungen gegen die Energieflussrichtung ist oftmals eine wirtschaftlich vertretbare Selektivität nicht erzielbar. DB Energie bekommt vom Kunden den Strombedarf bzw. die Einspeise-leistung vorgegeben. Hiernach kann man erst ab der Einspeisesicherung des Kunden aufwärts staffeln. Der Bemessungsstrom der Einspeisesicherungen der Kunden ist meistens größer als der Betriebsstrom selbst. Dadurch muss von der selektiven Staffelung eine höhere Hausanschlusssicherung und Bezugsleistung beim Verteilnetzbetreiber (VNB) bestellt werden, als im Regelbetrieb notwendig ist.

    Selektivität

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  • BahnPraxis E 2/2011 5

    BahnPraxis Spezial

    Für die Erzielung einer wirtschaftlich ver-tretbaren Selektivitätsbetrachtung sind folgende Fragen zu klären:

    n Sind alle Schutzeinrichtungen in einem Strompfad notwendig und zu staffeln?

    n Was für Schutzeinrichtungen werden koordiniert (sicherungsbehaftet oder sicherungslos)?

    n Was für Umgebungsbedingungen (zu erwartende Überlast- und Kurz-schlussströme an jedem möglichen Entstehungsort) sind zu erwarten?

    n Wie hoch ist das Risiko, dass die Schutz-einrichtungen unselektiv auslösen können, betrachtet vom Kurzschluss-entstehungsort und der Verlegung des Kabels?

    Praxisbeispiel

    Bei der Betrachtung der Selektivität im Beispiel (Abbildung 1) spielt der Aufbau des dargestellten Niederspannungsan-schlusses keine herausragende Rolle. Informationen diesbezüglich sind unter anderem der Technischen Information 07 (TI 07) Revision B, den Technischen An-schlussbedingungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz der DB Energie GmbH (TAB-DB Energie GmbH) und deren Ergänzung „Direkt- und Wandlermessun-gen“ mit Stand 1. September 2010 zu entnehmen.

    Die Querschnit te der Kabel und Leitungen sind bei der Wahl der entspre-chenden Größe der Überstromschutz-einrichtung nach unten hin durch die Gleichungen der DIN VDE 0100-430 (Ib ≤ In ≤ Iz; I2 ≤ 1,45 x Iz) begrenzt. Der Be-messungsstrom der Überstromschutzein-richtung hängt bei Verwendung von Vertei-lern der Schutzklasse II vom Betriebsstrom und der Einhaltung des Kabelschutzes nach DIN VDE 0100-430 ab. Eine Querschnitts-erhöhung aufgrund der Einhaltung eines vorgegebenen Spannungsfalls hat eine Miterhöhung des Bemessungsstromes der Überstromschutzeinrichtung nicht zur Folge, sie wirkt sich sogar positiv auf die Höhe des Kurzschlussstromes aus. Aus Sicht der Selektivität sollte man zuerst die Abgangssicherung bestimmen bzw. staffeln und den entsprechenden Kabel-querschnitt im Nachhinein ermitteln.

    Im Beispiel werden die Kabel als erdverlegt angenommen. Die Dimensionierung der Kabelquerschnitte wird im Beispiel nicht angegeben. Das Beispiel zeigt die Speisung der elektrischen Energie aus einem VNB-Anschluss (Zähleranschlusssäule (ZAS)

    VNB) mit Weiterleitung der DB Energie GmbH (ZAS DB En) zu zwei Anschluss-nehmern („UV Kunde 1“ und „UV Kunde 2“). Der Kunde 1 hat eine Leistung von 21 Kilo Volt Ampere (kVA) – zirka 30 Ampere (A) und Kunde 2 eine Leistung von 13,8 kVA (zirka 20 A) angemeldet. Hierbei wurde der Gleichzeitigkeitsfaktor und Reserve der Kunden bereits mit berücksichtigt.

    Die Kunden haben als Einspeisesicherun-gen jeweils 63 A vorgegeben. Als größte erste Abgangssicherungen (in Stromfluss-richtung gesehen) in den Kundenverteilern sind 35 A (Sicherung gG – gG ist eine Betriebsklasse für Sicherungssysteme, die dem Kabelschutz erfüllt) und 25 A (LS-Schalter B25A) vorgegeben.

    Ausgehend vom Betriebsstrom würde eine Gesamtleistung von zirka 35 kVA ausreichen und gesehen von der Gesamt-leistung eine 63A-Hausanschlusssicherung genügen.

    Die Anordnung der Verteilungen und die Kabellängen der Kunden, des VNB und der DB En richten sich je nach Vorhandensein des VNB-Anschlusses und der verfügbaren Flächen. Grundsätzlich ist davon auszu-gehen, dass die ZAS VNB und die ZAS DB En in unmittelbarer Nähe zueinander aufgestellt werden oder idealerweise in einer Verteilung untergebracht sind.

    Im Beispiel sind diese Verteilungen sepa-rat und das Kabel -W1 ist zirka 10 Meter lang. In Abbildung 1 sind die Überstrom-schutzeinrichtungen =N1-Q1 und =N2-Q1 vorhanden. Zu Beginn der Planung kann vorab geprüft werden, ob das Kabel -W1 mit der maximalen Strombelastbarkeit der Sammelschiene der ZAS VNB gleich-gesetzt bzw. auf den Schutzbereich der HAK-Sicherung ausgelegt sowie erd- und kurzschlusssicher (siehe DIN VDE 0100-520) verlegt wird, damit die Überstrom-

    schutzeinrichtungen =N1-Q1 und =N2-Q1 durch Trennmesser ersetzt werden können.

    Mit den oben genannten Angaben der Kunden und eventuell notwendiger Ver-ständigung mit dem VNB kann wie folgt gestaffelt werden:

    Abgangskabel (-W2 und -W3) der ZAS DB En zum Kunden 1 und 2

    Die Überstromschutzeinrichtungen im Ab-gang zum Kunden 1 (=N2-Q3) und Kunden 2 (=N2-F1) sind selektiv zu den größten ersten Abgangs-Überstromschutzeinrichtungen der Kunden zu dimensionieren, um Se-lektivität vom Stromkreis zu Stromkreis zu erzielen. Die Einspeise-Überstrom-schutzeinrichtungen des Kunden 1 und 2 werden zum Schutz gegen Überlast- und Kurzschluss des Einspeisekabels überflüs-sig, wenn Abgangs-Schutzeinrichtungen, angeordnet am Anfang, nach DIN VDE 0100-430 bemessen worden sind. Es wer-den eine Schmelzsicherung =N2-Q3 und ein SH-Schalter =N2-F1 gewählt.

    Die Abgangs-Schmelzsicherung zur „UV Kunde 1“ wird mit 50 A der Betriebsklasse gG (=N2-Q3) bemessen. Zur ersten größten NH-gG-Abgangssicherung (NH steht für die Ausführungsart einer Sicherung, gG beschreibt die Betriebsklasse bzw. das Einsatzgebiet dieser Sicherung, hier speziell den Kabelschutz) von 35 A (=N3-Q2) der „UV Kunde 1“ liegt volle Selektivität mit einem Selektivitätsverhältnis von 1:1,42 vor (Abbildung 2). Dieses wird nur mit her-stellergleichen Sicherungen gewährleistet. Welche Anforderungen bei der Staffelung mit herstellergleichen Sicherungen zu beachten sind, folgt im Kapitel „Staffelung von Sicherungen“.

    Der Abgang (=N2-F1) zum Kunden 2 (UV Kunde 2) wird mit einem 40 A-selektiven Hauptleitungsschutzschalter (SH-Schalter)

    Abbildung 1: Vereinfachtes einpolig dargestelltes Übersichtschaltbild Praxisbeispiel (Anlagen und Betriebsmittel gekennzeichnet nach DB-Standard „Kennzeichnung von Anlagen und

    Betriebsmitteln in der Niederspannung“). (Abbildungen 1, 2, 4 und 6 bis 9: eigene Darstellung)

  • 6 BahnPraxis E 2/2011

    BahnPraxis Spezial

    der Auslösecharakteristik E geschützt. Die Selektivitätsgrenze des maximalen dreipoli-gen Anfangswechselkurzschlussstrom zum 25 A-Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) = N4-F1 des Kunden 2 liegt bei zirka Ik“ = 10 Kilo Ampere (kA) – Abbildung 3.

    Die 10 kA sind hier als voll selektiv anzu-sehen!

    Wie kann diese Aussage stimmen?

    Der Bundesverband der Energie- und Was-serwirtschaft e.V. (BDEW) besagt in der TAB 2007, dass die Anlagen hinter der Überga-bestelle in ihrem Hauptstromversorgungs-system für einen Stoßkurzschlussstrom von 25 kA (hier wird von den Durchlasswerten einer 315 A-Hausanschlusssicherung ausgegangen) ausgelegt werden müs-sen. Werden dann alle Impedanzen auf

    dem Stromflusspfad zum Kundenverteiler berücksichtigt, kann davon ausgegangen werden, dass der Kurzschlussstrom beim Endverteiler, auch wenn er nach Beispiel nur 10 Meter von der ZAS DB En entfernt wäre, unter den 10 kA liegen wird. Zur Be-trachtung der Kurzschlussströme sind Tools wie Simaris design, Ecodial oder DocWin zu empfehlen. Diese Tools unterstützen auch Selektivitätsbetrachtungen bezogen auf das integrierte Produktportfolio.

    Abgangskabel (-W1) von ZAS VNB zu ZAS DB En

    Die Überstromschutzeinrichtung =N1-Q1 soll verwendet werden, wenn zum Beispiel die Hausanschlusssicherung (=N1-F0) das Einspeisekabel (-W1) zur ZAS DB En2 nicht gegen Überlast- und Kurzschlusseinwir-kungen schützen kann oder der VNB auf dieser besteht. Sie muss selektiv zum Kunden 1 und Kunden 2 gestaffelt werden.

    Die Überstromschutzeinrichtung (=N2-Q1) kann ein Lasttrennschalter/Trennmes-ser oder wenn die Überstromschutzein-richtung (=N1-Q1) am Anfang des Kabels einen eventuell vorhandenen Zähler in der Einspeisung der ZAS DB En nicht mehr schützen kann, eine Schmelzsicherung oder SH-Schalter als „Zählervorsicherung“ sein. Bei Verwendung von Überstrom-schutzeinrichtungen am Anfang und am Ende eines Kabels (Stromkreises) sind die gleichen Charakteristiken (Bemessungs-strom, -spannung, Betriebsklasse, Art) zu wählen.

    Hausanschlusssicherung im Hausanschlusskasten (= N1-F0)

    Bei der Dimensionierung der Hausan-schlusssicherung stellt sich die Frage, inwieweit der VNB mit eingebunden und wie er sich mit der DB Energie arrangieren wird.

    Theoretisch reicht es aus, wenn die Hausan-schlusssicherung selektiv zu den Abgangs-Schutzeinrichtungen in der ZAS DB En ist, damit kein kompletter Stromausfall des VNB-Anschlusses die Folge ist.

    Hat der VNB sich arrangiert mit herstel-lergleichen Sicherungen zu staffeln sowie die Abgangs-Überstromschutzeinrichtung zur ZAS DB En nicht in der Selektivitätsbe-trachtung mit zu berücksichtigen oder ggf. komplett weg zu lassen, ist eine NH-63A-Hausanschlusssicherung der Betriebsklas-se gG voll selektiv zum Abgang =N2-Q3 der „ZAS DB En“ (Abbildung 4).

    Zudem ist sie selektiv bis zu einem An-fangswechselkurzschlussstrom von I

    k“ = 4,5 kA zum Abgang =N2-F1 der „ZAS DB En“ (Abbildung 5). Die Selektivitätsgrenze von Ik“ = 4,5 kA ist bei Bezug von SKunde2 ≈ 13,8 kVA, einem maximalen 3-poligem Anfangswechselkurzschlussstrom an der ZAS VNB von Ik“max = 25 kA und einer Entfernung der ZAS VNB zur ZAS DB En von 10 Metern sowie des Kundenverteilers UV Kunde 2 zur ZAS DB En ab 15 Meter aufwärts voll selektiv, Hierbei würde der 3-polige Anfangswechselkurzschlussstrom am UV Kunde 2 niedriger als 4,5 kA sein.

    Was ist unter Selektivität bei der DB zu verstehen?

    Selektivität liegt nach DIN VDE 0100-530 Abschnitt 535.1.2 vor, wenn die Ansprech-kennlinien von zwei oder mehreren Über-stromschutzeinrichtungen in der Weise koordiniert sind, dass beim Auftreten von Überströmen nur die der Fehlerstelle un-mittelbar vorgeschaltete Schutzeinrichtung ausschaltet.“

    Sind aber nun alle Schutzeinrichtungen in einem Strompfad zu koordinieren? In der Praxis wird von Selektivität zwischenn Überstromschutzeinrichtung zu Über-

    stromschutzeinrichtung odern zwischen Stromkreis und Stromkreis

    gesprochen.

    Die Entscheidung welche Betrachtung nun als ausreichend angesehen wird, leitet sich aus der Bedingungen der Erfüllung des Kabelschutzes nach DIN VDE 0100-430 Abschnitt 433, 434 und 435.1 ab.

    Um ein Kabel auf seiner gesamten Länge schützen zu können ist eine „gemeinsame Einrichtung“ nach Abschnitt 435.1 (Lei-tungsschutzsicherung, Leitungsschutz-schalter, SH-Schalter etc.) am Anfang des Stromkreises anzuordnen und nach den in

    Abbildung 2: Simaris Curves, Selektivität, NH gG, 50A zu 35A.

    Abbildung 3: Selektivitätstabelle Kaskade 1 (SH zu

    LS 6kA, 10kA). (aus ABB Katalog)

  • BahnPraxis E 2/2011 7

    BahnPraxis Spezial

    der Norm enthaltenen Gleichungen und An-forderungen zu bemessen und auszuwäh-len. Entsprechend ist am Ende des Kabels keine zweite Schutzeinrichtung notwendig. Hiernach soll auch die Selektivität dann nur vom Stromkreis zum Stromkreis betrachtet werden (Abbildung 6).

    Die Definition der Selektivität ist zudem zu untergliedern in:n volle Selektivität undn Teilselektivität.

    Wird volle Selektivität angestrebt, so bedeutet dies, dass sich die Zeit-/Strom- Kennlinien der Überstromschutzeinrich-tungen nirgendwo über ihren Verlauf berühren oder schneiden dürfen. Bei der Betrachtung der Zeit-/Strom-Kennlinien der Überstromschutzeinrichtungen unter-einander sind zudem Einflussfaktoren, wie Toleranzen beim Betrieb, Öffnungszeiten von zum Beispiel Leistungsschaltern, die Auswirkung auf Temperaturunterschiede bei zum Beispiel thermischen Auslösern nicht angegeben.

    Teilselektivität bedeutet, dass sich die Zeit-/Strom-Kennlinien der betrachteten Überstromschutzeinrichtungen in ihren Verlauf schneiden oder berühren. Bis zum Schnittpunkt der Kennlinien besteht jedoch volle Selektivität zwischen über- und nachgeordneter Schutzeinrichtung. Nach dem Schnittpunkt können beide Schutz-einrichtungen auslösen.

    Hier muss man allerdings nicht gleich davon ausgehen, dass keine Selektivität vorhanden ist.

    Betrachten wir mal ein Beispiel anhand eines dreipoligen vollkommenen Kurz-schlusses ermittelt nach DIN VDE 0102. Wie aus der Theorie bekannt, mindert sich der Kurzschlussstrom über der Leitungs-länge aufgrund der sich über die Länge ändernden Leitungsimpedanz (Impedanz der Leitung in Ohm/km). Hiernach sind die Höhe des Kurzschlussstromes und die Selektivitätsgrenze zwischen über- und un-tergeordneter Überstromschutzeinrichtung vom Entstehungsort abhängig. Wenn die Selektivitätsgrenze (Schnittpunkt beider Kennlinien) zum Beispiel 3 Meter nach der dem Fehlerort am nächsten liegenden Überstromschutzeinrichtung liegt, ist das Risiko des Kurzschlusseintritts auf den ersten drei Metern des Kabels abzuwägen.

    Die ersten drei Meter eines Kabels nach der dem Fehlerort am nächsten gelegenen Schutzeinrichtung wären zum Beispiel in der Zähleranschlusssäule und würden in den

    Erdboden eindringen. Das Risiko wäre hier-nach ziemlich gering, dass äußere Einflüsse zu einem dreipoligen Kurzschluss führen und das Auslösen der übergeordneten Schutzeinrichtung bewirken (Abbildung 7, die Werte sind willkürlich gewählt).

    Die Kurzschlussstrombetrachtungen nach der DIN VDE 0102 sind dazu auch keine absoluten Werte, die vor Ort auftreten können. Des Weiteren sind bei Nieder-spannungsanschlüssen die meisten Kurz-schlüsse einpoliger Natur (Phase gegen Schutzleiter oder Neutralleiter) und es stellt sich zudem die Frage, wie oft das Risiko besteht, dass der vollkommene dreipolige Anfangskurzschlussstrom auch auftreten wird. Sinngemäß gilt dies auch bei der Be-trachtungsweise der Selektivität anhand der I2t-Durchlasswerte oder ID-Durchlasswerte der Überstromschutzeinrichtungen.

    Was ist bei der selektiven Koordination von Überstrom-schutzeinrichtungen zu beachten?

    Staffelung von Sicherungen

    Selektivität von Sicherungen in Reihe ist gegeben, wenn die Schmelzzeit der übergeordneten Sicherung größer ist als die Ausschaltzeit der untergeordneten Sicherung.

    Beim Verfahren mit Zeit/Strom-Kennlinien-vergleich sind besonders bei Kurzschluss-betrachtungen mit Schmelzzeiten < 100 ms die Ausschaltzeiten zu berücksichtigen.

    Alternativ kann man auch mit den Joule-Integralen (I2t-Werte) arbeiten. Hierbei muss der Schmelzwert (I2tmin) der übergeordneten Sicherung größer sein als der Ausschaltwert (I2tmax) der untergeordneten Sicherung.

    Nach DIN VDE 0636 ist Selektivität zwischen Schmelzsicherungen (über- zu untergeordnet) der Betriebsklasse gG gegeben, wenn sie in einem Verhältnis von 1:1,6 gestaffelt werden. Hiermit ist ein Staffeln herstellerneutral möglich, jedoch müssen die gG-Sicherungen genormt und VDE-geprüft sein, ansonsten sind Verhält-nisse von 1:2 selektiv.

    Einige Hersteller realisieren sogar Staffel-ungen in einem Verhältnis von 1:1,25. Hierbei ist man jedoch beim Austausch der Sicherungen immer auf den einen Hersteller angewiesen, so dass man über eine entsprechende Dokumentation in Schaltungsunterlagen und in den Anlagen selbst sowie einer Lagerhaltung nicht vorbei kommt. Schmelzsicherungen lösen durch Abschmelzen eines Schmelzleiters mit dem Anstieg der Temperatur bzw. des

    Abbildung 4: Simaris Curves, Selektivität, NH gG, 63A zu 50A zu 35A.

    Abbildung 5: Selektivitätstabelle

    Kaskade 2 (NH zu SH

    zu LS 6kA, 10kA). (aus ABB-Katalog)

  • 8 BahnPraxis E 2/2011

    BahnPraxis Spezial

    Stromes und der entsprechenden Zeit aus. Bei Überlast oder Kurzschluss sehen alle Sicherungen eines Strompfades in Abhängigkeit der Leitungsimpedanz eine entsprechende Höhe des Überlast- oder Kurzschlussstromes und altern damit un-gleichmäßig mit. Die Kennlinien der über-geordneten bzw. nicht abgeschmolzenen Sicherungen verschieben sich mit jedem Überlast oder Kurzschlussstrom um einen nicht definierten Auslösebereich nach links in den Strom/Zeit-Kennlinien. Zur Wahrung der vorher definierten Selektivität sollte man im Idealfall die Schmelzsicherungen im kompletten vom Fehlerfall betroffenen Strompfad tauschen.

    Staffelung von Sicherungen, selektiven Haupt-Sicherungsschal-tern und Leitungsschutzschaltern

    In Anlagen, die nach TAB 2000 und TAB 2007 errichtet wurden bzw. werden, kom-

    Wird nach einer Sicherung ein mechani-scher Schalter (SH-, LS-, Leistungsschalter) angeordnet und volle Selektivität ange-strebt, so muss der Durchlasswert I2t-Wert des Schalters kleiner sein als der Schmelz-I2t-Wert der Sicherung. Die Staffelung ist in der Praxis bei einer zu niedrigen Differenz der jeweiligen Bemessungsströme der Schutzeinrichtungen zueinander nur mit Erreichen einer Teilselektivität möglich.

    Werden rein mechanische Überstrom-schutzeinrichtungen untereinander im gesamten Strompfad oder in einem Teil des Strompfades gestaffelt, so sind herstellergleiche Betriebsmittel mit den dazugehörigen Selektivitätsgrenzangaben zu verwenden. Hier ist beim Austausch einer fehlerhaften Schutzeinrichtung sehr wich-tig, dass nur diese wieder in den Strompfad eingesetzt wird (siehe Abschnitt Staffelung von Schmelzsicherungen).

    Zusammenfassung

    Die Selektivitätsbetrachtung eines Nieder-spannungsanschlusses wird in der TAB DB und TAB 2007 im Abschnitt 6.2.3 explizit gefordert. Demnach hat der Planer bei der Energieversorgung die selektive Koordina-tion von Überstrom-Schutzeinrichtungen nach DIN VDE 0100-530, Abschnitt 535 zu berücksichtigen.

    Unter Beachtung einzelner Kriterien muss nicht immer ein höherer VNB-Anschluss die Lösung sein. Betrachtet man die Se-lektivität vom Stromkreis zu Stromkreis ist die Staffelanzahl zwischen den Schutz-einrichtungen im Strompfad geringer wie die Betrachtung von Schutzeinrichtung zu Schutzeinrichtung. Wird zudem das Risiko des Auftretens des maximal möglichen drei-poligen Kurzschlusses am Entstehungsort der Selektivitätsgrenze der betrachteten Schutzeinrichtungen abgewogen, kann eine Teilselektivität als vollselektiv an-gesehen werden. Mit dem Staffeln von herstellergleicher Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen unter der Berücksichtigung einzelner Parameter, wie Vorhaltung auf Lager/vor Ort und Hinweise in Dokumen-tationsunterlagen/vor Ort ist ein niedrigeres Staffelverhältnis möglich.

    Mit der entsprechenden Herangehens-weise an eine Selektivitätsbetrachtung, dass keine maximal mögliche Selektivität, sondern eine zur Zweckerfüllung ausrei-chend ist, kann eine wirtschaftlich vertret-bare Betrachtung das Ziel sein. n

    men als Zählervorsicherungen selektive Haupt-Leitungsschutzschalter (SH-Schal-ter) gemäß E DIN VDE 0641-21 anstelle von Schmelzsicherungen zum Einsatz.

    SH-Schalter arbeiten wie ein Leitungs-schutzschalter mit einem thermischen und magnetischen Überstromauslöser im Hauptstromkreis. Zusätzlich ist ein Nebenstromkreis bzw. Bypass mit einem thermischen Auslöser vorhanden, der eine zeitlich versetzte Kurzschlussauslösung ermöglicht.

    Das Funktionsprinzip wird verwendet, um Selektivität zwischen vor- und nachge-schalteten Schutzeinrichtungen zu ge-währleisten.

    Die Hersteller geben die Selektivitätsgren-zen in so genannten Koordinationstabellen für die Kaskaden 1 und 2 (Abbildungen 8 und 9 nach E DIN VDE 0641-21) an. Staf-felvarianten, die nicht der Kaskade 1 und 2 (zum Beispiel Sicherung, SH-Schalter, Sicherung) entsprechen, müssen direkt über den Hersteller bezogen werden.

    Wird nach einem mechanischem Schalter (SH-, LS-, Leistungsschalter) eine Schmelz-sicherung angeordnet kann, volle Selekti-vität nur dann erreicht werden, wenn der Durchlassstrom ID der Sicherung nicht den Ansprechstrom des unverzögerten Über-stromauslösers erreicht. In der Praxis ist das nahezu unmöglich, weil die Bemessungs-ströme der Überstromschutzeinrichtungen sehr weit auseinander liegen müssten.

    Abbildung 7: Verhalten dreipoliger Kurzschluss auf einer Leitung (schematische Darstellung).

    Abbildung 6: Betrachtung Selektivität zwischen

    Stromkreis und Stromkreis.

    Abbildung 8: Kaskade 1 nach E DIN VDE 0641-21.

    Abbildung 9: Kaskade 2 nach E DIN VDE 0641-21.

  • BahnPraxis E 2/2011 9

    BahnPraxis Aktuell

    Karlheinz Heidemann, DB Netz AG, Instandhaltungsverfahren E-Technik/Oberleitung Arbeitsgebietsleiter/oVEF, Frankfurt am Main

    Die Deutsche Bahn verzeichnet einen starken Anstieg von Buntmetall- diebstählen. So war in 2010 eine Zunahme von 40 Prozent gegenüber 2009 zu verzeichnen. Dieser Trend ist den stetig steigenden Rohstoffpreisen, ins-besondere bei Kupfer, geschuldet.

    In enger Zusammenarbeit mit den Justizbehörden unternimmt die Deutsche Bahn AG große Anstrengungen, den Buntmetalldiebstahl einzudämmen. Aber auch durch Substitution des Kupfers durch weniger wertvolle Metalle soll dem Diebstahl von Bahnerdungsleitungen, Gleis- und Schienenverbindern die Attraktivität entzogen werden.

    Neben dem hohen wirtschaftlichen Schaden, aufgrund hoher nicht vorher-sehbarer Instandsetzung und starker Beeinträchtigung des Personen- und Güterverkehrs, bringen sich die Täter nicht selten selbst in Lebensgefahr.

    Vorgehensweise bei Fehlen von Bahnerdungsleitungen,

    Gleis- und Schienenverbindern

  • 10 BahnPraxis E 2/2011

    BahnPraxis Aktuell

    Bedeutung für den Bahnbetrieb

    DefinitionenEVZS: Entstörung Veranlassende Zu-

    ständige Stelle.Zes: Zentrale Schaltstelle (DB Ener-

    gie).ALV OL: Anlagenverantwortlicher oder

    Anlagenbeauftragter Oberlei-tung.

    ALV LST: Anlagenverantwortlicher Leit- und Sicherungstechnik oder sein Vertreter.

    Die Erhaltung der Anlagen der Rückstrom-führung, Bahnerdung und des Potenzial-ausgleichs sind zwingende Voraussetzung für einen sicheren elektrischen Bahnbetrieb.Bei fehlenden Bahnerdungsleitungen, Gleis- oder Schienenverbindern hat die Mängelbeseitigung gemäß den allgemei-nen Grundsätzen der DIN VDE 0105-103 „Betrieb von elektrischen Anlagen, Zusatz-festlegungen für Bahnen“, Abschnitt 4.1. „Sicherer Betrieb“, erfolgen.

    Hierbei gilt der Grundsatz: Werden an und in elektrischen Anlagen Mängel beobachtet, die eine Gefahr für Personen, Nutztiere oder Sachen zur Folge haben, so sind unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel zu treffen. Sofern die Betriebs-verhältnisse nicht erlauben, die Mängel unmittelbar zu beseitigen, ist die Gefahr zu-nächst einzuschränken, zum Beispiel durch Absperren, Kenntlichmachen, Anbringen von Schildern. Der Anlagenverantwortliche ist unverzüglich zu benachrichtigen.

    Wie ist der Ablauf?

    Werden fehlende Bahnerdungsleitungen, Gleis- und Schienenverbinder festgestellt, erfolgt in der Regel eine Meldung an die EVZS. Diese informiert den ALV OL, der die Gefahrensituation ermittelt, bewertet und dann unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels einleitet.

    Je nach festgestellter Gefahrensituation kann dies schon vor der Mängelbeseitigung die sofortige Ausschaltung der betroffenen Oberleitung bedingen. Vor allem dann, wenn öffentlich zugängliche Bereiche wie Bahnsteige, Bahnübergänge, Wege, Straßen, Straßenüber- und -unterführun-gen, etc. sehr nahe an die Gefahrenstelle heranreichen (10 Meter-Bereich) und/oder die Gefahr einer Kurzschlussstrom- oder Spannungsverschleppung besteht.

    Aber auch eigene Mitarbeiter (zum Beispiel DB Energie, Gewerke Fahrbahn, Leit- und

    Tabelle 1: Risikoeinschätzung bei Gleisstromkreisen (Quelle aller Grafiken: DB Netz AG)

    Tabelle 2: OberstrombegrenzungAnmerkung: Die Werte gelten jeweils für beide Streckengleise. Beispiel: Bei einer zweigleisigen

    Strecke mit 900 Ampere (A) Oberstrom sind auf einer Länge von 2,000 km ohne Erden 2*565 A = 1130 A zulässig. Diese können, wenn gewünscht, unsymmetrisch aufgeteilt werden!

    So ist es durchaus zulässig, zum Beispiel auf Rampen, dem bergauf fahrenden Zug im genannten Beispiel 700 A zu gestatten, wenn man den bergab rollenden Zug auf 400 A begrenzt.

    Vorstehende Regelung gilt jedoch nur, wenn ausschließlich Mast- und/oder Bauwerkserden fehlen und keine Gleis- und Schienenverbinder.

  • BahnPraxis E 2/2011 11

    BahnPraxis Aktuell

    Ablaufschema zur Ermittlung der Sicherheitsmaßnahmen

  • 12 BahnPraxis E 2/2011

    BahnPraxis Aktuell

    Sicherungstechnik) oder Dritte, (Polizei, Bundespolizei, etc.), die sich bei fehlen-den Bahnerdungsleitungen, Gleis- und Schienenverbinder im Gefahrenbereich aufhalten, bzw. aufhalten könnten, müssen vor möglichen, gefährlichen elektrischen Einwirkungen geschützt werden.

    Dies erfolgt durch den Fahrdienstleiter vor Ort, der zum Beispiel bei Arbeiten im Gleis, die Einstellung der Arbeiten und das Ver-lassen des Gefahrenbereichs veranlasst.

    Da, falls vorhanden, die sichere Funktion von Gleisfreimeldeeinrichtungen einge-schränkt sein kann, muss immer der ALV LST informiert werden. Dessen Unterrich-tung hat sich der ALV OL bei der EVZS und ebenso der Unterrichtung der zuständigen Zes zu vergewissern.

    Der ALV LST prüft dann unverzüglich, ob und wenn ja, welche Gleisfreimelde-einrichtungen vorhanden sind und führt eine Risikoeinschätzung gemäß Tabelle 1 durch.

    Das chronologisch aufgebaute „Ablauf-schema zur Ermittlung der Sicherheitsmaß-nahmen“ ist für den ALV OL eine wesent-liche Hilfe bei seiner Gefährdungsanalyse und gibt ihm Handlungssicherheit. Das Ergebnis der Gefährdungsanalyse ist zu dokumentieren.

    Die Oberstrombegrenzung (Tabelle 2) ist eine Hilfe zum Weiterbetrieb der Oberlei-tungsanlage, sofern dies möglich ist.

    Zum Schutz der Mitarbeiter erfolgt das Anbringen der Masterden bei ausgeschal-teter und bahngeerdeter Oberleitung. Nach Wiederherstellung der Erdungsanlage veranlasst der ALV OL die Unterrichtung der zuständigen Zes sowie des ALV LST.

    Was ist zu beachten?

    Der Prozessverantwortliche, I.NPI hat hierzu eine Arbeitsanweisung erlassen, die zum 2. Mai 2011 im ProzessPortal der DB Netz

    AG in der aktuellen Fassung hinterlegt ist (Prozess LN24-02-04PN01, Entstörung in Eigenleistung durchführen). Diese gilt verbindlich für alle Organisationseinheiten der DB Netz AG.

    Weitere Vorgaben

    n Entsprechend der „Anweisung über die Meldung von technischen Un-regelmäßigkeiten und Störungen an Sicherungsanlagen und Elektrotech-nischen Anlagen“ (AN-MUS) ist das Fehlen von Bahnerdungsleitungen dem Eisenbahn-Bundesamt zu melden (TM 2009-075 I.NVT 3, Neuer AN-MUS-Vordruck).

    n Der Meldeweg nach Ril 462.0104, Punkt 2 bleibt hiervon unberührt.

    n Die „Dokumentation der ermittelten Sicherheitsmaßnahmen“ (siehe Abbil-dung unten) ist vom ALV OL auszufüllen, zu unterzeichnen und beim ALV OL min-destens fünf Jahre aufzubewahren. n

    Dokumentation der ermittelten Sicherheitsmaßnahmen