12
Bahn Praxis Zeitschrift zur Förderung der Betriebssicherheit und der Arbeitssicherheit bei der DB AG 9 · 2005 Vegetationsmanagement Verhalten nach Freiwerden gefährlicher Güter Arbeiten an abwassertechnischen Anlagen bei der DB AG

BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

BahnP r a x i sZeitschrift zur Förderung der Betriebssicherheit und der Arbeitssicherheit bei der DB AG

9 · 2005� Vegetationsmanagement

� Verhalten nach Freiwerden gefährlicher Güter� Arbeiten an abwassertechnischen Anlagen bei der DB AG

Page 2: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

98 BahnPraxis 9/2005

THEMEN DES MONATS

Impressum „BahnPraxis“Zeitschrift zur Förderung der Betriebssicherheit und derArbeitssicherheit bei der Deutschen Bahn AG.

HerausgeberEisenbahn-Unfallkasse – Gesetzliche Unfallversicherung– Körperschaft des öffentlichen Rechts, in Zusammen-arbeit mit DB Netz AG Deutsche Bahn Gruppe, beidemit Sitz in Frankfurt am Main.

RedaktionKurt Nolte, Hans-Peter Schonert (Chefredaktion),Klaus Adler, Bernd Rockenfelt, Jörg Machert,Anita Hausmann, Markus Krittian, Dieter Reuter,Werner Wieczorek, Michael Zumstrull (Redakteure).

AnschriftRedaktion „BahnPraxis“, DB Netz AG, I.NBGB,Taunusstraße 45-47, 60329 Frankfurt am Main,Fax (0 69) 2 65-2 77 03, E-Mail: [email protected].

Erscheinungsweise undBezugspreisErscheint monatlich. Der Bezugspreis ist für Mitgliederder EUK im Mitgliedsbeitrag enthalten.Die Beschäftigten erhalten die Zeitschrift kostenlos.Für externe Bezieher: Jahresabonnement e 15,60,zuzüglich Versandkosten.

VerlagEisenbahn-Fachverlag GmbH,Postfach 23 30, 55013 Mainz.Telefon (0 61 31) 28 37-0, Telefax (0 61 31) 28 37 37,ARCOR (9 59) 15 58.E-Mail: [email protected]

Druck und GestaltungMeister Print & Media GmbH,Werner-Heisenberg-Straße 7,34123 Kassel.

Editorial

Unser Titelbild:

ICE im Gleisvorfeld von Frankfurt am Main Hbf

Foto: DB AG/Lautenschläger.

Liebe Leserinnen und Leser,

Bahnanlagen sind alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer

Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung

oder Sicherung des Reise- und Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind.

Sicher kennen Sie die hier nicht vollständig wiedergegebene Formulierung des

Begriffs „Bahnanlagen“, die der Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung entnom-

men ist. Schnell denkt man in diesem Zusammenhang an Schienen, Schotter,

Schwellen, Signale, Bahnsteige, Fahrleitungsanlagen usw. Wer denkt schon an

abwassertechnische Anlagen, aber auch sie sind notwendig, um den Schienen-

verkehr abzuwickeln. Diese abwassertechnischen Anlagen dienen der Ableitung

und der Behandlung von Abwasser. Unter Abwasser versteht man jedes durch

Gebrauch veränderte abfließende und jedes in die Kanalisation gelangende

Wasser. In Gebäuden, Anlagen oder auf Grundstücken der DB AG entsteht

zweifellos Abwasser. Und um dieses Abwasser muss sich natürlich gekümmert

werden. In der Regel wird Abwasser in Abwasserbehandlungsanlagen physika-

lisch, biologisch oder chemisch behandelt. Diese Kläranlagen sind die Endpunkteder Kanalisation. Endpunkte, das bedeutet, dass das

Abwasser zuerst einmal in diese Kläranlagen gelan-

gen muss. Und dazu ist u. a. die Reinigung, Wartung

und Kontrolle von Kanälen notwendig, denn die

Kanäle müssen funktionsfähig gehalten sowie Öl-,

Benzin- und Fettabscheider gereinigt werden. Bei

diesen und den damit zusammenhängenden Tätig-

keiten in und an abwassertechnischen Anlagen

können die Beschäftigten erheblichen Gefährdungen

ausgesetzt sein. Beim Begehen von Kanälen besteht

u.a. die Gefahr unmittelbar mit dem Abwasser in

Berührung zu kommen, beim Einstieg in Schächte

kann Absturzgefahr bestehen, bei Arbeiten in der

Kanalisation können Sauerstoffmangel, giftige oder

sogar explosionsfähige Gase auftreten. Außerdem

bestehen oft zusätzlich die Gefahren aus dem

Bahnbetrieb, also durch sich bewegende Schienen-fahrzeuge. Um solchen Gefährdungen zu begegnen und um angemessene

Schutzmaßnahmen zu treffen, gibt es Regelungen, so z.B. die Unfallverhütungs-

vorschrift „Abwassertechnische Anlagen“, GUV-V C5, über die wir in dieser

Ausgabe informieren. Wenn die Arbeiten an abwassertechnischen Anlagen

vergeben werden, so wird die beauftragte Firma als sog. Fremdfirma tätig. Solche

fremde Beschäftigte können ein besonderes Problem für den Arbeits- und

Gesundheitsschutz innerhalb des eigenen Betriebes darstellen. Auf jeden Fall

müssen sie, ähnlich wie „Neulinge“, über die örtlichen Gefahren informiert werden

und es kann erforderlich sein, dass zur Abwendung von gegenseitigen Gefähr-

dungen ein Koordinator bestellt werden muss, vorzugsweise ein Angehöriger des

eigenen Betriebes, der die Arbeiten abstimmt und Weisungsbefugnis haben muss.

Natürlich legen wir Ihnen auch die anderen Artikel in diesem Heft „ans Herz“. Und

denken Sie bitte stets daran

Sicher arbeiten – es lohnt zu leben!

Ihr „BahnPraxis“-Redaktionsteam

Einsatz des kontrollierten Feuersim Vegetationsmanagement derDeutschen Bahn

Kontrolliertes Feuer – gibt es das über-haupt? Wenn ja, zu welchem Zweck?Wie und warum das kontrollierte Bren-nen im Vegetationsmanagement derDB Anwendung findet, erfahren Sie indiesem Artikel.

Seite 99

Verhalten nach Freiwerden gefähr-licher Güter

Die Kennzeichnung gefährliche Güterund erste Maßnahmen nach Freiwer-den sind Inhalte dieses Beitrages.

Seite 101

Arbeiten an abwassertechnischenAnlagen bei der DB AG

Dieser Artikel beschäftigt sich mit demsicheren Arbeiten an abwassertechni-schen Anlagen der DB AG und machtu.a. auf Workshops der EUK zu dieserThematik aufmerksam.

Seite 103

Die Eisenbahn-Unfallkasseauf der A+A 2005

in DüsseldorfBesuchen Sie uns vom

24.10. bis 27.10.in Halle 9 am Stand B 18.

Page 3: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

BahnPraxis 9/2005 99

BahnPraxis Aktuell

Die Umgebung der Schienen-wege ist durch Bewuchs vonGräsern geprägt. Hoch stehen-des und trockenes Gras ist leichtentflammbar. Eine der Ursachenfür diese Brände ist Funkenflug,der in der Regel während desAbbremsvorgangs an Gefällst-recken vor allem bei Güterzü-gen entsteht. Die Funken set-zen die Grasvegetation in Brand,die in einem trockenen Jahrbesonders leicht entzündlich ist.Vom Grasbrand ausgehendeFeuer entzünden darüber hi-

Einsatz des kontrollierten Feuers im

Vegetationsmanagementder Deutschen Bahn

Dr. Gerhard Hetzel, Fachstelle Umweltschutz, DB Netz AG

Im extrem trockenen Jahr 2003 führten bundesweit über 800 Böschungsbrände an den Strecken der Bahn zum Teilzu erheblichen Auswirkungen auf den laufenden Betrieb. Die durchschnittliche Dauer einer Streckensperrung wegen

Böschungsbränden war mit ca. 20 Minuten relativ hoch. Die Dauer der Streckensperrung wird sowohl durch denzwischen Feuerwehr und Bahn vereinbarten Ablauf von Streckensperrung bis zur Freimeldung als auch durch die

Ausprägung der Brände bestimmt und ist durch Organisationsänderungen bei der Bekämpfung kaum herabsetzbar.

naus Sträucher und bzw. dasvon mechanischen Pflegemaß-nahmen verbliebene Schnittgut.Davon ausgehend können sichdie Brände von den Böschun-gen der Dämme bzw. der Ein-und Anschnitte in die Umge-bung ausbreiten (Waldbrände,Heidebrände).

Aus diesem Grund unterstütz-te die Freiburger Arbeitsgrup-pe Feuerökologie des Max-Planck-Instituts für Chemie/Global Fire Monitoring Center

(GFMC) die DB Netz AG erst-mals in einem Pilotversuch miteiner Serie von Experimentenund Tests, Kontrolliertes Feuerals Vorbeugemaßnahme gegenunkontrollierte Böschungs-brände einzusetzen. Zwischendem 7. August und 9. Septem-ber 2004 wurden die Versucheentlang verschiedener Streckenin der Region Unterfrankendurchgeführt.

Das präventive Abbrennen hat-te bei der Bahn eine lange Tra-

dition und war bis in die 70erJahre an den Bahnböschun-gen sehr verbreitet. Die Verfah-ren waren zu dieser Zeit abernicht standardisiert und nichtwissenschaftlich abgesichert.Anfang der 70er Jahre wurdedas Abbrennen dann durch dieNaturschutzgesetze der Länderverboten. Die Ländergesetzesehen aber Möglichkeiten vonbehördlichen Ausnahmegeneh-migungen vor, um kontrolliertesFeuer als Pflegemaßnahme ein-zusetzen. Es ist aber �

Abbildung 1:

Das Brennen während der

Passage von Zügen ist besonders

dann unproblematisch, wenn der

Wind den Rauch und ggf. die Hitze

(bei stärkeren Brennmaterialaufla-

gen) vom Fahrweg abtransportiert.

Page 4: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

100 BahnPraxis 9/2005

BahnPraxis Aktuell

bundesweit Praxis, dass sol-che Anträge in der Regel nichtgestellt bzw. auch nicht geneh-migt werden.

Bei allen Versuchen wurde vorund an den infrage kommen-den Brenntagen der Waldbrand-gefahrenindex M-68 des Deut-schen Wetterdienstes (DWD)und der Prototyp des DWD-Grasland-Feuerindex hilfsweisezur Beurteilung des Feuerwet-ters hinzugezogen. Eine wichti-ge Erfahrung aus den Beob-achtungen zeigte, dass der Pro-totyp des DWD-Grasland-Feu-erindex für die Beurteilung derBrennbarkeit der Gras-domi-nierten Vegetation besser ge-eignet ist, als der Waldbrand-gefahrenindex M-68.

Wirtschaftliche Überlegungenstehen für eine Entscheidungder Deutschen Bahn, das kon-trollierte Brennen zur Präventi-on von unkontrollierte Bö-schungsbränden einzusetzen,an vorderer Stelle. Eine allge-mein gültige Berechnung istnach den bislang vorliegendenersten Erfahrungen nicht leicht.Denn es muss davon ausge-gangen werden, dass der not-wendige Aufwand bei einemroutinemäßige Einsatz von kon-trolliertem Feuer von mehrenFaktoren abhängt:

� Erfahrung des Personals:Wie sicher kann ausgebil-detes und in der Routineerfahrenes Personal mitdem Feuer umgehen, vorallem in Zeiten hoher Brand-gefahr (Sommerbrennen)?

� Takt der passierenden Züge:Ist das Brennen in allen Si-tuationen auch beim Vor-beifahren der Züge mög-lich? Wenn dies (in naherZukunft noch) nicht der Fallsein wird, bestimmen dieZug-Takte die Zügigkeit desVerfahrens.

� Wetter: Der Erfolg und dieBegleiterscheinungen desBrennens (z.B. Rauchent-wicklung) werden durch dasWetter (Witterung in denTagen/Wochen vor demBrennen, am Brenntag) be-stimmt. Das „Fenster“ zumsicheren Brennen ist häufigsehr eng und schwer vor-hersagbar.

� Brennmaterial und Homo-genität der Böschungen.

Die große Bandbreite der Zu-sammensetzung der Bö-schungsvegetation und die da-rauf befindlichen Anlagen (z.B.Freileitungsmasten und Freilei-tungen; Telefone; Abbildung 3)erfordern eine hohe Flexibilitätund Erfahrung des Personals.Der Brennfortschritt kann beiwechselnden Witterungsbedin-gungen gefördert, vor allem aberauch behindert werden. So kannauffrischender Wind die Feuer-intensität (Flammenlänge) erhö-hen, die eine Unterbrechung desBrennens unter Freileitungenerforderlich machen kann. Oderes ändert sich bei drehendemWind die Richtung des Rauch-transports mit der damit ver-bundenen Sicht- und Geruchs-beeinträchtigung von Straßen,Schienen oder Ortsteilen.

Solche Bedingungen sind aberfür den professionellen Anwen-der eine Routine-Herausforde-rung, auf die dann vor allem imRahmen der Ausbildung hinge-arbeitet werden muss.

Die Voraussetzungen für dietechnische Durchführung desBrennens durch Personal derBahn oder durch spezialisierteUnternehmer erfordert nebender Ausbildung auch das ge-eignete Gerät. Hierbei müssenArbeitsgeräte eingeführt wer-

den, die in Deutschland bislangnicht bekannt sind, beispiels-weise die Feuerkanne (driptorch) oder die Rucksacksprit-ze (backpack pump) zur Absi-cherung des Brennens, wie sieauf Abbildung 2 zu sehen ist.

Die Erfahrungen beim Brennenin den planmäßigen Zugpau-sen haben gezeigt, dass dieAbstimmung mit dem Fahrbe-trieb reibungslos funktioniert.Bei kurzgetakteten Strecken-sperrungen durch betrieblicheAnordnung zwischen zwei Zug-fahrten konnte in Abschnittengebrannt werden. Die Unterbre-chung bzw. die Wiederaufnah-me des Brennens konnte aufMinuten genau geplant werden.

Das Brennen während des Fahr-betriebs (Abbildung 1) wurdezunächst nur unter Windbedin-gungen durchgeführt, die denRauch vom Gleis bzw. dem Zugwegtrieben. Ob das Brennen inZukunft auch bei Windstille odereiner dem Fahrbetrieb zuge-wandten Windlage möglich seinwird, muss noch getestet wer-den. Ob gesperrt werden mussoder nicht, hängt z.B. auch vonder Höhe der Flammen undNähe des Feuers zu denSchienenfahrzeugen ab (Abbil-dung 3).

Im Rahmen umfangreicher wis-senschaftlicher Untersuchen zurMethode des kontrolliertenBrennens unter anderem bei derPflege von Böschungen in Wein-baugebieten im Kaiserstuhl undam Mittelrhein oder dem Erhaltder Heideflächen in Schleswig-Holstein und Brandenburgkonnte nachgewiesen werden,dass der Einsatz des Kontrol-lierten Feuers als eine Ersatz-maßnahme für den Wegfall vonMahd und Beweidung dienenkann. Das Feuer erhält oder stelltOffenland wieder her, die alsLebensraum für viele selteneoder sogar bedrohte Arten die-nen (Abbildung 3). �

Abbildung 3:

Herausbrennen von stärkeren

Brennmaterialauflagen auch unter

Freileitungen möglich. Das Gleis war

bei diesem Brand gesperrt.

Abbildung 2:

Das Anlegen des Feuers ist auch

zwischen den Freileitungsmasten

und unter den Freileitungen ohne

Beschädigung möglich.

Page 5: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

BahnPraxis 9/2005 101

BahnPraxis Aktuell

In den Vorschriften werden ne-ben den Vorgaben an die Ge-fahrgutumschließungen (z.B.Fässer, Kanister, Gasflaschen,Tanks) auch die Verantwortlich-keiten und Pflichten aller amTransport Beteiligten eindeutiggeregelt. So haben alle Beteilig-ten die nach Art und Ausmaßder vorhersehbaren Gefahrenerforderlichen Vorkehrungen zutreffen, um Schadensfälle zuverhindern und bei Eintritt einesSchadens dessen Umfang sogering wie möglich zu halten.Deshalb muss auch der Beför-derer im nationalen Verkehr fürdas Verhalten bei Unfällen undUnregelmäßigkeiten für häufigbeförderte Güter schriftlicheWeisungen (Unfallmerkblätter)vorhalten.

Richtlinie 424

Wird zum Beispiel durch einenUnfall oder eine Unregelmäßig-keit gefährliches Gut freigesetzt,soll mit Hilfe der Richtlinie 424„Sicherheitstechnische Maß-nahmen nach Freiwerden ge-fährlicher Güter“ und der Kon-zernrichtlinie 123 „Notfallma-nagement/Brandschutz“ bzw.der Richtlinie 613.03 „Krisen-stab Stinnes/Notfallmanage-ment Railion“ der Schaden fürMensch, Natur, Umwelt undUnternehmen begrenzt werdendurch

� schnelle und richtige Situa-tionseinschätzung vor Ort

(auch zur eigenen Sicher-heit),

� Abgabe einer qualifiziertenMeldung an die zuständigeMeldestelle,

� spezifische Informationenfür die Einsatzkräfte.

Ein wesentlicher Bestandteil derRil 424 bildet die Sammlung derstoffbezogenen schriftlichenWeisungen (Unfallmerkblätter).

Gefahren und Wir-kungen erkennen

Bei einer wagentechnischenUntersuchung bemerkt der

Wagenmeister Agrikola eineleichte Nebelbildung an einerZapfarmatur eines Kesselwa-gens. Da er sich der Schadens-stelle mit dem Wind im Rückengenähert hat und noch etwaeine Wagenlänge von der Aus-trittsstelle entfernt ist, behält erzum Erfassen der Kennzeich-nung am Wagen seinen Stand-ort bei. Er sieht einen orangefar-benen Streifen in Höhe derTanksachse. Die Ladegutan-

Verhalten nach Freiwerdengefährlicher Güter

Holger Hirsch, Gefahrgutmanagement

Die gesetzlichen Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter mit der Eisenbahn,� Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (GGBefG)� die „Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung ge-

fährlicher Güter auf der Straße und mit Eisenbahnen“ (GGVSE) und� die „Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter“ (RID)regeln den sicheren Transport dieser Güter.

schrift auf der Wagentafel kanner aus der Entfernung nicht le-sen, aber die orangefarbeneKennzeichnung.

Die Kennzeichnung sowie deram Wagen sichtbare Großzet-tel sind für ihn wichtige Hinwei-se darauf, dass es sich um eingefährliches Gut handelt. Ervergewissert sich anhand sei-ner mitgeführten Faltkarte„Transport gefährlicher Güter mitder Eisenbahn“ (Abbildung 1),den Vordruck im Format DINA6, welche Bedeutung die oran-gefarbene Kennzeichnung undder Großzettel hat, die er jetztbeachten muss. Der rote Groß-zettel mit weißem oder schwar-zem Flammensymbol und derin der unteren Ecke stehendenZiffer „2“ ist das Gefahrzettel-muster Nr. 2.1 mit der Bedeu-tung – Entzündbare Gase –.

Die Ermittlung der Bedeutungder oberen Nummer der oran-gefarbenen Kennzeichnung (23:Nummer zur Kennzeichnungder Gefahr) ergibt, dass es sichum ein „brennbares Gas“ han-delt. Er weiß aus Schulungen,dass die untere Ziffer „1965“ dieUN-Nummer des Stoffes istund, Tanks von Eisenbahnkes-selwagen für verflüssigte, tief-gekühlt verflüssigte und gelös-te Gase der Klasse 2 zu- �

Abbildung 1

Page 6: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

102 BahnPraxis 9/2005

BahnPraxis Aktuell

sätzlich mit einem orangefarbe-nen Streifen gekennzeichnetsind.

Richtig verhalten!Wagenmeister Allert warntsofort die in der Nähe befindli-chen Mitarbeiter und weistgleichzeitig auf die Brand- undExplosionsgefahr des austre-tenden brennbaren Gases hin.Dies bedeutet unter anderemein sofortiges Rauchverbot. Erlässt den Ereignisort durch ei-nen Mitarbeiter sichern undmeldet die Unregelmäßigkeit derzuständigen Meldestelle.

Was sollte die Mel-dung enthalten?

� Name des Meldenden� Angabe des Ereigniszeit-

punktes� Angabe zum Ereignisort

(z.B. Gleis-Nr. und die Zu-gänglichkeit)

� Art der Gefahrgutumschlie-ßung (hier Druckgaskessel-wagen)

� Wagen-Nummer� Größe und Lage der Lecka-

gestelle� Austrittsmenge (z.B. Trop-

fen, bleistiftdicker Strahl)� Nummer zur Kennzeich-

nung der Gefahr (im Bei-spiel „23“)

20.027 (Abbildung 2). Darin fin-det er Hinweise für die erstenSicherungsmaßnahmen, denSchutz und die Rettung vonPersonen sowie für die Einsatz-kräfte bestimmte Notmaßnah-men zu Beseitigung von Un-dichtheiten unter Beachtung dervorgeschriebenen Schutzaus-rüstung.

Den Mitarbeiter vor Ort ist jetztbekannt, welche Gefahren be-stehen und unter welchen Be-dingungen und ggf. mit welcherSchutzausrüstung die Gefah-renzone zur Ausführung vonNotmaßnahmen betreten wer-den kann.

In der Zwischenzeit hat dasTransportmanagement auf-grund der vom WagenmeisterAgrikola an die Meldestelle (Dis-po) übermittelten InformationenHilfe bei der Feuerwehr über dieNotfallleitstelle angefordert. Au-ßerdem wurden entsprechendden festgelegten Meldewegendie DB AG internen Stellen so-wie die Behörden informiert. DieMeldewege im Notfallmanage-ment Railion sind im Modul613.0307 festgelegt.

Was bedeutet dieGefahrenzone?

Die Gefahrenzone („G“) umfassteine Wirkzone („W“), in der sichdas freiwerdende Gut ausbrei-tet, und einen Sicherheitsab-stand („S“). In der Ril 424 sindBeispiele (Abbildung 3) für dieErmittlung der Gefahrenzoneenthalten. Im vorliegenden Fallbeträgt der Sicherheitsabstandunter Beachtung der Windver-hältnisse mindestens 20 m. Die

Wirkzone wird hier nicht beach-tet, weil diese auf weniger als 1m eingeschätzt wird.

Inzwischen ist die alarmierteFeuerwehr vor Ort. Mit Hilfe vonMessgeräten kann sie die Ge-fahrenzone genauer feststellen.Sie beseitigt die Unregelmäßig-keit – Restladegut im Auslauf-system und ein nicht ordnungs-gemäß geschlossenes Ventilwaren die Ursache.

Die Gefahr ist gebannt, derWagen nach eindeutiger Fest-stellung des RID-konformenZustands zum Weitertransportfreigegeben. Railion-Notdienstoder Notfallmanager dokumen-tieren abschließend das Ereig-nis. So wie Wagenmeister Agri-kola sollten auch Sie stets nachden Grundsätzen handeln� alle Maßnahmen unter Be-

achtung der eigenen Sicher-heit durchführen,

� Menschenrettung geht vorSchadensbekämpfung,

� Maßnahmen nach Freiwer-den gefährlicher Güter un-ter Beachtung der Anga-ben im Unfallmerkblattdurchführen.

Was aber tun, wenn das Lade-gut anhand der Kennzeichnungnicht identifiziert werden kann,weil sie beschädigt oder un-kenntlich (z.B. durch Brand) ist?Hier hilft der Blick in das Beför-derungspapier/den Frachtbriefweiter. Der Triebfahrzeugführerkann bestimmte Informationender Wagenliste entnehmen. Desweiteren stellt das Transport-management bei Bedarf derNotfallleitstelle sämtliche im PVGerfassten Gefahrgutangabenkurzfristig zur Verfügung. �

� UN-Nr. (im Beispiel. „1965“)� Nummer des Gefahrzettel-

musters (im Beispiel „2.1“)� Nähe zu besonders gefähr-

deten Objekten

Unfallmerkblätterrichtig anwenden

Herr Agrikola weiß, dass unteranderem beim Transportma-nagement und auf den Trieb-fahrzeugen des Güterverkehrsdie Ril 424 vorgehalten wird, mitdessen Hilfe er sich genauereInformationen zum Stoff, zurbestehenden Gefahr und zumrichtigen Verhalten verschaffenkann.

Auf der orangefarbenen Kenn-zeichnung hat er die UN-Nr.„1965“ gelesen. Diese Nummerschlägt er nun in der Stoffliste Ader auf der Rangierlok vorge-haltenen Ril 424 nach und fin-det in der letzten Spalte derTabelle die entsprechende Un-fallmerkblatt-Nr. 20.027. Dieübrigen Spalten (Benennung,vorgeschriebene Gefahr- undRangierzettel und Gefahr-Nr.)interessieren ihn in diesem Fallenicht, da alle Informationen zudieser UN-Nr. in einem Unfall-merkblatt zusammengefasstsind. In der numerisch sortier-ten Sammlung der Unfallmerk-blätter sucht er jetzt das Blatt

Abbildung 3

Abbildung 3

Page 7: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

BahnPraxis 9/2005 103

Die Bahn betreibt in Deutsch-land ein Schienennetz von ca.36.000 km. Die für die Durch-führung des Bahnbetriebes not-wendige Infrastruktur be-schränkt sich nicht nur auf dieGleisanlagen, sondern schließtverschiedenste Anlagen ein,z.B. auch

� Gebäude für die Betreuungund Bewirtung der Fahrgäs-te,

� Gebäude und Anlagen fürdie Instandhaltung der Fahr-zeuge,

� Gebäude für die Verwaltungder DB AG,

� Sozialräume für das Perso-nal.

Die Ableitung von Abwässernaus den Gebäuden und Anla-gen sowie aus dem Gleis erfolgtteilweise über die bahneigenenAbwasserkanäle in Vorfluteroder auch direkt in Abwasser-kanäle von Städten und Ge-meinden.

Eigentümer der abwassertech-nischen Anlagen sind die jewei-ligen Besitzer der Sachanlagen,die somit auch die rechtlich ver-antwortlichen Betreiber sind.

Die meisten Organisationseinhei-ten der DB AG besitzen keineigenes entsprechend qualifizier-tes Personal, um Arbeiten anoder in abwassertechnischenAnlagen durchführen zu lassenund vergeben diese Arbeitendaher an andere Organisations-einheiten oder externe Betriebe,die sich auf solche Arbeiten alsDienstleistung spezialisiert ha-ben.

Aber selbst wenn alle Arbeitenan externe Fachbetriebe verge-ben werden und somit Beschäf-tigte der Bahn nicht an den ab-wassertechnischen Anlagenarbeiten, verbleiben dennochPflichten im Arbeitsschutz, ins-besondere im Bereich Koordi-nation, Einweisung und Über-wachung der Fremdfirmen beider jeweiligen örtlichen Organi-sationseinheit.

AbwasseranlagenDie Bahn unterscheidet betrieb-lich nach Art des Abwassers in

klassische Abwasseranlagenund in Anlagen zur Gleisent-wässerung, wobei letztere vor-nehmlich unbelastetes Oberflä-chenwasser aus dem Gleisbe-reich in Vorfluter einleiten.

KlassischeAbwasseranlagenZur genauen Erfassung der klas-sischen abwassertechnischenAnlagen hat die DB AG in denvergangenen Jahren ein 3-Stu-fen-Kanalproramm aufgestellt.In der ersten Stufe wurden ins-besondere die klassischen ab-wassertechnischen Anlagenerfasst, in den darauf folgendenStufen erfolgt die Bewertungvon Schäden, sowie dann dieBeseitigung der Schäden, so-fern die Anlagen auch nochweiterhin von der DB AG ge-nutzt werden sollen.

Mit Abschluss des 3-Stufen-Kanalprogramms werden dieinstand gesetzten Anlagen anden jeweiligen Betreiber über-geben. Eine Fachstelle der Bahnsteht dabei dem verantwortli-chen Betreiber zur fachlichenUnterstützung zur Seite undschlägt notwendige Maßnah-men für den Betrieb, wie z.B.regelmäßige Inspektion und In-standhaltungsmaßnahmen anden Abwasseranlagen, vor.

GleisentwässerungFür die Anlagen zur Gleisent-wässerung ist in der Regel diefür den Bahnbetrieb zuständigeStelle der rechtlich verantwort-liche Betreiber. In vielen Fällenwird diese Aufgabe vom Leiterder regionalen Instandhaltungbei der DB Netz AG wahrge-nommen, der somit auch für dieInstandhaltung und für den Be-trieb der Gleisentwässerungverantwortlich ist.

Arbeitsschutz-bestimmungen

Dieser Beitrag möchte auf dierechtlichen Vorgaben aus Sichtdes Arbeitsschutzes hinweisen,damit beim Betrieb und auchbei der Instandhaltung von ab-wassertechnischen Anlagendurch eigenes Personal der �

BahnPraxis Spezial

Arbeiten anabwasser-

technischenAnlagen bei der

DB AG

Unternehmen im Konzern der DB AG sind aufgrund derZuordnungen von Sachanlagen Eigentümer einesAbwassersystems, für das sie auch die Betreiber-

verantwortung übernehmen müssen. Hierzu gehören dieInstandhaltung und der Betrieb der abwasser-

technischen Anlagen.

Im folgenden Artikel werden von der AbteilungPrävention und Gesundheitsschutz der EUK Sicherheits-

maßnahmen erläutert, die vor, während und nach denArbeiten an abwassertechnischen Anlagen zu beachten

sind.

Page 8: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

104 BahnPraxis 9/2005

Bahn, aber auch bei der In-standhaltung durch Fremdfir-men, sicher gearbeitet wird unddie gesetzlichen Bestimmungeneingehalten werden.

Die für den Arbeitsschutz beiArbeiten an abwassertechni-schen Anlagen wichtigen Vor-schriften sind insbesondere die� Unfallverhütungsvorschrift

„Abwassertechnische Anla-gen“ (GUV-V C5),

� Regeln für Sicherheit undGesundheitsschutz: Sicher-heitsregeln für Arbeiten inumschlossenen Räumenvon abwassertechnischenAnlagen (GUV-R 126),

� Unfallverhütungsvorschrift„Grundlagen der Präventi-on“ (GUV-V A1),

und das� Arbeitsschutzgesetz (Arb-

SchG) mit der Biostoffver-ordnung (BioStoffV).

Für die Einhaltung von Arbeits-schutzbestimmungen ist esunerheblich, ob es sich um dieklassischen Abwasseranlagenoder um die Anlagen zur Gleis-entwässerung handelt, vielmehrorientieren sich die aus Sichtdes Arbeitsschutzes erforderli-chen Maßnahmen an den Ge-fährdungen, die von den Anla-gen bzw. von den Tätigkeitenausgehen. Seit 1997 sind dieErmittlung der Gefährdungen fürTätigkeiten und Arbeitsplätzedurchzuführen, zu dokumentie-ren und wirksame Maßnahmenzur Beseitigung bzw. zur Redu-zierung der Gefährdung umzu-setzen.

Gesetzliche Vorgaben aus an-deren staatlichen Vorschriftenwerden in diesem Beitrag nichtnäher betrachtet, da für dieÜberwachung die jeweiligenstaatlichen Stellen zuständigsind.

Gefahren beimArbeiten an und inAbwasseranlagenGefahren im Abwasserbereichentstehen nicht nur in Klärwer-ken oder in großen Abwasser-anlagen, sondern auch in Ein-

richtungen, die der Abwasser-ableitung, Abwassersammlung,Abwasserspeicherung, Abwas-serbehandlung, Faulgasgewin-nung, Faulgaslagerung, Faul-gasverwendung und derSchlammbehandlung dienen.

Welche Gefahren im Einzelfalltatsächlich vorhanden sind,hängt von den örtlichen Bedin-gungen ab.

Typische und mögliche Gefah-ren sind in der Tabelle 1 zusam-mengestellt.

Schutz-maßnahmenMüssen zur Durchführung vonInstandhaltungsarbeiten Kanä-le, Schächte oder Räume mitoffenen abwassertechnischenAnlagen von Beschäftigten be-gangen werden, hat der Unter-nehmer insbesondere folgendetechnische und organisatori-sche Voraussetzungen zu erfül-len:� Alle für die Arbeiten einge-

setzten Beschäftigten müs-sen über die Gefahren unddie erforderlichen Schutz-maßnahmen unterwiesensein.

� Die Unterweisungen sindjährlich zu wiederholen undschriftlich zu dokumentie-ren.

� Für die Arbeiten ist ein zu-verlässiger Aufsichtführen-der zu bestimmen, der mitden Arbeiten und denSchutzmaßnahmen vertrautist.

� Für die Arbeiten ist eineDienst-/Betriebsanweisungaufzustellen.

Betriebs-anweisungFür Arbeiten an abwassertech-nischen Anlagen ist vom jewei-ligen Unternehmer eine Be-triebsanweisung aufzustellen,die z.B. auch sicherheitsrele-vante Angaben enthält über:� betriebliche Ergänzungen zu

Gebrauchsanleitungen desHerstellers, Einführers oderLieferers technischer Er-

BahnPraxis Spezial

Abbildung 1:

Zu den abwassertechnischen Anlagen im Bereich der DB AG gehören die

klassischen Abwasseranlagen (belastetes Schmutzwasser) und die Anlagen

zur Gleisentwässerung (gering bzw. unbelastetes Wasser). Das Bild zeigt den

Schacht einer Gleisentwässerung mit Schieber.

Abbildung 2:

Betriebsanweisungen regeln auch das Verhalten im Störungsfall und die

Erste-Hilfe-Maßnahmen. Jedes Muster für eine Betriebsanweisung ist den

betrieblichen Gegebenheiten anzupassen.

Page 9: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

BahnPraxis 9/2005 105

zeugnisse (z.B. In- und Au-ßerbetriebnahme),

� Benennung des Aufsicht-führenden bei Arbeiten inumschlossenen Räumenvon abwassertechnischenAnlagen,

� Verhalten beim Auftretenund Beseitigen von Störun-gen,

� einen Alarm- und Gefahren-abwehrplan,

� Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Auch für so genannte Routine-Tätigkeiten wie das Öffnen vonSchachtabdeckungen sollteeine Betriebsanweisung vor-handen sein, die insbesonderedie Anwesenheit einer zweitenPerson für Rettungsmaßnah-men fordert und regelt (Abbil-dung 2).

UnterweisungAlle für die Arbeiten eingesetz-ten Beschäftigten müssen überdie Gefahren und die erforderli-chen Schutzmaßnahmen unter-wiesen sein. Die Unterweisungmuss vor Aufnahme der Tätig-keit, danach mindestens ein-mal jährlich, erfolgen. Inhalte,Zeitpunkt und die Teilnehmersind schriftlich festzuhalten.

Typische Themen für Unterwei-sungen sind in Tabelle 2 zusam-mengestellt.

Öffnen vonSchächtenFür das Öffnen von Schächtenund Anheben von Kanaldeckelnsind geeignete Deckelhebernotwendig, die je nach Ausfüh-rung auch einer Person das rü-ckengerechte Öffnen und An-heben der schweren Deckelermöglichen (Abbildung 3).

Einsteigen inSchächte/KanäleSoll in Kanäle oder Schächteeingestiegen werden, so sindfür die sichere Durchführung derArbeit, abhängig von den mög-lichen Gefährdungen, Arbeits-und Rettungsausrüstung erfor-derlich, die in Tabelle 3 genannt

sind. Die Entscheidung, welcheSchutzmaßnahmen vor Ort beiden jeweiligen Bedingungendurchgeführt werden müssenund ob ein sicheres Arbeitenmöglich ist, liegt immer beimAufsichtführenden, der daherbesonders zuverlässig und be-sonders gut mit den Schutz-maßnahmen vertraut sein muss.Welche Ausrüstung nach Ta-belle 3 im Einzelfall erforderlichist, richtet sich nach der jeweili-gen Gefährdung und Arbeits-aufgabe.

Soll in Schächte und Kanäleeingestiegen werden, so ist derPersonaleinsatz so zu planen,dass mindestens eine Personaußerhalb des umschlossenenRaumes zur Sicherung anwe-send und als Ersthelfer ausge-bildet ist. Bei den Arbeiten mussständige Sichtverbindung (min-destens Verbindung durch Zu-ruf) mit Personen über Tagebestehen.

Ist bei den Arbeiten mit beson-deren Gefahren, z.B. starkerWasserführung, Zündgefahren,Freisetzung von Gefahrstoffenzu rechnen, muss vor dem Ein-stieg ein Erlaubnisschein vomBetriebsleiter ausgestellt wer-den.

Messen/ErmittlunggefährlicherAtmosphäre

In umschlossenen Räumen vonabwassertechnischen Anlagenkönnen sich durch Gärung oderFaulprozesse oder durch dasEinleiten von Gefahrstoffen ge-fährliche Atmosphären (explo-siv/sauerstoffverdrängend/gif-tig) bilden.

Grundsätzlich ist daher vor demEinsteigen und dem Arbeiten inumschlossenen Räumen durchtechnische oder natürliche Lüf-tung sicherzustellen, dass� der Sauerstoffgehalt min-

destens 19 Vol-% beträgt,� die Konzentration von gifti-

gen Gasen und Dämpfenunter dem jeweiligen Luft-grenzwert liegt, �

BahnPraxis Spezial

TYPISCHE GEFAHREN

Mechanische Gefahren durch� Gefahren aus dem Gleisbereich oder aus dem öffentlichem

Verkehrsraum,� Öffnen der Schachtabdeckungen,� Absturz in geöffnete Schächte,� Anstieg der Wasserführung,

Explosionsgefahren durch� Faulgase,� unzulässige Einleitungen von Fremdstoffen,� unerwartete Einleitungen im Havariefall,

Gesundheitsgefahren durch� Sauerstoffmangel,� Schwefelwasserstoff/Kohlendioxid durch Faulprozessse,� infektiöse Krankheitserreger,� Gefahrstoffe, die bei Tätigkeiten freigesetzt werden (z. B. beim

Abschleifen von Beschichtungen).

Tabelle 1: Typische Gefahren bei Arbeiten an abwassertechnischen Anlagen.

UNTERWEISUNGSTHEMEN

� Einsteigen und Arbeiten in umschlossenen Räume,� Hygiene,� persönliche Schutzausrüstung (PSA), Atemschutz,� Sicherung gegen Gefahren aus dem Bahnbetrieb und gegen

Gefahren aus dem Straßenverkehr,� Messen und Ermittlung gefährlicher Atmosphäre,� Lüftung,� Rettung und Erste-Hilfe,� Heben und Tragen von Lasten.

Tabelle 2: Themen für Unterweisungen bei Arbeiten an abwassertechnischen

Anlagen.

ARBEITS- UND RETTUNGSAUSRÜSTUNG

� Absperr- und Kennzeichnungseinrichtungen,� Deckelheber,� persönliche Schutzausrüstungen, wie z.B. Warnkleidung,

Schutzkleidung,� persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz bzw.

zum Halten und Retten,� ohnmachtsichere Auftriebsmittel (Schutz gegen Ertrinken),� ggf. mobile Einstiegshilfen,� Gasmessgeräte,� Belüftungseinrichtungen,� Atemschutz (Selbstretter, Arbeits-/Rettungsgeräte),� Abseil- und Rettungshubgeräte,� Sicherheitsseile,� Exgeschützte Handleuchten,� Verbandkasten,� Handfeuerlöscher,� Waschgelegenheit zur Reinigung der Hände auf Einsatzfahr-

zeugen.

Tabelle 3: Erforderliche Arbeits- und Rettungsausrüstung für Arbeiten an ab-

wassertechnischen Anlagen .

Page 10: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

106 BahnPraxis 9/2005

BahnPraxis Spezial

� keine Explosionsgefahr be-steht (< 10 % der unterenExplosionsgrenze).

Zur Feststellung, ob die Lüf-tungsmaßnahmen ausreichendsind, müssen kontinuierlicheKontrollmessungen durchge-führt werden. Hierzu eignen sichidealerweise Messgeräte, diemit einer automatischen Pum-pe Luft aus dem Schacht/Kanalansaugen und auf den Gehaltan Sauerstoff und an gefährli-chen Gasen prüfen und beimErreichen von Grenzwertenakustisch und optisch warnen.

Beim Einstieg in gut belüfteteSchächte für unbelastetesOberflächenabwasser (also z.B.bei Gleisentwässerungen) mitgeringer Wasserführung kannauf der Basis einer Gefähr-dungsbeurteilung nur dann imEinzelfall auf die Messung ver-zichtet werden, wenn ständigeSichtverbindung besteht, dieSeilsicherung nicht gelöst wirdund die Schachttiefe maximalfünf Meter beträgt.

Tabelle 4 stellt für Arbeiten inSchächten/Kanälen – auch inKanälen zur Gleisentwässerung– die geltenden Forderungenzusammenfassend dar.

Seil-sicherungJeder Beschäftigte muss vordem Einstieg in Kanäle oderSchächte mit mehr als einemMeter Tiefe einen Auffanggurtanlegen, um bei einem Unfallschnell aus dem Kanal gerettetwerden zu können. Wird inSchächte mit mehr als zweiMetern Absturzhöhe eingestie-gen, ist als Absturzschutz eineSeilsicherung notwendig durch-zuführen oder es ist eine Ab-sturzsicherung (Auffanggurt mitSicherheitsseil, Falldämpfer undHöhensicherungsgerät) zu ver-wenden.

Rettungs-maßnahmenFür die Sicherstellung der so-fortigen Ersten-Hilfe muss beijedem Öffnen von Abdeckun-gen von Schächten oder Kanä-len oder bei Arbeiten in Kanälenmindestens eine zweite Personanwesend sein, die als Ersthel-fer die erforderlichen Erste-Hil-fe-Maßnahmen einleiten kann.

Bei einem Unfall muss der Erst-helfer aber auch an seine eige-ne Sicherheit und an seine Si-

Abbildung 3:

Zum Öffnen von schweren Deckeln sind Hebehilfen (Deckelheber) zu verwen-

den. Empfohlen wird das Heben von Deckeln mit zwei Personen oder mit ei-

nem speziellen Deckelhebegerät.

Abbildung 4:

Die Messung der Atmosphäre auf schädliche, gefährliche und explosionsfähi-

ge Gasgehalte ist vor dem Einstieg in schlecht durchlüftete Kanäle und

Schächte notwendig (links ein Messgerät zur kontinuierlichen Messung, rechts

ein Messgerät mit Prüfröhrchen zur Momentanmessung).

Abbildung 5:

Zum Schutz vor gefährlichen Atmosphären (explosionsfähig, sauerstoffver-

drängend oder toxisch) muss u.U. auch ein von der Umgebungsluft unabhän-

giges Atemschutzgerät verwendet oder mitgeführt werden.

Tabelle 4: Maßnahmen zum sicheren Einsteigen in Kanäle und Schächte.

Page 11: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

BahnPraxis 9/2005 107

BahnPraxis Spezial

cherung denken. Besteht dieArbeitsgruppe nur aus zweiPersonen, so ist daher vor Auf-nahme der Arbeiten das Ret-tungsgerät (z.B. Dreibock mitHöhensicherungsgerät mit in-tegrierter Rettungshubeinrich-tung oder Kfz mit Kranwinde)einsatzbereit aufzustellen, da-mit es unmittelbar vom Ersthel-fer verwendet werden kann. DerDreibock und ein Höhensiche-rungsgerät können auch als Si-cherung gegen Absturz (beiSchächten mit mehr als zweiMeter Tiefe zwingend erforder-lich) verwendet werden.

Nur wenn die eigene Sicherungdes Ersthelfers gewährleistet ist,d.h. wenn während der Arbei-ten mindestens zwei PersonenÜbertage anwesend sind, darfeiner der Ersthelfer gesichert inden Schacht/Kanal einsteigen.Als Rettungsausrüstung musseiner Kolonne immer auch einumluftunabhängiges Atemge-rät, z.B. Regenerationsgerätoder Pressluftatmer, in unmit-telbarer Nähe der Arbeitsstellezur Verfügung stehen, wenn inumschlossenen abwassertech-nischen Anlagen gearbeitetwird.

Arbeitsmedizini-sche VorsorgeAlle Beschäftigten müssen be-triebsärztlich betreut werdenund für die Arbeiten körperlichund gesundheitlich geeignetsein. Je nach Tätigkeit sind ar-beitsmedizinische Vorsorgeun-tersuchungen für die Beschäf-tigten vorgeschrieben, z.B. beiTrägern von Atemschutzgerä-ten zu Arbeits- oder Rettungs-einsätzen nach dem arbeitsme-dizinischen Grundsatz G 26.

Hygiene undInfektionenUm das Infektionsrisiko zu mini-mieren, ist die Einhaltung vonGrundregeln für die persönlicheHygiene zwingend erforderlich.Hierzu zählt, dass während derArbeiten an abwassertechni-schen Anlagen nicht gegessen,getrunken oder geraucht wird.

In Arbeitspausen (Frühstück,Mittag) ist mindestens diegründliche Reinigung der Hän-de, besser Reinigung mit Hand-desinfektion, und das Auftra-gen von Hautschutzcremewichtig. Hierzu muss vor Ortzumindest die Möglichkeit zumReinigen der Hände gegebensein. Dies kann im einfachstenFall durch Mitführen eines Was-serbehälters und eines haut-schonenden Desinfektions- undReinigungsmittels auf dem Ein-satzfahrzeug realisiert werden.Im Zusammenhang mit der nö-tigen Hygiene sollte unter Be-teiligung des Betriebsarztesauch ein Hautschutzplan auf-gestellt werden.

Am Ende der Arbeiten ist dieAusrüstung zu reinigen (Stiefel,Handschuhe, Schutzkleidung).Für die Reinigung der ver-schmutzten Arbeitskleidungund Persönliche Schutzausrüs-tung (PSA) sollte das Unterneh-men einen Vertrag mit einerReinigungsfirma schließen unddie regelmäßige Reinigungdurchführen lassen. Im Umklei-debereich besteht idealerweiseeine Trennung von verschmutz-ter und von sauberer Kleidung(Schwarz-/Weiß-Anlage).

Für Arbeiten an den klassischenAbwasseranlagen, also z.B.beim Kontakt mit fäkalienbelas-tetem Abwasser, ist wegen derVerletzungsgefahr Impfschutzgegen Tetanus und Poliomyeli-tis für jeden Beschäftigten not-wendig. Weitere Schutzimpfun-gen (z.B. Hepatitis A und ande-re) sind im Einzelfall nach einerärztlichen Beratung und Emp-fehlung im Einvernehmen mitden Beschäftigten durchzufüh-ren.

Fremdfirmen-einsatz

Nur wenige Organisationsein-heiten der Bahn führen Arbeitenan abwassertechnischen Anla-gen mit eigenem Personal aus.Aber auch die Beauftragung vonFremdfirmen mit diesen Tätig-keiten entbindet die Verantwort-lichen vor Ort nicht vollständig�

Abbildung 6:

Einsteigen und Arbeiten in

abwassertechnische Anlagen sind

nur nach Durchführung von

notwendigen Schutzmaßnahmen

erlaubt und sicher.

Abbildung 7:

Rettungsmaßnahmen müssen

geübt werden, um bei einem Unfall

die Erste-Hilfe und die

Rettungsmaßnahmen schnell und

richtig durchführen zu können.

Abbildung 8:

Werden Arbeiten an abwassertechnischen Anlagen im Gleisbereich

ausgeführt, so sind immer Sicherungsmaßnahmen nach GUV-V D33 bzw.

GUV-R 2150 erforderlich. Alleinarbeit an abwassertechnischen Anlagen im

Gleisbereich ist weder nach GUV-V D 33 noch nach GUV-V C5 zulässig.

Dargestellt sind hier Spülungen einer Gleisentwässerung im Tunnelbereich.

Page 12: BahnPraxis Heft 1/2002 - uv-bund-bahn.de

108 BahnPraxis 9/2005

BahnPraxis Spezial

von ihren Pflichten und ihrerVerantwortung, denn beim Auf-traggeber verbleibt immer diePflicht zur gelegentlichen Kon-trolle. Üblicherweise übernimmtder Aufsichtführende der DB AGdiese Kontrollen.

Die Kontrollpflicht ist dabei wiebei jeder Fremdvergabe eine ge-nerelle Unternehmerpflicht undgilt nicht nur für Arbeiten anabwassertechnischen Anlagen.Zu beachten ist bei dieser Kon-trolle von Fremdfirmen, dass essich für die DB Netz AG alsAuftraggeber auch bei DB Ser-vices Technische Dienste oderbei den regionalen Gesellschaf-ten der DB Services GmbH um„Fremdfirmen“ handelt. Der DBNetz AG obliegt somit auchstichprobenweise die Kontrolleund die Vorgabe von Siche-rungsmaßnahmen, insbeson-dere dann, wenn die Arbeitenan abwassertechnischen Anla-gen im Bereich von Gleisendurchgeführt werden.

Koordination

Werden Arbeiten an einem Ar-beitsplatz gleichzeitig von ver-schiedenen Firmen oder vonArbeitsgruppen verschiedenerOrganisationseinheiten der DBAG ausgeführt, ist zur Vermei-dung einer möglichen gegen-seitigen Gefährdung eine Per-son zu bestimmen, die dieseArbeiten aufeinander abstimmt,koordiniert und weisungsbefugtgegenüber den Beteiligten ist.

Besonderes Augenmerk gilt beider Koordination der Abwehrvon Gefahren aus dem Bahn-betrieb. Gerade bei Gleisent-wässerungen sind die Schäch-te, Kanäle und Abdeckungen invielen Fällen in unmittelbarerNähe oder sogar im Gleisbe-reich. Hier sind Sicherungsmaß-nahmen nach GUV-R 2150 er-forderlich, zumindest ist immermindestens eine weitere Per-son erforderlich, die ausschließ-lich die Sicherung übernimmtund nicht mitarbeitet, wennAbdeckungen von Schächtenoder Kanälen entfernt bzw. ge-öffnet werden.

Zusammenfassung

Bei Arbeiten an abwassertech-nischen Anlagen bestehen be-sondere Gefahren, die sichdurch technische (kontinuierli-che Messung der Atmosphäre,Seilsicherung, Hygiene) und or-ganisatorische Maßnahmen(Anzahl der Personen, Vorhal-ten von einsatzbereitem Ret-tungsgerät) reduzieren lassen,damit Arbeiten in abwasser-technischen Anlagen sicherdurchgeführt werden können.

Es gilt: Wer bei Arbeiten an ab-wassertechnischen Anlagen aufseinen gesunden Menschenver-stand hört, bleibt auch im Hin-blick auf die Arbeitsschutzbe-stimmungen „sauber“.

Workshop„Arbeiten anabwassertechni-schen Anlagen“

Die Eisenbahn-Unfallkasse plantfür ihre MitgliedsunternehmenWorkshops zur Thematik „Ar-beiten an abwassertechnischenAnlagen“ anzubieten. Die Work-shops sollen als Tagesveran-staltung regional durchgeführtwerden.

Geplante Inhalte des Works-shops� Verantwortung und Arbeits-

organisation� Betreiberaufgaben� Arbeiten und Einsteigen in

abwassertechnischen Anla-gen

� Hygiene und PSA� Messung der Atmosphäre� Unterweisungshilfen

Die EUK wird über die ge-nauen Veranstaltungstermi-ne und -orte im nächsten„EUK-Dialog“ und auf ihrerHomepage berichten. �

Abbildung 9:

Während der Arbeiten ist aus hygienischen Gründen das Essen und Trinken

(Nahrungsaufnahme) ebenso wie das Rauchen verboten.

Zum Schutz der eigenen Gesundheit muss dieses Verbot eingehalten werden

und vor den Pausen und vor dem Rauchen/Essen/Trinken sind mindestens

die Hände gründlich zu waschen.

Weitere Hinweise, insbesondere auch Unterweisungshilfen, sind in einer

Broschüre des Bundesverbandes der Unfallkassen zusammengestellt. Diese

Broschüre wird zurzeit redaktionell überarbeitet und ist daher zur Zeit nicht

verfügbar. Sie kann nach Abschluss der Überarbeitung von Mitgliedsunterneh-

men der EUK bestellt werden. Die EUK wird in der „BahnPraxis“ und im „EUK-

Dialog“ nach der Überarbeitung auf die Unterweisungshilfen hinweisen.

Die Abbildungen

für diesen

Beitrag wurden

der GUV-I 8653

(GUV 27.4)

entnommen.