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Bionik. - Die höchsten Bäume sind über 150 Meter hoch und Lianen bis zu einem Kilometer lang. Über diese Strecken transportieren Pflanzen Wasser. Und das ganz ohne Pumpen, ohne elektrischen Strom oder einen anderem Antrieb. Die Pflanzen machen das geräuschlos und energiesparend. Wissenschaftler haben jetzt heraus bekommen wie. Im Dachgeschoss des Institutes für Geowissenschaft der Universität Tübingen hat Dr. Anita Roth-Nebelsick ihr Büro. Die Biologin hat untersucht, wie Pflanzen Wasser transportieren. Die schaffen das nämlich ohne Pumpen und über große Strecken. Der Auslöser dafür sind Vorgänge im Blatt: "Aus Sonnenlicht und Wasser machen die Kohlenhydrate. Und das passiert halt in den grünen Blättern. Und um das eben stattfinden zu lassen, muss Kohlendioxid irgendwie in die Blätter rein. Und zu diesem Zweck gibt es auf den Blättern Poren, die das CO2, das Kohlendioxid, in das Blattgewebe rein diffundieren lassen." Diese Poren sind so winzig, dass man sie nur unter dem Mikroskop sehen kann. Aber da sie groß genug sind Gase einzulassen, sind sie auch groß genug für Wasser. Roth-Nebelsick: "Unglückseligerweise diffundiert über denselben Weg Wasser hinaus. Das heißt also, während Pflanzen sich praktisch etwas zu Essen besorgen, verlieren sie gleichzeitig Wasser. Und so kommt der ganze Wassertransport zustande." Das Verblüffende ist, dass Bäume und auch Lianen Wasser über 100 Meter hoch saugen können, während das nicht funktioniert, wenn man es mit einer Saugpumpe nachzuahmen versucht. Da ist schon bei zehn Metern Schluss. Der Unterdruck, der beim Saugen entsteht, trennt das Wasser und die in ihm gelösten Gase. Das ist wie beim Öffnen einer Sprudel- oder Sektflasche. Da die Gase leichter als das Wasser sind, fördert die Pumpe zunächst sie, statt des Wassers. Weil sich der Vorgang wiederholt, bekommt die Pumpe sozusagen einen Schluckauf und

BAUMSTÄMME

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Pumpen ohne pumpen

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Bionik. - Die hchsten Bume sind ber 150 Meter hoch und Lianen bis zu einem Kilometer lang. ber diese Strecken transportieren Pflanzen Wasser. Und das ganz ohne Pumpen, ohne elektrischen Strom oder einen anderem Antrieb. Die Pflanzen machen das geruschlos und energiesparend. Wissenschaftler haben jetzt heraus bekommen wie.

Im Dachgeschoss des Institutes fr Geowissenschaft der Universitt Tbingen hat Dr. Anita Roth-Nebelsick ihr Bro. Die Biologin hat untersucht, wie Pflanzen Wasser transportieren. Die schaffen das nmlich ohne Pumpen und ber groe Strecken. Der Auslser dafr sind Vorgnge im Blatt:

"Aus Sonnenlicht und Wasser machen die Kohlenhydrate. Und das passiert halt in den grnen Blttern. Und um das eben stattfinden zu lassen, muss Kohlendioxid irgendwie in die Bltter rein. Und zu diesem Zweck gibt es auf den Blttern Poren, die das CO2, das Kohlendioxid, in das Blattgewebe rein diffundieren lassen."

Diese Poren sind so winzig, dass man sie nur unter dem Mikroskop sehen kann. Aber da sie gro genug sind Gase einzulassen, sind sie auch gro genug fr Wasser. Roth-Nebelsick:

"Unglckseligerweise diffundiert ber denselben Weg Wasser hinaus. Das heit also, whrend Pflanzen sich praktisch etwas zu Essen besorgen, verlieren sie gleichzeitig Wasser. Und so kommt der ganze Wassertransport zustande."

Das Verblffende ist, dass Bume und auch Lianen Wasser ber 100 Meter hoch saugen knnen, whrend das nicht funktioniert, wenn man es mit einer Saugpumpe nachzuahmen versucht. Da ist schon bei zehn Metern Schluss. Der Unterdruck, der beim Saugen entsteht, trennt das Wasser und die in ihm gelsten Gase. Das ist wie beim ffnen einer Sprudel- oder Sektflasche. Da die Gase leichter als das Wasser sind, frdert die Pumpe zunchst sie, statt des Wassers. Weil sich der Vorgang wiederholt, bekommt die Pumpe sozusagen einen Schluckauf und macht Lrm. Pflanzen dagegen verwenden nicht ein groes Rohr zum Wassertransport, sondern viele winzige, Kapillaren genannte, Rhrchen im Holz. Die sind so eng, dass sich darin nur schwer Luftblasen bilden knnen. Und jetzt kommt der entscheidende Trick. Roth-Nebelsick:

"Pflanzen machen das mit sehr kleinen Kapillaren und mit allerhand Sicherheitsventilen und zwischen geschalteten Zellwnden, die also dafr sorgen, dass das Gas oder die Luft nicht in das System eindringen kann."

Ist das Wasser nmlich vllig frei von Luft oder anderen Gasen, dann kann man an ihm ziehen, als sei es ein fester Krper. Roth-Nebelsick:

"Das Wichtigste bei so einem System ist - und das ist auch das Hauptproblem bei technischen Systemen - es muss vor Luftblaseneinbruch von Auen geschtzt werden. Als allererstes ist schon mal die Wurzel sozusagen luftblasenfrei gestaltet."

Die Wurzeln nehmen das Wasser nicht ber Rhren auf, sondern durch eine Sieb-artige Membran. Die trennt Luft und Wasser. hnliche Mechanismen sorgen auch in Stamm, Zweigen und Blttern dafr, dass das Wasser frei von Luft bleibt, selbst, wenn ein Specht ein Loch in den Baum hackt. Deshalb knnen Bume Wasser ohne Pumpe bis ber 100 Meter hoch transportieren. Um das technisch umzusetzen braucht man Fasern, die innen hohl und in deren Wnden Filter mit so kleinen Lchern sind, dass nur Wasser, aber keine Luft hinein kommt. Fachleute dafr fand Anita Roth-Nebelsick bei den Textilforschern in Denkendorf. Ein Prototyp so einer technischen Faser sieht aus, wie weier Faden aus dem Nhkstchen, nur ist der Faden starrer. Roth-Nebelsick:

"Das sind also Kunststofffasern. Die sind innen hohl und der Durchmesser dieses Hohlraums, der ist recht klein. Das ist im Mikrometerbereich, also eben in der Grenordnung, in der auch Holzgefe liegen. Also in sofern sind da schon entsprechende Fasern zur Verfgung."

Die knnte man benutzen, um Pflanzen zu bewssern, indem man eine Matte aus diesen Fden im Wurzelbereich verlegt. Diese Matte wrde die Wurzeln sozusagen mit dem Wasserbehlter verbinden. Es wre also keine Pumpe ntig. Das wre ein groer Fortschritt, denn die Landwirtschaft verbraucht 78 Prozent des Trinkwassers, weil ein groer Teil davon ungenutzt verdunstet. Roth-Nebelsick:

"Wenn man also diese technischen Fasern jetzt zu solchen Matten verarbeiten knnte, und auf diesen Matten wrden Pflanzen wurzeln, dann sollte es eigentlich kein Problem sein, damit einen sehr effizienten Wassertransport fr die Direktbewsserung hin zu bekommen."

Die neuen Fasern knnten aber auch in einer Brennstoffzelle das Wasser abtransportieren, das dort aus Wasserstoff und Sauerstoff entsteht, wenn die Brennstoffzelle Strom erzeugt. Da Wasser Elektrizitt leitet, muss es beseitigt werden, um einen Kurzschluss zu verhindern. Wenn man dafr keine Pumpe mehr braucht, steigt die Leistung der Brennstoffzelle.