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Rechtsprechung 186 bbl 2008, Heft 5 Oktober © Springer-Verlag 2008 Vorbringen zur allfälligen Konsenslosigkeit verlangt werden. Wenn sich die bel Beh im angefochtenen Be- scheid ohne nähere Begründung darauf beruſt, dass sich auf Grund des Ortsaugenscheines die Konsensge- mäßheit der bisherigen Bauführung ergeben hätte, kann dies nicht als ausreichende Begründung dafür angesehen werden, dass die vom Bf gerügte Geländean- hebung um 6 m als konsensgemäß zu beurteilen wäre. Aus der im Akt einliegenden Baubewilligung samt Plä- nen ist eine Bewilligung einer wie im Antrag v 24.8.2005 beschriebenen Geländeanhebung an der Grundgrenze zum Grundstück des Bf nicht ersichtlich. (Auebung) Baupolizeilicher Beseitigungsauftrag; Geländeverän- derungen; Begriff „bauliche Anlage“ DOI 10.1007/s00738-008-0490-3 §§ 4 Z 12, 41 Abs 3 stmk BauG 1995 Eine nicht bewilligte Geländeveränderung (hier: in der Form der Aufschüttung) kann nur dann als eine vorschriftswidrige „bauliche Anlage“ qua- lifiziert werden, wenn für sie bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und sie wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu be- rühren geeignet ist. VwGH 8.5.2008, 2006/06/0285 <163> Aus der Begründung: Die Bf machen geltend, der VwGH habe bereits in seinem Erk v 20.6.2002, 2000/06/ 0211, ausgesprochen, dass sich § 41 Abs 3 Stmk BauG nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf vorschriſts- widrige Vorhaben beziehe, die als „bauliche Anlagen“ zu qualifizieren seien. Was unter einer baulichen Anla- ge zu verstehen sei, werde im § 4 Z 12 Stmk BauG be- stimmt. Die entsprechenden Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen. Selbst wenn man davon ausginge, dass im vorliegenden Fall eine Geländeveränderung durchgeführt worden wäre, stelle eine solche Gelände- veränderung keine bauliche Anlage iSd § 4 Z 12 Stmk BauG dar. Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechti- gung zu. Der VwGH hat in dem angeführten Erk aus- gesprochen, dass im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des § 41 Abs 3 Stmk BauG („bauliche Anlagen“) eine Zweckinterpretation, wie sie die bel Beh in diesem Be- schwerdefall vertreten habe, dass nämlich § 41 Abs 3 leg cit die Beseitigung jedes vorschriſtswidrigen, aber vom Stmk BauG erfassten Vorhabens ermögliche, un- zulässig sei. Eine Geländeveränderung in der Form der Aufschüttung kann nur dann als eine bauliche Anlage iSd § 4 Z 12 Stmk BauG qualifiziert werden, wenn für sie bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und sie wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist. Das weitere Kriterium der Verbindung der Anlage mit dem Boden ist im Falle einer solchen Geländeveränderung jedenfalls zu be- jahen. Sie wird durch die Aufschüttung auf dem bishe- rigen Gelände bzw Boden hergestellt. Es kann somit der Ansicht der bel Beh wie der Baubeh nicht gefolgt wer- den, dass eine Geländeveränderung jedenfalls eine bau- liche Anlage darstellt, wenn sie sich als vorschriſtswid- rig iSd § 41 Abs 3 Stmk BauG erweist. Mit der Frage, ob die verfahrensgegenständliche Geländeveränderung bautechnischer Kenntnisse bedurſte bzw sie öffentliche Interessen iSd § 4 Z 12 Stmk BauG zu berühren geeignet ist, hat sich die bel Beh wie die Baubeh daher zu Unrecht nicht auseinander gesetzt. Die bel Beh belastete daher aus diesem Grund ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. (Auebung) Schweinestall; erhebliche Geruchsimmissionen; kein rechtmäßiger Bestand DOI 10.1007/s00738-008-0491-2 § 40 Abs 2 stmk BauG 1995 Bei Schweineställen, die auf Grund der konkreten räumlichen Gegebenheiten die Nachbarschaft durch Geruchsimmissionen erheblich belasten, kann nicht von einem rechtmäßigen Bestand aus- gegangenen werden. VwGH 26.5.2008, 2005/06/0137 <164> Aus der Begründung: Nach dem zuvor Gesagten könne dieses Gebäude nur dann als rechtmäßig gelten, wenn die Voraussetzungen des § 40 Abs 2 Stmk BauG gege- ben sind. Dabei ist zu prüfen, ob das Gebäude zum Zeitpunkt seiner Errichtung nach den damals gelten- den Vorschriſten bewilligungsfähig gewesen wäre. Dies wurde wegen der davon ausgehenden Immissi- onsbelastung verneint. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes (un- strittig im Jahr 1973) galt die Stmk BauO 1968, LGBl 149 (BO) in der Stammfassung. § 4 BO enthält Ab- standsvorschriſten. Nach Abs 3 dieser Bestimmung kann die Baubeh auch größere Abstände als die sonst vorgesehenen festsetzen, wenn der Verwendungszweck von Bauten eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarschaſt erwarten lässt. Nach § 54 Abs 1 BO müssen Stallungen, Düngerstät- ten, Silos udgl von Straßen und fremden Gebäuden, unbeschadet der sonstigen Abstandsvorschriſten, so- weit entfernt sein, dass sie für die Straßenbenützer und Bewohner keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen verursachen. Obzwar in dieser Norm nicht ausdrücklich genannt, hat dies umso mehr zu gelten, wenn ansonsten eine Gefährdung der Nachbar- schaſt zu erwarten wäre. Wenngleich die im Ermittlungsverfahren herange- zogene Richtlinie und weitere wissenschaſtliche Er- kenntnisquellen wie auch die angesprochene Ventila- tionstechnik zum Zeitpunkt der Errichtung nicht oder nur ansatzweise bestanden, ist dies kein Hindernis, diese Erkenntnisquellen sachverhaltsmäßig zur Beur-

Baupolizeilicher Beseitigungsauftrag; Geländeveränderungen; Begriff "bauliche Anlage"

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Rechtsprechung186bbl2008, Heft 5

Oktober

© Springer-Verlag 2008

Vorbringen zur allfälligen Konsenslosigkeit verlangt werden. Wenn sich die bel Beh im angefochtenen Be-scheid ohne nähere Begründung darauf beruft, dass sich auf Grund des Ortsaugenscheines die Konsensge-mäßheit der bisherigen Bauführung ergeben hätte, kann dies nicht als ausreichende Begründung dafür angesehen werden, dass die vom Bf gerügte Geländean-hebung um 6 m als konsensgemäß zu beurteilen wäre. Aus der im Akt einliegenden Baubewilligung samt Plä-nen ist eine Bewilligung einer wie im Antrag v 24.8.2005 beschriebenen Geländeanhebung an der Grundgrenze zum Grundstück des Bf nicht ersichtlich. (Aufhebung)

Baupolizeilicher Beseitigungsauftrag; Geländeverän-derungen; Begriff „bauliche Anlage“

DOI 10.1007/s00738-008-0490-3

§§ 4 Z 12, 41 Abs 3 stmk BauG 1995

Eine nicht bewilligte Geländeveränderung (hier: in der Form der Aufschüttung) kann nur dann als eine vorschriftswidrige „bauliche Anlage“ qua­lifiziert werden, wenn für sie bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und sie wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu be­rühren geeignet ist.

VwGH 8.5.2008, 2006/06/0285 <163>

Aus der Begründung: Die Bf machen geltend, der VwGH habe bereits in seinem Erk v 20.6.2002, 2000/06/ 0211, ausgesprochen, dass sich § 41 Abs 3 Stmk BauG nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf vorschrifts-widrige Vorhaben beziehe, die als „bauliche Anlagen“ zu qualifizieren seien. Was unter einer baulichen Anla-ge zu verstehen sei, werde im § 4 Z 12 Stmk BauG be-stimmt. Die entsprechenden Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen. Selbst wenn man davon ausginge, dass im vorliegenden Fall eine Geländeveränderung durchgeführt worden wäre, stelle eine solche Gelände-veränderung keine bauliche Anlage iSd § 4 Z 12 Stmk BauG dar.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechti-gung zu. Der VwGH hat in dem angeführten Erk aus-gesprochen, dass im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des § 41 Abs 3 Stmk BauG („bauliche Anlagen“) eine Zweckinterpretation, wie sie die bel Beh in diesem Be-schwerdefall vertreten habe, dass nämlich § 41 Abs 3 leg cit die Beseitigung jedes vorschriftswidrigen, aber vom Stmk BauG erfassten Vorhabens ermögliche, un-zulässig sei. Eine Geländeveränderung in der Form der Aufschüttung kann nur dann als eine bauliche Anlage iSd § 4 Z 12 Stmk BauG qualifiziert werden, wenn für sie bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und sie wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist. Das weitere Kriterium der Verbindung der Anlage mit dem Boden ist im Falle einer solchen Geländeveränderung jedenfalls zu be-jahen. Sie wird durch die Aufschüttung auf dem bishe-

rigen Gelände bzw Boden hergestellt. Es kann somit der Ansicht der bel Beh wie der Baubeh nicht gefolgt wer-den, dass eine Geländeveränderung jedenfalls eine bau-liche Anlage darstellt, wenn sie sich als vorschriftswid-rig iSd § 41 Abs 3 Stmk BauG erweist. Mit der Frage, ob die verfahrensgegenständliche Geländeveränderung bautechnischer Kenntnisse bedurfte bzw sie öffentliche Interessen iSd § 4 Z 12 Stmk BauG zu berühren geeignet ist, hat sich die bel Beh wie die Baubeh daher zu Unrecht nicht auseinander gesetzt. Die bel Beh belastete daher aus diesem Grund ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. (Aufhebung)

Schweinestall; erhebliche Geruchsimmissionen; kein rechtmäßiger Bestand

DOI 10.1007/s00738-008-0491-2

§ 40 Abs 2 stmk BauG 1995

Bei Schweineställen, die auf Grund der konkreten räumlichen Gegebenheiten die Nachbarschaft durch Geruchsimmissionen erheblich belasten, kann nicht von einem rechtmäßigen Bestand aus­gegangenen werden.

VwGH 26.5.2008, 2005/06/0137 <164>

Aus der Begründung: Nach dem zuvor Gesagten könne dieses Gebäude nur dann als rechtmäßig gelten, wenn die Voraussetzungen des § 40 Abs 2 Stmk BauG gege-ben sind. Dabei ist zu prüfen, ob das Gebäude zum Zeitpunkt seiner Errichtung nach den damals gelten-den Vorschriften bewilligungsfähig gewesen wäre.

Dies wurde wegen der davon ausgehenden Immissi-onsbelastung verneint.

Zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes (un-strittig im Jahr 1973) galt die Stmk BauO 1968, LGBl 149 (BO) in der Stammfassung. § 4 BO enthält Ab-standsvorschriften. Nach Abs 3 dieser Bestimmung kann die Baubeh auch größere Abstände als die sonst vorgesehenen festsetzen, wenn der Verwendungszweck von Bauten eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt.

Nach § 54 Abs 1 BO müssen Stallungen, Düngerstät-ten, Silos udgl von Straßen und fremden Gebäuden, unbeschadet der sonstigen Abstandsvorschriften, so-weit entfernt sein, dass sie für die Straßenbenützer und Bewohner keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen verursachen. Obzwar in dieser Norm nicht ausdrücklich genannt, hat dies umso mehr zu gelten, wenn ansonsten eine Gefährdung der Nachbar-schaft zu erwarten wäre.

Wenngleich die im Ermittlungsverfahren herange-zogene Richtlinie und weitere wissenschaftliche Er-kenntnisquellen wie auch die angesprochene Ventila-tionstechnik zum Zeitpunkt der Errichtung nicht oder nur ansatzweise bestanden, ist dies kein Hindernis, diese Erkenntnisquellen sachverhaltsmäßig zur Beur-