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Beate M.W. Ratter – Mainz – Beate M.W. Ratter – Mainz – Hamburg Hamburg Überraschung und Unsicherheit Überraschung und Unsicherheit Schlüsselbegriffe der Komplexitätstheorie und Schlüsselbegriffe der Komplexitätstheorie und ihr Beitrag zur Katastrophenforschung ihr Beitrag zur Katastrophenforschung Geographentag 2007 Bayreuth Leitthemensitzung AA.1: "Katastrophenforschung als integrativer Ansatz zur Überwindung der Natur- Gesellschaftsdichotomie"

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Überraschung und Unsicherheit Überraschung und Unsicherheit – –

Schlüsselbegriffe der Komplexitätstheorie und Schlüsselbegriffe der Komplexitätstheorie und

ihr Beitrag zur Katastrophenforschungihr Beitrag zur Katastrophenforschung

Geographentag 2007 BayreuthLeitthemensitzung AA.1:

"Katastrophenforschung als integrativer Ansatz zur Überwindung der Natur-Gesellschaftsdichotomie"

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2Beate M.W. Ratter – Mainz – Beate M.W. Ratter – Mainz – HamburgHamburg

ThesenThesen

• Katastrophen sind Überraschungen und Sprünge, die Teil des Systemverlaufs sind

• Der Systemverlauf ist nicht steuerbar – er kann nur gekitzelt werden (vgl. Lau 2006: 115/116)

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3Beate M.W. Ratter – Mainz – Beate M.W. Ratter – Mainz – HamburgHamburg

1. Katastrophen sind Sprünge 1. Katastrophen sind Sprünge und Überraschungenund Überraschungen

Unrealistisches Bild vom „stabilem Gleichgewicht als „Normalzustand“

Es gibt keinen „Normalzustand“ und auch kein stabiles Gleichgewicht

(vgl. Holling 1979)

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Komplexitätstheorie Komplexitätstheorie

Elemente, die interagieren und dies auf nicht-lineare Weise

Das Verhalten ist nicht zu verstehen, allein durch das Verstehen der einzelnen Elemente

Bedeutend sind die Interaktionen und die Konsequenzen, die aus diesen Interaktionen resultieren

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Was bedeutet komplex?Was bedeutet komplex?

Komplex ≠ noch komplizierter als kompliziert

Komplex beschreibt das Verhalten des Systems

Komplex im Sinne der Komplexitätstheorie bedeutet: „werdend, entstehend, sich verändern, emergent“

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Komplexes SystemverhaltenKomplexes Systemverhalten

…ist gekennzeichnet durch:EvolutionPfadabhängigkeitNicht-LinearitätEmergenz

AgentenComplexity Simulation of the ground displacement due to the 1992 Landers earthquake

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EvolutionEvolution

• Jedes System hat Geschichte

• Untersucht wird die Systemveränderung, die Dynamik und damit die Trajektorie (Verlaufsbahn) von Systementwicklungen

• Wirtschafts-/Sozialsysteme ähnlich natürlichen Systemen werden durch Evolution gestaltet

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Emergenz…Emergenz…

…Phänomen aus der Interaktion der konstituierenden Elemente

…nicht vorhersagbar

…kontraintuitiv; das Verhalten des Ganzen ist nicht auf das Verhalten einzelner zurückzuführen

(Lewin 1993)

Agenten

Feedback

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Nicht-Linearität…Nicht-Linearität…

…Systemverlauf ≠ linear, Tendenz zu abrupten Sprüngen…Sprünge resultieren aus Interaktion der Elemente…Bifurkationspunkte = Veränderung des Zustands des

Systems oder des weiteren Systemverlaufs…Überraschungen sind Teil des Systemverlaufs Problem: Mustersuche

Anzahl der atlantischen Hurrikane Kategorie 3 bis 5 von 1900 bis 2005 und fünf Jahres-Mittel (Risk Assesment Models 2006)

Camille August 1949

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Beispiel Tropische WirbelstürmeBeispiel Tropische Wirbelstürme

• Entstehung nur über dem Meer - zwischen dem 5. und dem 25. südlichen und nördlichen Breitengrad

• Wassertemperatur an der Oberfläche mind. 27° C• Die Erddrehung bewirkt einen Wirbel

www.planet-wissen.de

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Beispiel Tropische WirbelstürmeBeispiel Tropische Wirbelstürme

• Feed-back Effekt führt zu relativ stabilem System mit extrem hohen Windgeschwindigkeiten (bis zu 360 km/h)

• Entstehung und Verlaufsbahn von Hurrikanen sind nicht vorhersehbar

• Überraschungen gibt es in der Ausprägung und im Verlauf

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2. Der Systemverlauf ist nicht 2. Der Systemverlauf ist nicht steuerbarsteuerbar

Lau 2006: „Man kann nicht steuern, sondern nur kitzeln. Man versucht, Rahmen oder Impulse zu setzen, damit das System etwas damit tut. Man kann nicht vorhersehen, was das System macht, aber darauf setzen, dass es irgendwas macht.

Sie müssen Ihren Steuerungsbegriff aufgeben und die Hoffnung, das System komplett zu verstehen. Aber wenn eine Interaktion etwas bewirkt, können Sie versuchen, etwas daraus zu lernen.“

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UnsicherheitUnsicherheit

Unsicherheit ist ein kulturelles Phänomen

Sicherheit ist eine Konstruktion

Beispiele unterschiedlichen Umgangs mit Unsicherheit: Versicherungen VorhersagenFatalismus

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Naturereignisse als kulturelles Naturereignisse als kulturelles PhänomenPhänomen

June -- too soon. July -- stand by! August -- look out you must. September -- remember. October, all over.

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Gefahrenmanagement ist Gefahrenmanagement ist kulturell anzupassenkulturell anzupassen

Grenada 2005

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3. Fazit: Katastrophenforschung3. Fazit: Katastrophenforschung

• Bifurkationspunkte und Agenten sind entscheidend für den Systemverlauf.

• Überraschungen müssen als systemimmanent akzeptiert werden.

• Ohne die Berücksichtigung von Agenten kann die Trajektorie nicht umfassend genug verstanden werden.

• Die Simulation der Prozesse führt punktuell zu einem tieferen Verständnis – ändert aber nichts an der unvorhersehbaren Entwicklung in der Realität.

Die Komplexitätstheorie kann zu einem Gestaltwechsel beitragen, der eine Verknüpfung von physischen- und humangeographischen Fragestellungen erleichtert.

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3. Fazit: Hazardmanagement3. Fazit: Hazardmanagement

• Lineares Denken kann in einer nicht-linearen Welt gefährlich sein.

• Die Komplexitätstheorie liefert keine Begründung jegliche Steuerungsversuche zu unterlassen.

• Es leitet sich vielmehr die Notwendigkeit ab, eine Vielzahl von Agenten in die Kommunikation über zukünftige Entwicklungen und die nächsten Schritte einzubeziehen.

• Wer auf Steuerungsversuche verzichtet, wählt möglicherweise die schlechtere Systemtrajektorie.

„Das Wichtigste, was man über Komplexität wissen muss, ist ganz einfach: Es kommt immer noch was nach.“ (Lotter 2006: 46)