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Wirtschaftregional | 16. Mai 2015 Region | 7 Lego für Fortgeschrittene Elektrotechnik Die Firma Kubeg AG in Bad Ragaz verkabelt, vernetzt und fertigt alles, was mit Elektronik zu tun hat. Geschäftsführer Kurt Egger hat sich auf individuelle Lösungen für Kunden verschiedenster Art spezialisiert und fährt damit sehr erfolgreich. VON YVES HOLLENSTEIN D ie kleinsten elektronischen Bauteile, welche Kurt Egger und seine Mitarbeiter ver- bauen, sind nicht grösser als ein Floh. Um mit diesen, aber auch grösseren Teilen, sogenannte Leiter- platten zu bestücken, ist Geschick, gutes Augenmass und Geschwindigkeit gefragt. Bis zu 600 Bauteile pro Stunde bestücken geübte Hände auf die Leiter- platten. Gearbeitet wird mit blossem Auge und vor allem mit Lupe und sogar Mikroskop. Nahezu jedes elektronische Gerät enthält eine oder mehrere Leiter- platten. Was Kubeg herstellt, sorgt sim- pel ausgedrückt also dafür, dass das Auto gestartet wird, die Kaffeemaschi- ne Kaffee macht, das Smartphone funktioniert usw. Zu den Kunden gehö- ren deshalb auch nahmhafte Grossun- ternehmen wie Oerlikon, Hilti, Geberit, Phonak und Siemens, aber auch Inge- nieurbüros oder Hochschulen wie das NTB Buchs. «Zu uns kommen Unternehmen mit ganz verschiedenen elektrotechnischen Anliegen. Meist sind es sehr komplexe Problemstellungen, die sie selber nicht lösen können oder wollen», sagt Ge- schäftsführer Egger. Dabei versteht sich von selbst, dass Kubeg in der Regel keine Standardware produziert. Viel- mehr stellt das Bad Ragazer KMU jähr- lich um die 200 verschiedene Prototy- pen her. Mit diesen können die Firmen testen, ob Produkte, die neu auf den Markt kommen sollen, auch funktionie- ren. «Es ist auf eine Art wie Lego spie- len», vergleicht Egger – einfach für Fort- geschrittene. Bis zu 2000 Bauteile wie beispielsweise inegrierte Schaltungen (IC) und Widerstände werden auf eine Leiterplatte montiert und verlötet. Sitzt auch nur eines dieser Bauteile nicht hundertprozentig richtig, funktioniert gar nichts. Dies ist nicht nur ärgerlich, sondern kann auch ordentlich ins Geld gehen. «Wir haben schon Prototypen hergestellt, da kostete ein Bauteil bis zu 4000 Dollar», erinnert sich Egger. Als Garagenbetrieb begonnen Vor etwas mehr als zehn Jahren grün- dete Egger mit seiner damaligen Part- nerin das Unternehmen. Was als Gara- genbetrieb seinen Anfang nahm, ist heute in zwei Industriehallen der ehe- maligen Elesta Elektrotechnik AG domi- ziliert. Die Firma beschäftigt mittler- weile 18 Mitarbeiter und schreibt einen Jahresumsatz von fünf Millionen Fran- ken. Egger selber absolvierte seine Lehre als Maschinenmechaniker mit Fachgebiet Elektrotechnik ebenfalls bei der Elesta. Nach verschiedenen beruf- lichen Tätigkeiten in der Lebensmittel- branche und dem Baunebengewerbe entschied sich der heute 43-Jährige dazu, sich im Elektrotechnikbereich selbstständig zu machen. «Wir hatten damals glücklicherweise ein wenig Ka- pital, um das Ganze auf die Beine zu stellen. Heute kann ich sagen: Es hat sich gelohnt», so Egger. Prototypen als Aushängeschild Eine erste Flaute im Zuge der Wirt- schaftskrise 2008 hat die Firma gut überstanden und seither kräftig aufge- rüstet. Mitten in der Produktion sticht eine rund elf Meter lange Maschine ins Auge. Laut Egger hat sie den Anschaf- fungswert eines schmucken Einfamili- enhauses. Mit ihr können bis zu 24 000 Bauteile stündlich montiert werden. «Neben dem individuellen Prototypen- bau können wir damit auch serienmäs- sig produzieren und haben uns so ein zweites Standbein aufgebaut», erklärt Egger. Die Serienproduktion sei mit über 110 000 jährlich produzierten Pla- tinen denn auch lukrativer und man könne so dem allgemeinen Preisdruck auf dem Markt ein wenig entgegenwir- ken. Aushängeschild der Firma bleibe jedoch der Prototypenbau. «In diesem Bereich kommen unsere Beratungs- und Dienstleistungsqualitäten zum Tragen und wir können uns als innova- tive und flexible Firma profilieren», ist der Geschäftsführer überzeugt. Dazu komme noch ein anderer Aspekt: Die Kubeg soll auch in Zukunft eigenstän- dig bleiben und nicht von ein oder zwei Grosskunden abhängig sein. Wichtig ist es für Egger und sein Team, ständig auf dem Laufenden zu bleiben, welche Trends für den Markt wichtig sind. «Was wir mit unseren Pro- totypen mitprägen, ist die Zukunft», weiss Egger. Verschwiegenheit und Dis- kretion sind denn auch wichtige Attri- bute für den Umgang mit den Kunden. Fast mit allen Unternehmen, mit denen Kubeg zusammenarbeitet, wurden Ge- heimhaltungsvereinbarungen geschlos- sen. Dennoch ist Egger für fast jede Art von Auftrag offen. «Mit innovativen Lö- sungen für technisch komplexe Proble- me können wir uns von der Konkurrenz abheben.» Ein paar wenige Male sei man aber, bildlich gesprochen, ins of- fene Messer gelaufen, sprich, man konnte dem Kunden keine adäquate Lösung präsentieren. «Das gehört zum Berufsrisiko», sagt Egger. Gelernt habe er daraus, auch mal Nein zu sagen. Eigenes Produkt auf dem Markt Quasi aus der Not ist aktuell gerade ein dritter Geschäftszweig für die Kubeg am Entstehen. Unter dem Namen Ku- blux vertreibt die Bad Ragazer Firma seit vergangener Woche ein eigenes Produkt am Markt. Es handelt sich dabei um LED-Lichter in der Grösse eines Zweifränklers, die in den Farben Grün, Gelb, Blau, Rot und Weiss blinken und leuchten. Verwendet werden kön- nen diese Lichter als Notlicht, Warn- lampe, Deko-Licht. «Für einen Kunden- auftrag hatten wir 100 000 LED-Lichter bestellt, doch im letzten Moment ist der Kunde abgesprungen», erzählt Egger. Nach dem ersten Frust sei die Idee ent- standen, ein trendiges Produkt herzu- stellen. «Für uns ist dies nicht nur ein zusätzlicher Vertriebskanal, sondern auch eine Art Visitenkarte.» Es zeige nämlich jedem auf ganz einfache Weise, was Kubeg macht und auszeichnet. Kubeg-Geschäftsführer Kurt Egger vor dem Herzstück der Produktion. Die elf Meter lange Maschine montiert bis zu 24 000 Bauteile in der Stunde. Bilder: Daniel Ospelt Kublux leuchtet in fünf verschiedenen Farben. 007_lvwr_01_2015-05-16 18.05.15 07:52 Seite 1

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Wirtschaftregional|16. Mai 2015 Region|7

Lego für FortgeschritteneElektrotechnik Die Firma Kubeg AG in Bad Ragaz verkabelt, vernetzt und fertigt alles, was mit Elektronik zu tun hat. Geschäftsführer Kurt Egger hat sich auf individuelle Lösungen für Kunden verschiedenster Art spezialisiert und fährt damit sehr erfolgreich.

VON YVES HOLLENSTEIN

Die kleinsten elektronischenBauteile, welche Kurt Eggerund seine Mitarbeiter ver-bauen, sind nicht grösser als

ein Floh. Um mit diesen, aber auchgrösseren Teilen, sogenannte Leiter-platten zu bestücken, ist Geschick,gutes Augenmass und Geschwindigkeitgefragt. Bis zu 600 Bauteile pro Stundebestücken geübte Hände auf die Leiter-platten. Gearbeitet wird mit blossemAuge und vor allem mit Lupe und sogarMikroskop. Nahezu jedes elektronischeGerät enthält eine oder mehrere Leiter-platten. Was Kubeg herstellt, sorgt sim-pel ausgedrückt also dafür, dass dasAuto gestartet wird, die Kaffeemaschi-ne Kaffee macht, das Smartphonefunktioniert usw. Zu den Kunden gehö-ren deshalb auch nahmhafte Grossun-ternehmen wie Oerlikon, Hilti, Geberit,Phonak und Siemens, aber auch Inge-nieurbüros oder Hochschulen wie dasNTB Buchs.

«Zu uns kommen Unternehmen mitganz verschiedenen elektrotechnischenAnliegen. Meist sind es sehr komplexeProblemstellungen, die sie selber nichtlösen können oder wollen», sagt Ge-schäftsführer Egger. Dabei versteht sichvon selbst, dass Kubeg in der Regelkeine Standardware produziert. Viel-mehr stellt das Bad Ragazer KMU jähr-lich um die 200 verschiedene Prototy-pen her. Mit diesen können die Firmentesten, ob Produkte, die neu auf denMarkt kommen sollen, auch funktionie-ren. «Es ist auf eine Art wie Lego spie-len», vergleicht Egger – einfach für Fort-geschrittene. Bis zu 2000 Bauteile wiebeispielsweise inegrierte Schaltungen(IC) und Widerstände werden auf eineLeiterplatte montiert und verlötet. Sitztauch nur eines dieser Bauteile nichthundertprozentig richtig, funktioniertgar nichts. Dies ist nicht nur ärgerlich,sondern kann auch ordentlich ins Geldgehen. «Wir haben schon Prototypenhergestellt, da kostete ein Bauteil bis zu4000 Dollar», erinnert sich Egger.

Als Garagenbetrieb begonnenVor etwas mehr als zehn Jahren grün-

dete Egger mit seiner damaligen Part-nerin das Unternehmen. Was als Gara-genbetrieb seinen Anfang nahm, istheute in zwei Industriehallen der ehe-maligen Elesta Elektrotechnik AG domi-ziliert. Die Firma beschäftigt mittler-weile 18 Mitarbeiter und schreibt einenJahresumsatz von fünf Millionen Fran-ken. Egger selber absolvierte seineLehre als Maschinenmechaniker mitFachgebiet Elektrotechnik ebenfalls beider Elesta. Nach verschiedenen beruf-lichen Tätigkeiten in der Lebensmittel-branche und dem Baunebengewerbe

entschied sich der heute 43-Jährigedazu, sich im Elektrotechnikbereichselbstständig zu machen. «Wir hattendamals glücklicherweise ein wenig Ka-pital, um das Ganze auf die Beine zustellen. Heute kann ich sagen: Es hatsich gelohnt», so Egger.

Prototypen als AushängeschildEine erste Flaute im Zuge der Wirt-

schaftskrise 2008 hat die Firma gutüberstanden und seither kräftig aufge-rüstet. Mitten in der Produktion stichteine rund elf Meter lange Maschine insAuge. Laut Egger hat sie den Anschaf-fungswert eines schmucken Einfamili-enhauses. Mit ihr können bis zu 24 000Bauteile stündlich montiert werden.«Neben dem individuellen Prototypen-bau können wir damit auch serienmäs-sig produzieren und haben uns so einzweites Standbein aufgebaut», erklärtEgger. Die Serienproduktion sei mitüber 110 000 jährlich produzierten Pla-tinen denn auch lukrativer und mankönne so dem allgemeinen Preisdruckauf dem Markt ein wenig entgegenwir-ken. Aushängeschild der Firma bleibejedoch der Prototypenbau. «In diesem

Bereich kommen unsere Beratungs-und Dienstleistungsqualitäten zum Tragen und wir können uns als innova-tive und flexible Firma profilieren», istder Geschäftsführer überzeugt. Dazukomme noch ein anderer Aspekt: DieKubeg soll auch in Zukunft eigenstän-dig bleiben und nicht von ein oder zweiGrosskunden abhängig sein.

Wichtig ist es für Egger und seinTeam, ständig auf dem Laufenden zubleiben, welche Trends für den Marktwichtig sind. «Was wir mit unseren Pro-totypen mitprägen, ist die Zukunft»,weiss Egger. Verschwiegenheit und Dis-kretion sind denn auch wichtige Attri-bute für den Umgang mit den Kunden.Fast mit allen Unternehmen, mit denenKubeg zusammenarbeitet, wurden Ge-heimhaltungsvereinbarungen geschlos-sen. Dennoch ist Egger für fast jede Artvon Auftrag offen. «Mit innovativen Lö-sungen für technisch komplexe Proble-me können wir uns von der Konkurrenzabheben.» Ein paar wenige Male seiman aber, bildlich gesprochen, ins of-fene Messer gelaufen, sprich, mankonnte dem Kunden keine adäquateLösung präsentieren. «Das gehört zum

Berufsrisiko», sagt Egger. Gelernt habeer daraus, auch mal Nein zu sagen.

Eigenes Produkt auf dem MarktQuasi aus der Not ist aktuell gerade

ein dritter Geschäftszweig für die Kubegam Entstehen. Unter dem Namen Ku-blux vertreibt die Bad Ragazer Firmaseit vergangener Woche ein eigenesProdukt am Markt. Es handelt sichdabei um LED-Lichter in der Grösseeines Zweifränklers, die in den FarbenGrün, Gelb, Blau, Rot und Weiss blinken

und leuchten. Verwendet werden kön-nen diese Lichter als Notlicht, Warn-lampe, Deko-Licht. «Für einen Kunden-auftrag hatten wir 100 000 LED-Lichterbestellt, doch im letzten Moment ist derKunde abgesprungen», erzählt Egger.Nach dem ersten Frust sei die Idee ent-standen, ein trendiges Produkt herzu-stellen. «Für uns ist dies nicht nur einzusätzlicher Vertriebskanal, sondernauch eine Art Visitenkarte.» Es zeigenämlich jedem auf ganz einfache Weise,was Kubeg macht und auszeichnet.

Kubeg-Geschäftsführer Kurt Egger vor dem Herzstück der Produktion. Die elf Meter lange Maschine montiert bis zu 24 000 Bauteile in der Stunde. Bilder: Daniel Ospelt

Kublux leuchtet in fünf verschiedenen Farben.

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