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B E R G ISC H E UNI V E RSI T Ä T W UPPE R T A L Dozent: Dr. Filippo Smerilli Semester: WS 2013/14 Handout zur Ringvorlesung Sitzung: 06.11.2013
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Barock
1. Wort- und Begriffsgeschichte
Barock bezeichnet:
die Kunst und Literatur des 17. Jh.
die deutsche Literatur der Zeit zwischen ca. 1600 und 1720
der B. ist ein Teil der Frühen Neuzeit
Etymologisch abgeleitet aus
portug. barocco
p
St
in der Kunstgeschichte wird der Begriff lange abwertend gebraucht zur Bezeich-
nung des [n], Üppige[n], Extreme[n] und Schwülstige[n] (vgl.
Niefanger 2006: S. 11).
2. Geschichte
Prägend für das Jahrhundert ist an erster Stelle ein Ereignis:
der Dreißigjährige Krieg (1618-1648)
Bevölkerung Zentraleuropas wurde ein dieser Zeit ungefähr von 17 auf 10 Milli-
onen dezimiert.
Bezugstext: Andreas Gryphius (1616-1664):
(1663).
Gleichzeitig gilt das 17. Jh. als
Neuerungen in:
Politik:
Reform der Verwaltung, des Beamtenwesens nach frz. Vorbild
Wissenschaft:
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Entdeckungen: Blutkreislauf, Teleskop, Mikroskop, Thermometer, Rechenma-
schine
Philosophie:
Rationalismus (René Descartes).
3. Politik und Gesellschaft
Deutschland ist im 17 Jh. kein einheitliches Staatengebilde, sondern nur ein Teil
des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen, das in eine Vielzahl klei-
ner Länder und Kleinstaaten mit anderen Verfassungen und Regierungsformen
zersplittert ist.
Es gibt allerdings bereits die Vorstellung einer gemeinsamen Kulturnation
Vorstellung treiben maßgeblich verschiedene Sprachgesellschaften voran.
Die Gesellschaft ist zu dieser Zeit nach einer ständischen Ordnung organisiert.
Die meisten Menschen leben auf dem Land (80-90 %), während selbst die größ-
ten Städte noch relativ klein sind (gegen Ende des 17. Jh. z.B. Berlin 50 000,
Dresden 40 000, Köln 40 000, Hamburg 70 000 und Wien 114 000 Einwohner).
Gesellschaft ist stark höfisch orientiert, Vorbildfunktion hat der Hof von Versail-
les unter Ludwig XIV. (1643-
4. Denkkategorien
Konfessionalismus
Denken ist geprägt durch den Streit zwischen den beiden großen christlichen
Konfessionen, der im Dreißigjährigen Krieg mündet.
Vor allem aber ist das gesamte b. Denken noch stark durch den christlichen
Glauben geprägt. Er bildet den Hintergrund für die Wert- und Moralvorstellun-
gen, für das gesamte Weltbild im B. jedenfalls bis zum Ende des Jahrhunderts.
Erst dann, mit dem Beginn der Aufklärung, verändert sich das allmählich.
vanitas-Gedanke
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wörtl.: Nichtigkeit, Vergeblichkeit, Eitelkeit. Alles Irdische ist in dem Sinne
ganz eitel, dass es endlich und vergänglich ist. Angesichts der Vergänglichkeit
alles Irdischen Ausrichtung auf das Leben im Jenseits.
Bezugstext: Andreas Gryphius (1616-1664): Es ist alles e (1663)
memento mori und carpe diem:
memento mori (wörtl.: gedenke des Todes)
carpe diem (wörtl.: ergreife den Tag)
verbindbar durch: media vita in morte sumus (wörtl.: mitten im Leben sind wir
im Tod).
Bezugstext: Robert Roberthin (1600-
5. Emblematik
E. bezeichnet eine stark konventionalisierte und normierte Kunstform der Frü-
hen Neuzeit.
Besonderheit: Verbindung von Text und Bild.
E. existiert bereits im 16. Jahrhundert, von besonderer Bedeutung für ihre Ent-
wicklung ist die Emblemsammlung von Andrea Alciati (1492-1555):
Emblematum Liber (1531).
Der zeitgenössische deutsche Name für das Emblem ist: Sinn- oder Sinnenbild.
Ein Emblem besteht aus drei Teilen: 1. inscriptio (Überschrift, auch Lemma,
Motto), 2. pictura ([Sinn]Bild, auch Icon, Imago), 3. subscriptio ([Sinn]Spruch,
erläuternder Text, Epigramm)
Beispielemblem: Daniel Cramer (1568- aus der
Emblemsammlung Emblemata sacra (1622) (vgl. Anhang).
Die drei Elemente eines E., inscriptio, pictura, subscriptio, müssen bei einer
Deutung immer miteinander verbunden werden.
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Ziel eines E.: Vermittlung einer bestimmten Lehre, z.B. eines bestimmten Glau-
benssatzes oder einer bestimmten Moral; meist in der subscriptio formuliert,
ergibt sich normalerweise nicht von selbst aus dem Bild.
subscriptio ist meist in Form eines Epigramms (gr.: In-, Aufschrift; dt.: Sinnge-
dicht; eine kurze pointiert formulierte Aussage in Versen, im Normalfall 2-4,
manchmal bis zu 8 Verse, verschiedene Versmaße sind möglich, z.B. der Ale-
xandriner oder das Distichon [= Hexameter + Pentameter]) versifiziert.
das Emblem zählt zum Genre des Lehrgedichts, die Besonderheit des E. besteht
in der beschriebenen dreiteiligen Text-Bild-Verbindung.
6. Barocke Literatur zwischen Rhetorik und Poetik.
Im 17 Jh. gilt die Dichtung gilt als gelehrte Dichtung und der Dichter als gelehr-
ter Dichter (poeta doctus).
Ohne rhetorische Bildung ist das Dichten zu dieser Zeit undenkbar.
Rhetorik ist Teil der septem artes liberales (der ).Die
septem artes liberales bestehen aus dem Trivium (sprachlich): Grammatik, Rhe-
torik, Dialektik und dem Quadrivium (mathematisch): Geometrie, Arithmetik,
Astronomie und Musik.
Wichtig sind zudem die b. Poetiken, d.h. die zeitgenössischen Dichtungstheo-
rien; diese regeln u.a. die Verwendung der rhetorischen Mittel in den literari-
schen Texten.
Rhetorik und Poetik bilden im B. eine untrennbare Verbindung.
Bezugszitat: Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658): Poetischer Trichter (1647-53)
Zwei wichtige rhetorische Prinzipien für die b. Literatur: Topik
(Fundstättenlehre, Lehre von den Gemeinplätzen) und argutia (Scharfsinn). Die
argutia ermöglicht die Erfindung neuer Variationen eigentlich stereotyper To-
poi. Dadurch wird die Literatur im B. teilweise eine Art Spiel mit Variationen
vorgegebener Bild-, Argumentations- und Denkmuster (den Topoi).
Die wichtigste b. Poetik stammt von
Martin Opitz (1597-1639): Buch von der deutschen Poeterey (1624).
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Zwei Punkte machen dieses Buch so wichtig:
Opitz fördert maßgeblich die Einführung der deutschen Sprache als Literatur-
sprache.
Er setzt in diesem Zusammenhang eine die deutschsprachige Dichtung der Fol-
gezeit prägende Versreform durch.
7. Die einzelnen Gattungen
Lyrik
Konsequenzen von Opitz Versreform für die deutschsprachige Lyrik d. B.:
Statt der Länge und Kürze der Silben wie in den antiken Sprachen unterscheidet
Opitz im Deutschen hohe (betonte) und niedrige (unbetonte) Silben; Kriterium
ist der gesprochene, der natürliche Wortakzent (= akzentuierendes Prinzip).
Opitz legte außerdem fest, dass auf dieser metrischen Grundlage ausschließlich
zwei Versfüße streng alternierend für die deutsche Sprache verwendet werden
sollen: Jambus und Trochäus.
Auf dieser Grundlage ist das beliebteste Versmaß im Barock der
Alexandriner (im Deutschen 12 oder 13-silbig, jambisch, mit Mittelzäsur, metri-
sches Schema: v - v - v - / v - v - v - (v) [v = Senkung; - = Hebung; / = Zäsur].
Bezugstext: Andreas Gryphius (1616-1664):
(1663)
Zur Lyrik allgemein:
Geistliche und weltliche Lyrik
Genres: Lehrgedichte, Lieder, Bukolik und Pastorallyrik, große Menge reiner
Gebrauchs- und Kasuallyrik in verschiedenen Gedichtformen
Themen: Glaubensdinge im engeren Sinne ebenso wie Liebe, Tod, Moral, Krieg,
Schönheit, Vergänglichkeit, Erotik u.v.m.
Die häufigste und wichtigste Gedichtform im B. ist das Sonett
vierstrophige Gedichtform
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zwei Quartette + zwei Terzette
Versmaß: im Barock oft 6-hebiger jambischer Alexandriner.
Bezugstext
Die wichtigsten rhetorischen Mittel in der barocken Lyrik:
Insistierende Nennung (z.B. durch Amplifikation)
Definition: die Erweiterung einer Aussage durch wiederholende und variierende Nen-
nung (= Amplifikation).
Bezugstext: Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1617-1679):
(1695)
Häufung
Definition: die unstrukturierte, oft asyndetische Aufzählung von Elementen zu einem
bestimmten Stichwort.
Bezugstext: Quirinus Kuhlmann (1651-
(1671)
Antithetik
Definition: Die direkte Gegenüberstellung von gegensätzlichen Begriffen oder Gedan-
ken in einem Satz oder einer Satzfolge ohne logischen Widerspruch.
Bezugstext: Martin Opitz (1597-1639)
Wortspiel und Klangmalerei
Definition: Das W. ist eine Stilfigur, die mit ähnlichem Lautbild verschiedener Wörter
arbeitet und deren Bedeutungen einander annähert oder entgegensetzt (vgl. Burdorf u.a.
[Hg.] 2007: S. 834).
Definition: Bei der K. geht es um die Erzeugung von Klangeffekten, entweder durch
klangliche Ähnlichkeit der Wörter (Assonanz) oder durch Lautnachahmung von Geräu-
schen (Onomatopoeie).
Bezugstext: Georg Philipp Harsdörffer (1607-
(1650)
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Drama
I. Konfessionell gebundenes Drama
Ordensdrama (Jesuitendrama, Benediktinerdrama = Theater der gleichnamigen
katholischen Orden)
protestantisches Schultheater (schlesische Trauerspiele, schlesische Lustspiele)
II. Weltliches Drama
Wanderbühnen (engl. Komödianten
Oper
das höfische Festspiel (Höhepunkt: trionfo)
das Schäferspiel.
Thematisch-inhaltliche Typen
Märtyrerdrama (z.B. Andreas Gryphius, viele Jesuitenstücke)
Geschichtsdrama (z.B. Andreas Gryphius, Daniel Casper von Lohenstein)
Theatergeschichtliche Bedeutung des 17 Jh. im deutschsprachigen Raum
Zuschauer erleben die ersten Bühnen mit wechselnden Kulissen, erstmals den
Einsatz aufwendiger Theatermaschinerien und ihrer Effekte
die ersten festen Theaterhäuser entstehen (1604/05 das Ottoneum am Kasseler
Hof)
der Beruf des Schauspielers an festen Theatern entsteht
Oper beginnt sich herauszubilden (Jacopo Peri: La Daphne [1598] und Euridice
[1600]).
Wichtige deutschsprachige Dramentheorie: Georg Philipp Harsdörffer: Poetischer
Trichter (1647-1653).
Zentrale Denkkategorie im Kontext Drama:
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theatrum mundi (die Welt als Theater): a) auch im Leben, in der Natur spielt das
(Schau)Spielen eine wichtige Rolle; b) Problem des Verhältnisses von Schein
und Sein, von Spiel und Wirklichkeit.
Bezugstext 1: Widmung von Daniel Casper von Lohenstein zu: Sophonisbe (1680)
Bezugstext 2: Calderón de la Barca: (1635) (dt. Das Leben ist ein
Traum)
Drama und Rhetorik: Dreistillehre
Drei genera dicendi werden hinsichtlich der Wirkungsabsicht, des
dramatischen Genres und des Personals (Ständeklausel) unterschieden:
1) hoher Stil (genus grande/sublime), bewegen (movere), Tragödie, hoher Stand
2) mittlerer Stil (genus medium), unterhalten (delectare), /, mittlerer Stand
3) niederer Stil (genus subtile/humile), belehren (docere), Komödie, niederer
Stand.
Rhetorisches Beurteilungskriterium für die Umsetzung der genera dicendi ist die Frage
nach der Angemessenheit (aptum).
Epik
In der Epik dominiert lange Zeit das Epos die andere epischen Formen, also eine
in Versen, nicht in Prosa, verfasste narrative Großform.
Im Barock des deutschsprachigen Raums wird das allmählich anders: immer
wichtiger wird die erzählende Dichtung in Prosa, und zwar v.a. in Form des
Romans.
Gegen Ende des 17. Jh. nimmt parallel zur Zunahme der Lesefähigkeit auch die
Romanproduktion zu. So erscheinen im deutschsprachigen Raum von 1615 bis
1669 gerade einmal 87 Romane, von denen 58 Übersetzungen waren. Von 1670-
1724 erscheinen dann schon 466 Romane, von denen nur noch 151 Übersetzun-
gen sind (vgl. Niefanger 2006: S. 186).
Romantypen
höfisch-historischer Roman (= hoher Roman)
Schäferroman
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satirischer Roman (= niederer Roman) mit der Sonderform des Pikaro-Romans
galanter Roman.
Kennzeichen des hohen Romans
hochrangiges Personal, das in etwa dem des b. Trauerspiels entspricht, zum Teil
treten historische oder auch biblische Figuren auf
der h. R. will Werte vermitteln
Haupthandlung ist meist von vielen Einschüben unterbrochen und von vielen
Nebenhandlungen durchsetzt.
Kennzeichen des niederen Romans
Personal wie in der Komödie aus dem niederen Stand (z.B. Bauern, Diener, Dir-
nen, Komödianten, Räuber, Soldaten)
Figuren sind nicht historisch, sie sind überzeichnet und typisiert
Vermittlung von Tugenden durch die Überzeichnung der entsprechenden Untu-
genden
Handlung ist in Episoden unterteilt, die nur lose miteinander verbunden sind, oft
ist die Identität des Helden das einzige verknüpfende Element
Wechselhaftigkeit und Unstetigkeit des Helden.
Eine Sonderform des niederen Romans ist der Pikaro-Roman:
nach spanischen Vorbildern konventionalisierte Form des Schelmenromans
typische Kennzeichen: episodische Struktur, Fiktion einer Autobiografie, Held
niederer Herkunft, Prozess der Desillusionierung, der in der Regel mit einem
Bekehrungserlebnis (weltlich und/oder religiös) und einer Wandlung der Haupt-
figur einhergeht.
Der wichtigste deutschsprachiger Roman des B. steht in dieser Tradition:
Johann Jacob Christoffel von Grimmelshausen (1621 [wahrscheinlich]-1676):
Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch a-
tiert auf 1669).
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DER ABENTHEURLICHE || SIMPLICISSIMUS
TEUTSCH / || Das ist: || Die Beschreibung deß Lebens eines seltzamen Vagan-
ten / genant Melchior Sternfels von Fuchshaim / wo und welcher gestalt Er
nemlich in diese Welt kommen / was er darinn gesehen / gelernet / erfahren und
außgestanden / auch warumb er solche wieder freywillig quittirt. || Überauß lus-
tig / und maenniglich nutzlich zu lesen. || An Tag geben || Von German Schleif-
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Anhang: Textbeispiele (in alphabetischer Ordnung)
Calderón de la Barca: (1635) (dt. Das Leben ist ein Traum)
bloß! / Was ist Leben? Eitler Schaum, / Truggebild, ein Schatten kaum, / Und das größ-
(Barca 1955 [1635]: S. 63)
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Daniel Cramer (1568-Emblemata sacra (1622)
inscriptio
pictura
subscriptio
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Andreas Gryphius (1616-1664): Es ist alles e (1663)
DU sihst / wohin du sihst nur Eitelkeit auff erden.
Was diser heute baut / reist jener morgen ein:
Wo itzund Staedte stehn / wird eine Wisen seyn /
Auff der ein Schaefers-Kind wird spilen mit den Herden:
Was itzund praechtig blueht / sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht undt trotzt ist Morgen Asch und Bein /
Nichts ist / das ewig sey / kein Ertz / kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glueck uns an / bald donnern die Beschwerden.
Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll den das Spil der Zeit / der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß / was wir vor koestlich achten /
Als schlechte Nichtikeit / als Schatten / Staub und Wind;
Als eine Wisen-Blum / die man nicht wider find t.
Noch wil was Ewig ist kein einig Mensch betrachten!
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 114)
Andreas Gryphius (1616-1664): n-
r sind doch nunmehr gantz / ja mehr dann gantz verheeret!
Der frechen Voelcker Schaar / die rasende Posaun
Das vom Blutt fette Schwerdt / die donnernde Carthaun /
Hat aller Schweiß / und Fleiß / und Vorrath auffgezehret.
Die Tuerme stehn in Glutt / die Kirch ist umgekehret.
Das Rathauß ligt im Grauß / die Starcken sind zerhaun /
Die t / und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer / Pest / und Tod / der Hertz und Geist durchfaehret.
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Hir durch die Schantz und Stadt / rinnt allzeit frisches Blutt.
Dreymal sind schon sechs Jahr / als unser Stroeme Flutt/
Von Leichen fast verstopfft / sich langsam fort gedrungen
Doch schweig ich noch von dem / was aerger als der Tod /
Was grimmer denn die Pest / und Glutt und Hungersnoth
Das auch der Seelen Schatz / so vilen abgezwungen.
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 116)
Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658): Poetischer Trichter (1647-53)
ie Poeterey und Redkunst [ist] miteinander verbrüdert und verschwestert /
verbunden und verknüpfet / daß keine sonder die andre gelehret / erlernet / getrieben
und geübet .
Georg Philipp Harsdörffer (1607- n-
Ein Laub, das grunt und falbt geschwind.
Ein Staub, der leicht vertreibt den Wind.
Ein Schnee, der in dem Nu vergehet.
Ein See, der niemals stille stehet.
Die Blum, so nach der Blüt verfällt.
Der Ruhm, auf kurze Zeit gestellt.
Ein Gras, das leichtlich wird verdrucket.
Ein Glas, das leichter wird zerstucket.
Ein Traum, der mit dem Schlaf aufhört.
Ein Schaum, den Flut und Wind verzehrt.
Ein Heu, das kurze Zeite bleibet.
Die Spreu, so mancher Wind vertreibet.
Ein Kauf, den man am End bereut.
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Ein Lauf, der schnaufend schnell erfreut.
Ein Wasserstrom, der pfeilt geschwind.
Ein Schatten, der und macht schabab [= schab ab! = geh weg! F.S.].
Die Matten, s
(zitiert nach Conrady 2008: S. 177)
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1617-1679):
Mund! der viel suesser ist als starcker himmels-wein /
Mund! der du alikant des lebens schenckest ein /
Mund! den ich vorziehn muß der Inden reichen schaetzen /
Mund! dessen balsam uns kann staercken und verletzen /
Mund! der vergnuegter blueht / als aller rosen schein.
Mund! welchem kein rubin kann gleich und aehnlich seyn.
Mund! den die Gratien mit ihren quellen netzen;
Mund! Ach corallen-mund / mein eintziges ergetzen!
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 276)
Quirinus Kuhlmann (1651-Sache
Sonn / Feur und Plagen /
Folgt Tag / Glanz/ Blutt / Schnee / Still / Land / Blitz / Waermd / Hitz / Luft / Kaelt /
Licht / Brand und Noth:
Alles wechselt; alles libet; alles scheinet was zu hassen:
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 268f.)
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Daniel Casper von Lohenstein (1635-1683): Sophonisbe (1680)
mag
Nur immer ernsthaft seyn / und alle Spiele schelten?
Die Weißheit bildet sich nicht stets auf einen Schlag;
Ja Tugend muß oft selbst nur in der Larve gelten.
Wer Schertz und Ernst vermischt / und mit der Klugheit spielt /
hat oftermals zuerst den rechten Zweck erzielt.
(Lohenstein 1957 [1680]: S. 244, Widmung, Vers 19-25)
-Lauf
Sich in der Kindheit pflegt mit Spielen anzufangen /
So hört das Leben auch mit eitel Spielen auf.
Und unsre kurtze Zeit ist nichts als ein Getichte.
Ein Spiel / in dem bald der tritt auf / bald jener ab;
Mit Thränen fängt es an / mit Weinen wirds zu nichte.
Ja nach dem Tode pflegt mit uns die Zeit zu spieln /
Wenn Fäule / Mad'
(Lohenstein 1957 [1680]: S. 251, Widmung Vers 229-231 u. Vers 242-246.)
Martin Opitz (1597-
(= Übersetzung des Sonnetts CXXXII aus Canzoniere v. F.P.)
nichts / wie daß sie mich entzuendet?
Ist sie dann gleichwol was / wem ist ihr Thun bewust?
Ist sie auch gut und recht / wie bringt sie boese Lust?
Ist sie nicht gut / wie daß man Frewd
Zwang / wie kann ich Schmertzen tragen?
Muß
ungern an / wer dann befihlt es mir?
Thue ich es aber gern
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Ich wancke wie das Graß so von den kuehlen Winden
Umb Vesperzeit bald hin geneiget wird / bald her:
Ich walle wie ein Schiff das durch das wilde Meer
Von Wellen umbgejagt nicht kan zu Rande finden.
Ich weis nicht was ich will / ich will nicht was ich weis:
Im Sommer ist mir kalt / im Winter ist mir heiß
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 26)
Martin Opitz (1597-(1630)
Der helden krafft undt muth mitt ihrer schoenheit macht:
Nicht goetter; himmel mehr; dann ihrer farbe pracht
Ist himmelblaw / ihr lauff ist ueber menschen sinnen:
Nicht himmel; sonnen selbst / die also blenden koennen
Daß wir umb mittagszeit nur sehen lauter nacht:
Nicht sonnen; sondern plitz / der schnell undt unbedacht
Herab schlegt wann es ie zue donnern will beginnen.
Doch keines: goetter nicht / die boeses nie begehen;
Nicht himmel / dann der lauff des himmels wancket nicht;
Nicht sonnen / dann es ist nur einer Sonne liecht;
Plitz auch nicht / weil kein plitz so lange kann bestehen:
Iedennoch siehet sie des volckes blinder wahn
Fuer himme
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 27)
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Robert Roberthin (1600-164
1. Mein liebstes Seelchen lasst uns leben
So lang wir noch im Leben seyn!
Bald bricht der schlimme Tod herein /
So muessen wir das uebergeben
Was uns so sanfft und linde that /
Was uns so offt ergetzet hat!
(zitiert nach Maché/Meid 1980: S. 90f.)
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lam 2000 (= Universal-Bibliothek Bd. 8612).
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Henkel, Arthur u. Schöne, Albrecht: Emblemata. Handbuch zur Sinnbildkunst des XVI.
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Herzog, Urs: Der deutsche Roman des 17. Jahrhunderts. E ine E inführung. Stuttgart:
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