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Innovative Werkstoffmodifikation zur Verschleißreduzierung bei Werkzeugen Hartgoldelektrolyte zur selektiven Hochgeschwindigkeitsabscheidung Reibungszahlen außerhalb automobiler Normen www.wotech-technical-media.de WO Kompetenz in Werkstoff und funktioneller Oberfläche | 11 / 2013 Mag BAND 2 ISSN 2195-5905 Aluminium als Werkstoff für Stanzgitter in der Elektronik für Automobile Schneidkantenpräparation zur Werkzeugoptimierung Galvanische Beschichtungen verbessern die Wirtschaftlichkeit von Spritzwerkzeugen

BAND 2 WOMagISSN 2195-5905 - WOTech Technical Media ......als Schutz gegen Korrosion und Verschleiß oder zur Erzeugung von guten Gleiteigenschaften oder Enthaftung erzeugt (Beitrag

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  • Innovative Werkstoffmodifikation zur Verschleißreduzierung bei Werkzeugen

    Hartgoldelektrolyte zur selektiven Hochgeschwindigkeitsabscheidung

    Reibungszahlen außerhalb automobiler Normen www.wotech-technical-media.de

    WOKompetenz in Werkstoff und funktioneller Oberfläche | 11 / 2013

    MagBAND 2

    ISSN 2195-5905

    Aluminium als Werkstoff für Stanzgitter in der Elektronik für Automobile

    Schneidkantenpräparation zur Werkzeugoptimierung

    Galvanische Beschichtungen verbessern die Wirtschaftlichkeit von Spritzwerkzeugen

  • Gramm Technik GmbHEinsteinstraße 4, 71254 DitzingenIhr Ansprechpartner: Bernd Endres Tel. 07152/500930, [email protected]

    GRAMM EDELMETALLTECHNIK

    Kompetenz in Sachen innovative Edelmetallbeschichtungen für die Verbindungs- techniken in der Elektronik, Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik.

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  • Editorial

    Ressourceneffizienz – Gibt es noch Verbesserungspotenzial?

    Seit einigen Jahren wird – gefördert durch die EU – an einem effizienten Einsatz von Materialien in der Produk- tion gearbeitet. Ein Ansatzpunkt hierfür ist die Reduzie-rung von Abfällen, insbesondere bei der Verwendung von Metallen, da sie nur in beschränktem Maße verfügbar sind und zugleich deren Gewinnung enorme Energiemengen verschlingt sowie eine erhebliche Umweltbelastung verur-sacht. Dass derartige Bemühungen für Europa durchaus Sinn machen, hat die Rohstoffabhängigkeit in den letzten Jahren deutlich gezeigt. Es gab Zeiten, in denen die Prei-se für Stähle oder die für unentbehrliche Rohstoffe aus dem Bereich der seltenen Erden drastisch angestiegen sind, da wir in Europa nicht über ausreichend Rohstoff- lagerstätten verfügen, aber aufgrund unseres Produk-

    tionsangebots ohne diese Stoffe nicht arbeiten können. Ein Ergebnis dieser Entwicklung ist heute deutlich zu erkennen: jeder Rest, sei es ein unvermeidbarer Produktionsabfall oder nicht mehr verwendbarer Schrott aus Anlagen und Geräten, wird in Unternehmen getrennt und für die Wiederverwendung gesammelt.

    Für die Herstellung von Produkten ist die Oberflächentechnik ein wichtiger Produktions-schritt. Sie sorgt dafür, dass zwischen den Anforderungen des Grundwerkstoffs und den Anforderungen an die Oberfläche unterschieden wird. Im Prinzip handelt es sich bei der Oberflächentechnik also vielmehr um Verbundwerkstofftechnik beziehungsweise eine Mög-lichkeit der Herstellung von Werkstoffverbunden. Beispiele für die Ergebnisse solcher Ver-fahren können in der Elektrotechnik und Elektronik die Edelmetall- oder Zinnschichten auf Kupfer- oder Aluminiumwerkstoffen zur Vermeidung von Korrosion und Oxidation oder zur Herstellung von Kontaktflächen mit niederem Übergangswiderstand und guten Löt- und Schweißfähigkeit sein (Beiträge auf Seite 4 und 18). Aber auch Werkzeuge für die verschie-densten Anwendungen werden mit Hartstoffschichten oder modifizierbaren Nickelschichten als Schutz gegen Korrosion und Verschleiß oder zur Erzeugung von guten Gleiteigenschaften oder Enthaftung erzeugt (Beitrag auf Seite 23).

    Vor allem im Falle der knappen Edelmetallschichten zeigen sich aber auch Grenzen eines sinnvollen Einsatzes aus einer ganz anderen Richtung. Insbesondere bei den Edelmetallen Gold, Palladium oder Platin für elektrische oder elektronische Bauteile steht das Recycling hoch im Kurs. Die Bilder afrikanischer Kinder, die unter lebensbedrohlichem Einsatz die Edel-metalle aus Elektroschrott extrahieren sind hinreichend bekannt und verdeutlichen den An-reiz zur Rückgewinnung. Elektroschrott enthält nämlich weitaus höhere Konzentrationen der Edelmetalle als jedes geförderte Erz auf der Erde. Durch die Optimierung der Einsatzmen-gen in Form noch dünnerer Schichten und verstärkter lokaler Minimierung auf die wirklich notwendigen Einsatzflächen sinkt der Gehalt an Edelmetall in einem Gerät oder Bauteil kon-tinuierlich. Damit wir langfristig diese Anteile an wichtigen Rohstoffen nicht verlieren, wer-den wir neue – hoffentlich für Mensch und Natur unbedenkliche – Verfahren zur Aufrechter-haltung der Stoffkreisläufe entwickeln müssen. Auch dies ist eine interessante Aufgabe der Oberflächen- und Materialtechnik.

    Charlotte Schade Dipl.-Ing. (FH) WOTech GbR

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    ZVO-Oberflächentage in Dresden 36

    Hochgeschwindigkeitsabscheidung von Gold-Eisen 18

    Rekordbeteiligung beim Branchentreff in Dresden 36 Thermisches Spritzen 11

    Aluminium als Werkstoff für Stanzgitter in der Elektronik für die Automobilindustrie 4

    Schneidkantenpräparation zur Werkzeugoptimierung für schwer zerspanbare Werkstoffe 6

    Reinigung und Verpackung von Einzelteilen und Baugruppen für den Einsatz unter Reinraumbedingungen 8

    Elektronische Leiterplatte auf Dünnglasbasis 10

    Innovative Werkstoffmodifikationen zur Verschleißreduzierung bei Werkzeugen 11

    Ressourceneffizienz – Fortschritt oder Stillstand? 14

    Impulse für Energiesparen und innovatives Handeln 16

    Tagung und Fachausstellung Werkstoffprüfung 2013 17

    Hartgold-Elektrolyte zur selektiven Hochgeschwindigkeitsabscheidung 18

    Reibungszahlen außerhalb automobiler Normen 20

    PlanoTek® – Hochwertige Beschichtungen für die Kunststoffverarbeitung 23

    Hochleistungsschneidwerkzeuge durch Plasmaprozesse 26

    ZVO-Umwelt- und Brandschutzforum 26

    Flexible Beschichtungslösungen durch Thermisches Spritzen 27

    Medizin und Oberflächentechnik 28

    Mehr Zuverlässigkeit für elektronische Baugruppen – ohne Reinigung geht‘s nicht 31

    Qualitätsmanagement aus einem Guss 34

    Für jede Anforderung die richtige Lösung – Oberflächentechnik in Forschung und Anwendung 36

    Verein Deutsches Museum Galvano- technik e.V. Leipzig beteiligt sich am Tag der Industriekultur in Leipzig 40

    NOF Metal Coatings Group – Starker Partner der Windenergiebranche 41

    WERKSTOFFE OBERFLÄCHEN OBERFLÄCHEN

    Reibwerte von Verbindungselementen 20

    WOMag2 11 2013

    INHALT

  • Im Ehrenamt entstehen Brücken nach China 45

    Aus KMU und LOFT wird KMU LOFT Cleanwater GmbH 45

    SACM-Legierung – hohe Leistung bei Fallschock und Temperaturwechsel 45

    INM – Antimikrobielle Beschichtungen mit Langzeitwirkung 45

    Neue Normen 46

    Patente 47

    Inserentenverzeichnis 48

    Zum Titelbild: Spritzwerkzeug zur Herstellung von Kunststoffbauteilen mit unter-schiedlichen Anforderungen an die Oberflächeneigenschaften, die mit chemisch abgeschiedenen Nickelschichten erfüllt werden; Beitrag Seite 23

    RUBRIKEN

    Reinigen von elektronischen Bauelementen 31

    Batterieanschlussbauteil 4

    VERBÄNDEVon Wertschöpfung und Wertschaffung – angewandte „Thermodynamik“ in Europa 42

    Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) 43

    Museum der Galvanotechnik 40

    Beschichtungen auf Spritzwerkzeugen erfüllen zahlreiche Funktionen 23

    INHALT

    WOMag – Kompetenz in Werkstoff und funktioneller Oberfläche –Internationales Fachmagazin in deutscher und (auszugsweise) englischer Sprachewww.womag-online.de ISSN: 2195-5891 (Print), 2195-5905 (Online)

    Erscheinungsweise12 x jährlich, jeweils zum 10. des Monats

    Herausgeber und VerlagWOTech – Charlotte Schade – Herbert Käszmann – GbR Am Talbach 2 79761 Waldshut-Tiengen Telefon: 07741/8354198 www.wotech-technical-media.de

    VerlagsleitungCharlotte Schade Mobil 0151/29109886 [email protected] Käszmann Mobil 0151/29109892 [email protected]

    Redaktion/Anzeigen/Vertrieb/Abosiehe Verlagsleitung

    BezugspreiseJahresabonnement Online-Ausgabe: 149,– E, inkl. MwSt. Die Mindestbezugszeit eines Abonnements beträgt ein Jahr. Danach gilt eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Ende des Bezugszeitraums.

    Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 02 vom 1. Januar 2013

    InhaltWOMag berichtet über: – Werkstoffe, Oberflächen – Verbände / Institutionen– Unternehmen, Ausbildungseinrichtungen– Veranstaltungen, Normen, Patente

    Leserkreis: WOMag ist die Fachzeitschrift für Fachleute des Be-reichs der Produktherstellung für die Prozesskette von Design und Konstruktion bis zur abschließenden Ober-flächenbehandlung des fertigen Produkts. Im Vorder-grund steht die Betrachtung der Werkstoffe und deren Bearbeitung mit Blickrichtung auf die Oberfläche der Produkte aus den Werkstoffen Metall, Kunststoff und Keramik.

    WOMag-BeiratWOMag wird von einem Kreis aus etwa 20 Fachleuten der Werkstoffbe- und -verarbeitung sowie der Oberflä-chentechnik beraten und unterstützt.

    BankverbindungBW-Bank, BLZ 60050101, Konto 2344238

    Das Magazin und alle in ihm enthaltenen einzelnen Bei-träge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Bei Zusendung an den Verlag wird das Einverständnis zum Abdruck vorausgesetzt. Nachdruck nur mit Geneh-migung des Verlages und ausführlicher Quellenangabe gestattet. Gezeichnete Artikel decken sich nicht unbe-dingt mit der Meinung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manusikripte haftet der Verlag nicht.

    Gerichtsstand und ErfüllungsortGerichtsstand und Erfüllungsort ist Waldshut-Tiengen

    HerstellungWOTech GbR

    DruckSCHMID Druck + Medien GmbH & Co. KG

    © WOTech GbR, 2013

    IMPRESSUM

  • 11 20134

    WERKSTOFFE

    WOMag

    1 Einleitung

    Effizienz und Leichtbau bei wirtschaftlich vertretbarem Aufwand sind die bestimmen-den Faktoren des modernen Automobil-baus. Die Stellschrauben sind beispielswei-se Energieeffizienz, schonender Umgang mit Ressourcen oder die rationelle Fertigung.

    Eine zentrale Rolle kommt hier dem Leicht-metall Aluminium zu. Schon seit Jahrzehn-ten im Automobilbau als Edelwerkstoff bekannt, kann es heute auf Grund seiner hohen Verfügbarkeit und rationellen Fer-tigungstechniken auf breiter Front für Mo-toren-, Fahrwerk- und Karosseriekompo-nenten eingesetzt werden. Hier wurde der Werkstoff Stahl ersetzt.

    Aus denselben Gründen macht sich nun auch die Elektrotechnik und Elektronik als wichtiger Automobilzulieferer auf, Alumini-um zu verwenden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Vorteile tatsächlich gegeben sind. Bezüglich Verfügbarkeit und Gewicht ist dies schnell mit Ja beantwortet, findet doch Aluminium als Konstruktionswerkstoff für elektronische und mechatronische Bau-gruppen bereits seit langem Verwendung, zum Beispiel als Gehäusekomponente oder zur Entwärmung als Kühlkörper. Für die Ver-wendung als Stanzgitter in der Elektronik sind jedoch weitere Eigenschaften wichtig,

    wie beispielsweise Galvanisierbarkeit, Um-formbarkeit oder elektrische und mechani-sche Kennwerte.

    Bei Inovan wurde in einer Studie die grund-sätzliche Eignung von Aluminium als Stanz-gitterwerkstoff im Vergleich zum Platzhirsch Kupferlegierung untersucht.

    1.1 VergleichvonKupferundAluminium

    Tabelle 1 zeigt deutlich die Vorteile des Alu-miniums. Bei Dichte und Kosten pro Volu-men ist Aluminium unschlagbar. Die elektri-sche Leitfähigkeit liegt in einem Bereich, der

    bei Bedarf durch eine Bauteilquerschnitts-erhöhung ausgeglichen werden kann. Be-reits heute werden bei einer Mittelklasse-limousine etwa 30 Kilogramm Kupfer verbaut, 70 Prozent hiervon entfallen al-leine auf den Kabelstrang [6]. Elektroautos beziehungsweise Hybridfahrzeuge über-steigen diesen Wert bei weitem, da die Menge und Querschnitte notwendiger Ver-kabelungen, Steuergeräte oder weiterer Bauteile höher ist.

    Die großen Vorteile von Kupferwerkstoffen sind einfache Kontaktierbarkeit und hohe mechanische Festigkeit. Für das Anschla-

    AluminiumalsWerkstofffürStanzgitterinderElektronikfürdieAutomobilindustrieVonNatalieDeißler,MarkusKlingenbergundArnoMarto,Birkenfeld

    AusGewichts-undKostengründenbietetsichAluminiumfürbestimmteAnwendungenderElektronikundElektrotechnikimAutomo-bilalsErsatzfürKupferwerkstoffean.BeiderInovanGmbH&Co.KGwurdenineinerStudiediewesentlichenEigenschaftengalva-nischveredelterAluminiumlegierungenmitdenentypischerKupferlegierungenverglichen:Haftung,Umformbarkeit,mechanischerVerschleiß,elektrischeLeitfähigkeit,DiffusionseffekteundKorrosion.DieErgebnissezeigendiegrundsätzlicheEignungvonAlumi-niumlegierungenalsStanzgitterwerkstoffmitEinschränkungenbeimechanischenEigenschaftenundKorrosionsbeständigkeit.AlsLeadFramefürLeistungsbauelementelassensichinteressanteAnwendungendenken,insbesondereaberfürHochstromverbindun-genzwischenKupfer-undAluminiumbauteilen,zumBeispielZellverbinder,könntengalvanischveredelteVerbindungsteileausAlu-miniumechteVorteilebieten.BeiInovanstehteinProzesszurVerfügung,derdieHerstellungvonMusternfürdieFunktionsentwick-lungund-erprobungerlaubt.

    Aluminiumasbasematerialforleadframesforelectronicassembliesinautomotive

    Forcertainelectronicorelectrotechnicalapplicationsfortheautomotiveindustryaluminiumforcostandweightreasonsmayoffersomeadvantagescomparedtocoppermaterials.InovanGmbH&Co.KGperformedastudy,comparingthemajorpropertiesofelect-roplatedaluminiumalloysandtypicalcopperalloys:adhesion,formability,mechanicalwear,electricalconductivity,diffusioneffectsandcorrosion.Theresultsingeneralshowthefeasibilityasamaterialforleadframes,withrestrictionsofmechanicalcharacteristicsandcorrosionresistance.Asaleadframematerialforpowermodules,aluminiummightbeworththinkingof.Butforhighcurrentcon-nectionsbetweencopperandaluminiumparts,e.g.cellconnectors,electroplatedaluminiumbusbarscouldofferrealadvantages.AtInovanaprocessisestablished,beingabletoprovidesamplesforfunctiondevelopmentandverification.

    Tab. 1: Vergleich von Kupfer und Aluminium (Stand 10/2013; [7])

    Kupfer Aluminium

    Elektrische Leitfähigkeit 58 m/Wmm2 35 m/Wmm2

    Dichte 8,9 g/cm3 (hoch – hohes Bauteilgewicht)

    2,7 g/cm3 (niedrig – geringes Bauteilgewicht)

    Zugfestigkeit 240 N/mm2 (ausreichend) 300 N/mm2 (ausreichend)

    Korrosionsverhalten beständig anfällig

    Galvanisierbarkeit gut beschränkt

    Materialkosten 5,33 Euro/kg = 47 Euro/dm3; überproportional steigend

    1,39 Euro/kg = 3,75 Euro/dm3

    Verformungsfähigkeit hoch Neigung zur Rissbildung

    Verfügbarkeit Rohstoffverknappung über wenige Jahrzehnte

    hoch

  • gen von Leitungen ist zum Beispiel Crimpen blanker Kupferleitungen an Kabelschuhe oft das Verfahren der Wahl. Löten, Leitkle-ben oder Klemmen sind Stand der Tech-nik. Aluminium ist hier wegen seiner stets oxidierten Oberfläche problematisch. Bei Klemmverbindungen (Abb.  1) können bei-spielsweise durch hohe Übergangswider-stände Leistungsverlust oder Erwärmung bis zur Brandgefahr drohen. Als Fügepart-ner eines Schweißprozesses kommt nur ein Aluminiumteil in Frage, das dann selektiv galvanisiert sein könnte. Die Crimpung als Zugentlastung müsste, je nach geforderter Haltekraft, aus einem anderen Metall sein.

    Aluminium stellt also besondere Anforde-rungen an die Fügeverfahren. In [2] ist bei-spielsweise eine Kontaktierung eines Alu-miniumleiters durch einen Kupfer-Crimp beschrieben. Nachfolgend sind Beispiele für andere Fügeverfahren genannt.

    1.2 Anwendungsbeispiele

    Die steigende Integration von Funktionen in Baugruppen führt dazu, dass weniger Komponenten mehr Funktionen überneh-men müssen. Stanzgitter übernehmen mitt-lerweile neben Stromleitung auch mecha-nische und thermische Funktionen. Dazu kommen neue Anforderungen, zum Beispiel durch die Elektrifizierung des Automobils oder aus der Solartechnik, die Aluminium als Stanzgitterwerkstoff interessant oder gar notwendig machen (z. B. für Zellverbin-der bei Lithiumionenbatterien).

    Eine neuere Entwicklung für Autobatterien ist ein Batte-rieanschluss, der aus einem Verbundwerkstoff besteht. Aluminium wird dazu durch Walzplattieren mit Kupfer verbunden und erlaubt so die Kontaktierung eines Alumini-umkabels durch Ultraschall-schweißen [1] wobei die me-

    chanischen Funktionen Schrauben/Crimpen vom Kupfer übernommen werden. Die par-tielle Verzinnung des Aluminiums verhin-dert dabei Korrosion. Abbildung 2 zeigt die Schritte vom Band zum Batterieanschluss.

    Bei einem Beispiel aus der Concentrated Photo Voltaic (CPV) übernimmt ein Substrat aus Aluminium die Kühlfunktion und bildet die elektrische Massefläche. Diese wird im Solarmodul durch Drahtbonden verbunden. Die Solarzelle selbst ist durch Chip-Bonden (Die-Attach) auf ein in das Kühlsubstrat ge-schweißtes Bond-Pad appliziert. Das Bond-Pad ist walzplattiert und hat eine galvanisch veredelte Kupferseite für den Chip und eine Aluminiumseite für die Schweißverbindung. Abbildung  3 zeigt den Aufbau mit Optik, Trägerglas und Kühlsubstrat mit Chip, Abbildung  4 einen Nutzenstreifen der Kühl-substrate mit Fenster für die Bond-Pads.

    2 ZielederUntersuchung

    W. Schmitt et al. berichten von grundsätz-lichen Versuchen zur Galvanisierbarkeit einer Aluminiumlegierung, wobei besonde-res Augenmerk auf Diffusion, Haftung und Korrosion gelegt wurde [3]. In der vorlie-genden Untersuchung lag der Schwerpunkt auf der Wahl der Legierung, Galvanisierbar-keit, Korrosionsbeständigkeit und Umform-barkeit. Beschichtung und Korrosion sind eng miteinander verknüpft. Eine galvani-sche Beschichtung, selbst mit elektrotech-nischen Oberflächen, wie beispielsweise Nickel oder Zinn, kann die chemische Be-ständigkeit positiv beeinflussen. Insofern stand die Galvanisierbarkeit im Sinne einer haftfesten, porendichten Barrierebeschich-tung im Vordergrund.

    Weiter war der Umformbarkeit von Alumini-um besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Hier sind, neben der spanenden Bearbei-tung, beispielsweise Vorgänge wie Fließ-pressen bekannt. Stanzgitter der Elektronik stellen jedoch besondere Anforderungen

    Abb. 1: Möglicher Kabelverbinder

    Abb. 2: Batterieanschluss

    LesenSieweiteralsAbonnentunter:www.womag-online.de

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  • 11 20136

    WERKSTOFFE

    WOMag

    1 Einleitung

    Hochwarmfeste Nickelbasislegierungen sind schwer zerspanbare Werkstoffe, die häufig in Flugzeugtriebwerken und Gasturbinen eingesetzt werden [1]. Um die Wirtschaft-lichkeit der spanenden Bearbeitung von sol-chen Werkstoffen zu steigern, wurden von der Firma Sommertools in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Produktions-anlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Berlin neue Vollhartmetall-Fräswerkzeuge mit werkstoffspezifischen Mikrogeometrien entwickelt und getestet. Zur Schneidkanten-präparation wird von Sommertools bereits seit 2010 eine Schleppfinishanlage der OTEC-Präzisionsfinish eingesetzt. Eine opti-mierte Mikrogeometrie für die Zerspanung von Nickelbasislegierungen konnte nach umfangreichen Fräsversuchen zur Analy-se der Bauteilqualität, des Verschleißver-haltens sowie der Schnittkraft Fc am Fraun-hofer-IPK unter Laborbedingungen und bei einem Gasturbinenhersteller unter Praxis-bedingungen definiert werden. Die opti-mierten Werkzeuge stehen nun im Produkt-portfolio der Sommertools zur Verfügung.

    2 Sommertools–CNC-NCSchleiftechnik

    Die Firma Sommertools ging aus der 1977 gegründeten Werkzeugschleiferei Sommer hervor. Seit 1995 fertigt Sommertools Sonderwerkzeuge aus Vollhartmetall und konnte so Kunden aus den Bereichen Ma-schinen- und Anlagenbau, Raum- und Luft-fahrtindustrie, Automobilindustrie, Turbi-nenbau und Medizintechnik überzeugen. Seitdem wurde kontinuierlich in neue com-putergesteuerte Maschinen und modernste Messtechnik investiert.

    Eine besondere Stärke des Unternehmens sind rotationssymmetrische Sonderwerk-zeuge für die Zerspanung von hochwerti-gen Stahl- und Aluminiumlegierungen. Eine Auswahl ist in den Abbildungen  1  und  2 dargestellt. Hierbei sieht sich Sommertools auch als Partner zur Optimierung der Fer-tigungsprozesse bei den Kunden vor Ort.

    Dies kann durch die anwendungsbezogene Anpassung von Geometrie, Beschichtungen und den Schnittparametern erfolgen.

    3 HerstellenvondefiniertenSchneidkantenmikrogeometrien

    Unter Schneidkantenpräparation ist ein Prozessschritt zur gezielten Verrundung der Schneidkanten an Zerspanwerkzeugen mit geometrisch bestimmter Schneide zu ver-stehen. In der Regel erfolgt dieser Schritt nach der Werkzeugherstellung und gege-benenfalls vor sowie nach dem Beschichten der Werkzeuge. Ziele der Präparation sind die Schneidkante zu stabilisieren und die Oberflächen im Kontaktbereich zwischen Werkstück, Werkzeug und Span zu verbes-sern, um die Reibung bei der Zerspanung zu reduzieren.

    Zur Schneidkantenpräparation können un-terschiedliche mechanische, thermische oder chemische Feinbearbeitungsverfah-ren einzeln oder in Kombination eingesetzt werden. Industriell werden dazu häufig die Verfahren Bürsten für Wendeschneid-platten und Schleppfinishing beziehungs-weise Tauchgleitläppen für Fräswerkzeuge verwendet [2–5].

    4 Nickelbasis-Legierungen–EinflussderSchneidkantengeometrie

    Für die Fräsversuche am Fraunhofer-IPK wurde ein 5-Achs-Bearbeitungszentrum vom Typ C 50/Hermle verwendet. Im Rah-men des Forschungsprojekts wurden unter-schiedliche Schaft-, Torus- sowie Kugelkopf-fräser untersucht und optimiert (Abb.  2). Während der Zerspanung wurden die Pas-sivkraft Fp in z-Richtung und das Schnittmo-ment Mc analysiert. Im Anschluss wurden die Oberflächenrauheit der Versuchswerk-stücke taktil nach DIN 4287 gemessen und die Verschleißmarkenbreite VB mit Hilfe eines Mikroskops ermittelt. In Abbildung 3 sind die Ergebnisse mit der Streuung der Messwerte von den Versuchen mit den Ku-gelkopffräsern dargestellt.

    Als Versuchswerkstück wurde hier eine Hitzeschildplatte aus einer Nickelbasis-legierung Inconel 738 LC, wie sie in Gas-turbinen eingesetzt werden, verwendet. Versuchswerkzeug 1 stellt dabei den Aus-gangszustand dar. Bei den Versuchswerk-zeugen 2 bis 4 wurden unterschiedliche Schneidkantenmikrogeometrien einge-stellt und unter gleichen Bearbeitungsbe-

    SchneidkantenpräparationzurWerkzeug-optimierungfürschwerzerspanbareWerkstoffeVonE.Uhlmann1,A.Löwenstein1,E.Fries1,Y.Kuche1undF.Sommer2

    1Fraunhofer-InstitutfürProduktionsanlagenundKonstruktionstechnik(IPK),Berlin;2Sommertools–CNC-NCSchleiftechnik,Genthin

    Abb. 1: Verschiedene Sonderwerkzeuge der Sommertool - CNC-NC Schleiftechnik

    Abb. 2: Schaftfräser, Torusfräser und Kugelkopffräser (von links)

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    WERKSTOFFE

    WOMag

    dingungen wie bei dem Versuchswerkzeug 1 eingesetzt.

    Die Ergebnisse zeigen, dass aufgrund einer optimierten Schneidkantenmikrogeometrie bei Versuchswerkzeug 4 die Passivkraft FP im Mittel um 15 % und das Schnittmo-ment Mc sogar um 42 % reduziert werden konnten. Versuchswerkzeug 5 zeigt hier ebenfalls deutlich bessere Ergebnisse im Vergleich zum Ausgangszustand. Mit Ver-suchswerkzeug 4 konnte im Vergleich zum Ausgangszustand die gemittelte Rautie-fe Rz der Bauteile um etwa 8 % verbes-sert werden. Bei dem Werkzeugverschleiß konnten die besten Ergebnisse mit dem Versuchswerkzeug 5 erzielt werden. Im Ver-gleich zum Ausgangszustand war die maxi-male Verschleißmarkenbreite VBmax um fast

    20 % reduziert. Beim Einsatz der Werkzeu-ge in der Praxis konnten im Vergleich zum Ausgangszustand (Versuchswerkzeug 1) mit den Versuchswerkzeugen 4 und 5 doppelt so viele Bauteile bearbeitet werden.

    Bei der Zerspanung von Rene 80 mit den in Abbildung 2 gezeigten Schaftfräsern konn-ten durch eine Anpassung der Schneidkan-ten vergleichbare Verbesserungen erzielt werden. Rene 80 ist eine hochwarmfeste Legierung mit einem Nickelanteil von 60 %, welche häufig zum Bau von Gasturbinen-schaufeln eingesetzt wird.

    5 Zusammenfassung

    Die Standzeiten und die Prozesssicherheit von VHM-Fräswerkzeugen für die Bearbei-

    tung von schwer zerspanbaren Werkstoffen konnten durch die Optimierung der Mikro-geometrie gesteigert werden. Dafür wurde im ersten Schritt mit Hilfe des Fraunhofer-IPK der Prozess zur Schneidkantenpräpa-ration detailliert untersucht. Im zweiten Schritt wurden anhand von umfangreichen Fräsversuchen die Einflüsse der Schneid-kantenmikrogeometrien ermittelt. Anhand dieser Ergebnisse kann nun je nach An-wendung und Anforderung die günstigste Schneidkantenmikrogeometrie gewählt und prozesssicher hergestellt werden. So kann, wie gezeigt, eine deutliche Werkzeugver-besserung erreicht werden. Die optimier-ten Werkzeuge sind nun Bestandteil des Produktportfolios der Firma Sommertools. Weiter können die technologischen Unter-suchungen zur Schneidkantenpräparati-on zukünftig für weitere Werkzeuggrup-pen oder bei Nachschleifaufgaben genutzt werden.

    Literatur

    [1] C. Lechner, J. Seume (HRSG.): Stationäre Gas-turbinen; 2. Auflage, Springer Verlag; ISBN 978- 3-540-92787-7, e-ISBN 978-3-540-92788-4

    [2] E. Pauksch, S. Holsten, M. Linß, F. Tikal: Zer-spantechnik – Prozesse – Werkzeuge – Tech-nologien; 11. Auflage, 2008

    [3] F. Tikal: Schneidkantenpräparation – Ziele, Ver-fahren und Messmethoden; Unidruckerei der Universität Kassel, 2009

    [4] E. Uhlmann, D. Oberschmidt, A. Löwen-stein, F. Mahr, M. Langmack: Mit Schleppfi-nishing zur perfekten Kontur; Mikroprodukti-on (2010)05/10, S. 32–36

    [5] E. Uhlmann, A. Löwenstein, F. Mahr, D. Ober-schmidt: Schneidkantenpräparation von Mik-rofräsern; wt Werkstattstechnik 101 (2011)1/2, S. 73–80

    Kontakt

    Sommertools–CNC-NCSchleiftechnik Fritz-Henkel-Straße9,D-39307Genthin

    ➲➲ www.sommertools.de

    Fraunhofer-InstitutfürProduktions-anlagenundKonstruktionstechnik(IPK) Dipl.-Ing.ArminLöwenstein,Pascalstraße8–9,D-10587Berlin

    ➲➲ [email protected]

    Abb. 3: Ergebnisse der Fräsversuche

  • 11 20138

    WERKSTOFFE

    WOMag

    1 Überblick

    Immer mehr Produktfertigungen finden unter definierten Bedingungen, beispiels-weise Reinraumbedingungen, statt. Dabei sind die jeweiligen Produkte und die zur Herstellung benötigten Prozessschritte aus-schlaggebend für die Definition der jeweils benötigten Reinraumbedingungen.

    Für eine effiziente Gestaltung der Produk-tion im Reinraum sind einige wichtige Vo-raussetzungen zu erfüllen. Hierbei hat die Analyse der gesamten Fertigungskette eine außerordentlich hohe Bedeutung. Es kommt sehr darauf an, zu definieren, was die notwendigen Umgebungsbedingungen sind, unter denen gefertigt werden soll. Sehr oft werden die Spezifikationen für die Reinheit des angelieferten Materials und Prozessequipments nicht den notwendigen Anforderungen angepasst. Das bedeutet zum Beispiel, dass Fragen zur Art und Weise der Anlieferung sowie den erforderlichen Reinheitsanforderungen an das gelieferte Produkt und dessen Verpackung geklärt sein müssen. Allein die Tatsache, dass im Reinraum produziert wird, ist für das Errei-chen der notwendigen Produktqualität bei weitem nicht ausreichend.

    Im vorliegenden Beitrag wird vordergrün-dig auf zwei Prozessschritte innerhalb der Gesamtkette eingegangen, denen eine he-

    rausragende Bedeutung beigemessen wer-den muss: die Reinigung und die Verpa-ckung von Einzelteilen, Baugruppen und Komplettmaschinen.

    2 ReinigungundVerpackung–eineneueQualität

    Zunächst stellt sich die Frage, weshalb eine neue Qualität in den Reinigungs- und Ver-packungsprozessen erforderlich ist, da Rei-nigen und Verpacken seit langem üblich ist. Neu ist es insbesondere, dass der jetzt er-forderliche Vorgang nichts mehr mit dem klassischen Entfernen von Schmutz und dem Einpacken für den Transport oder die Lagerung gemeinsam hat. Ein gefertigtes Fahrrad kann mit einem Lappen oder eine Optikfassung mit Reinigungsmedien und Wischmitteln nach einer vorgegebenen Rei-nigungstechnologie gesäubert werden. Die ausgelieferte Optikfassung liegt in einem Magazin, das in einer verschließbaren Box fixiert wird, die dann noch doppelt in vor-gereinigte und ableitfähige PE-Folie einge-schweißt ist, gegebenenfalls evakuiert und so verpackt dem Nutzer zugesandt wird.

    Bei dieser kurzen Beschreibung der Pro-zesse sind bereits die Unterschiede zu her-kömmlichen Technologien erkennbar. Al-lerdings reicht dies noch nicht aus, den erhöhten Aufwand für Reinraumanwendun-gen zu begründen. Arbeitsschritte und Tech-

    nologien, die einer reinen Umgebung, also eines Reinraums, bedürfen, nutzen diesen zum Erreichen einer hohen Produktqualität beziehungsweise würden unter normalen Bedingungen nicht realisierbar sein. Der Kostenfaktor, den der Betrieb einer reinen Fertigungsumgebung mit sich bringt, ist demzufolge in den hier notwendigen Pro-zessen einkalkuliert. Dies bedeutet aber auch, dass Bemühungen unternommen werden, alle äußeren Einflüsse, die diesen Kostenfaktor negativ beeinflussen könnten, schon im Vorfeld abzuwenden. Das ist auch der Grund, weshalb Normen und Richtlinien zur Thematik, zum Beispiel über Reinraum- und Reinheitstauglichkeit, Oberflächen-reinheit, chemische Kontaminationen oder reinraumtaugliche Materialien, erarbeitet wurden. Allerdings sind in diesem Zusam-menhang noch große Lücken vorhanden, und die Standardisierung geht bei weitem nicht auf alle notwendigen Punkte ein.

    3 ForderungenausStandardsundRichtlinien

    Die Suche nach Standards oder Richtlinien zum Thema Prozessketten im Reinraum lie-fert meist nur wenige Treffer, wie zum Bei-spiel die DIN EN ISO 14644-9, die wichtige Aspekte ausschließt wie die Verfahrens-weisen für die Reinigung von Oberflächen (…) [1]. Deshalb existiert hierzu eine Reihe

    ReinigungundVerpackungvonEinzelteilenundBaugruppenfürdenEinsatzunterReinraumbedingungenVonJoachimLudwig,Kahla

    DieReinigungunterReinraumbedingungenmussbereitsbeiderPlanungvonFertigungseinrichtungenbeachtetwerden,umbeimspäterenEinsatzdengewünschtenErfolgzubringen.ProblematischgestaltetsichhierbeivorallemdasFehlenvonVorgabenundRegelungenzurReinheit,wiesiebishernurfürdieAutomobilbrancheoderdieHalbleiterindustrieerarbeitetwurden.ZurEinhaltungderReinheitbeiFertigungsprozessenmüssenMaschinenundRäumlichkeitensoaufgebautwerden,dasssieselbstkeinekritischenVerunreinigungenerzeugenundzugleichbeiderDurchführungdesFertigungsprozesseimnotwendigenReinheitszustandgehaltenwerdenkönnen.FürdieÜberprüfungderReinheitstehenverschiedeneVerfahrenzurVerfügung.DarüberhinauskommtderSchulungvonPersonaleinehoheBedeutungzu.

    CleaningandPackagingofIndividualComponentsandAssembliesforuseunderCleanroomConditions

    Cleaningundercleanroomconditionsisanissuethatshouldbeconsideredattheplanningstageifanassemblyplant’ssuccessistobeassuredonceitisintroduced.Amajorproblemistheabsenceofguidelinesandstandardsgoverningcleanlinessinthisarea.Todate,suchguidelinesorstandardsexistonlyintheautomotiveandsemiconductorindustries.Inordertomaintaincleanlinessduringamanufacturingprocess,boththeequipmentandthepremisesmustbesuchthattheythemselvesdonotcreatecriticalcontamina-tionandallowthemanufacturingprocesstotakeplaceinanacceptablycleanenvironment.Fortheassessmentofcleanliness,anum-berofproceduresareavailable.Inaddition,thetrainingofoperativesisextremelyimportant.

  • 11 2013 9

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    von Werkstandards, die in der Breite der Anwendungen nicht kompatibel oder aus-tauschbar sein können und nur auf eini-ge wenige Produkte abgestimmt werden. Diese Werkstandards sind auch nur einem ausgewählten Anwenderkreis zugänglich.

    Des weiteren gibt es branchenspezifische Vorgaben, die einen Stand der Technik be-schreiben, der nicht immer den aktuellen Er-kenntnissen entspricht. Dies sind vor allem Standards aus dem Halbleiterbereich und der Automobilindustrie. Im Weiteren wird auf einzelne Forderungen daraus verwiesen.

    3.1 BeispielHalbleiterindustrie

    Die Standardisierung in der Halbleiterin-dustrie ist gegenüber anderen Branchen sehr weit fortgeschritten. Verständlicher-weise wird jedoch nur auf die Belange der Halbleiter-, Solar- und Mikrosystemtechnik-industrie Bezug genommen, als deren inter-nationaler Vertreter sich der Branchenver-band SEMI versteht (SEMI = Semiconductor Equipment and Materials International).

    Werden die Forderungen zur Reinigung von Einzelteilen, Baugruppen und kompletten Maschinen betrachtet, ist eine große Ab-weichung zwischen den Forderungen aus dem Standard und der Verwirklichung die-ser Forderungen in der täglichen Arbeit vie-ler Unternehmen festzustellen. Zum Thema Reinigung und Montage von Maschinen, welche für den Reinraumeinsatz vorgese-hen sind, wird beispielsweise unter dem Punkt Reinigung folgendes gefordert: Alle Werkzeuge und Systemkomponenten (Ein-zelteile und Baugruppen – Anm. d. Autors) sollen unmittelbar bevor diese in den Mon-tagebereich eingebracht werden abge-saugt, mit gefilterter Luft abgeblasen und mit einer Lösung aus 10%-igem IPA und Wasser gereinigt werden. Es sind Hilfsmit-tel wie z. B. Reinraumtücher zu verwenden, die für den Einsatz in einer Klasse ISO 5 (nach DIN EN ISO 14644) zertifiziert wur-den. Schneidöle, Schmier- und Flussmittel sind zu entfernen, bevor die Teile in den rei-nen Montagebereich gelangen.

    Unabhängig davon, wie diese Forderungen in der Realität umgesetzt werden oder um-gesetzt werden können, ergibt sich eine Reihe von Fragen, die der Anwender für seine Produktion selbst beantworten muss, da es keinerlei konkrete Vorgaben dafür gibt:

    −Punkt effizientes Absaugen Es ist allgemein bekannt, dass Absaugen keine effiziente Reinigungstechnologie ist. Zum einen wird beim Absaugen kei-

    ne Tiefenwirkung erzielt, da der Sauger sehr dicht an das abzusaugende Teil ge-bracht werden muss, um einen Effekt zu erzielen. Zudem steigt mit abnehmender Partikelgröße die Adhäsion der Partikel zur Oberfläche, weshalb bei Partikeln mit Durchmessern unterhalb zehn Mikrome-ter keine Wirkung mehr erzielt wird

    −Aufbereitung der Druckluft für das Ab-blasen Freiheit von Öl und Wasser versteht sich von selbst. Partikelfrei heißt aber auch, dass die minimale Partikelgröße definiert sein muss. Oftmals wird Stickstoff zum Abblasen verwendet. Für Stickstoff gelten dieselben Forderungen wie für Druckluft. Die beim Stickstoff üblicherweise ange-gebene Reinheit bezieht sich ausschließ-lich auf die chemische Reinheit, nicht auf die partikuläre. Ob Druckluft oder Stick-stoff, in jedem Fall ist ein Point-Of-Use-Filter einzusetzen. Dieser gewährleistet eine Endfilterung des eingesetzten Medi-ums und schließt damit aus, dass Konta-minationen aus dem Gasnetz selbst zum Produkt gelangen

    −Qualität des flüssigen Reinigungsme-diums Bei Wasser sollte in jedem Fall vollent-salztes Wasser (DI-Wasser) verwendet werden. Flüssigkeitsreste verdunsten in diesem Fall rückstandsfrei. Alkoholbei-mischungen, unabhängig davon, ob 10 % oder 50 %, sollten einer chemischen und partikulären Reinheit entsprechen, wel-che durch die zu reinigenden Produkte bestimmt wird. Diese Alkohole haben den Effekt, dass organische Verschmutzungen anlösbar sind. Der Wasseranteil einer sol-chen Mischung ermöglicht durch die hö-here Oberflächenspannung, dass die an-gelösten Verschmutzungen durch das Wischtuch (Reinraumtuch) aufgenommen werden

    Die Liste der offenen Punkte kann nahezu beliebig weitergeführt werden.

    3.2 BeispielAutomobilindustrie

    Die Automobilindustrie weist hier wenig all-gemeingültige Richtlinien auf. Zum Beispiel die VDA19-Richtlinie Prüfung der Techni-schen Sauberkeit – Partikelverunreinigung funktionsrelevanter Automobilteile [2]. Be-schrieben werden die Bedingungen zur Anwendung und Dokumentation von Me-thoden zur Bestimmung der Partikelverun-reinigung an funktionsrelevanten Bautei-len (Sauberkeitsprüfung). Konkret gesagt wird eine Basis geschaffen, um Reinheits-

    anforderungen zwischen Kunden und Lie-feranten festzulegen und zwar auf Grund-lage der Methoden zur Bestimmung von Partikelverunreinigungen.

    Nicht betrachtet werden Punkte wie:

    −Grundlagen und Methoden zur Bestim-mung/Erhebung der für ein Bauteil aus technisch funktioneller Sicht absolut not-wendigen beziehungsweise zutreffenden Sauberkeitsanforderungen

    −Der Nachweis organischer Verunreinigun-gen (z. B. Fette oder Öle)

    −Methoden zum nicht quantifizierbaren Partikelnachweis an Prüfobjekten (z. B. visuelle Beurteilung, Wischtest mit sau-berem Tuch)

    −Prüfung von Flüssigkeiten zum Betrieb von Prüfobjekten (z. B. Kühlflüssigkeiten, Öle, Hydraulikflüssigkeiten, Bremsflüssig-keiten, Kraftstoffe, Gase)

    Dem Nutzer bleiben auch hiermit wichtige Hilfen zur Beschreibung seiner Reinigungs-prozesse verschlossen und die Beschrei-bungen sind deshalb wenig praxisrelevant für eine einfache Umsetzung.

    3.3 UnternehmensinterneStandardsundRichtlinien

    Es existiert eine große Anzahl von unterneh-mensinternen Standards und Richtlinien, die Reinigungs- und Verpackungsprozesse beschreiben. Diese in eine allgemeine Be-trachtung zur Erstellung von allgemeingül-tigen Hinweisen aufzunehmen, scheitert meist daran, dass Unternehmensstandards eine Geheimhaltungsvereinbarung voran-gestellt ist.

    Fast alle dieser Vorschriften basieren auf langjährigen Erfahrungen und natürlich auch auf Fehlern, die gemacht wurden. Eine weiterreichende wissenschaftliche Unter-suchung geht den wenigsten voraus. Diese Vorschriften sind dann auch nur solange praktikabel, bis Grenzen erreicht werden, die eine schrittweise Weiterentwicklung erforderlich machen.

    4 UmgebungsbedingungenfürReini-gungs-undVerpackungsprozesse

    Es existieren verschiedene Ansichten, unter welchen Bedingungen gereinigt und ver-packt werden soll. Dazu drei Beispiele:

    −Ein Standard (Tab. 1) gibt die genaue Luft-reinheitsklasse vor, unter der diese Pro-zesse durchgeführt werden sollen (z. B.

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  • 11 201310

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    In Hochtemperaturbereichen über 250 °C könnte Dünnglas jetzt die herkömmlichen Polymere als Basismaterial in Platinen er-setzen, da es eine hohe chemische Bestän-digkeit sowie einen geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von 7,2 · 10-6 K-1 besitzt. Ein interessantes Anwendungsfeld der neuen Dünnglasleiterplatten liegt in der Luft- und Raumfahrttechnik.

    Das Laser Zentrum Hannover e. V. (LZH) entwickelt mit Projektpartnern die Ferti-gungsprozesse für Mehrlagenleiterplatten auf Basis von Dünnglas mit 145 µm Dicke. Der Trend zu Miniaturisierung und erhöh-ter Prozessgeschwindigkeit in der PCB-In-dustrie stellt hier eine besondere Heraus-forderung an den Fertigungsprozess dar. Den Mitarbeitern der Gruppe Glas aus der Abteilung Produktions- und Systemtechnik kommt im Projekt GlasPCB die Aufgabe zu, zwei verschiedene Laserprozesse für die Bearbeitung der speziellen Materialien zu entwickeln. Sie setzen den Laser einerseits zum Strukturieren der Metallschichten ein. Entsprechend einem vorgegebenen Plati-nenlayout werden Leiterbahnen erzeugt, indem die überschüssige Metallschicht per Laserabtrag vom Dünnglas entfernt wird. Die Vorteile der Laserbearbeitung zeigen sich hier besonders in einer Ablation mit extrem feinen Strukturauflösungen ohne

    Elektronische Leiterplatte auf DünnglasbasisIn der Leiterplattenherstellung sind Polymere als elektrisch isolierende Basismaterialien eta-bliert. Doch die häufig verwendeten Epoxidharzglasfasergewebe (FR4) und Polyamide stoßen bei fortschreitender Miniaturisierung und extremer Beanspruchung der Platinen (printed circuit board, PCB) an ihre Leistungsgrenzen. Insbesondere hohe Temperaturen führen dazu, dass sich die Kunststoffe verformen oder zersetzen. Aufgrund des thermischen Ausdehnungsverhaltens der eingesetzten Materialien besteht das Risiko von Rissen oder Brüchen in der dielektrischen Schicht. Dies kann beispielsweise zur Ausbildung von Kratern an der Oberfläche, dem Pad Cra-tering, führen.

    Laserstrukturierung von metallbeschichtetem Dünnglas

    Schädigung des empfindlichen Materials. Anderseits dient der Laser zur Erzeugung der Bohrungen (Vias), die es ermöglichen, Verbindungen zwischen den verschiedenen Leiterplattenebenen herzustellen oder kon-ventionelle Bauteile zu verknüpfen. Dazu werden am LZH geeignete Laserparameter ermittelt, die das Material ohne thermische Schädigung vollständig durchbohren sowie eine hohe Qualität der Bohrungen bei klei-ner Prozesszeit erzielen. Für ein optimales Ergebnis werden mehrere parallele Schnitt-pfade durch den Glasverbund geführt. Die von der Materialdicke und dem Platinenlay-out abhängige Prozesszeit beträgt derzeit für die Bohrung eines Microvias von 0,2 mm Durchmesser durch 170 µm dickes Material etwa 2 s – Tendenz sinkend.

    Vergleichende Untersuchungen des Pro-jektpartners TU Berlin (Forschungsschwer-punkt Technologien der Mikropherik) zeigen zudem, dass das neue Materialsystem auf Dünnglasbasis einen Lasereinsatz für die Herstellung der Vias erfordert, da hier das derzeit übliche mechanische Bohren uner-wünschte Mikrorisse erzeugt und darüber hinaus die Standzeit der Bohrer um den Fak-tor 40 reduziert ist.

    Insgesamt sind am Kooperationsprojekt drei wissenschaftliche Einrichtungen und

    vier Unternehmen beteiligt. Während das LZH die Laserprozesse zum Strukturieren der Platinenlayouts und zum Erzeugen von Bohrungen (Vias) entwickelt, stellen Indu- striepartner wie die Schott AG Dünnglas-material zur Verfügung. Als Leiterplatten-hersteller untersucht die Hotoprint GmbH & Co. KG Produktionsverfahren für die Dünnglasleiterplatten und übernimmt das Galvanisieren. KCS Europe GmbH führt die Beschichtungstechnologie Sputtern von leitenden Metallschichten an Dünnglas durch. Weiterhin beteiligt ist die CCI Euro-lam GmbH als Spezialist für Materialien zur Leiterplattenherstellung. Das anspruchs-volle Handling in der Fertigung von dünnen Glassheets bis hin zur Mehrlagenleiterplat-te wird vom Institut für Transport- und Auto-matisierungstechnik der Universität Hanno-ver (ITA) entwickelt.

    Das Projekt GlasPCB – Entwicklung einer Mehrlagenleiterplatte auf Dünnglasbasis – wird durch das Zentrale Innovationspro-gramm Mittelstand (ZIM) des Bundesmi-nisteriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) noch bis Mitte 2014 gefördert.

    ➲➲ www.lzh.de

  • 11 2013 11

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    Nähert man sich der Oberfläche eines Ge-genstands aus dem Blickwinkel eines Pro-duktdesigners, so ist sie schlicht die erste Ebene der Kontaktaufnahme mit einem po-tenziellen Kunden. Oberflächen wirken auf der emotionalen Ebene haptisch angenehm oder abstoßend und sind damit in hohem Maße für Kaufentscheidungen ausschlag-gebend. Während Produktdesigner ihre Ziele vor allem aus den emotionalen Erwar-tungen der Endkunden ableiten, haben für Entwickler technischer Oberflächen funktio-nale Anforderungen sowie die Lösung phy-sikalischer und technischer Fragestellungen Priorität. So stehen in der Medizintechnik Aspekte wie die Biokompatibilität im Vor-dergrund, in der Motorentechnologie die Reibung und Verschleißfestigkeit, im Auto-mobilinterieur hingegen Faktoren wie Ab-riebfestigkeit und UV-Beständigkeit. In der Werkzeugtechnik ist insbesondere der Ver-schleißschutz und hierdurch eine Erhöhung der Standzeiten von großem Interesse.

    Vernetzte Oberflächenforschung zur Verschleißreduzierung

    Im Werkzeugbau ist der Einsatz von inno-vativen Schichten zur Verschleißreduktion an Werkzeugen bei komplexen Belastun-gen ein zentrales Thema geworden. Ein Bei-spiel wie Unternehmen und Forschungsein-richtungen diese Fragestellung angehen, ist der Forschungsverbund ForLayer. Hier wur-den maßgeschneiderte Lösungen zum Ver-

    schleißschutz von Werkzeugen der Urform- und Umformtechnik entwickelt, die in vielen Schlüsselindustrien Kernelemente der Pro-duktion darstellen. Im Fokus standen Werk-zeuge für die Prozesse Aluminiumguss und Kunststoffspritzguss, Blech- und Kaltmas-sivumformung und Presshärten. Werkzeu-ge sind hier hohem Verschleiß ausgesetzt, da mehrere Verschleiß fördernde Mechanis-men zusammenwirken. Hierzu zählen hohe Temperaturen und schnelle Temperatur-wechsel, aggressive Umgebungsbedingun-gen oder lokal beziehungsweise temporär stark unterschiedliche mechanisch-tribolo-gische Belastungen. Zudem erhöhen sich mit der Einführung neuer, immer schwieri-ger zu verarbeitender Werkstoffe und dem Einsatz zunehmend leistungsfähiger Ver-arbeitungsprozesse die Anforderungen an den Verschleißschutz ständig.

    In dem von der bayerischen Forschungs-stiftung geförderten Verbund kooperierten fünf Forschergruppen bayerischer Universi-täten und Forschungsinstitute mit 21 Indus-triepartnern. In sechs Teilprojekten wurden Lösungsansätze aus verschiedenen Rich-tungen der Beschichtungstechnik und der Werkzeugherstellung verfolgt. Der Verbund erforschte und entwickelte die Herstellung und den Einsatz anwendungsangepasster Werkstoffe wie Nanodiamantfolien, ultra-feine Composite, solvothermal veränderte Schichten und Mehrlagenbeschichtungen. Innerhalb von drei Jahren konnten so an-

    wendungsreife Technologien entwickelt werden, die einen deutlich verbesserten Verschleißschutz bieten.

    Wie wichtig das Thema Verschleißschutz bei Werkzeugen ist, lässt sich ganz einfach daran erkennen, dass bei den Produktions-kosten rund 20 % auf die Werkzeugtechnik entfallen. Lösungen für einen verbesserten Verschleißschutz ergeben enorme Einspar-potenziale. Wie vielfältig die Möglichkeiten bei der Oberflächenmodifikation im Zusam-menspiel mit der Werkzeugherstellung sind, zeigt sich an den Schwerpunkten des For-schungsverbundes ForLayer. Von der Ent-wicklung hybrider Fertigungsverfahren zur integrierten Herstellung und Beschichtung von hoch beanspruchten Werkzeugen und Bauteilen über Rapid-Tooling-Werkzeuge mit optimierten Verschleißschutzschichten durch solvothermale Prozesse hin zu

    Innovative Werkstoffmodifikationen zur Verschleißreduzierung bei WerkzeugenVon Marcus Rauch und Nicola Socha, Nürnberg

    Neue Materialien und ihre vielen innovativen Einsatzmöglichkeiten sind heute für den Werkzeugbau unentbehrlich geworden. Die Anforderungen an die Eigenschaften aber auch an die Funktionalität der Oberfläche bilden hier die größten Herausforderungen. Um kosteneffiziente Lösungen zu realisieren, wird in der Anwendung eine Integration von Funktionen direkt in den Werkstoff sowie eine Eigenschaftsverbesserung von Bauteilen durch Oberflächenmodifikationen immer wichtiger. Mittels innovativer Beschichtungs- und Bearbeitungsverfahren können heute die Funktionalitäten von Oberflächen für zahlreiche Anwendungen gezielt entwickelt und op-timiert werden. Beispiele finden sich im Korrosions- und Verschleißschutz, den sensorischen Eigenschaften oder einer schaltbaren Funktionalisierung.

    Innovative Modification of Materials for Wear Reduction of Tooling

    Using new materials with their manifold scope for innovation has today become routine for those involved in tool manufacture. Incre-asing demands made, not only on the properties of surfaces, but also their functionality are among the greatest challenges today. In order to achieve the most cost-effective solution, two approaches are of growing importance. The first is the integration of functio-nality within the material itself and the second is to improve component performance by modification of its surface. Using innovative coatings and surface finishing processes, it is today possible to develop customised surface functionality for a range of applications. Examples can be found in the fields of corrosion and wear protection incorporating sensor functions or with switchable functionality.

    Innovative Beschichtungstechnologien für maß-geschneiderte Eigenschaften Quelle: InnCoa

  • 11 201312

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    Schichten für den Verschleißschutz auf Basis von maßgeschneiderten hartstoffhal-tigen Metallen und flexiblen höchstfesten Verschleißschutzfolien aus Nanodiamant. Dazu kommen Werkzeugbeschichtungssys-teme zur Verbesserung der tribologischen Bedingungen beim Presshärten und anwen-dungsangepasste Mehrlagenbeschichtun-gen für Kaltmassivumformformwerkzeuge.

    Neben zahlreichen wissenschaftlichen und industrierelevanten Erkenntnissen, die im Abschlussbericht des Bayerischen For-schungsverbundes ForLayer Moderne Be-schichtungen zum Verschleißschutz von Werkzeugen nachzulesen sind, konnten auch drei Patente beziehungsweise Patent-anmeldungen aus dem Forschungsverbund eingereicht werden: die nanokristalline Dia-mantfolie, die sich auf Stahl und Kunststoff applizieren lässt, der Einsatz der solvother-malen Behandlung zur Verbesserung von thermisch gespritzten Keramikschichten und die Entwicklung eines Multimaterial-auftragsystems bei der generativen Ferti-gung von Werkzeugen mittels selektiven Laserschmelzens, bei dem gleichzeitig kon-ventionelle und hochverschleißbeständige Werkstoffe im Aufbauprozess verarbeitet werden.

    Thermisch gespritzte Schichten für Werkzeuge

    Insbesondere die thermisch gespritzten Schichten sind von industriellem Interesse, da sie auch auf relativ komplexe Geometrien kostengünstig und großflächig aufgebracht werden können und eine Vielzahl an Werk-stoffkombinationen zulassen. Einen sehr guten Verschleißschutz bieten Oberflächen

    aus Keramik. Allerdings weisen keramische Schutzschichten eine Restporosität und eine schwache Bindung zum Grundsubst-rat auf, was ihren Anwendungsbereich und ihre Lebensdauer einschränkt. Genau hier setzte ein Teilprojekt von ForLayer an. Die Partner Gerresheimer Wilden GmbH, KUKA Roboter GmbH, Fruth GmbH und Otto Span-ner GmbH zusammen mit der Ludwig-Maxi-milians-Universität München und dem ATZ Entwicklungszentrum nutzen thermische Prozesse um optimierte Verschleißschutz-schichten bei Werkzeugen zu entwickeln.

    Ziel war es, solvothermale Prozesse als Nachbehandlung einzusetzen und hier-durch die Nachteile einer keramischen Schicht auszugleichen. Solvothermale Pro-zesse bewirken Umlagerungsvorgänge im Übergangsbereich zwischen Metallsub- strat und keramischer Schutzschicht. Dabei rekristallisiert die Keramik mit einem dich-teren Gefüge, gleichzeitig wird die Haftung mit der Substratoberfläche durch die Aus-bildung chemischer Bindungen verbes-sert. Eine solche Eigenschaftsverbesserung konnte bei keramischen yittriumstabilisier-ten Zirkonoxid-Schutzschichten mit einer Zwischenschicht aus einer Nickellegierung nachgewiesen werden. Hier führte eine solvothermale Behandlung zu einer Redu-zierung der Mikroporosität der thermisch gespritzten Schicht sowie zu einer Härte-erhöhung und einer verstärkten Haftfestig-keit. Es ergaben sich deutlich verbesserte mechanische und tribologische Eigenschaf-ten und eine erhöhte Thermowechselfestig-keit der Schichtsysteme.

    Die aus dem Projekt gewonnenen Erkennt-nisse können sowohl für konventionell auf-

    gebrachte Schutzschichten als auch für das so genann-te Spray-Metal-Tooling ein-gesetzt werden. Bei diesem Verfahren wird die thermisch gespritzte Schicht in eine Ne-gativform eingebracht und anschließend mit einer Hin-terfütterung versteift. Das entstehende Werkzeug be-sitzt bereits seine endgülti-ge Geometrie und kann direkt eingesetzt werden. Die solvo-thermale Behandlung zur Ver-besserung der Schutzschicht kann unmittelbar nach der Beschichtung oder nach Fer-tigstellung des Werkzeugs er-folgen. Den Partnern gelang es, ein weltweit einzigartiges

    Verfahren zu entwickeln und patentieren zu lassen, bei dem die solvothermale Behand-lung zur Optimierung von oxidkeramischen Schichten eingesetzt wird. Mit den Ergeb-nissen könnten eine Erhöhung der Stand-zeiten und erhebliche Kosteneinsparungen bei der Werkzeugfertigung und der Lager-haltung realisiert werden.

    Synthetische Diamanten für die Optimie-rung von Werkzeugfunktionalitäten

    Ein weiteres hervorragendes Beispiel für eine Optimierung der Funktionalitäten von Werkzeugoberflächen sind synthetische Diamanten. Sie werden aufgrund ihrer sehr großen Härte, einer hohen chemischen In-ertheit und einer hohen Wärmeleitfähigkeit heute für eine Vielzahl von industriellen An-wendungen wie etwa bei Verschleißschutz-schichten oder bei optischen Fenstern ge-nutzt. Die Herstellung von synthetischen Diamanten erfolgt zum einen klassisch durch die Umwandlung von Graphit bei hohen Drücken bis zu sechs Gigapascal und hohen Temperaturen von über 1500 °C. Zum anderen ist es seit den 1980iger Jahren möglich, synthetische Diamantschichten mittels Chemical Vapour Deposition (CVD) wirtschaftlich herzustellen. Mit den Mög-lichkeiten dieser Technologie beschäftigen sich Dr. Stefan Rosiwal und seine Mitarbei-ter am Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Technologie der Metalle an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungsergebnisse zeigten, dass das Aufbringen von kristallinen Diamant-schichten auf den im Pumpenbau einge-setzten Siliziumkarbid-Gleitringdichtungen die Reibung und den Verschleiß erheblich reduziert. In einem Feldversuch konnte ge-zeigt werden, dass bei der Förderung von Öl aus Ölsandfeldern nach dem steam assiss-ted gravity drainage-Verfahren durch die Nutzung der diamantbeschichteten Gleit-ringdichtungen die Standzeit der Pumpe von etwa zwei Wochen auf über sechs Mo-nate verlängert werden konnte.

    Eine Schwierigkeit bei diesem Beschich-tungsverfahren ist die hohe Beschichtungs-temperatur von etwa 800 °C. Zusammen mit der für die Abscheidung benötigten Wasserstoffatmosphäre sorgt dies für eine sehr hohe Beanspruchung des Substrat-werkstoffs. Nur wenige Werkstoffe, wie bei-spielsweise Hartmetalle, Titan, Niob oder Siliziumcarbid, kommen für eine Diamant-beschichtung mittels CVD in Frage. Damit gaben sich die Forscher jedoch nicht zu-frieden, sondern stellten sich die Frage, wie

    Thermisch gespritzte Schichten – im Bild eine Plasmaspritzanla-ge – können kostengünstig und großflächig auch auf komplexe Geometrien aufgebracht werden und lassen zahlreiche Werk-stoffkombinationen zu Quelle: Fraunhofer UMSICHT – ATZ

  • 11 2013 13

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    diese herausragenden Eigenschaften sol-cher Diamantschichten auch auf empfind-lichere Grundwerkstoffe appliziert werden können. Im Teilprojekt DiaFol von ForLayer gingen sie zusammen mit ihren Partnern Demag Ergotech GmbH, Frank Präzisi-on GmbH, Hilti AG, Rösler Oberflächentech-nik GmbH und der Telsonic Ultrasonic GmbH völlig neue Wege. Sie trennten die Herstel-lung der Diamantschicht und der Applika-tion auf dem Substrat. So erzeugten sie mittels des Heißdraht-CVD-Prozesses die Diamantfolien auf Siliziumwafer oder Kup-ferfolie als Templat und nicht direkt auf dem zu beschichtenden Bauteil. Die im Pro-jekt genutzten Folien hatten eine Schicht-dicke von etwa 50 Mikrometer und einen Durchmesser von etwa 140 Millimeter. Die so erhaltenen Nanodiamantfolien stehen als flexibles Halbzeug für eine Diamantbe-schichtung auf beliebigen Substraten zur Verfügung, da keine extremen Belastungen bei der Aufbringung auf den Substratwerk-stoffen mehr vorhanden sind.

    Es ist aufgrund ihrer herausragenden me-chanischen Festigkeit, die weltweit festes-te und härteste Halbzeugfolie entstanden. Das Aufbringen der Folien auf die zu schüt-zenden Werkzeugoberflächen kann durch Kleben erfolgen. Dies führt dazu, dass bei moderaten Belastungen ein vollständiger Verschleißschutz erreicht werden kann.

    Erfolgsrezept: Vernetzen und Querdenken

    Vernetzen und querdenken sind wichtige Eigenschaften, um erfolgreich im Verbund zusammenzuarbeiten und zu forschen. Auch in der Netzwerkarbeit zählen diese Eigenschaften, um eine zielgerichtete und projekt orientierte Arbeit zu leisten. Hierfür steht der Cluster Neue Werkstoffe und seine Arbeit in sieben Themenfeldern – vom me-tallischen Leichtbau über die Faserverbund-werkstoffe bis hin zur Oberflächentechnik. Gerade im Bereich der Oberflächentechnik stehen immer die Anwendung und die hier-mit verbunden Herausforderungen im Vor-dergrund. Nur so können die verschiedenen Verfahren, von der PVD über die CVD bis hin zum thermischen Spritzen oder der Galva-notechnik anwendungsspezifisch einge-setzt und weiterentwickelt werden, für den Verschleiß- und Korrosionsschutz oder auch für Easy-to-clean-Oberflächen.

    Die Forderung nach immer effizienteren und kostengünstigeren Prozessen sowie immer kürzeren Produktlebenszyklen erhöht den Innovationsdruck. Querdenken und Inno-vation durch Kooperation sind hier Strate-gien, die Innovationsprozesse beschleuni-gen können und für die der Cluster Neue Werkstoffe steht. Der Cluster bietet ein um-fassendes Leistungsspektrum an Veran-staltungen, individuellen Projektdienstleis-

    Härteste Halbzeugfolie der Welt. Die nanokristal-line Diamantfolie ist flexibel und kann für eine Diamantbeschichtung auf beliebigen Substraten genutzt werden Quelle: WMT FAU, Erlangen–Nürnberg

    tungen und Marketingaktivitäten für seine Akteure und zur Stärkung der bayerischen Werkstoffkompetenzen an.

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  • 11 201314

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    Bei durchwachsenem Wetter trafen sich über 400 Teilnehmer aus 53 Ländern vom 7. bis 9. Oktober zum Welt-Ressourcen-Fo-rum in Davos, der höchstgelegenen Stadt der Alpen. So durchwachsen wie das Wet-ter waren auch die Themen und die Qualität der Vorträge. Die Teilnehmer kamen sowohl von Unternehmen als auch aus Forschungs-einrichtungen, öffentlichen Verwaltungen oder von Nichtregierungsorganisationen.

    Zunächst stellt sich die Frage, was über-haupt Ressourceneffizienz ist oder besser, wann ein Land oder Unternehmen als res-sourceneffizient bezeichnet werden kann. Dies genauer, objektiver und vergleichba-rer zu machen, ist das Ziel derjenigen, die neue Indikatoren für Ressourceneffizienz entwickeln. Allerdings bergen komplizierte Methoden immer auch die Gefahr, manipu-lierbar zu sein, denn auch mit ausgefeilten Berechnungsverfahren ist nicht alles objek-tiv zu erfassen, vor allem wenn die Daten eine schlechte Qualität haben. Anderer-seits ist klar, dass ohne wenigstens einiger-maßen objektive und klare Kriterien keine Vergleichbarkeit zwischen Ländern oder Re-gionen oder Städten besteht. Dann können sich Verwaltungen oder Regierungen sehr leicht aus der Verantwortung stehlen, denn sie können ja nicht verglichen werden.

    Eine immer wieder im Zusammenhang mit Ressourceneffizienz genannte Forderung ist die Bekämpfung von Armut, denn nur mit einem gewissen Mindestmaß an Versor-gungssicherheit und Lebensstandard ma-chen sich Menschen Gedanken um ihre Um-gebung und um ihre Zukunft. Wenn sie nur um ihr Überleben kämpfen, spielen solche Themen keine Rolle. Daher sind ein gere-geltes Einkommen, eine gewisse Sicherheit der Lebensumstände und ein Mindestmaß an Bildung die Voraussetzung, für das In-teresse an einer vernünftigen und verant-wortungsvollen Nutzung der natürlichen Ressourcen.

    Ein sehr interessanter und provokanter Ge-danke zu den Ursachen des übermäßigen und vor allem in westlichen Ländern wei-ter anhaltenden Konsums wurde in Davos präsentiert: Das Anhäufen von materiellem Reichtum und von Konsumgütern wie auch

    Statussymbolen sei Ausdruck unserer per-manenten Versuche, uns in der gesell-schaftlichen Hackordnung in eine mög-lichst hohe Stufe der Bewertung zu heben und damit auch unsere Chancen bei der Wahl unserer Partner zu optimieren. Gegen diesen Gedanken lassen sich zweifellos ver-schiedene Einwände anführen, andererseits erinnern sich vielleicht einige noch an den Werbespot, in dem ein erfolgreicher Yup-pie einem anderen Fotos vor die Nase legt und mit den Worten mein Auto, mein Haus, mein Boot gleich klarstellt, wer hier offen-sichtlich der Erfolgreichere sei. Solange wir uns von großen und teuren Konsumgütern beeindrucken lassen, solange wird nachhal-tiger Konsum in unserer Gesellschaft keine Chance haben.

    Viele Redner forderten also nachhaltige Produkte und Dienstleistungen und wur-den nicht müde, deren große Vorteile zu beschreiben. Natürlich sind die meisten dieser Vorteile intellektuell klar, dennoch würden viele wohl eher einen Ferrari als einen Kleinwagen fahren, wenn sie die freie Wahl hätten. Letztlich ist ein gesellschaftli-ches Umdenken notwendig, damit langle-bige Produkte oder Dienstleistungen, die möglichst nur erneuerbare Ressourcen ver-brauchen, erstrebenswert werden. Heute jedenfalls sind oft die Produkte die belieb-testen, die den meisten Spaß versprechen, die ein cooles Design bieten, neue Kommu-nikationsmöglichkeiten haben oder alles zusammen.

    Nachhaltige Produkte sind nicht nur lang-lebig, sondern auch reparaturfreundlich, womit zukünftig neue Arbeitsplätze ge-schaffen werden könnten. Diese fehlen dann zwar aufgrund der längeren Brauch-barkeit der Produkte beispielsweise in der Produktion, genau dies muss aber zu einer Neubewertung verschiedener Arten der Ar-beit führen. Als Konsequenz daraus müs-sen sich dann auch die Entlohnungssyste-me verändern und schon sind wir inmitten einer grundlegenden gesellschaftlichen Transformation.

    Ein wichtiger Widerspruch einer nachhal-tigen Produktgestaltung ist bisher jedoch nicht gelöst. Ein Produkt kann auch da-

    durch nachhaltiger gestaltet werden, dass teure oder problematische Metalle in gerin-gerer Menge eingesetzt werden. Dies führt zu einer längeren Reichweite der vorhande-nen Vorräte und erlaubt es, mehr Produkte zu erzeugen, wenn ein bestimmtes Material nicht verzichtbar ist. Andererseits wird die-ses dann immer stärker verdünnt, so dass die Rückgewinnung aufgrund der immer weiter sinkenden Menge je Produkt tech-nisch schwieriger und damit ökonomisch uninteressanter wird. So läuft die Optimie-rung der Produktionstechnik derjenigen der Recyclingtechnik davon und je nach Einzel-fall könnten deutliche Verbesserungen der Produktionstechnologie das Recycling viel-leicht sogar völlig zum Erliegen bringen.

    Recyclingziele werden heute beispielswei-se in der EU anhand des verarbeiteten Ge-wichtsanteils des Abfallmaterials festge-legt. Ein Vorschlag in Davos lautete, diese Ziele zukünftig anhand der Rückgewin-nungsraten für verschiedene Metalle zu de-finieren. Damit könnte ein Anreiz auch für das Recycling von kleineren Fraktionen ge-schaffen werden. Um eine ausreichende Motivation für Recyclingbetriebe zu bieten, verschiedene Metalle zurückzugewinnen, wird vielleicht einmal in der Zukunft eine bestimmte Mindestmenge an Metall in den Produkten vorgeschrieben werden, sofern nicht eine vollständig neue Recyclingtech-nik entwickelt wird, die auch mit Spuren von Metallen gut funktioniert.

    Viele Unternehmen, die an Konzepten für Nachhaltigkeit arbeiten, sei es am Produkt selbst oder in der Produktion, sprechen nicht darüber, aus Angst, dass die Aktio-näre ein solches Verhalten nicht honorieren. Letztlich sind nachhaltige Strategien lang-fristig angelegt und laufen damit der heute üblichen kurzfristigen Sichtweise der meis-ten Aktionäre entgegen. Der Finanzsektor beeinflusst den Umgang mit Ressourcen, je nachdem, wofür Geld investiert wird. Aller-

    Ressourceneffizienz – Fortschritt oder Stillstand?Bericht vom World Resource Forum 2013 in Davos – von Marc Brunel

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    WOMag

    dings koppelt er sich immer mehr von der Realität ab und schnelle Gewinne sind wich-tiger als langfristige Strategien. Wir dür-fen nicht vergessen, was in Davos gesagt wurde: Thermodynamik ist in Stein gemei-ßelt, Ökonomie ist auf Papier geschrieben. Wir haben immer die Wahl, neue Ideen über die Umsetzung einer materiellen Sicherheit zu entwickeln und auch das Maß dieser Si-cherheit neu zu bestimmen. Dass sich heute langsam etwas ändert, zeigt sich beispiels-weise auch darin, dass einige Unternehmen langfristig orientierten Anlegern eine höhe-re Dividende bieten.

    Das heutige ökonomische System führt mit seinen Anreizen in die Irre, das erkennen immer mehr Menschen. Allerdings fehlt eine Alternative mit besseren Anreizen, welche nicht auch einen starken Konsumverzicht beinhaltet. Die Menschen wollen etwas für das Klima und gegen die Verschwendung von Ressourcen tun, aber gleichzeitig nicht auf die Annehmlichkeiten einer guten Aus-stattung mit materiellen Gütern verzichten.

    In den Diskussionsrunden fiel auf, dass fast alle Referenten gebetsmühlenartig wieder-holten, was wir alles nicht oder viel weni-ger tun sollten. Im Vordergrund stand der erhobene Zeigefinger und der Blick auf Verbote und moralische Grundsätze, statt durch gute Beispiele zu zeigen, wie viel Spaß eine nachhaltige Lebensführung auch machen kann. Moralische Grundsätze sind

    zweifellos wichtig als allgemeine Basis ge-sellschaftlichen Handelns, aber erfolgreiche Beispiele können die Menschen viel besser motivieren als abstrakte Regeln und damit wird ihre Ansprache wesentlich einfacher.

    Fest steht, dass es heute schon viele gute Konzepte für Ressourceneffizienz gibt, die aber meist nicht zum Nulltarif zu haben sind. Entweder kosten sie tatsächlich Geld oder aber der Preis ist eine (scheinbar?) geringere Bequemlichkeit, sind scheinbar schlechtere wirtschaftliche Aussichten oder eine schlechtere Konkurrenzfähigkeit, vor allem am Weltmarkt. Mit solchen Argumen-ten wehren viele Regierungen oder Ver-waltungen eine intelligentere Nutzung von Ressourcen ab. Daher wurde beim World Resource Forum auch diskutiert, wie sich Prozesse der effizienten Nutzung der Res-sourcen trotz der genannten Widerstände praktisch implementieren lassen. Ist es sinnvoller, eine Koalition der Willigen zu schmieden und auch mit einer vergleichs-weise kleinen Gruppe voranzugehen oder sollten lieber über die internationalen Gre-mien möglichst viele Länder ins Boot geholt werden, auch wenn dies noch sehr lange dauern könnte?

    Dass generell ein Umdenken hinsichtlich unserer Art des Wirtschaftens notwendig ist, wurde immer wieder betont. Als eine Möglichkeit kam die so genannte Perfor-mance Economy zur Diskussion, in der eine maximale Verlängerung der Nutzungsdau-er von Materialien jeder Art im Mittelpunkt steht. Das bedeutet aus heutiger Perspek-tive aber, in vielen Bereichen unseres Le-bens mit gebrauchten Produkten oder Ma-terialien umzugehen. Da wir seit vielen Jahrzehnten durch die Werbung für die ver-schiedensten Produkte gerade das Neue als spannend und positiv erleben und das Gebrauchte nur als Notlösung für die wirt-

    schaftlich weniger leistungsfähigen Men-schen unserer Gesellschaft, ist ein Wechsel zu einer solchen neuen Ökonomie auch mit einem längeren gesellschaftlichen Umlern-prozess verbunden.

    Ein anderes Konzept, das oft bemüht wird, ist die Kreislaufwirtschaft, in der Abfallstof-fe eines Unternehmens oder einer Branche als Einsatzstoffe für die Produktion in ande-ren Unternehmen dienen. Das ist eine sehr elegante Idee, welche den Gedanken der ineinander verschlungenen Kreisläufe aus der Natur aufnimmt und auf unsere techni-sierte Gesellschaft übertragen möchte. Sie ist nicht neu und es gibt unter dem Stich-wort der Industrial Symbiosis bereits gut ausgearbeitete Konzepte. Allein, bisher ist die Anzahl der erfolgreichen Beispiele sehr begrenzt. Zwei der Ursachen sind leicht ein-zusehen: Erstens ist ein sehr breites Wis-sen über Anfall und Qualität von Stoffströ-men über Branchen und Regionen hinweg notwendig, um passende Unternehmen zu finden, die wirklich profitieren können. Zweitens sind viele unserer technischen Prozesse sehr stark auf die Qualität der Eingangsstoffe ausgerichtet und Schwan-kungen dort können zu gravierenden Prob-lemen in der Produktion führen. Vor allem sind die Produktionsprozesse in vielen Fäl-len nicht so flexibel und fehlertolerant, dass sie die Schwankungen selbst ausgleichen könnten. Dadurch wird für die Unternehmen die Umsetzung des Kreislaufkonzeptes zum Risiko für ihre Produktion, das viele dann doch nicht eingehen wollen.

    Insgesamt war des Öfteren eine große Kluft zwischen den politischen Statements, auch denen von Vordenkern wie Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker, und den Anforderungen praktischer Umsetzung von Projekten aus-zumachen. Diese erfordert oft einen Wech-sel im Verhalten, den man gesellschaftlich schwer erzwingen und oft noch nicht einmal mit finanzieller Unterstützung beschleuni-gen kann. Vielmehr sind hier gesellschafts-weite Diskussionen notwendig, die über eine längere Zeit hinweg Einstellungen ver-ändern können, wie wir es beispielsweise bei der Kernkraftdebatte erlebt haben.

    Zu dieser Diskussion können Veranstaltun-gen wie das World Ressource Forum beitra-gen. Allerdings drängt sich der Eindruck auf, dass wir für die Kommunikation von neuen Ideen und Konzepten hochkarätige Kam-pagnen brauchen, die alle Mittel moder-ner Werbung nutzen, um die Inhalte in die Köpfe möglichst vieler Menschen zu tragen.

    Podiumsdiskussion mit Experten aus aller Welt

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    WERKSTOFFE

    WOMag

    Netzwerken ist im Trend, denn es bringt Vor-teile im Wettbewerb, wenn man Wissen teilt und daran arbeitet, sich bestmöglich auf zu-künftige Herausforderungen vorzubereiten.

    Aus dieser Motivation heraus wurde die Ini-tiative HOT gegründet. Die Abkürzung steht für Hönnetaler Oberflächentechnik. Vier Un-ternehmen, die alle um das Tal der Hönne im Sauerland herum angesiedelt sind und An-lagen sowie Verbrauchsmaterialien für Be-triebe der Oberflächen-, vor allem der Gal-vanotechnik liefern, haben diesen Verbund ins Leben gerufen:

    −Balver Zinn, Balve (Lote, Anoden und Spe-zialdrähte für die Oberflächenveredelung und die Elektronikindustrie)

    −Chemische Fabrik Wocklum, Balve (Che-mikaliengroßhändler)

    −Driesch Anlagentechnik GmbH, Menden (automatisierte Anlagen der Oberflächen-behandlung)

    −L&R Kältetechnik GmbH & Co. KG, Sun-dern (Anlagen der Kältetechnik)

    Am ersten Tag der Veranstaltung in Lang-scheid wurde den Teilnehmern ein tiefer Einblick in den aktuellen Energiemarkt, För-dermöglichkeiten und technische Grund-lagen der Energieeinsparung geboten. Die rund 60 Teilnehmer – zumeist Führungskräf-te aus mittelständischen Unternehmen der Region – erfuhren zunächst in einem Vor-trag der Stadtwerke Iserlohn etwas über die aktuelle Situation und die mögliche zukünftige Entwicklung des Energiemark-tes in Deutschland und der Energiekosten allgemein. Was die Energiewende und die Umwälzungen im Energiemarkt gerade für mittelständische Unternehmen ganz prak-tisch bedeuten und was diese tun können, um die negativen Auswirkungen zu begren-zen, wurde in einem großen Überblick sehr anschaulich beschrieben. Energieeffiziente Produktionstechniken oder -anlagen kön-nen gefördert werden, ebenso auch die klassische Betriebsinfrastruktur wie Druck-luftversorgung, Heizung, Kühlung oder Be-leuchtung. Wie das geht, erklärten Refe-renten des Institutes für Entsorgung und

    Umwelttechnik in Iserlohn und der Energie-agentur Nordrhein-Westfalen.

    Nach dem Mittagessen im malerisch am Sorpesee gelegenen Strandbad in Lang-scheid ging es dann unter anderem mitten hinein in die Technologie der Galvanotech-nik und der dort möglichen Energieeinspa-rungen. Dabei wurde die Aufmerksamkeit der Teilnehmer durch das einförmige Grau draußen immer wieder auf die spannenden Vorträge gelenkt. Zunächst erklärte Harald Holeczek vom Fraunhofer-Institut für Pro-duktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, welche Ansätze zum Energiespa-ren es grundsätzlich in galvanischen Pro-zessen und Anlagen gibt und wie diese praktisch umgesetzt werden können. Sein Fazit war: Ansätze und Wissen zur energie-effizienten Galvanik gibt es genügend, man muss sie nur umsetzen!

    Hier wie auch in den folgenden Vorträgen bestätigte sich immer wieder, dass häufig nicht die Hightech-Lösungen einen großen Erfolg beim Energiesparen bringen, sondern viel eher die konsequente Umsetzung klei-ner Schritte mit einem langen Atem.

    Nach dieser fundierten Einführung griffen die folgenden Beiträge jeweils einzelne As-pekte auf und beschrieben die praktische Umsetzung in Beispielen aus der eigenen

    Unternehmensperspektive. So berichtete Lars Fleischer vom Anlagenbauer Driesch, wie Energiesparen bei höchster Qualität durch moderne Steuerungstechnik unter-stützt und teilweise erst möglich gemacht wird. Für Frank Benner von Ruhl & Co muss Energieeinsparung in das Gesamtkonzept einer ganzheitlichen Unternehmensorgani-sation eingebunden und mit dem QS-Sys-tem verknüpft sein. Thomas Imenkämper von der L&R Kältetechnik erklärte den Zu-hörern verschiedene Möglichkeiten des in-novativen und energiesparenden Einsatzes von Kälteanlagen und Peter Fischer von Bal-ver Zinn beschrieb die in seinem Unterneh-men etablierten Rückführungskreisläufe für Zinn auf verschiedenen Nutzungsstufen. Den Abschluss der technischen Vorträge an diesem Nachmittag bildete der Vortrag von Ludwig Helleckes von der Chemischen Fab-rik Wocklum, der aufzeigte, wie mit Hilfe der Reaktionswärme bei der Verdünnung von

    Impulse für Energiesparen und innovatives Handeln Rückblick auf die Hot and Cold-Technologietage der Balver Zinn, Chemische Farbrik Wocklum, Driesch Anlagentechnik GmbH und L&R Kältetechnik GmbH & Co. KG am 11. und 12. September 2013 in Langscheid/Sauerland

    Thomas Imenkämper (L&R Kältetechnik), Peter Fischer (Balver Zinn), Lars Fleischer (Driesch Anlagen-technik) und Michael Bertzen (Wocklum Chemie) auf der Tagung in Langscheid (v.l.n.r.)

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    WERKSTOFFE

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    Schwefelsäure ein ganzes Fabrikgebäude beheizt werden kann. Die Wärme wird der Schwefelsäure mit Hilfe eines Wärmetau-schers entzogen und in der Klimatisierung genutzt. Bisher bestimmt die Produktion den Wärmeanfall, für die Zukunft denkt das Unternehmen aber schon darüber nach, wie später einmal der Wärmebedarf die Produk-tion steuern könnte.

    Nach so viel Technik bildete eine ganz be-sondere Präsentation von Matthias Dorn-bracht, dem geschäftsführenden Gesell-schafter der Aloys F. Dornbracht GmbH, einen gelungenen Abschluss für den ersten Tag. Er breitete unter dem Titel Anders den-ken – anders handeln ein ganzes Kaleidos-kop ungewöhnlicher Gedanken, Ideen und Konzepte aus, die in seinem Unternehmen mal radikal und mal eher vorsichtig gelebt werden. Verschiedene Beispiele zeigten,

    wie erfolgreich die radikale Ausrichtung eines Unternehmens und einer Unterneh-mensphilosophie auf ein Produkt und seine Innovationsmechanismen sein kann. Es werden regelmäßig selbst grundlegende Gewissheiten in Frage gestellt und nach neuen Antworten auf die alten Fragen ge-sucht, was durchaus auch wieder zu den be-reits bekannten Antworten führen kann. Oft entstehen so aber auch ganz neue Ideen. Diese können in Teilen des Unternehmens, die eher wie Labors organisiert sind, aus-probiert und weiterentwickelt werden.

    Natürlich gelingt auch bei Dornbracht nicht alles. Andererseits hat beispielsweise die Zusammenlegung von Konstruktion, Mon-tage und Vertrieb für bestimmte Produkte zu ganz neuen Einsichten bei den Mitarbei-tern und zu viel kürzeren Wegen bei Prob-lemen oder unzufriedenen Kunden geführt.

    Konsequent neue Wege zu gehen und Visi-onen radikal zu verfolgen sind zwei Pfeiler des Erfolges bei Dornbracht und die un-konventionellen Gedanken von Matthias Dornbracht haben sicher auch an diesem Nachmittag so manchen überrascht und nachdenklich zurückgelassen.

    Am zweiten Tag kamen eher organisatori-sche Themen zum Zuge. Stefan Latsch von der LIM GmbH berichtete von den Möglich-keiten, die eine professionelle Auswertung von Patenten für Unternehmen bringt. Wie wir alle uns besser motivieren können be-schrieb Michael Groß, der erfolgsreichste deutsche Schwimmer, sehr anschaulich in seinem Vortrag. Zwei Präsentationen über die Organisation von Netzwerken und über wirkungsvolle Werkzeuge für die Kommuni-kation und Führung rundeten dieses gelun-gene Seminar ab.

    Michael Groß

    Die Entwicklung und Produktion von hoch-technologischen und zuverlässigen Produk-ten ist für Deutschland eine wichtige Voraus-setzung für den Erhalt des wirtschaftlichen Wohlstands. Moderne Werkstoffprüftech-nik, die Anwendung fortschrittlicher Mess-technik und die Datenerfassung sowie Aus-wertung mit zeitgemäßen Methoden sind Garant für die erforderliche Betriebssicher-heit von Komponenten und Anlagen. Neue-rungen in der Normung von Prüfverfahren und Weiterentwicklungen im Bereich Qua-litätsmanagement gewährleisten eine er-höhte Sicherheit und Reproduzierbarkeit bei der Kennwertermittlung und müssen kontinuierlich in die betrieblichen Abläufe der Prüflaboratorien einfließen.

    Die aktuellen Trends und Fortschritte in der Werkstoffprüfung sind Thema der zweitägi-gen Tagung und Fachausstellung Werkstoff-

    prüfung 2013, die vom 28. bis 29. November im Kongresszentrum Neu-Ulm stattfindet.

    Die Deutsche Gesellschaft für Materialkun-de e. V. (DGM) hat Vertreter aus Industrie und Wissenschaft gewonnen, die über Prü-fung, Charakterisierung und Schadensana-lyse von Werkstoffen und Bauteilen infor-mieren: Experten von der TU Dortmund, TU Darmstadt, des DIN, dem Dechema-For-schungsinstitut, der Universität Stuttgart sowie der Preisträger des Galileo-Preises 2013 halten die Plenarvorträge. Wenn Pilze und Insekten tätig werden, so lautet der Titel des Abendvortrags von Priv.-Doz. Rüdi-ger Plarre von der Bundesanstalt für Materi-alforschung und -prüfung. Er informiert dar-über, wie Materialien vor biogenen Angriffen geschützt werden können und wie sich Ma-terialschutzmittel bei der Abwehr verhalten. Das Tagungsprogramm reicht vom Einfluss

    der Prüfmethode auf das Versagensverhal-ten von Werkstoffen, über die Mikrostruktur und das Ermüdungsverhalten von Leicht-bauwerkstoffen und -verbindungen bis hin zur Korrosionsprüfung als Beitrag zur Ver-besserung der Ressourceneffizienz.

    Während der Tagung verleiht die DGM ge-meinsam mit den Vereinen VDEH und DVM den Galileo-Preis für besondere Leistungen und Verdienste auf dem Gebiet der Werk-stoffprüfung. Der diesjährige Preisträger des Galileo-Wissenspreises gewährt nach Aussage von Prof. Christ den Teilnehmern Einblick in die praktischen Herausforderun-gen der Werkstoffprüfung.

    Begleitet wird die Tagung auch dieses Jahr wieder von einer spezialisierten industriel-len Ausstellung.

    ➲➲ www.dgm.de

    Tagung und Fachausstellung Werkstoffprüfung 2013

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    OBERFLÄCHEN

    1 Einleitung

    Schwach saure Goldlegierungselektrolyte sind wohlbekannte Systeme zur Abschei-dung von Hartgoldschichten. Diese Elektro-lyte basieren auf Kaliumdicyanoaurat und arbeiten im pH-Bereich zwischen 3 und 5. Sie spielen heutzutage eine außerordent-lich wichtige Rolle bei der Veredelung von Kontakten, Steckverbindern und Kontakt-fingern auf Leiterplatten in der Schwach-stromtechnik. Bei diesen Schichten han-delt es sich um Goldlegierungen, die bis zu 0,3 % Kobalt, Nickel oder Eisen enthal-ten. Diese Legierungspartner verleihen den Goldniederschlägen eine gute Verschleiß-beständigkeit und sehr niedrige, über lange Zeiträume konstante Kontaktübergangs-widerstände. Die typische Härte dieser Schichtsysteme liegt zwischen 120 HV0,05 und 200 HV0,05 [1].

    Allerdings stehen die zulegierten Metal-le Kobalt und Nickel seit geraumer Zeit im Fokus der europäischen Behörden. Aus einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2011 geht hervor, dass die ECHA (European Che-micals Agency) einige Kobaltsalze, die als karzinogen, reproduktionstoxisch oder mu-tagen eingestuft sind (CMR-Stoffe) in den Anhang XIV übernehmen wird. Nickelsalze mit CMR-Einstufung sind zwar noch nicht im Anhang XIV aufgenommen, es ist jedoch davon auszugehen, dass auch diese in ab-sehbarer Zukunft einer Zulassungspflicht unterliegen werden [2, 3].

    Daher finden eisenlegierte Goldelektroly-te immer mehr Beachtung und werden von den Verfahrenslieferanten als Alternative erkannt [4, 5]. Vor diesem Hintergrund wer-

    den Gold-Eisen-Systeme mehr und mehr in den Fokus von Forschung und Entwicklung gestellt.

    Befürchtungen aus den 1950er Jahren, koadsorbiertes Eisen würde zur Versprö-dung der eisenlegierten Goldschicht führen, haben sich nicht bewahrheitet. Vielmehr ist Eisen neben Kobalt und Nickel Bestandteil internationaler Normen wie MIL Spec. und ASTM. Forderungen nach REACh-konformen Verfahren führen dazu, dass Gold- Eisen-Systeme mehr in den Fokus der Untersu-chungen gelangen. Dabei ist es das Ziel, adäquate Alternativen zu den etablierten nickel- oder kobaltlegierten Hartgoldober-flächen zur Verfügung zu stellen.

    Die aus schwach sauren Gold-Eisen-Elektro-lyten abgeschiedenen Schichten zeigen fol-gende Eigenschaften [6, 7]:

    −geringe Werte für Kontaktwiderstand (> 5 mΩ, bei 5 cN), auch nach thermischer Alterung

    −hohe Abscheideraten, vor allem im unte-ren und mittleren Stromdichtebereich

    −Mitabscheidung von Eisen folgt der Strom-dichte (maximal 0,3 % Eisen bei 10 A/dm2)

    −Härtewerte von 120 HV0,05 bis 200 HV0,05, vergleichbar mit Gold-Kobalt

    −Gold-Eisen zeigt in vergleichenden Un-tersuchungen bei optimalen Legierungs-anteilen eine wesentlich höhere Lebensdauer in Verschleiß- und Reibkor-rosionstests als Gold-Kobalt oder Gold-Nickel [5]

    Eisenlegierte Hartgoldüberzüge erfüllen damit die Spezifikation nach ASTM 488 und MIL Spec G45-204: Type I und Grade C und

    sind also eine leistungsstarke Alternative zu Gold-Kobalt- und Gold-Nickel-Schichten.

    2 SelektiveHartgoldbeschichtung

    Zur Einsparung von Edelmetall wurden von Seiten der Anlagenhersteller und Be-schichter die Möglichkeiten nahezu aus-geschöpft. Durch Minimierung der aufge-brachten Schichtdicken, die Anwendung von verschiedenen Anlagentechniken wie Tauchtiefe, Maskierung (z. B. Riementech-nik), Brush-Technik oder Spotplating [8, 9], oder auch durch den Einsatz von kosten-günstigeren Edelmetallen beziehungswei-se Edelmetalllegierungen (wie z. B. PdNi20 mit dünnem Gold-Flash statt dicker Gold-schichten) [10] wurden erhebliche Einspa-rungen realisiert. Allerdings findet trotz des Einsatzes von Selektivtechniken immer eine unerwünschte Beschichtung außerhalb der Funktionsflächen, zum Beispiel in der so ge-nannten Auslaufzone unter der Maskierung, statt. Im Bereich dieser Zonen niedrigster Stromdichte gilt es, die Abscheidung des teuren Edelmetalls durch neue Hartgold-Elektrolytsysteme zu minimieren. Ziel der neu entwickelten Elektrolyttypen ist es, die Funktionsflächen möglichst scharf zu be-grenzen, die Flanken also möglichst steil abfallen zu lassen, und somit die Auslaufzo-nenbreite auf ein Minimum zu beschränken. Derartige Elektrolytsysteme werden bereits seit einigen Jahren diskutiert [11–13].

    In Abbildung 1 ist die Wirkungsweise dieser neuen Elektrolyttypen im Vergleich zur her-kömmlichen Anlagentechnik schematisch dargestellt. Auf der linken Seite sind Werte für die Auslaufzonenbreite angegeben.

    Hartgold-ElektrolytezurselektivenHochgeschwindigkeitsabscheidungVonDr.SaschaBergerundBerndWeyhmüller,SchwäbischGmünd

    Kobalt-undnickellegierteHartgoldüberzügezeichnensichdurchgeringePorosität,geringenKontaktwiderstand,guteAbriebbestän-digkeitundhoheHärtewertevonetwa120HV0,05bis200HV0,05aus.DieseSchichteigenschaftenlassensichauchdurcheisen-legierteElektrolytsystemeerzielen.BeiderselektivenAbscheidetechnikkanndurchdenEinsatzvonneuenmodifiziertenElektrolyt-systemeninsgesamtbeiderVerwendungvongeeignetenZusätzeneineGoldeinsparungbiszu30Prozenterzieltwerden.

    Hardgoldelectrolytesforselectivehigh-speedelectroplating

    Goldelectrodepositswithaddednickelorcobaltashardenersarecharacterisedbytheirlowporosity,lowelectricalcontactresis-tance,goodwearresistanceandhighhardnessvaluesof120HV0,05to200HV0,05.Similarcharacteristicscanalsobeobtainedusingironasanalloyingelementwithgold.Inselectiveplatingoperationsusingnewlydevelopedelectrolyteswithappropriateadditives,upto30%savingsingoldusecanbeobtained.

  • 3 ModifiziertesTestverfahrenfürselektiveGoldverfahren

    Um das verbesserte Abscheideverhalten der neuen Elektrolytsysteme auch im Labor-betrieb prüfen und nachstellen zu können, wird ein modifiziertes Testverfahren ange-wendet. Durch Simulation der Auslaufzone ist es möglich, die stark reduzierte Abschei-dung unter der Maskierung darzustellen. In Abbildung  2 ist die modifizierte Beschich-tungszelle für die Laborsimulation mit dem so genannten JetLab dargestellt. In der Zelle wird der Elektrolyt durch eine als Anode ge-schaltete Düse beschleunigt und mittels einer Blende wird eine Spot beschichtung auf dem Substrat erzeugt. Die Simulation der Auslaufzone erfolgt durch eine Nut, die aus der Mitte des Spots heraus seitlich

    Abb. 1: Auslaufzone (AZB) mit gängiger Anlagentechnik (links) und mit neuen Elektrolyt- systemen (rechts)

    Abb. 2: Modifizierte Beschichtungszelle für die Prüfung selektiv abscheidender Verfahren

    Abb. 3: Schematisierte Darstellung der Spot- beschichtung mit Auslaufzone

    Abb. 4: Beschichtete Substrate mit konventio-nellem Hartgoldprozess Auruna® 8100 (links) und mit neuem Elektrolytsystem Auruna® 7iC (rechts)

    in die Zellwand gefräst ist und einen defi-nierten Elektrolytfluss gewährleistet. Auf diese Weise kann die Unterwanderung der Maske nachgeahmt werden. Zur Prüfung der Wirksamkeit der Elektrolytzusätze wer-den die beschichteten Substrate verglichen. Je schärfer begrenzt der kreisrunde Spot ist (Abb. 3), desto besser ist die Wirkung der Zusätze in der Auslaufzone. Durch Bestim-mung der Goldschichtdicke auf dem Spot und in der Auslaufzone lässt sich also eine quantitative Aussage über die Beschich-tung in der Funktionsfläche sowie auch unter der Maske treffen.

    Die Auswertung der Ergebnisse kann qua-litativ auch schon visuell erfolgen: Weist der Spot einen relativ langen Schweif auf (Abb. 4, links) ist von einer nennenswerten Beschichtung unter der Maskierung auszu-gehen. Ist dieser Schweif hingegen deutlich verkürzt (Abb.  4, rechts) ist die Beschich-tung außerhalb der Funktionsfläche dras-tisch reduziert.

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  • 11 2013WOMag20

    OBERFLÄCHEN

    Galvanofirmen haben jahrzehntelang er-folgreich Schrauben aller Art Zink gelb be-schichtet und ausgeliefert. Häufig wurde eine gewünschte Nachschmierung zur Be-einflussung der Reibungszahl µ vom An-wender selbst noch appliziert, bevor die Schrauben dann verbaut wurden.

    Sowohl in die Verschraubungs- als auch in die Beschichtungstechnik ha