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Bedarfsprüfung Terminal 3 des Verkehrsflughafens Frankfurt Main Auftraggeber: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Abt. 5 Herr Ministerialdirigent Bernhard Maßberg Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden erstellt von: Dr.-Ing. Martin Fellendorf Universitätsprofessor an der Technischen Universität Graz Institut für Straßen- und Verkehrswesen Rechbauerstraße 12/II 8010 Graz [email protected] Tel. +43 664 60873 6220 Graz, 16. Februar 2015 vertrauliches Gutachten

Bedarfsprüfung Terminal 3 des Verkehrsflughafens Frankfurt Main · 2015-03-04 · Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 3 . 1 Executive Summary. 1.1 Problemstellung. Der Flughafen

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Bedarfsprüfung Terminal 3 des Verkehrsflughafens Frankfurt Main

Auftraggeber:

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie,

Verkehr und Landesentwicklung, Abt. 5

Herr Ministerialdirigent Bernhard Maßberg

Kaiser-Friedrich-Ring 75

65185 Wiesbaden

erstellt von:

Dr.-Ing. Martin Fellendorf

Universitätsprofessor an der Technischen Universität Graz

Institut für Straßen- und Verkehrswesen

Rechbauerstraße 12/II

8010 Graz

[email protected]

Tel. +43 664 60873 6220

Graz, 16. Februar 2015

vertrauliches Gutachten

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 2

Inhaltsverzeichnis

1 Executive Summary ...................................................................................................... 3

1.1 Problemstellung ............................................................................................. 3

1.2 Datengrundlage ............................................................................................. 3

1.3 Zielsetzung ..................................................................................................... 4

1.4 Wesentliche Ergebnisse beider Studien ......................................................... 4

1.5 Bewertung der Studienergebnisse ................................................................. 9

1.6 Studienergebnisse ........................................................................................ 11

2 Methodik..................................................................................................................... 12

2.1 Modellansatz von Intraplan ......................................................................... 12

2.2 Eingangsdaten des Intraplan Modells .......................................................... 15

2.3 Modellansatz von MKmetric ........................................................................ 17

2.4 Eingangsdaten des MKmetric Modells ......................................................... 18

2.5 Beurteilung der Qualität beider Prognosen ................................................. 19

3 Literaturverzeichnis .................................................................................................... 23

4 Anhang: Zusammenstellung der verwendeten Kennzahlen ...................................... 24

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 3

1 Executive Summary

1.1 Problemstellung Der Flughafen Frankfurt stellt einen wichtigen Standortfaktor für das Rhein-Main-Gebiet dar. Die wirtschaftlich herausragende Rolle des Flughafens ist in der hessischen Landesregierung unbestritten. Da der Flughafen innerhalb einer dicht besiedelten Region liegt, müssen beim Ausbau des Flughafens neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch Schutzmaßnahmen für Mensch und Natur in ausreichender Form berücksichtigt werden. Zu diesem Grundsatz haben sich beide Koalitionspartner der derzeitigen Landesregierung1 bekannt.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens zu sichern und steigendes Passagier- und Frachtaufkommen abwickeln zu können, ist der Bau eines dritten Terminals geplant. Im Planfeststellungsbeschluss vom Dezember 2007 wurde der Bau von Terminal 3 genehmigt. Mit dem Bau wurde bisher noch nicht begonnen. Das Land Hessen ist mit einer über 30%-igen Beteiligung größter Anteilseigner an der Fraport AG und damit auch an der Wirtschaftlichkeit des hohen Investitionsaufkommens von über zwei Milliarden Euro für den Bau des Terminals 3 interessiert. Daher ist im Koalitionsvertrag vom Dezember 2013 die Notwendigkeit einer Bedarfsprüfung des Bauvorhabens festgeschrieben.

Im Jahr 2014 hat die Fraport AG drei Studien von externen Gutachtern zum Terminal 3 erstellen lassen. Die Firmen MKmetric Gesellschaft für Systemplanung mbH und die Intraplan Consult GmbH haben Passagier-, Cargo- und Flugbewegungsprognosen jahresweise bis zum Prognosehorizont 2030 erstellt. Die beiden Studien sind im Oktober 2014 fertiggestellt worden. Zusätzlich hat die Fraport AG ein Gutachten zur Kapazitätsausweitung des Flughafen Frankfurts mit Maßnahmenalternativen zum Terminal 3 von der Firma naco, Netherlands Airport Consultants bv erstellen lassen. Dieses Gutachten beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Grenzkapazität des Flughafens in Abhängigkeit unterschiedlicher Terminalerweiterungen. Aus den drei Gutachten leitet die Fraport AG die Notwendigkeit für den Bau des Terminals 3 mit geplantem Baubeginn im Jahr 2015 ab, so dass der erste Bauabschnitt im Jahre 2021 in Betrieb gehen kann.

In diesem Gutachten wird die Qualität der beiden Studien von MKmetric und Intraplan überprüft, indem die Methodik, die Modellvoraussetzungen, die Datengrundlagen und die Ergebnisse hinsichtlich Plausibilität analysiert werden. Wesentlich ist dabei die Überprüfung der in den beiden Gutachten prognostizierten Passagier- und Frachtaufkommen für die kommenden 16 Jahre.

1.2 Datengrundlage Dieses Gutachten überprüft die folgenden beiden Langfristprognosen, die im Auftrag der Fraport AG erstellt wurden.

• MKmetric Gesellschaft für Systemplanung mbH: Langfristprognose 2030 Flughafen Frankfurt/Main, Themenbereich Ausbau Süd, Karlsruhe Oktober 2014. 51 Seiten, 16 Abbildungen, 13 Tabellen

Im Folgenden wird diese Referenz als MKmetric-Studie bezeichnet und mit MKm abgekürzt. Die Studie wird durch eine Präsentation mit 41 Folien unterstützt, die am 14. August 2014 in Frankfurt/Main vorgetragen wurde. Die Präsentationsfolien werden für dieses Gutachten ebenso herangezogen.

1 Koalitionsvertrag zwischen der CDU Hessen und Bündnis 90/Die Grünen Hessen für die 19. Wahlperiode des Hessischen

Landtags 2014-2019 unterzeichnet am 23.12.2013, Kapitel J Abschnitt VI, S. 66-70

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 4

• INTRAPLAN Consult GmbH: Luftverkehrsprognose 2030 für den Flughafen Frankfurt/Main, München 23. Oktober 2014, 138 Seiten, 80 Abbildungen, 38 Tabellen

Die Expertise wird im Folgenden als Intraplan-Studie bezeichnet und mit ITP abgekürzt. Die Studie wurde am 15. August 2014 bei der Fraport AG präsentiert. Auch hier liegen dem Gutachter die insgesamt 21 Präsentationsfolien vor und werden in diesem Gutachten ebenso berücksichtigt.

Um sowohl das Modell von Intraplan besser verstehen zu können als auch zum Vergleich älterer Prognosen wurde die öffentlich verfügbare Unterlage zum Planfeststellungsverfahren für den Flughafenausbau Frankfurt/Main herangezogen. Der Band C wurde ebenfalls von der Intraplan Consult GmbH unter dem Titel G8 Verkehrsprognosen 2020 am 12.9.2006 erstellt.

1.3 Zielsetzung Die Qualität der beiden Studien wird hinsichtlich des verwendeten Datenmaterials und der eingesetzten Methodik und unter Berücksichtigung der bisherigen Entwicklung beurteilt. Insbesondere soll in dem Gutachten für jede der beiden Studien einzeln geprüft werden

• zu welchen Ergebnissen die beiden Studien kommen

• ob die Methodik das verfügbare Datenmaterial in geeigneter Weise nutzt

• ob methodisch zwischen der Nachfrageseite (Privat- und Geschäftsreisende sowie Güternachfrage durch Unternehmen) und dem Verkehrsangebot (Strategien der Luftverkehrsunternehmen) unterschieden wird

• ob alle wesentlichen Faktoren, die das Passagier- und Frachtaufkommen am Verkehrsflughafen Frankfurt Main beeinflussen, in geeigneter Weise berücksichtigt wurden

• ob die Modellprämissen vollständig sind und nach derzeitigem Kenntnisstand realistisch eingeschätzt wurden

• wo die Unterschiede der beiden Studien sowie ihre Stärken und Schwächen liegen 1.4 Wesentliche Ergebnisse beider Studien Beide Studien gehen von einem Wachstum in allen Verkehrssegmenten am Frankfurter Flughafen aus. Sofern keine unvorhersehbaren Katastrophen, Kriege oder weltweit wirksame Terroranschläge stattfinden, wird das Passagieraufkommen von knapp 59 Mio Passagieren (2013) auf 66 Mio (MKm) bzw. 71 Mio (ITP) Passagiere im Jahre 2020 anwachsen. MKm prognostiziert, dass die von der Fraport AG angegebene Kapazitätsgrenze von 68 Mio Passagieren im Jahr 2021 erreicht sein wird. Laut ITP wird diese Grenze bereits im Jahr 2019 erreicht sein. Diese Werte wurden in den Gutachten unter der Voraussetzung der bestehenden Regelung zum Nachtflugverbot2 ermittelt. Weitere neu hinzukommende kapazitätseinschränkende Maßnahmen wurden in der Prognose zum Nachfragepotential ausgeschlossen. Es werden keine Engpässe weder landseitig im Terminalbereich noch luftseitig bis 2030 angenommen,

2 gemäß Bescheid vom HMW(E)VL vom 29.5.2012 gibt es keine geplanten Nachtflüge zwischen 23 und 5 Uhr und in den

Nachtrandstunden von 22 bis 23 Uhr sowie 5 bis 6 Uhr sind die Flugbewegungen auf durchschnittlich 133 Bewegungen begrenzt.

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 5

nachdem der seit Jahren bestehende Engpass des Start- und Landebahnsystems mit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest im Herbst 2011 aufgelöst wurde.

Anders als die nachfolgenden Abbildungen suggerieren mögen begründen beide Gutachter ihre Schlussfolgerungen nicht durch eine Zeitreihenanalyse und reine Trendfortschreibung der bisherigen Entwicklung sondern durch nachfrageorientierte Prognosen. In beiden Gutachten werden wissenschaftlich fundierte multimodale Verkehrsnachfragemodelle eingesetzt, um das Nachfragepotential in Abhängigkeit zum Verkehrsangebot zu berechnen. Im Verkehrsangebot geht nicht nur der Flugplan in Frankfurt sondern das weltweite Flugangebot ebenso wie das Straßennetz und Schienenverkehrsangebot in Deutschland ein. Beide Verkehrsmodelle wurden im Analysefall die Modellparameter mit den Verkehrsbewegungen von 2013 kalibriert, um anschließend mit der prognostizierten Bevölkerungsstruktur, Vorhersagen zur wirtschaftlichen Entwicklung und dem künftigen weltweiten Flugplan sowie zahlreichen weiteren Annahmen die Verkehrsnachfrage in Form von Quelle-Ziel-Matrizen zu prognostizieren. Aus einer Verkehrsumlegung der Quelle-Ziel-Matrizen auf das zugrundeliegende Luftverkehrsangebot sowie die Flughafenanbindungen über Straße und Schiene wird das originäre Aufkommen3 und das Transferaufkommen am Frankfurter Flughafen ermittelt.

Zu Vergleichszwecken ist in der folgenden Tabelle die bisherige Entwicklung des Passagier- und Frachtaufkommens den Prognosezahlen aus den beiden Gutachten gegenübergestellt. Ausgehend vom Bezugsjahr 2013 werden die vergangenen und künftigen 7 sowie 17 Jahre betrachtet.

Tabelle 1: Kennzahlen zum Verkehrsaufkommen am Flughafen Frankfurt bezogen auf das Jahr 2013 mit Entwicklung der letzten 7 bzw. 17 Jahre sowie Prognose für 7 und 17 Jahre4

3 Originärverkehre haben Start- oder Ziel einer Reise am betrachteten Ort; d.h. hier Flughafen Frankfurt

4 eigene Zusammenstellung mit Analysedaten vom ADV und den Prognosedaten aus der ITP- und MKm-Studie 5 ankommende, abliegende und umsteigende Passagiere; d.h. alle Personen, die nicht Teil der Besatzung sind

6 Umfasst ankommende und abfliegende Luftfracht bzw. Luftpost einschließlich Umladung

Analyse Prognose ITP Prognose MKm

Jahr PAX 5

1996 2006 2013

Proz 7 Jahre 2006 - 2013

Proz. 17 Jahre 1996 - 2013

Mio/a

38,1 52,5 57,9

Cargo6

Mio t /a

1,497 2,127 2,095

Beweg Jahr

364,7 489,4 472,6

22,8%

2020 2025 2030

Proz 7 Jahre 2013 - 2020

Proz. 17 Jahre 2013 - 2030

PAX Mio/a

71,1 78,2 86,1

Cargo Mio t

/a 2,578 3,002 3,482

Beweg

529,5 568,2 611,3

PAX Cargo Mio/a Mio t

/a 66,4 2,710 75,7 2,950 90,1 3,360

Beweg

520 572 649

10,3% -1,5% -3,4% 22,8% 23,1% 12,0% 14,7% 29,4% 10,0%

52,0% 39,9% 48,7% 66,2% 29,3% 55,6% 60,4% 37,3%

Proz 2006 - 2013 p.a.

Proz. 1996 - 2006 p.a.

Proz. 1996 - 2013 p.a.

1,42% -0,22% -0,50% Proz 2013 - 2020 p.a.

Proz. 2020 - 2030 p.a.

Proz. 2013 - 2030 p.a.

2,98% 3,01% 1,64% 1,98% 3,75% 1,37%

3,25% 3,57% 2,43% 1,93% 3,05% 1,45% 3,10% 2,17% 2,24%

2,49% 2,00% 1,21% 2,36% 3,03% 1,53% 2,64% 2,82% 1,88%

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Beide Gutachter verwenden eigene, über Jahre entwickelte Verkehrsmodelle. Aufgrund der im Detail unterschiedlichen Modelle, Modellparameter und Eingangsdaten weichen die Ergebnisse geringfügig voneinander ab ohne sich jedoch in der Gesamtaussage einer positiven Gesamtverkehrsentwicklung zu widersprechen.

Bei MKm wächst das Passagieraufkommen von 2013 bis 2020 jährlich mit knapp 2% um in der anschließenden Dekade mit 3,1% p.a. zu steigen. Damit wird von MKm in 2030 ein Aufkommen von 90,1 Mio Passagieren prognostiziert. Davon sind 50,1 Mio Transferpassagiere (55,6%); der Rest sind Originärpassagiere, die ihre Flugreise in Frankfurt beginnen oder beenden. Derzeit liegt der Transferanteil bei knapp 55%. ITP nimmt an, dass der Transferanteil leicht abnehmen wird und 2030 mit 44,8 Mio Transfergästen ein Anteil von 52% erreicht werden wird.

Während MKm ab 2020 mit 3.1% p.a. ein stärkeres Wachstum annimmt, geht ITP davon aus, dass das Wachstum bei den Passagieren bis 2020 mit knapp 3% p.a. überproportional stark sein wird und sich anschließend auf 1,9 % p.a. reduziert. ITP begründet den baldigen starken Anstieg mit Nachholeffekten hervorgerufen durch die Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest in 2011. Damit bietet Frankfurt jetzt luftseitig ausreichende Kapazitäten, um den aufgestauten Nachfrageüberhang befriedigen zu können. Ab 2020 holen deutsche Konkurrenzflughäfen (München dritte Start- und Landebahn, Düsseldorf mit Kapazitätsausweitungen) sowie vor allen Dingen die Hubs im Nahen Osten (Dubai, Abu Dhabi und Doha) und Istanbul auf. Durch den Ausbau der Hubs im Nahen Osten und durch die starke Stellung der dort ansässigen Fluglinien Emirates, Etihad und Qatar wird ein Teil der Flugrouten über Frankfurt künftig über den Nahen Osten geführt.

MKm dagegen sieht bis 2020 ein geringeres Wachstum im Passagieraufkommen als ITP. Im Gegenzug steigt der Passagierzuwachs erst um 2,6% p.a. und ab 2025 sogar mit 3,0% p.a.. Die Unterschiede zwischen ITP und MKm liegen in einer unterschiedlichen Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung.

Abbildung 1: Entwicklung des Passagieraufkommens am Frankfurter Flughafen ab 1991 und Prognosen bis 20307

7 eigene Darstellung mit Analysedaten vom ADV und Prognosedaten berechnet aus den jeweiligen Studien; Passagieraufkommen

ohne Transitpassagiere

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 7

Die bisherige Entwicklung des Passagieraufkommens zeigt die obige Abbildung 1. Deutlich zu erkennen sind die Einbrüche nach dem Terroranschlag am 11.9.2001 sowie die Weltwirtschaftskrise 2009. Im Zuge der Planfeststellung zum Ausbau des Flughafens hatte ITP bereits Prognosen durchgeführt (Gutachten G8). In den 2004 und 2006 durchgeführten Prognosen hatte ITP angenommen, dass eine Nachfrage von 88 Mio Passagiere bereits im Jahr 2020 in Frankfurt möglich sind, falls keine baulichen oder luftseitigen Engpässe die Kapazität einschränken. Die Weltwirtschaftskrise war ein 2006 nicht vorhersehbarer Basiseffekt, der die Entwicklung der Luftfahrt insgesamt und damit auch den Flughafen Frankfurt getroffen hat. Im Ergebnis ist das Passagierwachstum zwischen 2004 und 2014 nur halb so hoch ausgefallen wie ursprünglich prognostiziert. Es kam also zumindest zu einer massiven zeitlichen Verschiebung der Wachstumspfade aus der Planfeststellung 2007. Dabei zeigt sich, dass die Wachstumsraten bis heute geringer ausfallen als in der Planfeststellung prognostiziert. Auch das gegenüber vor 10 Jahren heute geringere Wirtschaftswachstum in Europa und die verschlechterte wirtschaftliche Situation deutscher und europäischer Fluggesellschaften einhergehend mit einer reduzierten Ausweitung der Verkehrsangebote führt dazu, dass ITP das Erreichen von 86 Mio Passagieren in ihrer aktuellen Prognose nun erst für das Jahr 2030 prognostiziert. Der Prognosenullfall aus dem Gutachten G8 von 2006 ist der Vollständigkeit halber aufgeführt, um die Entwicklungspfade entlang einer Zeitreihe besser einschätzen zu können. Die Werte des Prognosenullfalls vom G8 Gutachten sind jedoch zu niedrig, da die Voraussetzungen für diesen Nullfall nicht mehr zutreffend sind. Anders sieht dies beim engpassfreien Planungsfall G8 (2006) aus. Gegenüber den Prognoserechnungen von 2006 sind die Ausbauten am Flughafen Frankfurt verspätet realisiert worden. Die Weltwirtschaftskrise 2009 konnte damals nicht vorhergesehen werden. Damit verschiebt sich die Steigerung des Passagieraufkommens zeitlich nach hinten. Während ITP im Gutachten G8 noch von einer jährlichen Steigerungsrate von 3,5% im Passagieraufkommen ausgegangen ist, ergibt sich zehn Jahre später für einen etwa gleich langen Prognosezeitraum eine jährliche Steigerungsrate von durchschnittlich knapp 2,4% p.a.. In beiden Fällen wurde ein ähnliches nachfrageorientiertes Verkehrsmodell allerdings mit mittlerweile geänderten Eingangsdaten verwendet. Aufgrund geänderter Eingangsdaten prognostiziert die ITP-Studie im Vergleich zum G8-Gutachten eine langsamere Zunahme des Passagieraufkommens. Es ist ersichtlich, dass das ursprünglich von ITP im Gutachten G8 angenommene Aufkommen aufgrund der aktuellen Prognosen statt 2020 frühestens zehn Jahre später im Jahr 2030 in ähnlicher Höhe erzielbar sein wird.

Im Cargoaufkommen (Frachtverkehr einschließlich Postsendungen) kommen beide Gutachter aufgrund ihrer Modellrechnungen zu höheren Steigerungsraten als im Passagieraufkommen. ITP nimmt eine Steigerung von 3,0 % p.a8. an, während MKm anders als beim Passagieraufkommen erst von einer höheren Steigerung ausgeht, die sich zwischen 2020 und 2025 leicht abschwächt um gegen Ende des Jahrzehnts wieder anzusteigen. Eine explizite Begründung oder Dateninterpretation der jahresspezifischen Steigerungsraten wird von MKm nicht gegeben. Im Frachtverkehr überwiegt der Originärverkehr – im Jahr 2013 wurden nur 24% der Tonnage in Frankfurt umgeladen (Transfer). Eine Änderung dieses Anteils wird von beiden Gutachtern nicht gesehen. Haupttreiber im Frachtverkehr bleiben die Cargoströme von und nach Asien mit ca 56% Anteil am gesamten Frachtaufkommen.

Wie die Vergangenheit zeigt ist das Frachtaufkommen volatiler als das Passagieraufkommen, weil es stärker von der Wirtschaft im Allgemeinen und der Exportwirtschaft im Besonderen abhängig ist. Dennoch gehen beide Studien davon aus, dass das 2006 für das Jahr 2020 prognostizierte Aufkommen von knapp 3,2 Mio t zwar erst acht Jahre später erreicht sein wird. Eine weitere Steigerung ist jedoch möglich, so dass im Jahr 2030 ein Frachtaufkommen von 3,4 bzw 3,5 Mio t möglich ist. Das bisher höchste Frachtaufkommen in Frankfurt wurde 2012 mit knapp 2,3 Mio t erzielt.

8 In der ITP-Studie in Tabelle 6-5 (Seite 123) sind 2,9% angeführt; eine Kontrollrechnung ergibt 3,05%

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 8

Abbildung 2: Entwicklung des Frachtaufkommens einschließlich Postsendungen am Frankfurter Flughafen ab 1991 und Prognosen bis zum Jahr 20309

Flugbewegungen sind das Resultat des Passagier- und Frachtaufkommens in Kombination mit der Flugzeuggröße und der Auslastung10. Betrachtet man im Rückblick die G8 Prognose von ITP aus dem Jahr 2006 weist diese Kennzahl die größte Diskrepanz mit der Realität auf. ITP hat damals die Anzahl der Flugbewegungen gegenüber der heutigen Realität deutlich überschätzt. Während die ITP-Prognose im Planfeststellungsbeschluss zwischen 2004 und 2014 eine Zunahme der Flugbewegungen um 27 % vorhergesagt hat, ist die Zahl der Flugbewegungen real um 1,7% gesunken. Dieser Trend ist auch gegenwärtig wieder erkennbar. Zwischen 2013 und 2014 ist die Zahl der Flugbewegungen erneut um 0,8% zurückgegangen. Ein Erklärungsgrund sind sicherlich die deutlich gestiegenen Flugzeuggrößen und erhöhten Sitz- und Nutzladefaktoren. In den letzten sieben Jahren haben die Bewegungen in Frankfurt stagniert. Bezogen auf die vergangen 17 Jahre sind die Bewegungen jährlich um ca 1,2 % gestiegen. ITP rechnet für die kommenden 17 Jahre mit einer Steigerung von 1,5% während MKm eine jährliche Steigerung der Flugbewegungen von 1,9% vorhersagt. Die Bewegungsanzahl ist die Kennzahl mit der größten Abweichung zwischen der ITP- und der MKm-Studie (611 gegenüber 649 Tausend; d.h. knapp 6% Differenz zwischen ITP u. MKm).

Die Stagnation der Flugbewegungen in den letzten Jahren trotz erhöhtem Passagier- und Frachtaufkommen liegt in erster Linie an einer Umstellung der Flugzeugflotten zu größeren Flugzeugen und in zweiter Linie an einer erhöhten Auslastung durch verbesserte Sitz- und Nutzladefaktoren. Auf den aufkommensstarken Flügen von und nach Nahost und Fernost werden verstärkt Großraumflugzeuge vom Typ Airbus A380 oder künftige Flugzeugmuster eingesetzt, die eine höhere Sitzplatzkapazität aufweisen als eine Boeing 747 oder 777, die bisher auf diesen Strecken eingesetzt wurden. Auch im europäischen Verkehr werden Flugzeuge

9 eigene Darstellung mit Analysedaten vom ADV und Prognosedaten berechnet aus den jeweiligen Studien

10 Die Auslastung für Passagierflüge wird durch den Sitzladefaktor angegeben, der sich aus dem Quotienten von verkauften dividiert durch angebotene Sitzkilometer berechnet. Für Frachtflüge wird der Nutzladefaktor als Quotient von verkauften dividiert durch angebotene Tonnenkilometer bestimmt (Mensen, 2013; S. 1185)

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 9

mit erhöhter Sitzplatzkapazität eingesetzt. Gerade im europäischen Netz wird eine Erhöhung der Passagiere pro Flugbewegung noch weiter anhalten. Dennoch sind Elastizitäten von unter 30% (Steigerung der Flugbewegungen im Verhältnis zur Steigerung des Passagieraufkommens) wie in der Vergangenheit künftig nicht mehr erzielbar, da die Flottenumstellung und Optimierung des Sitzladefaktors einmal abgeschlossen sein wird. Daher werden die Flugbewegungen steigen aber weniger stark als das Passagier- und Frachtaufkommen. Diese Entwicklung ist jedoch nur unter der Annahme einer engpassfreien Kapazitätsausweitung möglich.

Abbildung 3: Entwicklung der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen ab 1991 und Prognosen bis zum Jahr 203011

1.5 Bewertung der Studienergebnisse In beiden Studien werden komplexe Verkehrsplanungsmodelle eingesetzt, um das künftige Verkehrsaufkommen am Frankfurter Flughafen zu prognostizieren. Seit Mitte der 50-iger Jahre des letzten Jahrhunderts wird dieser Modelltyp für die Planung von Verkehrsinfrastruktur eingesetzt, um aktuelle Verkehrsnachfrage zu erklären und künftiges Verhalten vorherzusagen. Anders als rein statistisch begründete Zeitreihen- und Regressionsanalysen, die aus der historischen Entwicklung auf künftige Trends extrapolieren, versuchen nachfrageorientierte Verkehrsmodelle die Ursachen für eine Nachfrage nach Ortsveränderungen für Personen und Güter zu erklären. Allerdings stehen heutige Verkehrsmodelle in der Kritik zunehmender Komplexität, mit der durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die über mathematische Abhängigkeiten einbezogen werden, eine Beliebigkeit der Prognoseergebnisse erzielbar ist. Im Detail ist die

11 eigene Darstellung mit Analysedaten vom ADV und Prognosedaten berechnet aus den jeweiligen Studien; Summe aus

gewerblichen und nicht gewerblichen Flugbewegungen

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Bedarfsprüfung Fraport Terminal 3 Seite 10

Wirkungsweise eines Verkehrsmodells nur nachvollziehbar, wenn das Modell EDV-technisch zur Verfügung steht. Aus eigentumsrechtlichen Gründen ist dies in kaum einer Untersuchung zur Verkehrsinfrastruktur der Fall. Ersatzweise wird daher in wissenschaftlich fundierten Untersuchungen sehr viel Wert auf eine genaue Kalibrierung der aktuellen Situation (IST-Fall) gelegt, die nachvollziehbar und detailliert dokumentiert wird. In diesem Punkt weisen beide Studien Defizite auf. In beiden Studien fehlt ein dokumentierter Nachweis, dass die verwendeten Verkehrsmodelle das Passagier- und Frachtaufkommen für das Jahr 2013 in ihrer Struktur richtig abbilden. Der Leser muss daher darauf vertrauen, dass beide Gutachter eine Modellkalibrierung durchgeführt haben, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt.

Detailliert sind dagegen in beiden Gutachten die Modellprämissen und verwendeten Eingangsdaten beschrieben. ITP stellt den herausragenden Zusammenhang zwischen Luftverkehrsaufkommen und der Wirtschaftsentwicklung repräsentiert durch das BIP heraus. Daher sind die Modellprämissen für die Wirtschaftsentwicklung besonders wichtig, um die Qualität der Luftverkehrsprognose beurteilen zu können. ITP geht von einem Wachstum in Deutschland von 1,6% p.a. bis 2020 und anschließend einem auf 1,4% bis 1,2% p.a. abnehmenden BIP-Wachstum aus. Weltweit liegt das angenommene BIP-Wachstum bei ITP bei ca 3,5% p.a. Auch ein leicht steigender Ölpreis und real konstantes Preisniveau für Reisen werden berücksichtigt.

MKm streicht die generell akzeptierte Abhängigkeit zwischen Luftverkehrsaufkommen und Bruttoinlandsprodukt in Verbindung mit der Bevölkerungsentwicklung heraus. Für die wirtschaftliche Entwicklung bezieht sich MKm auf Prognosen verschiedener nationaler und international anerkannter Wirtschaftsforschungsinstitute (u.a. IWH-Halle, IWF, OECD) und folgert daraus regional und zeitlich differenzierte Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Zahlen variieren zwischen knapp 1,5% jährlichem BIP-Wachstum in Deutschland für die kommenden 17 Jahre und knapp 6% p.a. für Indien und China. Die von MKm verwendeten Zahlen entsprechen der derzeit gängigen Lehrmeinung mit Ausnahme des Wertes für Russland. MKm rechnet mit einem jährlichen BIP-Wachstum von 3,3% in Russland, während die Weltbank in seiner jüngsten Veröffentlichung für die nächsten Jahre aufgrund der geopolitischen Lage von einem Nullwachstum der russischen Wirtschaft ausgeht12. In Einklang mit Studien zur Raumentwicklung verwendet MKmetric eine detaillierte raumbezogene Bevölkerungsentwicklung, die bei leicht abnehmender Gesamtbevölkerung in Deutschland einen Zuzug im Einflussbereich des Flughafens Frankfurt prognostiziert. In Kombination mit den etwas höheren Wertansätzen der wirtschaftlichen Entwicklung nach 2020 kommt MKmetric zu leicht höheren Fluggastzahlen als ITP.

In beiden Studien wird von politisch stabilen Rahmenbedingungen ausgegangen. Einflüsse durch Terroranschläge, Kriegsereignisse oder Naturkatastrophen werden in die Modellberechnungen nicht einbezogen. Schengen-Erweiterungen werden in beiden Studien berücksichtigt allerdings ohne entscheidende EU-Beitritte bis 2030. Flugverbote bleiben ebenso unberücksichtigt wie eventuelle kapazitative Einschränkungen durch Lärmschutzmaßnahmen.

ITP wäre zu einem deutlich höheren Passagieraufkommen gekommen (93,8 statt 86,1 Mio), wenn die wachstumswirkende Wirtschaftsentwicklung ohne den Einfluss hemmender Faktoren berücksichtigt worden wäre. Während sich die Steigerungseffekte durch ein erweitertes Flugangebot und verbesserte Erreichbarkeit des Flughafens durch einen Ausbau des Schienenfernverkehr mit den Abzugseffekten durch den Ausbau benachbarter Flughäfen und Ersatz innerdeutscher Flüge durch den Schienenverkehr nahezu ausgleichen, werden die Wachstumschancen massiv durch Abzugseffekte der Flughäfen in der Golfregion und Istanbul geschwächt13. Statt Frankfurt als Hub zwischen europäischen Städten und dem

12 http://www.worldbank.org/en/news/press-release/2014/12/08/world-bank-revises-its-growth-projections-for-russia-for-2015-

and-2016

13 siehe Tabelle 6-1 (S. 112) in der Intraplan-Studie

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überproportional wachsenden Markt nach Asien zu nutzen, wird ein wachsender Anteil künftig durch die Fluggesellschaften Emirates, Qatar, Ethihad und Turkish Airlines über die Drehkreuze (Hubs) Dubai, Doha, Abu Dhabi bzw. Istanbul geführt. Da dieser Abzugseffekt erst ab dem Jahr 2020 massiv greift, fällt die Prognose von ITP ab dem Jahr 2027 niedriger aus als bei MKm. Auch MKm berücksichtigt die Abzugseffekte durch konkurrenzierende Flughäfen implizit in ihrem Verkehrsmodell ohne dass die Zahlen jedoch einzeln ausgewiesen werden.

In beiden Studien wird neben dem beherrschenden Einfluss der Golfregion durch ihren Flughafenausbau und das erweiterte Flugangebot auch auf einen Wandel europäischer Fluglinien eingegangen. Bei den Billigfluglinien (Low Cost Carrier) wird es eine gewisse Marktbereinigung und zu einem teilweisen Verlust der Kostenvorteile kommen. ITP sieht auf einem niedrigen Niveau eine Angebotsausweitung von Billigfluglinien in Frankfurt. Bei MKm nehmen die Direktflüge unter Umgehung von Frankfurt als Hub zu. Die Produktivität der Fluglinien wird durch eine bessere Auslastung und größeres Fluggerät weiter steigen, wobei ITP allerdings von einem Rückgang weiterer Produktivitätsgewinne ausgeht.

Zusammenfassend wird in beiden Studien mit einem nachfrageorientierten Verkehrsmodell damit ein vergleichbarer Modellansatz angewendet, der jedoch in Einzelheiten voneinander abweicht. Bei ITP wird durch eine dokumentierte Analyse von Regressionsrechnungen auch die historische Entwicklung in die prognoseorientierte; d.h. zukunftsgerichtete Berechnung mit einbezogen. Die Modellansätze stellen den Stand der Technik dar. Während die Modelle nachvollziehbar sind, ist eine genaue Überprüfung wegen fehlender Dokumentation der mathematischen Beziehungen einschließlich der Parameterwerte unmöglich. Beide Modelle erscheinen allerdings auch nach genauerer Prüfung plausibel; die daraus ermittelten Werte sind optimistisch, aber vertretbar. Die Modelle berücksichtigen sowohl Wachstumstreiber als auch Hemmnisse. Mit dem nachfrageorientierten Ansatz ist eine Unterscheidung in Originär- und Transferverkehr sehr gut möglich. Während der innerdeutsche Verkehr über Frankfurt kaum und der sonstige europäische Verkehr moderat wachsen wird, sind sich beide Gutachter einig, dass das Potential für den Flughafen Frankfurt außerhalb Europas in den Verbindungen nach Nordamerika und Asien liegt. Beide Modelle reagieren sensibel auf das BIP als Eingangsgröße. Wenn hier Änderungen gegenüber den Annahmen der anerkannten nationalen und internationalen Wirtschaftsinstitute eintreten sollten, wird dies auch massive Auswirkungen auf das prognostizierte Luftverkehrsaufkommen in Frankfurt haben.

1.6 Studienergebnisse Beide Studien kommen zu einem ähnlichen Gesamtergebnis und erwarten ein Wachstum des Passagieraufkommens von derzeit 59 Mio Fluggäste auf 86 bzw 90 Mio bis zum Jahr 2030. Für einen derart langen Prognosezeitraum liegen beide Ergebnisse sehr nah zusammen, so dass von einem übereinstimmenden Ergebnis beider Gutachter gesprochen werden kann. ITP geht jedoch kurzfristig von einer dynamischeren Entwicklung im Passagieraufkommen als MKmetric aus, während MKmetric ab 2025 das Passagieraufkommen optimistischer einschätzt. Das Frachtaufkommen wird von beiden Gutachtern nahezu identisch prognostiziert. MKmetric erwartet signifikant mehr Flugbewegungen ab 2025 als ITP, da MKmetric den Anteil an innereuropäischen Flügen mit kleinerem Fluggerät zum Ende des Prognosezeitraums höher als ITP einschätzt.

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2 Methodik

2.1 Modellansatz von Intraplan Nach den verfügbaren Unterlagen verwendet ITP für seine Luftverkehrsprognosen ein komplexes nachfrageorientiertes Verkehrsmodell, das in zahlreichen Studien ständig weiterentwickelt wird. Die Untersuchung zum Ausbau von Terminal 3 ist sehr ähnlich zur Methodik, die auch für die Luftverkehrsprognose für das Planfeststellungsverfahren im Jahr 2006 angewendet wurde. Aufgrund anderer Modelleingangsdaten kommt ITP jedoch jetzt zu einem geringeren Wachstum in den Flugbewegungen und dem Passagieraufkommen. Die folgende Abbildung zeigt den prinzipiellen Modellaufbau, der im Folgenden etwas anders als in der ITP-Studie selbst beschrieben wird.

Abbildung 4: Methodik der Fluggastprognose von Intraplan14

14 Quelle: leicht adaptiert von Intraplan (2006, S.69); die Modellabbildung in der ITP-Studie 2014 (Abb. 2-1) ist weniger detailliert

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Die verwendete Vorgehensweise entspricht in dem Grundaufbau den gängigen Verkehrsmodellen für die Prognose landgebundener Verkehre15. Ein Verkehrsmodell besteht aus einem Modellteil, der die Verkehrsnachfrage abbildet, und einem Angebotsteil zur Nachbildung des Verkehrsangebots, in dem Straßennetz mit Reisezeiten, ein Liniennetz des Schienenverkehrs mit Fahrplan und ein Luftverkehrsnetz mit Flugverbindungen enthalten sind. Die Verkehrsnachfrage wird in Form von Quelle-Ziel-Matrizen abgebildet. Verkehr wird in räumlichen Gebieten, den Verkehrszellen, generiert und über ein Verteilungsmodell auf Zielzellen aufgeteilt. In einem Verkehrsmittelwahlmodell wird der Bedarf an Fahrten zwischen zwei Verkehrszellen auf die jeweils geeignetsten Verkehrsmittel nach Kosten und Reisezeit verteilt. Im letzten Modellschritt werden die Verkehre auf die verfügbaren Verbindungsalternativen eines Verkehrsmittels aufgeteilt.

Der Modellaufbau von ITP folgt zwar dieser generellen Modellidee eines 4-Stufenmodells; weist aber einige Besonderheiten auf, um den speziellen Anforderungen einer Luftverkehrsmodellierung zu genügen. Die Quelle-Zielbeziehungen erfolgen auf der NUTS-Klassifizierung, einer in Europa einheitlichen Systematik räumlicher Bezugseinheiten amtlicher Statistiken zur Bevölkerung und Wirtschaftsleistung. Im Rest der Welt bilden meist Länder oder Staaten einzelne Verkehrszellen. Zwischen den Verkehrszellen ist ein empirisch gestütztes Nachfragemodell aufgebaut worden, aus dem die Quelle-Ziel-Matrizen erzeugt wurden. In das Nachfragemodell gehen alle entscheidenden verkehrsrelevanten Einflussgrößen ein. Dies sind die Bevölkerungszahlen mit soziodemographischen Daten (Alter, Geschlecht, Einkommen,...) und das Netzmodell für Flugverkehr, Straßen- und Schienennetz. Die Abbildungen zur räumlichen Einteilung16 und andere ITP-Veröffentlichungen deuten darauf hin, dass beim Netzmodell sehr sorgfältig gearbeitet wurde. Die Beschreibung lässt allerdings keine Rückschlüsse über die Qualität der Nachfragematrizen selbst zu, da weder die Details des Verkehrsverteilungsansatzes noch die Ergebnisse der Modellkalibrierung in der Studie aufgeführt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass eine Kalibrierung nach dem Stand der Technik durchgeführt wurde, indem die Verkehrsentwicklung der Vergangenheit empirisch hergeleitet wurde, und zwar wurde die Verkehrsentwicklung zwischen 1995 und 2013 in Deutschland nach Quell-/Zielmärkten mit der Entwicklung der Wirtschaft (hier: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Quell- und Zielgebiete) und der Luftverkehrspreise in Zusammenhang gebracht und daraus je Teilmarkt ein mathematisches Modell formuliert17.

Ausgehend von dem kalibrierten Nachfragemodell für das Basisjahr 2013 werden die Prognosen durchgeführt. Auf der einen Seite wird das Marktpotential für den Luftverkehr insgesamt ermittelt, indem die Bevölkerungsanzahl und Wirtschaftsleistung räumlich differenziert anhand der amtlichen Statistiken hochrechnet, die preisliche Entwicklung des Luftverkehrsangebots berücksichtigt und der Ausbau des Schienen- und Straßennetz für die regionale Erreichbarkeit einbezogen wird. Bei diesen Schritten sind die Annahmen zur regionalen und weltweiten Wirtschaftsleistung mit den größten Unsicherheiten behaftet; die anderen Prognoseannahmen sind eher robust. Auf der anderen Seite wird ein Flughafenwahlmodell abgeleitet. Mit diesem Modellteil wird die erzeugte Verkehrsnachfrage auf die Flughäfen aufgeteilt. Hier spielt das Flugangebot bestehend aus Häufigkeit der Flugverbindungen, Reisezeiten (Direktflug vs Umstiegen) und Flugpreisen eine wesentliche Rolle. Während das bestehende Angebot über die Daten der OAG18 gut abgebildet wird, muss das künftige Flugangebot abgeschätzt werden. Eine möglichst gute Abschätzung des künftigen weltweiten Angebotes ist für den Flughafen Frankfurt in seiner Bedeutung als

15 die umfangreichste deutschsprachige Beschreibung von Verkehrsnachfragemodellen findet sich bei Lohse (2011);

englischsprachige Lehrbücher sind Ortuzar, Willumsen (2011) oder Cascetta (2009)

16 Abb 2-2 u. 2-3 auf Seite 5 bzw. 6 der ITP-Studie, 2014

17 siehe ITP-Studie, 2014, Seite 5

18 World Airways Guide oder flight reference guide

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Hub äußerst wichtig. Falls zum Beispiel neue Verbindungen von der Golfregion zu europäischen Flughäfen mit gut abgestimmten Weiterflügen nach Fernost aufgenommen werden, wird sich ein Teil der Nachfrage auf diese neuen Verbindungen verlagern. Die Prognosequalität des künftigen Flugangebots kann hier nicht geprüft werden; jedoch ist anzunehmen, dass ITP das künftige Angebot nach bestem Wissen angenommen hat. Neben dem Flugangebot wurden auch alle relevanten Flughafenausbauten benachbarter Flughäfen berücksichtigt. Dies betrifft sowohl Flughäfen mit einem großen Flugangebot und derzeitigen Kapazitätsengpässen wie Düsseldorf, München und Berlin als auch regionale Flughäfen, die attraktiv für Billigfluglinien und damit dem europäischen Flugverkehr sind.

Außerdem wird detailliert auf die Modellierung des künftigen Straßen- und Schienennetzes hingewiesen. Diese beiden Netze sind in der Prognose des Luftverkehrs gleich aus zwei Gründen wichtig. Zum einen beeinflussen beide Netze die Erreichbarkeit und damit den Einzugsbereich eines Flughafens und zum anderen führt eine Verbesserung der landgebundenen Verkehrsinfrastruktur zu einer Substitution von Kurzstreckenflügen. Durch die bereits gute und künftig noch verbesserte Erreichbarkeit des Flughafens Frankfurt durch den Schienenverkehr verfügt Frankfurt über einen flächenmäßig großen, bevölkerungs- und wirtschaftsstarken Einzugsbereich im Vergleich zu den Konkurrenzflughäfen in Mitteleuropa. Dies führt in Frankfurt zu signifikanten Zuwächsen im Originärverkehr. Eine Stärke des Modellansatzes von ITP, ebenso wie von MKm, liegt genau in der Abbildungsmöglichkeit dieser Originärverkehre getrennt nach Zielgebiet.

Der nachfrageorientierte Modellansatz erlaubt auch eine genaue Analyse der Transfergäste. Die Nachfrage in Form von Quelle-Zielmatrizen wird auf das verfügbare Angebot an Flugverbindungen im sogenannten Umlegungsschritt verteilt. Dafür ist allerdings die Kenntnis des Flugplans und der Kosten erforderlich. Während Geschäftsreisende in der Vergangenheit die Verbindungen nach günstigen Abflugzeiten, Direktflügen und, soweit erforderlich, nach kurzen Umsteigezeiten gewählt hatten, sind Firmen aus Kostengründen ebenso wie Privatpersonen gezwungen, auch Flugpreise stärker bei der Verbindungswahl mit einzubeziehen. ITP hat in seinem Modell sowohl künftige Flugpläne als auch Annahmen zur künftigen Preisstruktur und Größe der eingesetzten Fluggeräte in die Modellberechnungen einbezogen. Inwieweit diese Annahmen eintreten kann jedoch nicht überprüft werden. Die Flugpläne werden so lange verändert bis die prognostizierte Nachfrage unter Einbeziehung der Flugzeuggrößen befriedigt werden kann.

Neben dem nachfrageorientierten Modellansatz mit Quelle-Ziel-Matrizen und einer Verkehrsumlegung der Nachfrage auf das Flugangebot unter Einbeziehung der Flugpläne setzt ITP auch noch Regressionsmodelle ein. Anhand beobachteter Jahresdaten zum Passagier- und Frachtaufkommen aus den Jahren 1995 bis 2013 wird ein linearer Zusammenhang zwischen unabhängigen Einflussgrößen und einer abhängigen Variablen bestimmt. Dies ist eine gängige Vorgehensweise zur mathematischen Erklärung von Zusammenhängen. ITP begründet die Modellgüte für ihre Anwendungen ausschließlich mit einem hohen Bestimmtheitsmaß. Hierbei handelt es sich um eine sehr eingeschränkt nutzbare Begründung. In der Statistik ist es gängige Praxis neben dem Bestimmtheitsmaß für jede unabhängige Variable auch die Modellgüte über die t- Statistik und den Signifikanzwert (p-Wert) den Zielbeitrag jeder Einflussgröße einzeln auszuweisen19. Es ist so zum Beispiel nicht erkennbar, welchen Erklärungsgehalt die einzelnen Variablen zur wirtschaftlichen Entwicklung im Quell- und Zielgebiet sowie die inflationsbereinigten Erlöse und eine Variable zu strukturellen Veränderungsprozessen zur Bestimmung des Passagieraufkommens beitragen20. Regressionen werden von ITP zum Passagieraufkommen in Deutschland (S.85) und zum Frachtaufkommen in Deutschland (S.96) erstellt. Mit Hilfe der regionsspezifischen Regressionsparameter wird unter Annahme eines

19 Es gibt eine Vielzahl von Statistikbüchern zum Thema Regressionsanalyse; einfach verständlich ist z.B. Backhaus et.al., 2006.

20 Tab 5.-3 (S. 85) enthält zwar das Bestimmtheitsmaß pro Zielgebiet; es ist aber nicht klar, ob es sich um das korrigierte Bestimmtheitsmaß rkorr handelt und ob jede Variable x1,..,x4 einen signifikanten Erklärungsanteil beisteuern.

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unveränderten statistischen Zusammenhangs zwischen Aufkommen und Wirtschaftsentwicklung auf die zukünftige Nachfrage in Deutschland geschlossen. Über einen Verteilungsschlüssel wird das künftige Passagieraufkommen und Frachtaufkommen für den Flughafen Frankfurt ermittelt. Zwei Dinge sind in diesem Zusammenhang kritisch zu beurteilen. Erstens ist es nicht klar, ob die gewählten unabhängigen Einflussgrößen, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, in ihrer Ausprägung auch für die Zukunft das Luftverkehrsaufkommen in der richtigen Höhe beschreiben. Zweitens enthält die Bestimmung des Passagieraufkommens mit der unabhängigen Variable x4 bereits eine Größe, die den Strukturwandel mit vermehrten Flügen über die Hubs in den Golfstaaten berücksichtigt. Im anschließenden Kapitel 5 wird der Strukturwandel über Quelle-Ziel-Beziehungen ein zweites Mal in die Berechnung aufgenommen ohne dass diese doppelte Berücksichtigung erläutert wird. Die Werte für die Variable x4 sind richtigerweise positiv für die Golfstaaten selbst; d.h. vermehrtes Aufkommen, und negativ für alle Destinationen, die künftig mit Zwischenstop in den Golfstaaten geführt werden (Südostasien, Südafrika, GUS-Asien, Nahost-Mittelmeer). Dennoch verwundert die doppelte Berücksichtigung der aufstrebenden Flughäfen in der Golfregion.

Zweifelsohne ist es richtig, die Auswirkungen auf den Frankfurter Flughafen durch die neuen Flugrouten über die Golfregion in die Modellrechnungen einzubeziehen. Damit kann auch eine Kritik seitens der TU Chemnitz teilweise entkräftet werden. Am Beispiel der Prognoserechnungen von ITP führen Hergert u. Thießen (2014) aus, dass Planfallprognosen eher zu hoch angesetzt wurden (Überschätzung), um so die Planrechtfertigung für die jeweiligen Ausbauvorhaben damit noch zu unterstützen. Hergert u. Thießen versuchen mit Hilfe von Prognose-Realisierungs-Diagrammen nachzuweisen, dass ITP Strategiewechsel von Luftverkehrsunternehmen bewusst nicht berücksichtigt. Eine Ausweitung des Angebots über die Golfregion und Istanbul, die zu einem Abschlag im Passagieraufkommen in Frankfurt von ca 9% im Jahr 2030 führt, ist ein Gegenbeispiel der These von Hergert u. Thießen. Soweit Strategiewechsel von Luftverkehrs- unternehmen und Konkurrenzflughäfen abschätzbar sind, wurden sie auch in diesem Gutachten von ITP berücksichtigt.

2.2 Eingangsdaten des Intraplan Modells ITP berücksichtigt in ihrem Prognosemodell eine Vielzahl von Eingangsdaten, die im Folgenden stichwortartig aufgelistet und kommentiert werden.

Wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und weltweites Bruttoinlandsprodukt in der Vergangenheit (1995-2013) zur Ermittlung der Regressionsgleichungen für das Passagier- und Frachtaufkommen. Es wurden die amtlich bestätigten Zahlen des Statistischen Bundesamtes bzw. der Weltbank verwendet.

Schienenverkehrs- und Fluggastaufkommen getrennt nach Destination in der Vergangenheit (1995-2013) zur Ermittlung der Regressionsgleichungen für das Passagieraufkommen. Es wurden die amtlich bestätigten Zahlen des Statistischen Bundesamtes bzw. der Weltbank verwendet. Ergänzt wurden die Daten durch die Ticketerlöse, die von der AEA21 dokumentiert werden.

Amtliche Zahlen von der Weltbank über Importe und Exporte der letzten 19 Jahre (1995-2013) zur Ermittlung der Regressionsgleichungen für das bisherige Frachtaufkommen.

Prognose der künftigen Wirtschaftsentwicklung (Bruttoinlandsprodukt je Land und Cargoströme) durch eine konsolidierte Wirtschaftsprognose auf Basis des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des International Monetary Funds (IMF). Obwohl es sich um Wirtschaftsforschungsinstitute mit internationalem Renommee handelt,

21 Association of European Airlines (AEA), Summary of Traffic & Airline Results, S.T.A.R.

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kann naturgemäß nicht sichergestellt werden, dass sich die Wirtschaft auch tatsächlich so entwickeln wird. Für die kurzfristige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wurden die Zahlen des Frühjahrgutachtens der Wirtschaftsforschungsinstitute verwendet. Das im Oktober veröffentlichte Herbstgutachten weist eine deutliche Abschwächung aus, die in der ITP-Studie nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Die von ITP verwendeten Wachstumsraten von 1,9% (2014) und 2,1% (2015) liegen 30% (2014) und 40% (2015) über den Werten der Herbstgutachten 22.

Bei den Langfristprognosen des BIP sind Unterschiede zwischen den Zahlen der Forschungsinstitute und den in der ITP-Studie verwendeten Zahlen erkennbar. Während das HWWI und die OECD in der Dekade 2020 bis 2030 von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum in Deutschland von 1,1% ausgehen, verwendet ITP nicht nachvollziehbare 1,4% für den Zeitraum 2020 bis 202523 . Erst ab 2025 werden die 1,1% verwendet. Aufgrund der zentralen Bedeutung der wirtschaftlichen Entwicklung auf das Flugverkehrsaufkommen ist die Einschätzung zur Entwicklung des länderspezifischen BIP für die nächsten 17 Jahre auch am ehesten zu hinterfragen. Es fällt jedoch schwer, andere Zahlen zu argumentieren, da auch diese nur Abschätzungen sein können. Die einzige Alternative, die in anderen ähnlich gelagerten Gutachten gelegentlich angewendet wird, ist eine Szenarienanalyse mit unterschiedlichen Wertansätzen, die zu einer Bandbreite und keinem singulären Wert des Verkehrsaufkommens führt. Auch Verteilungen der Eingangsparameter werden in der heutigen Prognostik gerne verwendet, um die Schwankungsbreiten und damit die Unsicherheit in den Aussagen zu dokumentieren. Beides findet sich in den vorliegenden Studien von ITP und MKM nicht wieder.

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland aufgeteilt nach den NUTS-3 Regionen basierend auf der umfangreichen regionalisierten Strukturdatenprognose des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)24, die detaillierteste Datenquelle in Deutschland zu Bevölkerungsdaten.

Annahmen zu baulichen und betriebliche Änderungen der benachbarten Flughäfen von Frankfurt werden ausführlich beschrieben, sofern damit auch Kapazitätsänderungen verbunden sind. Alle Änderungen sind gut dokumentiert und klingen plausibel, obwohl bei derart langen Prognosezeiträumen natürlich auch Verschiebungen bei der Maßnahmenumsetzung um einige Jahre möglich sind. Als extremes Beispiel ist hier der Flughafen Berlin-Brandenburg International anzuführen. Aufgrund ihrer Hub-Funktionen werden die Ausbaumaßnahmen in Düsseldorf und München größere Auswirkungen auf den Standort Frankfurt haben als Berlin. Aufgrund ihrer Bedeutung innerhalb der Star-Alliance werden auch Zürich und Wien intensiv berücksichtigt.

Sehr gut dokumentiert sind die verwendeten Änderungen im bundesdeutschen Fernstraßen- und Schienennetz. Auch die methodisch umfangreiche Modellierung ist positiv herauszustreichen, verwundert aber nicht, da ITP federführend auch die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 (Schubert et.al., 2014) erstellt hat. Die Abbildung der verkehrlichen Erschließung des Flughafens Frankfurt im Vergleich zur Erreichbarkeit der Konkurrenzflughäfen ist gut gelungen und nur mit geringen Unsicherheiten behaftet.

Der aktuelle Flugplan über die OAG, der Datenlieferant mit der weltweit umfangreichsten Flugplandatenbank beinhaltet Flugdaten von ca. 1000 Fluggesellschaften und ihren Linienverbindungen. Die Daten zum aktuellen Flugangebot können damit als gesichert angesehen werden.

22 Wirtschaftsforschungsinstitute v 7.10.2014 nennen 1,2% (2014) u. 1,3% (2015); der OECD Economic Outlook No 96 listet für

Deutschland 1,47% (2014) u. 1,08%

23 ITP-Studie Seite 49, Tab. 4-1

24 Raumordnungsprognose 2030 mit Kreisen als Raumbezug und klassifiziert nach Altersgruppen

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Schwieriger, und damit auch mit größeren Unsicherheiten verbunden, sind die Annahmen zum künftigen Flugangebot, da es schwierig bis unmöglich ist, die Firmenstrategien der Fluggesellschaften bereits zu kennen. Annahmen zu den Änderungen im Flugangebot über die Golfregion und Istanbul klingen plausibel, können aber auch ganz anders eintreten. In der ITP-Studie ist die Bestimmung des künftigen Flugangebots jedoch nur sehr kurz beschrieben; eine Auflistung der Änderungen gegenüber dem heutigen Angebot fehlt. Damit sind die Annahmen zum künftigen Flugangebot neben der unsicheren Wirtschaftsentwicklung die Eingangsdaten mit dem größten Unsicherheitsfaktor, da Strategiewechsel der Fluggesellschaften und Allianzen direkte Auswirkungen auf das Flugangebot haben.

Aus der Flugzeuggrößenentwicklung und Annahmen zum Sitzladefaktor wird die Flugbewegungszahl in Abhängigkeit des Passagieraufkommens ermittelt. Die Fluggrößenentwicklung orientiert sich am Zahlenmaterial von Airbus und Abschätzungen der Fraport. Es wird mit niedrigeren Elastizitäten zwischen Passagieraufkommen und Flugbewegungsanzahl als in der Vergangenheit gerechnet, so dass die Zunahme an Flugbewegungen richtigerweise deutlich geringer erwartet wird als das Wachstum von Passagier- und Frachtaufkommen. Während bei Interkontinentalflügen die Flugzeuge bereits heute gut ausgelastet sind und die Langstreckenflugzeuge im Durchschnitt nur noch geringfügig wachsen werden (Elastizität 0,9), führt eine Verbesserung des Sitzladefaktors bei gleichzeitig größeren Fluggeräten im europäischen Flugverkehr zu einer Elastizität von 0,55; d.h. bei Verdopplung des Passagieraufkommens steigt die benötigte Flugzeuganzahl nur um 55%. Geringe Elastizitäten im europäischen Flugverkehr klingen plausibel, da auch in den letzten Jahren der Einsatz größer und besser ausgelasteter Fluggeräte beobachtet werden kann. Die höhere Elastizität bei Interkontinentalflügen deckt sich mit den jüngsten Meldungen zur Inbetriebnahme von Boeing B787 und Airbus A350 bei stockendem Absatz des Großraumflugzeuges A380. Im Interkontinentalbereich wird nur noch mit einer geringen Zunahme größerer Fluggeräte gerechnet; auch der Sitzladefaktor kann bei nahezu ausgelasteten Maschinen kaum noch gesteigert werden.

2.3 Modellansatz von MKmetric Das Grundmodell von MKmetric (MKm) ist in der Studie selbst nicht beschrieben. Vielmehr wird auf die Firmenwebseite verwiesen. Unter dem recht neuen Dokument verfasst von Mandel (April 2014) findet man eine umfangreiche Beschreibung zur aktuellen Modellierung des Flugverkehrs. Ohne dass dezidiert auf dieses Schriftstück verwiesen wurde, ist davon auszugehen, dass MKm die von Mandel (2014) beschriebene Methodik in der eigenen Studie eingesetzt hat.

Ähnlich wie ITP setzt MKm ein multimodales Verkehrsmodell ein, das den Verkehrsmarkt als Ganzes ebenso wie wirtschaftliche, politische, räumliche und soziodemographische Entwicklung mit einbezieht. MKm betont den integrativen Charakter des ökonometrisch begründeten Modellansatzes bei dem das Konsumentenverhalten im Vordergrund steht.

In Abbildung 5 ist die Grundstruktur des Modellansatzes von MKm dargestellt. Auf der untersten Ebene ist ein zentrales Datenmodell mit allen verkehrsrelevanten Determinanten enthalten; d.h. sozio-ökonomische Strukturdaten, regionale Verkehrserzeuger und die Verkehrsnetze. Die zweite Ebene enthält Szenarien, die untersucht werden. Für jedes Prognosejahr (2020, 2025, 2030) wird ein eigenes Szenario gebildet. Die Prognosejahre unterscheiden sich in allen Eingangsgrößen der unteren Ebene. Auf diesem Fundament baut das eigentliche nachfrageorientierte Verkehrsmodell auf, das als Luftverkehrsmodell einige Änderungen gegenüber einem klassischen 4-stufigen Verkehrsplanungsmodell aufweist. Es wird ein gekoppeltes Verkehrserzeugungs- (in welcher Verkehrszelle wird Verkehr erzeugt) und Verkehrsverteilungsmodell (welche Zielzellen werden von einer Quellzelle gewählt) mit einer nicht-linearen Widerstandsfunktion eingesetzt. Dieses ökonometrische Verfahren, das räumlich differenziert Bevölkerungsanzahl, Einkommen,

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Kaufkraft, BIP und Verkehrsverbindungen in Form von Widerständen enthält, hat sich bereits in zahlreichen Fernverkehrsstudien zur Erzeugung einer Verkehrsnachfragematrix bewährt.

Abbildung 5: Sequentielles Verkehrsnachfragemodell von MKmetric25

Im folgenden Modellschritt wird die Nachfrage auf die verschiedene Verkehrsmittel aufgeteilt, wobei Zugangszeiten, Flughafenstandorte und Häufigkeit von Flugverbindungen bereits berücksichtigt werden. Es werden diskrete Entscheidungsmodelle mit unterschiedlichen linearen und nichtlinearen Entscheidungsfunktionen verwendet. Für jede Verbindungsalternative wird ein Nutzen berechnet, der sich aus Reisepreis, Reisezeit, Verbindungshäufigkeit, Umstiegsanzahl sowie Flughafenqualitäten zusammensetzt.

Im abschließenden Umlegungsschritt wird die Verkehrsnachfrage ähnlich zum Verfahren von ITP verteilt. Die Verteilung auf alternative Start- oder Zielflughäfen erfolgt im vorgelagerten Schritt zur Verkehrsmittelwahl. Zur Überprüfung des Modells werden Zeitreihenanalysen eingesetzt; d.h. ausgehend vom Bezugsjahr 2013 wird das künftige Aufkommen über Zeitreihen hochgerechnet und mit den Punktprognosen aus dem Verkehrsmodell verglichen.

Der Modellansatz von MKmetric ist in einigen europäischen Projekten eingesetzt worden und unter Wissenschaftlern anerkannt.

2.4 Eingangsdaten des MKmetric Modells Das nachfrageorientierte Verkehrsmodell verlangt eine räumliche Auflösung in Verkehrszellen. Wie auch ITP verwendet MKmetric die in Europa übliche Einteilung in NUTS3-Zonen. Für jede dieser räumlichen Einheiten werden Bevölkerungs- und Arbeitsplatzdaten der offiziellen Statistiken der EU (Eurostat) verwendet. Für die Bevölkerungsprognose in Deutschland werden ebenfalls die Daten des BBSR genutzt. Die regional differenzierten Bevölkerungszahlen von Eurostat gelten für das Jahr 2011 und wurden mit der aggregierten Bevölkerungsprognose der EU für Europa hochgerechnet. Für die Entwicklung der Weltbevölkerung wurden Zahlen der UN verwendet.

Unterschiede zwischen ITP und MKm zeigen sich bei den Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung. MKm stützt seine Modelle auf den Wirtschaftsprognosen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH),

25 Quelle: MKmetric entnommen Mandel, B. (2014, S. 13)

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wobei das BIP dort nur bis 2025 prognostiziert wurde und MKm die Daten selbstständig fortgeschrieben hat. Für die internationale Wirtschaftsentwicklung wurden wie bei ITP Zahlen bis 2019 vom International Monetary Fund herangezogen. Die Prognose bis 2030 nutzen Forschungsergebnisse der Hongkong and Shanghai Banking Corporation (HSBC); zwar keine amtliche aber international anerkannte Quelle für derart langfristige Prognosen. Ergänzt werden die Wirtschaftszahlen um Daten der OECD zu den BRICS-Ländern, die in der Vergangenheit beachtliche Wachstumsraten aufweisen konnten, allen voran China mit über 8% p.a. BIP-Wachstum. Die Zahlen von MKm variieren zwischen 1,5% p.a. für Deutschland, 2% für USA und Rest-Europa, 3,3% für Russland bis zu 5,8% p.a. in Indien. Während die sonstigen Zahlen bestätigt werden können, erscheint der Wert für Russland zu hoch (s. S. 10). Auch im Gutachten von MKm liegen die langfristigen Wachstumsprognosen (2021-2030) für Deutschland mit 1,49 Prozent deutlich über den von OECD und HWWI geschätzten Werten von 1,1,%, die von ITP als maßgebliche Referenzen erachtet wurden.

Stärker als ITP beschreibt MKm politische Randbedingungen, insbesondere die Einbindung der EU in Luftverkehrsverhandlungen. Da dies Auswirkungen auf die Slotvergabe hat, wäre es gut, wenn die Auswirkungen auf künftige Flugpläne genauer beschrieben worden wäre. Es ist anzunehmen, dass MKm wie auch ITP diese politischen und gesetzlichen Änderungen in den künftigen Flugplänen für die Prognose berücksichtigt hat.

Da Flugpreise in großem Maße das Passagieraufkommen beeinflussen, spielt die Ölpreisentwicklung eine wichtige Rolle. Gestützt auf Prognosen der amerikanischen Energiebehörde wird von MKm und ITP mit einem inflationsbereinigten Preisanstieg auf 129 USD bis 2030 gerechnet. Gleichzeitig werden die Flugzeuge deutlich sparsamer und Flugroutenoptimierungen senken den Verbrauch weiter. Kostensteigerungen sind in der Flugüberwachung zu erwarten, so dass insgesamt von einer inflationsbereinigten Flugpreissteigerung von 10% bis 2030 gegenüber heute ausgegangen wird. ITP zum Vergleich geht von inflationsbereinigt konstanten Flugpreisen aus.

Wie im Modell von ITP benötigt MKm für die Modellierung auch eine gute Prognose zur innerdeutschen Verkehrsinfrastruktur, um die Flugplatzerreichbarkeit zu berechnen. Auch MKm stützt sich auf den Bundesverkehrswegeplan 2015. Wie auch im Modell von ITP führen die Ausbaumaßnahmen des Schienenfernverkehrs auf der einen Seite zu Substitutionseffekten von innerdeutschen Flugverbindungen und besseren Erreichbarkeit des Flughafens Stuttgart und auf der anderen Seite zu Passagierzuwächsen durch eine bessere Erreichbarkeit von Frankfurt mit einer Ausdehnung des Einzugsbereichs.

MKm zitiert einige Pressemitteilungen und Vermutungen von Luftverkehrsgesellschaften über die Bildung von Allianzen. Aus Wettbewerbsgründen ist aber anzunehmen, dass wichtige Strategieentscheidungen nicht frühzeitig der Öffentlichkeit zugetragen werden. Trotz der teilweise fehlenden Seriosität der Quellen sind die Annahmen von MKm zu künftigen Strategien plausibel dargelegt. Von entscheidender Bedeutung ist die Annahme, dass die Lufthansa weiterhin Frankfurt als den wesentlichen Heimatflughafen nutzt und München als zweiter, aber weniger wichtiger Standort verbleibt. Wie auch bei ITP fehlen genauer Angaben zum angenommenen künftigen Flugplan.

2.5 Beurteilung der Qualität beider Prognosen Beide Studien kommen zu vergleichbaren Ergebnissen. Das Frachtaufkommen (3%/2,8% p.a.26.) wächst prozentual etwas stärker als das Passagieraufkommen(2,4%/2,6% p.a.). Die Anzahl der Flugbewegungen nehmen unterproportional zu (1,5%/1,9% p.a.) zu. ITP erwartetet ein Passagieraufkommen von 86 Mio Passagieren in 2030; MKm liegt mit 90 Mio geringfügig höher. Das Frachtaufkommen wird mit ca 3,5 Mio t/a in beiden Studien nahezu identisch eingeschätzt.

26 zuerst ist der Wert von ITP dann der von MKmetric aufgeführt; alle Werte finden sich auch in Tabelle 1 auf S. 5

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Die Studien unterscheiden sich jedoch in der Einschätzung zu den Flugbewegungen ab 2025. MKm erwartet in 2030 mit 649 Tausend Flugbewegungen deutlich mehr als ITP, die von 611 Tausend ausgehen. Die Abschätzung von MKm mit einem höheren Anteil von innereuropäischen Flügen mit kleineren Flugzeugen als bei Interkontinentalflügen führt bei vergleichbarem Passagieraufkommen zu der erhöhten Anzahl an Flugbewegungen gegenüber der ITP-Studie

In beiden Studien spielt die expansive Strategie der Flughäfen in der Golfregion zusammen mit Turkish Airlines und ihrer Heimatbasis in Istanbul einen maßgeblichen Faktor in der Erwartung des Flugaufkommens in Frankfurt. Ohne diese Entwicklung würde ITP ein fast 8 Mio höheres Passagieraufkommen in 2030 erwarten. Die Berücksichtigung dieses geschäftsreduzierenden Phänomens in Frankfurt ist sicherlich richtig; ob es in genau dieser Höhe eintreten wird, ist mit der heutigen Datenlage schwer überprüfbar. Es spricht für die Qualität beider Studien, wenn Verlagerungseffekte durch Strategieänderung des Luftverkehrsmarktes bereits frühzeitig in die Prognosen einbezogen wird. Die expansive Geschäftspolitik der Golfregion mit ihren nationalen Luftverkehrsunternehmen ist bereits seit 15 Jahren mit jährlichen Wachstumsraten um 15% klar erkennbar und wird in beiden Studien richtigerweise aufgegriffen. Schwieriger gestaltet sich den Einfluss von Istanbul auf die Geschäftsentwicklung von Frankfurt vorherzusehen. Da der Ausbau von Istanbul als internationales Drehkreuz schrittweise erfolgen wird, werden erst langfristig (ab 2025) ernsthaft negative Auswirkungen für den Flughafen Frankfurt erwartet.

In beiden Studien kommt ein nachfrageorientierter Modellansatz zur Anwendung, der sehr viel aufwändiger ist als eine reine Trendfortschreibung. Mit nachfrageorientierten Berechnungen werden Quelle-Ziel-Matrizen erstellt, die auf ein vorhandenes oder künftiges Flugangebot umgelegt werden. Nach diesem sogenannten Umlegungsschritt liegen die Verkehrsbelastungen pro Flugverbindung detailliert vor, so dass der Originärverkehr (in Frankfurt mit Flug beginnend oder endend) getrennt von Transferpassagieren ermittelt wird. Singuläre Änderungen des Flugangebots führen zu lokal wirksamen Verschiebungen entweder auf andere Flugverbindungen oder Substitution durch andere Verkehrsmittel. Diese Maßnahmensensitivität; d.h. das Reagieren auf einzelne Eingangsgrößen, ist eine wesentliche Stärke von nachfrageorientierten Modellen. Daher ist die Verwendung dieses Ansatzes in beiden Studien sehr zu begrüßen.

Nachteilig bleibt bei nachfrageorientierten Ansätzen die Modellkomplexität und die fehlende Nachvollziehbarkeit, wenn das mathematische Modell nicht vollständig beschrieben oder das Modell edv- mäßig mit allen Parameterwerten offengelegt wird. Es ist jedoch verständliche und gängige Praxis, dass die Verkehrsmodelle aus Wettbewerbsgründen nicht vollständig übergeben werden und damit auch für externe Gutachter nicht verfügbar sind.

Unverständlich bleibt die fehlende Dokumentation der Kalibrierung in beiden Studien. In der Kalibrierung werden die Quelle-Ziel-Matrix und das künftige Flugangebot solange angepasst, bis sich nach Iterationsschritten das Flugangebot und die Nachfrage im Gleichgewicht befinden. Danach soll für den Analysefall (das Jahr 2013 in beiden Studien) das modellierte Passagier- und Frachtaufkommen dem streckenbezogenen tatsächlich beobachtbaren Verkehrsaufkommen gleichen. Auch soll die Verteilung der zurückgelegten Flugentfernungen den beobachtbaren Werten entsprechen. Dieser in der Verkehrsplanung übliche Kalibrierungsschritt von Querschnittsbelastungen und Reiseweitenverteilung fehlt in beiden Studien und ist als einer der größten Kritikpunkte beider Studien zu nennen.

Die Nachfrage nach Flugverbindungen sowohl im Geschäfts- als auch Privatreiseverkehr ist stark von der wirtschaftlichen Lage abhängig. Beide Modelle reagieren empfindlich auf das BIP als eines der wichtigsten Eingangswerte. Beide Studien stützen sich auf Prognosen unterschiedlicher, anerkannter Wirtschaftsforschungsinstitute. Während in der Summe die verwendeten jährlichen Wachstumsraten von ca 1,5% p.a. in Deutschland und 3,5% p.a. weltweit vertretbar sind, gibt es Abweichungen für einzelne

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Ländergruppen. Auch der angenommene Wachstumswert für Deutschland aufgrund der Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute für die kurzfristigen Zahlen und die Langfristprognosen nicht berücksichtigter Forschungsinstitute zeigt eine pessimistischere Entwicklung. Aufgrund der Bedeutung der wirtschaftlichen Wachstumsraten auf das prognostizierte Luftverkehrsaufkommen liegt in der Festlegung der BIP-Prognosen die größte Unsicherheit. Eine Szenarienanalyse mit Mindest- und Maximalannahmen zum wirtschaftlichen Wachstum ist bedauerlicherweise in beiden Studien nicht durchgeführt worden.

Beide Studien gehen weiter von einem Wirtschaftswachstum ohne Störungen durch Terrorakte, Kriege oder Naturkatastrophen aus. Auch wirtschaftliche Einbrüche wie 2009 werden explizit nicht berücksichtigt, da diese Ereignisse nicht vorhersehbar sind. Falls ein solches Ereignis eintritt, wird das Wirtschaftswachstum zurückfallen. Ereignisse wie die Wirtschaftskrise von 2009 führen zu einem verzögerten Wachstum, so dass die Prognosen in diesem Fall mit einer Zeitverzögerung versehen werden müssen. Dieser Verschiebungseffekt um knapp 10 Jahre ist gut sichtbar bei einem Vergleich des ITP Gutachtens G8 (2006) mit der aktuellen Studie von 2014. Wenn allerdings solche nicht vorhersehbaren Krisen zu einem Strategiewechsel von Konkurrenzflughäfen oder international operierenden Luftverkehrsunternehmen führt, ändert sich die Struktur der Luftverkehrsnachfrage, so dass die Prognosequalität der beiden vorliegenden Studien massiv leiden würde. Bisher unbekannte Strategiewechsel sind allerdings ohnehin nicht vorhersehbar, so dass mit diesem Argument keine Qualitätseinschränkung der beiden vorliegenden Studien verbunden ist.

Bei ITP verwundert lediglich die doppelte Berücksichtigung des strukturellen Wandels der Golfregion als Hub. Zum einen wird in den Regressionsrechnungen zum künftigen Passagieraufkommen bereits der reduzierte Verkehr nach Fernost und den ehemaligen GUS-Staaten in Asien einbezogen, zum anderen wird dieser Effekt ein zweites Mal in der Nachfrageberechnung durch geänderte Flugpläne berücksichtigt. Bei einer einfachen Berücksichtigung müsste das Passagieraufkommen insbesondere ab 2020 stärker steigen, als es derzeit von ITP prognostiziert wird. Aufgrund der recht oberflächlichen Modellbeschreibung ist es weder möglich, diese Vermutung zu bestätigen, noch den Zuschlag quantitativ genau zu fassen. Beim Frachtverkehr ist keine doppelte Berücksichtigung des Ausbaus von Golfregion und Istanbul erkennbar.

Zusammenfassend wird die Zielsetzung dieses Gutachtens wie folgt kommentiert:

• Beide Studien verwenden die wissenschaftlich anerkannte Methodik der nachfrageorientierten Verkehrsmodelle. Dabei wird in beiden Studien zwischen der Nachfrageseite und dem Verkehrsangebot unterschieden. Die Modellprämissen sind nach derzeitigem Kenntnisstand vollständig eingeschätzt worden und bewegen sich in einem optimistischen, aber vertretbaren Rahmen.

• Für jeden Teilschritt in den Prognosen von ITP und MKm wird geeignetes Datenmaterial verwendet. Bei der Prognose über die künftige Entwicklung des BIP greifen beide Studien grundsätzlich auf Daten anerkannter Institute zurück. MKm verwendet dabei Daten des IW Halle, die die weitere wirtschaftliche Entwicklung jedoch tendenziell überdurchschnittlich positiv bewerten. Die deutlich moderateren langfristigen Wachstumsprognosen der OECD und des HWWI werden hingegen nicht berücksichtigt. ITP verwendet die konservativeren Daten von OECD und HWWI. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass in der ITP-Prognose für die Jahre 2021 - 2025 unbegründet von den BIP-Daten der Wirtschaftsforschungsinstitute nach oben abgewichen wird. Aufgrund des langen Prognosezeitraums ist das Datenmaterial zudem mit großen Unsicherheiten behaftet (Flugangebot, Wirtschaftsentwicklung).

• Die größte Schwäche in beiden Ansätzen ist die starke Abhängigkeit von einzelnen Eingangsdaten. Falls die wirtschaftliche Entwicklung oder das Flugangebot künftig von den Annahmen abweichen sollte, wird dies massive Auswirkungen auf das Passagier- und Frachtaufkommen in Frankfurt haben. Gerade diese beiden Eingangsdaten haben sich dabei in der Vergangenheit als stark volatil

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erwiesen. Mit Blick auf den hohen wirtschaftlichen Anpassungsdruck insbesondere bei der Deutschen Lufthansa, also dem Hauptkunden des Frankfurter Flughafens, ist dieser Faktor auch weiterhin mit großen Unsicherheiten belegt.

• Eine Szenarienanalyse mit Mindest- und Maximalannahmen zum wirtschaftlichen Wachstum ist bedauerlicherweise in beiden Studien nicht durchgeführt worden. Dabei liegt die Stärke der Modelle von ITP und MKm gerade in der Möglichkeit, die Auswirkungen unterschiedlicher Szenarien durchspielen zu können. Da jedoch jeweils nur ein Szenario dokumentiert wurde, das als tendenziell optimistisch zu beurteilen ist, wird dieser Vorteil maßnahmensensitiver Nachfragemodelle nicht genutzt, auch wenn während der Projektbearbeitung eventuell unterschiedliche Varianten durchgespielt worden sind.

• Die Ergebnisse beider Studien sind vor dem Hintergrund langer Prognosezeiträume nahezu deckungsgleich. Wie in Prognosebetrachtungen üblich bleiben Wachstumseinbrüche durch Krisen oder Katastrophen bewusst unberücksichtigt. Sofern ein solches unvorhergesehenes global wirksames Ereignis eintreten sollte, sind die Aussagen zu revidieren. Der nicht prognostizierbare Einfluss globaler Krisen hat sich etwa im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise 2008 ff. gezeigt. Infolgedessen ist das Passagierwachstum zwischen 2004 und 2014 im Vergleich zu den Annahmen aus der damaligen Planfeststellung nur halb so hoch ausgefallen. Es kam also zumindest zu einer deutlichen zeitlichen Verschiebung der Wachstumspfade gegenüber den Annahmen aus der damaligen Planfeststellung. Auch die Entwicklung der Flugbewegungen wurde 2006 deutlich höher eingeschätzt als die spätere tatsächliche Entwicklung. Während die ITP-Prognose im Planfeststellungsbeschluss zwischen 2004 und 2014 eine Zunahme der Flugbewegungen um 27 % vorhergesagt hat, ist die Zahl der Flugbewegungen real um 1,7 % gesunken.

• Der offensichtlichste Modellunterschied zwischen den beiden Studien zeigt dahingehend, dass ITP neben dem Nachfragemodell auch Regressionsmodelle einsetzt, um aus historischen Zeitreihen künftige Marktentwicklungen herzuleiten.

• In beiden Studien fehlt ein dokumentierter Nachweis, dass die verwendeten Verkehrsmodelle das Passagier- und Frachtaufkommen für das Jahr 2013 in ihrer Struktur richtig abbilden. Der Leser muss daher darauf vertrauen, dass beide Gutachter eine Modellkalibrierung durchgeführt haben, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt.

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3 Literaturverzeichnis Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV): Statistiken zu deutschen Verkehrsflughäfen

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Koalitionsvertrag zwischen der CDU Hessen und Bündnis 90/Die Grünen Hessen für die 19. Wahlperiode des Hessischen Landtags 2014-2019 unterzeichnet am 23.12.2013, Kapitel J Abschnitt VI, S. 66-70

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Ortúzar, J. D., Willumsen, L. G: Modelling Transport, Wiley, 4th edition, ISBN: 978-0-470-76039-0, Chichester, 2011.

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4 Anhang: Zusammenstellung der verwendeten Kennzahlen In der folgenden Tabelle sind die verwendeten Kennwerte aus den einzelnen Studien zusammengetragen. Für die künftigen Jahre finden sich bei MKmetric (MKm) und Intraplan (ITP) nur Kennzahlen für 2013, 2020, 2025 und 2030. Für die dazwischenliegenden Jahre wurde mit einer konstanten jährlichen Steigerungsrate Tabelle 2: jahresbezogene Kennzahlen zum Verkehrsaufkommen am Flughafen Frankfurt

Jahr Beweg Pax Cargo Beweg Cargo Pax Beweg Cargo Pax Pax Cargo Beweg

Analyse gemäß ADV

Analyse gemäß ADV

Analyse gemäß ADV

ITP Prognose 2014

ITP Prognose 2014

ITP Prognose 2014

MKm Prognose 2014

MKm Prognose 2014

MKm Prognose 2014

ITP G8 (2006) engpassfreier Planungsfall

ITP G8 (2006) engpassfreier Planungsfall

ITP G8 (2006) engpassfreier Planungsfall

1990 1991 319,8 27.399 1.208 1992 340,4 30.746 1.237 1993 352,1 32.536 1.338 1994 364,7 34.472 1.403 1995 378,4 37.477 1.461 1996 385,0 38.097 1.497 1997 392,1 39.682 1.514 1998 416,3 42.143 1.464 1999 439,1 45.434 1.538 2000 458,7 49.047 1.709 2001 456,4 48.292 1.630 2002 458,2 48.165 1.650 2003 458,4 48.107 1.671 2004 477,4 50.767 1.865 51.100 1.839 477,0 2005 490,1 51.890 1.990 52.200 1.964 490,0 2006 489,4 52.467 2.127 53.900 2.025 497,6 2007 492,6 53.892 2.168 55.600 2.086 505,2 2008 485,7 53.233 2.111 57.300 2.147 512,8 2009 463,1 50.615 1.887 59.000 2.208 520,4 2010 464,4 52.710 2.275 60.700 2.269 528,0 2011 487,2 56.293 2.215 63.840 2.394 548,0 2012 482,2 57.264 2.066 66.980 2.518 568,0 2013 472,6 57.895 2.095 472,6 472,6 2.130 70.120 2.643 588,0 2014 469,0 59.429 2.132 480,7 2.159 59.619 479,4 2.205 59.040 73.260 2.767 608,0 2015 488,9 2.229 61.395 486,1 2.282 60.207 76.400 2.892 628,0 2016 497,0 2.292 63.224 492,9 2.362 61.398 78.840 2.946 642,6 2017 505,1 2.361 65.107 499,7 2.444 62.612 81.280 3.000 657,2 2018 513,2 2.433 67.046 506,5 2.530 63.850 83.720 3.053 671,8 2019 521,4 2.506 69.043 513,2 2.618 65.112 86.160 3.107 686,4 2020 529,5 2.578 71.100 520,0 2.710 66.400 88.600 3.161 701,0 2021 537,2 2.661 72.474 530,4 2.756 68.164 2022 545,0 2.742 73.875 540,8 2.804 69.974 2023 552,7 2.825 75.303 551,2 2.852 71.833 2024 560,5 2.910 76.758 561,6 2.900 73.741 2025 568,2 3.002 78.241 572,0 2.950 75.700 2026 576,8 3.090 79.753 587,4 3.028 78.383 2027 585,4 3.183 81.295 602,8 3.108 81.161 2028 594,1 3.280 82.866 618,2 3.190 84.038 2029 602,7 3.379 84.468 633,6 3.274 87.016 2030 611,3 3.482 86.100 649,0 3.360 90.100