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1 Böden als unsere Lebensgrundlage „Fahlerde“ Boden des Jahres 2006 Peter Kühn Justus-Liebig Universität Giessen Institut für Bodenkunde und Bodenerhaltung Konrad Billwitz Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald Geografisches Institut 05.12.2005 Berlin, in der Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern

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Böden als unsere Lebensgrundlage„Fahlerde“

Boden des Jahres 2006Peter KühnJustus-Liebig Universität GiessenInstitut für Bodenkunde und Bodenerhaltung

Konrad BillwitzErnst-Moritz-Arndt Universität GreifswaldGeografisches Institut

05.12.2005 Berlin, in der Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern

2verändert aus Brady & Weil (2002)

Schnittstelle Boden

Die Böden (Pedosphäre) nehmen in der Natur eine zentrale Stellung ein, denn sie steuern entscheidende Naturkreisläufe.

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Bedeutung des Bodens

• Er ist die Grundlage der Nahrungsmittelproduktion und gleichzeitig Lebensraum von Mensch und Tier.

• 98% aller Nahrungsmittel werden über den Boden erzeugt.

• Er beeinflusst mit seinen vielfältigen ökologischen Funktionen zu ca. 70 % die Qualität des Trinkwassers, die Spurengas-konzentration der Atmosphäre sowie den unmittelbaren Lebensraum und die Lebensqualität des Menschen.

„Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. Er ermöglicht es, Pflanzen, Tieren und Menschen auf der Erdoberfläche zu leben“.(Europäischen Bodencharta 1972)

Folgerung für den Schutz von Fahlerden: • Schutz vor Verlust von Bodenfunktionen• Schutz vor Verlust von Bodenflächen• Schutz vor Verlust von Bodensubstanz

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Was sind Fahlerden?

Mit Fahlerden werden Bödenbezeichnet, die auf Grund einesdeutlich fahlen Horizontes in einerTiefe von etwa 30 bis 50 cm weißlich grau gefärbt sind.

Unter dem fahlen Horizont (Ael) liegt ein rötlich brauner mit Ton angereicherter Horizont (Bt), in dem sich alle wichtigenpflanzenverfügbare Nährstoffebefinden.

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Entstehung der Fahlerde

Abbauvorgänge: Verwitterung, Zersetzung organischer Substanz

Aufbauvorgänge: Bildung von Tonmineralen und Humus

Verlagerungsvorgänge: Filtration (Verlagerung fester und löslicher Bodenbestandteile) Durchmischung (durch Gefrieren und Auftauen, durch Tiere und Menschen)

Hauptprozess: Lessivierung (Tonverlagerung)

Ergebnis: Diagnostische Bodenhorizonte mit bestimmter Abfolge, die gemeinsam den Bodentyp „Fahlerde“bilden

Ael

Bt

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Eigenschaften der Fahlerden

Ael

Bt

Unterboden (Bt) ist deutlich tonreicherals der Oberboden (Ah, Ael)

Ah

Ein enges C/N-Verhältnis (10-15) im Ah-Horizont weist auf die schnellenUmsatzraten der abgefallenen organischenSubstanz hin und damit auf ein regesBodenleben.

Die Tongehaltsdifferenzen zwischen demfahlen und dem darunter liegenden rötlichbraunen Horizont betragen bis zu 20%.

Im tonreicheren Unterboden werden durch die Tonminerale die pflanzenverfügbaren Nährstoffe und Wasser gespeichert

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Fahlerdeverbreitung in Mecklenburg-Vorpommern

10-30 %der Landesfläche

Bodengesellschaften mit dominantem und begleitenden Anteil an Fahlerden

Kartengrundlage BÜK 500, TK 750

Boden des Jahres 2006

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Fahlerdeverbreitung in Brandenburg und BerlinAuszug aus der Bodenübersichtskarte 1 : 300 000 (BÜK 300) des Landes Brandenburg

Bodengesellschaften mit dominantem Anteil an Fahlerden

3496 km2 (11,4 %)

Bodengesellschaften mit dominantem und begleitenden Anteil an Fahlerden

6842 km2 (22,4 %)

BAURIEGEL, A.; KÜHN, D.; SCHMIDT, R.; HERING, J.; HANNEMANN, J. (2001): Bodenübersichtskarte des Landes Brandenburg 1 : 300 00 (BÜK 300).- LGRB in Zusammenarbeit mit dem Landesvermessungsamt Brandenburg, Kleinmachnow/Potsdam.

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Verbreitung der Fahlerden in Deutschland

Hauptverbreitungsgebiet:

Grundmoränenplatten und nichtdurch Erosion beeinflusste Kuppender Endmoränen im NordostenDeutschlands

8106 km2 2,3%

49318 km2 13,7%

8192 km2 2,2%

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Weltweite Verbreitung von Fahlerden

320 Mio ha 660 Mio ha

(Quelle: www.fao.org)

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Was leisten Böden?

Ihre Leistung lässt sich über ihre Funktionen messen. Fahlerden weisen wie alle Böden unterschiedliche Funktionen auf:

Bodenfunktionen

Produktion Träger ArchivRegelungLebensraum

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Produktionsfunktion

Fahlerden gehören zu den fruchtbarsten und ertragreichsten Böden Deutschlands.

Bodenzahlen 35 – 85

Deshalb: Ackerbauliche Nutzung! Keine Stilllegung!

Die intensive und Bodenschonende Nutzung von einem Hektar Fahlerde gleicht die Rodung von 10 Hektar Regenwald aus!

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Produktionsfunktion

Fahlerdegebiete sind Altsiedelgebiete mit Ackerbau. Waldflächen mit Fahlerden sind selten und meist historisch-besitzrechtlich bedingt. Für intensive Acker- und Waldnutzung sind Fahlerden gute und sehr gute Standorte.

Erosions-

Kolluvialböden

Norm-

Nordsächsisches Lößhügelland mit Fahlerden; Foto: K. Billwitz

Nordsächs. Lössgebiet mit Fahlerden und Laubwald-Restgehölzen; Foto: K. Billwitz

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ProduktionsrisikenVerschlämmung Erosion

Foto: K. BillwitzFoto: M. Frielinghaus

Infolge Tonmangels im Oberboden keine Ausbildung stabiler Ton-Humus-Komplexe, die für Aggregatstabilität sorgen.

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Lebensraumfunktion

Fahlerden bieten:

Sehr gute Lebensbedingungen für Bodenorganismen durchfast optimale bodenchemische und bodenphysikalischeEigenschaften: hohe biologische Aktivität; hohe Besiedlungsdichten von Mikroorganismen und Bodentieren

• Risiko: Bodenlebewelt von beackerten Fahlerden wirddurch nicht zielgerichtet wirkende Biozide und durchübermäßige Begüllung negativ beeinflusst. Diesevermindern die Zersetzungsrate der Streu.

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Filter- und Pufferfunktion

Fahlerden

• bestimmen über die Filtration (physikalische und chemische Rückhaltung) wesentlich das „Entsorgungspotenzial“ der Landschaft.

• machen Schadstoffe unwirksam und verhindern die Kontamination von Pflanzen sowie Grund- und Oberflächenwasser.

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Archivfunktion

Fahlerden reflektieren die im Spätglazial und Holozän herrschenden Umweltbedingungen und die unterschiedlichen Phasen der Boden- und Landschaftsentwicklung

ausgehende Eiszeit Holozän heute

~11000 Jahre vor heute

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Gefährdung unserer BödenGroßen Teilen der Bevölkerung ist die Bedeutung des Bodens und seiner ökologischen Funktionen leider nicht ausreichend bewusst. Auch sind die Gefahren für unsere Böden nicht genügend bekannt. Im Schema sind die wesentlichsten Bodengefährdungen für die Fahlerdegebiete orange hervorgehoben.

Bodengefährdungen

Erosion Schadstoff-belastung

Flächen-verbrauch

Versal-zung

Bodenver-dichtung

Desertifi-kation

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Unsere Böden sind in Gefahr!

7 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 9 Mio. ha Wald gehen weltweit jährlich unwiederbringlich verloren.

Foto: M. Frielinghaus Foto: T. Vorderbrügge

Aber: mehr als 13 Millionen Menschen verhungern jährlich

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Tägliche Änderung der BodennutzungHektar pro Tag

aus Dosch (2002)

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Umfang und Art der Bodendegradierung

Degr. Fläche

Mio. km2

Degr. Fläche

%

Davon Wassererosion

%

Davon Winderosion

%

Europa 2,2 23 52 19

Asien 7,5 18 59 30

Afrika 4,9 16 46 38

Australien 1,0 11 81 16

Nordamerika 1,0 5 63 36

Mittelamerika 0,6 20 74 7

Südamerika 2,4 13 51 17

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Böden als unsere Lebensgrundlage –Was müssen wir tun?

Uns muss bewusst sein, dass durch die Erhöhung unseres Wohlstandes über das wirtschaftliche Wachstum und die verbesserte Infrastruktur unser nicht weiter vermehrbarer Bodenfundus belastet wird.

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Böden als unsere Lebensgrundlage –Was müssen wir tun?

• Daraus resultierend müssen in der Politik die Ergebnisse der Bodenforschung zum Erhalt und Schutz unserer Böden umfassender und konsequenter als bisher umgesetzt werden.

• Dazu ist auch eine vermehrte Einbindung von BodenkundlerInnen in die Politik notwendig.

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Für die Zukunft ist unser gesellschaftlichesSchutzgut Boden zu sichern durch:

• drastische Reduzierung der Flächenversiegelung und des Flächenentzuges

• „Rückgewinnung“ versiegelter Flächen soweit ökologisch und ökonomisch vertretbar

• Nutzung des hohen Ertragspotenzials unserer Böden, insbesondere im Interesse der Umwelt

• umfassende Nutzung aller Möglichkeiten der Rohstoff-und Energiegewinnung über die Biomasseproduktion

• Durchsetzung eines umfassenden Bodenschutzes, ins-besondere vor Erosion, Verdichtung und Schadstoffbe-lastung

• internationale Abstimmung einer standortgerechten, nachhaltigen Bodennutzung

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Danksagung

BGR (Prof. Dr. W. Eckelmann, Dr. G. Adler) für die Erstellung der Übersichtskarte der Fahlerdeverbreitung in Deutschland

Dr. D. Kühn (Kleinmachnow) für Erstellung der Verbreitungskarte der Fahlerde aus der BÜK300 für Brandenburg

Dipl. Ing. F. Idler (Güstrow) für Erstellung der Verbreitungskarte der Fahlerde aus der BÜK500 für Mecklenburg-Vorpommern

Prof. M. Frielinghaus (Müncheberg), Prof. P. Felix-Henningsen (Gießen), Dr. T. Vorderbrügge (Wiesbaden), Dr. A. Bauriegel (Kleinmachnow) für die Überlassung von Fotos

Prof. Dr. M. Körschens (Halle-Wittenberg), Prof. Dr. M. Altermann (Halle), Dr. I. Merbach (Leipzig), Dr. J. Rinklebe (Leipzig) für die Überlassung des Materials zum Vortrag Boden des Jahres 2005